heizungstechnik Holz: Nur zum Heizen zu schade Holzbefeuerte Mini-Heizkraftwerke vor dem Markteintritt Markus Gailfuß* Steigende Heizöl- und Erdgaspreise führen derzeit zu einer Renaissance der energetischen Holznutzung. Aufgrund der attraktiven Vergütungssätze für Strom aus Biomasseanlagen gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) existiert außerdem eine große Nachfrage nach der Möglichkeit, aus der Wärme in Form einer Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auch Strom zu gewinnen. B isher war dies in Bezug auf feste Biomasse im Leistungsbereich unter 50 kW nahezu nicht möglich. Nun stehen zwei Unternehmen unmittelbar vor der Markteinführung solch kleiner Biomasse-Heizkraftwerke auf Stirlingmotoren-Basis und vier weitere Firmen berichten über Pilotanlagen, die in den nächsten 1 - 2 Jahren zur Marktreife entwickelt werden sollen. Biomassebetriebene Heizkraftwerke *) Markus Gailfuß, BHKW-Consult Rastatt 38 Das Unternehmen Sunmachine (Kempten/Nürnberg) entwickelte einen holzpelletbetriebenen Stirlingmotor mit einer elektrischen Nennleistung von 3 kW. Wie aus dem Anlagen-Schnittbild ersichtlich, werden die Pellets aus einem Zwischenbehälter (80 l), der von einem Vorratsraum gespeist wird, entnommen und fallen von oben auf den Brenner. Der sogenannte Upside-Down-Brenner, bei dem die Flamme wie bei einer Rakete von oben nach unten auf den Wärmetauscher des Einzylinder-Motors (520 ccm) geführt wird, sorgt aufgrund seiner hohen Brenntempera- ∂ Das Unternehmen ­Sunmachine ­entwickelte einen holzpelletbetriebenen Stirlingmotor mit einer elektrischen Nennleistung von 3 kW ... tur für eine effiziente Brennstoffnutzung. Der bei einem Arbeitsdruck von 33 bar betriebene Stirlingmotor weist laut Herstellerangaben einen elektrischen Wirkungsgrad (= elektrische Arbeit/zugeführte Brennstoffwärmeleistung) von 20 - 25 % bei einem thermischen Wirkungsgrad von 65 - 70 % auf. Um einen effizienten Brennwertbetrieb realisieren zu können, sollte die Rücklauftemperatur bei rund 30 °C liegen. Die maximale Vorlauftemperatur des Stirlingmotors wird mit 85 °C angegeben. Seit Herbst 2006 werden 15 Anlagen pro Woche produziert. Insgesamt waren bis Dezember 2006 rund 50 Anlagen in Betrieb. Bis Ende 2007 soll eine Produktionskapazität von 70 Modulen pro Woche realisiert werden. Der Nettopreis für das Modul (ohne externen Pellet-Speicher) ist bei etwa 23 500 Euro anzusiedeln. Das österreichische Unternehmen Mawera (Hard) greift bei seiner Holzbefeuerten KWK-Anlage auf einen Vierzylinder-Stirlingmotor mit einer elektrischen Leistung von 35 kW zurück, der von Professor Carlsen an der Technischen Universität Kopenhagen entwickelt wurde. Eine aufwendige Forschungsund Entwicklungsarbeit stellte die Konzeption der Feuerungsstätte dar, die von Mawera in Zusammenarbeit mit Bios Bioenergiesysteme GmbH (Graz) entwickelt wurde. Durch die Realisierung einer Hochtemperaturfeuerung (1300 °C) konnten die Voraussetzungen zur Realisierung eines hohen elektrischen Wirkungsgrades geschaffen werden. Um bei derart ho- ∂ ... Wie aus dem Anlagen-Schnittbild ersichtlich, werden die Pellets aus einem Zwischenbehälter (80 l), der von einem Vorratsraum gespeist wird, entnommen und fallen von oben auf den Pelletbrenner. IKZ-Haustechnik · Heft 4 /2007 heizungstechnik ∂ Prototyp eines holzpelletbetriebenen 4-Zylinder-Stirlingmotors mit einer elektrischen Leistung von 1 kW sowie einer thermischen Leistung von 15 kW. Hersteller ist das österreichische Unternehmen Stirling