VWL

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Makroökomie
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1: Makro als Wissenschaft
Kapitel 2: Empirische Beobachtungen und Makroökonomik
Kapitel 3: Das BIP: Entstehung, Verteilung und Verwendung
Kapitel 4: Die kleine offene Volkswirtschaft
Kapitel 5: Geld und Inflation
Kapitel 6: Arbeitslosigkeit
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Kapitel 1: Makroökonomik als Wissenschaft
1.1 Warum Makroökonomik?
Typische Fragen der Makro beispielsweise sind:
- Warum sind die Einkommen heute höher als 1950?
- Warum 1950 höher als 1900?
- Warum kommt es zu Rezession und Depression?
- Wie lassen sich Häufigkeit und Schwere solche Entwicklungen durch
wirtschaftspolit. Massnahmen verringern
Die Makro, die Wissenschaft von gesamtwirtschaftlichen Vorgängen, versucht
diese und andere Fragen zu beantworten
In dieser Vorlesung wurden u.a. folgende Fragen gestellt:
- was bestimmt das Outputniveau Y einer Volkswirtschaft?
- wie wird Y verteilt?
- Welche Rolle spielen BIP, Inflationsrate und Arbeitslosenquote als Indikatoren?
- was bewirkt eine Erhöhung der Staatsausgaben oder eine Verminderung der
Steuern in einer geschlossenen Volkswirtschaft?
- welche Wirkung hat die ausländische Fiskalpolitik auf das Inland im
Modellrahmen der offenen Volkswirtschaft?
- Welche Wirkung hat eine Geldmengenerhöhung?
- Was sind die Ursachen der Arbeitslosigkeit?
- Etc.
In den 20 Stunden unserer Vorlesung versuchen wir, darauf eine Antwort zu
finden
Zur Frage der praktischen Relevanz:
-
-
-
In der Zeitung lesen Sie: “Sozialprodukt um 5% gewachsen”, “Bundesbank
verschärft Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung” , “Arbeitslosigkeit im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht gesunken”
Manager wollen wissen, wie sich Einkommen entwickeln, Rentner wollen
wissen wie sich Preise entwickeln, Arbeitslose wollen wissen wie sich die
Konjunktur entwickelt, weil davon ihre Job-Suche betroffen ist
deshalb sind makroökonomische Fragen zentral in der wirtschaftspolitischen
Diskussion
In den 70er Jahren kämpften Nixon, Ford und Carter vergeblich gegen hohe Inflationsraten. Ihre
Nachfolger, Reagan und Bush kämpften mit hohen Haushaltsdefiziten Defiziten. Clinton wurde
1993 Präsident, weil er versprach das HH-Defizit zu verringern. Helmut Schmidt wurde u.a.
deshalb 1982 abgewählt, weil die gesamtwirtschaftliche Situation schlecht war. Auch Gerhard
Schröder machte ein typisches Gebiet der Makroökonomie 1998 zum Wahlkampfthema: die
Arbeitslosigkeit. Er sagte, seine Wirtschaftspolitik, werde sich immer daran messen lassen,
inwieweit es gelänge, die Arbeitslosigkeit auf 3,5 Mio. zu drücken. Sie können gespannt darauf
warten, ob ihm das gelingen wird – er hat ja noch ein Jahr Zeit!
2
Zur Frage der praktischen Relevanz für Sie persönlich:
1. Als zukünftige Führungskraft: müssen Sie im wahrsten Sinne “eine Ahnung” von
gesamtwirtschaftlichen Vorgängen haben. In dieser Vorlesung hatten Sie
Gelegenheit einige Grundlagen zu lernen.
2. Für künftige Vorlesungen: werden Sie ökonomischen Modelle bzw. die Fähigkeit
in Modellen zu denken, wieder verwenden können. Außerdem haben Sie
grundlegendes zum Thema “Geld” erfahren (Gegenstand 4. Semester)
3. Als Persönlichkeit: werden Sie vielleicht Zeitungen, Statements von Politikern etc.
jetzt mit größerem ökonomischen Sachverstand entgegentreten können und sich
nicht mehr “ein x für ein u verkaufen lassen”.
1.2 Ökonomische Denkweise
Ökonomische Modelle: Fassen (oft in mathematischer Form) Beziehungen zwischen
Variablen zusammen. Sie sind hilfreich, da sie von unwichtigen Details abstrahieren,
um die wesentlichen Dinge genauer zu erfassen. Ein Beispiel dafür ist das Modell, das
Angebot, Nachfrage und Preis eines Gutes darstellt:
Sowohl Angebots- als auch Nachfragekurve stellen die Angebots- bzw.
Nachfragemengen in Bezug zu einen bestimmten Preis dar.
Nachfrage: ist der Preis hoch wird wenig nachgefragt, sinkt der Preis, wird immer mehr
nachgefragt.  fallender Kurvenverlauf
Angebot: ist der Preis niedrig, wird wenig angeboten, steigt der Preis, steigt auch die
angebotene Menge.  steigender Kurvenverlauf
Falls Sie durcheinanderkommen, erinnern Sie sich an “Trick”, den ich Ihnen an der Tafel gezeigt habe
(einzelne Punkte in obiges Diagramm zeichnen, dann die Punkte verbinden)
Gleichgewichtspreis P* (GG-Preis). Derjenige Preis, bei dem Angebot = Nachfrage ist.
Man sagt auch, der GG-Preis räumt den Markt (vgl. nächster Punkt!)
Nachfrageerhöhung: Steigt die Nachfrage nach einem Gut, steigt der Preis
(Verschiebung von N zu N1). Der neue GG-Preis wird mit P** bezeichnet.
Flexible versus starre Preise: Eine zentrale Annahme makroökonomischer Modelle
betrifft die Lohn- und Preisanpassungshypothese. Ökonomen gehen davon aus, daß sich
der Preis so anpaßt, daß sich Angebot und Nachfrage genau ausgleichen, d.h. die Preise
sind flexibel und es wird der GG-Preis erreicht. Dies wird auch als Markträumung
bezeichnet. Dies entspricht jedoch nicht voll der Realität, weil sich Preise und Löhne
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nicht verzögerungslos an Veränderungen von Angebot und Nachfrage anpassen sondern
eher langsam. Ihr Lohn als BA-Student wird i.d.R. jährlich festgelegt; Tarifverträge
legen Löhne über mehrere Jahre hinweg fest. Viele Unternehmen lassen ihre Preise über
Jahre unverändert. Die Wochenzeitschrift “Der Spiegel” ließ z.B. mehr als 5 Jahre für
ihre letzte Preiserhöhung vergehen. Das bedeutet: in Wirklichkeit sind Preise nicht so
flexibel wie im Modell dargestellt. Trotzdem vertreten die meißten Ökonomen die
Ansicht, daß dieses Modell nützlich ist, weil sich die Preise im Zeitanlauf doch an
Angebot und Nachfrage anpassen. Für sie ist Preisflexibilität eine vernünftige Annahme
für langfristige Prozesse. Für unsere Zwecke ist es ebenfalls nützlich, weil wir den
Zusammenhang zwischen Angebot, Nachfrage und Preis besser verstehen.
Mikroökonomik und Makroökonomik: Während sich die Makro mit
gesamtwirtschaftlichen Vorgängen beschäftigt, untersucht die Mikroökonomie, wie
Konsumenten und Produzenten ihre Entscheidungen treffen. Mikro ist also die
einzelwirtschaftliche
Betrachtung.
Das
ökonomische
Prinzip
ist
der
Optimierungsansatz: Haushalte verhalten sich als Nutzenoptimierer, Unternehmen
(Produzenten) als Gewinnoptimierer. Die neuere Makrokonomie ist jedoch zunehmend
mikroökonomisch fundiert, weil hinter gesamtwirtschaftlichen Entscheidungen doch
immer Individuen bzw. deren Verhalten stehen. Man spricht deshalb auch von
mikroökonomischer Fundierung der Makroökonomie.
1.3 Zusammenfassung
1. Als Makroökonomie bezeichnet man die Analyse der Gesamtwirtschaft
(Arbeitslosigkeit, Preisniveau, Konjunktur). Makroökonomie versucht sowohl
das wirtschaftliche Geschehen zu verstehen als auch geeignete
wirtschaftspolitische Instrumente zu entwickeln.
2. Um das wirtschaftliche Geschehen verstehen zu können, verwenden Ökonomen
Modelle. Modelle sind vereinfachte Abbildungen der Wirklichkeit.
3. Ob Preise flexibel oder starr sind, ist eine der zentralen Merkmale eines
makroökonomischen Modells. Allgemein wird angenommen, daß der
Markträumungsansatz langfristig das Verhalten der Wirtschaft in geeigneter
Weise beschreibt; kurzfristig sind die Preise starr.
4. Als Mikroökonomik bezeichnet man die Analyse der einzelwirtschaftlichen
Entscheidungen von Haushalten und Unternehmen. Da das makroökonomische
Geschehen letztendlich das Ergebnis einer Vielzahl mikroökonomischer
Handlungen ist, liegt es nahe, daß die Makro auf das Hilfsmittel der Mikro
zurückgreift.
2. Kapitel: Empirische Beobachtungen und Makroökonomik
Wie jede Wissenschaft beruht auch die Makroökonomie auf Theorie und Beobachtung:
die Beobachtung ist die Basis für die Theorie. Grundlage sind amtliche Statistiken bzw.
Erhebungen (Befragungen) von Haushalten und Unternehmen, deren Ziel darin besteht,
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Informationen über ökonomisches Tätigkeiten zu gewinnen (Haushaltseinkommen,
Unternehmergewinne, Umsatz- und Preisentwicklung etc.) Sie liefern die Basis für die
Berechnung einer Vielzahl statistischer Kennzahen, welche die wirtschaftliche Lage in
zusammengesetzter Form beschreiben. In diesem Kapitel diskutieren wir drei dieser
ökonomischer Kennzahlen: Bruttoinlandsprodukt (BIP), Preisindex der Lebenshaltung
und die Arbeitslosenquote.
