Hofrar Dr. Wilfried Seipel Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums ERLÖSUNGS - UND JENSEITSVORSTELLUNGEN IM ALTEN ÄGYPTEN UND IN MESOPOTAMIEN Wie kaum eine andere der frühen Hochkulturen scheint die ägyptische vorallem von einem umfassenden Grundgedanken bestimmt zu sein, nämlich von der Auseinandersetzungmit einem jenseitigen Dasein und der Fürsorge dafür. Das jenseitige Lebenals Ziel allen irdischen Handelns und Wollens, aber auch aller Architektur, seien es Tempel oder Pyramiden oder die Kunst als Abbild des Ewigen, des Unvergänglichen beziehungsweise als Abbild der zur Unendlichkeit geronnenen Zeit. Alles diente in Ägypten einem Ziel: das sterbliche Leben zu überwinden und Eingang zu finden in ein verklärtes und verklärendes Jenseits. Das ist eine sehr allgemeine Formulierung und Beschreibung sehr wichtiger, und wie es scheint bestimmender Kräfte der altägyptischen Kultur, wobei wir nicht vergessenn dürfen, daß es nur eine der Triebkräfte oder nur eines jener Elemente ist, die die ägyptische Kultur auszeichnet. Denn zu gerne wird die Kultur Altägyptens als ein wüstes Totenreich bezeichnet, wie es Johann Wolfgang von Goethe getan hat, der meinte, man solle sich mit den alten Ägyptern eigentlich gar nicht so sehr beschäftigen, da sie doch nur mit Dämonen und Wüstengöttern zu tun hätten. Die Zauberflöte hat ihm freilich sehr gefallen, das war die Ausnahme. Dieses inder breiten Öffentlichkeit verbreitete Bild von Alt-Ägypten als ein von Todessehnsucht, Totenkult und Totenrituals gekennzeichnetes Land, verdankt diese Akzentuierung eigentlich der besonderen Überlieferung der altägyptischen Kultur. Schon seit den ersten Begegnungen zwischen Orient und Okzident war natürlich das, was mit dem Jenseitsglauben im Zusammenhang stand im Mittelpunkt des Interesses. Die Pyramiden und Gräber in den Wüstengebieten waren das Auffallende.Sie warender auffallende Rest, das Überbleibsel der altägyptischen Hochkultur. Die Wüste, als nur von einem schmalen Mittelstreifen getrenntes Reich des Todes, bewahrte allerdings die in ihr errichteten Gebäude, die Tempel, die Gräber und Pyramiden. Bewahrt von Feuchtigkeit und klimatischem Verfall aber auch von menschlicher Zerstörung blieb eben das, was für den Tod und das Jenseits bestimmt war, erhalten. Denken Sie an die gewaltigen Pyramiden in Gizeh oder an die tausenden Gräber in Oberägypten oder auch am Ostufer des Nil in Mittelägypten. Natürlich ist einiges verloren gegangen, wenn man z.B. bedenkt, daß die Verkleidungen der Pyramiden zur Errichtung der Zitadelle in Kairo in muslimischer Zeit verwendet wurden, aber das Material war so vielfältig, daß wir heute noch auf Zeugnisse jener Instrumente und Strategien treffen, die für das Jenseits wichtig gewesen sind. Anders stand es freilich um die Häuser der Lebenden. In Ägypten gibt es die Bezeichnung des Grabes als dem „Wohnhaus der Toten“. Die Häuser der Lebenden, ihre Dörfer und Städte, die im schwarzen Fruchtland waren, sind uns nicht erhalten. Das schwarze Fruchtland, das durch die Überschwemmung des abbessinischen Nils immer wieder neu geschaffen wurde, damit aber auch die Grundlage für die Landwirtschaft geschaffen hat,das war der Lebensraum der alten Ägypter, Die Häuser wurden aus getrockneten Lehmziegeln errichtet, wie das auch heute noch geschieht, diese hatten aber nur eine sehr begrenzte Lebenszeit. Alle 30 – 40 Jahre müssen diese Gebäude neu errichtet werden, weil sie durch Regen, Wind und Witterung allmählich in sich zusammenfallen. Die getrockneten Lehmziegel halten nicht länger stand. Über diesen zerstörten Häusern sind ja immer