Predigtvorschlag zum Fairen Handel

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Markus Raschke
Predigt-Vorschlag
Thema: Fairer Handel
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Biblische Texte:
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Jesus Sirach 34,21-29:
Den Nächsten mordet, wer ihm den Unterhalt nimmt; Blut vergießt, wer dem Arbeiter den Lohn vorenthält.
Jakobusbrief 2,14-18:
Ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke
Matthäus-Evanglium 25,31-46:
Die Rede vom Weltgericht
Ansprache:
Liebe Schwestern und Brüder,
jeden Sonntag bauen Eine-Welt-Gruppen in ganz Deutschland in ihren Kirchengemeinden
einen Verkaufsstand mit fair gehandelten Waren auf und bieten diese nach dem Gottesdienst
an: Kaffee, Tee, Honig etc..
Vielleicht aber fragen Sie sich, warum dies überhaupt am Sonntag in unseren Kirchengemeinden stattfinden muss. Natürlich kaufen Sie wie ich normalerweise unsere Lebensmittel
unter der Woche (und nicht am Sonntag) in einem Geschäft oder Supermarkt (nicht an der
Kirchentür) ein. Und vor allem, hat denn der Verkauf fair gehandelter Waren überhaupt etwas
mit unserem Glauben zu tun? Ich denke ja - und ich möchte Ihnen heute etwas davon näher
bringen.
In der evangelischen und katholischen Kirche Deutschlands hat der Verkauf von Dritte-WeltWaren eine lange Tradition. Im Jahr 1970 waren es die Evangelischen Jugend und der Bund
der Deutschen Katholischen Jugend, die u.a. mit Unterstützung des bischöflichen Hilfswerkes
Misereor, erstmalig zu einer „Aktion Dritte-Welt-Handel“ aufriefen. Was war das Anliegen
der Jugendlichen, welches Ziel verfolgten sie damals wie heute?
 Zum einen wollten sie mit dem Verkauf der Waren auf die Probleme der Entwicklungsländer aufmerksam machen - also auf den Hunger, auf die fehlenden Erwerbsmöglichkeiten, und vor allem auf die Ungerechtigkeiten auf den Weltmärkten, die eine Ursache
waren für den Hunger und die Not der Menschen.
 Zum anderen wollten die meist jungen Menschen aber auch effektive Hilfe leisten. Die
Abnahme der Waren aus meist kleinen Entwicklungsprojekten gaben den betroffenen
Menschen in der Dritten Welt ein Einkommen - das für viele von ihnen überlebenswichtig
war!
Auch hier in Ihrer Gemeinde, hier in […] gibt es seit […] dieses Engagement - und das Team
um […] hat in dieser Zeit schon viel Gutes bewirkt.
Allerdings: schauen wir auf einen gewöhnlichen Kaffeebauern in Guatemala! Er lebt im
hügeligen Hochland, das schwer erreichbar ist. Und er gehört der indianischen
Bevölkerungsgruppe an, die in vielen Dingen des wirtschaftlichen und politischen Lebens
benachteiligt wird. Zur Schule gehen war ihm nicht vergönnt - kein Wunder, dass der fahrende
Kaffeeaufkäufer ihn hin und wieder übers Ohr hauen kann. Doch an jemanden anderen kann er
die mühsam geernteten Bohnen nicht verkaufen. Seine Ernte landet schließlich an der
Kaffeebörse in New York, wo große Kaffeegiganten und Spekulanten günstige Preise und gute
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Thema: Fairer Handel
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Gewinner erzielen möchten - soweit zwar kein Straftatbestand, jedoch sind in der Folge bereits
seit über 10 Jahren die Preise für Rohkaffee derart in den Keller gesackt, dass für unseren
Bauern aus Guatemala kein guter Preis mehr übrig bleibt. Schlimmer noch: seine
Produktionskosten sind zwischenzeitlich bereits höher, als die schwankenden Börsenpreise
und er müsste also kräftig drauflegen, den denn Subventionen sind ihm nicht vergönnt.
Menschenrechtsorganisationen machen schon seit vielen Monaten darauf aufmerksam, dass 25
Millionen Kaffeebauern mit ihren Familien weltweit vor dem Ruin stehen – was in
Wirtschaftskreisen kühl als Marktbereinigung gesehen werden könnte, bedeutet für die
betroffenen das Nichts, den Abgrund ihrer Existenz.