2.2 Die Erfassung des Wertes der ökonomischen Aktivitäten: Das
Bruttoinlandsprodukt (BIP)
Das BIP wird häufig als das beste Maß zur Erfassung der wirtschaftlichen Lage
betrachtet. Diese Größe drückt den DM-Wert der ökonomischen Aktivitäten in einer
einzigen Kennzahl aus. Genauer gesagt werden 2 Dinge gemessen:
- Gesamtheit der Einkommen der Volkswirtschaft
- Summe aller Ausgaben, die für den Erwerb der produzierten Waren und
Dienstleistungen anfallen
Wie kommt es, daß das BIP sowohl Einkommen einer Volkswirtschaft als auch die
Ausgaben für ihren Output darstellt? Nun, es handelt sich in Wirklichkeit um zwei
Seiten derselben Medaille: für die Volkswirtschaft als Ganzes müssen Einkommen und
Produktion notwendigerweise gleich sein.
Dieser Zusammenhang wird verständlich, wenn wir uns das (einfachste)
Kreislaufmodell und die volkswirtschaftliche Gesamtrechung anschauen
Einkommen, Produktion und wirtschaftlicher Kreislauf
Die obige Abbildung zeigt die Transaktionen zwischen Haushalten (HH) und
Unternehmen (U).
Der innere Kreis gibt den Strom von Gütern und Arbeitsleistungen wieder; der
äußere Kreis ist der Geldstrom: HH kaufen Gut (Ausgaben), U bezahlen Löhne
(Einkommen).
Übertragen auf das BIP bedeutet dies, daß es sich auf 2 Arten darstellen läßt:
- es stellt das gesamte bei Prod. des Gutes entstandene Einkommen, das der
Summe aller Löhne und Güter entspricht (oberer Halbkreis)
- es stellt aber auch die Summe aller Ausgaben für das Brot dar (unterer
Halbkreis)
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Gleichheit von Einkommen und Ausgaben ergibt sich aus Tatsache, daß jede
Transaktion zwei Seiten hat: Käufer und Verkäufer.
Wenn z.B. in obiger Wirtschaft 1 Gut mehr produziert (z.B. 1 Laib Brot) wird entweder
eine Arbeitskraft mehr eingestellt und es erhöht sich somit das Lohneinkommen, oder es
wird eine efizientere Technologie verwendet, dann erhöht sich das Gewinneinkommen.
In jedem Fall ist der Zuwachs von Einkommen und Ausgaben identisch.
Exkurs: Strom- und Bestandsgrössen
Ökonomische Variablen beschreiben Mengengrössen (Geld, Güter etc.). Die
Mengengrössen werden in Strom- und Bestandsgrössen unterschieden. Beispiel
Badewanne: das zufließende Wasser, welches durch den Hahn in die Wanne fließt ist
die Stromgröße während das Wasser, das in der Wanne ist die Bestandsgröße darstellt.
Weitere Beispiele sind:
- Vermögen eines Haushalts ist eine Bestandsgröße, während die Einnahmen und
die Ausgaben eine Stromgröße darstellen.
- Eine Bestandsgröße ist die Zahl der Arbeitslosen; die Anzahl der Menschen, die
eine Arbeit finden sind eine Stromgröße
Einige Regeln zur Berechnung des BIP
Im Anschluß werden einige Besonderheiten bei der Berechnung des BIP betrachtet.
Lagerinvestitionen: 1.Fall: Gut wird nicht verkauft und verdirbt. Der Gewinn des
Unternehmes sinkt genau im Umfang der zusätzlichen Lohnzahlungen. Das
Unternehmen hat eine höhere Lohnsumme bezahlt, ohne dafür einen Vorteil zu
erlangen. Diese Transaktion berührt weder das die Ausgaben noch die
Gesamteinkommen; das BIP bleibt konstant.
2. Fall: Gut wird nicht verkauft, sondern auf Lager genommen. Es wird so getan als ob
Unternehmen Ware kauft; das Inlandsprodukt steigt. Einkommen steigt wegen der
höheren Löhne, denen nun keine Gewinnreduzierung gegenübersteht. Die Ausgaben
steigen wegen der Erhöhung der Lagerhaltung ebenfalls.
Die allgemeine Regel lautet: Wenn ein Unternehmen seine Bestände an Gütern
vergrößert, werden diese Lagerinvestitionen sowohl als Teil der Ausgaben als auch als
Teil des Einkommens gezählt. Die Produktion, die für die Erhöhung der Lagerhaltung
bestimmt ist, trägt genauso zur Erhöhung des BIP bei wie die Produktion, die abgesetzt
wird.
Zwischenprodukte und Wertschöpfung: Rinderzüchter verkauft an Mc Donalds
Fleisch für Hamburger im Wert von 1,- DM; Mc Donald verkauft Hamburger für 3,DM. In BIP fließt nur “Endprodukt Hamburger” (nicht Zwischenprodukt Fleisch!) ein.
Begründet wird dies damot, daß man sonst einer eine Doppelzählung begehen würde.
Kritiker führen jedoch an, daß das BIP damit zu niedrig gerechnet wird, weil die
Konsumgüterindustrie (hier Mc Donalds) nur ein kleiner Teil der Volkswirtschaft
ausmacht, während die ganzen Zwischenstufen (hier Fleischproduktion) keine
Berücksichtigung finden.
Selbstgenutzter Wohnraum : für selbstgenutzen Wohnraum (keine Miete) gibt es
keinen Marktpreis. Bei der Berechnung des BIP wird unterstellt, daß die “Mieten die
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Eigentümer an sich selbst zahlen”; dieser (unterstellte) Marktpreis wird im BIP
berücksichtigt. Auch hier ist Kritik berechtigt. (vgl. Vorlesung)
Reales versus nominales BIP
Das BIP kann entweder steigen, weil mehr produziert worden ist oder weil die Preise
gestiegen sind. Das BIP, in welchem die Preissteigerungen noch enthalten sind, wird
nominales BIP genannt; sind Preisteigerungen herausgerechnet, spricht man von realem
BIP. Stellen Sie sich eine Volkswirtschaft vor, deren Output (Produktionsleistung)
konstant blieb aber deren Preise sich verdoppelt haben. Das Ergebnis gemäß dem
nominalen Berechnung wäre eine Verdoppelung des BIP, was offensichtlich einem
Trugschluß gleich käme. Aus diesem Grunde werden Preissteigerungen herausgerechnet
indem man z.B. das Basisjahr 1991 wählt und die Produktionsleistung zu diesen Preisen
bewertet. Folge: BIP ändert sich nur, wenn mehr produziert wird (und nicht wenn Preise
steigen)
Die Ausgabekomponenten
Für Ökonomen ist nicht nur die Gesamtproduktion von Güter und Dienstleistungen von
Bedeutung sondern auch die Aufteilung dieses Outputs für veschiedene
Verwendungszwecke; man unterscheidet in der Verwendungsgleichung 4 Kategorien:
Konsum (C)
Investitionen (I)
Staatsausgaben (G)
Nettoexporte (NX=EX-IM)
Das BIP wird dann von der Verwendungsseite ausgedrückt als
Y=C+I+G+NX, wobei NX=EX-IM
Unterstellt man, daß die Staatsausgaben G sowohl für Konsum als auch für
Investitionen ausgegeben werden erhält man:
Y= Cpr +C st + I pr + I st+ NX
Das folgende Beispiel füllt die obige Gleichung mit Zahlen für Deutschland (1996) aus:
BIP und Ausgabenkomponenten im Jahr 1996
Insgesamt (Mrd. DM) je Einwohner (DM)
Bruttoinlandsprodukt
3.064
37.400
Konsum
2.365
28.868
privater Konsum
Staatsverbrauch
1.751
614
7
21.373
7.495
Investitionen
697
8.508
263
410
24
3.210
5.005
293
2
24
827
825
10.095
10.070
Ausrüstungen
Bauten
Vorratsveränderungen
Aussenbeitrag
Ausfuhr
Einfuhr
Quelle: Mankiv (1998), S. 31
Bruttoinlandsprodukt (BIP) versus Bruttosozialprodukt (BSP)
Das BIP mißt das gesamte Einkommen aller Personen und Institutionen einer
Volkswirtschaft. Aber was ist damit gemeint? Wer gehört zum Kreis? Deutsche, die im
Ausland arbeiten? Ausländer, die in Deutschland arbeiten?
Zur Beantwortung dieser Frage vergleichen wir das BIP mit dem verwandten Konzept
des Bruttosozialprodukts (BSP)
Das BIP ist das Gesamteinkommen, welches im Inland erzielt wurde. Es umfaßt auch
die Einkommen, die im Inland von Ausländer erzielt wurden, nicht aber die Einkommen
der Inländer im Ausland.
Das BSP ist das Gesamteinkommen, welches von Inländer erzielt wurde. Es umfasst
folglich die Einkommen, die Inländer im Ausland erzielt haben, nicht aber die
Einkommen, die Ausländer im Inland erzielt haben.
Entscheidend ist nicht Nationalität sondern Wohnsitz
Beispiele:
Ein Engländer arbeitet für 1 Monat in Deutschland. Sein Einkommen gehört zum
deutschen BIP, weil im Inland entstanden, jedoch nicht zum deutschen BSP, weil er
seinen Wohnsitz in England hat. Arbeitet ein Deutscher für 1 Monat in England so ist
das erzielte Einkommen Teil des deutschen BSP aber nicht des deutschen BIP
2.2 Die Erfassung der Lebenshaltungskosten:
Der Preisindex aller privaten Haushalte
Mit einer D-Mark kann man heute nicht mehr soviel kaufen wir vor 30 Jahren. Fast
alles ist teurer geworden. Der Preisanstieg bezeichnet man als Inflation.
Die Inflation ist einer der Hauptprobleme der Makroökonomie. Das Thema Inflation ist
Gegenstand von Kapitel 5 dieser Vorlesung; hier soll zunächst nur aufgezeigt werden
wie man die Veränderung Inflation gemessen wird. Zentral ist dabei das Konzept des
Warenkorbs.
Der Preis eines Warenkorbs
Der gängiste Preisindex wird als Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten
Haushalte genannt (kurz: Preisindex für die Lebenshaltung). Er wird vom statistischen
Bundesamt ermittelt. Die Europäische Zentralbank verwendet den Harmonisierten
Verbraucherpreisindex (HVPI).
Erfasst werden Waren und Dienstleistungen, die von Haushalten nachgefragt werden.
