Der jüdische Kalender

Werbung
Der jüdische Kalender
Gott sprach: „Es seien Lichtkörper im Firmament des Himmels,
um zwischen Tag und Nacht zu unterscheiden;
sie werden als Zeichen für Feste, Tage und Jahre dienen.“
(Gen. 1, 14)
Eine andere Zeitrechnung
Der jüdische Kalender unterscheidet sich von dem uns überall begegnenden Kalender
am auffälligsten durch seine Jahreszählung, die einen Unterschied von 3760 Jahren
bildet. Das liegt zum einen daran, dass in der verbreiteten allgemeinen Rechnung das
Jahr Null auf Jesu Geburtsjahr festgesetzt ist, zum anderen werde die Monate
anders berechnet. Dabei orientiert sich der jüdische Kalender eher an dem Mondlauf,
während die Sonnenbahn nur sekundär beachtet wird:
Die Sonne braucht 365,25 Tage, um einmal die Erde zum umwandern. Daraus ergibt
sich die Anzahl von 365 Tagen, die ein Jahr in der allgemeinen Rechnung bilden, mit
einem zusätzlichen Tag, der alle vier Jahre als „Schaltjahr“ im Februar hinzugefügt
wird.
Der Mond dagegen benötigt für eine Erdumkreisung 29,5 Tage, die einen Monat
bilden. Damit besitzt ein Jahr 354 oder 355 Tage und verliert pro Jahr etwa 11 Tage
und somit in drei Jahren einen ganzen Monat gegenüber dem Sonnenkalender. Diese
Zeitrechnung wird problematisch für die jüdischen Feste, die in einer bestimmten
Saison begangen werden müssen. Das Pessach-Fest zum Beispiel ist eine
Frühlingsfeier und kann nicht in eine frühere oder spätere Jahreszeit verschoben
werden. Aus diesem Grund wird der Mondkalender gegenüber dem Sonnenkalender
korrigiert, indem in 19 Jahren genau siebenmal ein zusätzlicher Monat vor den
Pessach-Monat Adar eingeschoben wird, der sog. Adar bet („zweiter Adar“).
Der erste Tag in jedem Monat ist ein halber Feiertag, an dem zur Zeit des Tempels
aufgrund der dann stattfindenden Opferungen keine Arbeit geleistet wurde. In
manchen Monaten gibt es einen zusätzlichen halben Feiertag, der den letzten Tag
des Monats bildet. Für die Zusammenstellung des Kalenders ist es wichtig zu wissen,
welche Monate 29 und welche 30 Tage besitzen.1
Wir lernen in der Mischna2 im Traktat Rosch Haschana, dass es in jedem Jahr vier
Tage gibt, die Rosch Haschana oder „Neujahr“ genannt werden:
- Der erste Nissan ist der Neujahrstag für das Zählen der Dauer jüdischer
Königsherrschaft und die Einsetzung der Ordnung jüdischer Feste.
- Der erste Elul ist das Neujahr für den Zehnten der Tiere. Rabbi Elazar und
Rabbi Schimon dagegen sagen, dass das Neujahr für den Zehnten der Tiere
auf den ersten Tischri falle.
1
Alle Einzelheiten und Mittel zur Berechnung des jüdischen Kalenders wurden von dem Vorsitzenden Hillel II.,
der der Urenkel von Rabbi Jehuda Hanassi, dem Verfasser der Mischna, war, verfasst. Der Autor empfiehlt zur
weiteren Information über die Mittel zur Berechnung und über die Geschichte des jüdischen Kalenders das Buch
„Sefer Hatodaa“ von Rabbi Elijahu Ki Tow.
2
Teil der mündlichen Überlieferung der Tora, der von Rabbi Jehuda Hanassi verfasst wurde. Die Gemara ist
eine Ergänzung der Mischna. Gemara und Mischna bilden zusammen den Talmud.
1
-
-
Der erste Tischri ist das Neujahr für das Zählen der allgemeinen Jahre, der
Schabbat- und der Jubeljahre; ebenfalls für das Pflanzen von Bäumen und
Gemüse.
Am ersten Schewat ist laut der Lehre von Bet Schamai der Neujahrstag für
den Zehnten der Bäume. Bet Hillel dagegen lehrt, dass dieses Neujahr auf den
15. Schewat falle.
Das gewöhnliche Jahr weist folgenden Ablauf auf:
1. Tischri (September/Oktober): Der Monat „der Prinzen und Kräftigen“3
beinhaltet die großen Feiertage Rosch Haschana, Jom Kippur und Sukkot. Sein
Zeichen ist die Waage, da in dieser Zeit von Gott die guten und schlechten
Taten gegeneinander aufgewogen werden. Laut unserer Weisen besitzt das
Wort „Tischri“ auf chaldäisch die Bedeutung „Vergebung der Sünden“.
