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Datum:
19. April 2007
Thema:
Steinreich
Das Harnsteinleiden: Was kann man tun?
Referenten:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hruby
Institut für Röntgndiagnostik, Donauspital des SZO der Stadt Wien
Ludwig Boltzman Institut für digitale Radiographie und interventionelle
Radiologie
Prim. Univ.-Doz. Dr. Michael Rauchenwald
Abt. für Urologie und Andrologie, Donauspital des SZO der Stadt Wien
OA Dr. Christian Türk
Abt. für Urologie und Andrologie, Krankenanstalt Rudolfstiftung, Wien
Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hruby:
Das Harnsteinleiden und die Nierensteinkolik kommen leider sehr häufig vor
und zwar erleidet jeder 16. eine Steinepisode und jeder 10. eine Nieren- oder
Harnleiterkolik in seinem Leben! Dies zeigt wie wichtig es ist in der
Diagnostik rasch, sicher und jederzeit auch reproduzierbar den Nachweis
bzw.
den
Ausschluss
von
Nierensteinen
zu
ermöglichen.
Als nicht invasive und auch nicht belastende und jederzeit reproduzierbare
Erstuntersuchung ist die Ultraschalluntersuchung durchzuführen. Diese
zeigt bereits in den meisten Fällen, ob eine Abflussbehinderung durch einen
Stein mit Weitstellung des Hohlraumsystems in der Niere als Ursache für
eine eventuelle Kolik vorliegt bzw. auch in vielen Fällen das Vorliegen eines
Nierensteins.
Die Harnleitersteine im direkten Nachweis entziehen sich meistens der
sonographischen Untersuchung und können nur indirekt durch eine
Weitstellung des Hohlraumsystems angenommen werden. Für diese Zwecke hat sich in den letzten 5
Jahren als nicht invasive und rasche und sichere aber auch jederzeit reproduzierbare Untersuchung die
Computertomographie herausgestellt.
Anhand dieser beiden Untersuchungsmöglichkeiten wird aufgezeigt, wie sicher und schonend der
Nachweis bzw. der Ausschluss von Nierensteinen – Harnleitersteinen und deren Folgen bildgebend
dokumentiert wird um daraus auch die entsprechende und richtige Therapieentscheidung zu treffen. Der
Vorteil des Einsatzes der Computertomographie ist nicht nur der direkte Nachweis der Steine, sondern
auch der Nachweis bestehender anderer Ursachen, die die kolikartigen Beschwerden im rechten oder im
linken Oberbauch verursachen, sodass im Rahmen einer Untersuchung wertvolle und wichtige
diagnostische Zusatzinformationen für die weitere Therapieentscheidung ermöglicht werden.
Die Bestimmung der Lage des Steines durch die bildgebenden Verfahren, vor allem der
Computertomographie, ermöglichen nicht nur die richtige Therapieentscheidung sondern auch mit Hilfe
der Dichtemessung in der Computertomographie können auch Rückschlüsse auf die Zusammensetzung
des Steines und damit auch die richtige Therapiewahl bestimmt werden.
Ist der Stein ultraschallmäßig in der Niere lokalisiert und auch die
Weitstellung des Beckenkelchsystems bzw. des Harnleiters
identifiziert bzw. durch die Computertomographie
als
Erstuntersuchung auch die Steinlokalisation erfolgt, wird
entschieden, ob durch eine weiterführende intravenöse
Kontrastmittelgabe
eines
wasserlöslichen
nierengängigen
Kontrastmittels die Ausscheidungsfunktion und die gesamte
Morphologie
der
harnableitenden
Organe
das
Nierenhohlraumsystem der Harnleiter und die Harnblase
dargestellt werden um noch sicherer die geeignete und beste
Therapiemöglichkeit zu entscheiden.
Sie werden auch umfassend über die möglichen Kontraindikationen zur Kontrastmittelapplikation und
deren möglichen unerwünschten Nebenwirkungen informiert. Als weitere röntgenologische Bildgebung ist
die sogenannte Nierenleeraufnahme (ohne Kontrastmittel) und die Ausscheidungsurographie (mit
Kontrastmittel) in ausgewählten Fällen angezeigt.