Hier trifft sich also die heutige Lage auf den internationalen Kaffeemärkten mit dem, was der
Weisheitslehrer Jesus Sirach in Jerusalem rund 180 Jahr vor Christi Geburt in deutlichen
Worten angeprangert hat - ich erinnere an zwei zentrale Sätze aus dem heutigen Lesungstext:
Jesus Sirach sprach: „Den Nächsten mordet, wer ihm den Unterhalt nimmt; Blut vergießt, wer
dem Arbeiter den Lohn vorenthält.“ Es klingt, als ob Jesus Sirach nicht vor fast 2200 Jahren
gepredigt hätte, sondern heute: Millionen von Kaffeebauern-Familien haben nicht genug zum
Leben, verdienen trotz harter Arbeit keinen angemessenen und gerechten Lohn, während die
Kaffeebarone trefflich verdienen.
Nicht so mit dem Kaffee der Bauern in der Organisation Fedecocagua, den die Eine-WeltGruppe hier Jahr ein, Jahr aus verkauft: Nicht so der Kaffee und die vielen Produkte aus
Fairem Handel.
Die Eine-Welt-Gruppen und Weltläden, die sich im sogenannten Fairen Handel engagieren,
haben sich eine Lösung auf die Fahnen geschrieben:
 Für ihre Produkte werden gerechtere, also höhere Preise gezahlt, die für
Gemeinschaftsaufgaben wie Bildungs- und Gesundheitswesen und zur Verbesserung der
Einkommen zur Verfügung stehen;
 Vor allem benachteiligte Kleinproduzenten und gerade auch Frauen werden von den
Organisationen des Fairen Handels unterstützt;
 Partnerorganisationen wie Fedecocagua erhalten verlässliche und dauerhafte
Abnahmeverträge, aber auch Beratung in Angelegenheiten der Organisation und
Herstellung ihrer Produkte;
 auf Wunsch wird sogar ein Teil der Ernte oder Verarbeitung zinslos vorfinanziert.
Die Waren der Eine-Welt-Gruppen, in Weltläden sowie Produkte mit dem TransFair-Siegel
geben uns die Möglichkeit, aus dem Teufelskreis von Ungerechtigkeit und Benachteiligung
auszubrechen - d.h. genau das, was Jesus Sirach angeprangert hat eben nicht wieder und
wieder zu wiederholen.
- Ob wir uns engagieren oder einfach bewusst einkaufen - fair gehandelte Produkte bieten uns
die Möglichkeit, als Christen zu handeln, denn sie machen die Märkte menschlicher. Der
(belgische) Theologieprofessor Jose Comblin, der in verschiedenen Ländern Lateinamerikas
tätig war, hat einmal gesagt: „Gottes Gnade wirkt so, dass menschliches Handeln …
menschlicher wird.“ Ich glaube ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass Kaffeebauern
angesichts der dramatischen Lage, die ich geschildert habe, den Fairen Handel als diese Gnade
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erfahren - und ich meine mit gutem Recht behaupten zu können, Menschen, Christen, die der
Idee des Fairen Handels folgen, wirken an dieser Gnade Gottes mit.
Dass uns dieses Schicksal der Kaffeebauern nicht gleichgültig sein kann, dass sie unsere (über
tausende Kilometer entfernt von uns lebenden) Nächsten sind, darauf verweist uns auch das
heutige Evangelium nach Matthäus: wir müssen unbedingt damit rechnen, dass im Kaffeebauer
aus Guatemala, in der indischen Teepflückerin oder im Kakaobauer aus Ghana uns Christus
begegnen wird! Und wir müssen damit rechnen, dass er heute, 2000 Jahre später, in einer von
globalen Märkten gekennzeichneten Welt, anders fragen wird, als damals. Vielleicht würde
uns Christus beim Weltgericht sagen: „Ich war Kaffeebauer - aber ihr? Habt ihr mir einen
gerechten Preis gezahlt“. Das Evangelium sagt klar, dass wir für unser Handeln oder unser
Unterlassen eines Tages zur Rechenschaft gezogen werden. Unsere Solidarität wird er uns
anrechnen, ebenso unseren gerechten und fairen Umgang mit Menschen wie solchen
Kaffeebauern, Teepflückerinnen, Fußballnäherinnen in den Ländern der Dritten Welt
.
In all dieser Dramatik und all diesem Anprangern ist aber auch eine Frohe Botschaft enthalten:
nämlich dass wir selbst in kleinen Dingen zur Gnade für andere werden können - und dadurch
selbst an Gottes Gnade Anteil erlangen. Amen 
Markus Raschke (Theologe und Pädagoge)
tätig als Grundsatzreferent des Erzbischöflichen Jugendamtes
sowie als Berater für Weltläden und Eine-Welt-Gruppen beim FAIR Handelshaus Bayern
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