DIE UNBEKANNTE SCHÖNE Die alten Griechen hatten immer schon einen guten Geschmack. Wenn sie eine Stadt gründeten und sie dann „kale polis“ – die schöne Stadt - nannten, dann war sie wirklich ein Juwel. Und das ist Gallipoli, wie sie heute heißt, noch immer. Haben Sie auch schon immer davon geträumt, unserem Winter zu entfliehen und sich irgendwo in den Süden abzusetzen? Aber es sollte nicht eine der üblichen touristischen Destinationen sein, sondern etwas Authentisches? Kein Ort, der mit Mitte September die Luken dicht macht oder der nur aus Hotelanlagen besteht? Leben, Alltag soll sich dort abspielen? Gar nicht leicht zu finden. Gallipoli ist so ein Wunder. Dort geht das Leben das Jahr über seinen gewohnten Gang, ob mit oder ohne Touristen, die selbst im Sommer nicht allzu zahlreich sind. Il Salento heißt der südlichste Zipfel Apuliens, im Westen vom Adriatischen, im Osten vom Ionischen Meer umspült. An der Westküste liegt auf einer löffelförmigen Halbinsel die zauberhafte Altstadt von Gallipoli, umgeben von mächtigen Stadtmauern und beschützt von dem stark befestigten Castello Aragonese aus dem 16. Jahrhundert. Es gibt Orte, wo der innere Zeiger voll ausschlägt. Man meint, hier bleiben zu wollen, ja bleiben zu müssen. Gallipoli ist so ein Ort. Durch eine Brücke mit dem Festland und der Neustadt verbunden, liegt das centro antico wie ein liebevoll gehegter Schatz inmitten des türkisblauen Meeres. Wo man auch geht, es schimmert durch die Gassen, es riecht bis in die letzten Winkel der Höfe. Von den Dachterrassen hat man einen herrlichen Blick über die Kirchen und Paläste bis hin zu den kilometerlangen, weißen Sandstränden im Norden und Süden. Blumentöpfe stehen vor den Hauseingängen, ein Fiat 500 parkt vor einem Palazzo. Aus den kleinen Bars duftet es nach Kaffee und frischen cornetti. Wenn der Gemüsemann mit seinem Minilastwagen durch die engen Gassen fährt und seine Ware ausruft, tun sich Fenster auf, Körbe werden heruntergelassen und Preisverhandlungen fliegen durch die Luft. Gegen Mittag wird es ruhig. Die letzten Fische werden am Fischmarkt verkauft, dann geht man heim zum pranzo. Vorher genehmigt man sich noch einen Aperitiv in einer der vielen kleinen Bars an der Stadtmauer, schaut sinnend auf das Meer und freut sich auf die Spaghetti con vongole oder ricci (Seeigel), ganz frisch von mamma zubereitet. Das Leben in der Altstadt hat einen ruhigen, gleichmäßigen Rhythmus. Man spürt, hier ist ein gewisser Wohlstand nicht erst seit gestern zu Hause. Millionen von Ölbäumen lieferten und liefern das flüssige Gold. Bis noch vor einem Jahrhundert wurde es in unterirdischen Ölmühlen hergestellt, wo Menschen unter härtesten Bedingungen schuften mussten. Da sie auch dort schliefen, kamen sie oft tage- und wochenlang nicht ans Tageslicht. Einige dieser Ölmühlen sind heute als Museum zugänglich, und man bekommt eine Vorstellung, wie hart und unmenschlich das Leben der Arbeiter in diesen feuchtkalten Felsenlöchern war. Das Öl, das unter der Erde produziert wurde, lieferte die Basis für den Luxus in den darüber liegenden Palästen. Barock vom Feinsten war angesagt. Architekten aus der bekannten Schule des Giuseppe Zimbalo sorgten für reich verzierte Fassaden, prächtige Tore und mächtige Fenster. Der gelbe Sandstein „carparo“ war ideal dafür. Er ließ sich leicht formen, verhärtete sich an der Luft und wurde auch nicht durch die salzhaltige Meeresluft zerstört. Paläste wie der der Familie Tafuri in der Via Nizza oder der Familie Balsamo in der Via de Pace sind Zeugnisse soliden Reichtums. Am prächtigsten wurde natürlich der Dom, darauf legten die Geldmenschen wert. Und tatsächlich übertrifft er alle Paläste der Stadt an Dekor! Wie eine Theaterkulisse ist die Fassade mit Statuen, Spitzenmustern und Girlanden aus Früchten und Blumen geschmückt. Im Inneren prunken riesige Barockbilder mit fülligen Leibern. Sie erzählen das Martyrium der schönen, armen Agathe, der der Dom geweiht ist. Weil sie nicht mit dem grausamen Landesfürsten schlafen wollte und auch nicht dem Glauben abschwor, ließ der Barbar ihr Brüste und Zunge herausschneiden und sie bei lebendigem Leib verbrennen. Das alles und mehr gibt es auf hundert Quadratmeter großen Bildern im Dom zu sehen. Mit den Gebeinen der armen Agathe wurde ein schwunghafter Handel betrieben. Viele Städte wollten sie haben, war doch mit Reliquien gutes Geld zu machen. Sie wanderten nach Catania, von dort nach Konstantinopel und landeten schließlich in Galatina, einem Ort ganz in der Nähe von Gallipoli. Die Leute von Galatina freuten sich über die Beute und errichteten ihr eine Kirche mit herrlicher Barockfassade. Heute wird dort geheiratet wie auf dem Fließband. Kurioserweise dürfte die arme Agathe zur Beschützerin der Hochzeitspaare avanciert sein. In Gallipoli waren die Fischer unzufrieden. Was sollte man mit dem Dom inmitten der Stadt? Den konnten sie vom Meer aus kaum sehen. Sie wollten ihre eigenen Kirchen. Gleich mehrere. Oben auf der Stadtmauer sollten sie gebaut werden, damit sie vom Meer aus gut sichtbar wären. Es entstanden sieben einfache, schlicht gestaltete Kirchen, alle ganz verschiedenen Heiligen geweiht. Die Fischer, die täglich aufs Meer hinausfahren, führen auch heute noch ihren guten Fang auf deren Protektion zurück. Müde, aber zufrieden setzen sie sich am Abend auf die Stufen ihrer Kirche, um ein bisschen zu schwatzen und der Sonne beim Untergehen zuzusehen. Dann werden die Mauern der Häuser und Paläste in ein überirdisches Rot getaucht. So ist der Abend in Gallipoli. INFORMATIONEN Allgemeine Auskünfte Italienische Zentrale für Tourismus E.N.I.T Kärntner Ring 4, 1010 Wien, T 01/505 16 39, Fax: 505 02 48 [email protected] Allgemeines Prospektmaterial und Auskünfte zur Reisevorbereitung. Hoteltipps La Riviera Riviera Nazaria Sauro, Gallipoli T 0039/0833/261 096, www.bedandbreakfastlariviera.co Kleines Hotel in einem Palast aus dem 18. Jahrhundert in toller Lage direkt am Lungomare. Ganzjährig geöffnet Relais Excelsa Lido Conchiglie, Lungomare C. Colombo, Gallipoli T 0039/3203077852, [email protected], www.relaisexcelsa.it Noble, kleine Villa in einem wunderschönen Garten ganz nahe vom Meer. Eine Oase der Ruhe. 5 Autominuten von Gallipoli.