wieder neue errichtet worden, die Dörfer sind gleichsam nach oben gewachsen und heute sind solche „Tells“ (Stadthügel) zu sehen auf denen die heutigen Bewohner leben, also auf einem uralten Horizont, der viele Jahrtausende zurückreicht. Sie sind weithin sichtbar, aber nicht mehr sehr zahlreich. Die Dörfer sind, anders als die Tempel und Gräber der Vergangenheit anheim gestellt. Auch wurden viele dieser „Tells“ von den Bauern abgetragen, weil man diesen fruchtbaren Lehm, der sehr Kali-hältig ist, auf die Felder zur Düngung ausgebreitet hat. Heute sind diese Tells unter Denkmalschutz. Dort wo islamische Friedhöfe oben auf sind, blieben sie erhalten, dort ist aber auch jede archäologische Untersuchung untersagt. Das österreichische archaeologische Institut widmet sich der Erforschung des altägyptischen Dorflebens und der Erforschung der Alltagskultur, der Dorfstruktur und der gesellschaftlichen Zusammenhänge in den Siedlungen. Seit 35 Jahren wird dort ausgegraben. Wir wissen nur sehr wenig von der Struktur der altägyptischen Lebenswelt. Diese Facetten blieben der Erforschung der Ägyptologen sehr lange verborgen, doch heute ist uns das Leben im alten Ägypten bestens vertraut. Das diesseitige Leben der Ägypter tritt gleichberechtigt neben die Wahrnehmung altägyptischer Lebensvorstellungen. Die aus den Dokumenten und Texten sprechende Lebensfreude, ja der Begeisterung der alten Ägypter für ihr dieseitiges Leben, ist von einer besonderen intesiven und bewußten Lebensbejahung gekennzeichnet, die letztlich nicht loslassen will von der Verklammerung mit einem gern gelebten Diesseits. Die bejahte Diesseitigkeit bewältigt ihren drohenden Verlust infolge des Todes durch einen breit ausgeformten Glauben, durch eine Glaubenswirklichkeit, die die bruchlose Fortsetzung des diesseitigen geliebten Lebens in ein ähnlich gestaltetes Jenseits sicher stellen sollte. Nicht der Tod war das Ziel, sondern seine Überwindung durch einen gleichsam bruchlosen Übergang von einer diesseitigen, in eine der diesseitigen vergleichbare Seinsweise. Der Ägypter hat also den Tod als daseinsgemäße, als vom Leben untrennbare Dimension des Seins aufgefaßt, dem jeder angehört. Um dieser Dimension gerecht zu werden, in ihr bruchlos mit dem Tod einzuwohnen, haben die Ägypter nun seit ältesten Zeiten bestimmte Strategien und Mechanismen entwickelt, die in unzähligen Texten seit der Pyramidenzeit ihren Niederschlag gefunden haben und auf die ich im Folgenden eigehen möchte. Ein Text aus einer Weisheitslehre des Ani aus der Ramessidenzeit etwa um 1300 v. Chr. Das Ganze bezieht sich auf das Grab: „Geh nicht nach draußen aus deinem Haus, ohne zu wissen, wo du dich ausruhen kannst. Gib, daß man den Ort kennt, den du dir erwählt hast, damit du erinnert wirst, indem man dich kennt. Nimm es dir vor als einzuschlagenden Weg, indem du bezeugt bist in dem, was du gefunden hast. Statte wohl aus deinen Platz im Totental und die „Unterwelt“ (Sargkammer), die deinen Leichnam bergen wird. Stell dir das vor Augen unter deinen Geschäften. Ebenso, was die großen Alten betrifft: Mögest du in(mitten) ihrer Grabkammern ruhen. Kein Tadel trifft den, der so handelt; Gut hat es, wer derart gerüstet ist. Wenn dein Todesbote kommen wird, dich zu holen, soll er dich bereit finden. Wahrlich, er wartet nicht auf dich. Sage: „Hier kom mt einer, der sich auf dich vorbereitet hat“ Und sage nicht: „Ich bin zu jung, als daß du mich holst.