Power Module Energieumwandlungs GmbH mit Sitz in Graz. hen Temperaturen ein Verschlacken des Erhitzer-Wärmetauschers des Stirlingmotors zu verhindern, kommen nur Brennstoffe mit hohem Ascheschmelzpunkt und niedrigen Chlorgehalten infrage. Hierzu zählen insbesondere Hackschnitzel, Sägespäne und Pellets mit einem geringen Anteil an Rinde. Außerdem wird der Erhitzerwärmetauscher mit einem automatischen Abreinigungssystem auf Basis eines Druckluftsystems ausgestattet. Nach dem Wärmetauscher des Stirlingmotors weist das Rauchgas noch eine Temperatur von rund 850 °C auf. Diese wird zur Vorwärmung der Verbrennungsluft genutzt und anschließend über einen Economiser geleitet, der Wärme an das bestehende Heizwasser-Netz abgibt. Die Wärmeabfuhr im Kühler-Wärmetauscher des Stirlingmotors erfolgt durch Vorwärmung des Rücklaufs des Heizwassernetzes. Die erzielbare elektrische Leistung ist auch abhängig von der Rücklauftemperatur. Bei 60 °C kann der Stirlingmotor eine Leistung von 35 kW bringen. Bei tieferen Temperaturen steigt diese Leistung an. Der realisierbare elektrische Wirkungsgrad wird vom Hersteller mit 12 - 18 % angegeben. Nach dem Test von zwei Pilotanlagen werden seit Sommer 2004 Erfahrungen aus dem Betrieb der ersten kommerziellen Kleinserie mit insgesamt acht Modulen in sechs Anlagen (4 x 35 kW, 2 x 70 kW) gesammelt und ausgewertet. Einer der Pilot- Heft 4 /2007 · IKZ-Haustechnik anlagen-Motoren weist inzwischen eine kumulierte Betriebsstunden-Anzahl von mehr als 16 000 Stunden auf. In diesem Jahr sollen weitere Betriebserfahrungen gesammelt und Verbesserungen realisiert werden. Im Jahre 2007 will das Unternehmen die Serienfertigung starten und eine einmodulige 35-kW-Variante sowie eine doppelmodulige 70-kW-Variante anbieten. Die Anlage soll so konzipiert sein, dass der Wartungsaufwand auf eine Inspektion pro Jahr begrenzt ist. Forschung und Entwicklung Neben den zwei vorgestellten Marktreifen BiomasseStirlingmotoren laufen weitere Entwicklungen anderer Unternehmen, die sich noch in der Pilotanlagen-Phase befinden. So berichtet das öster- reichische Unternehmen Stirling Power Module Energieumwandlungs GmbH mit Sitz in Graz von einem Prototypen eines holzpelletbetriebenen 4-Zylinder-Stirlingmotors mit einer elektrischen Leistung von 1 kW sowie einer thermischen Leistung von ∂ 70-kW-Stirlingmotor von Prof. Carlsen (TU Kopenhagen). 15 kW. Seit Kurzem läuft ein Feldtest mit rund 35 Anlagen, der bis Ende April 2008 andauern soll. Nach erfolgreichem Feldtest sollen rund 670 Module pro Jahr produ- Literatur-Tipp Das Mini-Blockheizkraftwerk Eine Heizung, die Ihr Geld verdient Autoren: Wolfgang Suttor, Matthias Johler und Dietmar Weisenberger, 3., neubearbeitete und erweiterte Auflage 2007, 132 Seiten, Format: DIN A5, Preis: 38,00 Euro, Verlag: C. F. Müller Verlag, Hüthig GmbH & Co. KG, ISBN: 978-3-7880-7788-4. Eine Heizung, die Ihr Geld verdient. So lautet der Untertitel dieses Handbuchs, das den Leser über die Funktion und die Vorteile von Mini-BHKWs informieren will. Dazu beschreiben die Autoren fachkundig und nachvollziehbar Technik, rechtliche Grundlagen und Wirtschaftlichkeit von Mini-BHKWs und erläutern die Schritte von der Planung bis zum Betrieb einer derartigen Heizungsanlage. Abgerundet wird die Publikation durch Praxisbeispiele aus dem Wohn- und Gewerbebereich sowie aus öffentlichen Einrichtungen. 