Wie das BIP die Mengen vieler Waren und Dienstleistungen in einer Zahl verdichtet,
die den Wert der Gesamtproduktion erfaßt, so verdichtet der Preisindex für die
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Lebenshaltung die Preise einer Vielzahl von Gütern in einem Index, der das
gesamtwirtschaftliche Preisnivwau beschreibt.
Dabei stellt sich jedoch gleichzeitig die Frage: auf welche auf Weise sollen die vielen
Preise zu einem Index verdichtet werden? Eine Möglichkeit besteht im sog.
arithmetischen Mittel: alle Güter werden gleich behandelt. Aber das würde nicht der
Realität entsprechen. Beispielsweise werden mehr Kartoffeln gegessen (nachgefragt) als
Kaviar. Folglich müssen Kartoffeln eine stärkere Gewichtung erhalten als Kaviar. Das
stat. Bundesamt gewichtet die versch. Güter, indem es den Warenkorb berechnet, der
von einem durchschnitl. Konsumenten gekauft wird. Der Preisindex stellt dann das
Verhältnis aus dem aktuellen Preis und dem Preis des Warenkorbs in einem Basisjahr
(z.B. 1991) dar.
Bsp.: Ein durchschnittl. Konsument kauft 5 Äpfel und 2 Birnen pro Monat; der zu
Grunde gelegte Warenkorb besteht dann aus 5 Äpfeln und 2 Birnen; für den Preisindex
(PI) gilt:
PI= (5 x aktueller Apfelpreise) + (2 x aktueller Birnenpreis)
(5 x Apfelpreis 1991) + (2 x Birnenpreis 1991)
Der Index besagt, wieviel im laufenden Jahr der Warenkorb (Äpfel und Birnen) im Vgl.
zum Basisjahr 1991 kostet
Fazit: Anwendungen und die Frage, ob Inflation überzeichnet wird
Anwendungen: die Europäische Zentralbank (EZB) basiert ihre geldpolitischen
Entscheidungen u.a. auf dem Warenkorb (HVPI vgl. oben). Wenn Gewerkschaften in
Tarifhandlungen einen Inflationsausgleich fordern, stützen sie ihre Argumente auf
diesen Index (Reallöhne versus Nominallöhne).
Zur Frage der Überzeichnung: Einflussfaktoren, welche u.U. den Wahrheitsgehalt dieser
statistischen Ermitllung in Frage stellen.
Substitutionsbeziehungen: Wisu ersetzen relativ teurer gewordene Güter und DL durch
relativ billiger gewordene Güter und DL; da der Warenkorb relativ fix ist (d.h. sich
nicht schnell genug der neuen Nachfragestruktur anpaßt), werden alte Preise
herangezogen und somit erscheint Preissteigerungsrate grösser als sie in Wirklichkeit
ist.
Auftreten neuer Güter: neue Güter bedeuten eine grössere Auswahl an Produkten,
Kaufkraft der Geldes wird erhöht; diese Kaufkrafterhöhung spiegelt sich nicht im
Preisindex wieder.
Nicht erfasste Qualitätsverbesserungen: Es gibt Qualitätsverbesserungen, die sich
statistisch erfassen lassen (Vollverzinkte Autokarossarie, Servo-Lenkung, Airbag) und
zu einer Erhöhung der Preise und somit des Preisindex´führen. Diese Verbesserungen
werden entsprechend gewichtet: der um Qualitätsverbesserung korrigierte Preis steigt
langsamer als der unkorrigierte.
Andererseits gibt es aber auch Qualitätsverbesserungen, die nicht so einfach erfaßbar
sind (Bsp. Komfortverbesserungen oder Verbesserungen im Sicherheitsbereich). Das
statistische Bundesamt kann diese Preissteigerungen nicht oder nur schwer gewichten.
Sind die Preissteigerungen vor allem auf Qualitätsverbesserungen zurückzuführen, die
statistisch schwer erfaßbar sind, dann steigt der Preisindex schneller als dies
ökonomisch begründet ist.
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2.3. Erfassung der Unterbeschäftigung: Die Arbeitslosenquote
Ein wichtiger Punkt bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage einer Nation ist die
Frage in welchem Ausmaß die wirtschaftlichen Ressourcen genutzt werden. Da die
Arbeitskraft die wichtigste Ressource einer VW darstellt, gehört ein hoher
Beschäftigungsstand zu den wichtigsten wirtschaftspolitischen Zielen.
Die Arbeitslosen-Quote (AL-Quote) ist diejenige statistische Meßzahl, die angibt,
welcher Prozentsatz der Personen, die arbeiten möchten, keine Arbeit haben.
Arbeitslos ist derjenige, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis
steht oder nur eine kurzfristige Beschäftigung ausübt. Erfaßt werden nur Personen, die
sich beim Arbeitsamt als arbeitssuchend registrieren lassen und der Arbeitsvermittlung
zur Verfügung stehen.
Erwerbstätig ist eine Person, die einer Erwerbstätigkeit nachgeht und zwar unabhängig
von der Dauer der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit. Man unterscheidet: abhängig
Beschäftigte (Arbeiter, Angestellte, Beamte und Soldaten), Selbstständige
(Unternehmer, Landwirte) und mithelfende Familienangehörige (alle Personen, deren
überwiegende Tätigkeit in einer regelmässigen, unentgeltlichen Mitarbeit in einem
Betrieb besteht, der von einem Familienmitglied als Selbstständigen geleitet wird). Uns
interesieren drei Indizies:
Erwerbspersonen = Arbeitslose + Erwerbstätige
AL-Quote = Arbeitslose / Erwerspersonen x 100
Erwerbsquote = Erwerbspersonen / Wohnbev. x 100
2.4 AL, BIP und Okunsches Gesetz
Den negativen Zusammenhang zwischen Unterbeschäftigung und BIP drückt das
Okunsche Gesetz aus: steigt die Arbeitslosigkeit nimmt das Inlandsprodukt ab. Bleibt
die AL-Rate konstant, steigt das BIP um ca. 3%.
Allgemein gilt:
3% - 2x (Änderungsrate Arbeitslosigkeit)
Bsp: AL konstant
3 % - 2 x 0 = 3 % (Aussage des Okunsches Gesetzes)
Bsp.: AL steigt von 6 % auf 8 %
3 % - 2 x (8-6) = - 1 % (negatives Wachstum BIP)
Zusammenfassung:
1. Das BIP mißt sowohl das Gesamteinkommen einer Wirtschaft als auch die
Gesamtausgaben für die in einer Wirtschaft produzierten Waren und
Dienstleistungen.
2. Das nominelle BIP bewertet Waren und Dienstleistungen zu laufenden Preisen; das
reale BIP bewertet Waren und DL zu konstanten Preisen. Daher nimmt das reale
BIP nur zu, wenn die Menge der produzierten Güter gestiegen ist; das nom. BIP
kann sowohl aufgrund einer erhöhten Produktion als auch aufgrund einer allg.
Preiserhöhungen gestiegen sein.
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3. Das BIP ist die Summe der 4 Ausgabekategorien Konsum, Investion,
Staatsausgaben und Nettoexporten.
4. Der Preisindex der Lebenshaltung aller Privathaushalte mißt den Preis eines
Warenkorbs, der von einem durchschnittlichen privaten Haushalt gekauft wird.
5. Die Arbeitslosenquote gibt Auskunft über den Anteil derjenigen, die arbeiten
wollen, aber keine Arbeit haben. Eine Zunahme der AL-Quote geht typischerweise
mit einer Verringerung des realen BIP einher.
Kapitel 3: Das BIP: Entstehung, Verteilung und Verwendung
Um wirtschaftliche Vorgänge nicht nur zu erfassen (vgl. Kapitel 1 und 2) sondern auch
zu erklären, müssen wir im folgenden Modelle entwickeln, die uns dabei helfen das
wirtschaftliche Geschehen, die Beziehung zwischen verschiedenen ökonomischen
Variablen und die Wirkung auf die Wirtschaftspolitik zu verstehen.
Ein geeigneter Ausgangspunkt ist das sogenannte Kreislaufdiagramm, welches
nachfolgend dargestellt ist:
(gehen Sie bei der Interpretation immer von HH aus: dieser verwendet sein Einkommen
für Konsum, sparen und Steuern )
Das Kreislaufdiagramm führt uns zu folgenden Fragen, die gleichzeitig das weitere
Vorgehen in Kapitel 3 bestimmen.
- wodurch wird Produktionsniveau Y, welches die Höhe der Gesamteinkommens
entspricht, bestimmt? (Punkt 3.1)
- wie wird dieses Einkommen auf die Produktionsfaktoren (K,L) verteilt? (Punkt
3.2)
- wie wird das Produktionsniveau Y verwendet (C, I, G) (Punkt 3.3)
Nachdem dies diskutiert wurde, wird der Kreis dadurch geschlossen, daß wir die
wichtige Rolle des Zinses i im Zusammenspiel zwischen Güter- und Geldmarkt
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betrachten (Punkt 3.4): dabei wird das Modell der geschlossen Volkswirtschaft
präsentiert.
Die Nettoexporte NX sind Gegenstand des Modells der kleinen offenen
Volkswirtschaft in Kapitel 4.
3.1 Die Produktion von Waren und Dienstleistungen
Das Produktionsvolumen von Waren und DL (das BIP) einer Volkswirtschaft hängt von
2 Elementen ab: den Produktionsfaktoren und der Produktionsfunktion.
Die Produktionsfaktoren: sind die Inputs, die man für die Produktion von Waren und
DL benötigt. Die beiden wichtigsten P. sind Arbeit und Kapital. Kapital sind alle
produzierten Produktionsmittel, die bei Gütererzeugung eingesetzt werden ( z.B. ein
Kran, ein PC etc.). Als Symbol wird “K” verwendet.
Unter Arbeit wird die Zeit verstanden, die der einzelne arbeitend verbringt. Das Symbol
für Arbeit ist “L”.
Zunächst wird angenommen, daß die Produktionsfaktor Y gegeben (konstant) ist. In der
VWL wird dies mit einem Querstrich über der Variablen gekennzeichnet. Man schreibt
K. Wir nehmen weiter an, daß der Faktor Arbeil voll ausgenutzt wird. Wir schreiben L.
Im Kapitel 6 “Arbeitslosigkeit” werden wir sehen, daß der Faktor Arbeit nicht voll
ausgelastet ist, sondern Unterbeschäftigung besteht (vgl. Sie auch Punkt 2.3!). Die
Gründe für das wachsen für Y ist Gegenstand der sogenannten Wachstumstheorie, die
in dieser Vorlesung nicht behandelt wird.
