Grosser Rat - beim Kanton Aargau

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Art. 1703-1705
13. Januar 2004
123. Sitzung
13. Januar 2004, 09.00 Uhr
Vorsitzende:
Barbara Roth, Erlinsbach
Protokollführer:
Marc Pfirter, Staatsschreiber
Tonaufnahme/Redaktion:
Norbert Schüler
Präsenz:
Anwesend 187 Mitglieder
Abwesend mit Entschuldigung 13 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Amacher Dzung Ruth, Wettingen; Burgherr-Leu Thomas,
Wiliberg; Egger-Wyss Esther, Obersiggenthal; Emmenegger Kurt, Baden; Favre-Bitter
Bernadette, Wallbach; Flückiger Ernst, Oftringen; Forrer Walter, Oberkulm; Guignard
Marcel, Dr., Aarau; Keller Rudolf, Oberflachs; Lüscher-Grieder Adolf, Oberentfelden;
Ungricht Gusti, Kindhausen; Weiersmüller-Scheuzger Susanne, Buchs; Werthmüller Ernst,
Holziken
Vorsitzende: Ich begrüsse Sie herzlich zur 123. Sitzung der
laufenden Legislaturperiode.
1703 Mitteilungen
Vorsitzende: Wir hatten seit der letzten Sitzung im
Dezember 2 Todesfälle zu beklagen. Es wurde uns
mitgeteilt, dass am 28. Dezember 2003 Herr Paul FischerAngstmann, Neuenhof, im 77. Lebensjahr verstorben ist.
Herr Fischer war langjähriger Gemeindeammann von
Neuenhof und gehörte als Mitglied der SP-Fraktion dem
Grossen Rat von 1971-1992 an.
Kurz vor Vollendung des 81. Lebensjahrs ist am 5. Januar
2004 Herr Hans Rudolf Baumann-Hunziker, Kirchleerau,
früher Reinach, gestorben. Als Mitglied der LDU-Fraktion
gehörte Herr Baumann dem Grossen Rat von 1961-1973 an.
Wir haben den Angehörigen der beiden Verstorbenen ein
Kondolenzschreiben zugesandt und entbieten ihnen auch an
dieser Stelle unsere herzliche Anteilnahme!
Mit Schreiben vom 12. Januar 2004 teilt uns Herr Dr.
Wendolin Stutz mit: "Im Hinblick auf die 2. Lesung des
Umwandlungsgesetzes für die AKB möchte ich Ihnen zu
Handen des Grossen Rates vorankündigen, dass ich bei der
Neuwahl der Bankorgane im April 2005 als Bankpräsident
nicht mehr zur Verfügung stehe, unabhängig von der
dannzumaligen Rechtsform unserer Bank. Ich habe im
vergangenen Dezember mein 65. Altersjahr vollendet. Im
Frühjahr 2005 endet mein 12. Amtsjahr als Präsident der
AKB und es beginnt eine neue Amtsperiode oder die neue
Zeit als Aktiengesellschaft. So oder so nehme ich an, der
Zeitpunkt sei dann für mich richtig, die Leitung des
Bankrates oder des Verwaltungsrates jüngeren Händen zu
überlassen. Mit der frühzeitigen Vorankündigung will ich
den Weg formell frei machen für die notwendigen
Nachfolgeüberlegungen. Sie sollen ohne Zeitdruck möglich
sein! Ich verbleibe mit dem Ausdruck meiner vorzüglichen
Hochachtung, Dr. Wendolin Stutz."
1704 Neueingänge
1. Gemeinde Jonen; Bauzonenplan, Kulturlandplan, Bauund Nutzungsordnung; Genehmigung. Vorlage des
Regierungsrats vom 17. Dezember 2003. - Geht an die Bauund Planungskommission.
2.
Anpassung des
Richtplans;
Anpassung des
Siedlungstrenngürtels (Kapitel S 2.2) und Aufwertung des
Vernetzungskorridors (Kapitel L 3.3, Beschluss 1.3) in
Jonen. Vorlage des Regierungsrats vom 17. Dezember 2003.
- Geht an die Bau- und Planungskommission.
3. Stadt Zofingen, Ortsteil Mühlethal; Bauzonen- und
Kulturlandplan, Änderungen 2002; Genehmigung. Vorlage
des Regierungsrats vom 17. Dezember 2003. - Geht an die
Bau- und Planungskommission.
1705 Interpellation der CVP-Fraktion betreffend
weltweiten Terrorismus und Lage im Kanton Aargau;
Einreichung und schriftliche Begründung
Von der CVP-Fraktion
eingereicht:
wird folgende Interpellation
Text und Begründung:
Die jüngste Entwicklung belegt es: Es ist offensichtlich,
dass weltweit tätige Terrororganisationen auch in der
Schweiz Ableger haben. Damit sind sie in der Lage, auch
unsere Bevölkerung und Einrichtungen des Landes und
damit im Kanton Aargau zu schädigen.
Wir danken dem Regierungsrat für die Beantwortung
folgender Fragen:
1. Welche Lagebeurteilung nimmt der Regierungsrat vor?
Teilt er die steigende Angst in der Bevölkerung?
2. Wer beschäftigt sich mit den angesprochenen Problemen
im Kanton Aargau? Verfügt der Kanton über die
notwendigen finanziellen, strukturellen und personellen
Mittel?
2655
15. November 1994
Art. 770
3. Sind die Verbindungen zum Bund sichergestellt und
4. Funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Kanton,
Gemeinden und Bevölkerung (Polizei, Bevölkerungsschutz,
Grenzwacht/Zoll, Armee)?
5. Sieht sich der Regierungsrat veranlasst, angesichts der
immer raffinierten und vernetzteren Aktivitäten von
Terroristen, aber auch von Gangsterbanden, das Konzept
"Horizonte" mit dem Verlust einer "Polizei in einer Hand"
einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen?
6. Kann sich die Bevölkerung auf Planungen und präventive
Konzepte für den Ernstfall verlassen?
1706 Interpellation der CVP-Fraktion betreffend
Platzierung von bedeutenden Bundesämtern im Kanton
Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von der CVP-Fraktion
eingereicht:
wird folgende Interpellation
Text und Begründung:
Bei der Vergabe von wichtigen Bundesämtern war bis heute
dem Kanton Aargau etwa im Gegensatz zu den Kantonen St.
Gallen oder Tessin wenig Glück beschieden. Die
Dezentralisierung schreitet fort, wie Medienmitteilungen zu
entnehmen ist.
Wir danken dem Regierungsrat für die Beantwortung der
folgenden Fragen:
1. Hat der Regierungsrat Kenntnis von den Plänen des
Bundes? Trifft es zu, dass weitere Kantone zwischenzeitlich
Nutzniesser geworden sind?
2. Geht der Bund bei "Ausschreibungen" aktiv auf die
Kantone zu oder spielen andere Mechanismen?
3. Ist der Regierungsrat willens, angesichts der Bedeutung
des Kantons aufgrund seiner Grösse respektive
Einwohnerzahl, seiner zentralen Lage und seiner guten
Erschliessung mit Strasse und Bahn sich mit voller Kraft
nachhaltig in Bern einzusetzen, damit unser Kanton in dieser
Frage nicht weiter Zuschauer bleibt?
4. Wirken allenfalls die beschränkten finanziellen Mittel des
Kantons bremsend auf das Verhalten der Regierung?
genügend?
Sendeleistungen. Da die Sendeleistungen in dicht
besiedelten Gebieten nicht beliebig erweitert werden
können, prüfen die Betreiber vermehrt Mikrozellen (u.a.
"Omnidirectionalantennen"). Trotz wesentlich geringer
Sendeleistungen können die Mikrozellen je nach Platzierung
für die Bevölkerung vergleichbare Immissionen wie eine
GSM-Anlage aufweisen. Da Mikrozellen nicht unter den
Anlagebegriff im Sinne von Art. 62 Abs. 1 des Anhangs 1
zur NISV fallen, ist davon auszugehen, dass - zumindest
teilweise - Mikrozellen bis anhin ohne ordentliche
Baubewilligungsverfahren erstellt worden sind. Betreffend
ein Gesamtkonzept für Mikrozellen ist die Pflicht zur
Koordination von Mikrozellen verschiedener (oder auch des
gleichen) Mobilfunkanbieter(s) innerhalb der Bauzonen
weder im Bundesrecht noch im kantonalen Recht geregelt.
Mit wegweisendem Urteil vom 10. April 2003 hat das
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden nun
festgestellt, dass Mobilfunkanlagen und -antennen mit
weniger als 6 WERP (maximale Sendeleistung in Watt) so
genannte Mikrozellen zwar vom Geltungsbereich von Anh.
1 NISV ausgenommen sind. Auch für sie gelten jedoch Art.
4 Abs. 2 NISV für die Vorsorge und Art. 5 i.V.m. Anh. 2
NISV für verschärfte Massnahmen. Auch sind sie als Bauten
und Anlagen im Sinne des RPG zu qualifizieren, weshalb
die
Durchführung
eines
formellen
Baubewilligungsverfahrens als geboten erscheint. (...).
(Umweltrecht in der Praxis, Seite 852 ff., VUR Dezember
2003).
Auf Grund der möglichen Immissionen (GSM-, UMTS- und
WLL-Anlagen) und der erforderlichen Dichte der
Mikrozellen besteht zweifelsohne ein öffentliches Interesse,
dass Mikrozellen koordiniert geplant und bewilligt werden.
Hieraus ergeben sich folgende Fragen:
1. Wie ist im Aargau das Bewilligungsverfahren für
Mikrozellen geregelt?
2. Wie kann im Aargau sichergestellt werden, dass
Mikrozellen
nach
einheitlichen
Standards
einem
Baubewilligungsverfahren unterzogen werden?
3. Bestehen im Aargau rechtliche Grundlagen, welche es
den Gemeinden ermöglichen würden, ein Gesamtkonzept
für Mikrozellen zu fordern?
4. Sieht der Regierungsrat die Möglichkeit und den Bedarf,
um die rechtlichen Grundlagen hierfür zu schaffen?
1707 Interpellation Emanuele Soldati, SP, Staufen,
betreffend Mobilfunkanlagen und -antennen mit weniger
als 6 Watt maximaler Sendeleistung (so genannten
"Mikrozellen"); Baubewilligungspflicht und rechtliche
Grundlagen für ein Gesamtkonzept; Einreichung und
schriftliche Begründung
1708 Interpellation Niklaus Stöckli, SP, Klingnau,
betreffend die Darstellung der Stundenlöhne von
Lehrpersonen in der Publikation "Orts- und
berufsübliche Mindestlöhne" des AWA; Einreichung
und schriftliche Begründung
Von Emanuele Soldati, SP, Staufen,
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird
Interpellation eingereicht:
Von Niklaus Stöckli, SP, Klingnau, und 28
mintunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende
Interpellation eingereicht:
und 22
folgende
Text und Begründung:
Text und Begründung:
Die Betreiber von Mobilfunkanlagen bereiten sich auf die
neue Generation von Mobilfunkanlagen vor. Die UMTSAnlagen bedürfen in der Regel wesentlich höherer
Das Amt für Wirtschaft und Arbeit gab Ende 2003 die
Dokumentation "Orts- und berufsübliche Mindestlöhne" he-
2656
123. Grossratssitzung vom 13. Januar 2004 (Vormittag) / 1. Entwurfexemplar vom 16. Februar 2004
raus. Es ist dies eine inhaltlich sehr umfassende und damit
äusserst nützliche Publikation, die schweizweit Beachtung
Bei der Darstellung der Löhne der aargauischen
Lehrpersonen wurde allerdings ein verhängnisvoller Fehler
begangen. Um den Lohn pro Arbeitsstunde zu bestimmen,
ging der Autor der Publikation von einer Anzahl von
wöchentlichen Arbeitsstunden aus, die der Zahl der
Pflichtlektionen entspricht, und errechnete auf diese Weise
für die Lehrpersonen Stundenlöhne, die massiv zu hoch sind
und der Realität in keiner Weise entsprechen.
Der gewählte Ansatz ist selbstverständlich falsch. Die
Pflichtlektionen sind eine bestimmte Arbeitsleistung der
Lehrpersonen, nebst vielen anderen. Die Zeit, die für deren
Erfüllung benötigt wird, ist logischerweise nur ein Anteil
der gesamten Arbeitszeit der Lehrpersonen. Wie bekannt ist,
regelt das GAL sowohl den Arbeitsauftrag als auch die
Jahresarbeitszeit, die derjenigen des Staatspersonals
entspricht. Die wichtigen Studien über die Arbeitszeit von
Lehrpersonen (LCH, Kanton Zürich) zeigen, dass dieser
Ansatz knapp genügt, um den Arbeitsauftrag der
Lehrpersonen zu erfüllen.
Die falsche Darstellung der Stundenlöhne für Lehrpersonen
wurde in den Medien stark beachtet und diente zum Teil als
offizielle Bestätigung des Vorurteils, die Arbeitszeit der
Lehrpersonen liege deutlich unter der in anderen Berufen
üblichen. Es ist bekannt, dass dieses Vorurteil ein wichtiger
Grund ist, dass junge Menschen den Lehrberuf meiden.
Ebenso ist bekannt, dass es zu wenige Lehrpersonen gibt.
Es liegt deshalb im Interesse des Kantons Aargau, dass in
der Öffentlichkeit eine korrekte Information und somit eine
korrekte Vorstellung über die Arbeitsbedingungen der
Lehrpersonen herrschen. Dies ist nicht zuletzt auch deshalb
wichtig, weil die Öffentlichkeit die Schule finanziert.
Daraus ergeben sich folgende Fragen:
1. Warum setzt das AWA für die Lehrpersonen eine
bestimmte Arbeitsverpflichtung - das Abhalten einer
bestimmten Anzahl von Lektionen - mit der Arbeitszeit
gleich?
2. Ist die Regierung auch der Ansicht, dass für die
Errechnung der Stundenlöhne der Lehrpersonen der Ansatz
des GAL Geltung haben muss?
3. Wie gedenkt die Regierung, die falsche Information über
die Stundenlöhne von Lehrpersonen richtig zu stellen?
4. Ist die Regierung auch der Ansicht, dass es generell im
Interesse der Schule liegt, dass in der Öffentlichkeit korrekte
Vorstellungen
über
die
Arbeitsbedingungen
der
Lehrpersonen herrschen?
5. Was gedenkt die Regierung vorzukehren, um in der
Öffentlichkeit ein realitätsnahes Bild über die Arbeitszeit
und die Arbeitsbelastung der Lehrpersonen zu vermitteln?
1709 Irène Dössegger-Heuberger, SVP, Seon, Monika
Hirschi, SP, Mandach, und Brunette Lüscher, SVP,
Magden; Inpflichtnahme als Mitglieder des Grossen
Rates
erhält.
Frau Irène Dössegger-Heuberger, SVP, Seon, (anstelle von
Regula Siegrist, Meisterschwanden) Frau Monika Hirschi,
SP, Mandach, (anstelle von Marcel Züger, Umiken) und
Frau Brunette Lüscher, SVP, Magden, (anstelle von Ernst
Frey, Kaiseraugst) werden in Pflicht genommen.
1710 Zur Traktandenliste
Vorsitzende: Hierzu liegt ein Antrag vor.
Dr. Andreas Binder, CVP, Baden: Ich habe einen
ausnahmsweise nichtpolitischen Antrag und es ist deshalb
einer, den man wirklich auch sachlich beurteilen kann. Ich
stelle den Antrag zu Traktandum 4, die Wahl eines
Kantonalen
Untersuchungsrichters
sei
von
der
Traktandenliste abzusetzen. Die Wahlvorschläge des Büros
seien der Justizkommission zur Überprüfung und
Antragstellung an den Grossen Rat zu unterbreiten.
Zur Begründung: Wir haben vor einigen Jahren bekanntlich
entschieden, dass wir die Oberrichterwahlen entpolitisieren,
versachlichen und in ein professionelles und objektives
Verfahren bringen wollen. Dieser Massstab, den wir zu
Recht für Oberrichterstellen angelegt haben, muss meines
Erachtens auch für vergleichbar wichtige Stellen in der
Justiz des Kantons Aargau gelten. "Kantonaler
Untersuchungsrichter" ist zweifellos ein Amt, das diesem
Massstab entsprechen muss. Bedenken Sie, was die Aufgabe
des Kantonalen Untersuchungsrichteramtes ist: sämtliche
Straffälle, die sehr komplex sind, werden nicht durch die
Bezirksämter,
sondern
durch
die
Kantonalen
Untersuchungsrichter
und
Untersuchungsrichterinnen
durchgeführt. Nur ein kleines Beispiel, damit Sie die
Tragweite und Wichtigkeit dieser Arbeit kennen: Wenn die
Swissair ihren Sitz nicht im Kanton Zürich, sondern im
Kanton Aargau gehabt hätte, dann würden all diese
strafrechtlich hochkomplexen Abklärungen bezüglich des
Swissairdebakels
durch
den
Kantonalen
Untersuchungsrichter durchgeführt werden. Ich glaube,
dieses Beispiel ist Beleg genug, dass wir es hier mit einer
wichtigen Wahl zu tun haben. Und wir wissen, dass heute
keine politische Komponente drin ist. Beide Kandidaten, die
vom Büro vorgeschlagen werden, gehören der SVP an bzw.
sympathisieren mit der SVP. Hand aufs Herz: Gestützt auf
diese Unterlagen, diese A4-Blätter, die wir bekommen
haben, und gestützt vielleicht auf eine 5 oder 10 minütige
Befragung in den Fraktionen ist es schlicht unmöglich,
zwischen diesen beiden Kandidaturen auszuwählen, welche
davon die qualifiziertere ist. Ich glaube, wir sind es uns
schuldig, hier die richtige Person zu wählen. Ich bitte Sie,
meinem Antrag zuzustimmen!
Rolf Urech, FP, Hallwil: Ich bitte Sie, diesen Antrag
abzulehnen! Wir haben dieses Verfahren mit der
Justizkommission für die Oberrichterstellen gewählt. Alle
anderen Stellen sollen wie bis anhin normal gewählt werden.
Oder wollen Sie dann bei den Neuwahlen 80 Stellen der
Justizkommission zur Vorprüfung übertragen? Ich bitte Sie,
diesen Antrag heute abzulehnen und die Wahl so
durchzuführen, wie sie vorgeschlagen wurde!
2657
13. Januar 2004
Art. 1706-1708
Markus Leimbacher, SP, Villigen: Ich bin etwas auf dem
linken Fuss erwischt worden mit diesem Antrag von Herrn
Dr. Binder. Ich will mich auch nicht direkt zum Antrag
äussern, sondern Folgendes zu bedenken geben: Wenn wir
auch bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten in
Zukunft machen. Wir hätten dies nicht nur bei den
Neuwahlen, sondern auch bei den Wiederwahlen zu
machen. Der Aufwand würde sehr gross!
das Vorgehen - Vorprüfung durch die Justizkommission hier
bei
den
Untersuchungsrichterinnen
und
Untersuchungsrichtern machen, dann müssten wir das
konsequenterweise
Untersuchungsrichter und Untersuchungsrichterinnen dem
Departement des Innern zugewiesen und unterstellt sind,
dass wir auch gut qualifizierte Leute zur Wahl vorschlagen
können.
Zudem sind m.E. die beiden vorgeschlagenen Personen
Kohler und Fedier nur eine Auswahl von verschiedensten
Bewerbungen, ich weiss nicht, wie viele es waren, da bitte
ich den Herrn Innendirektor dies noch zu sagen. Wenn Sie
nun heute entscheiden, hier ein Vorprüfungsverfahren zu
machen, so wären wohl alle diese Bewerbungen
einzubeziehen.