Selbstverständlich können sich im gesamten Verlauf der harnableitenden Organe Steine bilden und die
schmerzhaften und gefürchteten Koliken auslösen. So auch in der Harnblase und auch für diese
Lokalisation eignen sich die Ultraschalluntersuchung und die Computertomographie am besten. Kleine
Steine von Sandkorngröße werden häufig ohne Koliken, größere Steine mit äußerst schmerzhaften
Koliken über den Harnleiter in die Harnblase transportiert und dort über die Harnröhre ausgeschieden, was
auch zu unangenehmen Symptomen in der Harnröhre führen kann.
Da die meisten Patienten mit Harnsteinen sich erstmals mit einer akuten Nierenkolik der Diagnostik
stellen, ist sehr häufig die klinische Untersuchung und auch die Beherrschung und Behandlung der
Kolik im Vordergrund und im Anschluss an die Therapie der Kolik sollte die sofortige bildgebende
Diagnostik durchgeführt werden bzw. dort wo es auch möglich ist, gleichzeitig! Manifeste Nieren- und
Harnleitersteine werden heute mit für den Patienten minimal invasiven Therapieverfahren entfernt. Bei den
sogenannten nichtschattengebenden Harnsäuresteinen ist eine medikamentöse Therapie möglich.
Aufgrund der relativen Häufigkeit dieser Erkrankung ist die Identifikation von Risikopatienten und die
entsprechenden Steinepisoden mit entsprechender Vorsorge und Kontrolle zu betreuen und zu
behandeln.
Als
weitere
bildgebende
Untersuchungsmöglichkeit
hat
sich
die
Magnetresonanztomographie
entwickelt
die
harnableitenden
Organe
auch
ohne
Kontrastmittelapplikation genau darstellen kann – vor allem bei Kindern.
Sollte sich im Rahmen der Kolik und des damit verbundenen Harnstaus durch die Abflussbehinderung
des Nierensteins auch Fieber mit Schüttelfrost ergeben, dann liegt auch eine zusätzliche Infektion des
Harns im Rahmen der Stauung vor, was einen absoluten Notfall mit sofortiger ärztlicher Betreuung und
Intervention bedeutet. Sollte das Steinleiden nicht adäquat behandelt werden, sind schwerwiegende
Konsequenzen bis zum Nierenversagen und der Verlust der Niere bzw. der Dialysepflichtigkeit möglich.
Sie erkennen daraus, wie wichtig eine rasche und sichere Diagnostik beim geringsten Verdacht oder
einer entsprechenden Schmerzsymptomatik im Bereich des rechten und linken Oberbauches bzw. der
rechten und linken Flanke ist, um eine entsprechende Therapie und Vorsorge zu treffen.
Die flächendeckende Verfügbarkeit von Ultraschalluntersuchungsmöglichkeiten aber auch der
Computertomographie in Österreich garantiert Ihnen eine zuverlässige und sichere Diagnostik im Rahmen
dieser Erkrankung.
Behandlung von Harnsteinen
Prim. Univ.-Doz. Dr. Michael Rauchenwald
Bei der Behandlung von Harnsteinen sind zuallererst folgende Fragen zu klären:
Wo liegt der Stein? Wie groß ist der Stein? Wie sind die Abflussverhältnisse? Welche Beschwerden
hat der/die Patient/in?
Die Dringlichkeit der Behandlung richtet sich neben den Schmerzen auch danach, ob eine begleitende
Harnwegsinfektion, eventuell sogar mit Fieber vorliegt, wie stark die Harnstauung ausgeprägt ist und ob
eine zweite, normal funktionierende Niere vorhanden ist oder nicht.
Die Art der Behandlung wird ebenfalls von den erwähnten Begleitumständen festgelegt, wobei die
Therapie der meist sehr starken Kolik-Schmerzen an erster Stelle steht. Hierzu werden in erster Linie
krampflösende (Buscopan) und schmerzstillend-entzündungshemmende Medikamente (Novalgin,
Voltaren bzw. Diclofenac, Felden-Quick-Solve und ähnliche) verwendet.
Steine bis zu einer Größe von 4mm haben eine gute Chance, spontan ausgeschieden zu werden, weshalb
anfangs sogenannte konservative Maßnahmen (Medikamente, Trinken, Wärme, Bewegung) angewendet
werden, die die Steinaustreibung fördern. Wenn die Koliken anhalten oder eine Harnstauung und eine
Harninfektion gemeinsam vorliegen, muß der Abfluß des Harns durch das Einführen einer
Harnleiterschiene (von unten über die Harnröhre) oder durch Anlegen einer Nierenfistel gesichert werden.
