Text zum Film Tiere im Meeresboden- die Ingenieure des Watts Bild 1: Das Wattenmeer. Ein ganz besonderer Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Es ist gekennzeichnet durch den ständig wiederkehrenden Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser. Viele Lebewesen Leben auf und in dem Sediment des Wattenmeeres. Bild 2: Besonders bei Niedrigwasser kann man es beobachten: Kleine Sandhäufchen reihen sich dicht an dicht auf den Weiten des trocken gefallenen hellbraunen Sandbodens aneinander. Sie stammen von Tieren, die hier im Sediment leben. Bild 3: Sticht man mit einem Spaten in den Meeresboden, kann man sehen, dass nur die Sedimentoberfläche eine hellbraune Färbung hat. Wenige Zentimeter darunter hört die helle Färbung abrupt auf, und das Sediment ist dunkelgrau. Dort, wo die Sandhäufchen sitzen, reichen jedoch hell gefärbte Röhren bis in mehrere Zentimeter Tiefe ins Sediment hinein. Es sind die Röhren von Würmern und anderen Tieren, die sich ins Sediment vergraben haben und dort leben. Bild 4: Sieht man sich den Meeresboden von der Seite an, sieht man, dass die Tiere U-förmige Röhren bewohnen, die sie sich ins Sediment gegraben haben. Das Meerwasser versorgt die Sedimentoberfläche mit Sauerstoff und sorgt dafür, dass alle chemischen Verbindungen im Sediment oxidiert sind. So kommt es, dass es an der Oberfläche hellbraun ist. Weiter in der Tiefe ist der Sauerstoff durch die Atmung der dort lebenden Mikroorganismen aufgebraucht. Giftiger Schwefelwasserstoff, der in tieferen Sedimentschichten gebildet wird und an die Oberfläche dringt, sorgt für einen fauligen Geruch und für die Bildung der Eisen-Schwefelverbindungen Pyrit. Pyrit ist für die dunkelgraue Färbung des sauerstofffreien Sediments verantwortlich. Bild 5: Wer sind diese Tiere, die im sauerstofffreien Sediment leben können und wie versorgen sie sich mit dem zum Leben notwendigen Sauerstoff? Ein ganz typischer Vertreter ist der Wattwurm, der zum Beispiel im Wattenmeer seine Röhren baut. Dort kann er Dichten von 40 Exemplaren pro m2 erreichen. Er ernährt sich von den im Sand lebenden Kleinstlebewesen. Den Kot stößt er in Form von Sandhäufchen aus. Durch seine Bewegung und Ernährungsweise bewegt er bis zu 25 kg Sediment im Jahr! Er wälzt aber nicht nur den Wattboden um, sondern er pumpt dabei auch Wasser durch seine Röhre. Somit sorgt er dafür, dass das Sediment mit Wasser durchströmt wird. Da das Meerwasser mit Sauerstoff angereichert ist, schafft er in seiner Röhre lebensfreundliche Bedingungen für sich und die anderen Organismen (Bakterien etc), die mit ihm seine Röhre bewohnen. Die Bewegung von Partikeln im Sediment und Wasser durch das Sediment nennen Fachleute Bioturbation. Bild 6: In anderen Küstengebieten übernehmen andere Organismen die Bioturbation: An der Küste Oregons lebt beispielweise in den Gezeitenzonen ein kleiner Krebs in selbstgegrabenen Höhlen. Dieser sogenannte Maulwurfkrebs trägt seinen Namen zu Recht: Mit seinen Beinen schiebt er das ausgegrabene Sediment an die Oberfläche. Dabei durchgräbt er wie die Wattwürmer den Meeresboden. Bild 7: Schauen wir uns genauer an, wie der Krebs für sauerstoffhaltiges Wasser in seiner Höhle sorgt: In diesem farbkodierten Bild von einem Schnitt durch den Meeresboden ist die Sauerstoffkonzentration im roten und gelben Bereich hoch, hier ist das sauerstoffhaltige Meerwasser. Die abrupte Grenze zum schwarzen Bereich markiert den Beginn des sauerstofffreien Sediments. Dort, wo der Krebs durch seine Bewegung einen Wasserstrom erzeugt, fließt sauerstoffangereichertes Wasser in sein Höhlensystem. Da in diesen Zonen der Sauerstoff schnell aufgezehrt wird, sind sie in dem Falschfarbenbild grün