Wie sieht die nationale Zusammensetzung der in Tschetschenien

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TSCHETSCHENIEN
FRAGEN UND ANTWORTEN
©2003
AN UNSERE LESER
GEOGRAFIE, BEVOLKERUNG, GESCHICHTE
TSCHETSCHENISCHE KRISE. DIE WICHTIGSTEN EREIGNISSE
ANTITERROROPERATION IN TSCHETSCHENIEN
AUSWÄRTIGER FAKTOR
WIEDERAUFBAU TSCHETSCHENIENS
SOZIALÖKONOMISCHER BEREICH
WERDEGANG DES RECHTSSYSTEMS
FORMIERUNG DER MACHTORGANE TSCHETSCHENIENS
AN UNSERE LESER
Dieses Buch berichtet über Tschetschenien, eine Region Russlands, in der es im letzten
Jahrzehnt zu den tragischsten Ereignissen gekommen ist.
Das Buch enthält die neuesten Angaben über die Lage in der Tschetschenischen Republik. Das
ist außerordentlich wichtig, weil gerade der Mangel an frischer und authentischer Information
über die Entwicklung in Tschetschenien viele entstellte Vorstellungen und Gerüchte zur Folge
hat, und dies sowohl in Russland als auch außerhalb seiner Grenzen. Beispielsweise die
Vorstellungen davon, dass die tschetschenische Gesellschaft angeblich Russland ursprünglich
wesensfremd sei; dass die prorussischen Kräfte in der Republik marginal seien; dass schließlich
die russischen Kräftestrukturen nicht gegen die bewaffneten Banditenformationen, sondern
gegen das gesamte tschetschenische Volk kämpfen würden. Die Wirklichkeit zeigt indes, dass
eben mit der Rückkehr der gesetzlichen Macht in die Republik dort Städte und Dörfer wieder
aufgebaut werden, erstmalig seit vielen Jahren Kinder zur Schule gehen und die Rentner nun ihre
längst vergessenen Renten bekommen, dass dort also das eigentliche soziale Gewebe des Lebens
wiederhergestellt wird. Es stehen das Referendum über die neue tschetschenische Verfassung
sowie die Parlaments- und die Präsidentschaftswahlen bevor. All das wird zweifellos zustande
kommen, trotz der fortdauernden Versuche der Banditengruppen und ihrer Anführer, die
Normalisierung der Lage in der Republik zu vereiteln. Ein frisches Beispiel ist der Terrorakt, bei
dem das Gebäude der Regierung der Republik in die Luft gesprengt wurde.
Wie Fakten bezeugen, gefährdet das Bestehen der Tschetschenischen Republik im Rahmen der
Russischen Föderation in keiner Hinsicht die Eigenständigkeit der tschetschenischen Kultur, den
vollwertigen Gebrauch der Nationalsprache oder die Entwicklung der islamischen Religion.
Im Gegenteil, gerade in der Zeit der faktischen "Unabhängigkeit" dieses Territoriums von
Russland erlebte das tschetschenische Volk eine humanitäre Katastrophe von beispiellosen
Ausmaßen. Geiselnahme, Sklavenhandel, Raubüberfälle bildeten damals die ökonomische
Grundlage des entstandenen Regimes, während Chaos und Krieg die Form seiner politischen
Existenz wurden. Bei den Kampfhandlungen, die die tschetschenischen Separatisten gegen die
föderalen Kräfte und oft auch gegen die eigenen Mitbürger führen, handelt es sich keineswegs
um einen "nationalen Freiheitskampf des tschetschenischen Volkes", sondern um einen
Bestandteil der generellen Offensive der Kräfte des internationalen Terrorismus gegen die
Grundlagen der modernen Zivilisation.
Es sei noch einmal betont: Tschetschenien ist sowohl geografisch als auch zivilisatorisch und
politisch Bestandteil Russlands. Deshalb wäre ein hypothetischer Sieg des radikalen Islamismus
auf dem Territorium der Tschetschenischen Republik antihistorisch. Eine solche Entwicklung
der Ereignisse würde bedeuten, dass mitten in Europa ein Regime entstünde, das dem der
Taliban ähnlich wäre: mit allen sich für die Weltgemeinschaft daraus ergebenden Folgen.
Das Autorenkollektiv - Journalisten der Russischen Nachrichtenagentur "Nowosti" - hat
versucht, in diesem Buch lakonisch auf Fragen zu antworten, die sich (vor allem im
ausländischen Auditorium) am häufigsten erheben, sobald die Rede auf das TschetschenienProblem kommt. Daher auch der Titel des vorliegenden Buches "Tschetschenien: Fragen und
Antworten". Die darin verwendeten Angaben wurden den Autoren von verschiedenen
Ministerien und anderen zentralen Staatsorganen Russlands, die so oder so am Prozess der
Normalisierung der Situation in dieser Republik teilnehmen, zur Verfügung gestellt.
RIA "Nowosti"
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GEOGRAFIE
BEVOLKERUNG
GESCHICHTE
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Welches ist die geografische Lage Tschetscheniens und sein Platz im Bestand der RF?
Die Tschetschenische Republik
liegt am Nordabhang der Berge
des Großen Kaukasus und in
der angrenzenden
Tschetschenischen Ebene und
der Terek-Kuma-Niederung.
Der geografischen Lage nach
zerfällt das Territorium der
Republik, dessen Fläche etwa
15 700 Quadratkilometer misst,
in einen Tal- und einen
Gebirgsteil.
Die Tschetschenische Republik
ist eines der 89 Subjekte der
Russischen Föderation und gehört zur Nordkaukasischen Wirtschaftsregion und zum Südlichen
föderalen Bezirk.
Verwaltungsmäßig besteht die Tschetschenische Republik aus 18 Rayons. Die Hauptstadt der
Republik, die Stadt Grosny mit ihren rd. 300 000 Einwohnern, wird als das Industrie-, Kulturund wissenschaftliches Zentrum Tschetscheniens wiederhergestellt. Andere wichtige Städte sind
Gudermes, Argun, Urus-Martan und Schali. Tschetschenien zählt etwa 500 Ortschaften.
Woraus ergibt sich die strategische Wichtigkeit dieser Region?
Die zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer beiderseits des Großen Kaukasischen
Berggrates gelegene Region des Großen Kaukasus war schon in alten Zeiten vielen Reisenden
und Seefahrern bekannt. Was sie hier anzog, waren nicht nur ihre unverwechselbare Schönheit
und ihre Eigenständigkeit, sondern auch ihre, wie damals geglaubt wurde, märchenhaften
Reichtümer. In diese Region kamen die griechischen Argonauten auf der Suche nach dem
Goldenen Vlies, später tauchten hier byzantinische und venezianische Kaufleute auf. Einst führte
über den Großen Kaukasus die Große Seidenstraße, die noch aus dem 2. Jahrhundert vor unserer
Zeit stammte.
Seinerzeit stieß die Festigung Russlands im Kaukasus und am Schwarzen Meer auf den
Widerstand der westeuropäischen Mächte. Ihr Interesse für diesen Landstrich war auch dadurch
bedingt, dass am Kaspischen Meer Erdöllagerstätten entdeckt wurden. Wiederholt kam es zu
Versuchen, diese außerordentlich reichen und strategisch wichtigen Regionen von Russland
abzutrennen: Im Verlaufe des ganzen 19. Jahrhunderts strebte Großbritannien das an, im 20.
Jahrhundert zielte auch Hitlerdeutschland darauf ab.
Auch heute bildet Nordkaukasien eine Brücke zwischen Russland und Transkaukasien, Europa
und Asien.
Welche Naturressourcen und Bodenschätze hat Tschetschenien?
Tschetscheniens größter Reichtum sind Erdölvorräte. Insgesamt gibt es rd. 30 Erdölvorkommen
in der Republik; laut Angaben für November 2002 lieferten sie bis zu 4 000 Tonnen Erdöl am
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Tag. Seit langer Zeit benutzt die örtliche Bevölkerung das "schwarze Gold" im Alltag und für
medizinische Zwecke, wobei sie es aus Erdölquellen und eigens dazu angelegten Brunnen holt.
Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts war die industrielle Erdölförderung auf nur drei
Vorkommen konzentriert. In den Jahren der Sowjetmacht wurde eine detaillierte Erforschung
des geologischen Aufbaus der Erdölregion um Grosny vorgenommen, was zur Entdeckung einer
ganzen Reihe neuer Erdöllagerstätten führte. In den 30er bis 40er Jahren des 20. Jahrhunderts
begann die Gewinnung an den sehr reichen tschetschenischen Vorkommen Benoiskoje,
Malgobek, Goragorskoje, Oissungurskoje, Adu-Jurtowskoje und Taschkalinskoje.
Neben Erdöl und Erdgas besitzt Tschetschenien große Mengen von Mineralrohstoffen, die in der
Bauindustrie zur Anwendung kommen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen unter den
Naturreichtümern Tschetscheniens zahlreiche Mineralquellen, die von großer balneologischer
Bedeutung sind. Der Umstand, dass auf dem Territorium der Republik große Vorkommen von
Mineralwässern von unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung und Temperatur bestehen,
gibt die Möglichkeit, hier ein ganzes Netz von vielfältig spezialisierten Kurorten anzulegen. In
der sowjetischen Periode bestand in Tschetschenien der Kurort Sernowodsk.
Ein weiterer Reichtum der Republik sind ihre Wälder. Die am weitesten verbreitete und
wertvollste Holzart ist die Buche. Aus ihrem Holz werden Möbel, Musikinstrumente, Sperrholz
und Parketten hergestellt. Eine industrielle Verwertung finden außerdem Hölzer wie Weißbuche,
Eiche, Esche, Ahorn, Karagatsch, Linde.
Worin besteht die heutige Bedeutung Tschetscheniens für Russland?
Infolge des Zerfalls der Sowjetunion im Jahre 1991 hat Tschetschenien die Bedeutung eines
wichtigen Grenzgebiets am Südrand Russlands gewonnen: Über Tschetscheniens Territorium
verläuft heute ein recht langer Abschnitt der russisch-georgischen Grenze. Die Republik hat
gemeinsame Grenzen mit anderen Subjekten der RF: mit Dagestan, Inguschetien, der Region
Stawropol.
Tschetscheniens Territorium ist außerdem ein überaus wichtiger Transportkorridor. Die
Republik ist mit den größten Wirtschaftsregionen Russlands und der GUS-Länder durch
Eisenbahnen verbunden. Diese befördern Erdölprodukte, Agrarrohstoffe, Maschinen,
Nahrungsmittel. Über Tschetschenien führt die Chaussee Moskau - Rostow - Baku. Auch besitzt
die Tschetschenische Republik ein weit verzweigtes Rohrleitungsnetz.
Wie hoch ist die Bevölkerungszahl der Tschetschenischen Republik?
Laut vorläufigen Angaben der jüngsten Gesamtrussischen Volkszählung von 2002 zählt
Tschetschenien über eine Million Einwohner. Im Zuge der Volkszählung wurde ein schneller
Bevölkerungszuwachs in der Republik, besonders auf dem Lande, festgestellt. Am dichtesten
besiedelt sind die Ebenen im Vorgebirge und die Täler der Flüsse Terek, Sunsha und Argun.
Wie sieht die nationale Zusammensetzung der in Tschetschenien lebenden Völker aus?
Tschetschenien ist eine multinationale Republik. Auf ihrem Territorium leben seit uralten Zeiten
Vertreter von Dutzenden Nationalitäten. Die größten ethnischen Gruppen sind neben den
Tschetschenen die Inguschen, die Russen, die Kumyken und die Nogaier. Zudem leben in
Tschetschenien Tausende von Armeniern, Juden, Ukrainern, Awaren, Tataren, ferner Georgier,
Aserbaidshaner, Kurden, Andier, Lesginen, Tscherkessen, Osseten und andere Völker.
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Die Tschetschenen sind das zahlenmäßig stärkste Volk Tschetscheniens, dazu auch eines der
ältesten Völker der Welt. In armenischen Quellen des 7. Jahrhunderts werden die Tschetschenen
als "Nachtscha matjan" (die das Nachische Sprechenden) erwähnt. Das "Nochtschi-Volk" wird
auch in alten persischen Quellen des 13. und 14. Jahrhunderts erwähnt. In Nordkaukasien bilden
die Tschetschenen die größte Ethnie, die über eine Million Personen zählt. Vertreter dieses
Volkes leben in den an Tschetschenien angrenzenden Republiken Inguschetien, Dagestan und in
der Region Stawropol, in vielen anderen Gebieten Russlands sowie in Kasachstan, Kirgisien,
Georgien, der Ukraine, in anderen Ländern der GUS und des fernen Auslands.
In Genotyp, Kultur und Religion stehen den Tschetschenen ihre Nachbarn Inguschen nahe.
Zusammen bilden sie das Volk der Wainachen, das durch die Blutsverwandtschaft, ein
gemeinsames historisches Schicksal, die territoriale, ökonomische, kulturelle und sprachliche
Nähe verbunden ist. Die Wainachen sind die Ureinwohner des
Kaukasus und sprechen die nachische Sprache, die zur
nordkaukasischen Gruppe der iberokaukasischen Sprachfamilie
gehört.
Die tschetschenische Gesellschaft formte sich im Verlauf der
Geschichte als polyethnisch, sie nahm ständig unterschiedliche
nationale Elemente und die Kultur der Nachbarvölker, darunter auch
des russischen Volkes, in sich auf.
Was stellt das Volk Tschetscheniens als Sozium dar? Worin besteht die Spezifik der TejpStruktur der tschetschenischen Gesellschaft?
Anders als bei den anderen kaukasischen Völkern haben sich bei den Tschetschenen und den
Inguschen bis heute in gewissem Grade Institute der Gentilordnung und Gemeindeformen der
Verwaltung erhalten.
Die sozialen Klassenunterschiede waren in der tschetschenischen Gesellschaft im Verlaufe vieler
Jahrhunderte recht schwach ausgebildet, deshalb setzte sich die Gemeinde überwiegend aus
Nachbarn, aus Familien sowohl tschetschenischer als auch anderer ethnischer Abstammung
zusammen. Diese Form der Gemeinde herrschte vor. Sie vereinigte die Bewohner einer größeren
oder mehrerer kleiner Ortschaften. Das Leben der Gemeinde wurde von jeher von der
Versammlung der Vertreter einer Sippe geregelt. Die allgemeine Gemeindeversammlung legte
die Regeln der Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen der Gemeinde, die Zeit des Pflügens
und der Heumahd fest und vermittelte bei der Schlichtung von Streitigkeiten.
Mehrere Gentilgemeinden, die durch die gemeinsame Abstammung miteinander verbunden sind,
bilden eine Gentilorganisation, die Tejp (Sippen- oder Stammesverband) genannt wird. Jeder
Tejp lebt auf seinem historischen Territorium, das die Ländereien der Gemeinde darstellt. In
Tschetschenien werden rund 150 Tejps gezählt.
Zu welchen Religionen bekennt sich Tschetscheniens Bevölkerung?
Die Ahnen der Tschetschenen und Inguschen, die Wainachen, waren ursprünglich Heiden, und
das Heidentum herrschte im Kaukasus im 3. bis 1. Jahrtausend vor unserer Zeit, als noch der
Staat Urartu bestand. Später, ungefähr im 10. Jahrhundert, zog in Nordkaukasien über Georgien
das Christentum ein. Von der christlichen Vergangenheit der Tschetschenen zeugen nicht nur
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Legenden und Sagen, sondern auch von Archäologen entdeckte zahlreiche Denkmäler der
altertümlichen und mittelalterlichen materiellen Kultur.