Es wurden ungefähr 20 Bewerbungen - ich bitte Sie, mich
nicht darauf zu behaften - eingereicht. Sämtliche
Bewerbungsdossiers standen dem Büro zur Verfügung.
Auch der Regierungsratsentscheid wurde dem Büro
unterbreitet und dieses konnte entsprechend diese Vorakten
genau überprüfen und daraus auch die entsprechenden
Entscheide fällen.
Ferner habe ich noch eine Frage an den Herrn Innendirektor:
Ich wäre froh zu wissen, auf welche Art und Weise und mit
welcher Vorprüfung die Regierung diese beiden Leute
ausgewählt hat.
Wenn Sie aber jetzt das Verfahren noch einmal der
Justizkommission zuweisen, dann machen Sie etwas, was
rechtlich bisher nicht vorgesehen ist und was auch in den
Rechtsgrundlagen so nicht verankert ist. Man müsste also
zunächst die entsprechenden Rechtserlasse ändern und das
Pflichtenheft der Justizkommission anpassen, weil da ganz
klar aufgeführt ist, was die Aufgabe der einzelnen
Kommission
ist.
Die
Vorprüfung
von
Untersuchungsrichterinnen und Untersuchungsrichtern ist
nicht vorgesehen. Ich bitte Sie, diese Wahl heute
vorzunehmen!
Dr. Andreas Binder, CVP, Baden: Nur eine kleine Replik zu
Herrn Leimbacher: Der Aufwand ist genau gleich, ob das
Büro diesen Aufwand betreibt oder die Regierung oder die
Justizkommission. Es geht doch darum, dass wir
Transparenz schaffen und dass wir jene Kommission die
Arbeit machen lassen wollen, von der wir wissen, dass sie
geeignet dafür ist. Das ist in diesem Fall die
Justizkommission. Ich sehe nicht ein, warum die Oberrichter
durch eine andere Instanz vorevaluiert und ausgewählt
werden sollen als die anderen wichtigen Stellen.
Selbstverständlich gehören auch die Staatsanwälte in diese
Kategorie. Ich bitte Sie, meinem Antrag zuzustimmen, er ist
nichts als konsequent!
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren
Wortmeldungen dazu vor.
Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: In einem Punkt
stimme ich Herrn Binder zu: es ist eine wichtige Wahl, die
Sie vornehmen. In allen anderen Punkten muss ich ihn
erstens auf die Rechtslage aufmerksam machen und
zweitens klarstellen, wie das Vorverfahren abgelaufen ist.
Die Wahl eines Untersuchungsrichters oder einer
Untersuchungsrichterin geschieht auf Vorschlag des
Regierungsrates. Gesetzlich ist das so festgelegt.
Dementsprechend hat der Regierungsrat natürlich einen
klaren Auftrag, die entsprechenden Wahlvorbereitungen
sorgfältig
vorzunehmen,
d.h.
die
eingegangenen
Bewerbungen
zu
prüfen,
entsprechende
Vorstellungsgespräche durchzuführen, eben das gesamte
Auswahlverfahren sorgfältig durchzuführen. Das ist auch
dementsprechend durch das Departement des Innern
geschehen und zwar unter Beizug von fachlich
ausgewiesenen Kräften. Beispielsweise hat auch der 1.
Untersuchungsrichter
bei
dieser
Vorevaluation
teilgenommen. Er konnte damit auch klar beurteilen, was die
fachliche Befähigung anbelangt. Aufgrund dieses
Vorverfahrens hat dann das Departement des Innern einen
Vorschlag ausgearbeitet zu Handen der Regierung und diese
hat entsprechend den Vorschlag dem Grossen Rat zugeleitet.
Das ist das übliche, bisher angewandte Verfahren, das auch
bisher durchaus Klarheit geschaffen hat. Ich bürge hier
dafür, dass wir dieses Vorwahlverfahren sorgfältig
durchführen. Wir sind ja daran interessiert, weil nachher die
2658
Vorsitzende: Herr Dr. Andreas Binder, Baden, beantragt
dem Grossen Rat, Traktandum 4, Wahl eines kantonalen
Untersuchungsrichters, von der Traktandenliste abzusetzen.
Abstimmung:
Der Antrag Dr. Binder wird mit grosser Mehrheit,
gegenüber 27 Stimmen, abgelehnt.
Vorsitzende: Wir behandeln die Geschäfte somit gemäss
vorliegender Traktandenliste.
1711 Kommissionswahlen in ständige Kommissionen;
Kenntnisnahme
Gemäss schriftlicher Mitteilung hat das Büro an seiner
Sitzung vom 6. Januar 2004 gestützt auf § 12 Abs. 1 des
Geschäftsverkehrsgesetzes folgende Wahlen in eigener
Kompetenz (unter Vorbehalt von § 12 Abs. 4 des
Geschäftsverkehrsgesetzes) vorgenommen:
- Geschäftsprüfungskommission
Wahl von Josef Baur, Villmergen (anstelle von Ernst Frey,
Kaiseraugst)
- Bau- und Planungskommission
Wahl von Brunette Lüscher, Magden (anstelle von Regula
Siegrist, Meisterschwanden)
- Kommission für Umwelt und Gewässer
Wahl von Peter Jean-Richard, Aarau (anstelle von Marcel
Züger, Umiken)
Vorsitzende: Wird hierzu das Wort aus der Mitte des Rates
verlangt? Das ist nicht der Fall. Wir nehmen von diesen
Kommissionswahlen Kenntnis.
Art. 1709-1710
1712 Kommissionswahlen
in
Kommissionen; Kenntnisnahme
13. Januar 2004
nichtständige
Gemäss schriftlicher Mitteilung hat das Büro an seiner
Sitzung vom 6. Januar 2004 gestützt auf § 12 Abs. 2 des
Geschäftsverkehrsgesetzes folgende Wahlen in eigener
- Nichtständige Kommission "Personalvorlagen"
Wahl von Irène Dössegger-Heuberger, Seon (anstelle von
Ernst Frey, Kaiseraugst)
- Nichtständige Kommission "GAL"
Wahl von Brigitte Müller-Kaderli, Ennetbaden (anstelle von
Martin Bhend, Oftringen)
Vorsitzende: Wird hierzu das Wort aus der Mitte des Rates
verlangt? Das ist nicht der Fall. Wir nehmen von diesen
Kommissionswahlen Kenntnis.
1713 Voranschlag
2004;
Beginn
der
Eintretensdiskussion; Entlastungsmassnahmen 2003 mit
Dekret I zu den Entlastungsmassnahmen 2003 und
Grossratsbeschluss
zur
Verlagerung
der
Investitionskosten der neuen Haltestelle Mellingen
Heitersberg von der Verwaltungsrechnung zur
Strassenrechnung
(Vorlagen vom 24. September 2003 und 15. Oktober 2003
des Regierungsrates samt Änderungsanträgen vom 24.
November 2003 und 11. Dezember 2003 der
Staatsrechnungskommission)
Vorsitzende: Bevor wir mit diesem Geschäft beginnen, führe
ich aus, wie wir den Beratungsablauf der Geschäfte
Voranschlag 2004 und Entlastungsmassnahmen 2003
vorgesehen haben: Nach meiner Einführung spricht vor dem
Präsidenten der SRK der Herr Regierungsrat Peter C.
Beyeler zur nochmaligen Begründung der Beweggründe, die
den Regierungsrat zu den zur Behandlung stehenden
Vorlagen geführt haben und wie die Beschlüsse des Grossen
Rates zu beurteilen sind.
Zur Detailberatung schlage ich Ihnen folgenden
Beratungsablauf vor: Wir werden departementsweise zuerst
über die Entlastungsmassnahmen grüne Synopse, dann über
die vorliegenden Anträge der SRK blaue Synopse und zum
Dritten, allfällige weitere Anträge aus dem Plenum zu den
einzelnen
Konti
beraten.
Die
mit
den
Entlastungsmassnahmen in Zusammenhang stehenden
Dekretsänderungen, das Geschäft 03.273 gelbe Synopse,
werden
wir
anlässlich
der
Beratung
der
Entlastungsmassnahmen A und B1 beraten, d.h. das Dekret
über die Grundbuchgebühren Massnahme A/DI 3, Dekret
über die Beteiligung von Kanton und Gemeinden an den
Kosten des Öffentlichen Verkehrs: Massnahme B1/BD 2,
sowie die Verlagerung der Investitionskosten der neuen
Haltestellen
Mellingen
Heitersberg
von
der
Verwaltungsrechnung zur Strassenrechnung, Massnahme
B1/BD 3.
In diesem Beratungsablauf sehen wir 2 Ausnahmen vor:
Bevor wir in der Detailberatung das Departement
Staatskanzlei in Angriff nehmen, schlage ich vor, über Ziffer
7, Kantonale Justizbehörden, zu beraten und zu befinden,
damit der jeweils bei der Beratung anwesende Präsident des
Kompetenz (unter Vorbehalt von § 12 Abs. 4 des
Geschäftsverkehrsgesetzes) vorgenommen:
- Nichtständige Kommission "WOV"
Wahl von Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, Windisch (anstelle
von Ernst Frey, Kaiseraugst)
Obergerichts, Herr Rudolf Schmid, während unseren beiden
Sitzungstagen nicht abrufbereit zur Verfügung stehen muss.
Zweite Ausnahme: Nebst unserem finanziellen Entscheid
haben wir zur Fachhochschule Aargau Nordwestschweiz
über die Leistungsvereinbarung und das Globalbudget zu
entscheiden. Damit wir unsere Beratungen zur
Fachhochschule nicht an 3 verschiedenen Stellen, nämlich
anlässlich des Entlastungsmassnahmenpakets, der Anträge
der SRK und Leistungsvereinbarung Globalbudget zur
Fachhochschule abhalten, schlage ich Ihnen vor, über alle 3
Bereiche am Schluss der Detailberatung des Departements
Bildung, Kultur und Sport zu befinden. Nach Abschluss der
Detailberatung werden wir über die Hauptanträge 2-7
"weisse Sy-nopse" befinden. Ziel unserer 2-tägigen
Budgetdebatte ist und bleibt die Beratung des Voranschlags
2004 sowie der Entlastungsmassnahmen B2 und C.
Während den letzten Monaten und während der letzten
Sitzung habe ich Sie immer wieder darauf hingewiesen, dass
nebst den persönlichen Zuschriften, die Sie alle als
Grossrätinnen
und
Grossräte
zu
den
Entlastungsmassnahmepaketen erhalten haben, verschiedene
Unterschriften zu Handen des Grossen Rates an das
Präsidium gerichtet wurden. Wir haben diese Unterschriften
etwas
nachgezählt.
Zu
Petitionen
gegen
die
Entlastungsmassnahmen im Bereich "Textiles Werken"
sowie zur Erhöhung der Schülerzahlen wurden beim
Grossratspräsidium über 61'500 Unterschriften eingereicht.
Heute Morgen wurden ausserdem der Ratsleitung seitens der
Vertreterinnen und Vertreter und der Bevölkerung der
Region Brugg und des Bezirksspitals Brugg über 22'000
Unterschriften eingereicht. Mit der Beschlussfassung des
Grossen Rates über diese Entlastungsmassnahmen sind diese
Petitionen bzw. diese Anliegen beantwortet, d.h. somit
erledigt. Es besteht keine Möglichkeit für die Petitionäre
und Petitionärinnen, eine einzelne Antwort auf ihre
Petitionen zu erhalten.
Wir kommen nun zur Eintretensdebatte bzw. zunächst zu
einem Grundsatzreferat des Herrn Landammanns.
Landammann Peter C. Beyeler, FDP: Im Namen des
Regierungsrates möchte ich der allgemeinen Aussprache
einige Bemerkungen voranstellen, die im Zusammenhang
mit der heutigen Budgetdebatte von grosser Wichtigkeit
sind. Der Grosse Rat hat in den vergangenen Jahren immer
wieder gefordert, die Budgetdebatte sei zwingend vor dem
Hintergrund der Finanzplanung und in Kenntnis der
finanziellen Mittel und langfristigen Perspektiven unseres
Kantons zu führen. Diese Vorgaben hat der Regierungsrat in
diesem Jahr eingehalten und in der Konsequenz ein Paket
mit den Entlastungsmassnahmen vorgelegt. Anders als in
anderen Jahren beraten Sie also demzufolge nicht nur das
Budget 2004, sondern Sie stimmen auch über die
Entlastungsmassnahmen,
die
Vorgaben
für
die
Finanzentwicklung in den nächsten Jahren, mit denen wir
unter Voraussetzungen den mittelfristigen Ausgleich des
Staatshaushaltes umsetzen können.
2659
13. Januar 2004
Der Regierungsrat ersucht Sie, die notwendigen
Voraussetzungen
und
Zusammenhänge
in
Ihren
Entscheidungen zu beachten, denn nur wenn die
Entlastungsmassnahmen voll greifen, lassen sich die
finanzpolitischen Ziele für die Folgejahre erreichen und der
Voranschlag 2004 in der vorliegenden Fassung realisieren.
Für die Beratung der beiden Vorlagen legt Ihnen der
Regierungsrat nahe, die nachfolgenden 4 Problembereiche
noch
einmal
zu
vergegenwärtigen
und
die
Lösungsvorschläge der Regierung aufzunehmen!
Altlasten - Lehrerpensionskasse, SMDK Kölliken konsequent zu sanieren. Das kostet uns weit über 1 Milliarde
Franken, die wir in den nächsten 10-15 Jahren finanzieren
müssen. Konkret heisst dies, wenn wir die Ertragsanteile der
Schweizerischen Nationalbank und die Gewinnausschüttung
aus dem Verkauf der Goldreserven durch die Nationalbank,
aber
auch
die
Beteiligungserlöse
für
diese
Sonderfinanzierung verwenden, so wird uns dadurch der
Handlungsspielraum für zukunftsgerichtete Massnahmen
massiv eingeschränkt. Wir, der Kanton Aargau, stehen in
Konkurrenz. Andere Kantone, die keine gleichartigen
Sanierungen zu verkraften haben, werden diese Erträge
unter anderem für die Verbesserung ihrer Standortqualität zu
nutzen wissen, was unseren Kanton benachteiligen kann.
Wir alle sind daher verpflichtet, die finanzpolitischen Ziele
so zu definieren, dass sie diesen Effekt abschwächen und
nicht durch zu restriktive Massnahmen noch unterstützen.
Nebst diesen endogenen Faktoren sind es auch exogene
Faktoren, die den Staatshaushalt in der mittelbaren Zukunft
weiter belasten. Mit dem Entlastungspaket 2003 des Bundes
sind wir konfrontiert und schon wird ein zweites, das
Entlastungspaket 2004, mit 2,5 Mia. Franken geschnürt.
Auch die Einführung des neuen Finanzausgleichs, sofern
dies das Volk auch will, wird uns bald weiter belasten und
zwar markant. Ebenso wird das neue Steuerpaket des
Bundes Einschnitte auf der Einnahmenseite geben, was
unseren Staatshaushalt nochmals belasten wird und
schlussendlich verschlechterte sich unsere Einnahmeseite
durch die Erhöhung des Finanzkostenindex ebenfalls
markant. Aus der Sicht der Regierung zwingt diese
Ausgangslage alle Verantwortungsträger klar zu einer
Gesamtbeurteilung, in der die Sachbezogenheit und nicht
das Prinzip regieren muss und in der die Chancen, aber auch
die Risiken des Kantons Aargau sehr klug abzuwägen sind.
2. Das strukturelle Ausgabenwachstum: Es trifft zu, dass wir
seit Jahren ein stetiges Ausgabenwachstum haben. Dies
findet - und das ist das Spezielle - in wesentlichen Teilen in
Kernbereichen des Staates statt, deren Finanzierung nicht im
direkten Einflussbereich der Regierung liegt. Ursache ist
vorab die demografische Entwicklung, welche die
Staatsaufgaben und die finanziellen Grundlagen verändert.
Es sind aber auch viele gesetzliche, auch vom Bund
vorgegebene und gebundene Ausgaben und markante
gesellschaftliche
Entwicklungen,
die
das
Ausgabenwachstum verursachen. Denken Sie etwa an die
per Gesetz zu leistenden Sozialkosten, die steigenden
Sicherheitsbedürfnisse, die steigenden Anforderungen an die
Bildung, die Ausgaben für den Verkehr, eine Konsequenz
unserer Mobilität! Es sind aber auch lange aufgeschobene,
dringende Investitionen, die uns nun einholen. Das damit
zusammenhängende Ausgabenwachstum kann nur nivelliert
oder gesenkt werden, wenn bei Beschränkung der
Einnahmenseite Politik und Gesellschaft bereit sind, das
heutige Leistungsniveau zu nivellieren bzw. auch qualitative
2660
Art. 1711-1712
1. Die veränderte Ausgangslage: Wir haben insbesondere
gegenüber dem Beginn der laufenden Legislaturperiode eine
stark veränderte Ausgangslage, die in der Beurteilung der
erforderlichen Massnahmen und der finanzpolitischen
Strategie zu berücksichtigen sind. Als endogenen Faktor
haben wir uns in dieser Legislatur dazu entschieden, die
grossen
Abstriche in Kauf zu nehmen. Das Ausgabenwachstum wird
in einigen dieser Bereiche - wenn auch gedämpfter, so
hoffen wir - anhalten, auch wenn auf allen Ebenen
konsequent Massnahmen getroffen werden. Es zeigt sich
immer mehr, dass es grundsätzlich falsch ist, einen Staat und
sein Sozialsystem auf der Notwendigkeit eines stetigen,
mehrprozentigen Wirtschaftswachstums aufzubauen. Im
Unterschied zu früher, lassen sich die nunmehr stetig
wachsenden Ausgaben in Kernbereichen des Staates, die wir
eben nicht direkt beeinflussen können, in anderen staatlichen
Leistungspositionen nicht mehr kompensieren. Das heisst
wiederum,
wir
müssen
grundsätzlich
das
Ausgabenwachstum bei den wachstumsverursachenden
Leistungspositionen selbst angehen, wenn die staatlichen
Leistungen in den Kernbereichen im Sinne der
Nachhaltigkeit noch erbracht werden sollen.
Zu den Entlastungsmassnahmen: Als Konsequenz dieser
Ausgangslage
hat
der
Regierungsrat
Entlastungsmassnahmen festgelegt, die wohl viele
überrascht haben, die aber in Berücksichtigung der
künftigen Entwicklung als geschlossenes Gesamtpaket
notwendig sind. Dieses Paket hat der Regierungsrat
gemeinsam unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der
einzelnen Departemente geschnürt, die sowohl was ihre
Aufgaben als auch ihre Finanzstruktur betrifft, sehr
unterschiedlich sind. Im Rahmen der Vorberatung des
Budgets und der Entlastungsmassnahmen in der SRK hat der
Regierungsrat die in der Botschaft aufgeführten BMassnahmen konkretisiert und will diese konsequent
umsetzen. Das nun noch ausgewiesene Defizit von rund 9
Mio. Franken betrachtet der Regierungsrat aufgrund der
vorher genannten Finanzentwicklung als vertretbar. Es
umfasst noch 2,3 Promille des Staatshaushalts, ein auch im
interkantonalen Vergleich gutes Ergebnis in der heutigen
Zeit. Der Regierungsrat erfüllt damit erneut den
Verfassungsauftrag. Damit haben aber auch Regierung und
Verwaltung in ihrem seit einiger Zeit von nicht
beeinflussbaren
Ausgabenwachstumsfeldern
eng
geschnürten Korsett ein Maximum geleistet, das auch Ihre
Anerkennung verdienen darf. Ich bitte Sie, dies in Ihren
Voten zu respektieren.