2. Cheschwan (Oktober/November): wird auch Mar Cheschwan, der „saure
Cheschwan“ (mar – „sauer“, im Unterschied zu „fröhlich, lustig“) genannt, weil
er keine Feiertage besitzt. Er trägt auch den Namen Bul, der von dem Begriff
Mabul („Sintflut“) abgeleitet wird, weil sich in diesem Monat die Sintflut
ereignet hat. In dieser Zeit beginnt in Israel gewöhnlich die Regenperiode. Als
Zeichen besitzt er den Skorpion.
3. Kislew (November/Dezember): Es existiert keine sinnvolle Erklärung für
diesen Namen. Man weiß nur, dass sein Ursprung in Babylonien liegt und von
den dort assimilierten Juden in ihre hebräische Muttersprache übernommen
wurde. Das Zeichen des Monats ist der Schütze. In ihm findet das ChanukkaFest statt.
4. Tewet (Dezember/Januar): Für die Entstehung seines Namens gibt es keine
Erklärung. Sein Zeichen ist der Steinbock und beinhaltet Eimer, die an die
Regenzeit in diesem Monat in Israel erinnern sollen: „Alle Eimer sind schon
voll.“ Es ist der „nasse Monat“. Die einzige Feier in dieser Zeit sind die letzten
Tage von Chanukka.
5. Schewat (Januar/Februar): Dieser Monat besitzt den Wassermann als
Zeichen. Am 15. des Monats wird Tu Bischwat gefeiert.
6. Adar (Februar/März): Die Fische als Zeichen des Glücks zeigen, dass dieser
Monat mit viel Segen angefüllt ist. Es ist allgemein eine glückliche Zeit, in die
zum Beispiel auch Mosches Geburt fällt. Der zusätzliche 13. Monat ist der Adar
bet, der auf den Adar folgt.
7. Nissan (März/April): Seine Bezeichnung steht dem Blumennamen Nizan nahe,
der unter anderem im Hohenlied (Hld 2, 12) erwähnt wird. In seine Zeit fällt
das Pessach-Fest, an das sogar sein Zeichen des Widders erinnert, da auf der
Feier ein Lamm geopfert wurde.
8. Ijar (Mai): Der Name stammt aus dem Chaldäischen, der Muttersprache der
Bewohner des südwestlichen Mesopotamiens. Im Hebräischen lautet das
Synonym Siw und bezeichnet die Strahlen der Sonne in ihrer ganzen Pracht.
Damit wird der warme sonnige Frühlingsmonat in Israel gekennzeichnet. Sein
Der Talmud erklärt im Traktat Rosch Haschana 11a, dass Tischri der Monat der Etanim („Kräftigen“) ist. Er ist
in dem Sinne kräftig, als dass er viele Mizwot enthält: Rosch Haschana, Schofar, Jom Kippur, Sukkot, Lulaw und
Etrog, Hoscha`anot, (...). Eine andere Meinung im Talmud erklärt, dass die Etanim die Leute mit einem
kräftigen Glauben waren: die Vorfahren Awraham und Jaakow, die im Tischri geboren sind.
3
2
Zeichen ist der Stier, da in diesem Monat die Rinder zum letzten Mal frisches
Gras fressen können.
9. Siwan (Juni/Juli): In diesem Monat findet die Schawuot-Feier am 50. Tag
nach dem zweiten Pessach-Tag statt. Das Zeichen der Zwillinge lehnt sich an
die Brüder Mosche und Aaron an, die gemeinsam während der 40
Wüstenjahre das jüdische Volk in der Tora unterrichtet haben. Gleichzeitig
verdeutlicht es auch die Freundschaft und Liebe zwischen allen Menschen
(„Freundschaftsmonat“)
10. Tamus (Juli/August): Der Name ist nach dem Propheten Ezechiel von einer
Götzin abgeleitet. Sein Zeichen, der Krebs, verweist auf viele Gefahren, die
dieser Monat für Menschen bringt. Er vermittelt negatives Stimmungen. Keine
Feiertage bereichern den Monat. Dagegen wird ein Trauertag, der 17. Tamus,
in der Zeit begangen.