Die Periode der Christianisierung war, historisch gesehen, recht kurz. Im 13. bis 15. Jahrhundert
drang der Islam aktiv in die tschetschenischen Stämme und Gemeinden ein.
Die meisten Tschetschenen waren schon im 15. und 16. Jahrhundert Moslems. Seit Mitte des 19.
Jahrhunderts verbreitete sich in Tschetschenien ein vom Sufismus beeinflusster Islam. Für den
Sufismus ist eine Kombination von idealistischer Metaphysik mit asketischen Praktiken und
religiöser Toleranz charakteristisch.
Der Islam blieb in Tschetschenien auch in der Sowjetzeit eine einflussreiche Kraft, obwohl
damals die Religionsausübung nicht gerade gefördert wurde. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre
des 20. Jahrhunderts bürgerten sich in Tschetschenien, hauptsächlich unter dem Einfluss von
Predigern aus diversen arabischen Ländern, die Ideen des Wahhabismus, einer politischen
Strömung, ein. Ihre Anhänger entwickeln, auf eine spezifische, subjektive Interpretation der
Bestimmungen des Islams gestützt, eine Tätigkeit, die auf die Islamisierung der Welt und die
Schaffung eines Khalifats als eines einheitlichen islamischen Staates gerichtet ist. Die
Wahhabiten setzen sich insbesondere für den Dschihad ein, worunter sie nicht nur den Kampf
gegen die Kafirn (Andersgläubige), sondern auch gegen jene Moslems verstehen, die die Ideen
des Wahhabismus nicht teilen.
Warum scheiterten die Versuche des tschetschenischen Volkes, ein eigenes Staatswesen zu
erlangen?
Die Wainachenstämme, die das Territorium des heutigen Tschetscheniens besiedelten,
unternahmen schon im frühen Mittelalter zusammen mit verwandten Völkern des Kaukasus
Versuche, ein eigenes Staatswesen aufzubauen. So existierte im 4. bis 12. Jahrhundert im
Gebirge von Tschetschenien und Dagestan eine Staatsstruktur, das so genannte Reich Serir, und
in den Ebenen des nördlichen Kaukasusvorlandes entstand ein polyethnischer frühfeudaler
Alanischer Staat. Aber im 13. und 14. Jahrhundert mussten sich die Tschetschenen unter dem
Andrang der Tataromongolen ins Gebirge zurückziehen. Ende des 14. Jahrhunderts zerschlugen
die Truppen von Timur-Leng den Staat Semsim auf dem Territorium Tschetscheniens, worauf
eine lange Zeit des Niedergangs folgte.
Nach dem Zerfall der Goldenen Horde stiegen die Tschetschenen allmählich aus den Bergen in
die Täler herab und erschlossen die Tschetschenische Ebene aufs Neue. Auf dem größeren Teil
des Territoriums von Tschetschenien wurde die traditionelle Lebensweise wiederhergestellt, bei
der die persönliche Freiheit nur durch die Gesetze der Adat (Gewohnheitsrecht) beschränkt wird.
Zugleich damit genügte die Zugehörigkeit zum Stammes- und Feudaladel bei den Tschetschenen
nicht, um die Macht vererben zu können. Der Individualismus, der Freiheitskult und der
kriegerische Geist waren bei den Wainachen dermaßen stark entwickelt, dass sich diese
Besonderheiten des Volkes in einem bestimmten Entwicklungsstadium gegen das Volk selbst
kehrten und die Herausbildung der Nation bremsten. Es war kein Zufall, dass die
tschetschenischen Gemeinden im Hader miteinander lagen und aus Angst vor der Erhöhung von
Menschen aus ihren Reihen Vertreter von Fürsten der benachbarten Bergvölker zu Herrschern
beriefen.
Die örtlichen Feudalherren konnten ihre Macht nur auf einzelne Gebiete erstrecken. Die
Wainachen hatten niemals einen eigenen Herrscher, deshalb war das Problem der
Konsolidierung für sie schon immer aktuell. Die tschetschenische Gesellschaft war
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"nichtstaatlich". Sie ordnete sich in erster Linie dem hergebrachten Recht unter. Bei den
Gebirglern überwogen am häufigsten nicht die gesamtnationalen Interessen, sondern die der
Familie, des Stammes, der Gemeinde, deshalb fiel es schwer, dort eine beständige staatliche
Struktur zu formen.
Welche historischen Gegebenheiten bedingten die Eingliederung Tschetscheniens in
Russland?
Lange Zeit stand Tschetschenien unter dem Einfluss von drei Mächten zugleich: von Russland,
Persien und der Türkei. Schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, unter der russischen
Zarin Anna Ioannowna, begann man in dieser Region mit der Anlegung von russischen
Befestigungen, die den Namen der Kaukasischen Linie bekamen.
Das Hauptziel der militärischen Bautätigkeit war nicht so sehr Befriedung der Bergbewohner,
sondern es waren vielmehr und vor allem die Verteidigung, die Gewährleistung der Sicherheit an
der südlichen Richtung der Meeresschifffahrtsstraßen sowie die Aufrechterhaltung beständiger
Beziehungen zu Georgien als dem wichtigsten Verbündeten Russlands in Transkaukasien.
Nachdem sich das christliche Georgien gemäß dem Freundschaftsvertrag (Georgi-Traktat) von
1783 freiwillig Russland angeschlossen hatte, geriet Tschetschenien wie auch das gesamte
Nordkaukasien geografisch in den Bestand des Russischen Reiches. Als 1829 nach dem Frieden
von Adrianopel die Grenzlinien zwischen Russland, der Türkei und Persien in der Hauptsache
vereinbart worden waren, wurden auch die wichtigsten Gebiete Armeniens und Aserbaidshans
dem russischen Reich angeschlossen. Über das Territorium Tschetscheniens verlief eine
außerordentlich wichtige Straße vom Zentrum Russlands nach Transkaukasien.
Wie wirkte sich die historische Nachbarschaft der russischen Nation auf Tschetschenien
aus?
Die Kontakte mit dem russischen Volk beeinflussten wesentlich die Herausbildung des
tschetschenischen Soziums. Die Verbindungen der Wainachen mit Russland und den Russen
datieren noch aus dem 7. bis 9. Jahrhundert, aus der Zeit des Kampfes der Bergvölker und der
russischen Fürstentümer gegen das Chasarenchaganat. Im 11. Jahrhundert schlugen die Russen
zusammen mit den Bergbewohnern die Überfälle von Nomadenstämmen zurück, und das 13.
Jahrhundert stand im Zeichen des gemeinsamen Widerstands der Russen und der Bergvölker
gegen die tataromongolische Invasion.
Im 18. Jahrhundert trugen Kaufleute, russische Offiziere sowie die ersten russischen
Wissenschaftler, die den Kaukasus besuchten, viel zur gegenseitigen Annäherung der russischen
und der tschetschenischen Bevölkerung bei. Zwischen den Russen und den Tschetschenen
bahnten sich enge Handelsbeziehungen an.
Quellen jener Zeit, darunter auch westeuropäische, zeugen davon, dass Vertreter der
nordkaukasischen Völker Wert darauf legten, Russisch zu lernen. Gerade damals nahmen viele
Mitglieder der kaukasischen Berggemeinden, darunter auch solcher von Tschetschenen und
Inguschen, freiwillig die russische Staatsangehörigkeit an.
Die Nachbarschaft von Russen und Tschetschenen hatte nicht nur positive Aspekte. Doch traten
alle Konflikte in den Hintergrund, sobald das ganze Land in Gefahr war. Während des
Vaterländischen Krieges von 1812 zeichneten sich nicht wenige tschetschenische Soldaten und
Offiziere aus. Letztendlich minderte nicht einmal der Kaukasuskrieg von 1817 - 1864 - eine
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dramatische Zeit in der Geschichte der russisch-tschetschenischen Verbindungen - die
gegenseitige Anziehung beider Völker.
In der Sowjetzeit erlebte Tschetschenien einen wirtschaftlichen Aufstieg, der die Republik,
früher ein armes Randgebiet, in eine Region mit entwickelter Industrie und Landwirtschaft
verwandelte. Der Hinweis mag genügen, dass sich der Umfang der Industrieproduktion in
Tschetschenien während der 70 Jahre mehr als verhundertfachte. Einen großen Beitrag zur
Entwicklung der Republik leisteten damals Tausende russischer Fachkräfte, die tschetschenische
Kader faktisch "vom Nullpunkt an" ausbildeten. Die Russen halfen nicht nur bei der
Organisation der Produktion, sondern auch bei der Beseitigung des Analphabetentums in der
örtlichen Bevölkerung.
Wie hoch war die Zahl der russischen Einwohner in Tschetschenien, als 1991 das Regime
von Dudajew an die Macht kam?
Laut Angaben der Volkszählung von 1989 lebten in Tschetschenien damals bis zu 294 000
Russen. Sie bildeten die zweitgrößte ethnische Gruppe der Republik. Doch seit Anfang der 90er
Jahre verübten die militanten Separatisten im Grunde das Genozid an der russischen
Bevölkerung Tschetscheniens. Wer glücklicherweise der Hinrichtung oder der Gefangenschaft
entrinnen konnte, floh aus der aufrührerischen Republik in die nahen Gebiete Russlands.
Betroffen wurden damals nicht nur die Russen, sondern auch viele andere Völker, die in
Tschetschenien lebten.
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TSCHETSCHENISCHE KRISE.
DIE WICHTIGSTEN EREIGNISSE
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Es besteht die Meinung, dass das tschetschenische Problem in seiner heutigen Form in
vieler Hinsicht durch die tragische Vergangenheit der Tschetschenen im zaristischen und
dann im sowjetischen Russland bedingt sei. Ist dem wirklich so?
Die Geschichte des tschetschenischen Volkes weist in der Tat düstere Kapitel auf. Während des
Kaukasuskrieges von 1817 - 1864 erlitten die Tschetschenen große Verluste, und er schloss mit
der Unterordnung Tschetscheniens durch die russische Armee, die dabei ebenfalls 77 000
Soldaten und Offiziere verlor.
In den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts waren in der Region die Geistlichen, die Intelligenz
und jene Bauern, die sich der Zwangskollektivierung widersetzten, Massenrepressalien
ausgesetzt. Doch geschah das zu Stalins Zeiten überall in der UdSSR. 1944 wurden etwa 430
000 Tschetschenen und 100 000 Inguschen der Kollaboration mit den Hitlerokkupanten
beschuldigt und nach Kasachstan und Mittelasien deportiert.
Aber 1957 wurde die Autonome Republik der Tschetschenen und Inguschen im Bestand
Russlands wiederhergestellt, und es begann die Rückkehr der Wainachen in ihre historische
Heimat. In den nachfolgenden 30 Jahren entstanden dort rd. 200 Erdölförderbetriebe und
Erdölraffinerien, Betriebe der Energiewirtschaft, des Maschinenbaus, der Leicht- und der
Lebensmittelindustrie. In der Stadt Grosny allein wurden drei Hochschulen eröffnet. Im März
1991 stellte die Regierung bedeutende zusätzliche Mittel für die sozialökonomische Entwicklung
der Autonomen Republik der Tschetschenen und Inguschen bereit.
Überhaupt hatten die Tschetschenen in den Jahren der Perestroika in der UdSSR und besonders
nach Beginn der grundlegenden Reformen in Russland, wie man meinen sollte, eigentlich keinen
Grund, über die Haltung von Moskau zu ihnen zu klagen. Erstmals seit vielen Jahren wurde 1989
ein örtlicher Einwohner zur höchsten Amtsperson in der Autonomen Republik der
Tschetschenen und Inguschen. Tschetschenen besetzten in der Republik auch die meisten
verantwortlichen Posten. Der Tschetschene Ruslan Chasbulatow wurde 1991 zum Vorsitzenden
des Obersten Sowjets der RSFSR gewählt, und sein Landsmann Salabmek Chadshijew war
Mitglied des Obersten Sowjets der UdSSR und Minister für Chemie- und
Erdölverarbeitungsindustrie der UdSSR. Der Tänzer Machmud Essambajew und andere
Vertreter des tschetschenischen Volkes gehörten zur künstlerischen und intellektuellen Elite des
Landes.
1991 verabschiedete das russische Parlament das Gesetz "Über die Rehabilitierung der
repressierten Völker". Darin wurden die ungesetzlichen Akte des Stalinschen Regimes
gegenüber den Tschetschenen, Inguschen und einigen anderen nordkaukasischen Völkern erneut
verurteilt. Das Gesetz sah konkrete Maßnahmen zur endgültigen Beseitigung der Folgen der
Deportation und zur sozialökonomischen Entwicklung der Republiken dieser Region vor. Der
Präsident von Russland Boris Jelzin gab in einer speziellen Botschaft an die Völker
Nordkaukasiens anlässlich des 130. Jahrestags der Beendigung des Kaukasuskrieges den
negativen Momenten in der früheren Politik von Moskau eine prinzipienfeste Einschätzung. Er
rief die Einwohner der Region auf, um der Prosperität all ihrer Völker willen im Rahmen einer
einheitlichen demokratischen Föderation zusammenzuarbeiten.
Dudajews Regime, das Anfang der 90er Jahre die Macht in Tschetschenien an sich riss,
ignorierte unverhohlen die breiten Möglichkeiten einer freien Entwicklung des tschetschenischen
Volkes im Bestand Russlands. Entgegen den Interessen und Erwartungen der meisten Einwohner
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Tschetscheniens schlug Dudajews Spitzengruppe den separatistischen antirussischen Weg ein
und versuchte, die Situation in ganz Nordkaukasien zu destabilisieren.
Trug das föderale Zentrum nicht selbst dazu bei, dass an die Macht in Tschetschenien
Separatisten kamen?
Bewusst tat das selbstverständlich weder die sowjetische noch die russische Führung, wenn auch
zugegeben werden muss, dass es Fehler gab, und die Separatisten nutzten sie geschickt aus.
Den Isolationismus und die Machtbesessenheit Dudajews stachelten die im gleichen Geiste
gesinnten Führer der separatistischen Bewegungen im Baltikum schon seit Ende der 80er Jahre
an. Es sei daran erinnert, dass Generalmajor Dshochar Dudajew damals Divisionskommandeur
der Bombenfliegerkräfte in Tartu (Estland) war und nach Grosny im Sommer 1990 übersiedelte,
nachdem er die Reihen der Sowjetarmee verlassen hatte.
Seine separatistischen Bestrebungen wurden von Chauvinisten islamischer Prägung vom Schlage
eines Selimchan Jandarbijew noch geschürt. Sie trugen auch dazu bei, dass Dudajew im Juni
1991 zum Führer des Gesamtnationalen Kongresses des tschetschenischen Volkes wurde. Aber
besonders gelegen kam dem "rebellischen General" der politische Kampf im Lande, der sich
zwei Monate später, nach der Unterdrückung des Putsches in Moskau, entfaltete. Mehr noch, im
Mai 1992 ging die damalige militärische Führung Russlands auf die ultimativen Forderungen der
Separatisten ein und zog eilig die in Grosny dislozierte Garnison der russischen Armee aus der
Republik ab. Im Zuge ihrer übereilten Evakuation geriet ein bedeutender Teil der Rüstung,
Technik und Munition in die Hände von Dudajews Anhängern: über 25 Kampfpanzer, rd. 30
Schützenpanzer, über 80 Geschütze und Granatwerfer sowie ungefähr 40 000 Einheiten
Schützenwaffen.