“ Du kennst ja deinen Tod nicht! Der Tod kommt, er raubt das kind aus den Armen seiner Mutter Ebenso wie den, der ein hohes Alter erreicht hat. Wir haben hier einen Hinweis auf den Todesboten und die Bedeutung des Grabes als dem Mittelpunkt der Existenz im Jenseits, dessen Errichtung einer besonderen Fürsorge bedarf. Das Grab ist der Mittelpunkt der Vorbereitungauf den Tod. Einerseits ist es die diesseitige Ruhestätte, der Ort des Geborgenseins, andererseits sichert es dem Toten seinen Ort auch als Verweilsort unter den Lebenden. Das Grab ist innerhalb eines Friedhofs errichtet und wird täglich von den Kindern und Opferpriestern besucht und bezieht den Toten in das gemeinschaftliche Leben mit ein. In einer der ältesten Weisheitslehren Ägyptens aus der Pyramidenzeit heißt es: „Du solllst dein Haus bauen für deinen Sohn. Dann ist dir ein Ort geschaffen, an dem du sein wirst. Statte reichlich aus dein Haus des Totenreichs Und richte deinen Platz im Westen wirkkräftig her. Beherzige: gering gilt uns der Tod, beherzige: hoch steht uns dass Leben. Doch das Haus des Todes gilt ja dem Leben.“ Von Djedethor Da ist dieses merkwürdige Changieren zwischen einerseits der Anerkennung des Todes als einem bestimmten Zustand der jenem des Diesseits entgegengesetzt ist, andererseits wird das Grab als ein Wohnort der Toten im Diesseits aufgefaßt und damit dieser fließende Übergang zwischen hier und dem Jenseits überwunden. Das Eingebundensein in die Gemeinschaft der Lebenden durch das allen zugängliche Grab, gibt dem Toten die Gewißheit der Präsenz und der Permanenz im Reich der Lebenden, also des Anwesendseins im Diesseits. Denken Sie an die Feste in islamischen Friedhöfen, wo die ganzen Familien kommen und das Grab besuchen und wo noch heute mit Kofferradios, Getränken und Speisen die Toten immer wieder in die Gemeinschaft der Lebenden mit einbezogen werden. Das ist ein Einbeziehen der Toten in ein bestehendens Sozialgefüge. Meistens sind es die Kinder, denen die Fürsorge für das Grab und das Begräbnis obliegt. Damit wird die Notwendigkeit eröffnet, durch die in der Grabkammer niedergelegten Opfergaben und die damit verbundnen Opfergebete, die jenseitige Existenz der Toten zu sichern. Das ist die 2. Dimension. Also zunächst bleibt der Tote mit den Lebenden verbunden, durch die Opfergaben und Gebete wird aber die Weiterexistenz im Jenseits gesichert. Die Nennung und Anrufung des Namens der Toten, durch seine Speisung, wird er einerseits dem Vergessen entzogen, andererseits wird seine physische Weiterexistenz garantiert. Die Texte, die auf den Tod, das Jenseits, die Verklärung der Toten bezogen sind, sind entweder literarische Texte, die dem Toten ins Grab mitgegeben wurden, als Papyrus oder eingemeißelt in die Wände der Sargkammer, wie etwa bei den Pyramiden der Könige der 5. und 6. Dynastie, oder es sind liturgische Texte, die während des Totenkults oder des Begräbnisses zitiert wurden. Die ältesten Textkorpora der ägyptischen Literatur und damit überhaupt der Menschheit, sind die sogenannten Pyramidentexte, die nachweislich seit dem letzten König der 5. Dynastie, also ungefär 2200 v.Chr in den Sargkammern dieses Königs eingeschrieben wurden und die sich in allen nachfolgenden Pyramiden in Varianten finden, Sprüche, die mit der jenseitigen Existenz, dem Aufstieg in den Himmel oder den Abstieg in die Unterwelt zusammenhängen und die das Bestattungsritual des Königs schildern. Sie sind in späterer Zeit auch die Grundlage aller Jenseitsliteratur auch im privaten Bereich Der König ist zuerst im Mittelpunkt der ägyptischen Kultur, auch der Kunst und Literatur und erst imLaufe der Zeit kommt es zu einer Demokratisierung, einer Übernahme königlicher Vorstellungen des Jenseitsglaubens in die Bevölkerung. Jetzt ein paar totenliturgische