Zum Finanzfluss: Das Paket der Entlastungsmassnahmen
enthält auch Massnahmen, welche den Finanzfluss zwischen
dem Kanton und den Gemeinden betreffen. Der
Regierungsrat ist sich bewusst, dass diese Massnahmen bei
den Betroffenen massive Reaktionen wecken mussten. Der
Regierungsrat weist aber darauf hin, dass ein Finanzsystem,
wie es das kantonale und kommunale Finanzsystem
darstellt, in dem der eine Partner die nicht direkt
beeinflussbaren,
markant
wachsenden
Ausgaben
überproportional tragen muss, auf die Dauer einfach nicht
funktionieren kann, wenn sich Ausgaben und Einnahmen
nicht proportional verändern lassen. Das Delta zu Ungunsten
Art. 1713
des Kantons beträgt innert 10 Jahren rund 900 Mio.
Franken. Mit den Ausgaben für das Spitalwesen, die
Bildung, die Lehrerlöhne, die Gesundheit, die
Prämienverbilligung, dem Öffentlichen Verkehr usw. liegen
uns viele unproportional verteilte Kostenblöcke schwer an.
Deshalb müssen wir diesen Finanzfluss diskutieren und neu
definieren können, damit unser kantonales Staatswesen und
seine Leistungen auch in Zukunft finanzierbar bleiben. Dass
dabei auch die Gesamtbelastung integral mitdiskutiert
werden muss, setzt der Regierungsrat aufgrund der
Komplexität der Aufgabenstellung voraus.
Zu Fazit: Für den Regierungsrat ist es selbstverständlich,
dass sich alle Staatsebenen und Staatsgewalten zu höchster
tailpositionen aufgeweicht wird! Wir appellieren, dass
Regierung und Verwaltung im Januar 2004 erfahren, mit
welchen Mitteln sie ihre staatlichen Aufgaben wahrnehmen
sollen und ich danke Ihnen im Namen des Regierungsrates
dafür!
Alexander Hürzeler, SVP, Oeschgen, Präsident der
Staatsrechnungskommission: Mit der Veröffentlichung des
Berichtes "Entlastungsmassnahmen 2003" lancierte der
Regierungsrat des Kantons Aargau bereits am 10. September
2003 den Budgetprozess 2004. Erste, aber noch vereinzelte
Kritik folgte spätestens aber mit der Zustellung der
dreiteiligen Budgetbotschaft 2004, Ende September war es
dann mit der Ruhe im Kanton vorbei. Plötzlich wurden auch
ausserhalb von Regierungs- und Grossratsgebäude die
Bestrebungen zur Haushaltsanierung intensiv mitverfolgt, ja
vielfach
gar
aktiv
darüber
mitdiskutiert
und
mitunterzeichnet. Die vorgeschlagenen oder bereits
eingeleiteten Massnahmen haben weite Teile der
Bevölkerung wachgerüttelt. Die Post und die Printmedien
profitierten davon, die Emails liefen heiss. Die Finanzlage
des Kantons Aargau und die Art damit umzugehen wurden
in den vergangen Monaten zum Politikum schlechthin. Nach
diesem langen und zum Teil emotionalen, aber durchaus
spannenden und sachbezogenen Vorberatungsprozess haben
Sie,
werte
Grossratskolleginnen
und
-kollegen, nun während der nächsten beiden Parlamentstage
verantwortungsbewusst die richtigen Entscheide zu fällen.
In einer Demokratie sind dabei die "richtigen" Entscheide
jeweils die Mehrheitsentscheide. Ich hoffe, ja erwarte, dass
sich alle Betroffenen - auch ausserhalb dieses Saales - an
diese demokratische Grundregel halten werden!
Ich versuche, mich einleitend eher kurz zu fassen und mich
auf das Wesentliche zu beschränken. Auf die einzelnen
Departemente, deren Entlastungsmassnahmen sowie die von
der SRK zusätzlich beantragten Budgetkorrekturen werde
ich in der Detailberatung zurückkommen. Ebenso werde ich
aus Effizienzgründen den Inhalt und die Dekretsänderungen
der zum Budget 2004 gehörenden Botschaft 03.273 erst in
der Detailberatung kommentieren.
Zum Budgetprozess: Die Staatsrechnungskommission hat
sich in neun offiziellen Gesamtkommissionssitzungen der
Beratung des Voranschlags 2004 gewidmet. Das bedeutet
total rund 40 Stunden intensive Sitzungsdauer und etwa 180
Seiten Protokoll, obwohl dabei selbstverständlich nur das
Wesentliche niedergeschrieben wurde.
Ich danke an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern der Finanzverwaltung für ihre ausserordentlich
engagierte Mithilfe, vor allem unserer Protokollführerin
Frau Rahel Ommerli. Daneben fanden mindestens noch rund
13. Januar 2004
Effizienz verpflichten. Der Kanton hat die Massnahmen
eingeleitet, indem er mit den Entlastungsmassnahmen und
mit den Massnahmen aus den Aufgaben- und
Leistungsüberprüfung sowie mit der Einführung von WOV
den Weg konsequent beschreitet. Voraussetzung ist
allerdings, dass der Grosse Rat die Haltung des
Regierungsrates stützt. Deshalb bitte ich Sie im Namen des
Regierungsrats, die erwähnten Grundsatzüberlegungen in
Ihren Überlegungen miteinzubeziehen und diese in der
anschliessenden Budgetdebatte speziell auch dann zu
beachten, wenn die übergeordnete Sicht durch Diskussionen
und
das
Ringen
um
De10 Subkommissionssitzungen statt, wobei mir diese Stunden
und Papierstapel nicht alle im Detail bekannt sind. Hier
einen speziellen Dank an die Grossräte Brunner, Knecht,
Leimbacher,
Markwalder
und
Scholl,
die
als
Subkomissionspräsidenten amten. Im Laufe der SRKSitzungen durfte ich gut 130 Abstimmungen durchführen
und auszählen. Einen herzlichen Dank an alle SRKMitglieder, welche sich dieser grossen Aufgabe mit einer
sehr guten Präsenz und einer unglaublichen Geduld erneut
angenommen haben! Während diesen Budgetmonaten hatte
die SRK nebenbei noch die Jahresrechnung 2002 der APK,
die 2. Beratung der Ausgaben- und Schuldenbremse, die
Dekretsänderung über die Besoldung der Sektionschefs, die
Nachtragskredite II, den Verpflichtungskredit VIACAR, die
1. Beratung der Teilrevision des Finanzausgleichsgesetzes
sowie den Baurechtsvertrag zur Liegenschaft Martinsberg
Baden zu beraten. Sie können es alle sicher nachvollziehen:
das Milizsystem wurde während diesem Budgetprozess
absolut ausgereizt, wohl gar überspannt. Im Zusammenhang
mit der anstehenden Parlamentsreform muss versucht
werden, dem entsprechend Achtung zu schenken!
Zum eigentlichen Inhalt des Budgets: Nachdem der
Regierungsrat dem Parlament ursprünglich einen
Voranschlag 2004 mit einem erneuten Defizit von Fr. 28,9
Mio. präsentierte, war dessen Rückweisung innerhalb der
SRK von Anfang an sehr akut. In der Eintretens-Sitzung
vom 16. Oktober wurde ein Rückweisungsantrag der SVPVertreter nur Dank eines Kompromissantrags von Rudolf
Hug, FDP, mit 8 zu 7 äusserst knapp abgelehnt. Dieser
Antrag Hug beauftragte den Regierungsrat, der SRK weitere
Sparmöglichkeiten in der Höhe von Fr. 28,9 Mio.
aufzuzeigen. Diese sollten ausdrücklich keine Erhöhungen
von Steuern, Abgaben und Gebühren beinhalten. Aufgrund
dieses zusätzlichen Sparauftrages an den Regierungsrat
verliefen die anschliessenden Detailberatungen mit den
Departementen relativ flüssig und ohne nennenswerte
Budgetkorrekturen. Als die SRK allerdings wenige Tage vor
der angesetzten Schlussabstimmung vom 24. November die
"weiterreichenden Sparvorschläge" der Regierung zugestellt
wurden, platzte vielen SRK-Mitgliedern beinahe der
Kragen! Sowohl die inhaltlich ungenügenden Vorschläge,
aber auch die Art und Weise der Kommunikation verärgerte
die gesamte SRK. Grossrat Andreas Brunner rettete damals
mit seinem Antrag, die Entscheidung um eine Woche
auszusetzen, das Budget vor der Rückweisung. Dank der
herzhaften Initiative und dem Engagement des Herrn
Finanzdirektors, raufte sich die Exekutive ein weiteres Mal
zusammen und brachte in nur einer Woche weitere, nun
prüfenswerte Vorschläge auf den Tisch. Damit ermöglichte
sie der SRK, am 11. Dezember doch noch einen
2661
13. Januar 2004
Budgetvorschlag zu verabschieden. Da dieser jedoch immer
noch von einem Defizit ausgeht, wollten die SVP-Vertreter
diesem weiterhin nicht zustimmen.
Weitergehende Kürzungsanträge dieser Parteivertreter
fanden in der SRK keine Mehrheit. Gerade gegenteilig
argumentierten die Vertreter von SP, Grünen und EVP.
Denen ging die ganze Sparrunde grundsätzlich viel zu weit,
weshalb auch sie grundsätzlich gerne gegen diesen SRKKompromiss gestimmt hätten. Zur "unheiligen Allianz" kam
es aber schlussendlich doch nicht.
Die SRK unterbreitet Ihnen mit einer hauchdünnen Mehrheit
von 8 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung einen Voranschlag mit
einem reduzierten Defizit von Fr. 8,9 Mio. Franken. Im
schen Mut aufbringt, diese Entscheide mitzutragen. Es ist
meine Aufgabe, Sie alle an folgende Punkte zu erinnern:
Seit 1991 rechnet der Kanton Aargau nur noch mit Defiziten
ab, inzwischen sind rund 582 Millionen Franken
aufgelaufen.
Ohne Gegensteuer und Entlastungsmassnahmen zeigt der
Finanzplan für die nächsten Jahre Defizite von je rund 250
Millionen Franken auf.
Die Sonderfinanzierung der Altlasten ist weiterhin ungewiss
und wird sich mit der Überführung der Lehrerpensionskasse
und weiteren Vorsorgeverpflichtungen in Milliardenhöhe
verschlechtern.
Trotz
Einberechnung
aller
vorgeschlagenen
Entlastungsmassnahmen liegt das Ausgabenwachstum des
Staatshaushaltes nach wie vor über dem Wachstum des
aargauischen Volkseinkommens. Die Ausgaben steigern
sich gegenüber dem Vorjahr um weitere 5,8%. Dadurch
wächst auch die Staatsquote weiterhin an. Im ähnlichen
Ausmasse steigen logischerweise auch die Einnahmen aus
Steuern, Gebühren und Abgaben kontinuierlich an.
Selbstverständlich ist nicht alles hausgemacht, nein viele
Bundesentscheide und die demografische Entwicklung
tragen nicht unwesentlich das Ihre zur anhaltend negativen
Entwicklung bei.
Ein Schlusswort zum Entlastungspaket: Die schier
unvorstellbare "Sparübung" von total Fr. 786 Mio. in 3
Jahren ist stark zu relativieren. Die Beratung in der SRK hat
das deutlich gezeigt. Ich weise Sie jetzt auf 2 Umstände hin
und ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen und anschliessend
nicht irgendwelche unvorbereitete Anträge in der
Detailberatung zu stellen!
Zu den Entlastungmassnahmen:
1. Diese "Einsparungen" stellen die Korrektur gegenüber
dem ursprünglichen regierungsrätlichen Finanzplan 20042006 dar. Als Beispiel dazu: Für die Aargauer
Fachhochschule waren für die nächsten 3 Jahre zusätzliche
Ausgaben von 9 Mio. geplant. Nun wird eine Plafonierung
auf dem bisherigen Niveau vorgeschlagen. Mit dieser
Massnahme sind also bereits 9 Mio. "gespart", obwohl an
die Fachhochschule gegenüber heute kein Franken weniger
ausbezahlt wird.
2. Von den total 786 Millionen "Einsparungen" sind grob
gesagt rund ein Drittel blosse Verschiebungen auf die
Gemeinden und die Bürger und Bürgerinnen, ein weiterer
Drittel sind auf später verschobene Ausgaben und nur ein
Drittel sind wirkliche Kürzungsmassnahmen, davon aber
2662
Art. 1713
Sinne einer nüchternen Gesamtschau und im Hinblick auf
die bereits eingeleiteten und noch bevorstehenden
Entlastungsmassnahmen von Bund und Kanton, welche
keine markante Verbesserung des Staatshaushaltes
versprechen, muss und darf dieser SRK-Vorschlag als sehr
gutes Kommissionsresultat betrachtet werden!
Dass der Regierungsrat mit seiner Stellungnahme nun gar
nur noch von einem Defizit von Fr. 8,1 Mio. ausgeht und
dass er dieses zum Teil schwer verdauliche Entlastungspaket
überhaupt geschnürt hat, beweist eindeutig, dass inzwischen
auch die Exekutive gewillt ist, den Wachstumstrend zu
brechen und den kantonalen Finanzhaushalt nachhaltig zu
entlasten. Ich hoffe, dass nun auch das Parlament den politisind ein Grossteil lediglich reine Finanzplan-Korrekturen
und bewirken gegenüber heute somit ebenfalls keine
Reduktion. Echte Reduktionen - so wie im Volksmund das
Wort "sparen" verstanden wird - sind deshalb im
Entlastungspaket nur minimal vorgesehen.
Wie Sie sehen, hat der Regierungsrat in keiner Weise
vorgesehen, in den nächsten Jahren gegenüber der heutigen
Situation Leistungen im Ausmass von 786 Millionen
Franken abzubauen. All jene, welche derzeit von einem
unverantwortbaren Kahlschlag reden oder die Bevölkerung
gezielt mit Abbau-Horrorszenarien berieseln, handeln
fahrlässig und sind sich ihrer politischen Verantwortung
nicht bewusst. Dem Regierungsrat ist hoch anzurechnen,
dass er zwar etwas spät, aber dafür umso durchdachter
diverse verantwortbare Korrekturen am Aargauer
Staatshaushalt anpacken will. Es ist dabei unumgänglich,
dass sich darunter auch Reduktions-Massnahmen in
Bereichen befinden, welche uns allen und weiten
Bevölkerungskreisen in den vergangenen Jahren und
Jahrzehnten lieb und selbstverständlich geworden sind. Der
Grosse Rat ist nun in der Verantwortung.
Zum Schluss danke ich allen Beteiligten in den
Departementen, dem Gesamt-Regierungsrat und den
Mitgliedern der SRK für den geleisteten Grosseinsatz, die
konstruktive Mitarbeit, die - trotz allen Umständen - stets
faire Zusammenarbeit und für die immer wieder
aufgebrachte
Motivation!
Namens
der
Staatsrechnungskommission ersuche ich Sie, auf den
überarbeiteten Voranschlag 2004 einzutreten, ihn effizient
und verantwortungsbewusst zu beraten und ihn
schlussendlich - spätestens am nächsten Dienstag - zum
Beschluss zu erheben!
Vorsitzende: Wir kommen zur allgemeinen Aussprache
seitens des Plenums. Es liegt ein Antrag auf Rückweisung
des Voranschlages 2004 vor. Herr Dr. Jürg Stüssi votiert als
Einzelvotant.
Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch: Für die
Vorbereitungsarbeit von Regierungsrat und Kommission
sind wir wohl alle dankbar. Diese Dankbarkeit darf uns
jedoch nicht davon ablenken, dass das Ergebnis nicht
genügt. Aus 3 Gründen dürfen wir uns mit dem Resultat
nicht zufrieden geben:
- weil wir als Staatswesen nicht mehr ausgeben dürfen, als
wir einnehmen,
- weil es im Hinblick auf die Zukunft sinnvoll und da es mit
Blick auf die Nachbarn und auf den eigenen Voranschlag
möglich ist, den Ausgleich zu erreichen und schliesslich,
Art. 1713
- weil wir uns auf Prognosen, die den Ausgleich auf das
nächste oder übernächste Jahr versprechen - wenn wir die
Vergangenheit beachten - keineswegs verlassen dürfen!
Von Ausgleich dürfen wir aber nur sprechen, wenn für die
zu erwartenden Nachtragskredite Platz geschaffen wird und
wenn auch für neue und unerwartete, aber unabwendbare
Ausgaben eine minimale Reaktionsmöglichkeit besteht,
ohne gleich Defizite zu verursachen.
Es wird, das ist der erste der 3 Gründe, noch immer ein
Ausgabenüberschuss ausgewiesen und ein weiterer,
vielleicht fünfmal grösserer, ist in Form von
Nachtragskrediten zu erwarten. Liebe Kolleginnen, liebe
Kollegen: Jedes Kind, das in diesem Land geboren wird, tritt
das höchst fragwürdige Erbe von Fr. 30'000.-- Anteil an den
Schulden der öffentlichen Hände der Schweiz an. So viel
Schulden-Loch geraten, er ist aber trotz dieser enormen
Altlast daran, mit ausgeglichenen Voranschlägen und
Rechnungen sich eine bessere Ausgangslage für die Zukunft
zu sichern. Umgerechnet auf unser rund halb so
bevölkerungsreiches Staatswesen wäre das eine Belastung
von 5 Milliarden Schulden, wir haben aber - und das ist
immerhin ein Trost - nur rund 1,5 Milliarden Franken NettoSchulden. Daraus folgt, dass infolge der sehr viel geringeren
Zins- und Amortisationslasten der Ausgleich bei uns erst
recht möglich ist, wenn ihn der Kanton Bern zustande
bringt. Gehen wir den vor uns liegenden Voranschlag Linie
für Linie durch, so stellen wir fest, dass noch sehr viel ohne
Härten gespart werden kann. In einer inflationslosen Zeit ist
es doch nicht möglich, glaubwürdig zu behaupten, was
insgesamt 2002 tatsächlich gereicht habe, sei 2004 völlig
ungenügend, was insgesamt 2002 hereingekommen sei,
dürfe 2004 nicht erwartet werden. Nun nehmen wir uns aber
einmal die Mühe - wie es viele und vielleicht alle von uns ja
auch tatsächlich getan haben - und schauen wir an, welcher
Geist in den Eingaben der Verwaltung sichtbar wird und wie
sich dieser Geist über die Runden rettet und in Form von
höheren Zahlen in den Voranschlag gelangt. Die
Redezeitbeschränkung verbietet es, das ganze Budget in
dieser Form durchzugehen. Nehmen wir also ein beliebiges
unspektakuläres Beispiel, auf den Seiten 22 und 23 des
Voranschlags die Positionen 2158, 2160. Das
Vermessungsamt will 20'000 Franken mehr für die
Triangulation als 2002, es braucht 6'000 Franken mehr für
den Unterhalt und Betrieb von Fahrzeugen, seine
Personalspesen sind 13'000 Franken höher, es kann nicht
leben, wenn es nicht 3'000 Franken zusätzliche externe
Dienstleistungen beziehen kann, es sieht aber unrealistischer Weise - vor, 27'000 Franken weniger
Gebühren einzunehmen, was natürlich in bekannter Manier
einen Puffer für Mehrausgaben schafft. Und dann gehen wir
über zum Amt für berufliche Vorsorge und stellen fest, dass
in grosser Treue die Ausgaben im Zaum gehalten werden
und dass es diesem Amt also in den Augen des
Regierungsrates möglich ist - denn wir sprechen ja immer
von einer regierungsrätlichen Vorlage -, mit dem zu leben,
was 2002 tatsächlich genügt hat.