Bedenken Sie bitte, daß das eben Gesagte ein Beispiel dafür ist was zu Beginn dieses Skripts gesagt
wurde: zu sagen bzw. anzunehmen, daß sowohl K als auch L konstant sind, ist nichts anderes als zu
lernen, in Modellen zu denken.
Die Produktionsfunktion: bestimmt die verfügbare Produktionstechnologie und gibt
Auskunft darüber, wieviel Output mit einem gegebenen Kapital- und Arbeitsvolumen
erzeugt werden kann. Ökonomen drücken die verfügbare Produktionstechnologie mit
Hilfe der Produktionsfunktion aus. Die produzierbare Menge ergibt sich aus:
Y = F (K,L)
Die Gleichung besagt, daß der Output eine Funktion der eingesetzten Mengen von
Kapital und Arbeit ist. Viele Produktionseigenschaften zeichnen sich die Eigenschaft
aus, konstante Skalenerträge zu haben. Das bedeutet: wenn man die Inputfaktoren um
10% erhöht, erhöht sich der Output ebenfalls um 10%. Formal ausgedrückt wird dies:
zY = F (zK, zL)
Das gegebene Angebot an Waren und Dienstleistungen
Das Angebot von Waren und DL kann nach den vorangegangen Überlegungen erklärt
werden: Produktionsfaktoren und Produktionsfunktion bestimmen die Höhe der
Produktion einer Volkswirtschaft. Da sowohl K als auch L konstant ist schreiben wir:
Y = F (K, L) = Y
3.2 Aufteilung des Gesamteinkommens auf die Prod. Faktoren
Wie bereits erläutert, stimmen aggregiertes Einkommen und aggregierter Output
überein. Weil Faktoreinsatz und die Produktionsfunktion zusammen diesen aggregierten
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Output bestimmen, bestimmen sie auch das Gesamteinkommen. Aus dem
Kreislaufdiagramm ersahen Sie, daß die Gesamteinkommen an die Haushalte fließen.
In diesem Abschnitt werden die Faktormärkte genauer betrachtet: die neoklassische
Verteilungstheorie erklärt die Verteilung der Einkommen.
Faktorpreise: Die Einkommensverteilung wird durch die Faktorpreise bestimmt.
Faktorpreis ist der Betrag, den die Produktionsfaktoren für die erzeugte Leistung
erhalten also Lohnsatz für die Arbeitnehmer und Zinssatz für die Kapitaleigentümer.
Graphisch kann man dies folgendermaßen darstellen:
Da wir L und K konstant angenommen haben, verläuft die Faktorangebotskurve
vertikal.
Das Entscheidungsproblem eines Wettbewerbunternehmens
Unternehmen sind dem Wettbewerb ausgesetzt und können deshalb nicht beliebig den
Preis erhöhen. Auf dem Arbeitsmarkt herrscht ebenfalls Konkurenz; Unternehmen
müssen den Marktpreis zahlen (vgl. Abbildung oben); entlohnt das Unternehmen unter
dem Marktpreis, wandern Arbeitnehmer ab. Die Folge aus diesen beiden Aspekten ist,
daß Unternehmen sowohl auf den Gütermärkten (für ihre Produkte) als auch auf den
Faktormärkten Preisnehmer (sie betrachtet Preise als gegeben).
Wenn Y = F (K,L) gilt so ergibt sich folgendes Maximierungs-Problem:
Gewinn = Erlös – Arbeitskosten – Kapitalkosten = PY-WL –RK
( mit P= Güterpreis x produzierter Menge; Arbeitskosten WL und Kapitalkosten = RK)
wenn man Y = F (K,L) in Gewinnfktion einsetzt so ergibt sich:
Gewinn = PF (K,L)- WL – RK
Diese Gleichung besagt, dass der Gewinn vom Produktpreis P, von den Faktorpreisen
W und R und von den eingesetzten Faktormengen abhängt
Die Faktornachfrage der Unternehmung
Es soll nun untersucht werden, wie eine Unternehmung die Entscheidung trifft, wieviel
Arbeitskräfte und wieviel Kapital eingesetzt wird
Die Grenzproduktivität der Arbeit
Je mehr Arbeit eingesetzt wird, desto mehr kann U produzieren. Das Grenzprodukt
der Arbeit (marginal produkt of labor, MPL) gibt an, wieviel mehr an Output erzielt
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werden kann, wenn 1 Einheit Arbeit mehr eingesetzt wird. (z.B. 1 Stunde mehr Arbeit,
die dann Mehreinheiten an Output erzeugt).
Da Produktionsfunktionen abnehmende Grenzprodukte aufweisen erzeugt zwar jede
Einheit insgesamt mehr an Outuput jedoch werden die Zuwachsraten immer kleiner.
Man nennt dies ein abnehmendes Grenzprodukt. Dies bedeutet, daß die Zuwachsraten
umso kleiner werden/sind, je mehr man an Input einsetzt.
Die Abb. zeigt den Effekt bei Variation der Arbeitsmenge und Konstanthaltung des
Kapitaleinsatzes. Mit zunehmenden Arbeitseinsatz verläuft die Produktionsfunktion
immer flacher
Vom Grenzprodukt zur Arbeitsnachfrage
Wenn die wettbewerbliche, gewinnmaximierende Unternehmung zu entscheiden hat, ob
sie eine zusätzliche Einheit Arbeit beschäftigen will, überlegt sie, welche Auswirkung
das auf den Gewinn hat. Eine zusätzliche Einheit an L erhöht zwar den Output,
gleichzeitig fallen aber mehr Lohnkosten an: die zusätzliche Erlössteigerung hängt
sowohl vom Grenzprodukt der Arbeit als auch vom Produktpreis ab.
Eine weitere Arbeitseinheit erzeugt MPL Einheiten Output, und jede Einheit kann für P
verkauft werden, der Erlöszuwachs beträgt daher P x MPL. Die zusätzlichen Kosten
einer weiteren Einheit entsprechen dem Lohnsatz w. Die aus der Beschäftigung einer
weiteren Arbeitseinheit resultierende Gewinngleichung lautet daher:
Δgewinn = ΔErlös – ΔKosten = (P x MPL) – W
(wobei “Δ” die Veränd. der Variablen bezeichnet)
Wir können nun die Frage beantworten: Das U wird so lange weitere Arbeitskräfte
einstellen, wie P x MPL dem Lohnsatz W mind. gleich ist, d.h. wenn die Einstellung
eines weiteren AN keinen Gewinn mehr bringt. Die Arbeitsnachfrage des U ist folglich
gekennzeichnet durch:
P x MPL = W
oder:
MPL = W /P (Quotient W/P bez. man als Reallohn)
Das U stellt so lange AN bis das Grenzprodukt dem Reallohn entspricht.
Bsp: Ein Bäcker hat einen Stundenlohn von 20 DM, der Brotpreis beträgt 2 DM: der
Reallohn hat dann die Höhe von 20/2 = 10 Broten/h; das U stellt so lange AN, wie der
zusätzliche Arbeiter fähig ist, den Output in einer Stunde um 10 zu erhöhen.
Das Grenzprodukt des Kapitals und die Kapitalnachfrage
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MPK (marginal Produkt of capital) ist die zusätzliche Outputmenge bei Einsatz einer
zusätzlichen Einheit Kapital (und Konstanz von L).
MPK = F (K + 1, L) – F (K,L)
Das Grenzprodukt des Kapitals ist also die Diff. Zwischen dem Output, der mit K+1
Einheiten erzielt werden kann im Vergleich zu dem Output der mit K Einheiten erzielt
wird.
Der Gewinnzuwachs bei Einsatz einer zusätlichen Maschine ergibt sich aus:
ΔGewinn =ΔErlös - ΔKosten = (P x MPK) – R
Das Unternehmen wird solange zusätzlich Kapital ausleihen, bis das Grenzprodukt auf
dem realen Mietpreis (oben: Reallohn), d.h bis P x MPK = R ist oder:
MPK = R/P
Unternehmen dehnt Nachfrage nach K solange aus, bis Grenzprodukt dem realen
Faktorpreis entspricht
Die Verteilung des Gesamteinkommens
Im wettbewerblichen Prozess wird jeder Produktionsfaktor gemäß seinem marginalen
Beitrag (Reallohn bzw. realer Mietpreis) am Produktionsprozess entlohnt
Fazit: die Gesamtproduktion wird in Abh. von den jeweiligen Grenzprodukten auf die
Entlohnung von K und L aufgeteilt.
Erinnern Sie sich an die Fallstudie “Die Pest und die Faktorpreise” aus Mankiw (1998) S. 62 f.: durch
Bevölkerungsrückgang sank das Angebot an Arbeitskräften, das Grenzprodukt der Arbeit stieg an und
damit auch Reallöhne!
3.3 Die Nachfrage nach Waren und DL
Nachdem gezeigt wurde, wie die Höhe des Produktionsniveau bestimmt und das daraus
entstandene Einkommen verteilt wird, geht es im Folgenden darum zu zeigen, wie der
Output verwendet wird. In einer geschlossenen Volkswirtschaft (Kap. 3) wird Y für
Konsum C, Investitionen I und Staatsausgaben G verwendet. Die Ihnen bereits bekannte
Verwendungsgleichung lautet:
Y=C+I+G
Die einzelnen Komponenten werden nun erklärt.
Konsum:
Die Haushalte beziehen Einkommen aus Arbeit und Kapital. Sie entrichten Steuern und
entscheiden, welchen Teil sie für Konsumzwecke, welchen sie für sparen verwenden.
Der Staat erhebt Steuern in Höhe von T (obwohl Staat in Wirklichkeit eine Reihe von
Steuern erhebt, wird aus Vereinfachungsgründen davon abgesehen). Der Abzug nach
Steuern nennt man vefügbares Einkommen (Y –T).
