I. Allgemeine Betrachtungen zur Eisengewinnung und

Werbung
Geschichte
der Warsteiner Gruben- und Hüttenwerke Aktiengesellschaft
Warstein
Etwa 1939 vermutlich geschrieben von Direktor Gustav Simon, Direktor in Warstein
(Vergleiche Sonderdruck aus der Gießereizeitung Heft Nr. 20 vom 16.4.1920, z.T. wortwörtliche
Übereinstimmung. Siehe auch Holzhausen und Augustfehn)
2
Die Warsteiner Eisenindustrie
Seit Urväter Zeiten ist das Eisenhüttenwesen bei Warstein heimisch gewesen. Vor Jahrtausenden war
es. Vielleicht war’s ein Zufall. Beim Vordringen in die Waldungen des später sog. Esterwaldes im
oberen Möhnegebiet fielen die rötlichen Berggewässer auf. Froh und beglückt über diese Feststellung
hätten die auf der Wanderung Begriffenen eigentlich schon ausrufen können: „Hier in den Bergen ruht
das Eisen!“ Doch so weit dachte man noch nicht.
Die damaligen noch auf einer niedrigen Kulturstufe stehenden Menschen waren schon zufrieden,
wenn sie das Raseneisenerz nutzen konnten. Zum eigentlichen Eisenerzbergbau war der Weg noch
weit. Aber er war beschritten. Der Eisenerzbergbau kam, und er wurde zum ersten und damit ältesten
Bergbau in Westfalen. Wie an manch anderen Orten des Sauerlandes, so reicht der Eisenerzbergbau
auch bei Warstein hinauf in die frühesten Kulturzeiten. Schier endlos ferner war hier der Wald mit
seinem Holzreichtum; weiter das Kalksteingebirge; so dann die zu Tal eilenden Berggewässer,
zusammengenommen die trefflichsten Vorbedingungen für eine Eisenverhüttung an Ort und Stelle.
Nur so, unter diesen Voraussetzungen, war es weiter möglich, dass die Eisenverhüttung sich später
aus den Wäldern heraus ins Tal der Wester konzentrierte, im weiteren Verlauf der Zeiten sogar zu
einem der ersten der bodenständigen Wirtschaftsbetriebe wurde.
Aus diesen kurzen Andeutungen geht hervor, dass das Eisenhüttenwesen bei Warstein als ein
besonders typisches Beispiel in der Entwicklung der Eisenindustrie anzusehen ist. Wir können
beginnen bei den primitivsten Einrichtungen der Eisenverhüttung, und wir erleben dann alle weiteren
Stufen des Fortschreitens im Eisenhüttenwesen, bis wir schließlich bei den Werken der modernen Zeit
anlangen.
Die Entwicklung war kurz. Den vorgeschichtlichen Eisenschmelzen folgten die wandernden Stücköfen,
die sog. Handhütten. Diese wieder wurden abgelöst von den bodenverbundenen Hüttenwerken mit
Holzkohlenbetrieb unter Ausnutzung der Wasserkraft und weiter ging die Entwicklung bis zum
modernen Hochofenbetrieb. Die neuere Zeit sodann, die Verwendung der Steinkohle und die
moderne Technik mit all ihren Umwälzungen brachte das Eisenhüttenwesen in Warstein zwar zum
Erliegen, aber man stellte sich um und schaltete sich ein in die moderne Eisenindustrie.
Wie schon angedeutet, war die Entstehung und weitere Entwicklung der Eisenindustrie im Bezirk von
Warstein die notwendige Folge ganz bestimmter Voraussetzungen. Darüber zunächst im folgenden:
I.
Allgemeine Betrachtungen zur Eisengewinnung und Eisenverhüttung
1. Über die Vorbedingungen für das Eisenhüttenwesen im Warsteiner Sattel
Topographisch, d.h. in bezug auf die Gebirgs- und Talbildungen wird die Gegend von Warstein als
der Warsteiner Sattel bezeichnet. Diese Bezeichnung deshalb, weil derselbe aus dem Möhnetal
bzw. im oberen Möhnegebiet inselartig hervortritt. Eine rein äußerliche Betrachtungsweise, denn
auf die Gestaltung der Erdoberfläche hat der Warsteiner Sattel gar keinen Einfluss ausgeübt.
Nach dieser Richtung hin müssen wir einen weiteren, umfassenderen Begriff auf dieses Gebiet
zur Anwendung bringen, nämlich den des sog. niederen Gebirgslandes. In dem niedren
Gebirgslande ist der Warsteiner Sattel nur ein Teil, es erstrecht sich über den gesamten Bezirk
zwischen Möhne und Ruhr bis nach Brilon hin und ist selbst wieder abhängig von dem
geologischen und erdgeschichtlichen Gebirgsbau.
Das niedere Gebirgsland, die zweite Hauptform der Erdoberfläche, besteht größtenteils aus den
Schichten des Massenkalks, des Oberdevon, Culm und flözleeren Sandsteins. So auch hier.
Südlich schließt sich das höhere Gebirgsland an. Die nördliche Grenze geht ab Wiehagen über
Waldringsen .... Günne, Delecke, Völlinghausen, Belecke, Rüthen bis nach Kneblinghausen.
Dieser nördlichen Grenze, nebenbei bemerkt, vorgelagert ist das Hügel und Flachland der
Kreideformation mit der höchsten Erhebung „Der Haarstrang“, und weiter nach Norden geht dies
Hügel- und Flachland über in die Norddeutsche Tiefebene.
Äußerlich ist das niedere Gebirgsland gekennzeichnet durch langgestreckte, fast immer im
Streichen der Gebirgsschichten liegende Bergrücken, von welchen aus zahlreiche tiefe,
schluchtenartige Taleinschnitte quer herabziehen, von den Höhen der Ruhr im Süden nach
Norden zum Möhnetal hin sich allmählich verflachend.
3
Geographisch ist die Höhenlage in diesem niederen Gebirgsland bei
Rüthen, Möhnebrücke
297,86 m
Warstein, alte Kirche
364,78 m
Warstein, Rathaus
309,56 m
Warsteiner Kopf
541,17 m
Stimmstamm
544,75 m
Der Aufbau der Gesteins-, der Erdschichten, die sog. geognostische Entwicklung dieses niederen
Gebirgslandes, ist nun wesentlich für die Entstehung der Eisenindustrie. Nach dieser Richtung hin
kommen für dasselbe infrage die Formationen des Devon und des Carbon. Zu der carbonischen
Formation gehören wieder Culm und flözleerer Sandstein. Der letztere besteht aus Schiefern und
Sandsteinen. Die Basis wird durch Schiefertone gebildet. Daher hier das Vorhandensein von
Flözen von Toneisenstein. Der Culm im hiesigen Bezirk umzieht das Oberdevon in einem
schmalen Bande, der flözleere Sandstein umfasst das ganze Gebiet von Culm bis zu der
Bedeckung durch die Kreideformation; hier in einer Linie, welche von Osten nach Westen
geradlinig dem südlichen Abhang des Haarstranges folgt.
In diesem Gebiete liegen im Fortstreichen des sog. Arnsberger Sattels gegen Nordosten, und
zwar bei Warstein und Belecke, zwei Inseln von älterem Gebirge. Bei Warstein zieht sich ein Zug
von Culm, Oberdevon und Massenkalk von Hirschberg bis Kallenhardt hin, welcher gegen Süden
längs einer ostnordöstlichen Verwerfung abgebrochen erscheint. Bei Belecke findet sich ein
kleineres Vorkommen von Oberdevon und Culm an der Grenze des paläozoischen Gebirges
gegen die Kreide.
Im Oberdevon sowie auch im Plattenkalk und Griffelschiefer des Culm befinden sich die
Eisenerzlager. Nesterartiges Eisenerzvorkommen ist zu verzeichnen in den Schichten des
flözleeren Sandsteins, ebenso im Verein mit Manganerzvorkommen in den Schichten des
Massenkalks. In der Ausdehnung handelt es sich hier um kleine bzw. größere Nester oder Gänge,
wenn auch von geringerer Ausdehnung.
2. Erzgewinnung und Verhüttung
Was die Ausbeute im Warsteiner Sattel betrifft, kann für die Urzeit wohl nur der Raseneisenstein
als Ablagerung in den morastigen Siepen dieses Bezirks infrage kommen. Die Verhüttung erfolgte
in vorgefundenen vorgeschichtlichen Eisenschmelzen. In der Folge wird man sodann zunächst an
den Abbau des Thoneisensteins der jüngeren Schichten herangegangen sein, und zwar in den
Schichten des Culm und des flözleeren Sandsteins. Thoneisenstein war leicht im Tagebau zu
gewinnen. Die Verhüttung ging vor sich in von Ort zu Ort wandernden Stücköfen, in den sog.
Handhütten.
Erst später wurden die eigentlichen Eisenerzlager, welche auf der Grenze zum Massen kalk und
Oberdevon sowie in letzterem selbst liegen, in Angriff genommen, und zwar ebenfalls noch auf
lange Zeit im Tagebau. Es handelt sich hierbei um Brauneisenstein, teils auch um Roteisenstein,
in deren Gesellschaft sich Thoneisenstein seltener befindet. Es sei bemerkt, dass sich hier auch
Blei- und Silber- nebst Kupfererzen vorfinden. Zeitlich hören wir vom eigentlichen Bergbau erst im
ausgehenden Mittelalter. Gefördert wurde derselbe sodann vor allem nach dem Zeitpunkt als man
zur besseren Verhüttung des Eisens der Wasserkraft sich zu bedienen anfing.
Nach den vorstehenden allgemeinen Ausführungen werden sich nunmehr die nachfolgenden
Ausführungen mit der Entstehung und der weiteren Entwicklung der Warsteiner Eisenindustrie bis
zum Jahre 1739 im besonderen näher befassen.
II. Die Eisenverhüttung in ältester Zeit, die Eisenhüttenleute der Urzeit
Wie durch Spatenforschung erwiesen ist, reichen die Anfänge der Eisenverhüttung in hiesiger
Gegend zurück bis in die mittlere Latènezeit, etwa 250 vor Zeitenwende. Die Eisenhüttenleute
dieser Zeit waren die Bewohner von Höhlen am Nordrande des Sauerlandes, für unseren infrage
kommenden Bezirk vor allem die Siedler in der Kulturhöhle „Hohler Stein“ bei Kallenhardt. Die
Bewohner dieser Höhle gewannen ihr benötigtes Eisen durch Verhüttung des Raseneisenerzes in
besonderen Eisenschmelzöfen in unmittelbarer Nähe des Hohlen Steins, am Ufer der Lörmecke.
Solche Öfen konnten festgestellt und genauer untersucht werden gegenüber dem Höhleneingang
und an den Mündungen des Dickkopper Siepens und des Christinensiepens. Die Öfen haben
4
große Ähnlichkeit mit den im Siegerlande entdeckten vorgeschichtlichen Eisenschmelzen. Sie
sind im Grundriss kreisrund und waren nach oben hin birnenförmig aufgewölbt. Die Kuppel der
Öfen, der „Dom“, war stets eingestürzt und lag als Füllung im Inneren der bis 80 cm hohen, noch
erhaltenen Ofenwandungen. Die Wandung war durchweg 50 cm dick, aus Lehm, mit Steinchen
vermischt, aufgebaut und mit großen Kalksteinbrocken hintermauert. Der Lehmmantel war
feuerrot gebrannt. An einem Ofen war auch noch das Windloch für Luftzufuhr beim Schmelzprozess zu sehen. In den Öfen und bei denselben fanden sich zahlreiche Holzkohlen und
Eisenschlacken. Die solide Bauart der Öfen lässt darauf schließen, dass sie längere Zeit in
Benutzung gewesen sind.
Auch aus der späteren Latènezeit, um die Wende der Zeit, ist Eisenverhüttung bei uns nachgewiesen. Oberlehrer Hartmann berichtet darüber 1903/04 in seinem Grabungsbericht über die
Forschungen in dem von ihm entdeckten Römerlager bei Kneblinghausen. Hiernach konnte
Hartmann in zwei Mardellen (Gruben, Trichtern), die etwa 250-300 m südlich vom Lager liegen,
Eisenverhüttung nachweisen. In diesen Gruben werden die Arbeiter das Eisen durch die sog.
Rennarbeit aus den dort ebenfalls in jedem Siepen vorkommenden Raseneisenerz gewonnen
haben. Es enthält das Eisen als Fe06H6. Der hohe Gehalt an Kieselsäure verleiht dem Raseneisenerz eine leichte Schmelzbarkeit, was für die Eisengewinnung der Vorzeit von nicht zu
unterschätzender Bedeutung war. Die chemische Untersuchung einer dort gefundenen Schlacke
durch die Geolog. Landesanstalt und Bergakademie in Berlin ergab folgende Zusammensetzung:
Kieselsäure
Tonerde
Eisenoxyd
Eisenoxydul
Zinkoxyd
Manganoxydul
Baryt
Kalk
Magnesia
Natron
Kali
Schwefelsäure
Phosphorsäure
zusammen
68,11%
16,65%
6,11%
3,87%
0,14%
0,68%
0,17%
1,41%
1,12%
0,02%
0,16%
0,34%
0,14%
99,91%
Gleiche oder ähnliche Gruben zur Eisengewinnung, die durchweg einen Meter tief in die Erde
gearbeitet waren, konnten bei den Grabungen im Römerlager bei Kneblinghausen 1936-39
ermittelt werden. In diesen Gruben und bei denselben wurden stets viele Holzkohlen und eisenhaltige Schlacken sowie faustgroße Luppen gefunden.
Auch aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung sind uns Eisenschmelzöfen in unserer
Heimat bekannt. Ein solcher Ofen stand an der Mündung des Heidbergsiepens ins Möhnetal,
unweit der Haltestelle Kneblinghausen. Dieser Ofen war durch Wegebau leider schon zerstört,
dass nur noch seine Fundamente sicher festgestellt werden konnten. Darüber, in und bei dem
Ofen zerstreut, lagen zahlreiche Bruchstücke des Mantels, Holzkohlen, Eisenschlacken und
Kalksteine, welche man als Zusatz beim Schmelzprozess benötigte. Das genaue Alter des Ofens
konnte leider nicht mehr festgestellt werden. Weitere Schmelzöfen, welche nach dem leichten
Gewicht der Schlacken zu urteilen, ebenfalls in die frühe geschichtliche Zeit gehören, befanden
sich unweit der Bilsteinhöhlen bei Warstein. Einer dieser Öfen wurde vor wenigen Jahren durch
Wegebau restlos zerstört. Unmittelbar daneben steht aber noch mindestens ein Ofen,
anscheinend ziemlich gut erhalten in der Erde. Seine Untersuchung ist durch das Landesmuseum
Münster später zugesagt.
Soweit die Forschung, vor allem seitens Konrektor Henneböle in der Zeitschrift „Die Vorzeit“.
Die blühende Latène-Eisenverhüttung ging folgendermaßen vor sich: Die Schmelzöfen in hiesiger
Gegen, um darauf nochmals etwas näher einzugehen, waren den im Siegerland entdeckten sehr
ähnelnd, kreisrund, mit einem Durchmesser von zwei Metern. Die Wandungen, etwa 50 cm dick,
bestehend aus mit Lehm aufgemauerten größeren Kalksteinen, waren außen mit Lehm, welcher
mit kleinen Grauwacke-Bröckchen durchsetzt ist, etwa 10 cm stark verkleidet. In der Brust des
Ofens befand sich ein Windloch, zu dem ein etwa 5 m langer Windgang führte, der sich nach
außen hin verbreiterte. Angelegt war der Ofen jeweils in einem Bachtal, bei der Einmündung
5
kleiner Seitenbäche, und zwar immer an der Westseite steil ansteigender Höhen. So suchte man
die hier günstigen Wind- und Wasserverhältnisse auszunutzen. In der Nähe befanden sich auch
die Kohlenmeiler. Erz und Kalkstein waren ebenfalls vorhanden und konnten leicht hingeschafft
werden. Zunächst wurde das Erz neben dem Ofen in einer flachen Mulde durch Holzfeuer
geröstet, getrocknet. Dann folgte die Beschickung des Ofens. Bei Temperaturen von 1000 – 1200
Grad Celsius wurde nun das Eisen nicht füllig, sondern es senkte sich als kleine, weiche
Körnchen auf den Herdboden und ballte sich dort zu größeren Luppenstücken zusammen. Durch
Aufbruch der Ofenwand holte man die verschlackten Luppen heraus, brachte sie zum nahen
Wasser und befreite sie durch Abschrecken mit Wasser sowie durch starkes Hämmern von den
Schlacken.
Die so behandelten Luppen gingen dann zu den ebenfalls in der Nähe befindlichen Waldschmieden, welche sie durch nochmaliges Schmieden im Schmiedefeuer und durch Hämmern zu
dichten Eisenbarren verarbeiteten. Erst in dieser Form konnten sie in jedem Schmiedefeuer zu
Waffen und Gerätschaften weiter verarbeitet werden.
III. Die Nach-Latène-Zeit, die Zeit der mittelalterlichen Eisenhütten-Leute
Die Eisenverhüttung der Latène-Zeit hat eigenartigerweise in unserem Bezirk keine Fortsetzung
gefunden. Ähnlich geht auch für das Siegerland die Feststellung dahin, dass die Eisenverhüttung
dort aus bisher noch nicht erkannten Gründen kurzer Hand abbricht.
Für die hiesige Gegend ist nun festzustellen, dass eine volksmäßige Besiedlung erst um 700
durch die Sachsen erfolgte. Vor dem war dies Dreieck zwischen Möhne, Ruhr und Alme ein
einziges, großes unwegsames und unbewohntes Waldgebirge. Ausgeschlossen ist es nicht, dass
hier und da im Walde Eisenhüttenleute tätig gewesen sein können und waren, doch Nachrichten
darüber liegen nicht vor. Auch nach der Besiedlung durch die Sachsen hören wir die nächsten
Jahrhunderte noch nichts über mittelalterliche Eisenhütten-Leute. Man darf jedoch annehmen,
dass im Bezirk von Warstein etwa seit der Karolingerzeit schon wieder eine Eisenverhüttung
stattgefunden hat. Im Gegensatz zur vorgeschichtlichen Eisenverhüttung ist diese Eisenverhüttung in mancher Hinsicht aber schon ein wesentlicher Fortschritt.
Das Raseneisenerz zunächst nicht mehr genutzt, verhüttet wurde bereits im Tagebau gewonnenes Eisenerz, anfänglich wohl nur Thoneisenerz.
Die Schmelzöfen dieser Zeit sodann waren denen der Vorzeit ähnlich, sog. Stücköfen, auch
Wolfsöfen genannt. Eine andere Bezeichnung war Rennfeuer, Luppenfeuer, catalonische Feuer.
Bezüglich der Größe ebenfalls noch klein, kann man sie hinsichtlich der Form als schachtförmige
Lehmöfen (Schachtöfen) bezeichnen, mit etwa ¾ m lichtem Durchmesser und 1 m Höhe.
Angelegt waren diese Schmelzöfen wie in der Vorzeit im Walde, wo das nötige Holz für Kohlen
vorhanden und Eisenerz in der Nähe leicht zu gewinnen war. Man schleppte, was wesentlich ist,
das Erz zu den Kohlenmeilern im Walde. Der ungeheuere Aufwand von Brennmaterial bei dieser
ältern Art des Hüttenprozesses war der eine Grund für die Anlage im Walde. Aber auch die
damalige friedlose Zeit war es mit, welche zu dieser entlegenen Verhüttung im Walde geradezu
zwang, um sich eben zu sichern vor räuberischer Gier. Angenommen wird auch, dass die germanischen Fliehburgen deshalb angelegt worden seien, um die Eisenverhüttung in Zeiten der Gefahr
weitgehend sichern und schützen zu können. Das diese Burgen auch diesem Zweck gedient
haben können, soll nicht bestritten werden. Betrachtet man nur die Lage dieser Burgen im Möhnegebiet. Beginnend an der Alme lag eine Burg auf der sog. Borglied am Aschental, das Römerlager
bei Kneblinghausen hieß in früheren Jahrhunderten „die Borg“ kann also zu diesem Zweck benutzt sein. Es folgen die Burgen in den Schären bei Kallenhardt, auf der Kallenhardt (heute Stadt
Kallenhardt), auf dem Wartstein (heute Altstadt Warstein) und auf dem Lörmund. So ließe sich die
Zahl der Burgen um den fraglichen Waldbezirk ringsherum weiter verfolgen.
Um weiter die Schmelzöfen mit Winden zu versehen, war an die Stelle einer natürlichen Windzufuhr der Blasebalg getreten. In Bewegung gesetzt wurden diese Blasebälge durch menschliche
Kraft, entweder ursprünglich mit der Hand bewegt oder später mit dem Fuß getreten, daher auch
Hand- oder Trethütten genannt. Durch die Benutzung solcher Blasebälge wurden nun höhere
Temperaturen erzeugt als bisher, es kam sogar so weit, und das war wieder ein Fortschritt, dass
auch schon ein Ausfließen des Schmelzgutes stattfand. In Rinnen und Mulden vor den Öfen
setzten sich in diesen Fällen die in der flüssigen Schlacke mit eingeschlossenen kleinen
6
Eisenluppenstückchen ab und konnten nach Abschrecken mit Wasser leicht daraus ausgelöst
werden.
Im übrigen war es immer noch der alte Prozess der direkten Herstellung von Schmiedeeisen
(Schweißeisen), immer noch der alte zwar kurze, aber verschwenderische Prozess. Das
Ausschmieden, die weitere Befreiung von Schlacken und das Formen der Luppen zu verarbeitungsfähigem Schmiedeeisen, das alles besorgten ebenfalls noch die Waldschmiede.
Stücköfen war die Bezeichnung für die Schmelzöfen insoweit, als das ausgebrachte Eisen sich in
einem Stück auf dem Herd ansammelte und dann durch die Vorwand des Ofens ausgebrochen
wurde.
Rennfeuer, Luppenfeuer nannte man die Herde, auf denen in der Folge die Verhüttung mit
größerer Vollkommenheit erreicht wurde, indem man den Fortgang der Schmelzung durch richtige
Manipulationen unterstützte. Die Bezeichnung Rennfeuer (Rennwerke), rührte daher, weil in
denselben in Stücke zerschlagenes Erz eingeschmolzen, eingerennt wurde; Luppenfeuer, weil
sich das erhaltene Eisen zu einer Masse (Luppe) ansammeln sollte. Blauöfen oder Blaseöfen war
die Bezeichnung wegen der Verwendung von Blasebälgen zur Luftzufuhr.