Ich habe hierbei immer zugunsten der Ämter auf die
nächsten 1'000 Franken gerundet. Nun kann man sagen, es
handelt sich nur um ein paar Tausender, aber diese
Tausender machen die vielen Millionen aus, welche ohne
Härte und ohne fundamentale Überarbeitung des Dokuments
mit Bescheidenheit und Zurückhaltung und ohne überstürzte
13. Januar 2004
beträgt sein Anteil an den Gesamtschulden. Davon müssen
wir ausgehen und nicht von der Frage, ob der Kanton
Aargau bei der eingerissenen Schuldenwirtschaft zu den
Hauptsündern gehört habe; er hat es nicht, aber diese
Feststellung ist in einer modernen Schweiz völlig irrelevant.
Es müssen alle die Gesamtsituation in ihre Überlegungen
einbeziehen!
Hier - und nicht bei der Frage nach Prospekten, Plakaten,
Auftritten, Stellen, - hier, bei der Grundsatzfrage der
künftigen Solidität der Kantonsfinanzen entscheiden wir
über die Standortvorteile des Kantons.
Es ist, und das ist der zweite Grund für die notwendige
Rückweisung, möglich und im Hinblick auf neue
Staatsaufgaben sinnvoll, den Ausgleich heute zu erzielen. Es
ist möglich: Der Kanton Bern ist in ein 10 MilliardenEntscheide über neue zukünftige Vorschläge, die mangels
Entscheidungsgrundlagen noch nicht entscheidungsreif sind,
gespart werden können.
Dieser Ausgleich ist möglich und auch sinnvoll: Nehmen
wir von den zahlreichen amtlichen Verlautbarungen des
Regierungsrates hier als Beispiel nur die Botschaft 03.3 11
Justizreform. Es findet sich da auf Seite 13 ein eigentlicher
Schlüsselsatz für das regierungsrätliche Denken (Zitat): "Es
ist aber zu beachten, dass die Justiz bezüglich Personal- und
Staatsressourcen - gleich wie etwa die Schulen, die Spitäler,
der öffentliche Verkehr und die Polizei - weiterhin zu den
typischen Wachstumsbereichen des Kantons gehört."
Zweierlei tritt hier mit aller Deutlichkeit zutage, einerseits
eine wenig willkommene Denkweise, der man am ehesten
mit dem Ausdruck "inflationäre Mentalität" gerecht wird,
andererseits aber auch die Sorge der Regierung, den
Aufgaben von morgen gerecht zu werden. Schauen wir den
Tatsachen ins Gesicht: Es wird auch in Zukunft Bereiche
geben, in denen Stellen zwingend neu geschaffen werden
müssen, es wird leider auch in Zukunft neuen
Regelungsbedarf geben, es wird auch in Zukunft Gutachten
und Massnahmen brauchen. Wenn wir nicht wollen, dass die
Bürgerinnen und Bürger von den daraus entstehenden
Lasten schliesslich erdrückt werden, müssen wir dafür
sorgen, dass entsprechend den unausweichlich kommenden
Bedürfnissen innerhalb des Einnahmengerüsts des Kantons
die Prioritäten neu gesetzt werden. Es genügt deshalb
keineswegs, einfach nur die blosse Null zu erreichen, es
muss für einen wirklichen Ausgleich eine gewisse
Flexibilität dazu kommen, die es ermöglicht, den mit
Sicherheit veränderten Bedürfnissen von morgen gerecht zu
werden.
Diese Einsicht nun führt zum dritten Grund für die
Rückweisung, und dieser dritte Grund ist eine gewisse
Desillusionierung. Es wäre schön, wenn wir nach der
heutigen Grossratssitzung guten Gewissens einen Apéro zu
Ehren des zehnjährigen Jubelfestes der (Zitat) "Massnahmen
1994 zur Sanierung des kantonalen Finanzhaushaltes" zu
uns nehmen könnten. Wir können es nicht, wir haben es
bisher alle zusammen nicht fertig gebracht. Wir haben uns
immer und immer wieder damit vertrösten lassen, dass es
heute noch nicht so weit sei, aber morgen, dieses Jahr noch
nicht, aber im kommenden. Wir haben uns durch unsere zu
grosse
Leichtgläubigkeit
alle
an
den heutigen
unangenehmen Zuständen mitverantwortlich gemacht. Das
gibt uns eine um so höhere Verpflichtung, die politische
Aufgabe unserer Gegenwart, die Sanierung des kantonalen
2663
13. Januar 2004
Art. 1713
Finanzhaushaltes, nicht neuen Grossrätinnen und
Grossräten,
späteren
Regierungsrätinnen
und
Regierungsräten, ungeborenen Bürgerinnen und Bürgern,
denen wir anstatt eines Erbes Schulden hinterlassen,
weiterzugeben. Es ist an uns, heute das Nötige zu tun, wir
können es, tun wir es, weisen wir das Budget mit dem klaren
Auftrag zurück, es mit einem sichtbaren und erheblichen
Gesamtüberschuss in der Höhe von rund 2% der
Gesamteinnahmen
der
Verwaltungsrechnung
neu
vorzulegen!
Markus Leimbacher, SP, Villigen: Frage: Kennen Sie den
Unterschied zwischen einem Volksvertreter und einem
Zitronenfalter? Die Antwort: Es gibt keinen Unterschied,
oder haben Sie schon jemals einen Zitronenfalter Zitronen
falten sehen?
Meine Damen und Herrn, soweit dürfen wir es nicht
kommen lassen und ich erinnere Sie an dieser Stelle
eindringlich daran, dass wir alle einen Auftrag haben und
diesen ernst nehmen sollten und müssen! Wir haben unsere
Politik, wir haben all unsere Entscheide und Beschlüsse
nach dem Gemeinwohl auszurichten und dieses definiert
sich über den klar geäusserten Willen der Bevölkerung. Und
genau solche Äusserungen haben wir alle genug erhalten, sei
es an den Kundgebungen, sei es in der Presse oder sei es
über die Post. Ein jeder von uns - ob er nun wollte oder nicht
- hat Hunderte von Briefen, Zeichnungen, Bastelarbeiten
erhalten. Absender waren Lehrerinnen und Lehrer,
Schulpflegen, Gemeinderäte, besorgte Eltern und vor allem
Kinder. Diese Aktionen haben uns allen gezeigt, dass die
Art von Politik, die im Moment im Aargau betrieben wird,
von der Bevölkerung nicht mitgetragen wird. Wir sind
Volksvertreterinnen und Volkvertreter - wir haben auf
dessen
Stimme
zu
hören
und den Willen der Wählerinnen und Wähler zu respektieren
und diesen zu verwirklichen!
Massnahmen und Budgetposten mit Anträgen, Voten und
allenfalls Fragen zu Wort melden.
Ich schildere Ihnen, weshalb ich, die SP-Fraktion und ein
grosser Teil des Aargaus die Politik, die sich im heutigen
Voranschlag
und
den
Entlastungsmassnahmen
niederschlagen, als falsch erachten.
1. Sparen auf dem Buckel des Personals: Aus unserer Sicht
ist es inakzeptabel, dass dem Staatspersonal rund ein Viertel
des
Gesamtvolumens
der
Entlastungsmassnahmen
aufgebürdet werden soll! Damit ist die Aufrechterhaltung
des Service Public ganz massiv in Frage gestellt, sinkt doch
die Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Gut
funktionierende Schulen und Spitäler sind aber genau so
wenig zum Nulltarif zu haben wie qualitativ hochstehende
Dienstleistungen in anderen Handlungsfeldern des Kantons,
so etwa im Bereich der öffentlichen Sicherheit. Unter diesen
Prämissen war die Lohnsummensteigerung um 0,25%, die
nicht einmal generell gewährt wurde, ein Schlag ins Gesicht
eines
jeden
Mitarbeitenden!
Zu
den
übrigen
personalrelevanten Vorschlägen wird sich meine Kollegin
Katharina Kerr äussern - sehr dezidiert, kann ich Ihnen
sagen!
Vorsitzende:
Es
liegt
inzwischen
Rückweisungsantrag seitens der SP vor.
ein
weiterer
Zürich hat eine höhere Steuerbelastung als der Aargau und
eine noch weit höhere als Zug und Schwyz. Gemäss der
Logik der Spar- und Abbaupolitiker müsste Zürich in
grösste wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Sämtliche
Firmen müssten abwandern: nach Zug, nach Schwyz und wer weiss - sogar in den Aargau.
Bekanntlich ist aber das Gegenteil der Fall: Zürich ist der
Magnet für starke Firmen und selbst aus den
Steuerparadiesen Zug und Schwyz fliesst bedeutend mehr
Firmenkapital nach Zürich als umgekehrt. Wir können uns
fragen: Weshalb ist das so? In der Schweiz ist die
Steuerbelastung,
gemessen
am
gesamteuropäischen
Durchschnitt, insgesamt immer noch sehr tief. Für die
Standortattraktivität der einzelnen Kantone wiegen
Abweichungen ihrer Steuerbelastung gegen oben oder unten
wenig im Vergleich zu anderen Attraktivitäten: gute
Infrastruktur und hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Diese aber
kommen nicht aus dem Nichts. Gute Ausbildung und ein
adäquates Umfeld, beispielsweise ein ansprechendes
kulturelles
Angebot,
sind
dazu
unerlässliche
Voraussetzungen. Beides, nämlich gute Infrastruktur und
hoch qualifiziertes Personal, kann sich nur ein starker Staat
leisten, der über genügend Mittel verfügt.
Was macht nun der Aargau? Seit 12 Jahren reduziert er
mittels Gesetzesänderungen und mittels Gewährung eines
Steuerrabattes seine Einkünfte, so dass er heute nicht mehr
in der Lage ist, seine Kernaufgaben ausreichend zu
finanzieren. Um dieser Malaise zu entkommen, will er nun
die Qualität vieler kantonaler Aufgaben reduzieren. Es
resultierte die viel beschworene "787 Mio. - Black Box", später wurde sie als "Entlastungsprogramm 2003"
bezeichnet. Von Entlastungen kann aber wohl keinerlei
Rede sein, es wäre wohl von Anfang an ehrlicher gewesen,
dieses Paket als "Belastungsprogramm" zu bezeichnen! Ich
mache nachfolgend vier generelle Aussagen, die die SPFraktion mitträgt, und diese wird sich bei den einzelnen
2664
2. Keine echten Einsparungen: Grosse Teile der
Massnahmen stellen keine echten Einsparungen dar, sondern
allein Verschiebungen in die Zukunft - auf den St.
Nimmerleinstag? Als Beispiele nenne ich die Einführung
des elektronischen Grundbuches oder die verspäteten
Zahlungen
zugesicherter
Subventionen
für
Schulhausneubauten. Diese Massnahmen wären heute zu
treffen, sie vertragen keinen Aufschub! Echte Einsparungen
sind sie schon gar nicht.
Verschiedene Budgetpositionen wurden korrigiert: Betrifft
es Ausgaben, so nach unten, betrifft es Einnahmen, so nach
oben: Dies ist die Politik der Aargauer Spar- und
Abbaupolitiker. Daraus können wir zweierlei schliessen:
Entweder bestand bei früheren Voranschlägen Luft oder
aber der heutige Voranschlag wird künstlich geschönt. Dass
in den vergangenen Jahren keinerlei Luft bestand, zeigte
jeweils die Rechnung: Der Aargau hat immer zielgenau
budgetiert. Es ist somit offensichtlich, dass mit der
Anpassung verschiedener Positionen nach oben oder nach
unten der Voranschlag nur künstlich, nur virtuell verbessert
wird. Wieder kann nicht von echten und nachhaltigen
Einsparungen gesprochen werden! Die letzten Monate haben
gezeigt, wohin dies führt: Die notwendig werdenden
Nachtragskredite werden betragsmässig weiter steigen und
ungeahnte Höhen erreichen. Ich frage Sie: Ist dies eine
ehrliche Finanzpolitik?
Art. 1713
3. Verzicht auf Einnahmen: Ich halte an dieser Stelle ein
weiteres Mal ausdrücklich fest, dass auch die SP die Absicht
verfolgt, den Staatshaushalt in mittel- und längerfristiger
Perspektive auszugleichen. Unter diesem Gesichtspunkt sind
wir erfreut darüber, dass ein allererstes Mal auch über
Verbesserungen auf der Einnahmenseite gesprochen wird,
indem endlich unserer Forderung nach zusätzlichem
Personal für die Steuerbehörden entsprochen wird. Damit
wird der Steuergerechtigkeit vermehrt Nachdruck verliehen.
Leider handelt es sich um die einzige Massnahme, welche
die Einnahmenseite verstärkt, und auch nur für die
natürlichen Personen. Alle anderen von uns seit langem
geforderten Massnahmen wurden verworfen, beispielsweise
nach zusätzlichem Personal für die Bekämpfung der
Schwarzarbeit. Mit dieser Massnahme könnten mit
Leichtigkeit zusätzliche Einnahmen generiert werden. Es
betrifft uns ganz besonders, dass genau das Gegenteil
gefordert wird, nämlich die Streichung von 2 zusätzlichen
Stellen für die Kontrolltätigkeit des Amtes für Wirtschaft
und Arbeit (AWA)! Damit wird das Lohndumping und die
Schwarzarbeit staatlich gefördert.
angenommen, so hat der Aargau mit Steuerausfällen von
rund 50 Mio. Franken zu rechnen.
Oder: Das Entlastungsprogramm 2003 des Bundes bringt
schweizweit Einsparungen von rund 3 Mio. Franken. Die
genauen Auswirkungen auf den Kanton Aargau sind noch
nicht bekannt. Mit Sicherheit wird er aber von dieser
Sparübung nicht verschont bleiben.
Der Bund hat ein weiteres Sparprogramm angekündigt. Dass
auch dieses Auswirkungen in heute noch nicht bekannter
Höhe auf den Aargau haben wird, ist nicht zu bestreiten.
Der Aargau hat sich eine Ausgaben- und Schuldenbremse
verordnet, die ihresgleichen in der schweizerischen
Landschaft sucht. Die SP ergreift dagegen das Referendum
und sucht dadurch die Diskussion mit der Bevölkerung über
die unsoziale und wirtschaftsfeindliche Finanzpolitik.
Meine Damen und Herren, mit dem heutigen Voranschlag
und dem Entlastungsprogramm legt sich der Aargau ein
allzu enges Korsett an, der bereits heute sehr knappe
Spielraum wird noch weiter eingeengt - es bleibt keine Luft
mehr zum Atmen!
Wenn ich in wenigen Worten zusammenfasse, so
folgendermassen: Sowohl der Voranschlag wie auch die
Entlastungsmassnahmen sind bereits im Ansatz falsch. Ein
unabhängiger Expertenbericht hat im Sommer 2002 gezeigt,
dass der Aargau im interkantonalen Vergleich keine
überflüssigen Aufgaben wahrnimmt. Das Staatswesen und
die Verwaltung haben bereits heute als überaus schlank zu
gelten. Das staatliche Handeln hat sich nach unserem
Verständnis nach den Bedürfnissen der Gesellschaft und der
einzelnen Menschen zu orientieren. Dieses in einer
überstürzten
und
kurzfristigen
Optik
konzipierte
Entlastungsprogramm
würgt
die
für
einen
Konjunkturaufschwung dringend notwendigen Investitionen
ab und leitet eine Entwicklung ein, welche mittel- und
längerfristig grossen Schaden anrichtet - und zwar genau
dort, wo wir es uns nicht leisten können: im bereits
erwähnten Personalbereich und vor allem im Bildungssektor
und beim Natur- und Umweltschutz! - (Vorsitzende: Darf
ich Sie bitten, zum Schluss zu kommen! Ihre Redezeit ist
abgelaufen.) - Die heute und am kommenden Dienstag zu
13. Januar 2004
Angesichts der Tragweite der vorgeschlagenen Massnahmen
fordern wir einmal mehr, dass die Erhöhung des
Staatssteuerfusses und die Aufhebung des Steuerrabattes
nicht länger tabuisiert werden darf. Auch wenn es sich "nur"
um zusätzliche Einnahmen von rund 14 Mio. Franken
handelt, so würde damit doch ein klares Zeichen gesetzt.
Dieses haben vor allem die Gemeinden nötig, werden diese
doch in den beiden kommenden Jahren mit rund einem
Viertel des Gesamtvolumens aller Massnahmen belastet! Sie
werden ihre Steuerfüsse dadurch erhöhen müssen und
verstehen zu Recht nicht, dass der Kanton seinen Spielraum
nicht ausschöpft. Ich sage es hier mit aller Deutlichkeit: Das
dritte Paket der Aufgabenneuverteilung ist nur noch mit der
Aufhebung des Steuerrabattes zu retten - und zwar jetzt,
heute, und nicht in einigen Jahren!
4. Nichtberücksichtigung der Gesamtsituation: Der Aargau
schränkt sich mit den Entlastungsmassnahmen und deren
Einflüssen auf den Voranschlag künstlich ein. Dies ist umso
gravierender, als mehrere andere Einflüsse vorhanden sind:
Im Mai 2004 stimmt die Schweizer Bevölkerung über das
unsoziale Steuerpaket 2001 des Bundes ab. Wird dieses
behandelnden Vorlagen sind nicht die unseren. Wir lehnen
sie deshalb ab! Sollte eine materielle Behandlung
vorgenommen werden, so werden wir uns nicht bei allen
Positionen, sondern nur bei den wesentlichsten zu Wort
melden und Anträge stellen. Dies bedeutet aber nicht, dass
wir die anderen Positionen mittragen.
Die SP-Fraktion weist den Voranschlag und die
Entlastungsmassnahmen zurück und stellt entsprechend
Antrag. Dies allerdings aus einer ganz anderen Überlegung
und Motivation als Herr Stüssi. Wir wollen keine solchen
Entlastungsmassnahmen! Wir wollen keinen derart
abgemagerten Voranschlag!
Dr. Dragan Najman, SD, Baden: Ich spreche im Namen der
SD/FP-Fraktion. Die Fraktion der Schweizer Demokraten
und der Freiheitspartei ist im grossen Ganzen mit den
Vorschlägen
von
Regierung
und
Staatsrechnungskommission sowohl beim Voranschlag als
auch bei den Entlastungsmassnahmen einverstanden. Wir
sind der Auffassung, dass mit den ständigen Defiziten im
Staatshaushalt endlich Schluss sein muss und auch, dass die
bisher angelaufene Staatsschuld in möglichst kurzer Frist
abgebaut werden muss. Dazu dürfen aber weder Steuern
noch Gebühren erhöht werden, sondern der Kanton muss
dasselbe tun wie jeder private Haushalt, nämlich endlich
aufhören, Geld auszugeben, das er gar nicht hat.
Zu denken gibt unserer Fraktion allerdings, dass diverse
Sparmassnahmen des Kantons zu Lasten der Gemeinden
gehen. Insgesamt werden über 26 Millionen Franken auf
diese "elegante" Weise vom Kanton auf die Gemeinden
abgeschoben. Es ist also das übliche Spiel: Man schiebt
Ausgaben einfach auf den Nächstschwächeren ab und das
sind in diesem Fall immer die Steuerzahler.