Man nimmt an, daß der Konsum direkt von der Höhe des verfügbaren Einkommens
abhängt und drückt dies so aus:
C = C (Y- T)
15
Die Beziehung zwischen Konsum und verfügbaren Einkommen heißt
Konsumfunktion. Wendet man die Marginal- oder Grenzbetrachtung auf den Konsum
an, erhält man die marginale Konsumneigung (MPC = marginal propensity to
consume). Sie drückt aus, wie der Konsum zunimmt, wenn das Einkommen um 1 Mark
erhöht wird und liegt zwischen 0 und 1 ( 0 < MPC < 1). Eine Zunahme des
Einkommens wird zwar Konsum erhöhen, aber nicht der gesamte Zuwachs wird
konsumiert sondern ein Teil wird gespart. Beträgt die MPC zum Beispiel 0,7 wird 70 %
für Konsum verwendet und 30% wird gespart. Die nachfolgende Abbildung zeigt den
Verlauf der Konsumfunktion.
Die Konsumfktion setzt den Konsum C und das verfügbare Einkommen (Y-T) zueinander in Beziehung.
Die Steigung gibt an, um welchen Betrag der Konsum zunimmt; die Steigung entspricht somit der MPC.
Investitionen:
Investitionen werden von Unternehmen mit dem Ziel getätigt, ihren Kapitalstock zu
vergrössern und/oder verschlissene Kapitalgüter zu ersetzen. (Kauft ein HH ein Haus ist
dies zwar auch eine Investition, aber HH investieren nicht. Der scheinbare Widerspruch
wird gelöst, in dem Haushalte in Bezug auf Erwerb von Häusern zum
Unternehmenssektor gerechnet werden)
Höhe der Investitionen hängt vom Zinssatz ab, welcher die Investitionskosten bestimmt.
Investition wird unternommen, wenn der Ertrag die Kosten übersteigt. Zwischen
Zinssatz und Investitionen besteht ein negativer Zusammenhang: je höher der Zinssatz
(Kosten) ist, desto niedriger sind die Investitionen.
Beispiel: Bau einer Fabrik kostet 1 Mio, die erwarteten Erlöse betragen 100.000 DM;
bei einem Zinssatz von 10 % wäre der gleiche Betrag durch Geldanlage zu erzielen; ist
der Zinssatz > 10 % wird die Investition nicht getätigt
Ein anderes Beispiel: Hausbau. Je höher die Zinsen, desto niedriger ist die Nachfrage
nach Häusern.
Unterscheid. zwischen nominalem Zins und realen Zins: letzterer ist derjenige, der um
Preissteigerungen (П=Zahl Pi wird in VWL für Preissteigerung verwendet) bereinigt ist:
IR= IN – П
Leiht man beispielsweise bei der Bank Geld zum nominalen Zinssatz von 8 % und
steigen die Preise gleichzeitig um 5 % (das Geld verliert 5 % an Wert), so beträgt der
reale Zinssatz 3 %! Der reale Zins bestimmt die wahren Kosten der Verschuldung. Die
Investitionsfunktion wird geschrieben als:
I = I (r)
16
Graphisch stellt sich der negative Zusammenhang zwischen realen Zinssatz und
Investitionen folgendermaßen dar:
Staatsausgaben
Staatsausgaben sind Käufe des Staates (Kanonen, Beamte, Bücher, Schulen, Strassen).
Hinzu
kommen
noch
Transferzahlungen
(Sozialversicherung
und
Sozialhilfeleistungen); letztere stellen keine direkten Käufe des Staates dar und sind
deshalb auch nich in G enthalten! Während Steuern das verfügbare Einkommen der HH
verringern, erhöhen Transferzahlungen das verfügbare Einkommen. Das verfügbare
Einkommen enthält somit zugleich negativen Effekt der Steuern, als auch positiven
Effekt der Transferzahlungen. Es gibt für das Staatsbudget 3 Fälle:
G = T ausgeglichenes Budget
G > T Budgetdefizit
G < T Budgetüberschuss
G und T sind exogene Grössen sind, d.h. beide Variablen werden ausserhalb des
Modells festgelegt. Untersucht werden allerdings die Auswirkungen fiskalischer
Entscheidungen auf die innerhalb des Modells erklärten Variablen (das sind, die
endogenen). Endogene Variablen sind C, I und Zinssatz.
3. 4 Gleichgewicht und Zinssatz
Nachdem wir das Kreislaufdiagramm eingehend betrachtet haben, stellen wir uns die
Frage: wie können wir sicher sein, daß Zu- und Abflüsse der betrachteten Ströme
tatsächlich übereinstimmen. Konkret geht es um die Frage nach dem Mechanismus, der
dafür sorgt, das Konsum-, Investitions- und Staatsausgaben mit der produzierten Menge
an Waren und Dienstleistungen übereinstimmen. Der Mechanismus ist der Zins.
Wie der Zins wirkt sei noch einmal dargestellt:
17
Bei r1 (r1 > r*) ist I < S : Kreditangebot > Kreditnachfrag  Tendenz r  (Zins fällt)
Bei r2 (r2 < r*) ist S < I : Kreditnachfrage > Kreditangebot  Tenden r  (Zins steigt)
Gleichgewicht auf dem Gütermarkt:
(1) Y = C + I + G
(2) C = C(Y – T)
(3) I = I (r)
(4) G = G
(5) T = T
(6) Y = F (K,L) = Y (Angebotsseite)
Einsetzen von (2), (3) und (6) in (1):
Y = C (Y-T) + I (r) + G
Gleichgewicht auf dem Finanzmarkt:
Aus (1) erhalten wir durch Umformung:
(7) Y- C - G = I
Gleichung (7) ist zu interpretieren als Outputmenge, die verbleibt, nachdem Konsum C und die
Staatsausgaben G befriedigt sind oder derjenige Teil, der in der Volkswirtschaft nicht konsumiert sondern
gespart wird: sogenannte volkswirtschaftliche Ersparnis S.
Wir Y – C – G = S ist können wir schreiben:
(8) S = I bzw. aufgrund von (3)
(9) S = I (r)
Wenn I = S gilt so kann man auch schreiben:
(10) Y – C – G = S (volkswirtschaftliche Ersparnis)
Die Gleichung (10) kann in privates Sparen Spr und staatliches Sparen Sst aufgeteilt
werden:
(11) Spr = Y – T – C
(12) Sst = T – G
wobei T > G = Haushaltsüberschuß und T < G Haushaltsdefizit
18
Lassen Sie sich durch die Schreibweise nicht verwirren: hier im Skript ist es etwas
ausführlicher. Sie wenden in den drei Beispielen die Fälle wieder erkennen, die wir in
der Vorlesung besprochen haben:
Fall 1: Zunahme der Staatsausgaben G
Die zusätzlichen Staatsausgaben werden nicht durch eine Steuererhöhung sondern durch
Verschuldung finanziert. Argumentationskette:
- Da das Outputniveau Y durch die vorhandenen Produktionsfaktoren festgelegt
ist,
muß eine Zunahme von G durch Rückgang der anderen
Nachfragekomponenten ausgeglichen werden.
- Das verfügbare Einkommen ist von G nicht betroffen (da definiert als Y-T)
folglich bleibt auch der Konsum gleich.
- Die Zunahme von G muß daher durch eine gleich hohe Abnahme der
Investitionen kompensiert werden
- Damit die Investitionen sinken, muß der Zins steigen
- Fazit: Die Zunahme der staatlichen Ausgaben führt daher zu einem Zinsanstieg
und zu einem Verdrängung der Investionen: die zusätzlichen Staatsausgaben
verdrängen private Investitionen. Dieser Verdrängungseffekt nennt man
Crowding out.
Jeder Rückgang der Ersparnis (z.B. durch G) verschiebt die Sparkurve nach links. Das neue
Gleichgewicht wird durch die neue Sparfunktion mit der Investionsfunktion bestimmt. Ein Rückgang der
Ersparnis führt zu einer Verminderung der Investitionen und zu einer Erhöhung des Zinssatzes.
Fiskalische Maßnahmen, die die Ersparnis verringern lösen einen Verdrängungseffekt in bezug auf
Investitionen aus.
Fall 2: Verminderung der Steuern
Eine Verminderung von T führt gemäß (2) zu einer Erhöhung des verfügbaren
Einkommens.
Argumentationskette:
- da gesamtwirtschaftliche Produktion durch Produktionsfaktoren festgelegt ist (6)
und G aufgrund (4) ebenfalls fix ist, kann eine Erhöhung von C nur durch eine
Verringerung von I kompensiert werden
- Die volkswirtschaftliche Ersparnis sinkt gemäß (10), da C ansteigt
- Folge: die Sparfunktion verschiebt sich nach links.
19
-
Fazit: Genau wie die Erhöhung der Staatsausgaben führt eine Verminderung der
Steuern zu einer Verdrängung der privaten Investitionen und zu einem Anstieg
des Zinssatzes
Fall 3: Änderung der Investitionsnachfrage
Die Investionsnachfrage steigt und läßt die Investionsfunktion sich nach rechts
verschieben. Ein Grund für die stärkere Nachfrage kann im technischen Fortschritt
oder in einer investionsfördernden Steuergesetzgebung liegen.
Argumentationskette:
- Zunahme der Investitionsnachfrage führt sowohl zu einer Erhöhung des
gleichgewichtigen Zinssatzes als auch zu einem Anstieg des gleichgewichtigen
Investionsvolumen
- Der Anstieg der Zinsen läßt die Haushalte weniger konsumieren und; sie sparen
stattdessen und stellen so die Ressourcen bereit, die für eine Erhöhung der
Investitionen benötigt werden.
3.5 Schlußfolgerungen
In diesem Kapitel wurde ein Modell entwickelt, das die Entstehung, Verteilung und
Verwendung der produzierten Waren und DL einer VW erklärt. Weil das Modell die
wechselseitigen Beziehungen enthält, die in unserem Kreislaufdiagramm dargestellt
worden sind, bezeichnet man es auch allgemein als Gleichgewichtsmodell.
Das Modell betont die Preisanpassungsprozesse, die für den Ausgleich von Angebot
und Nachfrage sorgen. Die Faktorpreise bringen den Faktormarkt ins GG; der Zinssatz
paßt sich so an, daß Güterangebot und Güternachfrage übereinstimmene. Es erscheint
angebracht, auf die vereinfachenden Annahmen hinzuweisen. Die Vereinfachungen
waren:
- Es wurde angenommen, daß der Kapitalstock, das Erwerbspersonenpotential
und die Technologie einer VW fest vorgegeben ist (diese Annahmen werden
innerhalb der Wachstumstheorie aufgehoben, vgl. Mankiw Kap.4 wird in dieser
Vorlesung nicht behandelt)
20
-
Es wurde angenommen, daß die Erwerbspersonen auch beschäftigt sind (vgl.