Bekanntlich wurde Dudajew ausgenutzt, um in der Autonomen Republik der
Tschetschenen und Inguschen die örtliche kommunistische Partei- und
Staatsnomenklatura mit Doku Sawgajew an der Spitze auszuschalten. Das wäre einerseits.
Andererseits aber war es so, als hätten Chasbulatow und andere Mitglieder der russischen
Führung bei den separatistischen Bestrebungen der Dudajew-Gruppierung gleichsam
beide Augen zugedrückt...
Das stimmt. Obwohl das föderale Zentrum die Gesetzlichkeit der von Dudajew im Oktober 1991
in Szene gesetzten Wahlen des neuen tschetschenischen Präsidenten und des tschetschenischen
Parlaments wie auch die seines Erlasses "Über die Ausrufung der Souveränität der
Tschetschenischen Republik" vom 1. November 1991 nicht anerkannte, wurde der Kurs auf
Befriedung der Separatisten weiter gesteuert.
Noch drei Jahre darauf ließ Moskau von Versuchen nicht ab, sich mit Dudajew im Guten zu
verständigen. Die Antwort darauf war eine Welle von Gewalttätigkeiten gegenüber der
Zivilbevölkerung der Republik. Um sich vor Dudajews Halsabschneidern zu retten, verließen
zwischen Januar und Juni 1992 etwa 40 000 Personen, hauptsächlich Russen, die Republik.
Allein im ersten Jahr nach Dudajews Machtantritt fielen mindestens rd. 5 000 schuldlose
Menschen der blutigen Willkür zum Opfer. In Tschetschenien fanden inzwischen über 1 200
rückfällige Kriminelle Zuflucht, darunter die Terroristen unter Schamil Bassajew, der im
November 1991 vom Flughafen von Mineralnyje Wody ein Passagierflugzeug entführt hatte.
Unter Dudajews Kommando wurden aus der örtlichen Bevölkerung bewaffnete Formationen
aufgestellt, die bis zu 30 000 Mann stark waren. Außerdem warben die Dudajew-Anhänger rund
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6 000 ausländische Söldner an. Unter Dudajews Kommando wurden aus der örtlichen
Bevölkerung bewaffnete Formationen aufgestellt, die bis zu 30 000 Mann stark waren.
Außerdem warben die Dudajew-Anhänger rund 6 000 ausländische Söldner an. Mehr noch, die
Separatisten arbeiteten eine Operation unter dem Codenamen "Schwalbe" aus, deren Ziel darin
bestand, Diversionen auf Russlands Territorium, einschließlich der Bombenangriffe aus der Luft,
zu verüben. Hierbei setzte sich der meuternde General über das föderale Zentrum ganz einfach
hinweg. Eben darauf erschienen Boris Jelzins Erlasse "Über Maßnahmen zur Wiederherstellung
der verfassungsmäßigen Gesetzlichkeit und Rechtsordnung auf dem Territorium der
Tschetschenischen Republik" vom 29. November 1994 und "Über Maßnahmen zur
Unterbindung der Tätigkeit der ungesetzlichen bewaffneten Formationen auf dem Territorium
der Tschetschenischen Republik und in der Zone des ossetisch-inguschischen Konfliktes" vom 9.
Dezember 1994.
Warum ist Moskau auf die Unterzeichnung der Abkommen von Chassawjurt mit der
separatistischen tschetschenischen Führung im August 1996 eingegangen?
Es ist vor allem notwendig, die Chronologie der Ereignisse jener Zeit zu reproduzieren. Am 11.
Dezember 1994 hat die Operation der föderalen Truppen in Tschetschenien begonnen. In der
Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar 1995 sind sie zum Sturm auf Grosny angetreten. Die
dudajewsche Führung war gezwungen, bereits Mitte März die Reste der Formationen in die
Bergrayons des Südens der Republik auseinanderzuziehen, wenngleich auch ihr erbitterter
Widerstand andauerte.
Ende März 1995 funktionierten auf dem beträchtlichen Teil des tschetschenischen Gebiets
örtliche Selbstverwaltungsorgane, Rechtsschutzorgane und die Regierung der nationalen
Wiedergeburt. Für die Ausarbeitung des Entwurfs der Verfassung der Tschetschenischen
Republik und die Vorbereitung von Normativakten über die Durchführung der freien Wahlen
dort wurde das Komitee des nationalen Einvernehmens der Tschetschenischen Republik unter
der Leitung von Umar Awturchanow eingesetzt.
Damals fand in Pjatigorsk auch eine Konferenz zur Herbeiführung des nationalen
Einvernehmens und der Aussöhnung in der Tschetschenischen Republik statt. An der Arbeit des
Forums nahmen praktisch Vertreter aller tschetschenischen Tejps, die Ältesten und angesehene
religiöse Autoritäten teil. Es wurde die Charta des nationalen Einvernehmens in Tschetschenien
gebilligt.
Am 12. April 1995 nahm die Staatsduma das föderale Gesetz "Über provisorische Maßnahmen
zur politischen Regelung der Krise in der Tschetschenischen Republik" an. Durch dieses Gesetz
wurde faktisch der Plan einer schrittweisen Regelung der Krise mit friedlichen Methoden
bestätigt.
Alle diese Maßnahmen wurden jedoch nicht zu Ende geführt. Die Hauptursache dafür lag
natürlich im Unwillen der Separatisten, Verhandlungen zu führen, wobei sie von ihren
ausländischen Sponsors unterstützt wurden. Die letzteren stellten für die Hilfe für das DudajewRegime Dutzende Millionen Dollar jährlich bereit.
Die Banditen unter dem Befehl von Schamil Bassajew und Salman Radujew verübten im Juni
1995 in Budjonnowsk und im Januar 1996 in Kisljar großangelegte Terrorakte, bei denen
Kränkenhäuser mit Tausenden Geiseln besetzt wurden. Damals kamen rund 200 Zivilpersonen
und Militärangehörige ums Leben.
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Letzten Endes gewann in der Führung des Landes, entgegen der Meinung vieler Politiker und
Militärs, der Standpunkt die Oberhand, dass das föderale Zentrum für eine bestimmte Zeit von
der Lösung des Problems der Tschetschenischen Republik Abstand nehmen und den
Tschetschenen selbst die Möglichkeit geben sollte, selbständig ihre gegenseitigen Beziehungen
zu klären.
Beeinflusste der Umstand, dass im April 1996 der Anführer der Separatisten Dudajew
durch eine Rakete vernichtet worden war, die Entstehung solcher Stimmungen?
Wie dem auch sei, aber im Sommer 1996 wurde nach der Wiederwahl von Boris Jelzin zum
Präsidenten des Landes für die zweite Amtszeit in seinem Namen vom Sekretär des
Sicherheitsrates der RF Alexander Lebed im dagestanischen Dorf Chassawjurt ein Abkommen
mit der separatistischen Führung Tschetscheniens in Person von Aslan Maschadow
unterzeichnet. Das Dokument trug den Titel: "Über die Prinzipien der Bestimmung der
Grundlagen der gegenseitigen Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und der
Tschetschenischen Republik".
Es war vorgesehen, diese Beziehungen "in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten
Normen und Prinzipien des Völkerrechtes", nicht aber auf der Grundlage der Verfassung der RF,
die im Wortlaut des Abkommens überhaupt nicht erwähnt worden war, zu regeln. Mit anderen
Worten erkannte Russland gleichsam de facto die Unabhängigkeit Tschetscheniens.
Aber ein weiterer Fehler war es, dass Moskau auf die Rückführung aller föderalen
Militärformationen aus der Tschetschenischen Republik vor Ende 1996 eingegangen war.
Und wie war der Preis dieser Fehler?
Wollen wir das in kurzen Worten sagen, so hat sich das separatistische Regime in
Tschetschenien in ein gegenüber seinem Volk und ganz Russland offen banditisch-terroristisches
Regime verwandelt und das föderale Zentrum dadurch dazu gezwungen, die Truppen erneut ins
Gebiet der Tschetschenischen Republik einmarschieren zu lassen.
Das Jahr 1997 begann mit der Durchführung der Präsidentschaftswahlen in Tschetschenien unter
der Kontrolle einer Gruppe von 60 Vertretern der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa. Ungeachtet dessen, dass eine unzureichende Zahl der
Wahlberechtigten in den Wahllokalen erschienen war, wurde Aslan Maschadow, ehemaliger
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Stabschef der ungesetzlichen bewaffneten Formationen, mit 59,3 Prozent der Stimmen zum
Präsidenten der Tschetschenischen Republik gewählt.
Damals setzte das föderale Zentrum in diesen Exobersten der Sowjetarmee bestimmte
Hoffnungen. Im Vergleich zum exaltierten Dudajew wirkte er ausgeglichener und verständiger.
Darum unterzeichnete Boris Jelzin am 12. Mai 1997 mit Maschadow im Kreml den Vertrag
"Über den Frieden und die Prinzipien der gegenseitigen Beziehungen zwischen der Russischen
Föderation und der Tschetschenischen Republik Itschkerien".
Das Dokument korrigierte in gewissem Maße den Kasus von Chassawjurt mit der faktischen
Anerkennung Tschetscheniens als Subjekt des Völkerrechtes. Und doch blieb die
Doppelsinnigkeit bestehen, weil die Tschetschenische Republik ungeachtet des sogenannten
aufgeschobenen Status gleichsam auf den gleichen Rechtsstand mit der ganzen Föderation
erhoben wurde, wobei sie zugleich deren Teilrepublik geblieben war.
Stimmt das, dass das separatistische Regime nicht einmal daran dachte, auf seine
Ansprüche zu verzichten?
Das stimmt. Bei einem Moskau-Besuch des neugewählten Präsidenten der Tschetschenischen
Republik im August 1997 schlug Maschadow Boris Jelzin den Entwurf eines umfassenden
Vertrags vor, laut dem Tschetschenien zum unabhängigen Staat erklärt werden sollte. Diesen
Standpunkt vertrat die tschetschenische Delegation einen Monat später bei den Verhandlungen in
Dagomys über die Vorbereitung auf die Unterzeichnung eines politischen Vertrags und
hintertrieb sie praktisch von allem Anfang an. Zugleich forderten die Maschadow-Leute von
Russland, "Kompensationen für den vieljährigen Krieg gegen das tschetschenische Volk" in
Höhe von 25,8 Mrd. US-Dollar auszuzahlen.
Das föderale Zentrum, das seine Taktik befolgte, setzte seinerseits das Spiel mit den Separatisten
fort und versuchte zugleich, die Bevölkerung der Republik für sich zu gewinnen. Bis zum
Sommer 1999 stellte die föderale Macht der Administration von Maschadow finanzielle und
materielle Ressourcen zur Verfügung, die für die Auszahlung von Renten, Löhnen und
Zuwendungen bestimmt waren. Aber einfache, friedliche Menschen erhielten sie nicht, weil die
Mittel entweder entwendet oder für die Finanzierung ungesetzlicher bewaffneter Formationen
verwendet wurden.
In drei Jahren der Eigenmacht führte das tschetschenische Regime die Republik zu
wirtschaftlichem Kollaps, Hunger, restloser Zerstörung des sozialen und geistigen Bereichs, zum
offenen Genozid gegenüber den Angehörigen anderer Völker, die früher in Tschetschenien
gelebt hatten. Es genügt der Hinweis, dass in dieser Periode mehr als 250 000 Bürger die
Republik verlassen und Hunderttausende die Arbeit verloren haben.
In Tschetschenien wurden öffentliche Hinrichtungen auf Plätzen veranstaltet. Der Menschenraub
mit dem Ziel, Lösegeld zu erhalten, verwandelte sich in ein einträgliches Geschäft, das von dem
Maschadow-Regime kontrolliert wurde. Daran waren mehr als 60 bewaffnete
Verbrechergruppen beteiligt, die insgesamt mehr als 2 500 Mitglieder zählten. Vor dem Sommer
1999 gab es in Tschetschenien bis zu 1200 Geiseln, darunter Kleinkinder und Bürger anderer
Staaten. Wie die als Geiseln genommenen Menschen behandelt worden sind, ist dank den
erhalten gebliebenen Videoaufnahmen bekannt.
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Wurde das Territorium der Republik wirklich zum Umschlagsplatz für die
Waffenhändler?
Nicht nur für Waffenhändler. Tschetschenien hatte sich in einen Transitkanal für den
Drogentransport aus dem Iran, Pakistan, der Türkei und Afghanistan in die Baltikum-Länder,
Großbritannien, Spanien und andere europäische Staaten verwandelt. Außerdem waren im
Gebiet der Republik, wie in einer Begutachtung des Justizministeriums Russlands festgestellt
wurde, vier Werke für Heroinproduktion entdeckt worden.
Vor diesem kriminellen Hindergrund
erfolgte die Ausartung des
tschetschenischen Separatismus.
Religiöse Extremisten und Banditen
aus der ganzen Welt vom Schlage
des Terroristen Chattab, der den
Beinamen "der schwarze Araber"
hatte, die in Tschetschenien Zuflucht
gefunden hatten, verfolgten ihre
eigenen ideologischen und
aggressiven Ziele, die mit den
Interessen des tschetschenischen
Volkes nicht gemein hatten.
Tschetschenien wurde die Rolle
eines Aufmarschgebietes für die Umsetzung der ambitiösen Pläne zur Schaffung eines
mittelalterlichen Khalifats vom Schwarzen Meer bis zur Kaspisee eingeräumt.
Wie reagierte darauf Maschadow?
Er rief bald dazu auf, die Terroristen zu vernichten, bald ernannte er sie zu seinen Stellvertretern,
wie es mit Bassajew, einem Funktionär der internationalen Terrororganisation "Moslembrüder",
der Fall gewesen war. Bassajew hatte den Posten des Vizepremiers bekleidet und war 1998 sogar
amtierender Premier gewesen. Maschadow selbst organisierte Ausfälle von Banditen und
verurteilte zugleich nach dem Fiasko solcher Aktionen die Ausführenden. Mit seiner
Vorschubleistung war es soweit gegangen, dass im Herbst 1999 ein direkter Überfall auf das
benachbarte Dagestan sowie eine ganze Serie der Sprengungen von Wohnhäusern in Moskau
und einer Reihe anderer Städte verübt worden war, die nahezu 300 Einwohner Russlands das
Leben kosteten.
"Es ist Maschadow gewesen, der Russland und Tschetschenien zu einem Krieg geführt hat",
erklärte der Präsident der RF Wladimir Putin beim Treffen mit Vertretern der tschetschenischen
Öffentlichkeit im Kreml am 10. November 2002. Und fügte hinzu: "Es wird kein zweites
Chassawjurt geben."
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ANTITERROROPERATION IN TSCHETSCHENIEN
Wie entfalteten sich die Kampfhandlungen in der Anfangsetappe der Antiterroroperation
in Tschetschenien? Welche Aufgaben hatten sich die Separatisten gestellt? Wer befehligte
sie?
Die Antiterroroperation der russischen Truppen in Nordkaukasien begann in den ersten
Augusttagen 1999.
Damals waren die ersten Gruppen und Abteilungen der tschetschenischen bewaffneten
Separatisten nach Dagestan durchgesickert. Die Rädelsführer der Invasion waren Schamil
Bassajew, der früher den Überfall auf Budjonnowsk geleitet hatte, und der damals noch wenig
bekannte Hattab, der mit dem internationalen Terroristen Bin Laden liiert war. Ihr Hauptziel war
die Besetzung von Machatschkala und der Zugang zur Kaspisee.