Die Entfernung eines blockierenden Steines kann primär aus dem Harnleiter erfolgen (durch Einführen
eines dünnen Instrumentes über die Harnröhre und Zerstörung des Steines mittels Laser oder Druckluft)
oder durch Zertrümmerung von außen (extrakorporale Stoßwellenlithotripsie = ESWL).
Für Nierensteine bis zu einer Größe von etwa 2cm stellt die ESWL die Methode der Wahl dar. Größere
Nierensteine werden in der Regel über einen direkt von der Haut der Flanke in die Niere gelegten Kanal
mit einer Ultraschallsonde zerstört und abgesaugt. Die offen-chirurgische Nierensteinoperation ist durch
diese modernen Möglichkeiten der ESWL bzw. Endoskopie zu einer absoluten Seltenheit geworden.
Rezidivprophylaxe der Urolithiasis
OA Dr. Christian Türk
Es gibt immer mehr Patienten mit Nierensteinen. Wer von diesen braucht eine spezielle Behandlung zur
Vorbeugung (Rezidivprophylaxe) weiterer Steinbildung? Die Hälfte aller Steinpatienten macht im Leben
nur eine bis zwei Steinbildungen durch. Aber etwa ein Viertel aller Steinpatienten benötigt wegen
gehäufter Steinrezidive oder einer zugrunde liegenden Stoffwechselerkrankung eine gezielte Therapie.
Diese gilt es, so frühzeitig wie möglich zu erkennen, um unnötige Belastungen der Patienten und auch des
Gesundheitssystems zu verhindern..
Die Steinanalyse
Grundlage jeder Rezidivprophylaxe ist eine genaue Steinanalyse. Woraus hat „mein“ Harnstein
bestanden? Diese Steinanalyse ist der erste Hinweis auf mögliche Stoffwechselstörungen und Grundlage
für eventuell weitere Untersuchungen. Es ist also nötig, bei der Therapie eines Harnsteines einen Stein
oder Steinteile zu sammeln (Urinfilter, Steingewinnung bei Operation, etc.).
Die Standardmethoden der Steinanalyse sind die Infrarotspektometrie und die Röntgendiffraktiometrie.
Damit können Steinbestandteile ab 5-10% bestimmt werden. Jede nass-chemische Methode ist ungenau!
Leider sind nur wenige Laboratorien für eine ideale Steinanalyse ausgestattet.
Die häufigsten Steinarten sind (in abfallender Reihenfolge):
 Calcium-Oxalat (fast 2/3 aller Steine)
 Harnsäure
 „Infektsteine“, Apatit und Struvit (Bakterien im Harn fördern die Steinbildung)
 Cystin (angeborene Stoffwechselerkrankung)
Der „einfache“ Steinpatient (Tabelle1):
Der „einfache“ Steinpatient ist der Patient mit 1 Stein oder höchstens einem 2.Stein nach mehreren Jahren
ohne zusätzliche Risikofaktoren. Neben der Steinanalyse sind einige Basisuntersuchungen unerlässlich
um den Patienten bezüglich seines individuellen Steinbildungsrisikos einschätzen zu können. Dazu
gehören das Patienteninterview (Anamnese), eine klinisch-urologische Untersuchung, eine
bildgebende Information über das Harnsammelsystem (Röntgen, Ultraschall) und einige Blut- und
Harnuntersuchungen.
Flüssigkeitszufuhr:
Die wichtigste Empfehlung ist die ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Die Trinkmenge sollte 2,5 Liter pro
Tag übersteigen, die Harnmenge über 2 bis 2,5 Liter betragen. Die Farbe des Harnes kann eine gute
Hilfe zur Selbstkontrolle des Patienten sein.
Vorsicht: 2 Ausnahmen sind zu beachten:
 Der Patient mit einer Erkrankung des Herzens oder einer chronischen Nierenfunktionsstörung muß
bei der Trinkmenge aufpassen – eine Risikoabwägung mit dem Internisten ist nötig.
 Ist ein Stein im Harnleiter unterwegs und verursacht Nierenkoliken, führt viel Flüssigkeitszufuhr zu
einer Verstärkung der Schmerzen und der Abgang des Steines kann sogar gebremst werden!
Diät:
Eine zusätzliche Diät ist fast nie nötig! (Ausnahme: Harnsäuresteine). Durch eine sinnlose Diät können
wichtige Nährstoffe, die für die Festigkeit des Knochens, die Immunabwehr und auch zur Verminderung
des Krebsrisikos wichtig sind, verloren gehen.