Über mittelalterliche Eisenhüttenleute bei Warstein fehlen uns wie schon erwähnt, zwar direkte
Nachrichten, aber Waldschmiede, deren Tätigkeit sich in den Bergen abspielte, sind vorhanden
gewesen. Nicht ohne Grund kommt in den ältesten Zeiten der Familienname „Waldschmied“ in
hiesiger Gegend vor.
Ein steigender Bedarf an den Erzeugnissen der Waldschmiede war es nun wohl, welcher die
Veranlassung gab zum Aufkommen einer neuen Periode in der Eisenverhüttung. Ebenso wie im
Siegerland werden auch bei Warstein schon um 1300 die Waldschmiede von den Bergen
herabgestiegen sein, um in den Tälern mit Hilfe der Wasserkraft eine noch intensivere und
umfangreichere Produktion vorzubereiten und weiter zu vervollkommnen. Die Rennfeuer und
Waldschmieden der mittelalterlichen Hüttenleute wurden verlassen. Immer mehr überschwemmte
der Böschungslehm die Stätten ihrer früheren Betriebe, und sie verschwanden schließlich ganz im
Boden der Wälder. Damit hatte wieder einmal ein uralter, ehemals blühender Kulturzweig
Aufnahme gefunden in dem gewaltigen, nie abzuschließenden Buch der Geschichte, denn eine
Kultur löst die andere ab, und das bis zu ewigen Zeiten.......
IV. Vom Rennfeuer zum Hochofen
Um 1300 begann also auch bei Warstein die dritte Periode in der Entwicklung der Eisenverhüttung. Die Waldschmiede verließen die Einsamkeit der Wälder, stiegen hinab in die Täler und
verlegten ihre Betriebe in die Nähe der Ortschaften. Während man vorher die einfachen, tragbaren Schmieden bald hier, bald dort aufgebaut hatte, kam es jetzt zu dauernden, bodenverbundenen Betrieben.
Charakteristisch für diese Periode ist ferner die Ausnutzung der Wasserkraft. Bisher hatte man
sich der Wasserkraft schon bedient zum Mahlen des Getreides, zur Ölherstellung, zum Walken,
zum Sägen des Holzes. Nunmehr schaltete man die Kraft des fallenden Wassers auch in die
Eisenverhüttung ein. An die Stelle der mit dem Fußgetretenen Blasebälge, an die Stelle der mit
der Hand geschwungenen Hämmer traten jetzt durch Wasserkraft in Betrieb gesetzte Blasebälge,
durch Wasserkraft gehobene schwerere Hämmer.
Infolge Verwendung der Wasserkraft wurde vor allem eine verstärkte Zufuhr von Wind und damit
noch höhere Schmelztemperaturen erzielt. Für die Verhüttung hatte dies eine doppelte
Bedeutung.
Einmal konnte der Schmelzprozess in größerem Umfange betrieben werden. Die niederen
mittelalterlichen Schachtöfen waren jetzt zu klein, es wurden höhere 6-7 m hohe Öfen gebaut. Es
waren die ersten Hoheöfen, später Hochöfen genannt. Sodann wurden die Temperaturen so
hoch, dass das Roheisen nicht mehr teichartig erzeugt, sondern verflüssigt wurde. Diese
Verflüssigung war von weittragender Bedeutung.
Einerseits war jetzt das Gusseisen erfunden. Der Eisenguss diente aber zunächst vornehmlich nur
Kriegszwecken. Eiserne Geschützrohre traten an die Stelle der Schleudern und Balisten.
7
Andererseits hatte die Verflüssigung zwar eine Verlängerung des Verhüttungsprozesses im
Gefolge, das flüssige Roheisen war nämlich noch nicht schmiedbar. Damit es schmiedbar wurde,
musste es zuvor entkohlt werden, der im Roheisen noch vorhandene Überschuss an Kohlenstoff
musste entfernt werden. Zu dem Zwecke wurde das Roheisen zwischen Kohlen umgeschmolzen
und im halbflüssigen Zustande den Winden ausgesetzt. Man nannte diesen zweiten Prozess den
sog. Frischprozess. Örtlich verschieden ausgebildet, sprach man von Frischfeuern, Frischöfen,
aushämmern, recken, raffinieren usw. Nach dem Frischen ging die Schweißung weiter vor sich
unter mit Wasserkraft bewegten Hämmern zum Stab eisen. Es entstanden die Hammerhütten,
wogegen man die eigentlichen Hütten ausschließlich mit Blashütten bezeichnete. Trotz dieser
Verlängerung des Verfahrens, ein scheinbarer Nachteil des neuen Verfahrens, war die Qualität
des Eisens eine erheblich bessere.
Die Blasebälge wurden weiter verbessert. An die Stelle der ledernen Blasebälge traten Holzblasebälge. Letztere waren billiger, haltbarer und leistungsfähiger. Der Vorteil dieser Neuerung lag
vor allem in einer stärkeren und gleichmäßigeren Luftzufuhr.
Während es von den älteren Zeiten hieß, dass „das Eisen mehrenteils unter der Hand“ geschmiedet wurde, sprach man jetzt vom „Schmieden vor Wasser“. Während beim alten direkten
Verfahren gleich schmiedbare, feste, zusammengebackene, ein Stück darstellende Luppen
dargestellt wurden, musste jetzt das Roheisen erst geläutert werden. Es war also ein indirektes
Verfahren.
Die ehemaligen Waldschmiede finden wir mit ihren Schmitten ebenfalls wieder, und zwar als
Waffenschmiede. Eine besondere Art dieser Schmitten sind die späteren „selfhämmer“.
Waren es früher Schmelzöfen und Waldschmitten gewesen, in welchen die Produktion und Verarbeitung des Eisens durchgeführt wurde, so waren die Produktions- und Herstellungsbetriebe
jetzt: Hütte, Hammer und Schmitte. Die letzteren, die Schmitten, entwickelten sich immer zu
selbständigen Privatbetrieben, wenn sie auch häufig in einer gewissen Abhängigkeit vom Hüttenwerk verblieben.
Die Isernhütte war das Hochofenwerk, andererseits nannte man die neuen Frischöfen und
Frischhämmer das Reitwerk. Als Reidemeister bezeichnete man die Personen, welche an der
Fabrikation selbst teilnahmen, insbesondere die Besitzer der Hüttenwerke (Reidemeister: vom
mhd. reiten = bereiten, zubereiten). Aber auch die kaufmännischen Verleger wurden mit Reidemeister bezeichnet. In diesem Falle ist die Bezeichnung Reidemeister herzuleiten von reiten, raite
= rechnen. Die Roheisendarsteller führten die Bezeichnung Eisenmassenbläser, die Schmiede der
Hämmer den Nahmen Hammerschmiede.
Die ersten Nachrichten von dem neuen indirekten Verfahren stammen aus dem Jahre 13348. In
der Urkunde vom 21.3.1348 heißt es: It. Vc fl. de Hutten proprie et decimam proprie Isenwerk. An
den Grafen von Arnsberg als Landesherrn musste entrichtet werden der Zehnte von den Hütten,
d.h. namentlich von dem zugehörigen Bergwerke; ferner ein besonderer Zehnte von dem
Isenwerk (Eisenhammer). Dieser Zehnte machte damals zusammen 500 Florin aus.
Hinsichtlich der Eisenverhüttung bei Warstein taucht die erste Nachricht im Jahre 1364 auf. Es ist
die Rede von dem Schmiedewerk zu Warstein. Am 11. Nov. 1364 belehnt nämlich der Graf
Gottfried IV von Arnsberg den Johann von Hückelheim mit dem Dienstmannsgut, welches u.a.
gelegen ist „tho wairsteyn vnd oppe dem smedewerke tho wairsteyn“, wie es vorher der
Dienstmann Frederik van Suttorp in Besitz gehabt hatte. Unter dem „smedewerke“ ist eins der
später erwähnten Hammerwerke bei Warstein zu verstehen.
Genauer wie bisher werden wir über das Eisenhüttenwesen bei Warstein zum ersten Male
unterrichtet im Jahre 1596 im Westfälischen Lagerbuhe. Es heißt dort:
“Item Ist alhir ein Huttenhammer kompt etlichen Bürgeren hieselbst zu, dafür derselb von zweien
Hertten Churf. Dhlt. Jarliche 8 Rhr.
Dan Ist noch ein Hammer, daraus mangel des Wassers vnd ander Impediment halber
geringschetzig gehalten, thut jarlichs 2 Rhr.
Und noch eine Schmitte, darin Waffen geschlagen, jarlichs einen Kongisthr., welches alles jedes
Jars zusamen Churf. Dhl. Zehender Jorgen Rhadt zu Meschede berechnet und beliefert wird.
8
Jedoch ist diese beschwerungh vff die Hammer, gegen alt Herkommen, vor wenigen Jarn erst
angefangen.
Item es Ist alhie eine Schmeltshütte, so der Statt Warsten zukommt, dauen Churf. Dhlt., wan
dieselbe gedrieben wirt, wochentlich thuet 2 c.rawes eisen“.
Im Herzogtum Westfalen ist nun seit der Reformation wenig Fortschritt zu verzeichnen. Unter dem
Krumstab, so heißt es, war gut wohnen, gut schlummern, könnte man auch sagen; wenig hold war
man der Entwicklung geistiger Kräfte.
Bezüglich des Eisenhüttenwesens bei Warstein ergeben diese die Eintragungen in den Lagerbüchern der folgenden Jahre. Im Jahre 1617 heißt es:
“Warstein gibt jarlichs von jden Hütten Hammer 8 Rhr. Item Schmeltz Hütte wochentlich 2 Cent.
Rawen eisens.“ „auss dem Bergwerckh“ wurden weitere Abgaben entrichtet.
Das Lagerbuch des Herzogtums Westfalen vom Jahre 1629 berichtet:
“Von 1 Hütten vnd Hamer 2 Rthlr.
Von Einer Schmeltz Hütten, Wanne dieselbe gehet (nachgeschrieben: gehen tut), Doet
wochentlichen an Rawen Eisen 2 Ct.
Gehet zu Zidenn eine Hütte 6.7. Wochen.
Ac. 1618 vmb Martini hesehen, Gab teenden 24 Ct. Rawen Eisen. Sagten offentlich auß, deren
Verstendigen, dass Jme dem Ritter ggben 1200 Rthlr.
Von einer Schmide Müllen vor der Statt gelegen Doett Flodtgelt 6 ½ ß.
Von dem Berghwerckh, dair Innen der Ysenstein gebrochen wirtt, Gifft den Zehnden lautt dass
Zehendt Registers.“
Im Lagerbuch von 1649 lauten die Eintragungen:
“Zwei Eisenhütten mit dreien Herden, jarlichs 10 Rhlr.
Von einer Schmitten 1 ggl.
Eine Bläshütte, wan die gehet, hatt der Ertzstift wochentlich 2 cent. rawen eisen, welche 3 posten
der Zehentner verrechnet.
Schneidtmüllen ................... 6 ½ sch.
Unter Eisenhütten sind hier im Gegensatz zur Blashütte die Eisenhämmer zu verstehen.
Dem Eisenerzbergbau seien hier noch einige besondere Worte gewidmet.
Die zunehmende Eisenproduktion erforderte es, dass das Eisenerz immer mehr bergmännisch, im
Stollenbau und in Gesenken, gewonnen werden musste. Dass der Eisenerzbergbau infolge
dessen immer mehr in den Vordergrund trat, dass war auch das Besondere dieser Periode. Was
den Eisenerzbergbau bei Warstein angeht, so war schon aus den vorhergehenden Nachrichten zu
entnehmen, dass derselbe bei Warstein bereits vor dem 30jährigen Krieg in Betrieb war. Dass der
Eisenerzbergbau aber auch hier viel, viel älter ist, ist nicht zu bezweifeln. Ein Beweis hierfür sind
die vielfach vorkommenden uralten Schlackenhalden. Sie rühren her von einer regeren
Verhüttung, die selbst wieder nur eine Folge sein kann von vermehrter Erzzufuhr aus Bergwerken.
Solche Schlackenhalden wurden später auch von der Warsteiner Hütte aufgesucht und als
Zuschlag zum Schmelzgut verwandt; denn es steckt meist sogar sehr viel Schmelzgut darin,
häufig finden sich sogar Stücke reinen Eisens darin vor. Bezüglich Schlackenhalden bestimmt u.a.
die Bergordnung vom 27.4.1542:
“So aber Schlacken von Gewerken verlassen werden, sein sie in unser Freies gefallen und
niemandt soll der ohne unsere sonderliche Zulassung gebrauchen.“
Während des 30jährigen Krieges sodann ist der Eisenerzbergbau sehr zurückgegangen. In einer
Beschreibung der Kurfürstlichen Kelnerei zu Arnsberg zustehenden Renten von etwa 1650 heißt
es diesbezüglich:
“Auß Vrsachen, dass wegen deß Verderblichen Kriegsweßens die Berghwercke in vntergangh
kommen, die Bergknaben vnd Arbeiter zum Kriege gelauffen, die Gewercker verdorben vnd kein
verlagh gehabt haben.........“.
9
Der Rückgang des Bergbaues geht auch aus den Angaben in derselben Beschreibung bezüglich
des Zehntens aus den Bergwerken hervor. Es heißt dort:
“Auß dem Zehenden der Bergwerckhen, welche andere bawen vnd verlegen, alß eisen, kupffer,
bley, galmey vnd dergleichen, ist vor dießem, alß selbige in völligem Baw vnd esse bestanden, die
eine Zeitt weniger, die ander Zeitt mehrers zum Zehenten einkommen vnd verrechnet worden,
etwan ein Tausent, auch woll 1500 Reichslr., vor 20 vnd mehr Jahren hero aber wie annoch, in
den vorhergangenen lesten Jahren, zum Höchsten zwischen sechs vnd siebenhundert Rhlz mit
genossen worden .... 650 R.“
Weiter ist bezüglich der damaligen Lage des Bergbaues aus einem Bericht des Bergmeisters
Caspar Engelhardt vom Jahre 1668 zu entnehmen, dass der 30jährige Krieg eine höchst
nachteilige Wirkung auf die Bergwerke in Westfalen gehabt habe. Fast auf sämtlichen Gruben im
Herzogtum war der Betrieb in Stillstand geraten und es fehlte an Mitteln, die Gruben wieder in
Betrieb zu setzen. Erst vor und nach trat eine Wandlung ein. Bergmeister Engelhardt hatte damals
auch ein Gutachten darüber abgegeben, wie Bergbau und Hüttenindustrie wieder gehoben
werden könnten. Daraufhin erließ der Kurfürst dann die Bergordnung vom 4.1.1669.
Das Recht des Kölner Erzbischofs, die gen. Bergordnung zu erlassen, gehörte in den Rahmen
seiner landesherrlichen Rechte, seiner Rechte als Kurfürst. Es war das sog. Bergregal. Die
Entwicklung zu diesem Bergregal war folgende: Schon im 12. Jahrhundert hatten die Kaiser das
Recht in Anspruch genommen, ausschließlich edle Metall zu graben; nach und nach auf alle
Metalle und das Salz ausgedehnt, übertrugen die Kaiser dieses Bergrecht zu Lehen oder gegen
bestimmte Abgaben auf ihre Untertanen. Im 14. Jahrhundert wurde dieses Recht sodann ganz
allgemein den Kurfürsten zugesprochen, und seitdem allmählich als ein landesherrliches Recht
angesehen. Sofern der Landesherr das Bergregal nicht selbst ausübte, eigne Bergwerke usw.
baute, wie es heißt, wurde das Bergrecht an Untertanen gegen gewissen Abgaben verliehen.
Sowohl wegen dieser Abgaben, vor allem aber auch deshalb, um diese Abgaben zu sichern,
musste eine gewisse Ordnung herrschen. Aus diesem Grunde wurden die sog. Bergordnungen
erlassen. In der Präambel zu der Bergordnung von 1669 wird in dieser Hinsicht folgendes
ausgeführt:
“Derchalben und damit hinfürderst alle Bergwercken unsers Ertzstiffts in guter friedlicher Ordnung
gehandhabet und genossen werden mögen, haben wir obbgestimbte unserer Vorfahren
hiebevohren auffgerichtete Bergordnung jetzt abermahl für die Hand genommen, darauß nach
jetziger Gestalt und Gelegenheit eine richtige, beständige und hochnothwendige Bergordnung
öffentlich außgehen und publiciren lassen ....“
Selbstverständlich erforderte die Durchführung der Bergordnung einen besonderen
Beamtenapparat. Für die Zeit um etwa 1650 werden folgende Bergbeamten unter gleichzeitiger
Gehaltsangabe genannt:
“Churfr. Bergmeister Caspar Engelhardt,
29 Kalter Hafter,
137 Rthr
Bergzehender Gambach
12 Kalter Hafter,
116 Rthr
Der Berghgeschworene im quartal Brilohn
50 Rthr
Olpe
35 Rthr
Churfr. Richter zu Callenhardt wegen der Stelle vnd Möllenstein
5 Rhtr
Bergschreiber
10 Rhtr
Berghpfandtpott
10 Rhtr
Berghfrohne
10 Rhtr
Jeweils auf der Quartalbergrechnung wurde dies festgestellt.
Im Rahmen dieser Arbeit mögen nun die vorstehenden Ausführungen über die Entwicklung des
Warsteiner Hüttenwesens in älterer Zeit genügen. Eins aber ist dabei besonders aufgefallen: Das
Eisenhüttenwesen bei Warstein verharrte Jahrhunderte lang genau so wie auch an andern Orten
des Herzogtums Westfalen in einem Zustande, welcher ohne wesentlichen Fortschritt über das
Herbringen nicht hinauskam. Zäh am Alten festhalten, das war nun einmal Westfalenart, und dazu
die bekannte Genügsamkeit und Sorglosigkeit.
Es mussten erst Männer kommen aus anderen Landen, welche mit dem alten Herbringen, der
alten Macht der Gewohnheit, ein für alle Mal brachen und neues Leben auferstehen ließen in dem
Hüttenwesen im Westertale. Diese Männer waren:
10
Johann Theodor Möller und
Reichsfreiherr Mathias Gerhard von H o e s c h .
Sie waren es, welche der so verheißungsvoll angebrochenen dritten Periode der Warsteiner
Industrie nach den Wirrnissen und Rückschlägen namentlich des 30jährigen Krieges wieder zu
neuem Leben verhalfen, sie aus der alten Selbstgenügsamkeit aufrüttelte. So war es möglich,
dass die 4. Periode in der Entwicklung der Eisenindustrie auch bei Warstein wohl vorbereiteten
Boden fand; dass unter Einschaltung der Dampfkraft, und neuerdings der Elektrizität, die
Warsteiner Industrie die Entwicklung nahm, die Formen annahm, wie sie sich heute in ihren
modernen Werken präsentiert.
Johann Theodor Möller, als Vertreter der Kupferindustrie, scheidet für unsere weiteren
Ausführungen hier aus. Reichsfreiherr von H o e s c h jedoch gelten zunächst die folgenden
Ausführungen:
V. Die Eisenhütte zu Suttrop, St. Wilhelms-Hütte (1739 ff.)
1. Die Gründer: Reichsfreiherr Mathias Gerhard von H o e s c h (1698 – 1784)
a) Aus seinem Leben
Mathias Gerhard Hoesch wurde als 2.Sohn des Heinrich Hoesch am 26. Januar 1698 in der
reformierten Kirche zu Eschweiler getauft.
Justus Hashagen nimmt in seiner Geschichte der Familie Hoesch, welcher auch die folgenden
Einzelheiten entnommen sind, an, dass Eschweiler auch dessen Geburtsort sei. Taufpate war
Mathias Gerhard von Recklinghausen, sein Großvater mütterlicherseits. Als Taufgabe oder
Patenstück erhielt der junge Mathias Gerhard von ihm am 24. November 1705 einhundert
Reichstaler, herkommend aus dem Nachlass von dessen Bruder Dr.jur. Barthold von
Recklinghausen.
Mathias Gerhard Hoesch studierte die Rechte und bezog am 2. Oktober 1713 die Universität
Duisburg, 1716 die Universität Utrecht , 1718/19 vielleicht auch noch die Universität Jena.
Nachdem er seine Studien vollendet, soll er eine zeitlang als Praktikant am Eschweiler Hofgericht
tätig gewesen sein.
Nach diesem kurzen Verweilen in seiner alten Heimat begab sich Mathias Gerhard Hoesch um
1725 nach Berlin und bewarb sich dort um die Stelle eines Beirates des preußischen Residenten
in Düsseldorf und eines Clevischen Justizrates. Am 9. Juni 1725 wurde Mathias Gerhard vom
preußischen König Friedrich Wilhelm I, unter gleichzeitiger Akkreditierung beim Kurfürsten von der
Pfalz und bei der Düsseldorfer und Clevischen Regierung, zum adjungierten Residenten und zum
clevisch-märkischen Hofgerichtsrat ernannt, und zwar „seiner uns allerhöchst gerühmten
Capacität halber“. Am 28. Juni 1725 leistete er in Berlin den Amtseid. Später war er auf lange Zeit
in Berlin abwesend, wie es von ihm heißt, in königlich preußischen Geschäften verreist.
Am 22. Februar 1727 teilte der König dem Kurfürsten von der Pfalz und der Stadt Köln mit, dass
er Mathias Gerhard Hoesch zum niederrheinisch-westfälischen Kreisdirektorialrat und Residenten
ernannt habe. Der Ernannte gelangte aber nicht in den Besitz dieser Stelle, da ein anderer für
diese Stelle 6000 Rtlr zu zahlen sich erboten hatte. Er verzichtete daher darauf und kehrte wieder
nach Düsseldorf zurück. Am 30. August 1729 wird Hoesch zum Nachfolger des verstorbenen
Residenten Becker in Düsseldorf bestellt. Dort war er wie bisher schon in der Hauptsache in
Religionsangelegenheiten tätig.
Um 1730/31 heiratete Mathias Gerhard Hoesch in Düsseldorf die Lucia Christina Elisabeth
Rademacher, die protestantische Witwe des Pfälzischen Hauptmanns (Freiherrn) von
Weissenberg (Wiesenberg). Mit in die Ehe brachte sie ihm einen Sohn, Constantin von
Weissenberg, den späteren Kanonikus zu Kaiserswerth. Bald nach der Heirat trat Mathias
Gerhard zum Katholizismus über. 1731 wahrscheinlich zog er dann von Düsseldorf auf sein
Landgut „Haus Pesch“.