dargestellt, sind also weniger sauerstoffhaltig als das Wasser über dem Meeresboden. Das pulsierende Zu- und Abnehmen der sauerstoffhaltigen Zonen liegt daran, dass der Krebs sich nicht regelmäßig bewegt, und sich auch mal ausruht. Mit einem Sensor, der auf einem sauerstoffempfindlichen Farbstoff beruht, können die Wissenschaftler die Sauerstoffkonzentration im Sediment in Echtzeit aufzeichnen. Eine Spezialkamera nimmt die Sauerstoffbilder über einen Zeitraum von mehreren Stunden auf. So ist es möglich, ein zweidimensionales Bild von der Sauerstoffverteilung zu erhalten. Eine mit Farbstoff beschichtete Glasplatte wird dazu senkrecht vor die Höhle des Tieres im Laboraquarium gestellt. Diese sogenannte Technik der planeren Optode bietet Wissenschaftlern die Möglichkeit, die Sauerstoffdynamik im Sediment zu erforschen. Bild 8: Weshalb ist es die Umwälzung des Wattbodens durch die Tiere für das Watt aber so wichtig? Durch Abbauprozesse auch in tieferen Sedimentschichten werden Nährstoffe gebildet, die im Porenwasser zwischen den Sandkörnern gelöst sind. Sie gelangen durch die Umwälzung des Sediments schnell an die Oberfläche und können dort von den Organismen genutzt werden. Zum Beispiel Silikat, das nur durch die Umwälzung an die Oberfläche gelangt, wo Kieselalgen es in ihre Schalen einbauen können. (Hier: Hyperspectral imaging von exclusion plots vs. lugworm plots? not published yet) (Die grabenden Tiere sorgen auch für die Zufuhr von sauerstoffhaltigem Wasser ins Sediment und „belüften“ es dadurch. So helfen sie zu vermeiden, dass giftiger Schwefelwasserstoff an die Oberfläche dringt und dort bodenlebenden Tieren gefährlich wird. Denn Schwefelwasserstoff wird schnell zum ungefährlichen Schwefel oder Sulfat oxidiert, wenn er mit dem im Wasser gelösten Sauerstoff in Kontakt kommt.) Bild 9: Die vielleicht wichtigste Funktion der Höhlenbauer ist aber der Erhalt des Sandwatts. Die ständige Umwälzung hält das Sediment grobkörnig und durchlässig, so wie Regenwürmer unseren Gartenboden lockern und belüften. Ohne die grabende Aktivität der Tiere könnten sich feine Sedimentpartikel in die Sandzwischenräume setzten und das Sandwatt würde schnell verschlammen. Die grabenden Tiere werden also zu Recht als Ingenieure des Watts bezeichnet. Die am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie entwickelten Technologie helfen dabei, die Dynamik in Wattenmeersedimenten zu erkunden. Nicht verwendet: Weshalb ist es für das Watt aber so wichtig dass auch die tieferen Schichten des Sediments von Zeit zu Zeit mit Sauerstoff angereichert wird? Im Sediment leben nicht nur Tiere, die so groß sind, dass wir sie mit unseren Augen sehen können. (Auch Bakterien, Mikroalgen und andere Einzeller leben dort. Sie haben die Aufgabe, abgestorbenes organisches Material zu zersetzen, das auf den Meeresboden abgesunken ist. Das funktioniert im Meer ähnlich wie auf dem Komposthaufen. Dabei sind die meisten Organismen auf Sauerstoff zum Atmen angewiesen. Im Meer wird viel organisches Material erzeugt, das abgebaut werden muss. Algenblüten im Frühjahr und Herbst sterben und sinken ab, Tiere hinterlassen ihre Exkremente und verenden schliesslich, Seetang und auch Landpflanzen, die ins Meer gespült wurden müssen zersetzt werden. Dies alles übernehmen Kleinstlebewesen. Durch die fortschreitende Sedimentation wird Material, das noch nicht vollständig abgebaut wurde in tieferen Sedimentschichten vergraben. Ohne Sauerstoffzufuhr kann es hier nicht mehr so effizient abgebaut werden. Also ist eine gute Versorgung mit Sauerstoff eine Voraussetzung dafür, dass dieses Material zersetzt und seine Bausteine wieder in die Stoffkreisläufe zurückgeführt werden. )