Kapitel 6 “ Arbeitslosigkeit”)
Die Rolle des Geldes wurde vernachlässigt
Vom Handel mit anderen Länder wurde abstrahiert
Zusammenfassung:
1. Die Produktionsfaktoren und die verwendete Produktionstechnologie bestimmen die
Höhe des Outputs an Waren und DL einer VW. Technologischer Fortschritt und die
Erhöhung der Faktormengen erhöhen den Output.
2. Im Wettbewerb stehende, gewinnorientierte Unternehmen stellen so lange
Arbeitskräfte ein, bis das Grenzprodukt der Arbeit (MPL) mit dem Reallohnsatz
übereinstimmt. Analoges gilt für den Faktor Kapital. Jeder Faktor wird daher mit
dem Grenzprodukt entlohnt.
3. Der Output der betrachteten Wirtschaft wird für Konsum, Investitionen und
staatliche Güterkäufe verwendet. Konsum hängt vom verfügbaren Einkommen ab,
die Investitionen vom Realzinssatz; Staatsausgaben und Steuern sind exogenen
fiskalpolitsche Variablen.
4. Der reale Zinssatz paßt sich so an, daß Güternachfrage und Güterangebot bzw.
Ersparnis und geplante Investitionen ins Gleichgewicht kommen. Eine
Verminderung der volkswirtschaftlichen Ersparnis (durch Zunahme der
Staatsausgaben oder Verringerung der Steuern) führt zu einem Rückgang der
Investitionen und einem Anstieg des Zinssatzes. Eine Zunahme der
Investitionsnachfrage führt zu einem Anstieg des Investionsvolumens, wenn die
höheren Zinssätze eine höhere Ersparnis hervorrufen.
Kapitel 4: Die kleine offene Volkswirtschaft
Innerhalb des Modells der offenen Volkswirtschaft werden ökonomische
Wechselwirkungen zwischen Ländern erfaßt. Der grenzüberschreitende Waren- und
Dienstleistungsstrom steht in einem engen Zusammenhang zu den Finanzströmen der
Kapitalbildung.
Unser Modell kann folgendes erklären:
- ob ein Land ein Land international eine Schuldner- oder Gläubigerposition
einnimmt
- wie die heimische und ausländische Wirtschaftspolitik Kapital und Güterströme
beeinflußt
Die Vewendungsgleichung (1) wird erweitert um die Nettoexporte:
(13) Y = C + I + G + NX (wobei NX = EX - IM)
4.1 Die internationalen Kapital- und Güterströme
21
Die Rolle der Nettoexporte
Formt man (13) um erhält man:
mit:
(14) NX = Y – (C + I + G)
(15) A = C + I + G (A=inländische Ausgaben)
Gleichung (14) besagt, daß die Nettoexporte, dem Produktionsvolumen Y und den
inländischen Ausgaben A gleich sind. Sind sie ungleich wird die Differenz entweder
importiert oder exportiert.
Sind sie ungleich exportiert das Land entweder den Überschuß oder importiert die
Differenz. Es gilt:
-
ist Y > A  Differenz wird exportiert
ist Y < A  Differenz wird importiert
Nettoinlandsinvestitionen und Leistungsbilanz
Um den Zusammenhang zu erkennen, der in einer offenen Volkswirtschaft (genau wie
in geschlossener Volkswirtschaft) zwischen Finanz- und Gütermärkten besteht, müssen
wir Gleichung (13) in Begriffen “Ersparnis” und “Investitionen” ausdrücken. Wir
formen (13) um und erhalten:
(16 ) Y – C – G = I + NX
aus Gleichung (10) wissen wir:
(10) Y – C – G = S
Folglich können wir schreiben:
(17) S = I + NX
bzw.
(18) S – I = NX
In dieser Form sieht man die Beziehung zwischen internationalem Kapitalstrom (S – I)
und internationalem Güterstrom (NX).
Ist I ungleich S können wir 2 Fälle unterscheiden:
-
S > I  Sparüberschuß wird exportiert
S < I  Spardefizit muß importiert werden
Die Nettoauslandinvestitionen stellen folglich den Überschuß der inländischen
Ersparnis über die inländische Investition dar: der Sparüberschuß wird exportiert.
Sind die inländischen Investitionen größer als die inländische Ersparnis, so muß die
Differenz importiert werden.
22
NX wurde als EX – IM definiert. Das ist der Leistungsbilanzsaldo (LB-Saldo). Ist dieser
positiv spricht man von LB-Überschuß, ist er negativ von LB-Defizit. Wir können als
schreiben:
-
S > I  LB – Überschuß (Fall 1)
S < I  LB – Defizit (Fall 2)
Fall 1: Land ist Nettodarlehnsgeber (Finanzstrom) und exportiert Überschuß
(Güterstrom) in das Ausland
Fall 2: Land ist Nettodarlehnsnehmer (Finanzstrom) und importiert Differenz aus dem
Ausland (Güterstrom)
Jetzt ist deutlich geworden, daß Finanzstrom und Güterstrom zwei Seiten
derselben Medaille sind!!!
4.2 Ersparnis und Investition in kleiner offener Volkswirtschaft
Im Vergleich zum Modell der geschlossenen Volkswirtschaft gelten neben der Rolle der
Nettoexporten folgende Besonderheiten:
- “kleine” Volkswirtschaft bedeutet unter Annahme der vollen Kapitalmobilität,
daß das Land nur einen geringen Teil des Welthandels ausmacht und keinen
Einfluß auf das Zinsniveau am Weltmarkt hat. Der Zins als Weltzinssatz ist ein
Datum: r = r *
- Die Sparfunktion hat einen senkrechten Verlauf
Aus r = r * folgt statt Gleichung (3):
(19) I = I (r*)
Bei zinsunabhängiger Sparfunktion (senkrechter Verlauf) ergibt aus (10)
(20) Y – C – G = S
Der senkrechte Verlauf der Sparfunktion läßt sich wie folgt darstellen:
Zentral im Modell der offenen Volkswirtschaft ist, daß der Ausgleichmechanismus
zwischen I und S nicht mehr durch den (heimischen) Zins r erfolgen kann, weil das
Zinsniveau r * am Weltmarkt bestimmt wird.
23
Es stellt sich also die Frage, was dann für den Ausgleich sorgt? In der kleinen offenen
Volkswirtschaft erfolgt der Ausgleichmechanismus über den LB-Saldo. Wir sahen am
Ende von Kapitel 4.1 was passiert, wenn I “ungleich” S ist.
Bevor wir drei Fälle für die kleine offene Volkswirtschaft besprechen, fassen wir die
Ausgleichsmechanismen nocheinmal in einer Tabelle und dann graphisch zusammen:
Geschlossene Volkswirtschaft
S>I
S<I
Kleine offene Volkswirtschaft
Kreditangebot > Kreditnachfrage: LB- Überschuß
Folge: Zins sinkt
Kreditangebot < Kreditnachfrage:
LB-Defizit
Folge: Zins steigt
Ausgleichsmechanismus
Zins
Graphische Darstellung:
geschlossene Volkswirtschaft
Leistungsbilanz
Der Fall S > I entspricht dem Zinsniveau r1 (r1 > r*). Das Kreditangebot ist größer als
die Kreditnachfrage. Immer wenn das Angebot größer ist als die Nachfrage, sinkt der
Preis bzw. der Zins.
Der Fall S < I entspricht einem Zinsniveau von r2 (r2 < r*). Die Kreditnachfrage ist
kleiner als das Kreditangebot: der Zins steigt.
Fazit: Ungleichgewichte zwischen I und S werden durch den Zins ausgeglichen!
kleine offene Volkswirtschaft
In der kleinen offenen Volkswirtschaft kann der Zins die obige Funktion nicht erfüllen,
da er definitionsgemäß gegeben (ein Datum!) ist. Weicht der heimische Zins (der
Kreditangebot und –nachfrage zum Ausgleich bringt) vom Weltzinssatz ab, so wird
diese Differenz von dem Leistungsbilanzsaldo “ausgefüllt”. Dieser Zusammenhang
wird im folgenden dargestellt.
Einfluß der Wirtschaftspolitik auf die Leistungsbilanz (3 Fälle)
In den folgenden Fälle wird angenommen, daß NX=0 ist, daß also S = I ist. Was passiert
folglich, wenn (in- und ausländische) Fiskalpolitik agiert?
24
Fall 1: Fiskalpolitik im Inland
Wenn die Staatsausgaben steigen, sinkt die volkswirtschaftliche Ersparnis: die
Zinskurve verschiebt sich nach links. Die anfänglich ausgeglichene LB wird negativ,
weil S2 < I ist. Im Modell der geschlossen Volkswirtschaft würde jetzt der Zins steigen,
da die Kreditnachfrage > ist als das Kreditangebot (I > S). Im Modell der geschlossenen
Volkswirtschaft ist jedoch der Zins bestimmt und kann nicht steigen. Das Inland muß
die Differenz über einen Güterimport ausgleichen. Ein LB-Defizit ist die Folge. Das
Land wird zum Nettodarlehnsnehmer.
Fall 2: Fiskalpolitik im Ausland
Ist das Ausland ein kleines Land, ist der Einfluß seiner Fiskalpolitik vernachlässigbar.
Ist das Ausland jedoch ein großes Land, vermindern die ausländischen Güterkäufe die
Weltersparnis und erhöhen den Weltzinssatz (und haben Einfluß auf das kleine Inland).
Steigt der Weltmarktzins verringern sich im kleinen Inland die Investionen: die Anfangs
ausgeglichenene LB (bei I = S) wird positiv (da jetzt durch r S>I). Die Folge ist ein
Leistungsbilanzüberschuß. Das kleine Inland wird Nettodarlehensgeber.
Fall 3: Investitionsnachfrage:
25
Steigt im Inland die Investitionsnachfrage
und bleibt die Ersparnis konstant
(senkrechter Verlauf der Sparfunktion), müssen die Investitionen durch Verschuldung
im Ausland finanziert werden. Wegen NX = S – I führt eine Zunahme von I zu einer
Abnahme von NX. Folglich führt eine Verschiebung der Investitionskurve nach außen
zu einem Leistungsbilanzdefizit. Land wird Nettodarlehnsnehmer.