Während seiner preußischen Dienstzeit schon hatte Hoesch sehr weitgehende Beziehungen,
namentlich mit hohen Beamten des preußischen Staates, u.a. dem preußischen Großkanzler
Cocceji angeknüpft. Am 12. Mai 1733 hat er um Entlassung aus preußischen Diensten gebeten,
welche ihm am 25. Mai 1733 auch erteilt wurde. Damals schon befand er sich auf dem
11
kurkölnischen Schlosse Augustenburg bei Brühl. Wie Hashagen näher ausführt, hatte Hoesch sich
schon während seiner preußischen Dienstzeit mit dem Kurfürsten Klemens August von Köln in
Verbindung gesetzt. Es war die Zeit, als er bald nach seiner Heirat seine Religion wechselte. 1733
oder 1734 wurde er dann zum kurkölnischen Hofrat ernannt; auch hier wieder in der Zulassungsurkunde zum Hofrat, welch letzterer ihn zunächst wegen seiner nichtkatholischen Frau nicht
aufnehmen wollte, wird die Zulassung begründet mit dem besonderen Hinweis auf seine ihm
„beywohnende Fähigkeit“. Am 19. August 1739 sodann wurde Hoesch wegen der von ihm dem
Kurfürsten inzwischen geleisteten „ersprießlichen Diensten, auch in Betrachtung der ihm
beywohnenden besonderen Erfahrenheit und fürtrefflichen Qualitäten“ zum „Wirklich-Geheimen
Rat“ ernannt. Immer glänzender gestaltete sich dann seine Laufbahn in kurkölnischen Diensten.
Am 17. August 1741 erfolgte seine Ernennung zum Oberhofkanzler.
Im Herbst 1742 nun trug sich Mathias Gerhard Hoesch mit dem Gedanken, die kurkölnischen
Dienste wieder zu verlassen. Seine Entlassung folgte schon bald, und zwar am 22. September
1743. Jetzt war es Kaiser Karl VII, welcher ihn in seine Dienste nahm und ihn zunächst zum
kaiserlich geheimen Rat ernannte. 1744 finden wir Hoesch bereits im Reichsfreiherrnstand. Nach
dem Tode des Kaisers am 20. Januar 1745 ging von Hoesch in kurbairische Dienste über. Auch
bei dieser Gelegenheit wird von ihm gerühmt seine „stattliche Erfahrenheit und Geschicklichkeit“.
Auch hin kurbairischen Diensten erneuter Aufstieg mit trefflichem Gehalt. Noch etwa bis 1778
finden wir von Hoesch in dieser seiner Stellung. Er wohnte von 1750-61 in Köln, zog dann am 30.
Mai 1761 nach Düsseldorf, wo er später bei seinem Eidam, dem kurpfälzischen Gesandten
Freiherrn von Hallberg wohnte. Er starb 1784.
Aus seiner Ehe hatte Mathias Gerhard von Hoesch nur eine Tochter, Helene Henriette Johanne,
geb. September 1751 zu Pesch bei Krefeld, gestorben am 19. November 1808 in Pesch. Von
Hoeschs Bestreben war, seine Tochter mit dem Hochadel in Verbindung zu bringen. Dieses
erfolgte am 25. April 1753 in Kalkum durch die Heirat mit dem Freiherrn (seit 23. Juni 1790
Reichsgraf) Heinrich Theodor von Hallberg, Excellenz, Pfalzbairischer Wirklicher Geheimer und
Adeliger Regierungsrat, Gesandter in Warschau und später in Wien, Kaiserlicher Postmeister in
Düsseldorf, Ritter des Polnischen Stanislaus- und des Kurpfälzischen Löwenordens, geb. In
Düsseldorf, gestorben am 18. Oktober 1792 in Wien.
Nach dem Tode ihres Gatten zog sich Frau Reichsgräfin von Hallberg nach Pesch zurück, besuchte aber von dort aus die schwiegerväterliche Besitzung in Suttrop häufiger; so u.a. im Jahr
1794, als die französischen Armeen heranrückten und in Pesch ihr herrschaftliches Haus beraubten und schwer beschädigten. Die Eisenhütte zu Suttrop muss nach obigem für die Familie
von Hallberg und von Hoesch wohl ein besonderes Kleinod gewesen sein und das hatte seine
Gründe.
b) Die Persönlichkeit des Gründers
Mathias Gerhard von Hoesch, der Gründer der Eisenhütte zu Suttrop, war von Beruf Jurist und
Diplomat. Man fragt sich somit unwillkürlich, zumal es sich bei der Eisenhütte um eine vollständige
Neugründung handelte, wie kam dieser viel beschäftigte Mann dazu, sich neben seiner staatsmännischen Tätigkeit zugleich auch noch der Industrie zu widmen? Den Gründen und Motiven,
welche Baron von Hoesch zu seinem Vorgehen veranlasst hatten, einmal nachzugehen, dürfte
lohnend und zudem im Rahmen dieser Arbeit nicht uninteressant sein.
Die Gründe können persönlicher und sachlicher Natur sein, die Motive idealer und auch
materieller Art. Ob und in wieweit sie im einzelnen zutreffen, darüber folgendes:
Baron von Hoesch war mit irdischen Gütern, wie bereits bekannt, reich gesegnet. Sein, besonders
während seiner bisherigen fast 20jährign Tätigkeit erworbenes Vermögen nun der Anlage von
Werken der Industrie zu widmen, diese Annahme könnte zunächst die Auffassung aufkommen
lassen, dass es ihm lediglich darum zu tun gewesen wäre, sein Vermögen sicherzustellen. Sein
Vermögen überdies gewinnbringend anzulegen, das kann man auch niemandem verargen.
Beiden Möglichkeiten haftet nichts Besonders an; es handelt sich dabei lediglich um das, was ein
vernünftiger Hausvater zu tun verpflichtet ist. Zudem war Baron von Hoesch weit davon entfernt,
einseitig materiell veranlagt zu sein.
Dass Baron von Hoesch sich der Industrie widmete und sein materiellen Können dafür einsetzte,
könnte für ihn ein Gebot der Stunde gewesen sein; aber auch das war es nicht. Das Besondere
12
bei seinem Handeln war vielmehr, dass er sich für die E i s e n industrie entschied und sich ganz
dafür einsetzte, und das weniger aus einem materiellen Leitmotiv, als vielmehr aus seinem
inneren Drängen heraus, welches Drängen ihm unwillkürlich Weg und Ziel anwies. Dieses
Drängen machte auch vor dem fertigen Werk noch nicht halt. Beherrscht vor allem von einem
nicht zu unterschätzenden Weitblick in die Zukunft, ging sein ganzes Streben noch weiter; es galt
dem wirtschaftlichen Fortschritt, nicht allein in Hinsicht auf sein eigenes Werk, sondern gedacht
vielmehr von höherer Warte aus, im Interesse der Eisenindustrie überhaupt. Und welches war die
innere Triebfeder? – Sie lag in seiner Person und Persönlichkeit selbst, entsprang altem Erbgut,
welches sich in der Familie Hoesch entwickelt hatte und groß geworden war. Und jetzt, obwohl
Baron von Hoesch schon seit seiner Jugend die alte Familientradition verlassen hatte, jetzt kam
sie bei ihm wieder zum Durchbruch.
Um Baron von Hoesch nach dieser Seite hin in seinem Vorgehen zu verstehen, ist es notwendig,
auf seine Familie und seine Vorfahren, wenigstens in großen Zügen, näher einzugehen. Justus
Hashagen berichtet darüber ausführlich in seinem zweibändigen je in zwei Teile zerfallenden
Werk: „Geschichte der Familie Hoesch“. Den folgenden Ausführungen liegt sein Werk zugrunde:
Als ältester Vertreter der Familie Hoesch wird ein Husche de Libermey (1398-1403), auch Husse
genannt, bezeichnet. Libermey ist der Name einer alten Wasserburg, westlich gelegen von der
Straße, welche von Eupen über Kettenis, Eynatten, Linzenshäuschen nach Aachen führt. Als
Wohnsitz des Husche de Libermey wird aber der heutige Weiler Libermestraß in unmittelbarer
Nähe von Kettenis angenommen. Dort lebte Husche in bescheidenen ländlichen Verhältnissen.
Außer Husche sind Hoesch und Hoisch die damaligen drei Haupttypen des Namens.
Als Nachfolger des Husche von Libermey wird angenommen Hein (Heinrich) Hoesch von Kettenis
(1445-1460). Von Beruf war derselbe ebenfalls Landwirt, und zwar auf eigenem Besitz. Außerdem
war er Schöffe der Bank Waldhorn. Er gehörte dadurch zum 3. Stande in der ständischen Vertretung des Landes. Dadurch gelangte er in eine persönlich wie wirtschaftlich gehobenere Stellung, war mehr als ein einfacher Bauer. Mit ihm fing die aufsteigende Bewegung in der Familie
Hoesch an.
Sein Nachfolger war mutmaßlich Meys(Bartolomäus) Hoesch von Kettenis und Liberme (14761523)+1531). Auch er war Landwirt und Schöffe in Walhorn. Zur Verbesserung der gesellschaftlichen Lage der Familie trug er wesentlich bei. Innerhalb des Adels errang er schließlich 5
Kupfermühlen vor allem im Stolberger Tale. Die großen Kapitalien seines Vaters ermöglichten ihm
sodann den Anschluss an die Kupferindustrie.
Jeremias Hoesch, der jüngere (1610-1653, gest. Warschau) war sein Nachfolger. Wenn auch
seine Frau Katharina Prym (geb. etwa 1638, gest. 17. Febr. 1681) einer Aachen-Stolberger
Kupfermeister Familie entstammte, so lagen doch Gründe vor, welche ihn veranlassten, sich
einen eigenen industriellen Wirkungskreis zu suchen. Er ging zur Eisenindustrie über, wurde
Eisenhüttenmeister oder Reitmeister. Im Kupfergewerbe war er nur nebenbei tätig. Oft traten ihm
große Schwierigkeiten entgegen. Trotz allem ist er es aber gewesen, welcher der wirtschaftlichen
Entwicklung in seiner Familie die entscheidende Richtung gegeben hat. Er kaufte Hüttenanteile
auf. Namentlich ist es der Junkershammer, welchen er 1641 allein in Besitz hatte, und auf
welchen er seine gesamte Eisenindustrie konzentrierte. Ihm folgt sein ältester Sohn als 3.
Jeremias Hoesch.
Jeremias Hoesch (- 10. Febr. 1641 Stolberg, ref. Kirche, gest. 12. Aug. 1716) war verheiratet seit
etwa 1664 mit Johanna Peltzer (etwa 1632-1679), die auch einer Kupfermeister Familie
entstammte. Er begründete die Junkershammer Linie. Ihm folgte sein Sohn Heinrich Hoesch.
Heinrich Hoesch (geb. 12. Mai 1669 auf dem Junkershammer, gest. 7. April 1738) war verheiratet
mit Margaretha Helena von Recklinghausen (geb. 14. März 1693), entstammend einer Bergvogt
und Hüttenmeister Familie. Als zweiter Sohn aus erster Ehe erhielt Heinrich Hoesch den
Junkershammer und namentlich das wichtige Vichtaler Werk. Er war Reitmeister, nebenbei auch
Kupfermeister. Neben seiner Fabrikationstätigkeit legte er besonderen Wert auch auf die
kaufmännische Tätigkeit. Im Anschluss an seine Ehe mit H.M.v.Recklinghausen siedelte er nach
Eschweiler über. Hier war er nicht allein Eisenhändler, sondern er betrieb dort auch eine
Kupfermühle. Danach wurde er ansässig auf dem Junkershammer, wo er Reitmeister war.
Einer seiner Söhne war unser Mathias Gerhard Hoesch. Auffallenderweise, wie vorhin schon
13
erwähnt, streifte dieser die alte Familientradition zunächst völlig ab. Als viel beschäftigter Diplomat
und Grand Seigneur im Zeitalter Friedrich Wilhelm I. und Friedrichs des Großen hatte er sich
während seiner wechselreichen Laufbahn ein großes Vermögen erworben. U.a. erhielt er als
bairischer Gesandter beim kurkölnischen Stuhle z.B. 1749 ein Gehalt von 8000 Gulden. Es war
diese seine glänzende finanzielle Lage eine gute Grundlage zum Wirtschaften. Dass er sich aber
neben allem schließlich noch der Industrie, und zwar der Eisenindustrie widmete, das lag ihm im
Blut als Mitglied und Nachkomme einer alten Eifeler Reitmeister Familie.
c) Gründe für die Errichtung der Eisenhütte bei Suttrop
Der Glaube an die Eisenindustrie und eine gute finanzielle Lage waren für Baron von Hoesch die
Triebfedern zum Handeln gewesen. Da sein Vorhaben durchzuführen, das hatte seine Dienstzeit
beim Kurfürsten Klemens August von Köln (1723-61) bestimmt. Der Kurfürst schätzte seine
Fähigkeiten. Das trug mit dazu bei, dass Baron von Hoesch von Stufe zu Stufe avancierte und
zeitweise sogar eine große Rolle am Bonner Hofe spielte. Weiter war ihm günstig seine
Stellungnahme zur damaligen Politik. Kurköln hatte die Sache des Kaisers verlassen und sich
Frankreich zugewandt. Baron von Hoesch wurde Mitglied der franzosenfreundlichen Partei am
Bonner Hofe und betätigte sich nach der Richtung hin recht eifrig. Der damalige französische
Gesandte, Generalleutnant Graf von Sade, wollte sich ihm hierfür erkenntlich zeigen. Auf Grund
dieser Bemühungen Sades wurde Baron von Hoesch am 19. August 1739 vom Kurfürsten zum
Wirklichen Geheimen Rat ernannt. Gleich an folgenden Tage, am 20. Aug. 1739,erteilte ihm der
Kurfürst die Konzession zur Anlage einer Eisenhütte in der Gegend von Warstein und Suttrop auf
der Wester. Diese Erteilung der Konzession mag mit den Bemühungen Sades in Zusammenhang
stehen. Sie ist zwar auf das Herzogtum Westfalen und dort auf einen bestimmten Bezirk
beschränkt, der allgemeine Charakter der Urkunde zeugt auf der einen Seite von dem großen
Vertrauen und Entgegenkommen, welches dem Baron vom Kurfürsten damit zuteil wurde, gleich,
aus welchen Beweggründen dies seitens des Kurfürsten erfolgte. Auf der anderen Seite aber
muss man Baron von Hoesch kennen. Er war Diplomat. Der Konzession werden gewisse
Vorverhandlungen vorausgegangen sein. Bestimmte Wünsche wird Baron von Hoesch dem
Kurfürsten vorgetragen haben. Wenn er dabei gerade das Herzogtum Westfalen im Auge hatte,
so hatte das seine Gründe.
Damals schon war es für fortschrittliche Menschen eine nicht wegzuleugnende Tatsache, dass
das Herzogtum Westfalen seit der Reformation wenig Fortschritte zu verzeichnen hatte, auch in
der Eisenindustrie. Die Gründe hierfür wurden bereits dargelegt. Außerdem ist sodann davon
auszugehen, dass es Baron von Hoesch weniger darauf ankam, mit seinen Kapitalien zu
wirtschaften, um möglichst große Gewinne einzuheimsen; sein Bestreben ging vielmehr dahin, die
Eisenindustrie zu fördern, besonders in solchen Gegenden, welche bisher vernachlässigt waren;
und weiter in sozialer Hinsicht lag es ihm am Herzen, gerade diesen Gegenden zum Fortschritt
und zum Aufblühen zu verhelfen. Diese seine Ideen wird er dem Kurfürst schon vorher unterbreitet haben; sie fanden bei ihm als Landesvater Anklang, worauf dann unter den Einwirkungen
der Empfehlungen Sades gleich am Tage nach der oben erwähnten Ernennung zum Wirklichen
Geheimen Rat die Konzession gegeben wurde. Dass weiterhin gerade der Industriebezirk bei
Warstein für Baron von Hoesch ausschlaggebend war, von ihm für seine Ideen bevorzugt und
ausersehen wurde, das mag zunächst einmal in tatsächlicher Hinsicht, in bezug auf die damaligen
örtlichen Verhältnisse untersucht werden.
Die alte Schmelzhütte, Blashütte, der Stadt Warstein zukommend wie es heißt, lag südlich des
Einflusses der Range in die Wester. Heute noch heißt dieser Bezirk „auf dem Hüttenplatz“. In etwa
schon als Flurname taucht diese Bezeichnung erstmalig gegen Ende des 17. Jahrhunderts auf.
Dies ergibt sich aus folgenden Nachrichten:
1670:
1672:
1688:
1713/14
Hermann Franke wurde Bürger und kaufte am 3. Nov. dieses Jahres ein Haus auf
dem Brauke hinter Ww. Spanken auf dem Hüttenplatz.
der Schmied Jobst von Enß, erhielt eine Hausstätte auf dem Hüttenplatz
erwähnt wird ein Hagen „ober der Hütten“
heißt es: „auf dem Hüttenplatz bei Cordt Jessen Schmitten
Im Jahre 1688 wird demnach noch die Hütte erwähnt. Der Hüttenplatz war aber bereits teilweise
in die Neustadt Warstein einbezogen. Man darf annehmen, dass damals die Schmelzhütte schon
im Rückgang begriffen war.
14
An diese alte Schmelz- oder Blashütte schloss sich nach Norden unterhalb des Einflusses der
Range in die Wester an der eine der alten Eisenhämmer. Dieser lag unterhalb des Oberhagens.
Es wird der spätere Olpische Eisenhammer gewesen sein, von dem es 1672 heißt: „Der Olpische
Eisenhammer, so unter dem Oberhagen gelegen“. Auf der Karte von um 1750 ist er nicht mehr
verzeichnet.
Der zweite Eisenhammer lag am sog. Borgholz. Im Jahre 1660 heißt es, „der Hammer am
Borgholz“. Dies sog. Borgholz, 1682 „das Borgholz Gut“ genannt, war ein Weideplatz unterhalb
der sehr sumpfigen Herrenwiese. Dieses Borgholz begann nach Belecke zu unterhalb des Einflusses des Mühlengrabens der Suttroper Mühle in die Wester.
Von der Fischerei z.B. heißt es, dass sie breit war im Herrenwasser von dem Lürwaldischen
Mühlengraben bis an das churfürstliche Wasser im Borgholz. Auch dieser Hammer scheint nach
1700 verfallen zu sein; denn der neue Eisenhammer des Barons von Hoesch lag später dort, wo
der erstere lokalisiert wird.
Die alte Schmitte, worin Wappen geschlagen wurden, wird ein „selfhammer“ gewesen sein. Im
Jahre 1692 ist die Rede von der „selfhammerstede ohnweit der Stadt Warstein auf der Wester“,
auf welcher 1689 die Papiermühle errichtet war.
Der Messinghammer, später Kupferhammer, wird 1649 noch nicht erwähnt. Wenn auch 1622 ff.
für einige Jahrzehnte als Warsteiner Bürger ein Martin Messinges, von Beruf also Messingschlager, erwähnt wird, so kann man darin wohl den Anfang de Messingherstellung erblicken. Der
Messinghammer aber wird erst kurz nach dem 30jährigen Kriege entstanden sein. Auch die
Flurbezeichnung „auf der Kupferkuhle“ ist erst nach dieser Zeit entstanden bzw. festzustellen.
Während also auf der einen Seite die Messing- bzw. Kupferindustrie aufkam, ging nach dem
30jährign Kriege wie anderenorts so auch hier die Eisenindustrie zurück, eben eine Folge der
Wirren der langen Kriegsjahre.
Unter solchen Umständen hätte die Stadt Warstein Baron von Hoesch entgegenkommen sollen.
Das scheint aber nicht der Fall gewesen zu sein. Die Stadt Warstein wird ihre alten Rechte auf
eigenem Gebiete haben sichern wollen. Andererseits aber rechnete Baron von Hoesch auch mit
der Stärke der Wasserkraft. Während der untere Eisenhammer, die Sägemühle und der Kupferhammer ständig im Betrieb sein konnten, weil genügend Wasserkraft vorhanden war, weil sie
unten auf der Wester lagen, war das nicht der Fall bei dem oberen Eisenhammer, wie dies
ausdrücklich damals betont wird. Von diesem oberen Eisenhammer abwärts wurde ferner das
Westertal sehr eng. Sobald es sich wieder verbreitert, war damals die Wasserkraft in etwas
bereits verteilt. Zunächst lag dort die obere Mahlmühle oder Stracken Mühle. In deren Nähe
befand sich das städtische Wasserhaus. Dann folgten links der Wester der Messinghammer und
die Sägemühle, rechts derselben die Papiermühle und die untere Mahlmühle oder Lürwalds
Mühle. Die dann folgende Herrenwiese war für Anlagen ungeeignet wegen der allgemeinen
Versumpfung.
So blieb Baron von Hoesch nichts anderes übrig, als für seine Eisenhütte die Treise auszuersehen. Die damaligen Verhältnisse illustriert sehr anschaulich die Karte von um 1750. Sie lässt
ferner erkennen, dass von der alten Eisenindustrie an sich nichts mehr übrig war.
Durch die Anlage auf der Treise wurde nun der Mittelpunkt der Eisenindustrie im Westertale, die
Eisenhütte, auf das Gebiet der Gemeinde Suttrop verlegt. Über den Erwerb der Treise wird weiter
unten noch Näheres auszuführen sein. Dass Baron von Hoesch sich für die Treise entschied,
hatte aber noch einen anderen Grund. Vielleicht war ihm schon bekannt geworden, dass die
Herren Lürwald ihren freiadeligen Sitz zu Suttrop mit der Zeit zu veräußern beabsichtigten.
Welche Vorteile sich Baron von Hoesch von dem Erwerb des Rittersitzes für seine Eisenhütte
versprach, mag hier unerörtert bleiben. Jedenfalls folgte der Erwerb des adeligen Hauses Suttrop
bald nach, und zwar im Jahre 1744.
Baron von Hoesch trug sich also mit dem Gedanken, die uralte Eisenindustrie bei Warstein wieder
zu beleben und zu weiterem Fortschritt zu verhelfen. Insofern, und das darf nicht übersehen
werden, ist das Werk des Barons die Fortsetzung der uralten Eisenindustrie bei Warstein im
Westertale.