Es wurde bekannt, dass das sogenante "Präsidium des Kaukasischen Hauses zur Befreiung
Tschetscheniens und Dagestans", dem Mowladi Udugow sowie die Brüder Bassajew und
Chatschilajew vorstanden, den Plan einer Meuterei in Machatschkala bestätigt hatte. Laut diesem
Dokument hatten die bewaffneten Separatisten vor, im Zeitraum vom 5. bis 8. August 1999 die
Hauptstadt Dagestans zu besetzen, sie in Verantwortungszonen der Feldkommandeure zu
gliedern, Geiseln zu nehmen und danach der Regierung dieser Republik ein Ultimatum mit der
Forderung, zurückzutreten, zu stellen.
Früh am Morgen des 7. August fuhren aus Tschetschenien nach Dagestan Kolonnen von
schweren KamAZ-Lastwagen, in denen sich bis zu 2000 gut bewaffnete Separatisten befanden.
Das waren nicht nur Tschetschenen, sondern auch viele ausländische Söldner. Ihnen schlossen
sich bald örtliche Wahhabiten an. Sie besetzten einige Dörfer in den Rayons Botlich und
Nowolakskoje und beeilten sich, auf dem von ihnen besetzten Territorium einen islamischen
Staat zu proklamieren.
Wie reagierten die föderalen Behörden auf den Einfall in Dagestan? Welche Maßnahmen
wurden in diesem Zusammenhang ergriffen?
Diese offene Aggression der tschetschenischen Separatisten war selbstverständlich eine ernste
Herausforderung der zentralen Macht. Wären die Pläne der vereinigten Extremisten umgesetzt
worden, so wäre Russland von Transkaukasien abgeschnitten. Die Terroristen hätten Moskau
ihre Bedingungen diktiert. In der absolut neuen geopolitischen Situation hätten die Geiselnahme,
die Banditenüberfälle, Explosionen auf den Märkten und Bahnhöfen kein Ende genommen. Die
Entschlossenheit der russischen Führung, der Heldenmut der Soldaten und Offiziere
ermöglichten es, die Aggression abzuwehren. Die Pläne der Terroristen wurden vereitelt.
Bekanntlich hat das Volk Dagestans jedoch die Pläne der bewaffneten Wahhabiten nicht
unterstützt...
Den ersten Schlag der vereinigten Kräfte der Extremisten hatten die operativ aufgestellten
Abteilungen der dagestanischen Volkswehr und die örtliche Miliz abzuwehren. In der Republik
wurde die allgemeine Mobilmachung verkündet. Die Worte des Vorsitzenden des Staatsrates
Dagestans Magomedali Magomedow "Jeder Dagestaner muss zum Verteidiger und Aufklärer
zugleich werden" wurden damals von allen Einwohnern Dagestans als Aufruf zum Kampf
aufgefaßt. Gerade dieser Umstand brachte die bewaffneten Separatisten zur Einsicht darin, dass
sie bei der Hauptmasse der Einwohner von Dagestan keine Unterstützung finden werden.
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Gibt es konkrete Beispiele der Abwehr der bewaffneten Extremisten durch Ortsbewohner?
Es ist ein Fall bekannt, da 40 dagestanische Milizionäre und Angehörige der
Sondermilizabteilung /OMON/ Lipezk, die sich in der Einkreisung befanden, drei Tage und
Nächte lang dem Ansturm der mehrfach überlegenen Kräfte der bewaffneten Separatisten
standhielten. Volkswehrangehörige und örtliche Milizangehörige unter dem Befehl des Obersten
Chadshimurat Kurachmanow stießen vor, um ihnen Unterstützung zu erweisen. Unter der
Deckung der herbeigeeilten Panzertechnik gelang es den Milizangehörigen, aus der Einkreisung
auszubrechen und sich mit den Hauptkräften der föderalen Truppen zu vereinigen.
In Dagestan traf eiligst militärische Verstärkung aus anderen Regionen Russlands ein. Dabei
gingen örtliche Volkswehrangehörige zusammen mit den Soldaten in den Kampf gegen die
Separatisten.
Wie endete die Operation zur Befreiung des Gebiets von Dagestan von den eingedrungenen
bewaffneten Separatisten?
Im Ergebnis der entschlossenen Handlungen gelang es den föderalen Truppen, gegen Ende
August die bewaffneten Separatisten ins Gebiet Tschetscheniens zu verdrängen. Danach wurde
die russische Truppengruppierung auf die Vernichtung der Wahhabiten umorientiert, die sich in
einer Reihe von Dörfern im zentralen Teil von Dagestan verschanzt hatten und diese Ortschaften
viele Monate lang kontrollierten.
Aber die rund 2000 Mann starken Abteilungen der bewaffneten Separatisten führten nach der
Umgruppierung einen neuen Schlag gegen Dagestan vom Territorium Tschetscheniens. Im
Ergebnis der schweren Kämpfe, die eine Woche lang dauerten, brachten die Armeeeinheiten und
Truppen des Innenministeriums den bewaffneten Separatisten eine neue Niederlage bei. Seitdem
unternahm der Gegner keine Versuche mehr, ins Gebiet der Republik in starken Abteilungen
einzudringen.
Worin lag die Ursache dafür, dass die Handlungen der föderalen Truppen auf das
Territorium Tschetscheniens verlegt worden waren? Wie war der weitere Ereignisgang?
Der Beschluss über die Verlegung der Kampfhandlungen auf das Territorium Tschetscheniens
wurde von der russischen Führung gefasst, nachdem im September 1999 Explosionen in Moskau
und Städten Südrusslands gedonnert hatten, die Hunderte Menschenleben dahin rafften und eine
Rache der Separatisten für ihre Niederlage in Dagestan waren. Am 14. September bombardierten
die föderalen Fliegerkräfte notgedrungen mehr als 100 strategisch wichtige Objekte auf dem
Territorium Tschetscheniens.
Die Landoperation begann am 30. September mit dem Ziel, beherrschende Höhen an der Grenze
einzunehmen. Gegen Ende Oktober stellten die russischen Truppen ein Drittel des gesamten
Gebiets der Republik unter ihre Kontrolle und rückten Schritt für Schritt zur tschetschenischen
Hauptstadt vor. Dabei gab das Armeekommando klar zu verstehen, dass es die Fehler der
vorangegangenen Kampagne nicht wiederholen will. Es wurde beschlossen, die Operation
fortzusetzen, bis die Terroristen vernichtet worden sind.
Bekanntlich wurden die erbitterten Kämpfe um die Einnahme von Grosny ausgetragen.
Welche Besonderheiten hatte diese Operation?
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Aktive Handlungen zur Vernichtung der Banditenformationen in der Hauptstadt der Republik
begannen Ende Dezember 1999. Der Sturm erfolgte nach der Methode des "Herausdrückens" der
bewaffneten Separatisten aus den Stadtvierteln. Dabei wurden aktiv Fliegerkräfte und Artillerie
eingesetzt, was ermöglichte, die Verluste der angreifenden föderalen Truppen erheblich
herabzusetzen. Präzendenzlos war ihrem Maßstab nach die Operation "Wolfsjagd", die am 1.
Februar 2000 durchgeführt worden war.
Es gelang, durch Täuschungsmanöver mehrere Tausende Banditen aus der Stadt herauszulocken.
Sie gerieten auf Minenfelder, die von den föderalen Truppen gelegt worden waren, und verloren
rund 1 500 Mann. Unter ihnen befanden sich mehrere bekannte Feldkommandeure. Der
Anführer der bewaffneten Separatisten Schamil Bassajew erlitt dabei eine schwere Verletzung,
und ihm wurde später ein Bein amputiert.
Dabei wurden aber doch nicht alle Banditen vernichtet. Einem beträchtlichen Teil davon
gelang es, aus der Stadt auszubrechen?
Aus der Stadt konnte lediglich die Abteilung unter dem Befehl von Ruslan Gelajew ausbrechen.
Seine Bande wurde jedoch bald darauf im Dorf Komsomolskoje blockiert. Im Sturm wurden
rund 800 Banditen vernichtet. Gelajew selbst ließ seine Unterstellten im Stich und floh aus
Komsomolskoje, weswegen er später vom Brigadegeneral zum Soldaten degradiert wurde.
Wie gelang es später, die größten Banditenformationen zu zerschlagen?
Die bewaffneten Separatisten rechneten nach der Niederlage auf dem Flachland damit, sich in
den Bergrayons der Republik festsetzen zu können, um von dort Überfälle auf die von den
föderalen Truppen besetzten Städte und Dörfer zu verüben. Um diese Pläne zu vereiteln, wurden
Ende Dezember 1999 in Itum-Kale, im Südteil der Argun-Schlucht, russische Grenzsoldaten und
Angehörige der Luftlandetruppen abgesetzt. Im Verlauf der Operation wurden alle Hauptwege
abgeschnitten, auf denen den Banditen Munition aus Georgien geliefert worden war, sowie alle
Straßen und Pfäde, auf denen sich die Banditenformationen hätten zurückziehen können,
abgesperrt. Zugleich wurden auch die tschetschenischen Abteilungen im Rayon Wedeno von den
Hauptkräften abgeschnitten. Alle Versuche der Tschetschenen,
die Luftlandeeinheit zu vernichten, blieben erfolglos. Im
Februar 2000 begann das planmäßige Herausdrücken der
Banditen von den Bergen auf das Flachland, wo sie von den mit
schwerer Technik und Waffen ausgerüsteten föderalen Truppen
"in Empfang genommen wurden".
Im Ergebnis gerieten die bewaffneten Separatisten in eine
kritische Lage. Große Banditenformationen waren zerschlagen
worden, kleine Abteilungen waren aber nicht mehr in der Lage,
einigermaßen bedeutsame Kampfhandlungen zu führen. Sie
begannen Methoden des Partisanenkrieges anzuwenden, das
heißt Straßen zu verminen, Sprengungen an den
Dislozierungsorten der föderalen Truppen und Terrorakte
gegen russische Militärangehörige und Vertreter der örtlichen
Macht zu verüben.
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Gibt es Angaben über die Zahl der bewaffneten Separatisten, die immer noch Widerstand
den föderalen Truppen leisten?
Laut vorliegenden Angaben sind heute vereinzelte Banden der bewaffneten Separatisten
insgesamt rund 1 000 Mann stark. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ungefähr 4 000
Extremisten in verschiedenen tschetschenischen Städten und Dörfern für Zivilisten ausgeben.
Was läßt sich über die Besonderheiten der Antiterroroperation unter den heutigen
Verhältnissen sagen?
Früher war zwar der Abzug der überschüssigen Truppen vom Territorium der Tschetschenischen
Republik bekanntgegeben worden, dieser Prozess wurde jedoch nach den bekannten Ereignissen
in Moskau, die mit der Geiselnahme durch die Banditen von Mowsar Barajew im Oktober 2002
im Theaterzentrum an der Dubrowka zusammenhingen, vorübergehend eingestellt.
Wie der Verteidigungsminister der RF Sergej Iwanow sagte, sollen jetzt gezielte und
Punktschläge gegen ausgemachte Banditen und ihre Basen geführt werden. Das bedeutet eine
beträchtliche Verstärkung der Aufklärung und der Sonderabteilungen wie auch den Ausschluss
von massierten Flieger- und Artillerieeinsätzen gegen Ortschaften, zugleich aber härtere
Säuberungen dort, wo tatsächlich Terroristen festgestellt worden sind. Geplant ist auch eine
Erhärtung des Regimes, besonders in der Nähe der Dislozierungsorte der Militäreinheiten.
Welche Aufgaben hat der Grenzdienst im Kampf gegen die Terroristen zu lösen?
Die bewaffneten Separatisten geben ihre Versuche nicht auf, nach Russland vom Territorium
Georgiens durchzubrechen. Die Aufgabe der Grenztruppen besteht darin, die Räume der
Durchführung der Antiterroroperationen in der Nähe der Staatsgrenze zu isolieren sowie die
Kanäle der finanziellen und materiell-technischen Hilfe für die Banditenformationen aus dem
Ausland zu ermitteln und abzusperren. Im Zusammenhang damit haben die Abteilungen der
Argun-Grenzbereitschaft ihre Kontrolle über den Abschnitt der russisch-georgischen Grenze, die
insgesamt mehr als 80 km lang ist, errichtet. Auch die Kontrolle an den Durchlassstellen an der
Grenze Russlands mit Georgien und Aserbaidshan ist verstärkt worden.
Welche Aufmerksamkeit schenken die föderalen Behörden Fragen der Festigung der
Sicherheit der Südgrenzen Russlands?
Russland ist sich in vollem Maße darüber klar, dass der Terrorismus mit halben Maßnahmen
nicht überwältigt werden kann. In Übereinstimmung mit einer Anweisung des Präsidenten der
RF Wladimir Putin ist ein Komplexplan zur Verstärkung des Schutzes der russischen
Staatsgrenze, besonders mit Georgien und Aserbaidshan, ausgearbeitet worden. In erster Linie ist
es vorgesehen, die technische Ausrüstung dieses Abschnitts der russischen Grenze zu erhöhen.
Nebenbei gesagt, ist hier bereits die höchste Truppendichte der Grenzsicherung erreicht worden.
Das bedeutet, dass auf einen Kilometer der Grenze drei- bis viermal so viele Grenzsoldaten als
auf den anderen Abschnitten der Staatsgrenze entfallen.
Im Oktober 2002 ist zwischen der Führung der Grenztruppen Russlands und Georgiens ein
Protokoll unterzeichnet worden, das berufen ist, die Situation an der russisch-georgischen
Grenze zu stabilisieren. Dieses Dokument sieht u.a. den gemeinsamen Streifendienst der
russischen und georgischen Grenzposten in den wichtigsten Richtungen vor. Das Protokoll ist
das praktische Ergebnis der vom Präsidenten Russlands Wladimir Putin und dem Präsidenten
Georgiens Eduard Schewardnadse im Verlauf des neulichen GUS-Summits in Chisinau
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getroffenen Vereinbarungen. Das Dokument ist vor allem auf die Abwendung der illegalen
Grenzüberschreitung durch tschetschenische bewaffnete Separatisten gerichtet.
Vor kurzem wurde der Beschluss gefasst, an der russisch-georgischen Grenze vor März 2003
eine weitere Grenzbereitschaft für besondere Verwendung zu entfalten, um die Deckungen der
verwundbarsten Hochgebirgsabschnitte zu verstärken.
Welche Kräfte der föderalen Truppen sind heute in Tschetschenien konzentriert?
Laut Angaben per Ende Dezember 2002 steht in Tschetschenien eine 80 000 Mann starke
Vereinigte Gruppierung der russischen Truppen. Das ist in erster Linie die 42. mot.
Schützendivision, die in Tschetschenien ständig disloziert ist, der einzige allgemeine, bis zu 15
000 Mann starke Verband in Russland, der nach dem Kriegsstellenplan entfaltet worden ist.
Seine Hauptschlagkraft bilden das 70., 71., 72. und 291. mot. Schützenregiment sowie das 50.
Selbstfahrlafettenregiment.
Außerdem sind in Tschetschenien schichtweise taktische Regiments- und Bataillonsgruppen aus
verschiedenen Militärbezirken Russlands disloziert. Sie sind insgesamt rund 22 000 Mann stark.
Die kampffähigste Einheit der Vereinigten Truppengruppierung bilden 3000 Luftlandesoldaten.
In Tschetschenien ist ständig auch die 46. Brigade der Innentruppen disloziert, die statt 3 000
Mann laut Stellenplan 10 000 Mann stark ist. Dabei ist auch die 10
000 Mann starke Grenztruppengruppierung zu berücksichtigen, die
an der russisch-georgischen Grenze steht.