Kapitel 5. Geld und Inflation
Im Jahre 1970 kostete die New York Time 15 Cents, ein Einfamilienhaus 23.000 Dollar, der
Durchschnittslohn im verarbeitenden Gewerbe betrug 3,35 Dollar. Im Jahre 1993 kostete die Times
50 Cents, der Preis eines Hauses betrug 106.800 Dollar und der Durchschnittslohn lag bei 11,76
Dollar. Der allgeine Preisanstieg wird als Inflation bezeichnet. Der Preisanstieg in Deutschland und
in den USA kann als moderat bezeichnet werden. Niedrige Inflationsraten bezeichnet man als
schleichende Inflation. In Deutschland lag die Inflationsrate 1999 bei 0,5 %, 1998 bei 1 %; den
höchsten Stand in den 90er Jahren erreichte sie 1992 mit 4,6 % (vgl. Siebert, Einführung in die
VWL, S. 28 f.).
Das Auftreten hoher Inflationsraten bezeichnet man als Hyperinflation. In Israel stiegen die Preise
zu Beginn der 80er Jahre jährlich um mehr als 100%; in Deutschland war die Situation zwischen
Dezember 1922 und Dezember 1923 noch gravierender: dort stiegen die Preise durchschnittlich um
500 % im Monat.
Auf die negativen Folgen soll am Schluß dieses Kapitels eingegangen werden. Zunächst wollen wir
eine Antwort auf die Frage finden: was ist Geld?
5.1 Was ist Geld?
Für Ökonomen ist Geld ein Vermögensgegenstand, der zur Durchführung von Transaktionen bzw.
zum Tausch verwendet wird. Die wichtigste Funktion des Geldes liegt in seiner
Tauschmittelfunktion. Daneben können weitere Funktionen aufgeführt werden.
Funktionen des Geldes:
Wertaufbewahrungsmittel: Geld erlaubt Transfer von Kaufkraft aus der
Gegenwart in die Zukunft. Jemand, der heute 100 DM verdient, kann diesen Betrag
halten und in morgen, in einem Monat ausgeben. Bei hohen Inflationsraten ist die
Funktion des Geldes als Wertaufbewahrungsmittel jedoch gefährdet.
Recheneinheit: Geld liefert Möglichkeit, Preise auszudrücken und Schulden
aufzuzeichnen. Geld ist der Maßstab, mit dem ökonomische Transaktkionen
gemessen werden können. Ein Autohändler versieht einen Wagen beispielsweise
mit einem Preisschild von DM 24.000 und nicht mit dem Preis von “400 Hemden”
(obwohl das dasselbe sein könnte)
Tauschmittel: Diese Funktion wurde bereits genannt. Geld verwenden wir um
Käufe und Verkäufe durchzuführen. Geld ist gesetzliches Zahlungsmittel. Betreten
26
wir ein Geschäft sind wir überzeugt, daß der Inhaber unser Geld im Tausch gegen
Güter annehmen wird.
Doppelkoinzidenz von Bedürfnissen: unwahrscheinliches Ereignis, daß zwei
Personen gerade die Güter erwerben wollen, die sie gegenseitig anbieten (in
Naturalwirtschaft)
Wie die Geldmenge gesteuert wird
Die verfügbare Geldmenge wird als Geldangebot bezeichnet. Das Geldangebot
wird von Zentralbanken gesteuert. In Europa ist das die Europäische Zentralbank
(EZB). Die EZB ist unabhängig, d.h. sie ist nicht an die Weisungen der Regierungen
gebunden. Bei weisungsgebundenen Notenbanken besteht die Versuchung seitens
der Politik Staatsausgaben durch Notenbankkredite zu finanzieren. Ziel der EZB im
Rahmen ihrer Geldpoltik ist Preisniveaustabilität.
Die EZB verfügt über 3 Hauptinstrumente:
1. Offenmarktgeschäfte: Innerhalb dieser Kategorie verfügt die EZB über eine
Reihe von Instrumenten (Hauptrefinanzierungsgeschäfte, längerfristige
Refinanzierungsgeschäfte mit Laufzeit bis 3 Monaten, kurzfristige
Feinsteuerungsgeschäfte und strukturelle Operationen). Im Grunde werden
Wertpapiere von der Zentralbank gekauft oder verkauft um das Geldangebot zu
beeinflussen. Bei Kauf von Wertpapieren wird das Geldangebot erhöht, bei
Verkauf gesenkt. Verzinsung erfolgt nach dem Hauptfinanzierungssatz (derzeit
3,75)
2. Ständige Fazilitäten: dienen dazu Übernachtliquidität bereitzustellen oder zu
absorbieren. Geschäftsbanken können entweder über Nacht sich Geld bei der
EZB ausleihen (Spitzenrefinanzierungsfazilät) oder selbst Geld über Nacht
bereitstellen (Einlagefazilität). Für erstere wird derzeit ein Zins von 4, 25%
verlangt, die zuletzt genannten Einlagen werden zu 2,25% verzinst. Beide
Zinssätze bilden Ober- und Untergrenze der von der EZB bestimmten Zinssätze.
3. Mindestreserven: Geschäftsbanken müssen einen bestimmten Teil ihrer Gelder
bei der EZB als Mindestreserve halten. Derzeit beträgt dieser Satz 2%; die
Verzinsung erfolgt gemäß dem Hauptrefinanzierungssatz.
5.2 Die Quantitätstheorie des Geldes
Eine Antwort, welche Wirkungen die Geldmenge auf die Wirtschaft hat, gibt die
sogenannte Quantitätsgleichung. Sie zeigt, welche Beziehung zwischen der
Geldmenge und anderen ökonomischen Variablen bestehen.
Verbal lautet sie: Geldmege x Umlaufgeschwindigkeit = Preis x Output
Oder:
MxV = PxY
(Y=Produktionsvolumen; P = Preis einer Output-Einheit; M=Geldmenge;
Umlaufgeschwindigkeit)
Die Umlaufgeschwindigkeit gibt an wieviel Mal eine D-Mark durchschnittlich zur
Zahlung innerhalb eines bestimmten Zeitraums verwendet wird)
27
Die Annahme einer konstanten Umlaufgeschwindigkeit
Die obige Quantitätsgleichung kann als nützliche Theorie betrachtet werden wenn
man die Umlaufgeschwindigkeit konstant setzt. Diese Theorie heißt
Quantitätstheorie des Geldes oder kurz Quantitätstheorie. Allerdings ist diese
Annahme (wie so oft in der VWL) als Näherung zu verstehen. Z.B. steigt die
Umlaufgeschwindigkeit bei Einführung von Geldautomaten, weil die Rate, mit der
Geld in der Wirtschaft zirkuliert, steigt. Nichtsdestotrotz liefert die Annahme der
konstanten Umlaufgeschwindigkeit für viele Fälle eine gute Näherung. Wir wollen
daher überlegen, welche Konsequenzen sich bei konstantem V und bei Erhöhung
der Geldangebots für die Wirtschaft ergeben.
Bei konstantem V führt eine Erhöhung von M zu einer Erhöhung des nominalen BIP
(PY). Aus der Quantitätsgleichung wird eine Theorie des Nominaleinkommens.
Die Geldmenge bestimmt den nominalen Wert einer Volkswirtschaft.
Geld, Preise und Inflation
Damit sind die Elemente einer Theorie zusammengestellt, die uns bei der Erklärung
helfen, in welcher Weise das gesamtwirtschaftliche Preisniveau bestimmt wird.
1. Wir wissen aus der 1. Sitzung unserer Vorlesung, daß Y, d.h. das
Produktionsniveau von Produktionsfaktoren und der Produktionsfunktion
bestimmt wird.
2. Das Geldangebot bestimmt den nominellen Wert der Produktion PY. Diese
Aussage folgt aus de Quatitätsgleichung und der Annahme der konstanten
Umlaufgeschwindigkeit.
3. Das Preisniveau ergibt sich dann aus dem Verhältnis aus nominalen
Produktionswert PY und Produktionsniveau Y.
Die Produktionsmöglichkeiten der Volkswirtschaft bestimmen also das reale BIP Y,
die Geldmenge bestimmt das nominale BIP (PY).
Fazit: Diese Theorie liefert eine Erklärung dafür, was geschieht, wenn die
Zentralbank das Geldangebot ändert. Weil die Umlaufgeschwindigkeit konstant ist,
führt jede Änderung des Geldangebots zu einer proportionalen Änderung des
nominalen BIP. Weil die Produktionsfaktoren und die Produktionsfunktion das reale
BIP schon bestimmt haben, muß eine Änderung des nominalen BIP eine Änderung
des Preisniveaus repräsentieren. Die Quantitätstheorie impliziert also, daß sich das
Preisniveau proportional zum Geldangebot entwickelt.
Empirisch wurde dieser Zusammenhang u.a. von Milton Friedman bestätigt. Länder
mit hohem Geldmengenwachstum weisen tendenziell hohe Inflationsraten auf,
Länder mit geringen Geldmengenwachstum eine niedrige.
5.3 Seigniorage: Der Ertrag aus dem Drucken von Geld
Der Staat kann seine Ausgaben auf 3 Wegen finanzieren: Erstens durch Steuern,
zweitens kann er Kredite aufnehmen oder er kann drittens, Geld drucken. Die
Einnahmen, die der Staat durch Geld drucken erzielt bezeichnet man als
Seigniorage. Die Erhöhung der Geldmenge führt aus den diskutierten Gründen zu
28
Inflation. Deshalb wirkt die Erzielung von Einnahmen durch das Drucken durch
Geld wie die Erhebung einer Inflationssteuer.
Auf den ersten Blick mag das wenig einleuchtend klingen. Wer bezahlt diese
Steuer? Die Antwort ist. Diejenigen, die Geld halten. Mit dem Steigen der Preise geht der reale
Wert der DM-Beträge zurück, die sich in Brieftaschen und Portemonnaies befinden.
Wenn der Staat für sich neues Geld druckt, verringert sich der Wert des alten
Geldes, das in den Händen des Publikums ist. Die Inflation stellt daher eine Steuer
auf das Halten von Geld dar.