15
Hinsichtlich der Durchführung dieses seines Planes war dem Baron der damalige Berghauptmann, der Oberjägermeister Freiherr von Weichs ein sehr hilfsbereiter Gönner und Förderer.
Dessen bestimmte Mitwirkung in manchem kann nicht von der Hand gewiesen werden. Gerade
ihm nämlich teilte der Baron von Hoesch die Erteilung der Konzession sofort mit und das in einer
Form, die auf ein sehr großes und inniges beiderseitiges Vertrauensverhältnis schließen lässt.
Die Erwägungen bezüglich der Gründe für die Anlage wären nun nicht vollständig, wenn man es
unterlassen würde, auch noch auf die Familienverhältnisse, auf etwaige familiäre Bindungen
zurückzugreifen.
Schon vor dem Jahre 1739 war der Churfürstliche Messinghammer von Johann Theodor Möller,
geb. 14. Juni 1705 als Sohn des Predigers Antonius Möller zu Werdohl, erworben worden; die
Möllersche Familienchronik (1788) berichtet nun folgendes:
“Sein Vater ließ ihn (J.Th. Möller) nach seiner Neigung die Handlung erlernen, und gab ihn in die
Lehre bei dem ansehnlichen Kaufmann Abraham von Recklinghausen in Cölln, wo unter anderen
auch der Kupfer-Handel stark betrieben wurde. Die Känntniß, die er in dieser Handlung erwarb,
veranlassten, dass er zu Warstein im Cöllnischen auf dem dasigen Kupferhammer 5 Stunde von
Lippstadtsich zu etabliren Gelegenheit bekam, nachdem er schon vorhere in Cölln mit anderen
eine Compagnie-Handel getrieben hatte. Damalen war die Retbergische Familie aus Lippstadt im
Besitz dieser Fabrik. Es wohnte daselbst Frantz Anton Diederich Retberg, der sich hernach zu
Gütersloh etablirte, auch Frantz Adolph Gaudens Retberg, welcher den 6ten Septbr. 1728 starb,
und nach Lippstadt zu Grabe gefahren wurde. Vorhere war es eine Meßings.Fabrik. Diedr. Ernst
Zahn und Retberg bauten einen Kupferhammer, und die Tochter Klara Catharina Zahn führte die
Haushaltung, und führte auch die Feder mitunter, in Handlungsangelegenheiten. Unser Vater
hatte wie er mir wohl selbst erzählte, schon ein Zeitlang sein Augenmerk auf sie und auf die
Fabrik gehabt, zumal da das Werck nicht gehörig betrieben wurde. Er sahe den Vortheil, der aus
besseren Vorkerhungen, und wenn der Sache ein anderer Schwung gegeben würde, sich darbot,
wohl ein. Theils um sich bekannt zu machen, theils um sich zu zeigen, dass er Känntniße in
diesem Geschäfte hätte, machte er oft eine Reise dahin, lieferte rohe Kupfer, nahm geschlagene
wiederum an, bis es sich dann fügte, daß er sich verlobte mit Clara Catharina Zahn, Tochter des
Bürgerm. Dieder. Ernst Zahn, und Anna Louisa Elisabeth Retberg aus Lippstadt. Das war
gewesen im Januar 1730.“
Die von Recklinghausen waren eine altangesehene und weitverzweigte reformierte Bergvogtenund Hüttenmeister Familie. Baron von Hoeschs Mutter war eine Geborene von Recklinghausen.
Wie des Barons Vater durch die genannte Familie weitgehend unterstützt worden war, so ist es
nicht ausgeschlossen, dass Abraham von Recklinghausen, übrigens der Verfasser der Recklinghausenschen Familien-Chronik, durch Johann Theodor Möller von dem Rückgang bzw. Stillstand
der Industrie bei Warstein erfahren hatte und den Baron von Hoesch gelegentlich auf die Möglichkeiten im kurkölnischen Herzogtum Westfalen aufmerksam machte.
Alle obigen Momente in ihrem Zusammenwirken haben die Erteilung der Konzession zur Anlage
einer Eisenhütte bei Warstein und Suttrop auf der Wester beeinflusst und zum guten Ende
gefördert.
2.
Die Konzession, Bedeutung der Urkunde
Die Konzessionsurkunde, auch als Gründungsurkunde bezeichnet, wurde am 20. August 1739
vom Kurfürst Klemens August von Köln ausgestellt, und zwar zu Klemenswerth, einem kurfürstlichen, später Arenbergschen Jagdschloss. Es liegt bei Sögel auf dem Hümmling im
Hannoverschen.
Nicht immer war sie auf der Suttroper Eisenhütte aufbewahrt. Während die Städte ihre besonderen Archive hatten, wo sich Urkunde an Urkunde, Akten an Akten reihten und zu einem
dauernden Bestande sich vereinten; während das gleiche auch auf adeligen Höfen der Fall war
und vielfach auch auf größeren Bauernhöfen, scheinen auf sonstigen bürgerlichen Betrieben die
Archivalien mehr als Familieneigentum betrachtet worden zu sein. Bei Besitzwechsel nahm der
Abziehende sie mit. Nur so konnte es kommen, dass die Konzessionsurkunde von 1739 auch ihr
Schicksal hatte. Erst im September 1847 gelangte sie in den Besitz der Gewerkschaft der St.
Wilhelms-Hütte bei Suttrop, indem sie nebst anderen Schriftstücken von dem Rentmeister
Wittkopp auf dem Gute des Herrn von Juntenberg der Gewerkschaft ausgehändigt wurde.
16
“Von Gottes Gnaden Wir Clemens August, Erzbischof zu Cöln des Heiligen römischen Reiches
durch Italien Erzkanzler und Churfürst, Legatus Natus des Heiligen Apostolischen Stuhles zu
Rom, Administrator des Hochmeistertums in Preußen, Meister Teutschen Ordens in Teutsch- und
Welschen Landen, Bischof zu Hildesheim, Paderborn, Münster und Osnabrück, in Ober- und
Niederbayern, auch in der Oberen Pfalz, in Westfalen und zu Engern Herzog, Pfalzgraf bey Thein,
Landgraf zu Leuchtenberg, Burggraf zu Stromberg, Graf zu Pyrmont, Herr zu Borkelohn, Werth,
Freudenthal und Eulenberg ect., Thuen kund und fügen hiermit zu wissen, männiglichen, dass
nachdemahlen Unser geheimer Rath Mathias Gerhardus von Hoesch untertänigst in Vorschlag
gebracht hat, wie er vorhabend seye, in Unserem Herzogtume Westfalen ohnweit Warstein und
Suttrop zum kundbaren Vorteil Unserer dasigen Unterthanen und angehofften seinem selbst
eigenen Nutzen eine und andere Eisenschmelzhütten, Eisenhämmer und befindlichen Dingen
nach anderen davon abhängenden Eisenfabriquen auf seine selbsteigenen Kosten und Gefahr
auferbauen und einrichten zu lassen. Wir in Gnaden bewogen worden seynd gedachten, Unserm
geheimen Rath darüber Unsern landesherrlichen Consens nicht allein zu ertheilen, sondern auch
zu mehreren Beförderung dieses zum Besten des Publici abzielenden heylsamen Vorhabens ins
Besondere hiemit und kraft dieses zu verstatten, dass er
I. in besagter Gegend Warstein und Suttrop auf der Wester, Glinge, Mörne und anderen der Orten
befindlichen Wässern so viele Eisenschmelzhütten, Eisenhämmern, forthandern davon dependierende Mühlengewerbe als er selbsten nach dem Ertrag dasiger Waldungen und erfindlichen
Erzes dienlich erachten wird auch erbauen und einrichten möge mit dem ausdrücklichen ihm
geheimen Rath Hoesch, seinen Erben und Nachfolgern zugleich.
Pro secunde recht dieses erteilten Privilegio, das niemanden, wer es auch seyn möge, unter
einigem Vorwand erlaubt seyn sollte, innerhalb zweyen teutschen Meilen, wie selbige in der im
Jahre 1706 herausgegebenen Landkarten des Herzogtums Westfalen verzeichnet seynd, einiges
Eisenerz zu graben, oder Eisenhütten und Wasserwerke anzulegen.
Pro tertio erteilen wir ihm, von Hoesch, a dato gegenwärtig gegebenen Briefes fünf nacheinander
folgende Freyjahre, dergestalten, dass er von demjenigen Erz, welches während den angelegten
Mühlengewerben keine Wassererkenntnis zu entrichten oder zahlen brauche, nach verflossenen
jetzt erwähnten Freyjahren aber den Zehnten Erzes entweder in naturalibus in Unserem Bergambt
zur Disposition zu überlassen, oder sich des Falles gegen eine gewisse jährliche Geldpräposizion
abzufinden, von jedem Mühlengewerbe aber ebenfalls jährlich für den Wasserlauf Unserer
churfürstlichen Hofkammer einen Thaler Cölnisch zu zahlen gehalten seyn solle.
Würde nach 4. mehrbesagter Unser geheimer Rath eine Wohnbehausung in gedachter Gegend
für sich oder die zur Aufsicht dieser neu einzurichtenden Manufakturen erförderte Buchhalter und
dergleichen erbauen lassen, so wollen Wir selbige und dessen Einwohner, hiemit und kraft dieses
von allen Ordinair- und Extraordinair Real- und Personallasten gänzlich befreyet haben, auch
5. bey Unserem würdigen Domkapitel beforderlich seyn, dass über obige, in specie den 2. Punkt
die Kapitularbestätigung ihnen, von Hoesch, mitgeteilt werden.
Urkundt Unseres gnädigsten Handzeichens und angehängten geheimen Kanzleysiegels.
Gegeben Clemenswerth, den 20. August 1739.
gez. Clemens August Churfürst.“
Lang und weitschweifig ist der Titel des Kurfürsten in der damalig üblichen Weise dem eigentlichen Text der Urkunde vorangestellt. Der Text selbst in 5 Punkten ist sachlich sorgfältig durchdacht und aufgebaut und juristisch wohl formuliert.
In der Einleitung bestätigt die Urkunde namentlich, dass Baron von Hoesch dem Kurfürsten für die
Anlage einer Eisenschmelzhütte das Herzogtum Westfalen in Vorschlag gebracht und den Ort für
die Anlage ziemlich genau, nämlich unweit Warstein und Suttrop, angegeben hatte. Sie bringt
weiter in der Einleitung zum Ausdruck, dass der Kurfürst Klemens August von großzügiger Gesinnung war und als Landesherr vor allem auch das Beste seiner Untertanen im Auge hatte. Er gab
Baron von Hoesch nicht allein sein landesherrliches Einverständnis, sondern er hob zudem noch
besonders hervor, wie viel ihm gelegen sei an der Förderung „dieses zum Besten des Publici
abzielenden heylsamen Vorhabens“. Kurfürst Klemens August war in der Tat eine rühmliche
Ausnahme gegenüber manch anderen Fürsten jener Jahrhunderte.
17
Inhaltlich ist die Konzession ganz allgemein gehalten. In ähnlicher Weise wurde z.B. am 28.Mai
1784 dem Bergmeister Kropf das Recht verliehen, alle im Erzstift vorhandenen unschmelzbaren
und bisher unbrauchbar gewesenen Kupfererze muten und verschmelzen zu dürfen (Revier
Brilon).
Das Privilegium stand ferner die Rechte nicht allein dem Baron für seine Person zu, sondern auch
seinen Erben und Nachfolgern. Folgende alte Bestimmungen waren daher für Baron von Hoesch
gewissermaßen außer Kraft gesetzt, was als ein weiteres Entgegenkommen für ihn anzusehen ist.
Wenn nämlich eine Hütte oder Hammer 6 Jahre öde und wüstgelegen, und auch das quartalige
Wasserflussgeld nicht gezahlt war, dann fielen Hütte oder Hammer in das kurfürstliche Freie
zurück; konnten als Freies einem andern verliehen werden, nur Gebäude usw. waren dem alten
Gewerken im Werte zu erstatten. Wenn eine Hütte oder Hammer aber zehn Jahre und länger im
Freien gelegen, dann sollten nicht allein der Wasserfluss, sondern auch alle vorhandenen
Gebäude ins Freie fallen, und der erste Beste konnte vom Oberbergmeister damit belehnt werden.
Soweit die persönliche Privilegierung seitens des Kurfürsten.
Allgemein gültig, unanfechtbar, sozusagen Gesetzeskraft hatten die einzelnen Punkte des
Privilegs nur dann, wenn die Bestätigung des Domkapitels noch hinzukam. Deshalb hatte der
Kurfürst den Punkt 5 noch hinzugefügt. Dieser besagt, dass er, der Kurfürst, dafür sorgen werde,
dass ihm, von Hoesch, über die 4 Punkte, insbesondere aber über den Punkt 2, die Kapitularbestätigung noch mitgeteilt werde. Diese scheint nicht erfolgt zu sein. Vielleicht ist sie darauf
zurückzuführen, dass Baron von Hoesch im Jahre 1743 aus den kurkölnischen Diensten austrat.
Mag dem nun sein wie es will, Baron von Hoesch ging an die Ausführung seines Vorhabens. Wie
das Privileg sich im einzelnen auswirkte, wie Baron von Hoesch die Eisenschmelzhütte zunächst,
dann den Eisenhammer, das Erzbergwerk usw. baute, darüber werden die nächsten Kapitel
eingehend berichten.
3. Die Anlage des Hüttenwerkes
a) Die Schmelzhütte auf der Treise
Ostwärts im heutigen Hüttenbezirk liegt an der Anhöhe eine Quelle, noch heute die Treise
genannt. Zum ersten Male wird die Treise, auch Treßbecke genannt, erwähnt in einer Urkunde
vom 13. Februar 1583. Es handelt sich um einen Kaufbrief, in welchem Hennigius Schüngel zu
Beringhausen dem Joachim Lürwald zu Suttrop verkauft:
“Meine Mölle, so da an sich selbst in Suttroper Mark, Hogerichtgs Ruden, gelegen ist, zwischen
der Eßelßwende und der Treyse, den beiden Wässern also genente, mitt Schlacht undt
Wassergerechtigkeiten...“
In einem weiteren Kaufbriefe von 1598 bekennen Richter und Schöffen zu Warstein, dass das
Spring, welches die Warsteiner übel die Wesche nennen, die Treiße heiße und in Suttroper Mark
liege.
Im Jahre 1682, und zwar in den Kommissionsakten vom 13. Okt. 1682 ff. Warstein c/a Suttrop,
wird die Treise als ein Siepen bezeichnet, welches liege zwischen der Duffsteinkühle und dem
Hohen Stein. U.a. heißt sie in denselben Akten auch „Treßbecke“. Es war Streit entstanden um
die obere, nächst an Warstein gelegene Wesche einerseits und um die unten gelegene
Lurwaldtsche Mühle und die zur Seite am Berge befindliche Treßbecke, welche die Warsteiner für
die Wesche erklären, andererseits.
Später finden wir „Treise“ auch als Flurnamen; kleine Bäche gaben häufig den anliegenden Fluren
zur Orientierung ihren Namen. Nach einem Bericht von 1719/20 gehörten zum Lürwaldschen Gut
in Suttrop u.a. auch eine Mühle, die sog. Suttroper Mühle und daneben die Treische, ferner das
alte Feld. Ein ander Mal heißt es 1719: die Treise liege nach Warstein zu bei der Mühle. Diese
Treibe ist der heutige Hüttenbezirk.
Über den Besitzerwerb der Treise, ob Baron von Hoesch die Treise im Jahre 1739 bereits
eigentümlich erworben, oder ob er dieselbe vorerst nur in Pacht genommen, darüber schweigen
sich die alten Nachrichten, wie schon erwähnt, gänzlich aus. Nun erwarb Baron von Hoesch durch
Vertrag vom 15. Mai 1744 das adelige Gut Suttrop. Nach dem gen. Vertrage verkauften Wilhelm
Kaspar von Luerwaldt, J.D.J. von Luerwaldt geb. von Schnellenberg und W.P. von Luerwaldt
18
Seiner Excellenz von Hoesch den freyadelichen Rittersitz Suttrop sambt denen dazu gehörigen
Gebäuden, Baumhof, Gärten, Jagd, Fischerei, Schäferei, auch Mast und Gehölz in der gemeinen
Dorfgeholzung nebst übrigen andern gemeinen Dorfgerechtigkeiten, wie auch mit denen zum
Haus gehörigen 4 Kotten und der Multerfreiheit in der Mühle; an gutem Land etwa 150, an wildem
Land etwa 70 Morgen; samt allen Wiesen auf der Glenne und Range, oder so sie sonst gelegen
sein mögen; ferner das hohe Gehölz, die große und lüttike Heide genannt, samt dem Gehölz vorm
Walde und fort alle übrigen Pertinentien, Recht- und Gerechtigkeiten, soweit sie diese besessen in
ihrem Teil, für 9000 Rtlr.Köln.Währung. An den Vertrag war die Bedingung geknüpft, dass für das
zum Rittersitz gehörige Stammgut, der Hoiffhof, der von Ihrer königl. Majestät in Preußen zu Lehn
rühre, der lehnsherrliche Consens erwirkt wird. Erst danach solle für dieses Stück der Kauf als
vollzogen gelten. Wiederkauf gegen Zahlung des Kaufschillings wurde weiter vorbehalten. Am 20.
Mai 1744 sodann bescheinigt W.P. von Luerwaldt als Bevollmächtigter seiner Eltern, dass der
Kauf auf Wahrheit beruhe und dass das Gericht in Rüthen die „erb- und enterbung“ gewöhnlichermaßen vollziehen möge. Am 22. Mai 1744 geht der Notar John Henr. Weise mit diesem Schreiben
nach Rüthen zum Gericht und begehrt, dasselbe ad aota publica zu legen. Jedenfalls blieb der
Kauf perfekt, zu einem Rückkauf kam es nicht.
Wenn nun Baron von Hoesch die Treise pachtweise übernommen gehabt hätte, dann wäre sie
jetzt in dem Kaufvertrag von 1744 bestimmt mit aufgeführt worden, zumal feststeht, dass die
Treise 25 Jahre vorher noch zum Gesamtbezirk des Rittergutes hinzugehörte. Das Suttroper
Mühle und Treise im gen. Kaufvertrag fehlen, kommt dadurch zum Ausdruck, dass Mühle und
Treise voM Gutsbezirk bereits abgetrennt waren. Wie die Mühle im Besitz einer Seitenlinie der
von Luerwald war, so wird das auch mit der Treise der Fall gewesen sein, beide werden zusammengehört haben. Daher kommt es auch, dass diesbezügliche Nachrichten sich unter den
Archivalien des adeligen Hauses Suttrop nicht vorfinden. Man darf daher mit Fug und Recht
behaupten, dass Baron von Hoesch die Treise schon vor 1739 eigentümlich erworben hatte.
Durch den Ankauf des Rittersitzes Suttrop als solchen sodann im Jahre 1744 hat Baron von
Hoesch sich Grund und Boden für jegliche Erweiterung seines Hüttenwerkes gesichert.
Die Vorarbeiten für die Anlage der Eisenschmelze zogen sich nach der Erteilung der Konzession
zunächst noch Monate hin. Wie schon erwähnt, hatte von Hoesch einen eifrigen Förderer an dem
damaligen Berghauptmann von Weix. Ihm schreibt von Hoesch am 8. Sept. 1739 aus Clemenswerth, dass der Kurfürst ihm die Konzession erteilt habe und er ihm binnen kurzem eine Abschrift
zukommen lassen werde. In einem ps (postscriptum) zu diesem Briefe erwähnt von Hoesch dann
noch „bitte noch zu benachrichtigen, ob man de orth tüchtige mühlenmeistere, hüttenmawere,
schmeltzere, formbere, hammerschmiede vnd dergleichen haben kann“.
Mit dem Bau begonnen wurde wohl gleich zu Anfang des Jahres 1740 vor allem zuerst mit dem
Bau des Hochofens, welch letzterer im Lauf des Sommers soweit gediehen war, dass von Hoesch
in einem Schreiben aus Bonn vom 17. Okt. 1740 an den Berghauptmann von Weix bemerken
konnte, die erste Schmelzprobe sei ihm schon vorgelegt, und weiter: „Mit der zweiten Schmeltzprobe wird’s dermahlen allem vernehmen nach seinen Fortgang haben; ich hoffe, sie werden
einen besseren....schlag als die erstere gewinnen, wohe ich sonsten werde genothigt finden,
einen ..... Hüttenmeister zur Stelle abzufertigen.“ Die Suttroper Hütte war zunächst eine bloße
Schmelzhütte. Auch scheint Baron von Hoesch den Nachrichten zufolge anfänglich nur den
Eisenguß betrieben zu haben. Zunächst kam es darauf an, zu erproben, wie der Erfolg des
Schmelzens überhaupt sein würde. Weil dieser sich sodann als zufriedenstellend herausstellte,
drängte es Baron von Hoesch nun auch mit der Errichtung eines Eisenhammers zu beginnen.
Im übrigen war Baron von Hoesch stolz auf seine Anlage. Diesbezüglich noch vorhandener
Briefwechsel bezeugt es. Einerseits hatten Eisenschmelze und Eisenhammer, was hinsichtlich
letzteren noch näher auszuführen sein wird, sich planmäßig entwickelt, und was die Hauptsache
war, der wirtschaftliche Erfolg war nicht allein nicht ausgeblieben, er versprach überdies sogar
eine hoffnungsvolle Zukunft. Andererseits kommt auch hier wieder die große Uneigennützigkeit,
welche wir sehr häufig unter den Familienmitgliedern der Familie Hoesch vorfinden, zum Ausdruck, namentlich bei dem Baron die Genugtuung darüber, der Bevölkerung neuen Verdienst
geschenkt und dem Lande zum Fortschritt verholfen zu haben.
Die Werksanlagen sowie auch die wertvollen Kohlenlieferungen waren Baron von Hoesch nun
vom Kurfürsten Klemens August zwar konzessioniert, aber nur persönlich. Das genügte dem
Baron nach dem Aufblühen des Werkes nun nicht mehr; denn er dachte weiter. Um das Werk für
alle Fälle sicherzustellen, wandte er sich unterm 21. April 1751 an das Domkapitel mit der Bitte,
19
die Konzession von 1739 und den Kohlenkontrakt von 1750 „capitulariter“ zu bestätigen. Dies zu
erwirken, aber nicht durchgeführt bzw. aus nicht bekannten Gründen nicht erreichen können.