Texte, die man sich als Bestandteil der Begräbniszeremonie vorstellen kann, aber auch als vom Besucher des Grabes laut zu lesender Anruf, und damit auch als Wunsch des Toten. Der laut lesenden Besucher soll mit dem Hauch seines Mundes den Toten gleichsam verklären. So heißt es etwas im Grab des Nefersecheru, etwa um 1600 v.Chr. All ihr Menschen, die ihr kommen werdet, ihr jungen Leute ferner Zukunft, möget ihr Sorge tragen für meine Statue in meinem herrlichen Grab, mein Bildnis nach meinem Leben – ihre Gestalt ist tatsächlich mein Aussehen – Möget ihr zu ihr sagen, nach ihrem Anblick, beim Vorübergehen an meinem Grab: „Atemluft für deine Nase, seliger Nefersecheru! Eine Libation für dein Ka (Jenseits)! Möge dein Ba(Lebensfaden)leben, dein Leichnam von Bestand sein. Möge dein Name da uerhaft sein auf Erden Und dein gutes Andenken von einem frohen Tag, alle schlechten Dinge dabei fern von dir!“ So wird euch desgleichen getan werden durch die nach euch. Dieser sogenannte Anruf an den Lebenden ist ein ganz essentieller Teil der ägyptischen Jenseitsvorstellungen, der Tote, der im Grab ist, wendet sich an die Besucher und bittet sie um Gebete. Gleichzeitig wird mit dem Rezitieren des Gebetes und seines Namens der Tote dem Vergessen entrissen. Mit der Erwähnung der Fürsorge für die Grabstatue – sie wird beräuchert und Opfergaben werden vor sie gelegt – berühren wir ein weiteres wichtiges Element altägyptischen Totenglaubens, nämlich die besondere Bedeutung des Kultes für die Entstehung der ägyptischen Skulptur. Das reliefiert oder skulptierte Abbild des Toten sicher seine Vergegenwärtigung, seine Anwesenheit im Grab. Die Grabstatue ist stellvertretender Addressat für die Opfergaben und die Opfergebete. Der Tote liegt mumifiziert im Grab, ist also nicht mehr zugänglich für den Grabbesucher, aber er läßt sich vertreten durch eine Grabstatue, die durch die Bezeichnung mit dem Namen des Toten ihm gleichgesetzt wird, und sie nimmt stellvertretend die Opfergaben entgegen. Der Ersatz des Toten durch eine Statue aus meist unvergänglichem Material (meist aus hartem Stein), während die Mumie bei aller Fürsorge doch vergänglich war, sicherte dem Toten die physische Weiterexistenz. In der Grabstatue manifestiert sich der Wunsch des Toten, so weiter zu existieren und stellvertretend für ihn existent zu sein. Die ägyptische Kunst hat also zunächst ausschließlich religiösen Charakter. Der Versuchdem Toten durch die Herstellung einer Statue ewige Existenz zu ermöglichen war der Anstoß „Kunst“ herzustellen. Die Kunst als Ersatzbild für etwas, was nicht mehr da ist, es ist ein Bild für die Ewigkeit. Mumifizierung, Grab, Grabstatue, liturgische Texte, all das ist tragendes Gerüst eines Jenseitsglaubens, der trotz historisch bedingter Schwankungen und Veränderungen und auch revolutionärer Ansätze letztlich die Erscheinung der ägyptischen Religion geprägt hat. Es hat natürlich Zeiten gegeben, in denen dieser Jenseitsglaube kurzfristig eine andere Dimension gehabt hat oder ihm überhaupt kein Stellenwert eingeräumt wurde, das war in der Zeit der Amarareligion. Da gab es eine Konzentration monotheistischen Glaubensansatzes auf die sichtbare Sonne. Die Zeit, in der die Sonne nicht sichtbar war und in der Unterwelt ihren Bogen beschrieben hat, wurde nicht mehr akzeptiert. Das Leben und die Religion dieser Zeit war ausschließlich auf den Zeitpunkt des Tages gerichtet, die Sehnsucht nach einer „finsteren“ Unterwelt war in der Amarazeit nicht mehr gegeben. Man hat keine Hoffnung gehabt, daß neues Leben entstehen würde, wenn die Sonne untergeht. Zu den wesentlichern