Je drei bis sechs Monate lang befinden sich in Tschetschenien
Angehörige der Sondermilizabteilungen /OMON/ und der
Schnellen Spezialeingreifabteilungen /SOBR/ des
Innenministeriums Russlands, die aus verschiedenen Regionen
Russlands hier beordert werden. Mehr als 10 000 Milizangehörige
und Soldaten sind in den Kommandanturen in allen großen
Ortschaften Tschetscheniens disloziert.
Wieviel Tote und Verwundete haben die rivalisierenden Seiten?
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation haben die
Föderalkräfte seit Oktober 1999 bis März 2002 im Nordkaukasus 3 770 Mann an Toten und 12
796 Mann an Verwundeten verloren. Während der Antiterroroperation wurden in der
Tschetschenischen Republik mehr als 14 000 Extremisten getötet und mehr als 29 000
verwundet. Allein seit Beginn 2002 hat die Vereinigte Truppengruppierung unter Teilnahme von
Mitarbeitern des Föderalen Sicherheitsdienstes Russlands knapp 1 000 Banditen vernichtet.
Könnte man markante Beispiele für Mut und Tapferkeit anführen, die russische
Armeeangehörige an den Tag gelegt haben?
Ende Februar 2000 hatte die von Chattab angeführte Bande versucht, sich im Raum von UlusKert nach Dagestan durchzukämpfen. Russische Aufklärer bekamen Wind davon.
Am frühen Morgen des 28. Februar versuchte die 6. Kompanie des 104. Regiments der Pskower
Luftlande-Division unter dem Kommando von Oberst Mark Jewtjuchin, die Banditen
abzuschneiden. Wenige Kilometer von Ulus-Kert lieferten sich die Seiten ein Gefecht. Aber die
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Kräfte waren ungleich: Immer mehr tschetschenische Extremisten eilten zur Hilfe. Jewtjuchin
fasste den einzig richtigen Beschluss, sich auf die nächste Höhe zurückzuziehen, wo er die
Verteidigungsstellung bezog.
Im Laufe einiger Stunden bis zum Einbruch der Dunkelheit wehrten die Pskower Angriffe ab.
Am nächsten Morgen wurde das Gefecht fortgesetzt. Die am Leben gebliebenen LuftlandeSoldaten lieferten den Tschetschenen ihr letztes Gefecht. Das war ein Handgefecht. 84
Luftlande-Soldaten kamen ums Leben, nachdem sie fast 500 Extremisten vernichtet hatten.
Später stellte sich heraus, dass an der Operation knapp 2500 Terroristen teilgenommen hatten.
Oder noch ein Beispiel. Der verwundete Grenzer Jewgeni Rodionow wurde gefangengenommen.
Ihm wurde das Leben versprochen, wenn er sich zum Islam bekennt und an Erschießungen
anderer Kriegsgefangener teilnimmt. Im Laufe von vier Monaten wurde Jewgeni von den
Tschetschenen in der Hoffnung verprügelt und gefoltert, seinen Willen zu brechen. Aber der
Soldat aus Podolsk bei Moskau kämpfte bis zum letzten Atemzug. Er wurde an seinem 19.
Geburtstag grausam hingerichtet.
Soldat Rodionow wurde postum mit
dem Orden des Mutes ausgezeichnet.
Die Russisch-orthodoxe Kirche prüft
die Möglichkeit, ihn zu kanonisieren.
In den Jahren der Konfrontation in
Tschetschenien wurden Tausende
russischer Soldaten und Offiziere mit
hohen Regierungsauszeichnungen
gewürdigt. Im ersten
Tschetschenien-Krieg wurden 126
und im zweiten TschetschenienKrieg 134 Militärs der Titel "Held
Russlands" zuerkannt. 126 Personen
erhielten diesen Titel postum.
Aber auch einfache friedliche Tschetschenen werden zu Helden...
Der 16-jährige Schüler Magomed Taschuchadshijew aus Grosny kam ums Leben, als er sein
Haus und seine Familie vor Extremisten schützen wollte. Magomeds Vater Saidi
Taschuchadshijew war Oberleutnant und stellvertretender Milizchef der Abteilung Inneres des
Stadtbezirks Sawodskoj von Grosny.
Als Saidis Kollege Rassul Chabussejew bei ihm zu Gast war, brachen ins Haus Banditen ein und
erschossen die beiden Milizionäre. Magomed, der sich im benachbarten Zimmer befand, hörte
Schüsse, nahm die Maschinenpistole seines Vaters und tötete die Mörder. Das waren die
bekannten Feldkommandeure Magomed Zagarajew und Achmed Taschajew. Aber beim
Schusswechsel bekam der Junge eine tödliche Verletzung ab. Postum wurde ihm der Titel "Held
Russlands" zuerkannt.
Noch eine mutige Tat wurde vom tschetschenischen Jungen Mussa Achmadow vollbracht.
Extremisten wollten einen Terroranschlag verüben und eine Autobombe am Stationierungsort
eines Trupps der Moskauer Miliz in Gudermes sprengen. Mussa sah zufällig, dass der Fahrer des
mit Sprengstoff bespickten Lasters KamAZ einen Sergeanten der tschetschenischen
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Verkehrsmiliz erschoss, der versuchte, den Laster zu stoppen, und warnte die Milizionäre. Diese
verschanzten sich und bereiteten sich auf ein Gefecht vor. Der Lastkraftwagen wurde 40 Meter
vor der Einfahrt zum Truppengelände unschädlich gemacht.
Bekanntlich erweisen auch Vertreter anderer Nationalitäten des Kaukasus Hilfe für die
russischen Truppen...
Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist die Tat von Lewan Telidse aus dem kleinen
georgischen Dorf Tscherewi. Mit Risiko für sein eigenes Leben warnte er russische Grenzer
davor, dass eine Einheit der tschetschenischen Extremisten versucht, die russisch-georgische
Grenze vom Pankissi-Tal aus zu passieren. Die Grenzer legten einen Hinterhalt. 30 Banditen,
darunter ihr Anführer Chassan, wurden getötet. Die anderen 13 zogen nach Georgien zurück und
wurden festgenommen. Vor kurzem wurde Lewan Telidse mit dem Orden des Mutes
ausgezeichnet.
Für Heldentaten während der Abwehr einer Aggression der Banditen im August 1999 vom
Territorium Tschetscheniens aus wurden 43 Einwohner Dagestans mit Orden und Medaillen
ausgezeichnet. Unter ihnen sind Vertreter von 14 Völkerschaften dieser Republik.
Wie reagierten die Einwohner in Tschetschenien auf die Geiselnahme im Theaterzentrum
an der Dubrowka Ende Oktober 2002 in der russischen Hauptstadt durch die Terroristen?
Natürlich klammern wir die Schadenfreunde der Handlanger der Terroristen aus. Von der
Reaktion friedlicher Einwohner Tschetscheniens könnte man an zahlreichen Protestaktionen
gegen Verbrechen der Terroristen urteilen, die in Nadteretschny, Gorny, Schatoi und einigen
anderen Rayons der Republik wie auch in Grosny und Gudermes stattfanden. In der
tschetschenischen Hauptstadt wurden Kundgebungen an drei Hochschulen durchgeführt. Ihre
Teilnehmer - Studenten und Dozenten - verwiesen darauf, dass derartige Handlungen der
Terroristen die Situation in der Republik selbst und die Lage des tschetschenischen Volkes noch
mehr verschlimmern.
Auch Kultur- und Kunstschaffende Tschetscheniens haben den Terrorakt in Moskau scharf
verurteilt. In einer Erklärung, die sie in einer republikweiten Beratung angenommen haben,
sprachen sie wie das gesamte tschetschenische Volk ihre Anteilnahme für die Geiseln aus.
Seinerseits bezeichnete Achmar Sawgajew, Mitglied des Föderationsrates von der
Tschetschenischen Republik, den Beschluss als richtig, die Terroristen vor Ort, unmittelbar im
Gebäude des Theaterzentrums an der Dubrowka, zu vernichten. "Das wird eine Lehre für jene
sein, die versuchen, ähnliche Terrorakte in Moskau oder anderen Städten zu verüben", erklärte
Sawgajew.
Der Rat der Mufti Russlands unterstützte in seiner Erklärung den von der russischen Führung
gefassten Beschluss zur Beendigung des Geiseldramas und bezeichnete ihn als "einzig möglich
und richtig".
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AUSWÄRTIGER FAKTOR
Hat sich denn die Einstellung der übrigen Welt zur Antiterroroperation Moskaus gegen die
tschetschenischen Extremisten nach deren Terroranschlag vom Oktober 2002 in Moskau
geändert?
Es darf keine Doppelstandards bei der Einschätzung des Terrorismus geben. Lange Zeit wurden
die tschetschenischen Extremisten im Westen, darunter auch in den Vereinigten Staaten, nicht
als Terroristen, sondern als "Kämpfer um die Freiheit und Unabhängigkeit Itschkeriens" sowie
ihre Handlungen als "Befreiungskampf" bezeichnet. Selbst Sprengstoffanschläge auf
Wohnhäuser in Moskau, Wolgodonsk und Buinaksk im Jahr 1999 mit zahlreichen Opfern
wurden nicht berücksichtigt.
Während der Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und anderer
internationaler Organisationen wurde dem föderalen Zentrum mehrmals eine nicht adäquate
Gewaltanwendung in Tschetschenien vorgeworfen. Zugleich wurden Handlungen der Banditen
selbst gerechtfertigt. Unterdessen ist es ein offenes Geheimnis, dass diese so genannten
"Freiheitskämpfer" unschuldige Menschen, darunter auch friedliche Tschetschenen, quälen und
töten sowie Geiseln nehmen, darunter auch Bürger westlicher Staaten. So ist Arbi Barajew, ein
enger Verwandter des Terroristen Mowsar Barajew, der die Geiselnahme im Moskauer
Theaterzentrum an der Dubrowka geleitet hat, an der Entführung von vier Mitarbeitern einer
westlichen Telekom-Gesellschaft schuld. Ein Neuseeländer und drei Bürger Großbritanniens
wurden später geköpft. Dabei galt es im Westen beinahe als guter Ton, Russland etwas
vorzuwerfen, das im Grunde genommen alleine gegen den internationalen Terrorismus kämpfte.
Die tragischen Ereignisse vom Oktober 2002 in Moskau wurden zum Moment der Wahrheit.
US-Botschafter Alexander Vershbow erklärte im Zusammenhang mit dem Oktober-Terrorakt in
Moskau: "Die USA und Russland sind zusammen. Wir teilen die gleichen Werte und müssen sie
gemeinsam verteidigen." Und noch ein Zitat aus der Zeitung "Los Angeles Times", die betonte,
dass "der Oktober-Terrorakt in Moskau die tschetschenischen Banditen in eine Reihe mit Bin
Laden und den Krieg in Tschetschenien folglich in eine Reihe mit anderen Gliedern des groß
angelegten Krieges gegen den internationalen Terrorismus gestellt hat".
Hat der Oktober-Terrorakt in Moskau das Verhalten der übrigen Welt gegenüber Aslan
Maschadow beeinflusst?
Die tragischen Ereignisse in Moskau mit 129 Toten mussten
sich unweigerlich auf die Wahrnehmung Aslan Maschadows
und seines Regimes durch das Ausland auswirken. Ein
ranghoher USA-Vertreter nannte den Anführer der
tschetschenischen Separatisten im Zusammenhang mit dem
Terrorakt im Theaterzentrum an der Dubrowka "verdorbene
Ware".
Es sei auf ein Interview des Anführers der Geiselnehmer im
Theaterzentrum an der Dubrowka, Mowsar Barajew, an den
Reporter der Londoner "Sunday Times" Mark Francetti verwiesen. Darin heißt es klipp und klar,
dass Maschadow von der Vorbereitung dieses Terroranschlags in Moskau gewusst hat. Davon
zeugt denn auch eine vom katarischen Fernsehsender El Dschasira ausgestrahlten
Videoaufnahme, auf der Maschadow verkündete: "Ich zweifle nicht daran, dass wir in der
24
abschließenden Etappe eine einmalige Operation durchführen, die den tschetschenischen Krieg
umkehrt und Tschetschenien von den russischen Aggressoren befreit."
Der Mensch, den die Vereinigten Staaten als Hauptvertreter Tschetscheniens bei geplanten
Friedensverhandlungen mit Russland betrachtet hatten, büßte seine Positionen ein und geriet in
absolute Isolation, schrieb die "Los Angeles Times". Für die USA gilt Maschadow nicht mehr
als Chefunterhändler, weil es ihm nicht gelungen ist, sich von den Terroristen und vom
Terrorismus als ganzes zu distanzieren.
Bislang gibt es in Tschetschenien noch nicht wenig ausländische Söldner, die aktiv an
Zusammenstößen mit den föderalen Truppen teilnehmen. Gelingt es, ihren Widerstand zu
brechen?
Das größte von den vernichteten Ausbildungszentren der Extremisten war das so genannte
"Lager Chattabs". Jetzt gibt es weder das Lager noch Chattab. Was stellte dieser SöldnerAnführer dar? Wer ist für ihn eingesprungen?
Dieser Feldkommandeur war Ende März 2002 bei einer Geheimdienst- und Kampfoperation des
Föderalen Sicherheitsdienstes Russlands in einer südlichen Region Tschetscheniens vernichtet
worden. Bekanntlich zeichnete sich Chattab, der eine große Bande ausländischer Söldner
anführte, durch besondere Grausamkeit gegenüber den Gefangenen aus. Bei ihren Exekutionen
bevorzugte er blanke Waffen. Gerade über Chattab erhielten die Extremisten Finanzhilfen
einiger nicht staatlicher Organisationen in Nahostländern.
Jetzt wird die Söldnerbande vom nächsten Handlanger des "Schwarzen Arabers" - Abu el-Walid
aus Saudi-Arabien - angeführt. Gerade er unterhält derzeit alle wichtigsten Kontakte zur Leitung
der internationalen Terrororganisation "Moslembrüder" und löst mit ihnen Fragen der
Finanzierung, Information und Propaganda.
Wie gelangen ausländische Söldner nach Tschetschenien? Wieviel Söldner gibt es
gegenwärtig auf dem Territorium der Republik?
Die eigentlichen Tschetschenen machten bis zuletzt nur ein Viertel der Banden aus, die ihr
Unwesen in Tschetschenien trieben. Alle anderen Banditen waren ausländische Söldner. Die
Extremisten sickerten sich auf das Territorium der Republik durch die "transparente" Grenze der
früheren UdSSR durch. Während der Kampfhandlungen in Dagestan und Tschetschenien
nahmen die Rechtsschutzorgane Bürger Afghanistans, Pakistans, Tadschikistans, Jemens, SaudiArabiens und der Türkei fest. An Banden in Tschetschenien nahmen Söldner insgesamt aus mehr
als 25 Ländern teil. Nach Angaben des Innenministeriums der Russischen Föderation hatten sich
bis zuletzt allein in Afghanistan und Pakistan mindestens zwei Dutzend Lehrzentren befunden, in
denen tschetschenische Extremisten ausgebildet wurden. Ähnliche Lager gab es auch in
Albanien, Libanon und im moslemischen Teil Bosniens. Die illegalen bewaffneten Formationen
wurden von mehr als 60 islamischen extremistisch gesinnten Organisationen in 30 Ländern
außerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) und in der GUS sowie von knapp 100
diversen Firmen und zehn Bankengruppen unterstützt.