Da das erwähnte Schreiben in seinem ganzen Inhalt und besonders auch wegen seiner Abfassung interessante Einblicke in das Vorgehen des Barons von Hoesch gewährt, möge es hier im
Wortlaut folgen:
“Hochwürdigst, Durchlauchtigste Hochgeborene, Wohlgeborene, Gnädigst Gnädige Herren.
Vermöge der beylagesub N° 1, haben Ihre Churfürstliche Durchlaucht, Bereits unterm 20ten
Augusti des 1739ten Jahrs sich zur Anlegung Verschiedener Bergwercken, und Eysen Fabriquen,
im Hertzogtumbe Westpfahlen, Gnädigst concessioniret; in wessen gefolgt ich dan, von Zwölff
Jahren her, zu derselben Völliger einrichtunge, solch ansehentliche Summen Verwendet habe,
welche ich dahier zu bemerken sich kaum unterstehen mögte;
Zu desto stärckerer Betreibung, sothaner meiner Fabriquen haben folgendts Höchstgemelte Ihre
Churfürstliche Durchlaucht, inhalts der beylage sub N° 2, mir eine gewiße quantität Kohlen, auff
Verschiedene nacheinander folgende Jahren, gnädigst käufflich überlaßen, und dadurch aus
denen Von unvordencklichen Jahren her, nicht pfenningswerht, eingetragenen Buchen
Waldungen, Ihro, und dem Camerali, nicht allein einen mercklichen Vortheil Verschafft, sonderen
durch erwehnt – meine Anlagen überhaubt die dasiege, ehedem fast brod- und nahrungslose,
gegenden, in solche auffnahm versetzt, daß Sie in dießem theile dermahlen einigen anderen
kaum etwas anchgeben.
Von sämbtlich meinen dießfalls Verwendeten, annoch ohnlängst /: als viel den gedeylichen
außgang betrifft:/ in zweyffelhafften umbständen, verbliebenen großen Anlagen, genieße ich
dermahlen, durch Göttlichen Seegen, einige Ausbeut, undt bin derhalb bedacht, meine
Bergwercken, und fabriquen forthin, für beständig, zum Besten des Publici, und des Cameralis,
sowohl, als meinem selbst eygenem Vortheil alßo ferner einzurichten, wie es die Bewendtsame
des hierzu Erforderten Ertzes, und Waldungen, Vernünfftiger einzieht nach, erfrischen, und
erleyden, umb aber hierin desto standthaffter, undt zuverlässiger zu werck gehen zu mögen, hab
Ewer Durchlaucht, Hochwürden, Hoch- und Wohlgebohren ich gehorsambst gehorsamlich hiemit
bitten sollen, höchst und Hochdieselbe geruhen wollen, Vorgedacht beyde Beylagen Capitulariter
gnädigst, gnädig zu bestätigen, welche mir solchergestalten wiederfahrende Gnade, ich mit
Vollkommenstem Diensteyffer zu Verschulden mich lebenslänglich bestreben werde.
Ewerer Durchlauchten, Hochwürden Hochgeboren und Wohlgeboren
Gehorsambst und gehorsamer
gez. M.G.Freyher von Hoesch
Cölln, den 21ten aprilis
1751
pp.“
Was der Kurfürst bisher nicht erreicht hatte, das erreichte auch jetzt Baron von Hoesch nicht. Eine
Bestätigung seitens des Domkapitels erfolgte nicht.
Auf seiner Eisenhütte errichtete Baron von Hoesch zunächst nur einen Hochofen. Darüber schrieb
er u.a. seinem gleichnamigen Neffen von Köln aus (1750-61): „Auff meiner Schmeltze in
Westfalen“. Aus einer Aufzeichnung aber nach seinem Tode geht hervor, dass der Baron bei
Suttrop zwei Eisenschmelzhütten betrieben hat. Ein zweiter Schmelzofen soll nach Hashagen im
Jahr 1786 erbaut worden sein. Unter „Eisenschmelzhütte“ wird hier „Hochofen“ zu verstehen sein;
dann wäre der 1786 erbaute Hochofen der dritte Hochofen, und tatsächlich waren später drei
Hochöfen vorhanden.
Im allgemeinen kommt für eine Eisenschmelze damaliger Zeit nur ein Hochofen infrage; ferner
gehörten dazu, und zwar zum Gesamtbetrieb
1 dicker Hammer und 2 Frischfeuer,
1 Eisenschneidmühle
Kohlenschuppen,
Arbeiterwohnungen,
1 Mahlmühle, für den Hüttenbezirk.
Dass auf der Suttroper Eisenhütte aber mehrere Hochöfen erbaut waren, hatte seine besondere
Bedeutung. Von Anfang an nämlich war die Eisengießerei als ein besonderer Betriebszweig
20
gepflegt worden. Und so war die Verwendung der drei Hochöfen die folgende:
In dem ersten wurde in großen flachen Masseln das Eisen – später Puddeleisen – für den
Eisenhammer geschmolzen, in dem zweiten das Gießereieisen für die Eisengießerei der Hütte,
der dritte diente als Reserve.
Zur Eisenschmelzhütte als solcher gehörten Schmiede, Schlosserei, Schreinerei, Formerei, alles
aber noch Kleinbetriebe in Anpassung an die Verhältnisse. Um die Mitte der 1830ger Jahre trat
eine Änderung ein. Der Hochofen für den Eisenhammer bleibt auch ferner als solcher bestehen.
Der Hochofen in Reserve ist ebenfalls noch vorhanden, wird aber selten erwähnt. An Stelle des
Hochofens für die Gießerei finden wir die Bezeichnung Kupolofen und Flammofen. Wohl infolge
von Produktionssteigerungen finden wir nach 1835 wiederholt Verbesserungen der Hütte und ihrer
zugehörigen Betriebe. Eine jährliche Zusammenstellung wird den Aufbau der Hütte, dessen
Fortschreiten sowie oberflächlich auch den Betrieb bestens veranschaulichen können.
1836:
1837:
1838:
1839:
1842:
1843:
1844:
1846:
1856:
1861:
1862:
1863:
1864:
1865-67:
1868:
1869-70:
1871:
es werden zwei Hohe Öfen erwähnt
heißt es, die Hütte hat einen Hochofen, welcher 16 Fuß hoch ist,
ein Hochofen wird immer in Betrieb gehalten, und nötigenfalls der Flammofen und der
Kupolofen; der Hochofen ist verbessert. Neu angelegt sind:
1 Cylindergebläse mit warmer Luft,
1 Drehbank,
1 Bohrbank.
vorhanden und im Betrieb gewesen:
1 Hochofen...........................10 Monate
1 Flammofen........................ 2 Monate
2 Kupolöfen, nicht im Betrieb.
genannt werden:
1 Hochofen
1 Flammofen
und 2 Kupolöfen zum Gießen
1 Hochofen...........................40 Wochen im Betrieb,
1 Kupolofen............................ 8 Wochen im Betrieb.
Das Hüttengebäude istum 80 Fuß verlängert worden.
Der Hochofen war etwa 40 Wochen im Betrieb,
die zwei Kupolöfen abwechselnd.
Angelegt wurde eine Schleiferei.
Der Hochofen war 9 Monate im Betrieb,
Kupol- und Flammofen 3 Monate.
1 Hochofen war 9 Monate im Betrieb,
1 Kupolofen ging abwechselnd 2 bis 3 Wochen,
1 Flammofen 10 mal.
Durch die Firma Paul May in Mülheim (Rhein) wurde auf dem Eisenhüttenwerk eine
Gasbeleuchtung von etwa 200 Flammen angelegt, und zwar zur ganzen Zufriedenheit
der Gewerkschaft.
Genannt werden Hochofen und Gießerei, nebst zugehöriger Schmiede, Schlosserei
und Schreinerei. Nur ein Hochofen war im Betrieb, und wurde die ganze Produktion
nur auf Holzkohlen dargestellt. Die übrigen Öfen (Hoch-, Flamm- und Kupolofen)
lagen der schlechten Konjunktur wegen kalt.
wird berichtet, dass auf der St.Wilhelmshütte nur 1 Hochofen in Betrieb gestanden,
und dass davon sowohl die Masseln wie auch die Gusswaren bei Holzkohlen dargestellt wurden.
ist die Rede von:
1 Hochofen für Roheisen in Gängen und Massen,
1 Hochofen für Roheisen in Gussstücken
es werden erwähnt 2 Hochöfen und 2 Gebläse,
ebenso
2 Hochöfen, 1 Flammofen, 1 Kupolofen. Im Betrieb waren aber nur 1 Hochofen und
1 Kupolofen nebst Gebläse.
ebenso
wird der Betrieb wie folgt gekennzeichnet:
Cylindergebläse
2 Hochöfen, davon nur einer im Betrieb
21
1 Flammofen
2 Kupolöfen
Maschinenfabrik.
Infolge der Konkurrenz des Kokshochofenbetriebs nach 1871 kam die Holzkohlenhütte, St.
Wilhelms Hütte bei Suttrop, zum Erliegen. Sie wurde ähnlich wie z.B. die Olsberger Hütte in eine
reine Eisengießerei umgewandelt. 1879 wird neben der Eisengießerei die Mechanische Werkstatt
erwähnt. Hierhin ging der Gusseisenertrag, um zum Maschinenbau verarbeitet zu werden.
Die Eisengießerei, immer mehr der Neuzeit entsprechend eingerichtet, begann ihren Aufstieg.
Sehr anerkennend spricht sich über das Werk ein Bericht des Amtes Rüthen vom 9. Okt. 1885
aus; es heißt darin: „Das Werk der Eisengießerei des Warsteiner Gruben- und Hüttenvereins bei
Suttrop ist in der gewerblichen Einrichtung sowie dem Organismus und den Gebäulichkeiten in
zweckmäßiger Umgestaltung begriffen, wie dies Alles dem unmittelbaren Verkehr der damit in
nahe Verbindung gebrachten Secundäir-Bahn entspricht und geeignet ist, diese Eisen-Industrie zu
heben und ihr Ansehen zu geben.“
Immer weiter wurde der Betrieb verbessert.
1887:
wurde ein neuer Dampfkessel angelegt
1889:
wurde ein Fallwerk errichtet, welches zum Zerschlagen größerer Eisenstücke diente.
Es befand sich auf einer früheren jetzt zum Lagerplatz dienenden Weide, links von
dem Wege nach Suttrop, oberhalb des Bahnhofs.
1906:
In der mechanischen Werkstatt wurde ein alter feststehender Dampfkessel angelegt.
1911:
Eine früher vom sog. Hüttenwasser getriebene Turbine wurde durch eine Lokomobile
ersetzt.
1921:
An der Modellwerkstatt wird ein Modell-Lagergebäude gebaut.
1927:
Folgten weitere Einrichtungen entsprechend dem Stande der Technik. Eine Staubabsauganlage wurde eingerichtet für das Sandstrahlgebläse, die Schleiferei, Gußputzerei und Ofenschlosserei.
1933:
Umbau des Kupolofenbaues und Errichtung von 2 Kupolöfen in der Gießerei, an
welcher sich östlich des Kupolofenhaus befand.
Nur die wesentlichsten Neuerungen abgesehen von den eigentlichen Bauten sind im
Vorhergehenden angeführt. Aber sie werden genügen, im Rahmen dieser Arbeit das stete
Fortschreiten des Hüttenbetriebes in alter und neuer Form veranschaulicht zu haben.
b) der Eisenhammer an der Wester
Die Errichtung auch eines Eisenhammers wird Baron von Hoesch, als er mit dem Bau seiner
Schmelzhütte anfing, bereits vorgesehen gehabt haben. Zuvor aber, ehe mit dem Hammerbau
begonnen wurde, kam es darauf an, abzuwarten, wie der erste Schmelzprozess verlaufen würde.
Da dieser gute Erfolge zeitigte, die ersten Versuche zufriedenstellend ausgefallen waren, konnte
Baron von Hoesch auch über die Vorhaben sich weiter äußern. Das geht z.B. aus einem seiner an
den Berghauptmann von Weix gerichteten Schreiben, datiert Bonn, den 24. Juli 1740, hervor, in
welchem er von seinem „hammerbaw“ spricht. Wenn der Bau sich aber noch hinzögerte, so lag
dies an gewissen Schwierigkeiten, welche ihm von Seiten Warsteins bereitet wurden. In dem
genannten Schreiben erwähnt Baron von Hoesch, dass bezüglich des Hammerbaues Opponenten
seien der Pape und andere; er wolle diese aber gern entschädigen und ihnen geben, was ihnen
von rechts wegen gebühre. Mit den genannten Schwierigkeiten hatte es folgende Bewandtnis. Der
Platz, auf welchem der Hammer errichtet werden sollte, lag in der Suttroper Mark. Es war ein
Weidebezirk, bezüglich dessen der Mithude halber zwischen Warstein und Suttrop mehrfach
Streitigkeiten entstanden und Vergleiche geschlossen waren.
In einem ferneren Schreiben, datiert Augustenburg, den 16. Juni 1741, erwähnt Baron von
Hoesch im Postscriptum, es müsse noch in diesem Sommer gebaut werden. Es ist kein Zweifel,
dass es sich hier um den Bau des Eisenhammers handelt.
Aus einem Schreiben des Bergamtes Brilon sodann vom 12.Sept. 1744 geht hervor, dass der
Eisenhammer bereits angelegt war. In den Warsteiner Ratsprotokollen schließlich heißt es zum
26. Nov. 1748 „unten aufm Eyßen Hammer“, als einer schon üblichen Flurbezeichnung.
Die Erbauung des Eisenhammers kann also frühestens in die zweite Hälfte des Jahres 1741
22
fallen. Ebenso wie die Eisenschmelze wurde er in Suttroper Mark angelegt, und zwar höchstwahrscheinlich auf Grund und Boden, welcher zum adeligen Haus Suttrop gehörte. Auch hier
fehlen wieder bestimmte Nachrichten über die besitzrechtliche Regelung. Erst später, als man
daranging, das Hammerwerk zu erweitern, erfolgte zu einem geringen Teile ein Übergreifen auch
auf Warsteiner Gebiet.
Der Zweck des neuen Eisenhammers nun war die Weiterverarbeitung des auf der Hütte
erblasenen Roheisens. Die einzelnen Vorgänge waren
1) das Entwohlen des Roheisens, auch frischen, raffinieren usw. genannt,
2) das Aushämmern, auch recken genannt,
3) das Schmieden.
Die Frischarbeit, das sog. Frischen des Roheisens, bedeutet, „etwas Verdorbenes im Roheisen
wieder frisch machen“, d.h. „Entfernung des im Roheisen vorhandenen Überschusses an Kohlenstoff“; daher auch die Bezeichnung: entkohlen, reduzieren, läutern, raffinieren.
Unterschieden wurde zwischen dem Halbfrischen und dem vollständigen Frischen. Das Halbfrischen oder halb raffinieren erfolgte in der Hütte selbst. Das Roheisen, die Gossen usw., wurde
wieder heiß geblasen und dann gereinigt, indem alles unter der Gosse abgeschmolzen wurde;
damit war dann das Stück oder die Luppe fertiggemacht.
Die zweite Art des Frischens erfolgte im Eisenhammer. Von der Gossen, Gössen oder Masseln
wurde zunächst einige beliebige Massa abgeschmolzen. Dies Massa wurde dann wieder aufgebrochen, von neuem niedergeschmolzen, indessen raffiniert und dann zum Stück oder Luppe
formiert. Auf diese Weise wurde, wie es heißt, das Roheisen besser gezwungen und gut gemacht.
Zum Frischen hatte ursprünglich die Schmitten oder Fineerfeuer (d.i.Raffinierfeuer), „worin das
rohe Eisen geläutert oder zum Ausrecken dienlich gemacht wird“, gedient. Auch die Hämmer
hatten anfänglich wohl nur ein Frischfeuer oder Herd. Wo aber der Betrieb umfangreicher war,
wurden zwei Feuer eingerichtet; das eine Feuer war zum Aushitzen da, das andere zum Frischen.
Heizer und Frischer konnten somit ein jeder mehr Obacht auf ihre Tätigkeit haben. Wallonenschmiede für diese war eine andere Bezeichnung.
Nach obigen sind also zu unterscheiden Hämmer mit 1 Herd und Hämmer mit 2 Herden. Der neue
Eisenhammer des Baron von Hoesch wird ursprünglich wohl nur mit einem Hammer betrieben
worden sein. Die Zahl der Hämmer wurde dann schon bald auf zwei erhöht. Im Jahre 1758 wird in
den im Auftrage des Barons von Hoesch vom Notar Schwarze vorgenommenen protokollarischen
Feststellungen betr. die Sachschäden durch die Franzosen, auch ein „oberer Hammer“ erwähnt.
Es heißt dort: „aufm oberen Hammer“ seien auch die Dielen abgerissen und verbrannt, die Schlafkammer darin ganz vernichtet und 2 Kisten kurzgeschlagen. Schließlich kam noch ein dritter
Stabhammer hinzu. Nach dem Tode von Hoesch (1784) wird nämlich berichtet, dass von Hoesch
in Suttrop 3 Stabhämmer betrieben habe (in Sundern deren noch zwei). Unter „Stabhammer“ ist
nicht je ein besonderes Hammerwerk zu verstehen. Es handelt sich vielmehr um 3 Hämmer in
dem einen Eisenhammer. So konnte, in Richtung des Wasserlaufes gedacht, ein Hammer als der
obere, der andere als der untere, oder der eine als der obere, der andere als der mittlere und der
dritte als der untere Hammer bezeichnet werden.
Ihrem Verwendungszweck nach waren die Hämmer verschiedenartig gebaut. Man unterscheidet
u.a.:
Stabhämmer, die bekannteste und ursprünglichste Art der Eisenhämmer, mit welchen auch der
Suttroper Eisenhammer versehen war. Der Stabhammer diente zur Darstellung von Stabeisen.
Nach der Bergordnung von 1669 sollte zur Herstellung eines solchen genommen werden 6
Zentner Roheisen oder drei Wagen geschmiedetes Eisen. Musste der Hammer wegen des
Wasserfalles leichter gemacht werden, habe man sich der Moderation zu gebrauchen.
Plattenhämmer: sie dienten zur Darstellung von Schwarzblechplatten. Auch deren Einführung
nach dem 30jährigen Kriege ist der Familie Hoesch zu verdanken. Man nannte sie „eiserne
Plattenmühle“.
Von besonderer Bedeutung für die Eisenhämmer war die Benutzung der Wasserkraft für das
Hämmern und Recken des Eisens. Um 1830 herum scheint nur noch ein Hammer in Betrieb
gewesen zu sein. Die Weiterentwicklung ergibt sich aus folgender Zusammenstellung:
23
1836:
1837:
1838:
1839:
1841:
1842:
1843:
1844:
vorhanden war ein Stabhammer mit 2 Feuern
dies Jahr wurde ununterbrochen gearbeitet
der Eisenhammer arbeitete durchschnittlich das ganze Jahr, in Wirklichkeit aber
nur 8 Monate
vorhanden 1 Hammer mit 2 Feuern, Betriebszeit 10 Monate
wegen Mangel an Kohlen nicht betrieben
wegen Umänderung in diesem Jahre nicht im Betrieb
im Betrieb war der Stabhammer mit 2 Frischfeuern
die Umänderung erst in diesem Jahre voll im Betrieb
Man unterschied:
1) Stabhammer und 1 Frischfeuer
2) Stahl-, Reck- und Wappenhammer, 2 Reckfeuer
Der Eisenhammer führt jetzt die Bezeichnung:
Stahl- und Reckhammer bei Warstein
Zu einem Eisenhammer gehörte vielfach auch eine Eisenschneidmühle. Das Eisenschneiden, ein
weiteres Stadium des Produktionsprozesses, war das Schneiden des gereckten Eisens, auch
Eisenspalterei genannt. Solche Eisenspaltereien bezeichnete man vornehmlich als Nebenfabriken, sie konnten aber auch mit dem Eisenhammer vereinigt sein. Letzteres hatte den Vorteil,
wenn der Hammer stillstand, dass dann das Wasser zum Schneiden des Eisens benutzt werden
konnte.
Schneidemühlen waren bei den Goldschmieden und Messingfabrikanten schon lange im
Gebrauch gewesen. In der Eisenindustrie traten sie erst seit dem 16. Jahrhundert auf. Sie sollen
in Nürnberg erfunden und dort schon seit etwa 1530 in Betrieb gewesen sein. Von anderer Stelle
wird die Entstehung in das Lüttigsche verlegt, welche Lüttigsche Eisenschneidmühlen den
Deutschen zum Vorbild gedient haben sollen. Tatsache ist, dass es wieder die Familie Hoesch
war, welche um 1650 in ihren rheinischen Werken das Eisenschneiden einführte, und zwar aus
dem Lüttigschen.
Der Vorgang beim Eisenschneiden war dieser. Man lässt Systeme von Stahlscheiben in entgegengesetzter Richtung gegeneinander laufen und durch sie das Eisen zerschneiden. So war es
möglich, in einem Tage mehr Eisen zu zerschneiden als in einer Woche von einem Eisenhammer
dazu ausgereckt werden konnte.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Eisenschneidmühlen war, dass die Hausindustrie der
Nagelschmiede dadurch gefördert wurde. Das zerschnittene Eisen wurde als sog. Nageleisen
überwiegend von den Nagelschmieden verarbeitet. Eine solche Schneidmühle hatte Baron von
Hoesch auch mit seinem Eisenhammer verbunden. Zum Jahre 1764 bringt Hashagen über Baron
von Hoesch folgende Notiz: „Hatt gar grosse Mittel. Aber die viele alte Bergwercker und Eisenhütten, aus (das) Eisenschneidwerck, so er ... bei Warstein auffgerichtet, dürfften ihme vieles
wegnehmen“. Auch schon im Jahre 1758 wird die Eisenschneidmühle erwähnt. In dem bekannten
Bericht über die Frevel der französischen Husaren heißt es, dass u.a. auch die Schneidemühle
und die Brücken gänzlich ruiniert und abgedeckt und das Holz von den Häusern verbrannt worden
sei. Später hören wir von der Eisenschneidmühle nichts mehr.