Unsere Fraktion behält sich deshalb vor, bei der
Detailberatung von Fall zu Fall zu entscheiden, ob auf die
eine oder andere Sparmassnahme ganz oder teilweise
verzichtet werden kann. Vor allem sind wir der Meinung,
dass beim BKS nicht primär an der Basis, d.h. bei Schülern
und Lehrern oder bei wichtigen Schulfächern gespart
werden muss, sondern beim Wasserkopf im BKS, wo sich
die Zahl der Juristen und der experimentierfreudigen
2665
13. Januar 2004
Soziologen und Psychologen in den letzten ca. 10 Jahren
vervielfacht hat. Während dieser Zeit ist die Zahl der
AuszubiIdenden an Volks-, Mittel- und Fachhochschulen
sowie bei den Lehrlingen und Lehrtöchtern um knapp 3%
gestiegen, während die Kosten in der Verwaltung von
ED/BKS um ca. 13% gestiegen sind, also um mehr als das
Vierfache. Noch schlimmer wird die Sache, wenn man nur
die Kosten für Projekte und Schulversuche ansieht. Während
sich diese Kosten bis 1989 immer um Fr. 100'000 pro Jahr
belaufen haben, sind sie seither exponentiell in die Höhe
geschnellt, nämlich auf heute ca. 2,5 Millionen Franken pro
Jahr; das ist eine Ausgabensteigerung um sage und schreibe
ca. 2'400%!
Auch betreffend dem Bezirksspital Brugg bezweifelt unsere
Fraktion, dass die Umwandlung in ein Pflegeheim den
gewünschten Spareffekt bringen wird.
Zum Schluss haben wir noch eine Bitte: Wäre es möglich,
dass der Grosse Rat einen Voranschlag wieder einmal
bereits im November oder zumindest im Dezember des
Vorjahres behandeln kann. Heute diskutieren wir zum
wiederholten Mal einen Voranschlag Mitte bzw. Ende
Januar des bereits angelaufenen Budgetjahres!
bringen wollen, kommen wir um diese Massnahmen nicht
herum, so schmerzlich sie für die Betroffenen sind!
Wir haben in den letzten 10 Jahren mehr ausgegeben als wir
eingenommen haben, das Defizit von gegen 600 Million ist
das Resultat! Es ist nicht so, dass wir nicht auch mehr
eingenommen hätten - aber die Ausgaben sind eben rascher
gestiegen als das Volkseinkommen und den damit
verbundenen Steuereinnahmen.
Diesen Trend gilt es zu brechen, wollen wir unseren
Nachkommen nicht einen Schuldenberg hinterlassen, der
ihren Handlungsspielraum einschränkt - denn Schulden von
heute sind Steuern von morgen!
Mitglieder dieses Rates, die diese Verantwortung mittragen
wollen, wurden bewusst schlecht gemacht! "Sparen" ist zum
Schimpfwort geworden. Das ist unfair! Sparen heisst ja oft
nicht einmal, die Ausgaben reduzieren, sondern nur das
Ausgabenwachstum verlangsamen!
Einen besonders schlechten Eindruck haben die
Lehrpersonen hinterlassen. Sie haben sich nicht einmal
gescheut, die ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler
für ihre Zwecke einzuspannen und zu missbrauchen! Zum
Teil bewusst oder ohne sich vorher zu informieren wurde
behauptet und verbreitet, Klassengrössen würden auf weit
über 30 erhöht, Textiles Werken könnte nur noch während
einer Stunde erteilt werden und so weiter und so fort! Die
Plakate, die wir auf den Tischen vorgefunden haben, sind
ein Zeugnis dafür. Bei den Kindern wurde teilweise ein Bild
des "bösen Staates" aufgebaut, der ihnen etwas wegnehmen
möchte, ohne ihnen zu sagen, dass genau dieser Staat sehr
viel für sie tut und ca. einen Drittel seines Etats dafür
aufwendet. Hier hat die Lehrerschaft dem Staat geschadet sie ist ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen und hat das
Vertrauen vieler Eltern missbraucht! Auch wenn sie falsche
Emotionen wecken konnte, hat sie das Lehrerimage bei
vielen Bürgerinnen und Bürgern weiter geschädigt!
Die FDP-Fraktion ist nach langen und intensiven
Diskussionen zum Schluss gekommen, den tragfähigen
Kompromiss der SRK mitzutragen. Einen guten
2666
Art. 1713
Rudolf Hug, FDP, Oberrohrdorf: Ich spreche im Namen der
FDP-Fraktion. Einmal mehr sind wir in der schwierigen
Debatte über den Voranschlag - einmal mehr erst im Januar
und einmal mehr nach einer äusserst schwierigen
Vorberatung in der SRK.
Nach düsteren Aussichten auf Grund der Finanzplanung die Debatte darüber wurde ja bekanntlich von diesem Rat
verweigert - hat der Regierungsrat in einem mutigen Schritt
das Entlastungspaket 2003 vorgelegt. Sicher nicht allen
Bereichen - insbesondere den kommunikativen - völlig
durchdacht, aber eben doch ein Schritt in die richtige
Richtung! Schlecht wurde unseres Erachtens vor allem die
Tatsache kommuniziert, dass es Entlastungen gegenüber
dem Finanzplan sind und nicht, oder nur zum Teil, solche
gegenüber dem laufenden Haushalt.
Dieses Entlastungspaket hat hohe Wellen geworfen; dies ist
teilweise verständlich, bedeutet doch eine Entlastung
vielfach Veränderungen, einen Stopp des Ausbaus oder gar
Verzicht. Wenn wir unseren Finanzhaushalt aber ins Lot
Kompromiss, der auch zum wesentlichen Teil von den FDPMitgliedern der SRK geprägt wurde. Er lässt zwar ein
geringes Defizit zu, was unschön ist, aber angesichts der
Grössenordnung als "Budgetungenauigkeit" bezeichnet
werden darf. Es ist der FDP wichtiger, das Budget mit
diesem Makel zu verabschieden, als in unendlichen
Diskussionen und Streitereien zu einer optischen Null zu
kommen, die von der Wahrheit der Rechnung dann rasch
wieder relativiert wird.
Es gibt in diesem Staat und diesem Parlament noch andere
Probleme zu lösen. Schliessen wir diese Budgetdebatte
deshalb so rasch wie möglich ab und schauen wir in die
Zukunft! Dieser Voranschlag zeigt in die richtige Richtung vielleicht geht es für Einzelne etwas zu langsam - aber wie
hat Ballonfahrer Bertrand Piccard in der letzten Arena
gesagt: "Besser langsam in die richtige Richtung, als schnell
in die falsche!"
Zu den Rückweisungsanträgen aus den Reihen der SVP und
SP: Ich hoffe, dass es hier nach dieser langen Arbeit der
SRK nicht zu einer unheiligen Allianz kommt und wir
wieder in einer Gesprächsverweigerung gleich wie beim
Finanzplan enden. Die Gesprächsverweigerung in der
Debatte um den Finanzplan hat gezeigt, welche Probleme
damit aufkommen. Dann werden die Themen eben nicht
debattiert und nicht diskutiert und der Regierungsrat ist ach
so klug wie zuvor. Wir sind hier, um Verantwortung
wahrzunehmen und nicht, um die Diskussion zu verweigern.
Treten Sie deshalb auf diesen Voranschlag ein! Diskutieren
Sie ihn und dann verabschieden wir ihn, damit wir endlich
wieder zu den Geschäften kommen können, die so wichtig
und bedeutend für diesen Staat und seine Zukunft sind!
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden: Ich spreche im
Namen der CVP-Fraktion. Budgetdebatten haben sich in den
letzten drei Jahren zu veritablen Auseinandersetzungen mit
"religiösem Inhalt" verändert, zumindest ist ein
Zusammenprall von verschiedenen Glaubensbekenntnissen
festzustellen! Feststellbar ist eine Zunahme der
Diskussionen bezüglich der Finanzen! Nach einer
Wachstumsphase in den siebziger und achtziger Jahren, in
Art. 1713
der alles möglich schien und dazumals wahrscheinlich auch
war, nach einer rezessiven Phase in den neunziger Jahren, in
der man in der Hoffnung auf bessere Zeiten Defizite
anhäufte, sind wir nun bei einer neuen Wirklichkeit
angelangt. Das Geld reicht bei weitem nicht mehr aus, um
alle Wünsche zu erfüllen, wir müssen heute sogar schauen,
dass das Notwendige überhaupt noch finanziert werden
kann! Das Beklemmende an der momentanen Situation ist
die Tatsache, dass wir eine Zeit der massiven Erhöhung der
Staatsquote - wie ich hoffe - hinter uns haben und das Geld
trotzdem nicht ausreicht.
Daher scheint es mir wichtig zu sein, dass das Primat der
Finanzpolitik dafür sorgt, jetzt wieder Spielräume zu
schaffen, um morgen wieder mehr zum Gestalterischen
zurückkehren zu können! Unsere Kinder sollen nicht nur
später unsere Schulden verwalten müssen!
Eine grosse Frage in diesem Zusammenhang lautet aber, wie
lange es geht, bis der Expresszug zum Stoppen gebracht
werden kann, nicht nur in den Köpfen der SRK-Mitglieder
oder von uns Grossrätinnen und Grossräten, sondern auch in
den Köpfen unserer Bürgerinnen und Bürger und zwar auch
dann, wenn persönliche Betroffenheiten mitspielen!
13. Januar 2004
Die Regierung ihrerseits wurde sich des Problems auch
bewusst und hat einen Massnahmenkatalog mit
Entlastungsmassnahmen vorgeschlagen, der zusätzlich zur
gewalteten Budgetdisziplin innerhalb von 3 Jahren dazu
führen soll, den Haushaltsausgleich zu erreichen. Die CVPFraktion steht mit wenigen Ausnahmen hinter diesem
Anliegen.
Die
von
der
Regierung
aufgezeigten
Entlastungsmassnahmen oder auch die Massnahmen von
ALÜP zeigen aber auf, dass viele Ausgaben gesetzliche
Grundlagen haben. Die Gesetze stammen meistens noch aus
der sogenannten euphorischen Glaubenszeit, als alles
machbar schien und das Fatale ist, dass man sich an das
Angenehme schneller gewöhnt als an das Unangenehme.
Eine weitere Unart des Sparens überall ist die Verlagerung.
Was der Bund in extenso vormacht, kann der Kanton nicht
einfach schlucken ohne in Anorexie oder sogar Bulimie zu
verfallen! Das Weiterschieben auf die Gemeinden als
Ausweg scheint hier vorprogrammiert. Ich hoffe, dass von
der mit vielen Vorschusslorbeeren ausgestatteten
Bundesregierung hier neue Signale kommen! Leider habe
ich
aber
von
Damit kommen wir zum Budget 2004, das uns die SRK mit
einem Defizit von 8,9 Mio. Franken zur Debatte und
Abstimmung vorlegt.
einem Aargauer Ständeherr vernehmen müssen, dass das
neu angekündigte Sparpaket noch mehr als bisher auf dieser
ausgefahrenen Schiene laufen soll!
Die CVP-Fraktion erachtet die Finanzpolitik der Regierung
als richtig und mutig. Wir müssen die Defizitdynamik
durchbrechen! Betrachtet man das Budget 2004, so ist man
zuerst angesichts des massiven Ausgabenwachstums dem
Budget 2003 gegenüber erschreckt. Wird dieses
Ausgabenwachstum bereinigt, so bleiben immer noch 137
Mio. Franken übrig. Davon sind aber 96 Mio. Franken vom
Kanton nicht beeinflussbar. Es bleibt also für den Kanton
verflixt wenig übrig, um Schwerpunkte zu setzen! Trotzdem
müssen wir aber feststellen: wir sprechen hier nicht von
Rücknahmen von Budgetpositionen, sondern von einem
"weniger schnellen Wachstum"! Das von der Regierung mit
29 Mio. Franken veranschlagte Defizit ist der CVP-Fraktion
zu hoch. Die CVP akzeptiert ein Budgetdefizit von maximal
1,1 Steuerprozent, also ca. 14 Mio. Franken. Damit sind wir
beim Steuerfuss. Die CVP Fraktion unterstützt
grossmehrheitlich das Dispositiv der Regierung für das
Budget 2004. Das heisst also: jetzt keine Steuererhöhung für
den Konsum! Die Bürger sollen mit dem Geld investieren!
Ich spreche kurz zu den Entlastungsmassnahmen: Das
Prinzip wird von der CVP begrüsst; wir brauchen
Massnahmen zur Entlastung, die weiter greifen als der
alljährlich stattfindende Budgetprozess. Zu einigen
Entlastungsmassnahmen im Bildungsbereich sagen wir nein;
wir werden uns dazu an gegebener Stelle äussern. Einige der
Entlastungsmassnahmen verschieben Lasten vom Kanton
hinunter zu den Gemeinden. Für die Gemeinden, die im
Moment gerade einer Lastenverteilung - kostenneutral zugesagt haben, ist dies ein harter Brocken! Zwar sind die
Finanzströme zwischen Kanton und Gemeinden bekannt,
doch mit einer solchen Verschiebungskeule haben sicher die
wenigsten gerechnet. Dass die Gemeinden mehr als nur
verschnupft sind, ist mehr als begreiflich, löst aber letztlich
das Problem nicht. Darum muss in diesem Bereich eine sehr
intensive, sachliche und lösungsorientierte Diskussion
zwischen der Regierung und den Gemeinden stattfinden. In
dieser Diskussion muss auch der Steuerfuss des Kantons ein
Thema sein! Es kann nicht sein, dass Gemeinden den
Steuerfuss erhöhen müssen und der Staat schöpft sein
Potential nicht voll aus. Daran darf die Diskussion nicht
scheitern, es steht zuviel auf dem Spiel!
Die CVP spricht sich auch für die Kürzung beim Stellenplan
aus. Doch muss die Regierung Zeit haben. Wir wollen
weniger Stellen, aber erst per Ende 2004. Die Regierung
muss aufzeigen, ob die Stellen durch Effizienzgewinn
eingespart werden oder durch Zurücknahme von Leistungen.
Ganz zum Schluss noch etwas zum Nulldefizit. Mit
Budgetkosmetik können wir das sicher erreichen, z.B. mit
einer Erhöhung der Steuerschatzung! Die CVP will seriöse
Budgetpolitik und keine Handgelenk mal Pi Methoden! Das
Nulldefizit verliert auch seinen Nimbus, wenn einfach in
Kauf genommen wird, NKs zu provozieren, die immer
weniger - siehe die Debatte im Dezember 03 - kompensiert
werden können. So einfach will sich die CVP den
Budgetalltag denn doch nicht gestalten! Wir stehen hinter
den Vorschlägen der SRK und wollen diese so
durchbringen. Lehnen Sie bitte alle Rückweisungsanträge
ab, denn wir brauchen ein Budget!
Patricia Schreiber-Rebmann, Grüne, Wegenstetten: Ich
spreche im Namen der Fraktion der Grünen. Der Kanton
Aargau
ist
kein
Sanierungsfall,
sondern
eine
Lebensgemeinschaft. Diese Lebensgemeinschaft ist stark
bedroht. Statt dass die Starken die Schwachen stützen,
passiert genau das Gegenteil! Wir versuchen seit Jahren
einseitig zu sparen: bei denjenigen Personen, die sich
schlecht wehren können, weil sie nicht stimmberechtigt sind
oder die die Sprache nicht kennen oder weil sie zu den Tierund Pflanzengruppen gehören, die sich demnächst aus der
2667
13. Januar 2004
aargauischen Lebensgemeinschaft verabschieden - sprich
vom Aussterben bedroht sind! Das Budget 2004 wird seit
Monaten diskutiert - leider nicht inhaltlich, sondern lediglich
auf einer ganz simplen sturen Zahlenübung. Wenn das so
weitergeht, braucht es keine Parteien mehr mit politischen
Inhalten, sondern lediglich Finanzfachleute!
Wir bedauern, dass einmal mehr viel Zeit investiert wurde,
um das Budget um lediglich 28 Mio. Franken zu
korrigieren! Mit einer befristeten Steuererhöhung oder mit
Korrekturen auf der Einnahmenseite hätten wir uns viel
Arbeit
und
Ärger
sparen
können!
Die
Entlastungsmassnahmen lehnen wir zum grössten Teil ab.
Solche drastische Sparübungen wären nicht nötig, wenn den
Schulden auch unsere Vermögenswerte gegenübergestellt
würden! Wir begrüssen es daher sehr, dass die Regierung
endlich die Harmonisierung analog den Rechnungsmodellen
der übrigen Kantone vorgesehen hat.
Wir verstehen überhaupt nicht, warum die Regierung diese
Sparübung mitmacht und Herr Landammann Beyeler diese
sogar noch verteidigt. Was stört uns an diesem Budget? Fast
alles! Zum Beispiel werden Praktikumsstellen nicht besetzt oder es werden keine konzeptionellen Diskussionen in den
Fachkommissionen geführt, sondern viele Sparmassnahmen
einfach so von der Staatsrechnungskommission durch
Überstimmung einer Minderheit beschlossen, und so weiter
und so fort. Wir Grüne werden uns gegen einzelne
Sparmassnahmen wehren und zum Teil eigene Anträge
einbringen. Je nach Verlauf der Diskussion behalten wir uns
also mehr zusätzliche Einnahmen nötig, wie es schon
verschiedene Votanten gesagt haben!
Der Aargau leistet weniger - auch für seine Bevölkerung:
ALÜP,
Ausgabenund
Schuldenbremse,
Entlastungsprogramm, Senkung der Staatsquote - an allen
Ecken und Enden wird versucht, Aufgaben abzubauen oder
nicht mehr weiter auszubauen.
Zugegeben, nicht alle Massnahmen sind kritisch zu
hinterfragen: neben den fragwürdigen gibt es durchaus
solche, die problemlos realisierbar und nicht bestritten sind.
Einzelne Massnahmen im Entlastungsprogramm werden uns
aber von der Regierung präsentiert wie die Abfolge von
schauerlichen Bildern bei einer Geisterbahn. Es scheint, dass
es die Exekutive selber graust ob ihrer Visionen! Wie sonst
könnte sie bei den Konsequenzen immer wieder den Teufel
an die Wand malen?
Straftäter sollen auch bei schlechter Prognose vorzeitig
entlassen werden; es soll auf gezielte Ermittlung gegen
Hintermänner im Drogenhandel verzichtet werden;
ungenügende Kontrollen im Waffenrecht werden aus
Personalmangel in Kauf genommen; grössere Klassen
führen zu einem Qualitätsabbau an den Schulen; im
Gesundheitsbereich
bergen
defekte
Geräte
ein
Zwischenfallrisiko. Die Botschaft der Regierung ist
widersprüchlich:
Grossrat,
sag
Ja
zu
den
Entlastungsmassnahmen - aber wehe, wenn du Ja sagst!
Der Aargau baut ab und verschiebt: Viele Sparmassnahmen
sind Verschiebungen auf später, auf andere Zahler, die
Gemeinden, Private. Gerade die Abschiebungen auf die
Gemeinden stossen auf erheblichen Widerstand. Richtige
Sparsamkeit ist etwas Gutes - grosses Sparpotential liegt bei
den Konten 3185 "Externe Dienstleistungsaufträge". Vieles
könnte das Staatspersonal nämlich günstiger und
2668
Art. 1713
vor, das Budget abzulehnen. Der Aargau ist kein
Sanierungsfall, sondern eine Lebensgemeinschaft - setzen
wir dies nicht aufs Spiel!
Dr. Heidi Berner-Fankhauser, EVP, Lenzburg: Der Aargau
verbindet. Der Aargau leistet viel - auch für seine Nachbarn.
Der Aargau feiert und festet! Das galt im Jubeljahr 2003.
Das Motto für 2004 könnte lauten: Der Aargau trennt. Der
Aargau leistet weniger - auch für seine Bevölkerung. Der
Aargau baut ab und verschiebt!
Der Aargau trennt: An den Jubiläumsanlässen hat sich der
Aargau grosszügig, phantasievoll und volksnah präsentiert.