Angesichts klarer Erfolge der föderalen Truppen hat sich die Situation mit ausländischen
Söldnern in Tschetschenien kardinal geändert. Nach Angaben der für die Tschetschenische
Republik zuständigen Verwaltung des Föderalen Sicherheitsdienstes Russlands befinden sich in
Tschetschenien gegenwärtig knapp 200 ausländische Söldner, während ihre Zahl ein Jahr davor
ein Mehrfaches betragen hatte.
25
Könnte man konkrete Beispiele für die Unterstützung der tschetschenischen Separatisten
von Seiten ausländischer extremistischer Strukturen anführen?
Aktivitäten zahlreicher extremistischer Organisationen gehen in zwei Hauptrichtungen: Direkte
bewaffnete Einmischung in Form der Entsendung ausländischer Söldner zur Teilnahme an
tschetschenischen Banden sowie Missionar- und Propagandaeinsätze unter der Bevölkerung. Die
letzteren laufen auf die Schürung separatistischer Stimmungen in moslemischen Regionen der
Russischen Föderation und auf Versuche hinaus, sie zum Ausstieg aus dem Staatsverband
Russlands zu bewegen. So wurde festgestellt, dass die Organisation "Moslembrüder" ein Netz in
mehr als 60 Ländern mit Zentren in Großbritannien und einigen anderen Staaten Europas hat.
Emissare der "Moslembrüder" stimmen ihre Aktivitäten mit solchen Terrornetzwerken wie El
Kaida, El Gamaa el Islamija und Islamischer Dschichad.
Die Extremisten haben Kanäle für ausländische Finanz- und sonstige Hilfen an tschetschenische
illegale bewaffnete Formationen via Türkei, Aserbaidschan und Georgien geschaffen. Sie
werden entdeckt und dicht gemacht. So wurden seit August 1999 in Russland sieben Emissare
der "Moslembrüder" ermittelt und des Landes verwiesen. Im Flughafen von Naltschik wurde
eine Ladung tragbarer Funkgeräte, Fernsehtechnik und Organisationstechnik doppelter
Zweckbestimmung sichergestellt. Am Grenzübergangspunkt Werchni Lars an der russischgeorgischen Grenze wurde eine Partie gepanzerter Geländewagen sichergestellt, die über das
Territorium Georgiens für Chattab-Extremisten transportiert werden sollten.
Mehrmals wurden Versuche unternommen, auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR ein
Netz von Filialen der "Moslembrüder" zu schaffen, die als Wohltätigkeitsorganisationen und
Fonds getarnt werden sollten. Es handelt sich um die russische Niederlassung der nicht
staatlichen saudi-arabischen Organisation El Igasa (Islamic Relief), der russischen Abteilungen
der kuwaitischen Organisationen "Gesellschaft sozialer Reformen" und "Gesellschaft für
Wiedergeburt des islamischen Erbes" sowie der "Internationalen Entwicklungs-Gesellschaft".
Diese Strukturen akkumulierten und verteilten Finanzmittel unter den gegründeten Filialen.
In Umgehung offizieller geistlicher Verwaltungen wurden Reisen von Bürgern Russlands zum
Studium in islamischen Zentren nach
Saudi-Arabien, Pakistan und in einige
andere Länder veranstaltet. Im Laufe
von fünf bis sieben Jahren wurden
Studenten solcher Lehreinrichtungen
massiv ideologisch bearbeitet. Danach
kehrten sie nach Russland als
fanatische und militante Anhänger der
Ideen des islamischen
Fundamentalismus zurück. Gerade
unter diesen früheren Studenten taten
sich Menschen mit FührerEigenschaften hervor, die zu zentralen
Figuren in Filialen der oben genannten
Strukturen wurden.
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Gibt es konkrete Beispiele von Kontakten der tschetschenischen Extremisten mit El Kaida?
Es ist bekannt, dass Chattab - Landsmann und treuer Freund von Bin Laden - zum regionalen
Vertreter der Organisation El Kaida im Nordkaukasus (und in ganz Russland) nach ihrer
Gründung Ende der 90-er Jahre wurde. Im Juni 1999 weilte Bin Laden im Chattab'schen
Ausbildungszentrum "Said ibn Abu Wakkas" im Raum der tschetschenischen Stadt UrusMartan. Augenzeugenberichten zufolge blieb er mit dem Niveau der Ausbildung der Extremisten
zufrieden und versprach eine reichliche Belohnung nach einem Angriff auf Dagestan, der für
August 1999 geplant war.
Bekanntlich erlitt die dagestanische Operation Chattabs ein Fiasko. Es stellte sich aber heraus,
dass Bin Ladens Strategen auch diese Variante mit einkalkuliert hatten. In diesem Fall gab es
einen Vorwand, "Moskau durch Terroranschläge unter Einsatz von Flugzeugen und KamikazeFliegern exemplarisch zu bestrafen". Wie El-Kaida-Mitglied Munir el-Motassadek bei einem
Gerichtsprozess in Hamburg sagte, wurden die Selbstmord-Attentäter dann auf Ziele in New
York und Washington umdirigiert.
Die Verbindung zwischen El Kaida und den tschetschenischen Extremisten wird auch aus
anderen Quellen belegt, und zwar auf sehr hoher Ebene. "Ich habe Informationen über Kontakte
zwischen den tschetschenischen Terroristen, die vom 23. bis 26. Oktober 2002 Geiseln in
Moskau gefangengehalten haben, und der Gruppierung El Kaida", sagte der britische
Außenminister Jack Straw. Ari Fleischer, Sprecher des Weißen Hauses, erklärte in einer
Stellungnahme zu diesem Terrorakt, dass "Spuren von El Kaida in mehreren Regionen der Welt,
darunter auch in Tschetschenien, nachgewiesen wurden".
Wieviel so genannte "Botschaften Itschkeriens" und andere Organisationen gibt es
gegenwärtig in der Welt, die im Ausland Aslan Maschadow, Schamil Bassajew und
Mowladi Udugow vertreten? Welche Rolle spielen sie bei der Erweisung materieller,
finanzieller, moralischer und sonstiger Hilfe für die tschetschenischen Terroristen?
Vertretungen Itschkeriens sind aktiv (oder waren wenigstens bis zuletzt aktiv) in Estland,
Litauen, Dänemark, Belgien, Deutschland, Großbritannien, Polen, Tschechien, den
Niederlanden, Georgien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, der Türkei, Pakistan, im
Irak, Syrien und in der Ukraine. Vor kurzem wurde auf Beschluss der aserbaidschanischen
Behörden in Baku ein tschetschenisches Kulturzentrum geschlossen, das sich als eine
"Vertretung Itschkeriens" genannt hatte.
Nach dem Oktober-Terrorakt in Moskau forderte die russische Führung die Behörden der Türkei
auf, Vertretungen der tschetschenischen Separatisten auf ihrem Territorium zu schließen. "Wir
haben unwiderlegbare Beweise dafür, dass die tschetschenischen Extremisten, die Geiseln in
Moskau genommen hatten, Telefongespräche mit ihren Handlangern führten, darunter auch in
der Türkei", sagte der Botschafter der Russischen Föderation in Ankara, Alexander Lebedew. Zu
den Organisationen, die ständigen Kontakt zu Mowsar Barajews Bande hielten, zählte Lebedew
das Komitee für die Solidarität mit den Tschetschenen im Kaukasus mit Sitz in der Türkei.
Der Leiter der georgischen "Vertretung der Tschetschenischen Republik Itschkerien" hat nach
wie vor ungehinderten Zugang zu örtlichen Massenmedien, die seine antirussischen
Ausschweifungen vervielfältigen. Die "Vertretung" betreibt Informationsaktivitäten und spielt
zudem eine große Rolle bei der Erhaltung und Verteilung eintreffender finanzieller und
humanitärer Hilfe, deren größter Teil allerdings einfach gestohlen wird. Bei der "Vertretung" ist
27
die Informationsstruktur -"Tschetscheninformzentr" - aktiv, die auf einer eigenen Web-Seite
einen Informationskrieg gegen Russland führt.
Die Leitung des Staatssicherheitsministeriums Georgiens gibt zu verstehen, dass die
Unterbindung der Aktivitäten der tschetschenischen Informationsstrukturen einer politischen
Entscheidung der Landesbehörden bedürfe.
Es gibt nicht wenig Beweise dafür, dass "Zentren", "Vertretungen" und "Botschaften" des von
niemandem anerkannten Itschkerien unter dem Vorwand humanitärer, friedensstiftender oder
Wohltätigkeitsaktivitäten die materielle und finanzielle Unterstützung der tschetschenischen
Extremisten organisieren.
Russland hat seinerzeit die Antiterroroperation der USA in Afghanistan unterstützt. Geht es denn
nicht um eine Art "Tauschgeschäft", das die Kritik westlicher Länder an gewaltsamen Aktionen
in Tschetschenien abmildern soll?
Russland stieg in die internationale Antiterrorkoalition ein, weil es sich über die Gefahr im
klaren war, die von der terroristischen Internationale ausgeht. Dabei ließ sich Moskau sowohl
von langfristigen Interessen der gesamten internationalen Gemeinschaft als auch von den
eigenen nationalen Interessen leiten. Nach sofortigen Vorteilen wurde nie gestrebt.
Von einem "Tauschgeschäft" ist also keine Rede. Das umso weniger, als sich die Position
mehrerer westlicher Länder zum Tschetschenien-Problem immer noch durch sichtbare
Doppelstandards auszeichnet. Natürlich gibt es hierbei auch Fortschritte. Jetzt findet sich wohl
kein westliches Land mehr, das mit allem Ernst behaupten würde, dass es in Tschetschenien
keine Terroristen gibt und Russland kein Recht darauf hat, diese zu bekämpfen. Aber der so
genannte Doppelstandard ist noch zu spüren: Die Terroristen werden nach wie vor in "schlechte"
und "gute" aufgeteilt. Die einen werden abgeurteilt und die anderen beinahe gerechtfertigt.
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28
WIEDERAUFBAU TSCHETSCHENIENS
29
SOZIALÖKONOMISCHER BEREICH
Wie vollzieht sich der Prozeß der Rückkehr von Bürgern Tschetscheniens, die seinerzeit
ihren ständigen Wohnort verlassen haben?
Über eine halbe Million Einwohner der Republik waren gezwungen, ab 1999 ihre Häuser und
Wohnungen sowohl im Ergebnis der Kampfhandlungen, der allgemeinen instabilen Situation als
auch wegen Drohungen durch tschetschenische Terroristen zu verlassen. Nach Maßgabe dessen,
wie sich das Leben in Tschetschenien normalisiert, beginnen Menscnen, in ihre Heimstätten
(häufiger aus anderen Gebieten der Republik selbst) zurückzukehren. Im Zeitraum von 2000 bis
heute kehrten über 180 000 Menschen, darunter über 85 000 Menschen aus Inguschetien, nach
Tschetschenien zurück. Dabei muss unterstrichen werden, dass der Prozess der Rückkehr auf
freiwilliger Grundlage erfolgt.
Zugleich sind 360 000 Menschen nach Angaben per Mitte 2002 immer noch gezwungen, von der
Notunterkunft sowohl in als auch außerhalb der Tschetschenischen Republik Gebrauch zu
machen. Die größte Zahl der tschetschenischen Flüchtlinge - über 100 000 - lebt heute auf dem
Territorium des benachbarten Inguschetien sowohl in Orten der zeitweiligen Unterbringung als
auch auf der in Pacht genommenen Fläche. Für ihren Unterhalt werden notwendige Mittel aus
dem föderalen Haushalt, darunter für den Aufkauf und die Zustellung von Lebensmitteln,
bereitgestellt.
Zu einem weiteren Stimulus für die Rückkehr von Menschen in ihre heimatliche Gegend wurde
die Schaffung von 120 000 neuen Arbeitsplätzen in den letzten zwei Jahren. Die Arbeitsplätze
werden vor allem im Agrar-Industrie-Komplex geschaffen. Aber nicht nur darin. Im Bauzweig,
der sich heute stürmisch entwickelt,
waren im Jahre 2002 über 40 000
Personen beschäftigt, während ein Jahr
zuvor dort um 75 Prozent weniger
Menschen arbeiteten.
Nach Angaben der Regierung
Tschetscheniens wird geplant, in der
nächsten Zeit weitere 30 000 Menschen
in den Arbeitsprozess einzugliedern. Es
muss auch erwähnt werden, dass noch
150 000 Bürger das Arbeitslosengeld
beziehen.
Die Frage der Rückkehr der Flüchtlinge hängt aufs engste mit dem Wiederaufbau von
Wohnraum in der Tschetschenischen Republik zusammen. Wie ist es darum bestellt?
Nach Angaben des Staatskomitees für Bauwesen der RF wurden in der Periode vom Januar bis
zum Dezember 2002 in Tschetschenien 1645 Häuser (1634 individuelle und 11
Kommunalhäuser) mit einer Gesamtfläche von über 320 000 Quadratmetern ihrer Bestimmung
übergeben und wiederaufgebaut. Günstige Bedingungen für die Rückkehr werden in Grosny,
Argun, Gudermes und in der Staniza Sernowodskaja geschaffen. Dort wurden der Wiederaufbau
und die Einrichtung von 15 neuen Orten der zeitweiligen Unterbringung für ungefähr 14 000
Personen vollendet.
30
Das Föderale Zielprogramm zum
Wiederaufbau der Wirtschaft und
des Sozialbereiches der
Tschetschenischen Republik sieht es
vor, in den Jahren 2002-2003
insgesamt 4550 individuelle
Wohnhäuser und 2630
Kommunalwohnungen mit einer
Gesamtfläche von über einer halben
Million Quadratmetern
wiederaufzubauen.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Flüchtlinge in ihren früheren Wohnort aus
Befürchtungen um ihr Leben nicht zurückkehren wollen:
In der Tat. Eines der besonders akuten Probleme, die die Rückkehr von Menschen hemmen, sind
die Instabilität und die explosive Situation im Ergebnis der unaufhörlichen Ausfälle von
Banditen. Eine anschauliche Bestätigung dafür ist ein von Selbstmörder-Terroristen am 27.
Dezember 2002 verübter Terrorakt vor dem Gebäude der Regierung der Tschetschenischen
Republik, wodurch 82 Menschen ums Leben kamen und 153 verletzt wurden.
Die Situation zum Besseren hin zu ändern, ist eine Aufgabe der Rechtsschutzorgane. Aber auch
von anderen staatlichen Ämtern, darunter vom Föderalen Migrationsdienst des
Innenministeriums Russlands, wird heute alles Mögliche getan, um den Prozess der Rückkehr
der Zwangsumsiedler nach Tschetschenien zu erleichtern.
Unter anderem wird die reale Zahl der Flüchtlinge bestimmt und deren Neuregistrierung
vorgenommen. Geprüft wird die Bereitschaft der Orte der zeitweiligen Unterbringung für
Umsiedler, die nach Tschetschenien zurückkehren. Es werden Maßnahmen zu ihrer Einrichtung
ergriffen. Um die Zwangsumsiedler über das Vorhandensein von Wohnraum in dieser oder jener
Stadt, diesem oder jenem Rayon und über den Verlauf der Bauarbeiten, die Möglichkeiten für
die Eingliederung in den Arbeitsprozess und das Studium, soziale und sonstige Zahlungen zu
informieren, organisierte der Föderale Migrationsdienst sogar die Ausgabe einer Sonderbeilage
zur Zeitschrift "Migration und Staatsbürgerschaft" - der Wochenschrift
"Migrationsinformationsblatt". Ihr erstes Heft ist im Juli 2002 erschienen.