Die Tatsache nun, dass um 1830 nur noch ein Stabhammer im Betrieb war, deutet darauf hin,
dass um diese Zeit der Verfall der Eisenhämmer auch im Westertale bereits sich bemerkbar
machte. Im allgemeinen ist über die Gründe des Verfalls folgendes zu sagen:
Im Jahre 1832 führte der Landrat des Kreises Olpe in einem Zeitungsbericht aus: Der Preis der
Kohlen hat sich ermäßigt und im Eisenerzbergbau haben ziemlich erhebliche Unternehmungen
stattgefunden; aber gewalztes Eisenblech wird lieber genommen als geschlagenes Eisenblech;
die Eisenschmiederei geht daher schwer. Dann war es die Olsberger Eisenhütte, welche im Jahre
1833 auf die inländische Konkurrenz der neuen Walz- und Puddlingswerke hinwies. Die Regierung zu Arnsberg berichtete dies dem Oberpräsidenten von Finke und bemerkte, dass die
neuen Werke nachteilig auf die älteren Eisenhämmer wirkten, jedoch nicht auf die Eisenhütten, da
beiderlei Anlagen die Hüttenprodukte zu ihrem Betriebe bedürften. Zwar würden die neuen Werke
beiderlei Art auf Kosten der älteren Hammer fortbestehen und erweitert werden; das sei aber kein
Beweis für die Lebenskraft und die Dauer der Eisenverarbeitung im ganzen. Schwerer sei die
inländische Konkurrenz des englischen Roh- und Stabeisens, welches wohlfeiler als das
inländische zu haben sei. Neben verschiedenen Vorschlägen zur Hebung der inländischen Werke
24
wurden Zollermäßigungen auf geschmiedetes Eisen gefordert.
Hatten also die Hammerwerke durch die Walzwerke schon stark gelitten, so trat eine neue
Konkurrenz auf in den Puddlingswerken. Letztere waren bedingt durch die Steinkohle. Ohne
Zollermäßigungen so wurde ausgeführt, würden die Roheisenhütten stillgelegt und die Hämmer
hätten den Schaden. Gerade in gebirgigen Gegenden gehörten Bergwerk, Hütte und Hammer
zusammen. Die Eisenindustrie sei dort ein nationales Gewerbe, beschäftige dort zahlreiche
Kohlenbrenner und ernähre ganze Familien durch die Fuhren.
Das war nun ein alter Standpunkt, der mit dem Fortschritt nicht Hand in Hand ging. Die Regierung
wies daher darauf hin, dass in Westfalen nicht soviel Roheisen produziert werde, als die Frischhütten verbrauchten. Die Einfuhr eines im Lande zu verfeinernden Rohproduktes dürfe man nicht
erschweren. Der Zoll wurde abgelehnt.
Ebenfalls im Jahre 1833 berichtete das Bergamt Siegen: das Stabeisengewerbe, die Eisen- und
Reckhämmer, gehen zurück durch die Puddlingswerke in der Grafschaft Mark. Das Bergamt
machte den Vorschlag, Stapel für das Stabeisen zu errichten und die Beschaffung von Kohlen für
ein Hammerwerk durch nur einen Faktor zu bewerkstelligen. Die kleinen Werke liefern ihr Eisen
an den Stapel und diese passen auf, wann günstig zu verkaufen ist. Das Bergamt verwies dabei
auf das Siegener Sprichwort: Der Eisenhandel kränkelt wohl zuweilen, aber er stirbt nicht. Es
wechselte auch in früheren Jahren. Die Gründe lägen in handels- und politischen Konjunkturen.
Die Puddlingsfrischerei drängte sich aber weiter in den Vordergrund. Gebunden zunächst an die
Nähe der Steinkohlenzechen, vermochte sie Roheisen wohlfeiler zu verfrischen und feiner
darzustellen als es in den hiesigen Eisenhämmern der Fall war. Sobald aber nun die Kohlen auf
verbesserten Kommunikationswegen und durch die Eisenbahnen, die jetzt aufkamen, herangeschafft werden konnten, mussten auch die Hämmer im Gebirgslande dazu übergehen, sich in
Puddlingswerke zu verwandeln. Diesem Zug der Zeit konnten sie nicht ausweichen, wollten sie
nicht gänzlich ihren Betrieb einstellen.
Die älteren Eisenhämmer waren, wie vorhin ausgeführt, nicht mehr konkurrenzfähig, seitdem man
in England den Puddlingsprozeß, 1783 von dem Engländer Henry Cort erfunden, eingeführt hatte
und damit billiger arbeiten und liefern konnte.
Das Puddlingsverfahren war folgendes: Das Roheisen wird bei rohen Steinkohlen gefrischt und
unter Walzen zu allen beliebigen Dimensionen gezogen. Der neue Frischprozeß mit Steinkohlen
wurde in sog. Puddelöfen vorgenommen, die Arbeit nannte man „pudlen“.
Wieder war es ein Mitglied der Familie Hoesch, welches schon im Jahre 1823 nach England
gereist war, um diesbezügliche Fabrikgeheimnisse auszuspionieren. Über die Gefahren dieser
englischen Reise berichtet Hashagen ausfürhlich. Die meisten der immerhin wohlhabenden
Reidemeister (Hammerbesitzer) blieben Gegner des neuen Verfahrens; sie sagten sich, am alten
hängen bleibend, einmal muss man uns doch wiederkommen. Von dem gleichen Gedanken
scheinen auch die Reidemeister im Westertale beseelt gewesen zu sein, als sie im Jahre 1834
Neuanlagen gleicher Art vorzunehmen gedachten.
Anfang des Jahres 1834 hatten Wilhelm Bergenthal und Gabriel an der Wester im Borgholze
einen Oberschlächtigen Stahl-Raffinierhammer und dazu eine Schleifmühle angelegt. Ende des
Jahres beantragten sie, auf ihrem an dem Westerbache im Borgholz gelegenen Stahl-Raffinierwerk an der Rheinstraße einen Stabeisenhammer anlegen zu dürfen, was ihnen auch am 12. Juli
1836 konzessioniert wurde.
Ebenfalls im Jahre 1834, und zwar am 21. August, hatte Faktor Linnhoff zu Suttroper Eisenhütte
„ein landesherrlichen Freien liegendes Wassergefälle“ auf dem Westerfluß, und zwar zwischen
dem Bergenthalschen Stahl-Raffinierhammer und seinem Walzwerk, bergordnungsmäßig
gemietet und bat um Konzession, dort einen Stabeisenhammer mit 3 Feuern anlegen zu dürfen.
Inzwischen aber scheint man den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen aber doch mehr
Beachtung geschenkt zu haben. Gabriel und Bergenthal berichteten unterm 11. Dez. 1834, dass
sie anfänglich mit Holzkohlen zu schmieden beabsichtigt hätten; die Holzkohlen aber würden
voraussichtlich zunehmend seltener; vor allem aber auch die Verteuerung derselben gebe ihm
Anlass; sich nunmehr der Steinkohlen zu bedienen und zu dem Ende das Werk als Puddlingswerk
anzulegen. Die Produktion bleibe Stabeisen, nur die Art der Produktion habe sich geändert. Man
25
berief sich auf § 6 des Mühlenediktes vom 28. Okt. 1810, welcher analog auf Hammerwerke anzuwenden sei. Das Bergamt aber verlangte eine besondere Konzessionierung, da die Puddlingswerke bedeutend mehr Wasserkräfte verbrauchten.
Dies erste Puddlingswerk bei Warstein bestand aus:
1 Puddlingsofen
1 Hammer u.
1 Walze.
Eingebaut wurden verbesserte Wasserräder mit Eisenschaufeln, welche das Wasser nur von dem
Spiegel der Wasserfläche abfingen. Man nahm an, dass das Wasser seine größte Kraft an der
Oberfläche habe, und habe man in England solche Wasserräder vorteilhaft eingeführt. Das Rad
trieb gleichzeitig Hammer und Walze. Der Verlust der Geschwindigkeit wurde durch Vorräder
wieder wettgemacht.
Die Eisenhütte, damals Gewerkschaft der St.Wilhelmshütte, ging zunächst noch nicht zum
Puddlingsverfahren über. Sie versuchte, den alten Betrieb durch Anschluss eines neuen Fabrikationsverfahrens, nämlich der Achsendreherei, hochzuhalten. Im Jahre 1844 hören wir zum ersten
Male von der Herstellung von Wagenachsen. Die Achsendreherei wurde eingerichtet im alten
Hammerbau und bestand aus Dreherei, Schleiferei, Schreinerei und Schmiede. Der alte Eisenhammer war jetzt ein Hammerwerk mit angegliederter Achsendreherei.
Im Jahre 1849 sodann ging man auch zum neuen Puddlingsverfahren über. Dies war, wie bekannt, an sich nur ein neues Verfahren, nämlich das Frischen bei Steinkohle. Wesentlicher war,
dass nunmehr zu den Eisenhämmern noch die Eisenwalzen kamen. Damit war der alte Eisenhammer zu einem Hammerwerk mit Achsendreherei und Walzwerk geworden. Die Holzkohle war
ausgeschaltet; gefrischt, gepuddelt wurde nur noch bei Steinkohle.
Am 4. Dez. 1849 bat die Gewerkschaft der St. Wilhelmshütte um Erteilung einer Konzession zur
Erbauung von 4 Puddelöfen auf ihrem Eisenhammer bei Warstein, welcher unterhalb des
Möllerschen Kupferhammers liege, und zwar zur Erzeugung von Stabeisen. Dieses Stabeisen
solle teils unter einem ebenfalls noch zu erbauenden Puddelhammer zu Reckluppen geschlagen,
teils unter dem bereits vorhandenen Aufwerkhammer, teils unter einem noch zu erbauenden
Reckhammer weiter verarbeitet werden. Die Reckhämmer, auch Breithämmer genannt, dienten
als Band-, Breit- und Zaineisenhämmer der Verfeinerung. Außerdem sollten noch 2 Schweißfeuer
errichtet werden.
Die Gewerkschaft ging nun noch einen Schritt weiter und beabsichtigte, Puddel- und Reckhammer
durch Turbinen von 3’ 8’’ Durchmesser in Bewegung zu setzen. In dem bisherigen Wasserlauf wie
auch in dem seitherigen Gefälle würden keine Veränderungen eintreten, auch die Wasserkraft
erleide keine Veränderungen.
Das Puddelwerk der Gewerkschaft sollte nach dem Vorhergehenden also bestehen aus:
4 Puddelöfen,
2 Schweißfeuern,
1 Luppenhammer,
1 Aufwerkhammer u.
1 Reckhammer.
Nach den üblichen Bekanntmachungen berichtete sodann das Bergamt Siegen am 16. April 1850
an das Oberbergamt Bonn, dass gegen die Umwandlung des fraglichen Eisenhammers in ein
Puddlingswerk keine Einreden erhoben worden seien, und es daher keinen Anstand nehme, den
Entwurf zur beantragten Konzession zu überreichen. Das Oberbergamt erklärte, dass auch die
Königl. Regierung in Arnsberg in polizeilicher Hinsicht nichts gegen die Umwandlung zu erinnern
gefunden habe, weshalb dem Antrage auf Ausfertigung der Konzessionsurkunde bei dem Königlichen Ministerio nichts entgegenstehe, wenn die eingereichten Akten auch etwas enthielten über
die Berechtigung des Eisenhammers. Die Gewerkschaft wies unterm 9. Juli 1850 auf das Privileg
von 1739 hin und berichtete weiter am 17. August 1850, dass in dem Konzessionsriß des Puddelwerks das Rad zur Dreherei, welches sich im Wohnhause befinde, sowie das Rad, welches den
Blasebalg treibe, nicht enthalten seien; diese wären aber schon früher vorhanden gewesen.
Die Gewerkschaft legte jetzt einen vervollständigten Plan vor und bat um die Konzession auf:
1 Puddelhammer,
26
1 Stabhammer,
1 Reckhammer,
1 Reckhammer mit 2 Gebläsen,
1 Cylinder-Gebläse,
1 Wasserrad zum Blasebalg u.
4 Puddelöfen.
Hinzu kamen die Eisenwalzen. Gegen Ende der 50er Jahre hatte das Walzwerk des Eisenhammers 3 Walzenstraßen mit zugehörigen Puddel- und Schweißöfen.
Bei dem gänzlichen Fehleneiner Eisenbahnverbindung stellte sich nun leider heraus, dass die
Fabrikation von Walzeisen auf die Dauer sich nicht lohnen würde. Im Jahre 1862 wurde daher das
Walzwerk abgebrochen und nach Barop verlegt. Auch die beiden anderen Walzwerke in Warstein
wanderten ab, und zwar nach Soest und Lippstadt.
Nunmehr wurde der Eisenhammer zu einem reinen Schweißeisenwerk ausgebaut. Im Jahre 1679
z.B. heißt es von demselben: „ein Schweißeisenwerk des Warsteiner Gruben- und Hüttenvereins
zu Warstein auf dem sog. alten Eisenhammer“. Auch der sog. alte Kupferhammer wurde in ein
Schweißeisenwerk umgewandelt. Das gleiche wie hier vollzog sich auch anderswo. Von den
früheren 17 Hammerwerken im Revier Brilon bestand bald keins mehr.
Der Eisenhammer hatte jetzt (1862-69) folgende maschinelle Einrichtung:
1 Luppenhammer,
1 Stabhammer,
1 Reckhammer,
1 Cylindergebläse,
1 Lubikgebläse,
1 Dreh- und Schleiferei mit 9 Drehbänken,
2 Puddelöfen,
6 Hammerfeuer,
12 Handschmiedefeuer.
Die Hämmer waren Wasser- und Dampfhämmer. Im Vordergrunde der Fabrikation blieb auch
weiterhin die Herstellung von Achsen.
Im Jahre 1898 wurde ein Luftfederhammer angelegt. In den Jahren 1912/13 hat man die jetzt sog.
„Achsenfabrik Eisenhammer in Suttrop“ durch Erweiterungsbauten wesentlich vergrößert. An Verbesserungen und Erweiterungen hat man es auch weiterhin bis in die heutige Zeit nicht fehlen
lassen. Ein modernes Werk steht vor uns, das ebenso wie die St. Wilhelms-Eisenhütte sich aus
einem kleinen Betriebe entwickelte und zu dem heute nur wurde, weil man es verstanden hatte,
sich der Neuzeit anzupassen.
c) Nebenbetrieb: Schlackenpochwerk
Eisenhütte und Eisenhammer als Hauptbetriebe wurden vielfach durch kleinere oder größere
Nebenbetriebe ergänzt. Zur Eisenschmelze gehörte gewöhnlich auch ein Schlackenpochwerk.
Schlackenpochwerke, Schlackenstampfen oder Pochmühlen, verbunden zugleich mit einer Steinwäsche, hatten den zweck, das in den Schlacken noch enthaltene Eisen zu verwerten. Das
Schlackenpochwerk der St. Wilhelms-Eisenhütte wird von Anfang an bis zu seiner Neugestaltung
mit der Eisenhütte verbunden gewesen sein. Um dasselbe zu betreiben, war eine Sonderanlage
an der Wester nicht nötig; denn das Hüttenwasser aus der Treise und dem Stollen, besonders
wenn es in einem Sammelteich noch aufgefangen wurde, lieferte genügende Wasserkraft. Da
ferner bis um 1800 der Eisenstein noch ungewaschen, ungeröstet verarbeitet wurde, kann eine
Eisensteinwäsche erst nach dieser Zeit damit verbunden worden sein.
Zum ersten Male wird die Schlackenpoche erwähnt in einem Bericht der großherzoglich hessischen Regierung vom 4. Mai 1813 betr. Eisensteinwäsche und Schlackenpoche auf der Eisenhütte bei Suttrop. Veranlassung zu diesem Bericht gab folgende Tatsache:
Durch die Abwässer aus diesem Nebenbetriebe wurde die Wester selbstverständlich verunreinigt,
was sich beim Bleichen der Leinwand sehr unangenehm bemerkbar machen konnte. Damals
27
hatten die Einwohner von Belecke aus einem solchen Grunde bei der großherzoglich hessischen
Regierung Beschwerde eingelegt. In dem diesbezüglichen, schon oben erwähnten Bericht heißt
es: Da aus den bisherigen Untersuchungen sich ergibt, dass die Suttroper Eisenhütte ganz füglich
solche Einrichtungen treffen kann, dass das Eisensteinwaschen und Schlackenpochen in
denjenigen Monaten, welche vorzüglich zur Bleiche der Leinwand angewandt werden können,
gänzlich eingestellt und solche bloß in den übrigen Monaten betrieben werden, auf diese Weise
aber die allerdings nicht ungerecht befundene Beschwerde der Stadt Belecke sich am leichtesten
und ohne Nachteil der Suttroper Eisenhütte sich erledigen würde, so haben Großherzogliches
Justizamt dem Verwalter gedachten Eisenhütte aufzugeben, hinfüre in den Monaten Mai, Juni, Juli
und August alles Eisensteinwaschen und Schlackenpochen gänzlich einzustellen und solches
bloß in den übrigen acht Monaten vorzunehmen. Sollte jedoch die Einrichtung der Eisenhütte zu
der etwa laufenden oder bevorstehenden Kampagne von der Art sein, dass die vorgedachte
Verfügung gleich jetzt nicht bedeutenden Nachteil in Vollzug gesetzt werden könne, als worüber
eine gründliche Erkundigung einzuziehen sei, so haben das Justizamt weiter näher zu berichten.
Von dieser Verfügung ist den Einwohnern von Belecke Kenntnis zu geben; die Untersuchungskosten durch den Bürgermeister Ruff von Eslohe in Höhe von 9 Rthlr. 20 stbr. Haben die Belecker
zu zahlen.
Nach dieser Zeit wird die Schlackenpoche zwar nicht erwähnt; im Jahre 1854 aber war dies alte
Schlackenpochwerk noch im Betrieb und es war repariert worden. Jetzt beabsichtigte die St.
Wilhelmshütte ein neues Schlackenpochwerk einzurichten auf dem Grunde der Suttroper Mühle,
welche sie einige Jahre vorher erworben hatte. Über die Suttroper Mühle bis zum Erwerb durch
die St. Wilhelmshütte einige geschichtliche Nachrichten folgen zu lassen, dürfte wegen des hier
allgemeinen Interesses am Platze sein, zumal Mahlmühlen meistens zum Bestande eines Hüttenwerkes hinzugehörten.
Die sog. Suttroper Mahlmühle war ursprünglich im Besitz der von Schüngel zu Beringhausen. Die
letzteren verkauften die Mühle im Jahre 1583 an die von Lürwald zu Suttrop. Damit kam die Mühle
zum adeligen Hause Suttrop. Um 1650 werden außer der Mühle als weitere Teile des Mühlengrundstückes genannt:
1) Wiesen für die Esel,
2) der Mühlengraben u.
3) drei Teiche.
Nach dem Teilungsrezeß vom 4. Okt. 1664 unter den Gebrüdern von Lürwald sollte diese Mühle
dem Johann Adam von Lürwald zu sein 1/3 Anteil am gesamten Besitz verbleiben. Der Besitzer
des Hauses Suttrop dagegen sollte Multerfreiheit genießen bis zu ewigen Zeiten. Dafür solle
daber, „wenn etwas zum Wallbaum oder beßerung der Mühlen Ein oder ander Baum, und weiters
nicht, vonnöthen, auß dem Gehöltz (des Gutes Suttrop) genommen vnd außgefolget werden“.
Im Jahre 1720 gehörten, ohne dass die Besitzer genannt werden, zum Lürwalds Gut diese Mühle,
und daneben die Treise sowie dazu das alte Feld.
Beim Kauf des Lürwalds Gutes im Jahre 1744 durch Baron von Hoesch wurde diese Mühle nicht
miterworben; Baron von Hoesch erwarb lediglich die oben erwähnte Multerfreiheit. Der Erwerb
einer eigenen Kornmühle bzw. die Errichtung einer solchen für die Bewohner des Hüttenbezirks
war damit umgangen. Damals herrschte noch der Mühlenzwang. Auch die Suttroper Mühle hatte
ihre bestimmten Mahlgäste. Der Hüttenbezirk war gewissermaßen ein neuer Freibezirk, welcher
an sich zunächst einer Mühle hätte zugeteilt werden müssen. Auf diesem Umwege aber konnte
Baron von Hoesch ohne Weiteres seinen Hüttenbezirk versorgen.
Die weitere Entwicklung der Besitzverhältnisse interessiert hier nur weniger. Zuletzt war die Mühle
im Besitz der Familie des Freiherrn von Bönninghausen in Hamburg. Um diese „Mahlmühle zu
Suttrop nebst Zubehör“ verkaufen zu können (sie war nämlich Erzstift-Kölnisches Lehen), musste
sie zuvor aus dem Lehnsverbande entlassen und in ein freies Erbe verwandelt werden. Dies erfolgte durch Kabinetsorder vom 18.Feb. 1841 und Bewilligung vom 31. März 1848. Die Allodifikation erfolgte durch Urkunde Arnsberg, den 17. März 1849. Die Mühle bestand aus:
1) Haus- u. Hofraum nebst Mühlenwerk, Fl.I.Nr. 593, 60,35 Ruthen groß, mit dem darauf
stehenden Stalle. Das Wohnhaus war aus Bruchsteinen aufgeführt und mit Schiefer abgedeckt
und enthielt Wohnung für eine Familie.
28
2) Zubehör:
a) Garten, Fl.I.Nr. 594,
b) Garten, Fl.I.Nr. 595,
c) Wiese, Fl.I.Nr. 1.
Nach der Taxe vom 11. Juni 1847 betrug der Gesamtwerde 3865 Thaler. Durch Kaufvertrag
wurde die Mühle am 6. März 1847 von dem Gewerken- oder Hüttenbesitzer Wilh. Hammacher jun.
auf der St. Wilhelmshütte bei Warstein erworben; die notarielle Beurkundung folgte am 8. Juni
1848; der Kaufpreis betrug 4.400 Thaler.
Die Errichtung des Schlackenpochwerkes bei dieser Mühle erfolgte nach dem Jahre 1854.
Gewerke Bergenthal erhob Einspruch dagegen, welcher Einspruch aber schon 1856 durch
Vergleich erledigt wurde.
Die Suttroper Mühle selbst wurde als Mahlmühle weiter betrieben. Der tiefere Grund beim Ankauf
der Mühle war gewesen, deren Wasserberechtigung zu erwerben und zu nutzen. Heute ist die
Mühle verschwunden und hat einem Verwaltungsgebäude Platz gemacht.