Allen Schichten und Kreisen wurde etwas geboten, von
Geisterbahn bis Openairoper. Nun werden die Schichten
wieder getrennt. Das Entlastungsprogramm wird
Einschränkungen bringen, die spürbar sind. Doch wer wird
es spüren? Trifft es nicht wieder die Schwachen, die Kinder
und Jugendlichen, die Kranken und Behinderten und die
Natur? Die Kinder wenigstens - und mit ihnen viele Eltern
und Lehrkräfte - haben sich gewehrt, beispielsweise für das
TW. Andere Betroffene sind leiser, die Behinderten oder die
Natur beispielsweise. Die Entlastungen beziehen sich
jeweils auf den Finanzplan, den dieser Rat nie abgesegnet
hat. Die Ausgaben des Kantons steigen bekanntlich weiter
an, einfach nicht in dem Masse, wie im Finanzplan
vorgesehen. Es ist offenbar so, dass Leistungen in gleicher
Qualität jedes Jahr mehr kosten. Zum wirklichen
Budgetausgleich
sind
brauchbarer selber leisten. Weiter könnte man
beispielsweise auf spezialformatige Broschüren für die
Weiterbildungsangebote des Personals verzichten - eine
Information übers Intranet reicht. Oder Beiträge an die
Pferdezucht sind doch keine Staatsaufgabe in heutiger Zeit,
wo alle Transportmittel mit mehr PS bevorzugen!
Für die Massnahmen B2 und C, die später erst greifen, muss
seitens der Regierung noch viel Überzeugungsarbeit
geleistet
werden,
sonst
droht
das
dritte
Aufgabenteilungspaket zu scheitern!
Was das Jahr 2004 betrifft, bleibt uns keine andere Wahl, als
dem Voranschlag mit den meisten Entlastungen so
zuzustimmen. Eine Rückweisung bringt nichts Vernünftiges.
Ein Kanton, der seine Aufgaben erfüllt, ist der EVP-Fraktion
aber wichtiger als ein Voranschlag mit einem Nulldefizit.
Bei einigen Massnahmen werden wir deshalb ablehnende
Anträge unterstützen oder selber stellen, auch wenn dies zu
einem grösseren Defizit führt, namentlich im Bereich der
Sicherheit, Gesundheit und der Bildung. Gerade diese
Faktoren tragen wesentlich zu einer hohen Standortqualität
bei und sind für viele Leute weit wichtiger als ein tiefer
Steuerfuss!
Hansjörg Knecht, SVP, Leibstadt: Ich spreche im Namen
der SVP-Fraktion. Die SVP hat auf die zunehmenden
Verschlechterungen im Staatshaushalt schon frühzeitig
reagiert. So trägt die Finanzinitiative unsere Handschrift,
welche
zur
Einführung
einer
Ausgabenund
Schuldenbremse führen soll. Dazu erinnere ich an unsere
Vorstösse:
Motion
zur
Einführung
eines
Aufgabenund
Projektmoratoriums;
Motion
zur
Reduktion
der
Staatsausgaben; Motion betreffend Stellenabbau ab 2004. Es
ist für uns unverständlich, dass aufgrund der düsteren
Art. 1713
13. Januar 2004
Finanzlage diese nach wie vor in der Schublade des
Regierungspultes liegen!
Nachdem die Regierung im Sommer zum sich
abzeichnenden Debakel für das Budget 2004 noch einen
hilflosen Eindruck hinterlassen hatte, durfte anfangs
September mit den Entlastungsmassnahmen eine konkrete
und nicht erwartete Reaktion festgestellt werden. Dies
anerkennen wir! Der Regierungsrat will aber weiterhin
absichtlich - so macht es jedenfalls den Anschein - kein
ausgeglichenes Budget vorlegen. Denn es ist wenig
glaubhaft, dass Entlastungsmassnahmen von fast 800 Mio.
aufgezeigt werden, und es schliesslich dann nicht auch noch
gelingen soll, die restlichen mit der Botschaft ursprünglich
vorgeschlagenen 28,9 Mio. wegzubringen. Der Eindruck
liegt nahe, dass die Regierung immer wieder auszuloten
versucht, welches Defizit gerade noch von einer Mehrheit
hier akzeptiert werden könnte. Auf dieser Klaviatur hat sie
auch während der Kommissionsberatung gespielt, ist sie
doch immer wieder im letzten Moment durch
Entgegenkommen am Desaster einer Rückweisung
vorbeigeschlittert.
Die Entlastungsmassnahmen können wie folgt kommentiert
werden: Zahlreiche Einnahmenpositionen werden namhaft
erhöht. Vielerorts wird nicht gespart, sondern die
Zuwachsraten
gegenüber
dem
regierungsrätlichen
Finanzplan werden vermindert.
Echte Einsparungen, sprich Ausgabenreduktionen - über die
Jahre 2004 bis 2006 betrachtet - liegen eigentlich nur seitens
des GD und BKS vor. Die andern Departemente haben hier
noch Nachholbedarf.
Zur Beschlussfassung: Für die SVP halte ich
unmissverständlich fest, dass sich an unserer seit Beginn der
Legislatur eingenommen Haltung nichts geändert hat. Wir
stimmen deshalb dem Voranschlag 2004 nur zu, wenn am
Schluss der Beratungen eine Null herausspringt.
Zur Synopse (grün) der Entlastungsmassnahmen: Sämtliche
Massnahmen finden unsere Unterstützung mit folgenden
zwei Einschränkungen:
Departement
des
Innern:
Die
Erhöhung
Grundbuchabgaben wird abgelehnt, analog SRK.
der
Baudepartement:
Die
Wiedererwägung
der
Gemeindebeiträge für den ÖV sollen durch Einsparungen im
gleichen Umfange beim Baudepartement kompensiert
werden. Sie können noch mit einem entsprechenden Antrag
aus unseren Reihen rechnen.
Zum Bildungsbereich: Die SVP-Fraktion hat sich im Beisein
von Regierungsrat Huber umfassend mit den Massnahmen
im Bildungsbereich auseinandergesetzt. Aufgrund der
erhaltenen Informationen und Umsetzungsideen erachten
wir alle als verantwortbar, so auch die am meisten
umstrittenen:
Die Erhöhung der Maximalzahlen wird befürwortet. So
findet der Antrag der Regierung unsere Unterstützung.
Die Massnahmen beim Textilen Werken: Die Grundlagen
für eine Reduktion beim Textilen Werken liegen auf dem
Tisch. Eine Verschiebung des Entscheides auf 2005 bringt
nichts. Wir unterstützen mit deutlicher Mehrheit auch hier
den Antrag der Regierung.
Die Umsetzung der Massnahmen wurde teilweise schlecht
und vielleicht auch etwas verspätet kommuniziert. Es muss
aber gesagt werden, dass gewisse Kreise diese offensichtlich
auch bewusst falsch interpretiert haben. Dies verhinderte
eine sachliche und inhaltliche Diskussion.
Dank den Beschlüssen der SRK ist der Budgetausgleich nun
aber massgeblich näher gerückt. Aufgrund der noch
bestehenden geringen Defizithöhe tritt die SVP mehrheitlich
auf die Beratungen ein. Ich stelle Ihnen aber weitere Anträge
unserer Fraktion in Aussicht, um diesen Budgetausgleich zu
erreichen. Wir rechnen hier auch mit einer konsequenten
Haltung unserer bürgerlichen Partner, welche in der
Vergangenheit ebenfalls mit finanzpolitischen Vorstössen
eine Abkehr von der Schuldenwirtschaft gefordert haben.
Zu den Anträgen der SRK bzw. der Regierung: Festlegung
Steuerfuss: Eine Anhebung, mit welcher sich dem
Vernehmen nach bereits auch eine bürgerliche Partei
befasst, kommt für uns unter keinen Umständen in Frage.
Für 2004 unterstützen wir die Beibehaltung. Ein zukünftiges
Rückfahren des Staatssteuerfusses muss wieder ins Auge
gefasst werden. Ich erinnere, dass vor wenigen Jahren noch
97% bzw. 102% Gültigkeit hatten.
Zum Gesamtstellenplan: Die Anträge der SRK im
Stellenbereich gehen zu wenig weit. Wir werden deshalb
noch einen Antrag zu einem weitergehenden Stellenabbau
bringen, so wie dies unsere Motion verlangt. Dies auch im
Hinblick auf eine nachhaltige Balance des Haushaltes für die
folgenden Jahre.
Zu den Querschnittsbereichen auf Seite 21 im blauen Teil:
Wir fordern den Regierungsrat zudem auf, das
Ungleichgewicht der Sparbemühungen unter den
Departementen auszugleichen. Die von diesem Plenum
gefassten Beschlüsse im Personalbereich sowie bei den
Pauschalmassnahmen sind deshalb in bedeutendem
Umfange in den Departementen Baudepartement und
Departement des Innern umzusetzen!
Vorsitzende: Wir kommen zu den Einzelvoten.
Leo Erne, CVP, Döttingen: Warum tritt die CVP auf 4
Massnahmen beim BKS nicht ein? Aus Freude am
politischen Spiel? Nein! Auf Druck der Strasse? Nein, denn
wir haben diese Position schon früh, am 23. November
bezogen. Unter dem Eindruck der vielen Mails, Zuschriften,
Zeichnungen und Briefe, die wir erhalten haben (ich durfte
persönlich aus dem Schulhaus Döttingen auch einen Stapel
mit nach Hause tragen)? Nein! Weil wir etwa gar unserem
Bildungsdirektor und der Regierung in den Rücken fallen
und doch nicht am Sparziel festhalten wollen? Nein!
Wir haben folgende Gründe: Als bürgerliche Partei tragen
wir Verantwortung aus der Sicht der Gesellschaft, aus der
Sicht der Jugend, auch der KMU, der Lehrmeister, der
Familie für vernetztes Denken. Deshalb kommen folgende 4
Massnahmen für uns nicht in Frage und ich schliesse mich
gerne dem Votum von Herrn Knecht an: Entscheiden wir
heute und machen wir keine Verzögerungstaktik! Es ist
erstens die Massnahme der etappenweise Erhöhung der
Maximalzahlen pro Abteilung in der Sekundar- und
Bezirksschule, die BKS 4 Massnahme; zweitens die
prozentuale Kürzung des globalen Stundenpools an den
2669
13. Januar 2004
Kantonsschulen, Massnahme BKS 10. Drittens die
Reduktion des Textilen Werkens um eine Wochenlektion in
der 2.-5. Klasse, BKS 5. Viertens die Erhöhung der
Mindestbestände der Abteilung an den Primarschulen B2
allerdings, die Massnahme BKS 16.
Zweiter Grund: Unsere Forderungen decken Sich mit dem
Parteiprogramm, das wir nicht erst gestern geschrieben
haben. Dort ist nachzulesen, dass die CVP ein nachhaltig
hochwertiges Bildungssystem will, das auf einer gesunden
finanziellen Basis beruht. Es ist aber auch identisch mit dem
Leitbild Schule Aargau und ich schaue bewusst zur FDP und
zur SVP. Sie erinnern sich vielleicht, wie wir damals in
einer Nacht- und Nebelaktion uns bemüht haben, die Ziele
zu korrigieren und den Dreiklang von Kopf, Herz und Hand
Beachtung und ihren Platz zu verschaffen.
Das Durchsetzen dieser 4 Massnahmen kommt bereits
mittel- um nicht zu sagen langfristig den Kanton teurer zu
stehen. Am Beispiel des Textilen Werkens lässt sich das
ganz einfach darstellen. Wir haben dann mehr Aufwand bei
der Ergotherapie und der Psychomotorik. Die Lehrmeister
wissen ja, wovon ich spreche, wenn sie sich beklagen, wie
das Lehrlingsmaterial - um dieses Wort zu gebrauchen heute aussieht. Gerade auch beim Textilen Werken ist es so,
dass wir hier eine kulturelle Entwicklungsaufgabe haben,
weil nicht nur die ausländische, sondern auch die
schweizerische Kultur aufgrund des gesellschaftlichen
Wandels gelitten hat.
Wir wollen die Regierung punktuell aus dem Fegfeuer des
Sparens befreien. Der Grosse Rat ist verpflichtet, die
Regierung im Übereifer zurückzuholen und auf Normalspur
zu führen. Wir haben ja schliesslich die Regierung auch
dorthin gedrängt und sie hat ihre Aufgaben erfüllt. Es wird
bei den Abstimmungen hoffentlich eben heute und nicht erst
bei den zur Diskussion stehenden sogenannten
"Entlastungsmassnahmen" und dem daraus abgeleiteten
Staatsvoranschlag geht es um die Lebens- und
Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten im Aargau. Was
hier geplant ist, ist ein Kahlschlag, der dem Standort Aargau
beträchtlichen Schaden zufügen wird, sollten vom Grossen
Rat auch nur die gravierendsten Schnitte beim Personal, bei
der Bildung, der Gesundheit, der Sicherheit und beim
Umweltschutz gemacht werden! Es ist ein Irrtum zu glauben
- und man muss schon sehr gläubig sein, um so was mit so
viel Geld (das die Personalverbände nicht zur Verfügung
hätten) als Inserat zu platzieren -, mit den beantragten
Massnahmen werde nur ein Ausgabenzuwachs gebremst.
Sie wissen es alle ganz genau, und wir werden Sie auch
noch hören, wenn die Massnahmen dran kommen, die Sie
selber angehen: Viele der geplanten Abbaumassnahmen
gehen ans Lebendige, treffen Unschuldige, richten
nachhaltigen Schaden an - und kommen vor allem teuer zu
stehen.
Die Milchbüchleinarithmetik, die Sie einmal mehr
vorführen, starrt gebannt auf die Staatsquote und bedenkt
dabei nicht, dass vier Kinder die Familie mehr kosten als
zwei. Das heisst, dass mit den Jahren mehr Aufgaben und
auch eine grössere Bevölkerung zur Ausgabenzunahme
geführt haben. Diese Milchbüchleinarithmetik ist leider
symptomatisch für ein Staatswesen, das nur noch in Zahlen
denkt. Und leider - auch das muss gesagt werden - über
unvollständige Zahlen! Denn was zum Beispiel im
Schulbereich weggespart werden soll, wird später bei
2670
Art. 1713
in einem Jahr bei dieser und jener Massnahme sehr knapp
werden. Ich spreche nochmals diesen Sektor an: Ich bitte
Sie, aus Ihren Herzen keine Mördergrube zu machen und im
Interesse des gesamtheitlichen Denkens der Nachhaltigkeit
zum Durchbruch zu verhelfen! Ich denke nicht zuletzt an die
jüngeren Ratsmitglieder und ich denke an die Frauen und
ich denke insbesondere auch an die Lehrmeister. Später zu
jammern, hilft dann nichts mehr! Die CVP-Fraktion dankt
Ihnen, wenn Sie unseren Anträgen, die wir dann stellen
werden, zustimmen!
Nachsatz 1: Zwischen Felsenau und Koblenz muss eine
Brücke saniert werden: Sie kostet plötzlich ungefähr das
Doppelte, mehrere Millionen mehr als ursprünglich
angenommen. Wir werden diese Millionen schweren
Herzens bewilligen. Ich greife nicht vor und ich fasse kein
Urteil, aber ich wage die Frage zu stellen, ob heute Planer
und Ingenieure mitunter das vernetzte Denken, die
Zusammenarbeit und das Prüfen von Schnittstellen
vergessen haben? Von der Brücke Laufenburg spreche ich
nicht mehr.
Nachsatz 2: Man wird nun sofort einwenden, das betreffe
die
Strassenkasse.
Wie
wollen
Sie
unseren
Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern im Kanton
weismachen, was der Unterschied ist? Für die Bevölkerung
gibt es einen Schuldenberg und ein Bildungssystem und ein
Baudepartement, Kässeli hin oder her! Sollte dieser
Sparwille, der uns nun beseelt und hoffentlich auch zum Ziel
führt, aber undifferenziert und auch ein Stück weit
sparwütig geführt werden, müsste die CVP-Fraktion im
Falle dieser 4 Massnahmen sagen: Argovia, uns graut vor
dir!
Katharina Kerr Rüesch, SP, Aarau: Ich spreche im Namen
aller Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerverbände, denn
schulpsychologischen,
allgemein
gesellschaftlichen,
wirtschaftlichen und anderen Folgekosten zu Buche
schlagen. Das wissen Sie zwar alle, aber Sie tun so, als sei
es nicht so! Das nennt man im besten Fall Verdrängen, es
gibt auch stärkere Wörter dafür!
Auf jeden Fall ist dies keine seriöse Politik! Es ist unseriös,
wenn
pädagogische
Probleme
(so
bei
den
Einschulungsklassen) oder die Planung der Gesundheitsund Heimpolitik im Aargau (Schliessung Bezirksspital
Brugg) über eine Kürzung in einem beliebigen Budget
"erledigt" werden. Oder sollten diese suboptimal fundierten
Vorschläge bereits eine Folge des Sparens in der
Verwaltung sein, das Sie offenbar als letzten Strohhalm bei
Ihrer Aktion "Bär waschen, aber Fell nicht nass machen"
glauben gefunden zu haben? Sehr geehrte Herren
Regierungsräte, diese Ironie brauchen wir nicht! Liebe
Kolleginnen und Kollegen, solche vermeintlichen
Strohhalme halten nie!
Wir können diese Art der Politik nicht mitverantworten. Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kantons und vieler
Betriebe im Aargau und auch die Rentnerinnen und Rentner
haben viele Opfer gebracht und bringen sie noch heute. Sie
wollen vor allem eines: leben, - und zwar in einem Kanton,
der als Arbeitgeber seine Verantwortung wahrnimmt, der die
verfassungsrechtlichen Garantien achtet, für eine
ausreichende Bildung und Ausbildung auf der Basis der
Chancengleichheit sorgt, der an eine Zukunft glaubt und die
Umwelt schützt, der nicht nur die Reichen schont mit
Art. 1713
Steuernachlässen, sondern der das Ganze im Auge behält
und etwas für den ganzen Standort leistet! Wir brauchen
Aufschwung und nicht noch mehr Arbeitslose und
Depression, wir brauchen Lehrstellen und nicht noch mehr
verzweifelte Schulabgängerinnen und -abgänger und
Familien!
Wir müssen uns immer wieder fragen, was das für eine
Regierung ist, die Schutzbehauptungen aufstellt ("Wir
übernehmen Verantwortung", "Wir wollen eine gute
Bildung, aber der von uns vorgeschlagene Abbau ist zu
verantworten", "Die Spitalqualität ist gut und wird es
bleiben, trotz zusätzlichem Abbau") und beim ersten
richtigen Windstoss von rechts fällt diese Regierung flach
ab! Das kann wohl nicht nur mit den begreiflichen Ängsten
vor der kommenden Regierungsratswahl zusammenhängen.
Kann man eine solche Regierung wirklich respektieren, wie
man das können sollte?
Die Verbände haben gezeigt, dass sie willens und in der
Lage sind, sich zu wehren. Selbst der äusserst
verantwortungsbewusste
Polizeiverband
führt
eine
Volksinitiative für genügend Stellen im Köcher, seit gestern
wird diese vorbereitet. Wir bieten schon lange Hand für eine
gerechte Opfersymmetrie, nicht aber für einen tollkühnen
Kahlschlag!
Ich möchte noch ein Wort an Herrn Rudolf Hug richten: Sie
haben sich in Ihrem Votum gestattet zu sagen, man habe
Schülerinnen und Schüler für diese Aktionen missbraucht.