Bekannt ist, dass Grosny, der Hauptstadt der Republik, während der zwei militärischen
Kampagnen der größte Schaden zugefügt wurde. Wann kann man seinen Wiederaufbau
erwarten?
Nach Angaben der Regierungskommission zu Fragen des Wiederaufbaus des Sozialbereichs und
der Wirtschaft Tschetscheniens kommen auf Grosny wirklich 70 Prozent des Schadens, den der
Krieg der Wirtschaft Tschetscheniens zugefügt hat. In der Hauptstadt der Republik wurden 66
Prozent der Gebäude beschädigt, darunter 28 Prozent völlig zerstört. Fast vollständig außer
Betrieb gesetzt wurde die Infrastruktur der ingenieurtechnischen Versorgung der Stadt. Fast von
Grund auf zerstört oder ausgeraubt wurde die Ausrüstung von Kraftunterwerken, Kesselräumen,
Wasserentnahmestellen, Pumpstationen und Kläranlagen.
31
Aber der Generalplan zum Wiederaufbau der tschetschenischen Hauptstadt wird bereits erstellt.
Wenn der Wiederaufbau von Grosny in dem vom Plan vorgesehenen Tempo erfolgen und das
Neugebaute den Zerstörungen durch Banditen nicht ausgesetzt wird, so wird die Stadt in sechs
bis sieben Jahren in moderner Form von Neuem gebaut. Aber es stehen enorme Ausgaben bevor.
Allein die Räumung von Verschüttungen in Grosny wird die russische Staatskasse nach
Schätzungen von Spezialisten 494 Mio. Rubel (über 15 Mio. US-Dollar) zu stehen kommen.
Werden aber Mittel nicht ausgeraubt, die für den Wiederaufbau Tschetscheniens
bereitgestellt werden? Eine solche Meinung äußerten mehr als einmal russische und
ausländische Massenmedien und ertönte von politischen Tribünen.
Schablonen dieser Art sind wirklich entstanden. Es fällt schwer, sie zu ändern, um so mehr, als
es diesbezügliche Fakten in der Vergangenheit gab. Aber heute gibt es keinen Grund, darüber zu
sprechen, dass im diesem Wirkungsbereich der Diebstahl prosperiert. Freilich gibt es
Verletzungen einer anderen Art: zweckentfremdete Inanspruchnahme von Mitteln und
vorsätzlicher zu hoch angesetzter Umfang der erfüllten Artbeiten im Wohnungsbau. Aber die
föderalen Behörden kämpfen gegen diese Erscheinung.
Im April 2002 fasste die Rechnungskammer der RF die Ergebnisse einer Kontrolle zusammen, in
deren Ergebnis die zweckentfremdeten Ausgaben der Haushaltsmittel in Höhe von über 700
Mio. Rubeln (ca. 22 Mio. US-Dollar) ermittelt wurden. Wichtig ist auch, dass sich der
eigentliche Mechanismus der Finanzierung in den letzten Jahren geändert hat: Mittel gehen jetzt
anders ein. Wenn Mittel noch vor fünf bis sechs Jahren über bevollmächtigte Banken eingingen,
so gehen sie jetzt über das föderale Schatzamt ein.
In welchem Zustand befindet sich heute der erdölfördernde Komplex der Republik?
Bereits im Jahre 2001 wurden 705 000 Tonnen Erdöl in Tschetschenien gefördert. Dabei
vergrößerte sich die tagesdurchschnittliche Förderung gegenüber dem Vorjahr auf mehr als das
5fache - von 800 auf 4000 Tonnen. Wie aus Materialien des "Statistischen Bulletins über den
Verlauf des Wiederaufbaus der Wirtschaft und des Sozialbereiches der Tschetschenischen
Republik im Januar-Oktober 2002" folgt, wurden 1 223 000 Tonnen Erdöl, inklusive
Gaskondensat, in dieser Periode in Tschetschenien gefördert. Allein im Oktober betrug die
Fördermenge 138 000 Tonnen.
Wie kann man die Hauptparameter des Wiederaufbaus der Energiewirtschaft
Tschetscheniens charakterisieren?
In letzter Zeit wurde die Elektroenergieversorgung praktisch
in allen Rayons der Tschetschenischen Republik
wiederhergestellt. In Betrieb genommen wurden
Überlandleitungen mit einer Gesamtlänge von 544,6 km.
Mit Haushaltsgas sind ebenfalls fast alle Ortschaften
versorgt. Es wurden 548 km Gasleitungen für die Zuführung
den Verbrauchern in Betrieb genommen. Wiederhergestellt
wurden ein sehr wichtiger Abschnitt der Gasleitung
Stawropol-Grosny sowie die Gasleitungen Kawkas-5 und
Kawkas-10.
32
Mitte Dezember 2002 wurde in der Stadt Argun der erste Dampfenergieblock des ArgunHeizkraftwerkes-4, des größten der wiederaufgebauten Objekte der tschetschenischen
Energiewirtschaft, in Betrieb genommen. Seine Wärme wird anderen Betrieben, inklusive die
Zuckerfabrik und das Betonwerk, das Leben einhauchen, deren Wiederaufbau es ermöglichen
wird, bis zu 3000 neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Der Wiederaufbau des Argun-Heizkraftwerkes-4 hing aber mit Verlusten unter
Energetikern zusammen...
In der Tat. Banditen taten alles, um den Prozess des Wiederaufbaus dieses Objekts zum
Scheitern zu bringen, das in der Republik vor 39 Jahren gebaut worden war. Noch bei der
Errichtung der Umzäunung um dieses Kraftwerk im Jahre 2000 wurden vier Arbeiter von
Scharfschützen getötet. Dann begann man Tschetschenen, die auf dem Bauplatz arbeiteten,
Flugblätter mit Drohungen zu unterjubeln. Insgesamt töteten Banditen in Argun 62 Energetiker.
Nicht von ungefähr sagte der "Nurenergo"-Vorsitzende Nurdin Ussamow beim Zeremoniell der
Inbetriebnahme des ersten Energieblocks des Argun-Heizkraftwerkes-4: "Der Wiederaufbau des
Kraftwerkes wurde zu einer richtigen Heldentat von tschetschenischen, russischen, ukrainischen
und armenischen Ingenieuren und Arbeitern, die Mut aufbrachten, Banditen standzuhalten."
Wie gestaltet sich die Situation im Agrar-Industrie-Komplex Tschetscheniens?
Im Jahre 2002 brachten tschetschenische Bauern von 158 000 Hektar etwa 350 000 Tonnen
Getreide ein. Eine solche rekordhohe Kennziffer erreichte die Republik sogar in den
sowjetischen Zeiten nicht. Zum Vergleich: Im Jahre 2001 waren etwas mehr als 135 000 Hektar
mit Getreidekulturen bestellt und wurden 250 000 Tonnen Getreide geerntet. Für Belange des
Agrar-Industrie-Komplexes Tschetscheniens wurden über 100 Mähdrescher, fast 1000 Tonnen
mineralische Düngemittel und etwa 100 Tonnen Pflanzenschutzmittel bereit gestellt.
Wie werden der Eisenbahn- und der Kraftfahrzeugtransport in Tschetschenien
wiederhergestellt?
Gegen Mitte 2002 wurden die Eisenbahnstation in Chankala und die Brücken über den Fluss
Terek ihrer Bestimmung übergeben, die Gleise auf dem Abschnitt Ischtscherskaja-Gudermes
instandgesetzt.
Neugestaltet wurden auch die Bahnhöfe auf den Abschnitten Ischtscherskaja-Gudermes,
Ischtscherskaja-Chassawjurt, Gudermes-Chankala, aber vor allem in Grosny. Repariert wurden
fast 350 beschädigte Güterwagen. Noch eine kennzeichnende Kennziffer: Von Mitte 2001 bis
zur Mitte 2002 wurden über 15 000 Wagen mit verschiedenen Gütern nach Tschetschenien
gebracht. Im April 2002 wurde der Personenverkehr auf der Strecke Gudermes-MoskauGudermes aufgenommen. Ganz vor kurzem wurde der direkte Eisenbahnverkehr zwischen
Grosny und Moskau wiederaufgenommen. Passagiere können jetzt auch mit Nahzügen und auf
Strecken reisen, die aus Tschetschenien nach Inguschetien und Nordossetien führen.
Für die Wiederherstellung des Kraftfahrzeugtransports wurden der Republik bereits 220
Passagierbusse, etwa 10 Kran- und Tankkraftwagen bereitgestellt. Insgesamt sieht das
Zielprogramm "Wiederaufbau der Wirtschaft und des Sozialbereiches der Tschetschenischen
Republik für 2002 und darauffolgende Jahre" für die Wiederherstellung des
Kraftfahrzeugtransportwesens der Republik die Ausgaben in Höhe von 206,5 Mio. Rubeln (etwa
6,3 Mio. US-Dollar) vor.
33
Noch eine wichtige Komponente des Wiederaufbaus des Sozialsektors der Republik sind
Krankenhäuser, Schulen, Hochschulen, Bibliotheken...
Antwort: Gegen Mitte 2002 wurden
57 Krankenhäuser mit fast 5000
Betten sowie 32 Polikliniken, 46
Ambulanzen und 175 Stützpunkte für
Betreuung durch einen Feldscher
wiederaufgebaut, die heute
funktionieren. Allein in Grosny
funktionieren neun Krankenhäuser,
das zentrale Entbindundsheim, die
Erste-Hilfe-Station, acht Polikliniken
für Erwachsene, drei
Kinderpolikliniken und zwei
Polikliniken für Stomatologie. Es
wird geplant, in der Republik weitere
105 medizinische Einrichtungen, darunter 37 Krankenhäuser mit 1500 Betten und fünf
Dispensairestellen, die etwa 1000 Patienten in einer Schicht aufnehmen können, elf Polikliniken
für fast 4000 Besuche in der Schicht, zwei Entbindungsheime und über 20 Ambulanzen, general
zu renovieren. Im Jahre 2002 wurden Schutzimpfungen 291 000 Personen gemacht.
Zu Beginn des laufenden Schuljahres 2002/2003 wurden in Tschetschenien 17 neue Schulen
eröffnet. In der nächsten Zeit werden noch über 45 Schulen ihrer Bestimmung übergeben, in
denen heute Bau- und Wiederherstellungsarbeiten durchgeführt werden. Insgesamt funktionieren
in Tschetschenien bereits 500 Schulen, in denen unter der Leitung von 13 600 Pädagogen etwa
220 000 Kinder lernen: viel mehr als in vorigem Jahr. Von Neuem wurden drei Hochschulen
eröffnet: Tschetschenische staatliche Universität, staatliche Erdölhochschule in Grosny und
Tschetschenische staatliche pädagogische Hochschule. Daran studieren etwa 18 000 Studenten.
Außerdem wurde eine Gruppe von Studenten aus Tschetschenien in die Moskauer Staatliche
Universität zum Studium aufgenommen.
Wie ist es um Kulturobjekte bestellt?
Im Jahre 2002 begann man mit dem
Wiederaufbau des Konzertsaals in
Grosny mit 750 Plätzen, des
Tschetschenischen Dramatischen
Theaters, das 350 Besuchern den
Platz bietet, des staatlichen Zirkus
mit 1400 Plätzen, der Philharmonie,
des nationalen Museums, der
Rayonkulturhäuser in den Dörfern
Schatoi und Wedeno. Für all diese
Ziele, inklusive
Projektierungsarbeiten, wurden 15
Mio. Rubel (ungefähr 500 000 USDollar) bereitgestellt. Das föderale
Zentrum erweist künstlerischen Ensembles Hilfe, stellt Geldmittel für die Erhaltung und
Restauration von Geschichts- und Kulturdenkmälern bereit.
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In der Republik sind 21 Zeitungen und drei Zeitschriften registriert. Davon erscheinen 13
Zeitungen und zwei Zeitschriften. Die "Sow semli" ("Ruf der Erde") wird zum Beispiel in einer
Auflage von 15 000 Exemplaren und die "Westi respubliki" ("Nachrichten aus der Republik") in
einer Auflage von 10 000 Exemplaren herausgegeben. Zwei und drei Stunden täglich senden ihre
Programme entsprechend der staatliche Rundfunk und das staatliche Fernsehen Tschetscheniens.
▲
WERDEGANG DES RECHTSSYSTEMS
Stimmt das, dass das Normativ- und Rechtssystem in Tschetschenien in vollem Umfang
funktioniert?
Dem ist wirklich so. Wie der Justizminister Russlands Juri Tschaika unlängst erklärte, waren in
Tschetschenien fünf Justizhäuser, darunter auch in Rayonzentren, eröffnet worden. Geschaffen
wurden Notarial- und Rechtsanwaltstrukturen, Organe für Registrierung gesellschaftlicher
Organisationen und Standesämter, die bereits funktionieren.
Wenn man über die Situation in Gerichten auf dem Territorium Tschetscheniens spricht, so hat
es nach Worten des Ministers bis heute in keinem davon außerordentliche Situationen gegeben.
Es muss auch gesagt werden, dass heute in Tschetschenien eine Verwaltung für
Strafvollstreckung besteht, der Einrichtungen angehören, die notwendige Bedingungen für die
Unterbringung des Sonderkontingents sichern. Es werden die Wiederherstellungs- und
Bauarbeiten in Strafkolonien und Sonderuntersuchungsgefängnissen in Grosny, Tschernokosowo
usw. durchgeführt.
Im Jahre 2002 wurden notwendige Mittel durch das Föderale Zielprogramm für die
Wiederherstellung des strafrechtlichen Besserungssystems Tschetscheniens bereitgestellt.
Vollendet werden die Arbeiten beim Bau von Verwaltungsgebäuden, Regimebauten und
Wohnheimen für Verurteilte, eines Bade- und Waschkombinats sowie von ingeneurtechnischen
Netzen.
Man kann auch folgende Angaben anführen. Mitarbeiter der Verwaltung Bestrafung des
Justizministeriums Russlands prüften zusammen mit anderen Kräftestrukturen im Jahre 2002
über 5500 Personen auf Beteiligung an ungesetzlichen bewaffneten Formationen. Es wurden fast
200 kg Rauschgiftmittel beschlagnahmt und mehr als 1000 illegale Mini-Werke für Produktion
von Erdölprodukten vernichtet.
Nach Angaben des Gerichtsdepartements beim Obersten Gericht der RF gingen per 25.
November 2002 bei 12 Rayongerichten der Republik und beim Obersten Gericht der
Tschetschenischen Republik entsprechend 1928 und 1342 Strafsachen sowie 8782 und 8384
Zivilrechtssachen und weitere 120 Sachen im Wege Kassationsverfahren ein, die alle verhandelt
wurden.
Besteht das Institut der Gerichtsvollstrecker in der Tschetschenischen Republik?
Zur Zeit arbeiten in Tschetschenien ständig 200 Vollstrecker, 42 Notare, 95 Rechtsanwälte, über
30 Mitarbeiter des Justizministeriums der RF und 264 Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft
Tschetscheniens. Dabei sind die meisten von ihnen Tschetschenen. Ihnen wird praktische Hilfe
35
durch Mitarbeiter der Rechtsschutzorgane aus anderen Regionen Russlands erwiesen. Im Mai
2002 fand ein methodisches Lehrtreffen von Gerichtsobervollstreckern zu Fragen der Tätigkeit
der Gerichte statt. An diesem Treffen beteiligten sich Vertreter der Führung der Republik, der
Verwaltung des Innern, der Milizabteilungen zur besonderen Verwendung (OMON), des
Föderalen Sicherheitsdienstes Russlands und der Staatsanwaltschaft.