39 heizungstechnik ∂ Tabelle 1: Hersteller von holzbefeuerten Mini-Heizkraftwerken. Internet Technologie Leistungsgröße (elektrisch) Voraussichtlich kommerziell verfügbar seit/ab… Sunmachine Mawera Stirling Power Module Hoval Solo Stirling OTAG www.sunmachine.com www.mawera.com www.stirlingpowermodule.com www.hoval.ch www.stirlingengine.de www.otag.de Stirlingmotor Stirlingmotor Stirlingmotor Stirlingmotor Stirlingmotor Dampfmotor 3 kW 35 kW / 70 kW 1 kW 1 kW 2 – 9 kW (Erdgas-Variante) 0,2 – 3 kW (Erdgas-Variante) 2006 2007 2007/2008 2008 Mitte 2008 2007/2008 ziert werden. Der Nettopreis für das Stirlingpowermodul wird ohne Pelletkessel voraussichtlich rund 5000 Euro betragen. Bereits im Jahre 2001 begannen die Testversuche des schweizerischen Unterneh- forscht ebenfalls an einer Bio­ masse-betriebenen Variante des bereits verfügbaren Erdgas-Stirlingmotors (2 - 9 kWel, 8 - 26 kWth). Dabei werden derzeit ein Prototyp mit Holzgas sowie ein Stirlingmotor im Hochtemperatur-Abgasstrom mit einer elektrischen Leistung von 0,2 - 3 kW bei 2 - 16 kW thermischer Leistung. Das Unternehmen OTAG mit Sitz im sauerländischen Olsberg arbeitet derzeit noch an der Entwicklung eines PelletDampfmotors und erwartet eine Markteinführung frühestens Mitte 2007. Derzeit laufen Feldtests mit zwei holzpelletbetriebenen Modulen. Vergütung nach EEG ∂ Die Solo Stirling GmbH forscht ebenfalls an einer biomassebetriebenen Variante des bereits verfügbaren Erdgas-Stirlingmotors (2 - 9 kWel, 8 - 26 kWth). mens Hoval mit Sitz in Feldmeilen mit einem 1-kWelStirlingmotor. Die von Dr. Kammerich entwickelte BetaStirlingmaschine soll als Zusatzgerät (Add-on Lösung) zu den Holzvergasungskesseln der Reihe AgroLyt im Leistungsbereich von 20 - 45 kWth angeboten werden. Derzeit werden sieben Pilotanlagen der zweiten StirlingmotorenGeneration getestet. Eine Markteinführung ist nach Unternehmensangaben für Anfang 2008 geplant. Das Unternehmen Solo Stirling GmbH (Sindelfingen) 40 einer Holzverbrennung als Prototypen getestet. Ob und wieweit eine Serienfertigung dieser Biomasse-Stirlinganlagen angedacht ist, hat das Unternehmen noch nicht entschieden. Vor Mitte 2008 wird aber laut Unternehmensangaben kein biomassebefeuerter Stirlingmotor angeboten. Ebenso in der Entwicklung befindet sich eine holzpelletbetriebene Variante des seit dem Jahre 2006 auf dem Markt befindlichen Lion Powerblocks, einem erdgasbetriebenen Mini-Dampfmotor wachsender Rohstoff gemäß EEG darstellt, laufen Untersuchungen, inwieweit und zu welchen Kosten Waldrestholz pelletiert werden kann. Gegebenenfalls werden zukünftig aufgrund der deutlich höheren EEG-Vergütungssätze auch NawaRo-Pellets auf dem Markt angeboten. ∂ @ Internetinformationen: www.bhkw-consult.de www.bhkw-infozentrum.de Nach dem ErneuerbareEnergien Gesetz (EEG) erhalten alle KWK-Anlagen bis zu einer elektrischen Leistung von 150 kW eine Grundvergütung von derzeit 10,99 Cent je Kilowattstunde Strom. Hinzu kommt bei Nutzung der abgegebenen Wärme ein KWK-Bonus sowie ein Technologiebonus für die Nutzung innovativer Technologien (Stirling-/Dampfmotor) in Höhe von jeweils 2 Cent/ kWh. Daher ist die Vergütung für holzbefeuerte Mini-Heizkraftwerke bei 14,99 Cent anzusiedeln. Werden zur Befeuerung der Biomasse-Anlage nachwachsende Rohstoffe (NawaRo) gemäß den Bestimmungen des EEG verwendet, wie dies z. B. bei Waldrestholz der Fall ist, wird ein zusätzlicher Bonus in Höhe von 6 Cent/kWh gewährt. Maximal beträgt die Stromvergütung demnach 20,99 Cent/kWh. Da Rest- und Abfallholz aus Sägewerken, welches u. a. für die Herstellung von Pellets genutzt wird, kein nach- IKZ-Haustechnik · Heft 4 /2007