Texten altägyptischen Totenglaubens, die die Weiterexistenz der Toten in einer verklärten Weise sicherstellen sollten, gehört auch das 125. Kapitel des sogenannten Totenbuchs. Das Totenbuch ist eine Spruchsammlung von über 150 einzelnen Kapiteln, die sich textlich ebenfalls mit dem Jenseits befassen und auf die Frage des Geschicks des Toten im Jenseits ebenso wie die Pyramidentexte Antwort zu geben versuchen. Wo der Tote in der Barke des Sonnengottes Re über den Horizont fährt, wo er mit dem Polarstern verglichen oder mit Osiris gleichgesetzt wird. So haben sich aus dieser königlichen Theologie des Jenseits bestimmte Ansätze auch für den normalen Sterblichen entwickelt, die dann in das (die) Totenbuch (bücher) des Neuen Reiches hineingefunden haben. Diese Totenbücher wurden als Papyrusrolle dem Toten ins Grab mitgegeben, gleichsam als sicherer Leitfaden für seine jenseitige Existenz. Da ist alles dringestanden was er wissen muß, mit welchen Göttern er im Jenseits zu tun haben würde, welche Prüfungen er zu bestehen hätte um ins verklärte Jenseits eingehen zu können. Das wesentliche Kapitel ist das Kapitel 125, das sogenannte Totengericht, das seit den Königen des mittleren Reichs nachgewiesen ist. Der Tote wird vor den Gott Anubis, das ist der Einbalsamierungsgott, vor das totengericht geführt und dort kommt es zur Abwägung der guten und schlechten Taten des Toten in dem sein Herz auf einer Waagschale gewogen wird, gegen eine kleine Feder und eine kleine Statuette der Göttin Ma’at, die Göttin der Weltordnung und Gerechtigkeit, der der Mensch in seinem Leben zu folgen hat. Durch diese beiden Waagschalen wird die Entscheidung gefällt und beobachtet, wohin sich die Waagschale mit dem Herzen neigen wird, ob sie als zu schwer , weil mit schlechten Taten beladen befunden wird, dann würde sie sich nach unten senken, dort lauert schon Hememet, die große Verschlingerin, die das Herz des Toten auffressen würde und damit der ewigen Verdammnis ausliefert, oder ob das Herz emposteigt und damit die ewige Verklärung im Jenseits erreicht. Sollte sich die Schale jedoch nach unten neigen, so wäre das der sogenannte 2. Tod, vondem der Ägypter gesprochen hat, der erste Tod war eine Selbstverständlichkeit die der Ägypter akzeptiert hat, während der 2. Tod unseren Höllenvorstellungen entsprechen würde. Dort erwartet den Toten ein Feuersee, dort trifft er Bewohner die einen mit Messern aufschlitzen, man muß auf dem Kopf gehen und erleidet verschiedene andere unangenehme Dinge. Die Wägung des Herzens basiert auf einer bestimmten Rede und Antwort zwischen dem Gott Osiris, dem Wägegott Toth , das ist der Gott der Weisheit, einerseits und dem Toten andererseits, der hier seine Rechtfertigung darbringt: „Seht, ich bin zu euch gekommen – kein Unrecht, keine Schuld ist an mir, nichts Böses ist an mir, kein Zeugnis liegt gegen mich vor, und niemanden gibt es, gegen den ich mich vergangen hätte. (Denn) ich lebe von Wahrheit, ich nähre mich von Wahrheit. Ich habe getan, was Menschen raten Und womit die Götter zufrieden sind. Ich habe den Gott zufrieden gestellt mit dem , was er leibt. Brot gab ich dem Hungrigen, Wasser dem Dürstenden, Kleider den Nackten, ein Fährboot dem Schifflosen. Gottesopfer gab ich den Göttern, Totenopfer den Verklärten.