Physik : Wärmelehre 6. Der zweite Hauptsatz der Wärmelehre Wie zu erwarten war, wenn es einen ersten Hauptsatz der Wärmelehre gibt, so muss es auch einen zweiten geben... Um den zweiten Hauptsatz formulieren zu können, müssen wir uns zunächst grundlegende Kenntnisse betreffend thermodynamischen Kreisprozessen aneignen. Der Stirlingmotor als prominentes Beispiel eignet sich hierfür vorzüglich. 6.1 Der Stirling – Motor 1806 hat Robert Stirling, ein schottischer Priester und Ingenieur eine brauchbare Wärmekraftmaschine, eben den Stirlingmotor, erfunden und gebaut. Eine Wärmekraftmaschine ist eine Maschine, die Wärme in mechanische Energie (in einem Kreisprozess) umwandelt. Bekannte Wärmekraftmaschinen sind: Watts Dampfmaschine Benzinmotor (Otto-Motor) Dieselmotor Stirling-Motor Vorteilhaft am Stirlingmotor ist, dass er zudem noch ein sogenannter Heissluftmotor ist, d.h. die Wärmeenergie wird von aussen an den Motor herangeführt. Er ist also nicht wie der Benzin- oder Dieselmotor auf die "innere" Verbrennung eines besonderen Kraftstoffes angewiesen. Ein Stirlingmotor kann mit beliebigen Wärmequellen arbeiten, z.B. mit Solarenergie. Ingenieure versuchen die wartungsarmen Stirlingmotoren als Wasserpumpen in der dritten Welt einzusetzen. Hierbei wird als Wärmequelle das mit einem Parabolspiegel gebündelte Sonnenlicht verwendet. Frage: Auffallend an dem oben abgebildeten Stirlingmotor sind die vielen Kühlrippen. Welche Rolle spielen sie? Es ist doch eigenartig, dass man gleichzeitig gezielt heizt und forciert kühlt... Seite 23 Physik : Wärmelehre Energiefluss im Stirlingmotor: Obwohl wir noch nicht wissen, wie der Stirlingmotor funktioniert, können wir bereits seinen Energiefluss skizzieren! Wir wissen, dass es zwei Wärmequellen gibt: Eine heisse Wärmequelle: Temperatur Theiss (Flamme) Eine kalte Wärmequelle: Temperatur Tkalt (Kühlrippen) Funktionsweise des Stirlingmotor: Der Stirlingmotor besteht zunächst mal aus einem Zylinder mit beweglichem Arbeitskolben. Der Zylinder ist hermetisch dicht und beinhaltet eine bestimmte Menge Gas (typischerweise Helium oder Luft). Der Stirlingmotor nutzt die physikalischen Tatsachen, dass sich Gase bei Erwärmung ausdehnen und bei Abkühlung zusammenziehen. Das Gas wird in einem Kreisprozess abwechselnd erhitzt und gekühlt. Das Volumen des Gases variiert demnach periodisch. Der Arbeitskolben des Zylinders bewegt sich also hin und her und kann so mechanische Arbeit verrichten. Seite 24 Physik : Wärmelehre Um den Wechsel von heiss zu kalt schnell genug zu realisieren, bedarf es eines technischen Tricks. Eine Seite des Zylinders ist immer heiss (Flamme) und die andere Seite immer kalt (Kühlrippen). Der Verdrängerkolben, den es zusätzlich zum Arbeitskolben braucht, schiebt das Gas abwechselnd und der heissen zur kalten Seite und zurück. (Der Verdrängerkolben dient auch zur Zwischenspeicherung von Wärme.) Die beiden Kolben werden mittels Pleuelstangen, welche am Schwungrad exzentrisch befestigt sind, angetrieben. Die Bewegung des Verdrängerkolbens ist 90° phasenverschoben gegenüber dem Arbeitskolben. Dünne Pleuelstange = Verdrängerkolben Dicke Pleuelstange = Arbeitskolben Die vier Takte des Stirlingmotors: (Das Schwungrad dreht sich im Uhrzeigersinn) 1. Takt: 2. Takt: 3. Takt 4. Takt Verdrängerkolben bewegt sich kaum ″ nach links ″ bewegt sich kaum ″ nach rechts Arbeitskolben nach rechts ″ bewegt sich kaum ″ nach links ″ bewegt sich kaum Seite 25 Physik : Wärmelehre Vokabular: isotherm : die Temperatur des Gases ist konstant während dem Takt isochor : das Volumen des Gases ist konstant Expansion : Volumen des Gases nimmt zu Kompression : Volumen des Gases nimmt ab Beim Stirlingmotor haben wir also: Isothermer Prozess (Expansion oder Kompression) : Arbeitskolben bewegt sich Isochorer Prozess (Abkühlung oder Erwärmung) : Verdrängerkolben bewegt sich Das p-V - Diagramm des Stirlingmotors Thermodynamische Kreisprozesse werden häufig mit Druck-Volumen - Diagrammen illustriert. Skizzieren wir nun das p-V – Diagramm des (idealen) Stirlingprozesses: (Empfohlene Internetseite: http://www.k-wz.de/vmotor/stirling.html ) Aus dem p-V – Diagramm ist ersichtlich, dass das Gas nach den vier Takten wieder beim Ausgangspunkt angelangt ist. Das Gas ist gewissermassen im Kreis gegangen. Man bezeichnet eine Abfolge von Zustandsänderungen, bei der wieder der Ausgangszustand erreicht wird, als Kreisprozess. Nach einem vollständigen Kreisprozess gilt: Die Änderung von Temperatur, Druck, Volumen und innerer Energie sind Null. Seite 26 Physik : Wärmelehre Seite 27