In welcher Situation müssen heute die tschetschenischen Milizionäre ihren Dienst beim
Schutz der öffentlichen Ordnung versehen?
Die kriminogene Situation in der Republik ist nach wie vor kompliziert. Zum Beispiel an einem
Tag, dem 14. Mai 2002, wandten sich 80 tschetschenische Einwohner, denen Leute mit
vermummten Gesichtern Geld und Wertsachen weggenommen hatten, an Rechtsschutzorgane
der Republik. Und dies geschweige denn ständige Diversionsausfälle von Banditen. Für sie
wurde die tschetschenische Miliz zum Feind Nr. 1. Eben sie erleidet die Hauptverluste im Kampf
gegen Banditen. Quellen bei der Administration der Tschetschenischen Republik behaupten,
dass die religiöse und militärische Führungsspitze der Banditen - die sogenannte Schura - ohne
Schwankungen Todesurteile für jene Tschetschenen fällt, die mit neuen Machtorganen,
insbesondere mit der Miliz, zusammenarbeiten.
Worauf ist die Notwendigkeit der Reformierung der Rechtsschutzorgane der
Tschetschenischen Republik zurückzuführen?
Zu einem wichtigen Ereignis in dieser Richtung wurde die unlängst vom Innenminister
Russlands Boris Gryslow unterzeichnete Anordnung über die Gründung des Innenministeriums
der Tschetschenischen Republik statt Verwaltung des Innern für Tschetschenien. Experten
meinen, dass dies eine äußerst rechtzeitige und notwendige Maßnahme ist, die zur Stabilisierung
der Situation in der Republik beiträgt. In Übereinstimmung mit einem neuen Stellenplan wird
geplant, die zahlenmäßige Stärke des Personalbestandes des tschetschenischen
Innenministeriums auf 17 000 Personen zu bringen. Zu seinem Leiter wurde Ruslan Zakajew, ein
Tschetschene, ernannt.
Nach Meinung der Führung der Tschetschenischen Republik könnten eben die örtlichen
Milizionäre Ordnung in der Republik schaffen und sie auf gebührendem Niveau
aufrechterhalten. Dafür ist es notwendig, nicht nur die Zahl der Mitarbeiter der tschetschenischen
Miliz zu vergrößern, sondern auch sie besser auszurüsten, gut zu bewaffnen und die materialle
Basis zu festigen.
Wie wirken Mechanismen des Monitorings über die Einhaltung der Menschenrechte in
Tschetschenien?
Die Einhaltung der Menschenrechte ist eine der Prioritätsaufgaben der Regierung
Tschetscheniens. Es wurde der Posten des Sondervertreters des Präsidenten der RF für die
Sicherung der Rechte und Freiheiten des Menschen und des Bürgers eingeführt. Ihm obliegt
neben dem eigentlichen Schutz der Bürgerrechte und -freiheiten das Zusammenwirken mit
internationalen gesellschaftlichen und nichtstaatlichen Rechtsschutzorganisationen. Zur Zeit
bekleidet Abdul-Chakim Sultygow diesen Posten, der früher in der Staatsduma-Kommission für
die Tschetschenische Republik arbeitete.
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FORMIERUNG DER MACHTORGANE TSCHETSCHENIENS
Wie wurden die heutigen Organe der Staatsmacht in Tschetschenien formiert?
Ein neues System der Machtorgane der Tschetschenischen Republik begann sich nach dem
Abschluss der Hauptphase der Kampfhandlungen der Föderalkräfte gegen Terroristen im
Sommer 2000 intensiv zu formieren. Eben damals wurde in Übereinstimmung mit einem Erlass
des Präsidenten Russlands die Vertretung der Regierung der RF in Tschetschenien abgeschafft
und die Administration dieser Republik gebildet. Mit ihrer Bildung begannen sich in
Tschetschenien rechtliche Voraussetzungen für die Organisation der vollwertigen Organe der
Staatsmacht zu gestalten.
Die höchste Amtsperson in der Tschetschenischen Republik ist der Leiter der Administration.
Ihm obliegt die Ernennung des Vorsitzenden der Regierung Tschetscheniens. Er vertritt auch die
Republik in den Beziehungen mit föderalen Organen der Staatsmacht und anderen Subjekten der
RF. Die Kontrolle über die Tätigkeit der Administration Tschetscheniens übt der
bevollmächtigte Vertreter des Präsidenten der RF im Südlichen föderalen Bezirk aus. Auch die
Rayons Tschetscheniens haben ihre Administrationen.
Ab Februar 2001 besteht der Rat für öffentliche und wirtschaftliche Sicherheit Tschetscheniens
beim Leiter der Administration der Tschetschenischen Republik. Zu seinen
Schwerpunktaufgaben gehören die Bestimmung der Prioritäten auf dem Gebiet der Sicherung
der Stabilität in der Republik sowie die Organisation eines engeren Zusammenwirkens zwischen
republikanischen und föderalen Organisationen in Tschetschenien. Dem Rat gehören
tschetschenische Leiter sowie Vertreter der föderalen Kräftestrukturen an.
Das ständige Organ der Exekutivgewalt ist die Regierung der Tschetschenischen Republik. Ihre
Hauptaufgaben bestehen in der Sicherung der sozialökonomischen Entwicklung und in einer
einheitlichen staatlichen Politik auf dem Gebiet von Finanzen, Wissenschaft, Bildungswesen,
Gesundheitsschutz, Sozialfürsorge und Umweltschutz. Außerdem sichert die Regierung den
Schutz der Rechte und Freiheiten des Menschen und des Bürgers, den Schutz des Eigentums und
der öffentlichen Ordnung sowie den Kampf gegen die Kriminalität in der Tschetschenischen
Republik.
Werden die gegründeten Organe der republikanischen Behörden durch die
tschetschenische Bevölkerung unterstützt?
Zu einer der Hauptaufgaben bei der Schaffung eines Systems von Organen der Exekutivgewalt
wurde die Übergabe der Hebel der Leitung der Republik in die Hände ihrer Einwohner. Deshalb
bekleiden eben Tschetschenen die meisten leitenden Posten in der Administration und der
Regierung. In erster Linie ist es dazu notwendig, um die reale Unterstützung der Handlungen der
föderalen Behörden bei der Wiederherstellung des Friedens in Tschetschenien durch die
tschetschenische Bevölkerung zu sichern.
In diesem Sinne kann man die Tatsache für signifikant erachten, dass der russische Präsident im
Juni 2000 in das Amt des Leiters der Administration Achmad Kadyrow ernannte, der ab 1995
Mufti Tschetscheniens gewesen war, einen von jenen, die im Anfangsstadium des Separatismus
mit der Waffe in der Hand gegen die Föderalkräfte gekämpft hatten. Im Jahre 1999 trat er gegen
den von Banditen vorgenommenen Überfall auf Dagestan auf und ging auf die Seite der
russischen Behörden über.
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Ist Tschetschenien in den föderalen Machtorganen vertreten?
Die Tschetschenische Republik hat ebensolche Vertretungen in den föderalen Machtorganen wie
auch alle anderen Subjekte der RF. Im August 2000 fanden in Tschetschenien die Wahlen des
Abgeordneten in die Staatsduma (Unterhaus der Föderalversammlung) statt. Diesen Posten
beanspruchten 13 Kandidaten. An der Abstimmung beteiligten sich etwa 60 Prozent der
registrierten Wähler. Bei den Wahlen siegte Aslambek Aslachanow, Generalmajor der Miliz a.D.
Die Wahlen wurden als demokratisch, aktiv und offen bewertet.
Neben dem Staatsduma-Abgeordneten verteidigt Achmar Sawgajew, Vertreter der Republik im
Föderationsrat (Oberhaus des russischen Parlaments), in der russischen Hauptstadt die Interessen
Tschetscheniens. In Moskau befindet sich auch die offizielle Vertretung der Tschetschenischen
Republik, die mit Stanislaw Iljassow, föderaler Minister für Tschetschenien, Kontakte hat.
Es existiert der Entwurf eines neuen Grundgesetzes Tschetscheniens. Was kann man
diesbezüglich sagen?
Ab 1992 war in Tschetschenien die sogenannte Dudajewsche Verfassung gültig, die die
Republik für einen souveränen Staat erklärte. Die Ausarbeitung einer neuen Verfassung der
Tschetschenischen Republik war Ende 2002 abgeschlossen worden und wurde zum wichtigsten
Schritt auf dem Wege der politischen Regelung der Tschetschenien-Krise und der Rückkehr der
Republik in das Verfassungsfeld der Russischen Föderation.
Gemäß dem Entwurf des Grundgesetzes ist Tschetschenien ein demokratischer sozialer
Rechtsstaat mit der republikanischen Regierungsform, und sein Territorium ist ein nicht
wegzudenkender Bestandteil des Territoriums der RF. Tschetschenien wird eine
Präsidialrepublik sein. Ihr Präsident wird für vier Jahre gewählt und diesen Posten nur zwei
Amtsperioden nacheinander bekleiden können. Zum Präsidenten kann ein Bürger der RF im
Alter nicht unter 30 Jahren gewählt werden. Alle Bürger Tschetscheniens werden gleichzeitig
auch als Bürger Russlands anerkannt. Für die Staatssprachen in der Tschetschenischen Republik
werden Tschetschenisch und Russisch erklärt. Dabei ist die russische Sprache eine Sprache des
zwischennationalen Umganges und des offiziellen Schriftverkehrs.
Verboten werden die Gründung und die Tätigkeit von gesellschaftlichen Vereinigungen, deren
Ziele und Handlungen auf gewaltsame Änderung der Grundlagen der Verfassungsordnung und
die Verletzung der Integrität der Tschetschenischen Republik und der Russischen Föderation, auf
Schürung des sozialen, des Rassen-, des nationalen und des religiösen Haders und auf
Aufstellung von jeglichen bewaffneten oder militarisierten Formationen auf dem Territorium der
Tschetschenischen Republik gerichtet sind, die in der Verfassung der Russischen Föderation und
im föderalen Gesetz nicht vorgesehen sind.
Wie wird eine neue Verfassung Tschetscheniens verabschiedet?
Ein Referendum über die Verfassung der Republik wird am 23. März 2003 durchgeführt. Es
wurden bereits die territorialen Wahlkommissionen gebildet. Insgesamt wurden in der Republik
20 Wahlkommissionen, vier davon in Grosny, gebildet und ihre Vorsitzenden ernannt. An der
Organisation des Referendmus beteiligen 3000 Personen und für seine Finanzierung wurden über
50 Mio. Rubel aus dem Haushalt der RF bereitgestellt. Das Referendum wird alle Ortschaften
Tschetscheniens erfassen, wo 414 Wahllokale eröffnet sein werden. Die Einwohner
Tschetschenies werden ihre Einstellung zu den Entwürfen der Verfassung der Republik, den
Gesetzen über die Wahlen des Präsidenten und des Parlaments zum Ausdruck bringen.
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Den Verlauf des Referendums werden Vertreter von internationalen Hilfs- und
Rechtsschutzorganisationen beobachten.
Welches sind die nächsten Schritte zur Formierung des demokratischen politischen
Systems in Tschetschenien nach der Verabschiedung der Verfassung?
Nach der Verabschiedung des Grundgesetzes Tschetscheniens müssen die Parlamentswahlen und
die Wahlen des Präsidenten der Republik stattfinden. Gemäß dem Entwurf der Verfassung der
Tschetschenischen Republik wird es aus zwei Kammern - dem Rat der Republik (21
Abgeordnete) und der Volksversammlung (40 Abgeordnete) - bestehen.
Ist die Bevölkerung Tschetscheniens selbst zu einer neuen Selbstbestimmung bereit?
Am 11. Dezember 2002 fand in Gudermes, eine Stadt auf dem Territorium Tschetscheniens, der
Kongress des tschetschenischen Volkes statt. In der auf diesem Forum angenommenen
Resolution heißt es, dass "Tschetschenien gewillt ist, ein vollberechtigtes Mitglied der
Russischen Föderation zu sein, mit Russland in Übereinstimmung mit der Verfassung der
Russischen Föderation und nach den für alle gemeinsamen Gesetzen zusammenzuleben". "Das
Volk Tschetscheniens denkt sich nicht ohne Russland oder außerhalb Russlands. Russland ist
unser gemeinsames Schicksal", wird in der Resolution unterstrichen.
Die Delegierten des Kongresses riefen die Bevölkerung Tschetscheniens zur Konsolidierung um
die bestehenden Machtorgane auf, die mit dem Recht ausgestattet sind, alle Fragen des
gesellschaftspolitischen und des sozialökonomischen Lebens der Republik zu lösen. In der
Resolution ist auch der Aufruf an alle Vertreter des tschetschenischen Volkes enthalten,
"angesichts der schwersten Tragödie Tschetscheniens eigene Beleidigungen, gegenseitige
Ansprüche zu lassen, die Ambitionen und den Stolz zu mäßigen, sich im Namen der
Wiedergeburt der Heimat zusammenzuschließen". Die Delegierten des Kongresses wandten sich
mit dem Aufruf "an alle Vertreter der kriegführenden Seite, im Namen ihres Volkes die Waffen
zu strecken und gegen Garantien der Sicherheit zum friedlichen Leben zurückzukehren".
Der Kongress nahm einen Appell an den Präsidenten Russlands an, in dem es heißt: "Dank Ihrer
konsequenten Politik haben Menschen geglaubt, dass die Zeiten der Freundschaft und der
gegenseitigen Verständigung zwischen allen Völkern, die in unserem Land leben,
wiederhergestellt werden können, dass die Tschetschenische Republik ein vollberechtigtes
Subjekt der Russischen Föderation und ein nicht wegzudenkender Bestandteil Russlands ist, wo
Menschen nach den für alle russischen Bürger gemeinsamen Gesetzen leben müssen und
werden... Die politische und ökonomische Situation in Tschetschenien verbessert sich, wenn
auch langsam, aber konsequent. Ungeachtet der fortbestehenden angespannten Situation, der
weiteren Terrorakte und Provokationen gegen Militärs, Leiter der Administrationen, Lehrer und
Bürger, die sich weigern, mit Banditen zu kollaborieren, sind positive Wandlungen in Allem - in
Industrie, Landwirtschaft, Sozialbereich und sogar auf dem Gebiet der Kultur - zu sehen." "Die
Haupterrungenschaft in letzter Zeit", wird im Appell unterstrichen, "ist die sich deutlich
abgezeichnete Wende im Bewußtsein von Menschen. Immer mehr einfache Tschetschenen und
Vertreter der nationalen Elite sehen ein, dass die Rückkehr zu einem normalen Leben in der
Republik ohne Rettung der tschetschenischen Gesellschaft und ohne die Wiedergeburt der
Selbstverwaltung unmöglich ist, deren Fertigkeiten und Traditionen in den Jahren des Krieges in
vieler Hinsicht verlorengingen.
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Gleichzeitig wird immer klarer, dass Tschetschenien ein vollberechtigtes Subjekt der Russischen
Föderation nicht werden wird, solange die neue Verfassung der Tschetschenischen Republik
nicht verabschiedet worden ist und
nicht zu gelten beginnt, solange der
Leiter der Exekutivgewalt der
Republik, die Vertretungsorgane der
Staatsmacht und die
Selbstverwaltungsorgane, die von
der Bevölkerung legitim gewählt
wurden, nicht funktionieren werden.
Wir sind der Meinung, dass die Zeit
für die Wiedergeburt der staatlichen
Leitungsorgane in Tschetschenien
und des gesamten Machtsystems in
der Republik schon gekommen ist."
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