“ Das ist ein Beispiel für die ethische Einbindung des Lebens in die kosmische Weltordnung der Ma’at. In diesem Text wird, wie kaum in einer anderen Hochkultur, mit Ausnahme der christlichen Religion, das normative Verhalten zum Angelpunkt und Ausgangspunkt für die Gewinnung der Unsterblichkeit.Die Betonung der Ma’at, der Weltordnung, sie ist die Tochter des Sonnengottes Re, als normative Kraft im diesseits, schafft die Voraussetzung für die unendliche Weiterführung des diesseitigen Lebens. Der Tote betritt nach der Wägung, als soganannter Gerechtfertigter im Jenseits die Gefilde und, wie es im Text heißt „ schreitet frei, wie die Herren der Ewigkeit, wie die Götter, fortdauernd mit den Vorfahren.“ Das ist das Schlüsselerlebnis für den Ägypter, das Bestehen des Gerichts als Gerechtfertigter.Die Bedeutung des Ma’at wird in einer Hymne besungen: „Ich frohlocke beim Sagen der Ma’at, denn ich weiß, daß sie wertvoll („ach“) ist für den, der sie tut auf Erden von der Geburt bis zum „Landen“. Ein trefflicher Schutzwall ist sie für den, der sie sagt, an jenem Tage, wenn er gelangt zum Gerichtshof, der den Bedrängten richtet und den Charakter aufdeckt, den Sünder (jzftj) bestraft und seinen Ba (Lebensfaden) absschneidet. Ich existierte ohne Tadel, so daß es keine Anklage gegen mich und keine Sünde von mir gibt vor ihnen, so daß ich gerechtfertigt hervorgehe, indem ich geleobt bin inmitten der Grabversorgten, die zu ihrem Ka ((Jenseits) gegangen sind. Ich bin ein Edler, der über die Ma’at glücklich ist, der den Gesetzen der „Halle der beiden Ma’at“ nacheiferte, denn ich plante, ins Totenreich zu gelangen, ohne daß mein Name mit einer Gemeinheit verbunden wäre, ohne den Menschen Böses angetan zu haben oder etwas, das ihre Götter tadeln. Es kann darauf hingewiesen werden, daß die einem Elysium vergleichbare Vorstellung vom Totenreich nicht ursprünglich war, bzw. zuerst ausschließlich auf die königlichen Vorstellungen bezogen waren. Während die Könige nach ihrem Tod zum Himmel aufflogen und sich zu den Göttern gesellten und mit dem Totenherrscher Osiris gleichgesetzt wurden oder mit dem Sonnengott Re im Wagen über den Himmel fuhren, kam es erst viel später zu einer Demokratisierung dieses Totenglaubens. Diese Demokratisierung ist ein wesentlicher Entwicklungsschritt, der sehr lange dauerte. Hier noch ein Textbeispiel: „Ich bin zu dier gekommen, Osiris; damit ich dich anbete, damit ich alles reinige, sodaß dein Name für das Elysium Rasetschau (die Bezeichnung des Elysiums) festgelegt wird. Sei gegrüßt Osiris und erhebe dich in deiner Macht Und in deiner Stärke, stark bist im Abitos (seinem Begräbnisort). Du fährst zum Himmel mit Re Damit du alles Volk anblickst, Einzigartiger, der gleich Re dahinfährt, siehe, ich habe zu dir gesprochen Osiris, mir gehört jetzt die Würde eines Gottes und was ich gesagt habe ist geschehen. Ich werde nicht mehr ferngehalten von dir.....“ Dieser schwierige Text zeigt einen weiteren Aspekt des ägyptischen Jenseitsglaubens.Wir haben gehört, daß der Tote, der die Begräbnisrituale erfüllt hat, er wurde einbalsamiert, die Grabkammern sind voll von Opfergaben auch für die Zukunft, sollte sich einmal niemand um das Grab kümmern können, er hat die Voraussetzung für den Übergang geschaffen, er kann eingehen in das Elysium und hat ein besonderes Naheverhältnis zum Totenherrscher Osiris. Osiris ist ursprünglich der Vegetationsgott, der aber als Auferstehungsgott als Vorbild für die Menschen gilt. So wie das Jahr sich in der Natur immer wieder erneuert, so will auch der Tote teilhaben an dem Kreislauf der Erneuerung, der Tote wird gleichgesetzt mit dem Totenherrscher Osiris und nimmt mit ihm an dem ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen teil. Ursprünglich war diese Vorstellung auf den König beschränkt. Der König war, so wie im Diesseits Herrscher über die Lebenden nun im Jenseits Herrscher über die Toten als Totenherrscher Osiris. Im