Ich nehme an, Herr Hug ist nicht genügend informiert, wenn
er so etwas hier behaupten kann. Es ist nicht so. Was
stimmt, ist - und das haben die Regierung und die
Sparapostel in diesem Rat zu verantworten -, dass die
Jugend zunehmend politisiert wird. Sie wird dann politisiert,
wenn man ihr an den Kragen geht. Die Lehrerinnen und
Lehrer haben ihre Aufgabe wahrgenommen und haben dies
den Kindern erklärt.
Im Übrigen möchte ich Sie auf die beiden grossen Inserate
hinweisen, - heute ist eines in der AZ abgedruckt: Streichen
Massnahmen B2 und C Rahmen des Budgets beraten
werden. Diese Massnahmen hätten aufgrund ihres
Finanzplancharakters separat behandelt werden müssen.
Zur Kommunikationspolitik: Obwohl in den einzelnen
Departementen die Kommunikationsbeauftragten nicht zu
knapp dotiert sind, gelang es der Regierung über weite
Strecken dieses Quartals nicht, zeitlich und optimal zu
informieren. Gerade im Bildungsbereich verlief die
Kommunikation aus dem Departement heraus, aber auch
innerhalb des Parlamentes nicht optimal. So hat mich die
Präzisierung zu den Sparmassnahmen (datiert mit 21.
November) weder als Mitglied der Bildungskommission,
noch als Ratsmitglied erreicht. Ich hatte keine Kenntnis über
die Existenz dieses Papiers, bis ich es über Umwege erhalten
habe. Auf der andern Seite habe ich es auch bedauert, dass
weder die budgetrelevanten Entlastungsmassnahmen noch
die
Vernehmlassung
der
Sammelvorlage
Verfassungsänderungen und Gesetzesänderungen in der
Kommission besprochen werden konnten.
Und
nun
ein
allgemeines
Wort
zu
den
Entlastungsmassnahmen im Bildungsbereich. Nachdem sich
das Parlament schon vor 2 Jahren in einer mühsamen
Erbsenzählerei-Übung
mit
regierungsrätlichen
Budgeteinsparungsvorschlägen an der Schulfront befassen
13. Januar 2004
Sie alle ihre bürgerlichen bis knatschbürgerlichen
Kolleginnen und Kollegen an, die dort mitunterschrieben
haben und überdenken Sie Ihre Meinung und Ihre Aussagen
über dieses Thema! Ich danke Ihnen!
Rolf Walser, FDP, Baden: Auch ein gutes Vierteljahr nach
Bekanntgabe der Entlastungsmassnahmen 2003, nach
unzähligen Protestkundgebungen der Lehrerschaft und der
Bevölkerung, nach Podiumsdiskussionen, nach unzähligen
Briefzusendungen, nach Versuchen der Regierung, die
Informationsnotstände zu beheben und die Massnahmen zu
rechtfertigen, komme ich nicht darum herum, an dieser
Stelle die Übungsanlage Entlastungsmassnahmen 03
generell
und
die
Kommunikationspolitik
des
Regierungsrates im Speziellen zu kritisieren.
Grundsätzlich kann ebenfalls festgehalten werden, dass mit
dieser Vorlage dem Grossen Rat einmal mehr der Ball
zugespielt, unpopuläre Sparmassnahmen zu beraten, die nur
zu einem bescheidenen Teil den Stellenplan der
Zentralverwaltung tangieren und gerade im Bildungsbereich
einen erheblichen Abbau von Qualität und Leistung nach
sich ziehen. Statt in der Bürokratie, soll massgeblich wieder
im Schulzimmer gespart werden!
Zur
Übungsanlage:
Die
Übungsanlage
Entlastungsmassnahmen 03 hat uns als Milizparlamentarier
in jeder Hinsicht an die Grenze des Zumutbaren getrieben
und teilweise vor grosse Rätsel gestellt. Auch hier und heute
fehlt mir die Gewissheit, beim Beschluss einzelner
Massnahmen die effektive Einsparung genau zu kennen. Das
gesamte Zahlenmaterial fusst auf einem nicht im Rat
behandelten Finanzplan - wir bewegen uns sozusagen in
einem virtuellen Zahlenraum. Bei gewissen Massnahmen
fehlt mir zudem aus rein pragmatischen Überlegungen der
Glaube an die effektive Einsparung. Ich bedaure es zudem,
dass neben den für das Budget 2004 relevanten Massnahmen
nun
auch
die
musste (Stichwort: Lektionentafel Deutsch, Mathematik am
Gymnasium), stehen wir nun wieder am gleichen Ort. Der
Unterschied besteht heute darin, dass auch die
Staatsrechnungskommission gewisse Massnahmen im
Bildungsbereich - wie Reduktion Textiles Werken oder
maximale Klassengrösse auf Sekundarstufe 1 - nicht
mittragen will und im Stellenplan der Zentralverwaltung
eine Opfersymmetrie fordert - das ist begrüssenswert.
Leider ist von der SRK der Antrag nicht gestellt worden,
auch auf die Massnahmen im Bezirksschulbereich zu
verzichten. Die Regionalisierung des Unterrichts der
Wahlfächer an den Bezirksschulen wird zur Folge haben,
dass Latein an den ländlichen Schulen verschwinden und der
progymnasiale Charakter der Bezirksschule gefährdet wird.
Sparen wir zudem wirklich, wenn wir die minimale
Schülerzahl an der Bez. anheben, gleichzeitig aber keine
Kontrollmechanismen für die Zuteilungspraxis aus der 5.
Klasse heraus haben? Ich bezweifle dies! Wir bewegen uns
hier in einem virtuellen Raum und hätten auf der andern
Seite handfestere Einsparpotenziale, die unser wichtigstes
Gut, die Bildung nicht tangieren würden.
lch blase hier ins gleiche Horn wie mein Vorredner Leo
Erne und spreche hier unseren Luxus bei den
Verwaltungsgebäuden an. Wir sind doch Weltmeister im
2671
13. Januar 2004
Investieren in Beton. Schauen wir uns neben dem
Prestigebau Behmen II beispielsweise das geplante
Bezirksgericht Baden an. Da unterbreitet uns der
Regierungsrat eine Vorlage, bei der wir als Parlament
zwischen Variante A und Variante A entscheiden können und das Verrückte dabei: Wir als Parlament entscheiden
dann doch für die Variante A, regionalpolitisch gefärbt wie
so oft und weisen das Geschäft nicht zurück und sagen ja zu
einem zehnjährigen Mietvertrag mit Fr. 600'000.-Mietkosten pro Jahr! Eine kleine, aber doch entscheidende
Fussnote am Rande zu diesem Kassenschlager: Die Firma
Denner Immobilen AG hat das Projekt in der Zwischenzeit
an einen weiteren Investor verkaufen können. Hier hätten
wir ein Beispiel, wie wir echt hätten sparen können.
Unsere Jugend hat ein Anrecht auf ein gutes
Bildungsniveau. Investieren wir in unser wichtigstes Gut
und verzichten wir auf Luxus im Bau, eine permanent
wachsende Zentralverwaltung und treiben wir die Aufgabenund Leistungsüberprüfung voran!
Ich bitte Sie, die Anträge der Staatsrechnungskommission zu
unterstützen und gleichzeitig auch, die Abbaupläne an der
Bezirksschule mit Latein und Griechisch abzulehnen!
Martin Bossard, Grüne, Kölliken: Ich stelle Ihnen im
Folgenden vor, warum die Grünen der Meinung sind, dass
die Analyse der finanziellen Situation unseres Kantons
unvollständig ist bzw. teilweise falsch und deswegen die
gewählten Massnahmen ebenfalls unvollständig und
teilweise falsch bzw. kontraproduktiv sind. Ich werde Ihnen
dann zeigen, dass dem Staat mehr Reaktionsweisen auf die
aktuelle Situation zur Verfügung stehen, als bisher diskutiert
wurden und einige Vorschläge machen, wie punkto
Staatsfinanzen aus Sicht der Fraktion der Grünen
vorgegangen werden könnte. Zur Analyse: Die aktuelle
Diskussion geht von der Grundannahme aus, dass Schulden
in jeglicher Höhe a priori schädlich für die Volkswirtschaft
und deshalb zu vermeiden seien. Nach diesem Axiom darf
der Staat erst dann Investitionen tätigen, wenn das nötige
Geld in Form von Steuern und nicht von Banken oder
Obligationären geliehen in seinen Kassen liegt. Der
Nach meinen Ausführungen wird klar, dass nüchtern
betrachtet Schulden in der Regel erstens vorzeitigen und
langfristigen Nutzen schaffen und zweitens der Kanton
Aargau in einer hervorragenden Ausgangsposition steckt
und mitnichten ein "Sanierungsfall" ist.
Die von SVP und FDP inszenierte "Panikmacherei" und der
ganze ineffiziente Sparterrorismus beruhen deshalb auf
unhaltbaren Axiomen und sind volkswirtschaftlich
schädlich! Sie verhindern die dringend nötigen
Investitionen! Die Schweiz und der Kanton Aargau
verschläft weiterhin die Entwicklung und verliert weiter an
Boden, wie schon die letzten Jahrzehnten! Hinzu kommt
unsere fossile Rechnungsführung "à la Milchbüchlein"! Als
letzter Kanton verweigern wir uns ein zeitgemässes
Management-Instrument. Der Kanton wird zum Blindflug
gezwungen. Die Massnahme C4-Einführung des neuen
Rechnungsmodells - soll verschoben werden. Die primäre
und bald einzige Steuerungsgrösse ist die akkumulierte
Verschuldung. Herr Stüssi hat von 30'000 Franken Schulden
gesprochen, die ein Kind in die Wiege gelegt bekommt. Im
Aargau kommt es mit rund 1'000 Franken Schulden auf die
Welt, erhält aber gleichzeitig rund 10'000 Franken Aktiven.
Ich würde da gerne als Kind auf die Welt kommen!
2672
Art. 1713
Hausvater oder der Patron eines Unternehmens der
industriellen Frühzeit ist er darauf bedacht, niemandem
etwas schuldig zu sein, alles aus eigener Kraft zu machen
und das Vermögen zu mehren. Banken sind nur dazu da, die
eigenen Überschüsse aufzunehmen.
Dem steht ein anderes, bürgerliches Axiom fundamental
entgegen: Der Staat als Unternehmen. Es ist mir persönlich
kein Unternehmen mit einem Umsatz von über 3 Mia.
Franken bekannt, wie der Kanton Aargau, welches ohne
Fremdkapital, sprich Schulden auskommt. Reichlich absurd
und ökonomisch fatal auch die Rückübersetzung dieses
Gedankens in den privaten Haushalt oder die
Gesamtökonomie. Kaum ein Haus würde gebaut, ohne
Schulden. Führen nur die schuldenfreien Autos auf unseren
Strassen, wären die Verkehrsprobleme mit einem Schlag
gelöst, weil über 50% auf Pump gekauft sind. Die Banken
wären sinnlos, der Bankenplatz Schweiz ebenfalls und der
Wirtschaftsplatz Schweiz könnte blitzartig einpacken.
Schulden bedeuten in der Regel Investitionen in mittel- bis
langfristige Infrastrukturen, welche den Debitoren den
vorzeitigen Genuss eines erwünschten Gutes, eines Hauses,
Autos, Spitals, einer Ausbildung usw. ermöglichen. Dem
Kreditor erlauben sie die sinnvolle Anlage von
überschüssigem Kapital und die Erzielung einer Rendite. Sie
sind daher, solange der Zinsfuss auf vernünftiger Höhe ist
und der Debitor seine Schuld ohne weiteres bezahlen kann,
ein Vorteil für beide Seiten und für die Banken als
Vermittler ebenfalls. Dies gilt zweifellos auch für den Staat.
Es stellt sich einzig die Frage nach der Höhe der Schulden
und hier geben die verfügbaren Zahlen für den Kanton
Aargau ganz klar Entwarnung. Stichworte: Schon seit
längerer Zeit über 80% Eigenfinanzierung der Investitionen,
mehr Zinseinnahmen als Ausgaben, im interkantonalen
Vergleich Platz 3 der Deutschweizer Kantone beim
Steuerbelastungsindex, gleichzeitig 8 Punkte gestiegen beim
Finanzkraftindex, welcher uns allerdings 40 Mio. Franken
kosten wird, und ein AA+-Rating der einschlägigen
Agenturen. Das ist das zweitbeste nach Zürich und gleich
gut wie die Grossbanken.
Als erste Massnahme zur Verbesserung der Analyse und der
Steuerung muss der Kanton von den Grünen aus deshalb
ohne Verzug diese Milchbüchleinrechnung abschaffen und
endlich einen unverstellten Blick auf die Aktiven und
Passiven werfen können! Die Aktiven sind 10-Mal grösser
als das Fremdkapital, das wir dafür aufgenommen haben.
Wir können also anders reagieren und wir haben mehr
Steuerungsmöglichkeiten. Das ist der zweite Punkt. Wir
haben uns bisher auf Ausgabebeschränkungen und auf
Verschiebungen eingestellt. In unserer Situation können wir
ebenfalls mit Mehreinnahmen oder mit Mehrverschuldung
reagieren, oder wir können eine antizyklische
Abschreibungsstrategie fahren, aber nur wenn wir das neue
Rechnungsmodell haben.
Mehreinnahmen: Da gibt es mindestens 4 Möglichkeiten.
Ich habe das Rechnungsbeispiel gemacht: Wenn man
jeweils die oberste Kategorie der Einkommen und der
Vermögen ein bisschen mehr belastet (mit je 2'000 Franken
pro Einkommen über 150'000 Franken und pro Vermögen
über 1 Mio.), dann hätten wir 40 Mio. Franken mehr in der
Staatskasse. 97% der Aargauer wären davon nicht betroffen.
Die Durchschnittsvermögen bertrügen nur noch 2,431 statt
2,433 Mio. Die durchschnittlichen Einkommen nur noch
Art. 1713
1'998'000 statt 2 Mio. Franken. Es ist für mich keine Frage,
dass die hohen Einkommen in dieser Situation, wenn schon
saniert werden muss, einen besonderen Beitrag zu leisten
haben!
Dann die Sonderprozente für die Sonderzwecke, nämlich für
die SMDK Kölliken und die Sanierung der Pensionskassen:
Die gehören für uns in das Gesamtpaket, wenn es uns ernst
ist. Wir werden einen entsprechenden Antrag stellen.
Schliesslich: Die Strassenkasse muss sich an den
Sparmassnahmen beteiligen. Es geht nicht an, dass die von
den Massnahmen ausgeschlossen ist. Wir müssen das
Strassengesetz wieder dergestalt ändern, wie das mein
Postulat vom September verlangt, dass Bussgelder in die
allgemeine Kasse zurückfliessen und nicht in die geschützte
Strassenkasse. Von mir aus gesehen müssten die 26 Mio.
Franken LSVA-Gelder teilweise in den öffentlichen Verkehr
gesteckt werden und nicht fast ausschliesslich in den
Strassenbau. Da haben wir weiteren Spielraum in 2-stelliger
Millionenhöhe und kommen weit in den schwarzen Bereich
hinein, wenn wir hier endlich gewillt sind, vom Dogma der
Einnahmenvermeidung abzuweichen!
13. Januar 2004
können, um die Massnahmen im Bereich ÖV damit zu
finanzieren. Zur Kompensation müssen halt - und da muss
die Strassenkasse ihren Beitrag leisten - Strassenbauprojekte
zeitlich erstreckt werden oder allenfalls die im
interkantonalen
Vergleich
sehr
tiefen
Motorfahrzeugabgaben verursachergerecht erhöht werden!
Eine temporäre, weitere Verschuldung ist nach den heute
gängigen, ökonomischen Modellen nützlich oder zumindest
unschädlich. Eine Nullverschuldung ist ein unhaltbares
Axiom, welches nirgendwo praktiziert wird ausser in der
Schweiz und im Kanton Aargau, ohne Erfolg! Die
Diskussion über das Ausmass und die Entwicklung der
Schulden muss bald und unter Beizug der Wissenschaft
geführt werden! Das neue Rechnungsmodell, die
Massnahme C4 ist überfällig und darf auf keinen Fall
gestrichen werden, sie muss vorgezogen werden! Ein neues
Rechnungsmodell würde einen entkrampfteren Umgang mit
Fremdkapital, sprich Schulden, erlauben und auf der
anderen Seite der Bilanz die über 5 Mia. Franken Aktiven
sichtbar machen! - (Vorsitzende: Herr Bossard, ich bitte Sie,
zum Schluss zu kommen, Ihre Redezeit ist abgelaufen!) Ich habe geschlossen.
Schliesslich habe ich ausgeführt, dass Verschuldung nicht a
priori etwas Schlechtes ist. Schauen Sie nach Deutschland:
Mit der riesigen Verschuldung gibt es ein grösseres
Wachstum als die Schweiz trotz der Lasten der
Wiedervereinigung. Ich unterstütze nicht die US-Politik.
Aber Sie können auch dort schauen, was Verschuldung
bewirken kann und auch Japan hat viel mehr Schulden. Es
ist keine Katastrophe darüber nachzudenken, ob die
Verschuldungshöhe nicht diskutiert werden muss.
Vorsitzende: Das nennt man Timing! (Heiterkeit).
Zusammenfassend: Der Kanton Aargau steht nach Ansicht
der Grünen viel besser da, als die bürgerlichen Parteien das
darstellen. Er verfügt über mehr Reaktionsweisen auf die
aktuelle Situation als ihm zugestanden werden.
Einnahmenseitig können 40 Mio. schmerzlos durch eine
absolut moderate Mehrbesteuerung der Superreichen
eingenommen werden. 6 Mio. werden gewonnen durch die
Rückführung der Bussengelder von der Strassen- in die
allgemeine Staatskasse. Der Range für die LSVA-Gelder ist
maximal 26 Mio., die der Strassenkasse entnommen werden
Stellen Sie sich vor, Sie sind mitten in einem Marathon.
Bisher lief es nicht so gut. Sie haben es verpasst, dort, wo
Sie Rückenwind hatten, einen Vorsprung auf die
Marschtabelle herauszuholen. Und jetzt sind Sie mitten im
Gegenwind. Nun frage ich Sie, wie sieht Ihre Taktik aus?
Beni, Du bist Marathonläufer. Würdest Du jetzt im
Gegenwind Vollgas geben? - Nein, ganz sicher nicht! Du
würdest Dich nur auspowern und dann, wenn Du wieder
Rückenwind hast, würde es Dir nichts mehr nützen, weil du
dann
nämlich
auf
Lehrerberufs". Man könnte auch einfacher sagen: Die guten
Lehrer laufen davon! Wenn wir heute Qualitätseinbussen in
Kauf nehmen, wird das morgen Konsequenzen haben. Dann
laufen wir wirklich auf dem Zahnfleisch. Ich bitte Sie,
diejenigen Entlastungsmassnahmen, die eine eindeutige
Qualitätseinbusse mit sich bringen, abzulehnen und ein
moderates Defizit in Kauf zu nehmen!
dem Zahnfleisch läufst, leer bist, keine Substanz mehr hast
und total demotiviert bist. Was Sie jetzt brauchen, liebe
Kolleginnen und Kollegen, ist ein Energieriegel und etwas
zu trinken, auch wenn das nochmals ein paar Sekunden
kostet. Das wäre eine gute Investition, damit Sie beim
nächsten Wendepunkt, wenn Sie wieder in den Rückenwind
kommen, wieder fit sind und Zeit gut machen können! Da
soll noch jemand sagen, Sport hätte nichts mit Politik - und
umgekehrt - zu tun! Ich bitte Sie, bei den
Entlastungsmassnahmen im Bildungsbereich gut zu
überlegen, ob es sich lohnt, Substanz abzubauen und die
Lehrpersonen zu demotivieren!