11. Aw (August): Sein Zeichen ist der Löwe. Der Monat beginnt mit neun den
Menschen gefährdeten Tagen, an deren Ende, dem neunten Aw, der
Zerstörung der beiden Tempel gedacht wird. Durch den Monatsnamen weist
man auf die zwei Herrschaften, unter denen die Zerstörung vollzogen wurde,
hin, da das Aleph für Edom/Rom und das Bet für Bawel/Babylonien. Der
Monat wird auch Menachem Aw, der „tröstende Aw“ genannt. Am 15. des
Monats wird ein Freudentag begangen. An diesem Tag ziehen alle Mädchen
nach talmudischer Tradition in weißen Kleidern zum Meer oder in die
Weinberge und tanzen die ganze Nacht hindurch, bis sie einen Mann gefunden
haben.4
12. Elul (August/September): In dem Monat mit dem Zeichen der Jungfrau
besinnt sich die nach Jeremias (Jer. 31, 21) bezeichnete „junge Frau Israel“
auf das vergangene Jahr, bittet Gott um Vergebung und kehrt damit wieder zu
ihm zurück. Die vier Buchstaben des Namens sind die Anfangsbuchstabens
des Satzes Ani ledodi wedodi li - „Ich bin für meinen Freund und mein Freund
ist für mich da.“, mit dem man seine Versöhnung auch mit seinen
Mitmenschen unterstreicht und betont: wenn man jemandem etwas Gutes tut,
wird einem auch selber Gutes zugefügt. Es finden keine Feier- oder
Trauertage statt, aber die Zeit ist von der Vorbereitung auf das kommende
Jahr und der Versöhnung mit Gott und den Mitmenschen geprägt.
Der Baal Schem Tow5 erklärte, dass wir während der Feste des Monats Tischri G’tt
mit unserem ganzen Körper dienen. An Rosch Haschana dienen wir ihm mit dem
Gehirn, denn es ist das Fest der Erinnerung, und das Gedächtnis befindet sich im
Gehirn. An Jom Kippur erweisen wir unsere Dienste durch das Herz, denn das Fasten
schwächt v.a. das Herz. An Sukkot dienen wir G’tt unseren Händen, denn wir
schütteln die vier Arten6 mit unseren Händen und am Simchat Tora dienen wir G’tt
mit unseren Füßen, angesichts der Tatsache, dass wir in feierlicher Prozession um die
Tora herumtanzen.
Die Feiertage folgen einer festen Ordnung im Kalenderjahr:
4
Siehe weiter in Kapitel zum 15. Aw.
Reb Israel ben Elieser (1700-1760) war der Gründer der chassidischen Bewegung in seinem 40. Lebensjahr. Er
wurde als der „Baal Schem Tow“ bezeichnet, was „der Inhaber des guten Namens“ bezeichnet.
6
Siehe Kapitel über Sukkot.
5
3
Tischri:
1./2.
3.
10.
15.-21.
22./23.
Rosch Haschana: Neujahr
Zom Gedalja: Fastentag in Erinnerung an den ermordeten Gedalja
Jom Kippur: Versöhnungstag
Sukkot: Laubhüttenfest
Schmini Azeret und Simchat Tora: Torafest/Freude über die Tora
Kislew/Tewet:
25. Kislew bis 3. Tewet: Wiedereinweihung (des Tempels)
10. Tewet
Fastentag in Erinnerung an die Belagerung Jerusalems,die an diesem
Tag begang
Schewat:
15.
Regenperiode
Tu Bischwat: Neujahr der Bäume/ Frühlingsanfang/ Ende der
Adar:
13.
14.
15.
Fastentag von Esther
Purim
Schuschan Purim: Purim-Fest der Stadt Schuschan, in der die Geschichte
von
Purim stattfand. In Jerusalem und in Jericho wird das Fest ebenfalls an
diesem
Tag gefeiert.
Nissan:
14.-22.
Pessach: Pessachfest, Feier des Auszugs aus Ägypten
Ijar:
18.
Lag Baomer: „33. Tag des Omer“
Siwan:
6./7.
Schawuot: Wochenfest
4
Tamus:
16.
diesem Tag
Fastentag des 17. Tamus in Erinnerung an die erste Bersche, die an
in die Mauern Jerusalems geschlagen wurde
Aw:
9.
15.
Fastentag des 9. Aw in Erinnerung an die Zerstörung beider Tempel
15. Aw: „Freudentag“
5
Herunterladen