Laufe der Entwicklung ist diese Vorstellung auch auf den Privatmann übergegangen und deswegen wird er in diesem Text als nahe, ja beinahe identisch mit Osiris aufgeführt. So sehr diese Erlösungssehnsucht sich auch in tausenden Texten widerspiegelt, wir haben ja wie in kaum einer anderen Religion tausende von Texten und Totenbücher, aber auch Litaneien, Grabbänder, die uns diese Jenseitsvorstellungen und das Elysium schildern, so gab es auch dem entgegengesetzte Texte. Die Harfnerlieder: In ihnen wird dazu aufgefordert, doch das diesseitige Leben zugenießen, das „carpe diem“ wird verherrlicht.Diese Texte sind theologische Gegenentwürfe zur herrschenden religiösen Auffassung, zum herrschenden Glauben.Das Diesseits wird erhöht und das Jenseits herabgesetzt. Das Harfnerlied des Antef Antef ist ein Fürst des mittleren Reichs, aus der Amarnazeit: Das Lied, das im Hause (König) Antefs, des Seligen, steht, vor dem Bilde des Sängers zur Harfe Glücklich ist dieser gute Fürst, nachdem das gute Geschick eingetreten ist! Geschlechter vergehen, andere kommen seit der Zeit der Vorfahren. Die Götter, die vordem entstanden, ruhen in ihren Pyramiden. Die Edlen und Verklärten desgleichen Sie sind begraben in ihren Pyramiden. Die da Häuser bauten – ihre Städte sind nicht mehr -, was ist mit ihnen geschehen? Ich habe die Worte gehört des Imhotep und Hordedef (2 Weise) deren Sprüche in aller Munde sind. Wo sind ihre Stätten?Ihre Mauern sind verfallen,sie haben keinen Ort mehr, als wären sie nie gewesen. Keiner kommt von dort, von ihrem Ergehen zu berichten, ihren Bedürfnissen zu erzählen, unser Herz zu beruhigen, bis auch wir gelangen, wohin sie gegangen sind. Du aber erfreue dein Herz und denke nicht daran! Gut ist es für dich, deinem Herzen zu folgen, solange du bist. Tu Myrrhen auf dein Haupt, kleide dich in weißes Leinen, salbe dich mit echtem Öl des Gotteskultes, vermehre deine Schönheit, laß dein Herz dessen nicht müde werden! Folge deinem herzen in Gemeinschaft deiner Schönen, tu deine Dinge auf Erden, kränke dein Herz nicht, bis jener Tag der Totenklage zu dir kommt. Der „Müdherzige“ hört ihr Schreien nicht, und ihre Klagen holen das Herz eines Mannes nicht aus der Unterwelt zurück. Refrain: Feiere den schönen Tag, werde dessen nicht müde! Bedenke:Niemand nimmt mit sich , woran er gehangen, niemand kehrt wieder, der einmal gegangen. Das Harfnerlied ermöglicht hier einen idealen Übergang zu Erlösungsvorstellungen Mesopotamiens. Anders als in Ägypten, das stets ein einheitliches Erscheinungsbild zeichnet, das diese Einheit über Jahrtausende bewahren konnte – ist in Mesopotamien ein übermaß unterschiedlicher Völker, Sprachen und Religionen, deren Jenseitsvorstellungen wir nur ganz kurz streifen können, weil sie so gut wie nicht vorhanden sind. Die Summerer, Lamiter, Arkader, Assyrer und Babylonier hinterließen ein buntes Mosaik aus einem dicht gewebten Teppich religiöser Traditionen, deren einzelne Stränge und Fäden nur schwer entwirrbar sind. Aus diesem Grund möchte ich zum Abschluß nur ein Literaturwerk kurz vorstellen, das Ihnen allen bekannt sein dürfte, das soganannte Gilgameschepos. der auf das oben zitierte Harfnerlied inhaltlich bezogene Text lautet: Hier spricht die göttliche Schankwirtin Siduri, die Gilgamesch von seiner vergeblichen Suche nach dem ewigen Leben abbringen will: „Du, Gilgamesch – dein Bauch sei voll, ergötzen magst du dich Tag und Nacht! Feiere täglich ein Freudenfest! Tanz und spiel bei Tag und Nacht! .........Solcherart ist, was den Menschen zu tun bleibt.