4. Die Eisenverhüttung, das Beschicken des Hochofens
Um die Werkanlage zu betreiben, d.h. um aus dem Rohmaterial, dem Eisenerz, das Hablfabrikat
Roheisen zu gewinnen, darzustellen, zu dem Ende war zunächst der Hochofen in Betrieb zu
setzen, zu beschicken. Die Beschickung erfolgte mit ganz bestimmten Rohstoffen, hinsichtlich der
Eisengewinnung waren es deren drei. Neben dem Eisenerz kamen als weitere Rohstoffe infrage
reiner Kalkstein als Zuschlag und Brennstoff. Erz mit Zuschlag und Brennstoff bildeten die Beschickung. Im einzelnen darüber folgendes:
a) Das Eisenerz – Eigener Bergbau
“Pro secundo“, so heißt es in der Verleihungsurkunde von 1739, „recht dieses erteilten Privilegio,
das niemanden, wer es auch seyn möge, unter einigem Vorwand erlaubt seyn solle, innerhalb
zweyen teutschen Meilen, wie selbige in der im Jahre 1706 herausgegebenen Landkarten des
Herzogtums Westfalen verzeichnet seyend, einiges Eisenerz zu graben ....“.
Der Eisenstein wurde ursprünglich fast nur im Tagebau gegraben. Vornehmlich waren es
Landwirte, welche den Eisenstein schürften, gruben und an die Hütten verkauften. Man nannte
diese Händler „die kleinen Eisensteingräber“. Durch obige Verleihung nun war privates Schürften
untersagt, wenigstens war es der Wunsch des Erzbischofs. Für die erste Erzbeschaffung kamen
daher nur diese Eisensteingräber infrage. Der Hütteninspektor setzte sich mit den in Warstein
bisher tätig gewesenen Eisensteingräbern in Verbindung, und erst auf seinen Auftrag hin durften
sie weiter Eisenstein graben. Bezeugt wird dies durch ein Schreiben des Baron von Hoesch de
dato Augustenburg, den 16. Juni 1741 an den Berghauptmann von Weix, in welchem er folgendes
mitteilt: es hätten auch andere Bergarbeiten angefangen. Er, der Baron, müsse sich aber entschieden dagegen wenden. Dem Creis und dem Degenhard, Warsteiner Bürgern, solle die „Bergarbeit ahn sofort“ verboten werden; und der Degenhard solle weiter nicht arbeiten, als ihm von
dem Schnabel (Hütteninspektor) aufgetragen würde.
Für den Augenblick genügte diese Art und Weise der Erzbeschaffung. Baron von Hoesch kam es
aber auf eigenen Grubenbesitz an, und so hatte er gleichzeitig die nötigen Schritte unternommen,
ein eigenes Bergwerk einzurichten. Auch hier wieder hatte Baron von Hoesch einen guten Freund
an dem Berghauptmann von Weix. In einem Schreiben von Bonn, den 23. März 1741, dankt er
von Weix dafür, dass er sich seines „Bergwerks zu ...(seinem) Vortheile“ angenommen habe. Am
2. Juni 1741, ebenfalls aus Bonn datiert, leitet Baron von Hoesch dies Schreiben an den Berghauptmann wiederum ein mit einem Dank für „bey angelegten meinen Bergwerk mit kräftig
bewiesenen Beystand“. Angelegt wurde also das erste Bergwerk, die erste Grube, im Jahre 1741.
Diese älteste Grube befand sich auf dem Oberhagen. Im suttroper Sterberegister findet sich zum
26. Aug. 1756 folgende Eintragung: „Jacob Strack muss der statt Warstein ein 18jähriger
Bergmann aufm Oberhagen in der Eyßengrube durch einen auß dem Kupel abgefallenen stein
auff der stell gleich todt“. Es ist die heutige Grube „Rom“. Die älteste verliehene Grube war die
Grube „Rothland“, heute „David“ genannt. Das königlich preußische Bergamt Siegen teilt nämlich
unterm 18. Sept. 1847 mit, dass nach den vorhandenen Registern diese Grube die älteste der der
Hütte verliehenen Gruben sei. Das Muten und Anlegen weiterer Gruben beginnt erst mit dem
29
Jahre 1836, als neue Herren neues Leben in den alten Betrieb hineintragen. Muten, Verleihung
beantragen, was haben diese Angaben des Bergamtes zu bedeuten? Beron von Hoesch hatte
doch ein Privilegium auf den Eisenerzbau?!
Das Bergbau-Privilegium auf Eisenstein innerhalb zwei Meilen im Umkreis der Hütte war, wie
bereits bekannt, kein pertinentielles und deshalb stillschweigend stets mit übergehendes Recht.
Darüber teilt das Bergamt Siegen am 21. Dez. 1842 der Gewerkschaft St. Wilhelms Hütte, da
dieselbe diese Verpflichtung, sich auf das Privilegium berufend, nicht anerkennen wollte,
folgendes mit:
“weder aus der Verleihungs-Urkunde der Wilhelms Hütte von 1792 (Grube Rothland?) noch
sonst“, ergebe sich, „dass besagtes Recht auf die in folge derselben entstandenen Hüttenwerke
und Gruben übertragen worden ist und deshalb dementsprechend auch die im Jahre 1836 und
weiterhin aufgenommenen Gruben von der Gewerkschaft Warsteiner Hütte im Wege der Muthung
durch landesherrliche Verleihung besonders erworben sind und erworben werden mussten.“
Das Bergamt führt sodann weiter aus:
“Weil das fragliche Recht, auch abgesehen von der Legitimation der Warsteiner Hüttengewerkschaft zur Geltendmachung desselben, als noch existierend rechtlich nicht betrachtet werden
kann, indem die Ausübung desselben im Laufe eines ganzen Jahrhunderts nirgends constirt und
jedenfalls die rechtsgültige Anwendbarkeit des Privilegiums über die Dauer des Lebens des
Churfürsten Clemens August hinaus, von der Bestätigung des Domkapitels, welche als erfolgt
nicht nachgewiesen, abhängig gemacht bleiben muss, da diese Bestätigung zur Sicherung des
dem p. von Hoesch eingeräumten ausschließlichen Nutzungs Rechte von dem Verleiher des
Privilegiums erforderlich geachtet und damit beabsichtigt worden ist, die formelle Gültigkeit der
Bewilligung auch für die Nachfolger in der Regierung bindend festzustellen.“
Der Anspruch der Gewerkschaft auf das fragliche Bergbau-Privilegium war somit zurückgewiesen.
Trotzdem aber scheint die Gewerkschaft ihren Anspruch vor der Hand noch nicht aufgegeben zu
haben. Etwas zu erreichen war aber nicht. Wenn auch im 1. Artikel der Eisensteinordnung von
1669 von der Freiheit des Eisensteins die Rede ist, der 2. Artikel bestimmt aber eindeutig, dass
ein jeder, welcher nach Eisenstein schürfen will, sich mit der Grube nach Bergwerks Art, Recht
und Gebrauch durch den Oberbergmeister belehnen lassen muss. Einseitig, ohne die Zustimmung des Domkapitels, konnte der Kölner Erzbischof, Bestimmungen der Bergordnung von 1669
nicht abändern bzw. für einen bestimmten Fall aufheben, auch nicht durch die persönliche Verleihungsurkunde von 1739. Infolgedessen mussten auch weiterhin neue Gruben erst gemutet und
deren Verleihung beantragt werden.
Auch ein Antrag beim Oberbergamt hatte keinen Erfolg. Das Bergamt Siegen teilt nämlich untern
30. Augst 1848 mit:
“In Folge Oberbergamtlichen Auftrags eröffnen wir Ihnen unter Wiederanschluß der in einem Hefte
eingereichten Documente, in Betreff Ihres Anspruchs auf Untersagung der Eisenerzgewinnung
gegen jeden Muther einer Lagerstätte, in dem durch die Urkunde von 1739 bezeichneten Bezirk,
dass durch Rescript Sr.Exellenz des Herrn Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten
vom 11ten..m. die Ihnen durch Rescript des Königlichen Finanz-Ministerii von 6ten e jusd.m. in
Aussicht gestellte Districkts-Verleihung, gegenwärtig, da das constitutionelle Regierungsprinzip
die Ertheilung einer solchen Verleihung als einer Ausnahme vom Gesetz auf administrativen
Wege nicht gestattet, für unzulässig erklärt und bestimmt worden ist, dass demnach, wie bisher
geschehen, der allgemeine Rechtszustand der gesetzlichen Feldesfreiheit in dem beanspruchten
Bezirk, unter Versagung der Anerkennung des aus der Urkunde vom 20ten August 1839 hergeleiteten Untersagungsrechts behauptet, und es Ihnen überlassen bleibt, die Ihnen erforderlichen
Grubenfelder auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Wege zu erwerben.“
Über die Betreibung des ersten Eisensteinbergwerks als solchem erfahren wir leider sehr wenig.
Zum Stützen des Hängenden im Bergwerk war aber viel Holz nötig. Dies bezog Baron von
Hoesch von der Stadt Warstein. Die Warsteiner Kennerei-Rechnungen geben in dieser Hinsicht
mache Auskunft. So heißt es z.B. zum Jahr
1753:
„dem H. von Heus ins bergwerg und 1 stück zu Dillen... 8,28 Rt
1754:
„H.Nottebaum 2 fuhder stellholz zur Eißen Kauhlen J. Schonne angewiesen.... -,20 Rt.
1755:
„FHr.v.Hoesch 8 st. (Buchen) bauholtz in die stolle et 4 st. Zu Diehlen ... 7,- Rt.“
1764/65: „D.H.Geheimer Rath, FH.v.Hoesch den 28. 9ber in den Stollen
1 st. zu 16 Bohlen und 1 st. zu Dillen, ferner 4 st. zu Dillen in den Stollen, noch
30
13 Buchen zu Dillen in den stollen....“
Dies Grubenholz wird 1766/67 als „Bergholz“ bezeichnet.
Betrieben wurde das Bergwerk noch in einfacher Form. Zum Berggezähen oder Gereitschaft
gehörten Bergfäustel, Bergbohren usw. Nach der Förderung war der Eisenstein vor die Grube zu
„stürzen“ damit der Zehnte davon abgemessen werden konnte. Dies erfolgte durch den eigens
dafür bestellten Eisengeschworenen.
Bei nassem Wetter konnte der Betrieb einer Grube oft recht kostspielig werden. Deshalb wurde,
weil die Möglichkeit dazu gegeben war, das Wasser des Bergwerks abgeleitet, und diente es mit
der Treise zusammen als Hüttenwasser dem Hüttenbetrieb.
Gefördert wurde in den Gruben teils Roteisenstein, teils Brauneisenstein, dazu auch Toneisenstein. Im einzelnen darüber folgendes: Die Gruben liegen sämtlich im Suttrop-Warsteiner Felde,
im späteren Eisendistriktsfelde „Sauerland“, im Bergrevier Brilon. Sie setzen teils auf der Grenze
von Massenkalk und Overdevon, teils in letzterem auf. Insofern befinden sie sich in einer Mulde
des Massenkalks, welche von oberdevonischem Schiefer überlagert wird. In wechselnder
Mächtigkeit führen die Gruben die oben genannten drei Eisensteinarten.
Als die wichtigsten Eisenerzvorkommen sind zu bezeichnen die nachstehenden Gruben:
1) Südbruch, mit den Eisenerzlagern Südbruch, Wilhelm, Karl, Philemon, Knick, Leander,
Elisabeth u. Aloysia, bei Suttrop.
Am bedeutendsten hiervon ist das Lager Südbruch, 6-7 Meter mächtig. Auf den übrigen Gruben
ist die Mächtigkeit geringer, teils Rot-, teils Brauneisenstein mit häufigen Ausscheidungen von
Glaskopf. Der Eisengehalt schwankt zwischen 30-47%.
2) David, früher Rothland, mit den Eisenerzlagern: David, Eugen und Flora. Diese Grube liegt
3 km westlich von Warstein. Sie wurde betrieben im Tagebau und durch einen von Norden her
herangetriebenen Stollen. Die Grube David ist 50 Meter mächtig, während die übrigen von
geringerer Mächtigkeit sind. Teils Braun-, teils Thoneisenstein enthaltend, beträgt der Eisen
gehalt 28-42%.
3) Martinus. Diese Grube liegt 1,5 km nördlich von Warstein, ist 30 Meter mächtig und im Tagebau
betrieben.
4) Hirschfeld, unmittelbar bei Warstein am Mühlenbruch, innerhalb einer Kalksteinmulde. Sie teuft
von der Tagesoberfläche von 1-22 Meter und gehört der Dortmunder Union. Der recht gut
brauchbare Roteisenstein hat einen Eisengehalt von 45%. Über verschiedene kleinere Gruben
wäre folgendes zu sagen:
Am 19. Okt. 1843 wurde die Grube St. Christoph zusammengelegt, konsolidiert. Diese Grube im
Gebirge Steinrücken u. Hanscheidt bei Warstein besteht aus:
1) St. Christoph, verliehen 11. Juni 1836,
2) Unverzagt, verliehen 2. Nov. 1841,
3) Gabriel, verliehen 15. Juni 1843 als östliche Beilese der Grube St. Christoph,
4) Zacharias, verliehen 15. Juni 1843, als westliche Beilese der Grube Unverzagt.
Das Eisensteinvorkommen ist hier mäßig, aufgelagert dem unterliegenden Massenkalk, in
regelmäßiger Strich- und Fallrichtung. Neuverliehen wurde am 23. April 1846 die Grube Georg.
Sie liegt „am grünen Ufer“ und führt Toneisenstein.
Über die geförderten Mengen liegen nur einige wenige Nachrichten vor, und zwar aus der Zeit
nach 1836-1844. Die diesbezügliche nachfolgende Aufstellung ist aber insofern wertvoll, als sie
ein Bild gibt über den Betrieb in den in frage kommenden Gruben, und weiter einen Ausblick
gestattet auf die Entwicklung der Eisenstätte selbst.
1838:
Rothland ... Eisenstein, 404 to., Wert: 109,20 Thr.
Christoph... Eisenerz, 3425 to., Wert: 973,12 Thr.
Zusammen mit den Gruben Südbruch und Knick betrug die Förderung in diesem Jahr
8221 to. Verbraucht wurden nur 4983 to.
1837:
nicht im Betrieb,
1838:
nicht im Betrieb, man verwandte in diesem und folgenden Jahre den Eisenstein aus
der im Kreise Lippstadt, 1 km südlich von Suttrop gelegenen Grube Südbruch.
1839:
nicht im Betrieb,
1840:
nicht im Betrieb,
1841:
Rothland... im Betrieb.
Christoph nicht betrieben wegen großer Vorräte; aber es wurden Versuchsarbeiten
durchgeführt, welche ganz günstige Resultate lieferten.
31
1843:
1844:
Bilstein, nicht im Betrieb.
Rothland u. Christoph, 1440 to., Wert: 576 Thr.
Rothland, im Betrieb, 1300 to., Wert: 1083 Thr.
Christoph und Bilstein waren nicht im Betrieb.
Die vorstehende Aufstellung lässt erkennen, dass nur der notwendige Bedarf gefördert wurde.
Den ergiebigsten Gruben gab man den Vorzug.
Wenn nun auch für den zeitigen Hüttenbetrieb jeweils nur einige Gruben in Betracht kamen, so
ging das Bestreben der damaligen Gewerkschaft St. Wilhelms Hütte doch dahin, in Bezug auf
Grubenbesitz sich möglichst freie Hand zu wahren. In der Verleihungsurkunde von 1739 war dies
vorgesehen. Denn durch den Besitz eines ausgedehnten Grubenfeldes war der Bestand eines
Hüttenwerkes für alle Fälle gesichert. Zwar gelang es der Gewerkschaft nicht, die Anerkennung
des Privilegs von 1739 zu erreichen. Gewissermaßen war ihr demnach ein zufriedenstellender
Erfolg beschieden. Durch Urkunde vom 7. Juni 1849 wurde der Gewerkschaft St. Wilhelms Hütte
der Eisenstein-Distrikt „Sauerland“ verliehen.
Dieser Bezirk begann an der Brücke über die Ruhr bei Meschede, folgte dem rechten Ruhrufer bis
zur Kapelle hinter Nuttlar, von hier folgend der Beverunger Straße (Chaussee) bis an Brilon, von
Brilon der Mühnestraße folgend bis zur Grenze der Kreise Brilon und Lippstadt; dieser Grenze
folgend bis zur Kreisgrenze Büren, von da bis – wo die Gemeindegrenzen von Hemmern und
Meiste sich scheiden – von da westlich bis zur Grenze der Bürgermeisterei Rüthen, dieser Grenze
folgend bis zur Grenze von Altenrüthen, von da der Grenze zwischen Altenrüthen und Menzel
folgend bis zur Grenze Effeln, von da zwischen der Grenze von Effeln-Drewer westwärts bis zur
Grenze der Kreise Lippstadt und Arnsberg, von da westlich bis zu dem Punkt, wo die Grenze des
Amtes Warstein zwischen dem Amt Freienohl die Grenze des Kreises Arnsberg trifft, von da
südlich in Richtung Grenze zwischen den Ämtern Warstein und Freienohl bis zur südlichen
Grenze des Kreises Arnsberg, von da in östlicher Richtung der Grenze des Kreises Arnsberg
folgend, bis – die Chaussee von Warstein nach Meschede diese Grenze trifft – von da der
Chaussee folgend nach Meschede bis zur Brücke über die Ruhr.
Nach Artikel II der Verleihungsurkunde blieben die in dem bezeichneten Distrikt bis zum 12. März
1849 von anderen Eigentümern erworbenen Grubenverleihungen, desgleichen die bis dahin von
dritten erworbenen und in Kraft erhaltenen Mutungsrechte und rechtmäßige Ansprüche auf Verleihungen von Eisensteinlagerstätten von dieser Distriktverleihung ausgeschlossen und stand der
Gewerkschaft St. Wilhelms Hütte kein Anspruch darauf zu. Sollten dagegen dergleichen auf
Eisensteinlagerstätten erworbene Rechte nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen
wieder in das landesherrliche Freie fallen, so sollten dieselben der Distriktsverleihung zuwachsen
und nicht anderweit besonders verliehen werden.
Die Verleihung des Distrikts bezog sich ferner nur auf Eisenstein, und nicht auf andere dem Regal
zugehörigen Mineralien. Insoweit galten die allgemeinen Bestimmungen für die Bewerber und
hatte die Gewerkschaft keine Vorzugsrechte.
Die von der Gewerkschaft bereits erworbenen Grubenverleihungen und Mutungsrechte auf
Eisenstein wurden nicht mehr als besondere Eigentumsobjekte geführt und daher im Berggrundbuch gelöscht. Etwaige Lasten wurden auf den Gesamtbesitz übertragen.
Infolgedessen wurden dem Distriktfelde einverleibt die Gruben: David, Wilhelm, Rom, Mathias,
Jonathan, Siebenstern, Holofen, Katusch Jordan, Masena, Alfred, Moerau, Drigalsky, Kleist, Ina,
Hoffarth, Laudon, zusammen 17 Gruben. Die Gruben Südbruch u. St.Christoph blieben einstweilen noch für sich bestehende Werke und wurden sie besonders eingetragen.
Im Jahre 1874 (Nachtrag vom 16. Juni 1874 zum Kaufvertrag von 1873) wird das Bergwerkseigentum wie folgt spezifiziert, und zwar gemäß den Eintragungen im Berggegenbuch zu Siegen,
13. Sept. 1852 ff:
1) Der Eisenstein Distrikt Sauerland mit folgenden Gruben:
Alfred und Jordan bei Warstein,
Hoffarth bei Suttrop,
Hohofen, Siebenstern am Muckenschling bei Warstein u. Ida bei Warstein,
Rom bei Suttrop,
David am Bilstein, Hirschberg, Jonathan bei Warstein,
32
Martinus, 1,5 km nördlich von Warstein, Wilhelm,
Kubosow bei Suttrop,
Moreau, Massena bei Warstein.
2) Die Eisensteingruben: Adolfine, Georg, Aloysis, Caroline, Missgunst, Nicodemus, Silverus,
Zuversicht, Josephine, Volmar u. Philipp, erworben durch Vertrag vom 4. April 1865.
3) Die Gruben: St. Christopf, Unverzagt, Gabriel und Zacharias consolidiert unter dem Namen
St. Christoph.
4) Die cons. Grube Südbruch, liegend im Südbruch bei Suttrop,
5) ferner noch 11 auswärtige Gruben bzw. Anteile an denselben.
Um die Weiterentwicklung zu verstehen, ergibt sich die Frage, welches waren die Gründe für den
seit 1636 sich immer mehr steigernden so stattlichen Grubenbesitz gewesen?
Die Einführung der Cylindergebläse um 1800 hatte ein Aufblühen in der Eisenindustrie zur Folge
gehabt. Hand in Hand damit ging folgerichtig eine vermehrte Roheisenerzförderung. Das gab
Veranlassung, neben einer vermehrten Förderung in bestehenden Gruben überdies immer
weitere Eisenerzgruben abzuteufen. Das blieb so bis in die Zeit um 1850. Jetzt sollte dem Aufwärts auf der einen Seite leider ein Abwärts auf der anderen Betriebsseite folgen, unangenehme
Begleiterscheinungen, mit denen das Wirtschaftsleben immer wieder rechnen muss.
Den Roheisenhütten, welche nur auf Holzkohlenfeuerung eingestellt waren, entstand damals
durch die in der Grafschaft Mark sowie im Siegener Land erbauten Kokshochöfen eine immer
fühlbarer werdende Konkurrenz. Zunächst Rückgang des Betriebes und damit Verhüttung von
immer geringer werdenden Mengen Eisenerz. Die weitere Folge war, dass nach Verbrauch von
etwaigen Beständen auch der Betrieb in den Gruben mehr und mehr zurückging. Man hätte ja
durch Verschicken des Erzes in andere Industriezentren die Rentabilität der Gruben aufrechterhalten können. Bei dem Mangel an den dazu erforderlichen Kommunikationsanstalten aber
lohnte sich dies nicht. Auch die Ruhrtaleisenbahn, eröffnet 1873, kam Warstein nicht zugute. Alles
dies musste nach und nach zum Aufhören des Hochofenbetriebes und damit auch zur Einstellung
des Grubenbetriebes führen. Nachdem dann aber der Hochofen einmal ausgeblasen war, da
hatte der große Grubenbesitz unter den derzeitigen Verhältnissen für das Hüttenwerk nicht mehr
die Bedeutung von ehedem. Man hatte sich umstellen müssen. Neue Kapitalien waren notwendig
geworden. Zunächst war es daher das Distriktsfeld „Sauerland“, welches erst verpachtet, dann
verkauft wurde.