Dem „einfachen Steinpatienten“ wird eine gemüse- und ballaststoffreiche Ernährung empfohlen mit
Reduktion von tierischem Eiweiß und Salz. „Dicke“ Patienten haben häufiger Nierensteine, daher ist eine
Reduktion eines zu hohen Körpergewichtes wichtig.
Bei Harnsäuresteinen, ist eine strenge Diät nötigt. Ihre Bildung ist in hohem Maß von der Ernährung und
vom Harn-pH-Wert abhängig. Der Harn-pH-Wert gibt an, ob der Harn sauer oder alkalisch (basisch)
reagiert, unterliegt Schwankungen im Laufe des Tages und kann einfach mit Teststreifen gemessen
werden. Bei einem Harn-pH über 6,2 bilden sich kaum Steine aus Harnsäure, wohl aber bei einem pH
zwischen 5 und 6. Der Harn-pH-Wert kann durch Diät und Medikamente korrigiert werden. Ein Rezidiv
beim Harnsäurestein-Patienten ist vermeidbar (siehe auch Tab.1)!
Auch bei „einfachen Steinpatienten“ ist eine gelegentliche, beispielsweise jährliche, Kontrolle beim
Urologen zu empfehlen. Damit kann ein neuer Stein in der Niere erkannt und behandelt werden bevor ihn
der Patient schmerzhaft „zu spüren bekommt“.
„Nierenstein - Risikopatient“
Zu den Risikopatienten der Nierensteinbildung gehören die Patienten, die alle 1-2 Jahre oder öfter neue
Steine bilden. Aufbauend auf der Steinanalyse benötigt diese Patientengruppe einer konsequenten
ärztlichen Betreuung. Sehr häufig ist es ein „Mosaik“ aus vielen Faktoren, die zur Steinbildung führen,
manchmal kann aber doch ein besonderer Grund für die Steinbildung gefunden und behandelt werden.
Beispiele dafür sind Nebenschilddrüsenerkrankungen, wiederholte Harninfektionen, veränderte
Nahrungsaufnahme
aus
dem
Darm
nach
Darmoperationen
oder
angeborene
Stoffwechselerkrankungen (Cystin). Plötzliche Bettlägrigkeit des Patienten kann die Steinbildung
fördern. Ein kleiner Reststein nach Behandlung eines Nierensteines kann ein Kern für neuerliche
Steinbildung sein. Diese Patienten benötigen eine konsequente, fachärztliche Betreuung, das
Steinbildungsrisiko kann damit zwar nicht behoben, aber doch deutlich verringert werden.
Tabelle 1:Rezivprophylaxe beim Nierenstein
Empfehlungen
Harnsäurestein
„Risikopatient“
Steinanalyse (nicht chemisch)
Flüssigkeitszufuhr >2,5l/Tag, verteilt über den Tag
Ballaststoffreiche Ernährung
KEINE Kalziumrestriktion, Kalziumzufuhr um 1000mg/Tag
wenig tierisches Eiweiß
Idealgewicht - körperliche Betätigung
Harnsäurestein: s. nächste Spalte
Zusätzlich zu oben angeführten Maßnahmen:
wenig
Alkohol,
wenig
Fleisch
und
Innereien
(purinarm)
besondere Kontrolle des Körpergewichtes!
Evtl. medikamentöse Therapie (Allopurinol (lebensbegleitend), AlkaliCitrate (Kurweise, z.B Uralyt-U ®, Blanel® BRD))
Zusätzliche, spezielle Maßnahmen je nach zugrunde liegender
Erkrankung
Weitere Informationen:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hruby
Institut für Röntgendiagnostik, Donauspital im SZO der Stadt Wien
Ludwig Boltzman Institut für digitale Radiographie und interventionelle Radiologie
Tel.:
+43-1-288 02-4903
Email: [email protected]
Prim. Univ.-Doz. Dr. Michael Rauchenwald
Abteilung für Urologie und Andrologie, Donauspital im SZO der Stadt Wien
Tel.:
+43-1-28802-3700
Email: [email protected]
OA Dr.Christian Türk
Urologische Abteilung, Krankenanstalt Rudolfstiftung
Nierensteinzentrum
Tel:
+43-1-71165-4824
Email: [email protected]
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