Ich denke insbesondere an die Erhöhung der
Mindestbestände an den Primarschulen und an die damit
verbundene Regelung, dass eine Lehrperson nur noch ein
Vollpensum bekommt, wenn ihre Klasse mindestens 22
Kinder zählt. Ich frage Sie, würden Sie einen Arbeitsvertrag
unterschreiben, wenn Sie zum Voraus nicht wüssten, zu wie
viel Prozent Sie angestellt sind? Ganz unten in der
Massnahme BKS 16, in der Rubrik "Konsequenzen" heisst
es unter anderem: "Mögliche weitere Feminisierung des
Franz Nietlispach, FDP, Zeiningen: Vielleicht wundern Sie
sich, dass ich zur Finanzpolitik das Wort ergreife. Glauben
Sie mir, ich habe mich schon oft gewundert, wer da alles
zum Mikrophon schreitet. Und oft habe ich mir beim
Zuhören gedacht, ich würde eigentlich jetzt lieber in meiner
Rennmaschine sitzen und für den nächsten Marathon
trainieren! Und genau das Stichwort Marathon bringt mich
wieder zurück zur Finanzpolitik.
Ruedi Suter, FDP, Seengen: Der Regierungsrat hat sich die
Arbeit wirklich nicht einfach gemacht und unterbreitet uns
eine breite Palette von Entlastungsmassnahmen. Die Liste ist
eindrücklich und mit beträchtlichem Aufwand und
Engagement erarbeitet worden. Was mir jedoch fehlt, ist
eine echte Verzichtsplanung. Mit den vorgelegten
Massnahmen gelingt es nicht, den Haushalt langfristig
ausgeglichen zu gestalten. Die verschiedensten kleinen
Sparmassnahmen und Verschiebung von Investitionen sind
Ausdruck eine Pflästerlipolitik, welche nur eine beschränkte
Wirkung erzielt. Teilweise sind sie sogar nur Kosmetik,
welche die eigentlichen Probleme unseres Staates kaschiert,
nämlich dass dieser Staat zuviel Aufgaben zu umfassend
bearbeitet und auch löst. Es ist zwingend, dass nun
2673
13. Januar 2004
umgehend die Aufgaben des Staates gründlich überprüft
werden und konsequent auf überflüssige Aufgaben
verzichtet wird. Nur so ist es möglich, diejenigen Aufgaben,
welche wir als wichtig einstufen, sehr gut und qualitativ
hochstehend zu erfüllen.
In der Folge beschränke ich mich auf mögliche Beispiele
aus dem Bildungsbereich, wo meiner Meinung nach mit
dem eingesetzten Geld mehr erreicht werden könnte, wenn
man sich auf die Kernaufgaben konzentriert! Wir alle
müssen doch bereit sein, diese Kernaufgaben zu definieren
und alle anderen Tätigkeiten unter dem Motto "wünschbar"
bleiben zu lassen! Wir müssen also verzichten. Die
folgenden Vorschläge sind Gedankenanstösse. Wenn es
gelingt, nur einen Teil dieser Vorschläge umzusetzen,
können wir darauf verzichten, uns über einzelne Lektionen
und Fächer zu streiten.
1. Müssen wir ein zehntes Schuljahr anbieten? Ist es nicht
sinnvoller, die obligatorischen 9 Jahre möglichst gut
anzubieten und auf ein 10. Jahr auf Staatskosten zu
verzichten oder die Betroffenen finanziell zu beteiligen?
2. Mit der Konzentration der Standorte von Kantonalen
Schulen, Berufsschulen und Bezirksschulen hätten wir ein
gewaltiges Einsparpotential, ohne eine einzige Lektion zu
streichen. Wir müssen nur bereit sein, über die
regionalpolitischen Gräben zu springen und im Interesse des
ganzen Kantons handeln.
3. Die Fachhochschule entwickelt sich zu einem
Prestigeobjekt unseres Kantons. Zurzeit wird sie
hochgerüstet, ohne dass eine klare Angebotsabgrenzung mit
anderen beteiligten Fachhochschulen der Nordwestschweiz
erfolgt ist. Wollen wir das wirklich und wenn Ja, in
welchem Umfang?
4. Die Reduktion auf 12 Schuljahre bis zur Maturität ist
eigentlich eine beschlossene Sache. Wir setzten diesen
Entschluss aus verschiedenen Gründen nicht um. Diese
mangelnde Entschlussfreudigkeit kostet uns jährlich
Millionen. Ob die Qualität verbessert wird, ist mehr als
fraglich!
Ich bin mir bewusst, dass diese Vorschläge provokativer
Natur sind. Sie zeigen jedoch auf, dass wir den Mut
aufbringen müssen, klare und echte Entscheide zu treffen.
Pflanzen und Tiere völlig unwichtig sind. Viele von Ihnen
sind Landwirte, viele haben Assoziationen zum Wald und
Wasser und alle, die wir hier sitzen, erholen uns gerne in der
Natur. Nur leider habe ich in den vergangenen Jahren die
Erfahrung gemacht, dass ihre Erlebnisse in der Natur hier
drin vergessen sind und sie völlig unökologisch entscheiden!
Vor allem in diesem Jahr wird der Umweltschutz und die
Erhaltung einer intakten Umwelt mit Füssen getreten.
Werden doch Kürzungen im Auenprogramm, im
Naturschutzprogramm Wald, im Gewässerschutz etc.
gefordert. Meine Damen und Herren, wir sägen an dem Ast
auf dem wir sitzen oder wir können auch sagen, Gott vergib
ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun! Der
Jahrhundertsommer mit seinen hohen Temperaturen, die
vielen Überschwemmungen und Erdrutsche sollten uns
schon lange aufgerüttelt haben. Leider ist dem nicht so,
offenbar werden viele von Ihnen erst dann umdenken, wenn
sie direkt betroffen sind, oder anders gesagt, wenn ihnen das
Wasser bis zum Hals steht. Aber ist es wirklich so, dass wir
2674
Art. 1713
Ich bin überzeugt, dass sich die Problematik in allen
Departementen gleich oder ähnlich zeigt. Daher hoffe ich,
dass wir nach Behandlung der Entlastungsmassnahmen
möglichst
umgehend
zu
einer
tiefgreifenden
Aufgabenüberprüfung und Aufgabenreduktion kommen und
damit den Weg für eine Gesundung des Staatshaushalts ohne
Qualitätseinbusse frei machen!
Christine Haller, SP, Reinach: Ich stehe jetzt auf der linken
Seite, weil ich die rechte Seite von meinen linken Ideen
überzeugen will. Wer nicht über seine Zukunft nachdenkt,
der hat keine! Für mein Votum müsste es aber heissen: Wer
nicht über eine ökologisch nachhaltige Zukunft nachdenkt,
hat keine!
Seit Wochen wird über die Sparmassnahmen diskutiert.
Viele Betroffene sind auch auf die Strasse gegangen und
haben für ihre Anliegen demonstriert. Die Schule hat durch
ihre Aktivitäten einen Erfolg verzeichnen können, werden
doch gewisse Sparmassnahmen im Bildungsbereich
glücklicherweise nicht umgesetzt. Die Bildung ist für unser
Land von eminenter Wichtigkeit, haben doch Menschen
ohne Bildung eine negative berufliche und private
Perspektive. Menschen mit einer negativen Perspektive sind
eher suchtgefährdet, geraten eher in Armut oder werden eher
kriminell. Ein ungemütliches Szenario, welches bei uns
nicht realisiert werden sollte. Ansätze sind zwar bereits
vorhanden, denn die Lehrstellenfrage ist nicht gelöst und
viele junge Menschen haben auch nach der Lehre keine
Stelle. Die Massnahmen im Bildungsbereich stellen nur
einen Teil im gesamten Paket der Sparwut in unseren
Kanton dar.
Viele betroffene Bereiche haben keine wirkungsreiche
Lobby und können nicht via Streik auf sich aufmerksam
machen. Wildtiere können nicht auf der Bahnhofstrasse auf
ihre Anliegen hinweisen. Bäume und Pflanzen können keine
Karten an uns senden und uns ihre Situation erklären.
Sauberes Wasser und saubere Luft können nicht streiken,
um uns so vor Augen zu führen, welchen Wert sie für uns
haben. Es tut mir sehr weh zu sehen, dass der Natur- und
Umweltschutz in diesem Rat seit Jahren mit Kürzungen
immer mehr an den Rand gedrängt wird. Manchmal habe ich
das Gefühl, dass viele von Ihnen, wenn sie diesen Raum
betreten, zu einem anderen Menschen mutieren. Sie können
mir doch nicht weismachen, dass ihnen unser Wald, unsere
nur aus eigenen Erfahrungen lernen können? Können wir
nicht aus Informationen, die heute vorhanden sind, die
richtigen Schlüsse ziehen? Ist es Ihnen nicht möglich zu
sehen, dass neue Strassen einerseits mehr Verkehr
generieren und andererseits mehr Verschmutzungen
hervorrufen? Ist es ihnen nicht möglich zu realisieren, dass
wir alles tun müssen um sauberes Wasser und saubere Luft
zu haben? Beides Dinge, die wir zum Leben, nein zum
Überleben brauchen!
Sie und ich haben eine grosse Verantwortung gegenüber der
Bevölkerung und der Natur. Wir haben nur dann die
Möglichkeit wirtschaftlich zu wachsen, wenn auch unsere
Umwelt intakt bleibt! Wer will schon da wohnen, wo das
Wasser schlecht und die Luft verschmutzt ist? Wer will
schon da wohnen, wo alles zubetoniert ist und es fast keine
Grünflächen mehr gibt?
Deshalb fordere ich Sie auf, wenn Sie über die
Sparmassnahmen im Naturschutzbereich entscheiden,
Art. 1713
denken Sie an Ihren letzten Waldspaziergang oder an das
Zwitschern der Vögel, wenn Sie morgens aufwachen!
Beides und noch viel mehr ist mit diesen Massnahmen
gefährdet.
Margrit Kuhn, SP, Wohlen: Seit Jahren, seit sich abzeichnet,
dass der Regierungsrat irgendwann einmal so ein Sparpaket
bringen wird, hat sich die SP darum bemüht, den Wert des
staatlichen Handelns und der staatlichen Ausgaben
aufzuzeigen. Vor einem Jahr sind wir in der klirrenden
Januarkälte auf die Strasse gegangen und haben versucht,
den Wert folgender Bereiche aufzuzeigen: Der Wert einer
guten Schulbildung, eines guten Gesundheitswesens, der
Wert einer intakten Infrastrukur und der Wert von
zufriedenem Staatspersonal usw. Durch die vom
Regierungsrat jetzt vorgeschlagenen Massnahmen schafft er
etwas, was uns von der SP trotz jahrelanger Anstrengungen
nicht gelungen ist. Der Regierungsrat hat mit diesem 5.
Sparpaket in Serie den Wert der staatlichen Aufgaben
aufgezeigt. Schülerinnen und Schüler verlangen mehr
Schule, Lehrerinnen und Lehrer wehren sich gegen den
Stundenabbau, Anhänger und Anhängerinnen bürgerlicher
Parteien gehen auf die Strasse, um sich für den Staat und
gegen den Staatsabbau zu wehren. Erst jetzt sehen diese
Leute, was der Staat Aargau für seine Bevölkerung macht
und für ihre Sicherheit, die Umwelt und die Tiere. Wieso
aber kommt der Regierungsrat ausgerechnet jetzt mit diesen
Massnahmen und warum kommt er mit diesen und nicht mit
andern? Nicht nur ich habe mich das gefragt, sondern auch
Politiker der SVP. Wieso wird nicht "oben", bei den
sogenannt wichtigen Bereichen wie Fachhochschule oder
Berufsbildung gespart? Warum unten, bei der Volksschule?
Warum
werden
im
Gesundheitswesen
derart
undifferenzierte
Massnahmen
wie
"weitere
Effizienzsteigerungen
und
Anstrengungen"
oder
"zusätzlicher Einsatz von allen Beteiligten im
Pflegebereich"
vorgeschlagen?
Massnahmen,
die
zweistellige Millionenbeträge ausmachen! Ich stelle fest,
dass es vor allem Bereiche sind, in denen vorwiegend
Frauen betroffen sind: Lehrerinnen an der Primarschule,
Lehrerinnen des Textilen Werkens, Eltern - Mütter - werden
mehr belastet und das Pflegepersonal - zu 90% auch Frauen
-, die heute schon "am Anschlag" sind! Wie soll dort noch
eine Effizienzsteigerung erzielt werden? Wie kann man dort
noch zusätzliche Sparmassnahmen möglich machen? Ich
glaube kaum! Schlussendlich aber, ob oben oder unten
gespart wird, nützen wird es doch nichts! Es wird nur noch
schlimmer. Die Sparmassnahmen der letzten Jahre haben
Kosten anderer zu sanieren, dann werden Ungerechtigkeiten
zwischen untergeordneten Bevölkerungsgruppen zur
Tagesordnung. Wir gemeinsam, rechts und links, als Volk
und Staat, haben in der Vergangenheit durch Initiativen und
Gesetzesabstimmungen, neue Aufgaben und Bestimmungen
unserem Staatswesen zugeordnet. Wir alle haben zusammen
diesen gut funktionierenden Staat geformt und aber auch
durch Deregulierung und Steuererleichterung dazu
beigetragen, dass in Kantons- und Bundeskasse nun ein
Loch entstanden ist. Die Rechnung liegt nun auf dem Tisch.
Es ist aber bestimmt der falsche Ansatz, Einsparungen durch
Kostenabwälzung erreichen zu wollen! Bund und Kanton
müssen die ihnen zugeordneten Aufgaben entsprechend dem
Volkswillen zu den entstehenden Kosten erfüllen. Es ist
unsinnig und unehrlich, wenn Aufgaben des Kollektivs
13. Januar 2004
auch keine Wirkung gezeigt. Das hat der Regierungsrat in
der Botschaft selbst ausgeführt. Vier Sparpakete habe ich bis
jetzt durchgemacht, 270 Mio. wurden eingespart, aber
genützt hat es nichts! Haben Sie sich schon mal gefragt
warum? Ich kann Ihnen sagen, warum: Mit Sparen kann
man keinen Staatshaushalt sanieren. Die Devise heisst:
Weniger Staat, mehr Wachstum! Wer aber etwas rumschaut
und Zeitung liest und die gescheiterten, neoliberalen
Experimente der letzten 20 Jahre verfolgt hat, der weiss,
dass es keinen Zusammenhang gibt zwischen der Höhe der
Steuern
und
dem
Wirtschaftswachstum.
Die
Rahmenbedingungen in einem Gemeinschaftswesen sind
viel wichtiger als die Höhe der Steuern, - genau diese
Rahmenbedingungen, die Sie jetzt verschlechtern wollen!
"Hohe Steuern spielen für die Leute dann keine Rolle, wenn
staatliche Leistungen mit entsprechender Qualität erbracht
werden". Dieser Satz ist nicht von mir, sondern wird durch
zahlreiche
Studien
namhafter
Fachleute
belegt.
Beispielsweise sind Österreich, Finnland, Schweden und
Dänemark mit höheren Steuern deutlich schneller
gewachsen als Länder mit tiefen Steuern, wie etwa die
Schweiz.
Zum Schluss: Es ist an der Zeit, dass wieder vermehrt
volkswirtschaftliche statt betriebswirtschaftliche Kriterien
zur Erarbeitung und Genehmigung eines Staatshaushaltes
angewandt werden. Vom Staatshaushalt sind alle
Bewohnerinnen und Bewohner eines Gemeinwesens
betroffen.
Es
handelt
sich
nicht
um
einen
Selbstbedienungsladen für Kleinunternehmer. Ich fodere Sie
auf, den Anträgen in der Detaildebatte der SP-Fraktion
zuzustimmen, sonst wird die Schuldenlast des Kantons nur
noch grösser, wie das in den letzten Jahren ja durch die
verfehlte Finanzpolitik passiert ist!
Martin Bhend, EVP, Oftringen: "Den Letzten beissen die
Hunde"! Die endlose - auch intelligente - Diskussion über
die Sanierung des Bundes- und Kantonshaushaltes führten
und führen immer mehr dazu, dass wie im Film "Der Grosse
Diktator" von Charly Chaplin, in dem es um die
Entschärfung einer Granate geht, der Ranghöhere dem
Untergebenen Befehle erteilt, bis hin zu dem einfachen
Soldaten, der die Befehle ausführen muss, weil ganz einfach
kein Untergebener da ist! Das Delegationsprinzip ist im
Zusammenhang mit der Aufgabenteilung, wo zu erfüllende
Aufgaben und entstehende Kosten auf gleicher Ebene
platziert werden, unbestritten. Wenn es aber nur noch darum
geht,
die
Kasse
auf
(Kanton, Bund) durch die Gemeinden bezahlt werden
müssen!
In der Aufgabenteilung wird genau die gegenteilige Absicht
umgesetzt: Kompetenzstelle ist auch Kostenstelle! Dadurch
kann das Staatswesen entflochten und weitgehendste
Transparenz über die entstehenden Kosten hergestellt
werden. Der Kanton kann doch nicht gleichzeitig 2
Philosophien nachleben. Das heisst: Auf der einen Seite
Kosten- und Aufgabenstelle zusammenlegen und
gleichzeitig den eigenen Haushalt auf Kosten der
Gemeinden entlasten. Dasselbe gilt auch für den Bund. Es
mag in der heutigen Zeit "trendy" sein die Staatsquote zu
senken und der Wirtschaft durch Steuererleichterung zu
dienen. Aber beachten wir den Preis der Ungerechtigkeit,
den wir dafür bezahlen! Gemeinden, die heute unter einer
hohen Sozialbelastung leiden, die höheren Aufwand für
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13. Januar 2004
Art. 1713
Infrastruktur und Schulwesen aus demographischen
Gründen leisten müssen, deren Erträge aus der Wirtschaft
rückläufig sind, können nicht zusätzlich vom Kanton
abgewälzte Kosten tragen. Auch der in Aussicht gestellte
neue Finanzausgleich wird das entstehende wirtschaftliche
Gefälle zwischen den Gemeinden nicht genügend auffangen
können. Dies führt zur Erhöhung der sowieso schon hohen
Steuerfüsse und zur Abwanderung der wertschöpfenden
Bevölkerungsschicht, was wiederum eine Verschlechterung
der
Gemeinderechnung
zur
Folge
hat.
Die
Wettbewerbsfähigkeit dieser Gemeinden würde dadurch
massiv verschlechtert. Wir müssen lernen, ehrliche
Finanzpolitik auf allen Ebenen zu betreiben! Das heisst,
nebst Vollzug von Sparmassnahmen auch für die zur
Aufgabenerfüllung notwendigen Erträge zu sorgen, ohne
Lastenabwälzung auf Dritte. Ich persönlich werde mich
gegen jede reine Lastenverschiebung vom Kanton auf die
Gemeinden sowohl beim Voranschlag als auch bei den
Entlastungsmassnahmen wehren und hoffe, dass eine
Mehrheit dieses Rates mir folgen kann! Ich sehe sonst das 3.
Aufgabenpaket mit dem heutigen Wetter den Bach runter zu
gehen!
Vorsitzende: Ich unterbreche die Allgemeine Aussprache an
dieser Stelle, wir fahren am Nachmittag fort. Ich bitte die
Mitglieder des Büros, sich noch hier einzufinden; wir haben
noch
etwas
zu
besprechen
zur
Wahl
des
Erziehungsratsmitgliedes. Wir fahren um 13.30 Uhr mit der
Sitzung fort. Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluss der Sitzung: 12.00 Uhr.)
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