“ In der mesopotamischen Religion ist der Tod das unentrinnbare Schicksal, der Endpunkt des menschlichen Lebens ohne irgend eine Art der Weiterführung. Das Schicksal allein entscheidet über den Zeitpunkt des Todes und die Gebete an die Götter bitten, unter Hinweis auf ein sündenfreies leben, nur um einen möglichst späten Tod, obwohl es so etwas wie ein Schattendaseinin der Unterwelt gab, oder auch eine Vorstellung von Totengeistern, die im Diesseits herumspukten wenn z.B.der Tote nicht bestattet wurde und die bei den Lebenden Geisteskrankheiten verursachten. Aber es gab keine Vorstellung von einem erlösenden Jenseits oder einem Elysium, wie wir das aus Ägypten kennen. Das Weiterleben erfolgt ausschließlich in den Kindern der Verstorbenen, und das Weiterleben der Könige erfolgt durch ihre Taten.Manchmal werden irgendwelche Unterweltrichter erwähntdie allerdings nur strafverschärfend eingesetzt werden und keinen Freispruch kennen. Schon in summerischer Zeit, also etwa 2500 v.Chr. bildeten sich 5 summerische Dichtungen heraus, die sich um den später vergöttlichten Herrscher Gilgamesch, den König von Uruk rankten. In einer davon geht es um die Suche nach dem ewigen Leben und nach dem Lohn der Taten. Erst um 1000 v.Chr kam es zueiner Zusammenfassung der Gilgameschsagen, es sind circa 300 Verse, die auf 12 Tafeln aufgeschrieben sind. Das ist einer der bedeutendsten Texte der Weltliteratur. Der Inhalt: Nachdem die ca 10 lange Stadtmauer von Uruk von Gilgamesch unter brutalem Einsatz und Mißhandlung der Bevölkerung errichtet wurde, soll Gilgamesch bestraft werden., für diese schlechte Behandlung seiner Untertanen.Die Götter erschufen ihm als seinen Feind und Widersacher Enkidu, der bei den Tieren aufwuchs und von einer Kultdirne nach Uruk geführt wird. Gilgamesch und Enkidu kämpfen miteinander, sie werden aber letztlich Freunde. Nach einem gemeinsamen Versuch das Ungeheuer Kutaba umzubringen, der mit Erfolg gekrönt ist, macht Ischta dem Gilgamesch ein unmoralisches Angebot, das dieser zurückweist, Gilgamesch beleidigt Ischta dadurch so sehr, daß die Götter seinen Tod beschlossen haben. So kommt der Tod in die Welt. In Träumen vermittelte Todesahnung versetzen Gilgamesch in Angst und Schrecken. Er fürchtet sich vor dem Sterben und macht sich auf um von dem Helden Utmabischtim zu erfahren, wie er dem Tod entgehen könnte und dieser erzählt ihm die Geschichte von der Sintflut, von der Zerstörung des Menschengeschlechts, nach dem ihm die Götter ewiges Leben geschenkt hätten. Auf Grund dieser Mitteilung, dieses Verrats verliert Utmabischtim die Unsterblichkeit. So resigniert auch Gilgamesch und zeigt Utmabischtim letztlich als Trost für die nicht mögliche Ewigkeit des Lebens, seine letzt große Tat, nämlich die Stadtmauer von Uruk. Gilgamesch versucht sich in dieser Stadtmauer sein Weiterleben im Gedächtnis der Menschen zu sichern. Eine Absicht, die ihm offensichtlich gelungen ist, weil wir ihn bis heute kennen. Als Abschluß möchte ich die ganze Antwort der göttlichen Schankwirtin Siduri vorlesen, als sie von Gilgamesch nach der Unsterblichkeit gefragt wird: „Die Schenkin sprach zu ihm: Gilgamesch, wohin läufst du, das Leben das du suchst wirst du nicht finden. Als die Götter die Menschen erschufen, teilten sie den Tod der Menschheit zu. Sie nahmen Leben für sich in die Hand. Du Gilgamesch, -dein Bauch sei voll, ergötz dich lieber Tag und Nacht! Feier täglich ein Freudenfest! Tanze und spiele bei Tag und bei Nacht! Deine Kleidung sei rein! Gewaschen sei dein Haupt! In Wasser sollst du gebadet sein. Schau den Kleinen an deiner Hand, und die Gattin freut sich auf deinem Schoß, Solcherart ist das Werk der Menschen!.“