In den USA machte Seigniorage weniger als 3 % der staatlichen Einkünfte aus. In
Griechenland waren es immerhin 10%; in Ländern mit Hyperinflation (monatliche
Preissteigerungen von mehr als 50%) ist Seigniorage die Haupteinnahmequelle des
Staates.
5.4 Die sozialen Kosten der Inflation
Es besteht keineswegs Einigkeit zwischen Wirtschaftswissenschaftlern über die
sozialen Kosten der Inflation. Es gibt auch Ökonomen die meinen, die
Inflationskosten seien bei moderaten Inflationsraten gering.
Es können jedoch folgende Kosten der Inflation genannt werden.
1. Menü-Kosten: Unternehmen müssen bei hohen Inflationsraten häufiger Preise
ändern und neu auszeichnen. Diese Preisänderungen können mit Kosten
verbunden sein; man bezeichnet diese Kosten als Menü-Kosten, weil z.B.
Restaurants um so häufiger neue Speisekarten drucken lassen müssen, je höher
die Inflationsrate ist
2. Kalte Progression: In vielen Steuergesetzen werden Inflationseffekte ignoriert.
Bei steigenden Inflationsraten und steigenden Löhnen kann es sein, daß
Arbeitnehmer real nicht mehr verdienen, jedoch aufgrund ihres nominal höheren
Einkommens in eine höhere Steuerklasse “gerutscht” sind und einem höheren
Steursatz unterliegen (Bsp. EstG: Steuerprogression)
3. Recheneinheitsfunktion des Geldes verliert an Bedeutung: Dadurch wird die
rationale Finanzplanung der Wirtschafssubjekte erschwert.
4. Willkürliche Umverteilung von Vermögen (bei unerwarteter Inflation): Bei
Darlehnsverträgen wird ein nominaler Zinssatz vereinbart, der auf
Inflationserwertungen basiert. Sind die Inflationsraten höher als erwartet, ergibt
sich für den Schuldner ein Gewinn, für den Gläubiger hingegen ein Verlust, weil
die Schulden in Währungseinheiten zurückbezahlt werden, die an Wert verloren
haben.
Kapitel 6: Arbeitslosigkeit
Arbeitslosigkeit ist das makroökonomische Problem, welches den einzelnen am
unmittelbarsten und am nachhaltigsten trifft. Der Verlust des Arbeitsplatzes bedeutet
eine Verminderung des Lebensstandards und ist oft mit psychologische Problemen
verbunden. Die VWL beschäftigt sich mit AL um ihre Ursachen zu verstehen und um
wirtschaftspolitische Maßnahmen zu deren Bekämpfung zu finden. Als Maßnahmen
gelten die Förderung der Umschulung und Weiterbildung mit dem Ziel die Chancen am
Arbeitsmarkt durch Qualifizierung zu verbessern. Andere Maßnahmen, wie z.B. die
29
Arbeitslosen-Versicherung
Arbeitsplatzverlustes ab.
stellt
auf
die
Milderung
der
Folgen
eines
6.1 Arbeitsplatzsuche und friktionelle AL
Ein Grund für AL ist darin zu sehen, daß es eine gewisse Zeit braucht, bis die Profile
von Arbeitsplatzanbietern und Arbeitsplätzen zusammenpassen, d.h. Arbeitnehmer
haben verschiedene Präferenzen und Fähigkeiten, Arbeitsplätze zeigen verschiedenen
Anforderungsprofile.
Darüber hinaus ist der Informationsfluß in Bezug auf Arbeitsplatzsuchende und offene
Stellen unvollkommen, die räumliche Mobilität der Arbeitnehmer (AN) ist
eingeschränkt: es bedarf daher einer gewissen Zeit und Anstrengung, um Arbeitsplatz
zu finden (AN nimmt oft nicht erste angebotene Stelle an)
Die Unterbeschäftigung, die dadurch entsteht, daß die Arbeitsplatzsuche einiger Zeit
bedarf, nennt man friktionelle AL
Ein gewisses Maß an friktioneller AL ist in einer sich wandelnden VW unvermeidlich:
Änderungen in der Nachfrage nach Güter verursachen Änderungen in der Nachfrage
nach Arbeit
Beispielsweise führte die Erfindung des PC´s zu einem Rückgang der Nachfrage nach
Schreibmaschinen; gleichzeitig nahm die Nachfrage in der Elektronikindustrie zu.
Man bezeichnet die Verschiebung der NE zwischen Industrien oder Regionen als
sektoralen Wandel. Sektoraler Wandel kann AL hervorrufen. Schließlich kann AL
dann entstehen wenn U schlecht geführt wird, oder wenn die speziellen Fähigkeiten
eines AN nicht länger nachgefragt werden
Wirtschaftspolitik und frikionelle AL
Arbeitsämter zielen darauf ab, friktionelle AL zu verringern (Info- und
Vermittlungstätigkeit mit Ziel der Beschleunigung und Verbesserung des
Zusammenfindens von offen Stellen und Arbeitsplatzsuchenden). Andererseits erhöht
die Arbeitslosenversichrung (ALV) die friktionelle AL (in D beträgt Arbeitslosengeld
63 % des Nettoeinkommens (68 % mit Kind)
D.h. die ALV mindert zwar die Härten der AL aber führt gleichzeitig zur Erhöhung der
friktionellen AL und natürlichen AL-Quote, weil der Druck, neuen Job zu suchen
gemindert, und die Wahrscheinlichkeit, daß weniger attraktive Angebote abgelehnt
werden, erhöht wird.
6.2 Reallohnstarrheit:
Reallohnstarrheit bedeutet Versagen des Lohnes sich so anzupassen, bis Arbeitsangebot
und Arbeitsnachfrage übereinstimmen. Das bedeutet, daß die Löhne nicht flexibel sind;
der Markt wird nicht geräumt, Löhne über dem Gleichgwichtslohn verursachen
Arbeitslosigkeit.
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Wenn der Reallohn oberhalb des Gleichgewichtslohns verharrt, dann übersteigt das Angebot an Arbeit
die Nachfrage. Es kommt zu Arbeitslosigkeit.
Gründe für den Reallohn oberhalb des Gleichgewichtslohns:
Mindestlohngesetzgebung
Gesetze und Verordnungen verursachen Lohnstarrheit. Mindestlöhne werden gesetzlich
festgelegt. Für einige Arbeiter hat dies keine Auswirkung, weil ihr Lohn sowieso
darüber liegt. Für andere jedoch, insbesondere Ungelernte und unerfahrene
Erwerbspersonen, hebt der Mindestlohn ihre Entlohnung über das
Gleichgewichtsniveau. Es wird vermutet, daß Mindestlohnvorschriften insbesondere auf
die AL von Jugendlichen auswirken, weil ihr Grenzprodukt tendenziell eher gering ist
(und ihr Lohn deshalb deutlich unter dem Mindestlohn liegt). Unternehmen kalkulieren
auf Basis des Grenzprodukts und stellen keine Arbeitnehmer ein, wenn sie davon
ausgehen, daß ihr Grenzprodukt unter dem gesetzlich festgesetzen Mindestlohn liegt.
Gewerkschaften und Tarifverträge
Löhne ergeben sich nicht aufgrund von Angebot und NE sondern sind stattdessen Folge
von Tarifverhandlungen. Tariflöhne sind eine Form von Mindestlöhnen und werden
kollektiv in Flächtarifverträgen ausgehandelt. Sie liegen oft über den gesetzlich
festgelegten Mindestlöhnen. Auch hier gilt ähnliches wie im Fall der Mindestlöhne
allerdings auf Ebene der Unternehmen. Für einige Unternehmen stellt es keine
besondere Schwierigkeiten dar, ihre Arbeitnehmer “nach Tarif” zu bezahlen, für andere
jedoch ist dies der Fall. Stehen letztere vor der Entscheidung neue Arbeitnehmer
einzustellen, wird dies oft durch gesetzliche oder gewerkschaftliche
Mindesbestimmungen verhindert. Auf der anderen Seite bezahlten produktive
Unternehmen oft “über Tarif”, um den gewerkschafltichen Einfluß in ihren Betrieben
einen Riegel vorzuschieben.
Die durch Gewerkschaften bzw. die Furcht vor gewerkschaflticher Organisation
hervorgerufene Arbeitslosigkeit schafft einen Interessenkonflikt zwischen
verschiedenen Arbeitnehmergruppen – zwischen den sogenannten Insidern und
Outsidern. Die Insider, also diejenigen, die eine Arbeit haben, haben typischerweise
ein Interesse daran, die Löhne hoch zu halten. Die Kosten der höheren Löhne werden
teilweise von den nichtbeschäftigten Erwerbspersonen (den Outsidern) getragen, die
andernfalls möglicherweise eingestellt worden wären.
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Effizienslöhne
Unternehmen bezahlen auch von sich aus, d.h. freiwillig Löhne, die über dem
Gleichgewichtsniveau liegen, bei dem sich auf dem Arbeitsmarkt Arbeitsangebot und
Nachfrage ausgleichen. Sie gehen davon aus daß höhere Löhne produktivitätssteigernd
wirken. Im Grunde kreisen alle Ansätze der Effizienslohntheorie um diesen Gedanken:
Unternehmen arbeiten effizienter, wenn sie höhere Löhne bezahlen. Wir besprechen
hier 3 verschiedene Ansätze.
Der erste geht davon aus, daß hohe Löhne die Fluktuation der Arbeitnehmer verringern:
je höher der Lohn, desto größer ist der Anreiz für den AN im Unternehmen zu bleiben
(Kosten für Neueinstellung werden gespart).
Der zweite Ansatz besagt, daß die durchschnittliche Qualität der Belegschaft von der
Löhnhöhe abhängt: verringert das Unternehmen der Löhne, so werden die
qualifizierteren AN zu anderen Unternehmen abwandern; zurück bleiben die weniger
Qualifizierten. Es würde eine adverse selection stattfinden. Die Bezahlung von hohen
Löhnen soll diese “Aussortierung” der qualifizierteren AN verhindern.
Der dritte Ansatz sieht einen Zusammenhang zwischen Lohnhöhe und den
Arbeitsanstrengungen der AN; ein hoher Lohn soll diese vergrößern. Ein Unternehmen
hat nur beschränkte Kontrollmöglichkeiten der AN: er kann hart arbeiten oder “sick
drücken”. Ökonomen bezeichnen die Möglichkeit unehrlichen Verhaltens als Moral
Hazard.
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