Was nun folgte, kam dem Hüttenwerk leider nicht mehr zugute. Nachdem nämlich im Jahre 1883
die normalspurige Eisenbahn von Lippstadt nach Warstein eröffnet war, wurde in der Umgebung
von Warstein der Eisenerzbergbau wieder eröffnet. Auf den Gruben des Distriktfeldes „Sauerland“
und auf der Grube Hirschfeld wurde wieder gefördert, das Erz nach Warstein gefahren, dort verladen und über Lippstadt nach den rheinisch-westfälischen Hochofenwerken versandt. Geplant
war ein Anschlussgleis an die etwa 3 km entfernt liegende Grube David. Weiter trug die Einführung der ermäßigten Eisenbahnfrachten im Jahre 1887 zur weiteren Belebung bei. Für das Hüttenwerk aber war es im allgemeinen mit dem Nutzen gehabter Möglichkeiten vorbei.
b) Kalkstein als Zuschlag
Der Kalkstein als Zuschlag beim Verhüttungsprozess hatte den Zweck, die erdigen Bestandteile
von Erz und Brennstoff in flüssige Verbindungen, Schlacken, überzuführen. Kalkstein war in
genügender Menge bekanntlich schon in der Nähe der Hütte vorhanden. Zum Brechen des
Kalksteins wurden sog. Steinbrecher eingestellt. Das Heraustragen aus dem Steinbruch wurde
auch wohl, wie es heißt, durch Frauleute besorgt. Inwieweit auch Kalkstein verkauft wurde, lässt
sich nicht feststellen. In solchen Fällen wurde der Kalkstein gerechnet zu „11 bohr oder 22
scheffel rüthischer maße“.
Ob hierher auch der sog. Duffstein gehört, wäre eine weitere Frage. Die Stadt Warstein hatte
nämlich kraft eines Vertrages bzw. Vergleichs das Recht, in der Nähe der Treise den „Duftstein“
zu brechen. Später, z.B. im Jahre 1802, verkaufte auch die St. Wilhelms Hütte u.a. „5 fuder
Duffsteiner“. Im übrigen darf man aber annehmen, dass das Hüttenwerk den nötigen Kalk sich
möglichst in eigenem Betriebe besorgte.
c) Der Brennstoff
33
Der dritte zum Schmelzprozess erforderliche Rohstoff war die Holzkohle. Die Holzkohle diente
dazu, den Schmelzprozess durchzuführen, das Eisen zu verblasen, wie es heißt; letzterer Ausdruck deshalb, weil die Kohle durch Anblasen mit dem Blasebalg in Brand gesetzt und weiter in
Glut gehalten wurde.
Wegen dieser besonderen Bedeutung beim Schmelzprozess gehörte die Holzkohle neben dem
Eisenerz zu den in das Berg-, Hütten- und Hammerwesen einschlagenden Sachen. Infolgedessen
wurde zunächst vonseiten der Obrigkeit das Problem Holzkohle nach der Seite der Sicherstellung
für den einheimischen Bedarf hin durch Verordnungen geregelt.
Nach dem 30jährigen Kriege, wohl infolge des Rückganges des Eisenhüttenwesens, war Holzkohle in großen Mengen außer Landes geführt worden, zum Schaden der inländischen Hütten
und Hämmer. Durch die Verordnung vom 2. Sept. 1679 verbot der Kurfürst von Köln daher die
Ausfuhr von Holzkohlen bei namhafter Strafe, solange dieselbe auf den Hütten und Hämmern des
Herzogtums Westfalen zu einem billigmäßigen Preise veräußert werden könnten. Im Jahre 1742
wurde dies Verbot auf Antrag der westf. Landstände einstweilen suspendiert; eine Verordnung
vom 7. März 1746 aber führte die Sperre schon wieder ein. Eine Abänderung erfolgte sodann am
24. Juli 1747 wegen Entlegenheit; weil die Kohlen ohne allzu große Kosten nicht auf die inländischen Hütten und Hämmer gebracht werden könnten, wurde den Gerichten u.a. von Meschede,
Arnsberg, wie auch „denen auf dem Haarstrang gelegenen Oertheren“ der unbeschränkte Verkauf
des Gehölzes gestattet.
Da sich in der Folge Hütten und Hämmer in Westfalen sehr vermehrt hatten, trat Holz- und
Kohlenmangel ein. Es wurde daher am 16. Juli 1768 die Ausfuhr von Holz und Kohlen wieder
verboten. Im folgenden Jahr 1769 erfolgte am 5. Juli eine Milderung auf Grundlage der Gleichberechtigung; die Bewohner des Herzogtums sollten aber in allen Fällen den Vorzug haben, wenn
sie den gleichen Preis bieten würden. Um Unterschleife zu vermeiden, sollten größere Verkäufe
an Holz und Kohlen nur durch öffentliche Versteigerung erfolgen.
Während also im allgemeinen Sinne regierungsseitig im Interesse der Eisenindustrie dafür gesorgt
wurde, dass die nötigen Holzkohlenvorräte stets vorhanden waren, blieb es den Gewerken überlassen, für ihren eigenen Bedarf selbst zu sorgen; im Warsteiner Bezirk ist dem besondere Bedeutung zuzumessen, weil man hier bis in die neuere Zeit nur auf die Holzkohle angewiesen war.
Nach der Verleihungsurkunde war Baron von Hoesch gestattet, in der Gegend von Warstein und
Suttrop soviel Eisenschmelzhütten und Eisenhämmer anzulegen, „als er selbsten nach dem Ertrage dasiger Waldungen und erfindlichen Erzes dienlich erachten wird, auch bauen und einrichten möge....“.
Da sich also die Kohlen nach dem Ertrage der Waldungen richteten, bestimmte die jeweils mögliche Kohlenmenge die Möglichkeiten des Schmelzens, der Roheisenherstellung. Die Kohle wird
daher auch wohl als „die Seele des Commercii“ bezeichnet; ein anderes Mal heißt es in diesem
Sinne von den Kohlen, „so doch die einzigste Seele der Hammer und Hütten ist“. Aus dem
Grunde war es auch ein Hauptbestreben des Herrn von Hoesch, den nötigen Vorrat von Holzkohlen zu beschaffen und sicherzustellen.
Mit dem Kohlenquantum, welches die Warsteiner Waldungen noch abgeben konnten, ebenso die
umliegenden Wälder, war Baron von Hoesch nicht gedient. Einen Gönner und Förderer hinsichtlich der Kohlenbeschaffung fand der Baron wiederum in dem Berghauptmann, Oberjägermeister
von Weix. Schon bald nach Erteilung der Konzession hatte Baron von Hoesch sich an diesen
gewandt und auch sofort eine zusagende Antwort erhalten. Von Clemenswerth aus schrieb der
Baron an den Berghauptmann unter dem 8. Sept. 1739:
“Das anerbieten,dero selbst eigener Waldung zu benothigte Kohlen für die negstens anzulegende
Eysenwerker laß ich mir danckessinnes gefallen“.
Baron von Hoesch bittet in dem genannten Schreiben weiter um Auskunft, „ob das Holtz im
pausch und überhaupt oder sonsten nach gewissem Maß verkohlt werden solle“; er bittet ferner
um Mitteilung des Distriktes und der Quantität; wie viel dafür bezahlt werden müsse; im übrigen
hege er aber die Hoffnung, dass der Oberjägermeister mit ihm auf eine billige Weise zu handeln
bestrebt sein werde.
34
Am 17. Okt. 1740 (Bonn) sodann schrieb Baron von Hoesch an den Oberjägermeister:
“dass Ew. Hochwohlg. für die verfertigte Kohlen biß darahn nicht befriedigt seindt, hab ich mit
Verwunderunge vernohmen, indessen danke ich gehorsamst für den mir gegebenen credit, und
mangele nicht, den ertrag, umb waß specificirten ich den H. pastoren belangt habe, ohne anstand
bezahlen zu lassen“.
Aus diesem Schreiben geht hervor, dass der Baron die ersten Holzkohlen aus den kurfürstlichen
Waldungen bezogen hat. Da ferner die Hütte aber erst kurz zuvor in Betrieb genommen, konnte
es vorkommen, dass die Kohlenrechnung noch nicht bezahlt war. Der Kohlenbezug aus den kurfürstlichen Waldungen stand auch in der Folge im Vordergrund des Interesses. Bonn, den 2. Juni
1741, ist ein weiteres Schreiben an den Oberjägermeister datiert, in welchem der Baron denselben bittet, zu spezifizieren, was noch an Kohlen rückständig sei. Mit der Bezahlung der Kohlenrechnungen also haperte es immer noch. Er habe aber, so bemerkt der Baron weiter, den
Schnabel (seinen Hütteninspektor) zu sich gebeten, um zu wissen, „was eigentlich an neuen
Kohlen“ erfordert wird. Schnabel als Faktor bzw. Inspektor der Hütte hatte für die Beschaffung der
Materialien zu sorgen. Dass schließlich die Kohlen vornehmlich aus den kurfürstlichen Waldungen
kamen, geht auch aus einem am 26. Juni 1741 Augustenburg datierten Schreiben hervor, nach
welchem die Kohlen an den Landpfennigmeister bezahlt werden mussten.
Nachdem die Eisenhütte nun eingerichtet war und die Entwicklung in den ersten Jahren die
besten Aussichten für eine günstige Weiterentwicklung eröffnet hatte, konnte Baron von Hoesch
dazu übergehen, Kohlenverträge auf längere Sicht abzuschließen. Der erste diesbezügliche Vertrag vom 5. Sept. 1750 hat folgenden Wortlaut:
“Von Gottes gnaden Wir Clement August, Ertzbischoff zu Cöllen... fügen hiermit zu wissen:
Nachdemahlen bey Uns der freyherr von Hoesch Weyland Ihrer Kayserlicher Majestät und
Unseres geliebten Vetteren, des Herren Churfürsten in Bayeren Liebden Minister und würcklicher
Geheimb Rath unterthänigst suppliciret hat, Wir gnädigst geruhen mögten, ihme zu mehrerer
aufnahm seiner des supplicantis in Unserem Herzogthum Westfpahlen ohnweit Warstein
angelegter Bergwercken, und Eysen-Fabriquen aus Unseren Gemarcken etwa dreyßig Tausend
Fuder Kohlen gegen billiges stamm geldt zu überlassen, Wir auch im betracht, dass sothane unter
Vnserem dem supplicanten Eygends ertheiltem privilegio angelegte Bergwercken und Fabriquen
dem publice und Vnserem höchsten Camerali zu mercklichen nutzen gereichen und über solches
alles ab denen Marcken weder Vns, als Landesfürsten und Obrist Marcken Herren, weder denen
etwa dabey mitberechtigt zu seyn Vermeindenden, bis auf heutigen tag nicht das mindest
eingebracht worden ist, dem unterthänigsten petito willfahrigs statt zu geben, gnädigst bewogen
worden seynd; so haben Wir vorläuffig räthlich erachtet, durch einen Eygends angeordnete WaldBesichtigung untersuchen zu lassen, wie Viele Fuder Kohlen in der Ennester, Dinscheder und
Wennemer Marck, dem Walde und den darauf sich etwa berechtigt befindenden unnachtheilig
gefället, und gebrennet werden könten. Wobey da, nach außweis hiebei geheffteten Visitations
Protocolli sich geeußert hat, dass in ersterer, nemblich der Ennerster Marck Neun tausent, in der
Dinscheder sieben tausent ein hundert und in der Wennemer Marck zehn tausent, sieben hundert,
in summa sechß und zwantzig tausent acht hundert fuder zehn zehnt außmachender Olpischer
Maaß Vorhanden seyen, welche Wir dem supplicanten Freyherren von Hoesch nie mit und krafft
dieses auf folgende bedingnüßen gnädigst überlassen, und zwar:
Erstlich soll jetz erwehnter Vorrath an Holtz, auf zwölff nacheinander folgende Jahre ordentlich
dergestalten eingetheilet werden, dass er von Hoesch alljährlich den zwölfften Teil des gantzen
betrags, in jeder Marck, nach proportion der daraus gnädigst Verwilligter fuderzahl abzufällen und
zu verkohlen habe: also dass der terminus a quo et ad quem, inner welcher zeit die total aus
gefället, und verkohlet werden solle, am ersten Januarii nechst bevorstehendem 1751ten Jahrs
seinen anfang nimbt, und mit dem letzten Decembris 1762ten Jahrs sich endiget; diese
eintheilung soll
Zweytens zwischen Vnserem Forst-Ambte und dem Freyherren von Hoesch, auch, wan diensam
erachtet wird, mit zuziehung Ein- oder des anderen, in dies- oder jener Marck mitinterehsirt sich
befindenden dergestalten geschehen, dass des Freyherrn von Hoesch nutzen dardurch befördert
und des waldes nachtheil, so Viel thunlich vermeidet werde.
Drittens soll das Holtz durch solchen endes Eygends vom Forstambt außsehende Verpflichtete
aufsichtere, oder anweisere zu behöriger Zeit denen Von ihme Freyherren von Hoesch
bestellenden tüchtigen und getrewen Haueren und Köhleren gleichwohl Vor allem des mehrist
außgewach Meine Gehöltz angewiesen und die Vorsorge getragen werden, dass mit den abfällen,
35
nach waldrecht so Verfahren werde, damit alles, was ins Kohl nur tauglich, gehauen, die
beschädigung des jungen Gehöltzes sorgsambst verhüthet, und das überbleibende sich von
newen besaamen könne.
Viertens sollen die gebrente Kohlen durch beym Bergambte hierzu besonders Verpflichtenden,
und zwarn auf der gruben mit einem geeichten, Von dem Freyherren von Hoesch anzuschaffenden Ollpischen Zehenten getrewlich gemessen, und wie viel Zehnt das Kohl gehalten, richtig
verzeichnet, mithin darab nicht nur den Verwaltheren, oder inspectoren des Freyherren von
Hoesch nachricht gegeben, sonderen auch einem jeden Fuhrmann über ihme zugemessene
Zehntzahl ein schein zur einlieferung mitgetheilet werden, um darnach die abrechnung seiner zeit
reguliren zu können. Diese abrechnung solle
Fünfftens bey Vnseren hierzu gnädigst committirenden Oberforst- und Jäger Meisteren
Freyherren von Weichs und forstschreiberen Hoynck jeden Jahrs in Decembri vorgenohmen, und
dabey des Veraydeter meßer annotation über die in jedweder Marck gebrente Köhlen zum grund
gelegt, bey ermeltem Forstschreiberer auch
Sechßtens Ein jedes fuder Brilonischer maaß, sieben vorgedachte Ollpische Zehnt außmachend,
in der Ennester Marck mit dreyßig vier, in der Wennemer und Dinscheder gebrente Kohlen aber
mit zwantzig sieben Mariengroschen anfänglich völlig bezahlt, dabey gleichwohl in ansehung auf
der gruben hieroben angemerckter maaßen zu verfügender Kohlen abmeßung des Zehendsfuder
ihme Freyherren von Hoesch abzüglich gedeyen, nicht weniger
Siebentens der aufsichter und Messer ihrer bemühung halber von ihme Freyherren von Hoesch
auf die vom Forst- und Berg-Ambt vergleichende Arth besonders befriediget, fort die hin und
wieder in denen Marcken zur außfuhr nothwendig zu machende weege und brücken auf sein des
Freyherren von Hoesch aigene Kösten verfertigt, so dan fals ein Kohlhauff, gegen Verhoffen,
verbrennen würde, als dan der schaden von ihme ersetzet werden solle:
Weilen aber
Achtens Uns unterthänigst erstatteten berichts zufolg, Ein und anderer zu denen ab dieser Verkohlung eingehenden gelderen, zu gewissen antheilen befugt zu seyn verneinen wollen, und dan
Wir einen jeden das jenige wiederfahren zu lassen, gnädigst gemeint und geneigt seynd, was
ihme von Rechts wegen gebühret, so haben Wir zwarn Vnserem Forstambte den gnädigsten
Auftrag gethan, die Vermeinte intereßenten über ihre Befügnus zu vernehmen, und demnächst
ihren gutachtlichen Bericht an Uns gehorsambst zu erstatten, Wir wollen aber, dass indessen
derenselben praetendirende antheile bey besagtem Vnserem Forstambte aufbehalten werden
sollen, können auch hingegen geschehen lassen, dass denenjenigen, welche ihr mitgerechtsam
zu diesem verkohlen außfindigen werden, demnechst ihre antheile unmittelbar von ihme von
Hoesch außbezahlt werden mögen; und obwohlen wir
Neuntens mit zweiffelen, die etwa zu der Verkohlung mitgefügt sich befindende, gegenwärtiger
Vnserer Landesfürstlicher Verordnung in ansehung dem publico, und ihnen sambt und sondriß
daraus zufließenden mercklichen Vortheils, mit unterthänigstem Danck sich gantz gern und willigst
fügen werden, auf allen unverhofften widrigen fall, dahe dieselbe vom Forstambt zum beytritt
glimpflich sich nicht leiten lassen sollten, solle gleichwohl mit allein aus der Ennester, sonderen
auch denen anderen beyden Marcken, Vnser antheil nichts desto weniger zu verkohlen unter
obigen Conditionen ihme Freyherren von Hoesch gnädigst überlassen seyn.
Zu mehrerer und ordentlicher beobachtung aller in dieser Vnserer gnädigsten Verordnungen
enthaltener puncten wollen Wir
Schließlich Vnserem Westpfälischen Forstambte hievon eine abschrift mittheilen, und selbiges,
mittels eines eigenem Rescripti, zu genauer derenselben erfüllung dergestalten gnädigst
anweisen, dass es in allem sich derenselben künfftighin etwa ereignenden, dermahlen nit
genugsam erleutherten Vorfallenheiten mit ihme Freyherren von Hoesch vertrewliche
communication pflegen solle, damit dessen zum Vortheil des Landes, und Vnseres höchsten
Cameralis mit schwören Kösten angelegten Fabriquen an einer seithe in mehrere aufnahm
gerathen, und an anderer seithen Vnser und des Waldes nutzen, wie es die allerseiths
Vernünfftige billigkeit erheischet, bestens befördert werden möge.
Zu dessen sicherheit dan Wir offtgemelten Freyherren von Hoesch gegenwärtigen schein an statt
36
contracts unter Vnserem höchstem Handzeichen und Vorgetrucktem Vnserem Hoff Cammer
Cantzley Jnsiegel mittheilen lassen, Geben in Vnserer Residenz stattt Bonn, den 4ten
Semptembris 1750.
gez. Clement August Churfürst app.”
Diesem “Contract über die dem Freyherren von Hoesch Verstattete Verköhlung in denen
Ennester, Wenneemer und Dinscheder Marcken Herzogthumbs Westpfalen” folgt dann ein
“Verzeichnis deren Orthen, wo in der Dinscheder, Wennemer und Ennester Marcken ohne nachtheil der Waldung sowohl, als auch deren in- und ausländischer, so ihr Brand-Holtz daraus zu
nehmen berechtiget, gekohlet mithin wie Viel waagen Kohlen nach Ollpischer maaß in ein- und
anderen orth gebrennet werden mögen, wobey sich leicht bemercket, ob der wachßthum guth,
mittelmäßig oder schlecht, fort die abfuhr leicht oder beschwerlich und des endt weege zu
machen, auch was dieserthalb zu verwenden seye.
Dinscheder Marck
An dem Habigs Berge
wachßthum schlecht, außfuhr guth
Am lichten Berge
wachßthum mittelmäßig, außfuhr guth
Über den Kämpen
wachßthum mittelmäßig, weege guth
Waag Kohlen.
400
300
Sa
Von den Kämpen, bis an den Eheberg
wachßthum auf der winter seithe guth, auf
der sommer seithe aber schlecht
Noch an selbigen orth bis auf die stien am plackweege
Von dorten unter den plackweeg bis an die
Wildeshauser schnade
Diese orthe liegen miteinander nach der ruhr,
und seynd abhängig, dahero weege zu machen,
so ohngefähr 40 Rthlr. kosten werden.
400
___
1100
700
300
4000
Der Wachßthum ist mehrentheils guth unter dem
plackweeg am Lattenberge, bis an die Wennemer
schnade
wachßthum ist mittelmäßig, die außfuhr sehr
beschwerlich, die weege zur außfuhr werden
ohngefehr 20 Rthlr. kosten
1000
Sa
Wennemer Marck
Vom Ennester Schnade seipen, bis an des Wanbergs
siepen
der wachßthum guth, die weege guth
Langs dem Siepen am Hüls knocken
Auf der anderen seithe des Hüls knocken nebst
dem Mundsbecksiepen
der wachßthum ist mittelmäßig, weege müssen
gemacht werden und ohngefehr 6 Rthlr kosten
Von der Ruhr bis an den kleinen Hacke pfad
wachßthum halb guth, halb schlecht
die Weege werden 40 Rthlr. kosten
Hinter dem großen Hacke pfad an der Lutmeke
wachßthum ist mittelmäßig
die weege mögten 5 Rthlr. kosten
Zwischen dem berge ein stück zu
wachßthum ist sehr guth
die weege werden 6 Rthlr. kosten
Unten vom Hülß die Lutmeke herauf bis unter den
Plackweeg
wachßthum ist guth, die weege werden
____
7100
2000
800
300
1000
1200
800
3300
37
ohngefehr 30 Rthlr. kosten
langs der Lutmeke an der Sommerseith
wachßthum mittelmäßig
In den Wennemer ställen, oder hohle, von der
giesbecke bis an den freyenöhler weeg
wachßthum ist sehr guth
weege müßen gemacht, und werden ohngefehr
5 Rthlr. Kosten
300
1000
Sa.
Ennester marck
Von dem siepen, welches die Wennemer und Ennester
Marck schnadet die Giesmeke auf bis bey die
Spuhr beche an dem packweeg
wachßthum ist sehr guth, 200 fuder dieser
Kohlen, aber seynd beschwerlich wegzufahren
Von der Allager schnade unter dem Wackerbrock
bis an die Spuhr buche
wachßthum ist sehr guth, die abfuhr guth
Von der Mescheder schnade, über das Ennester
Sinck bis an Zacharias siepen
wachßthum ist sehr guth, die abfuhr ist auch guth
Aus der Ennester Marck
Sa.
Dinscheder
so dan Wennemer Marck
Summa Sarum
____
10700
6000
1000
2000
____
9000
7100
10700
26800
Daß sich all obiges auf den in gefolg von Hr. Forstschreiberen uns beschehenen auftrags
eingenohmenen augenschein also befunden habe, bezeugen wir hiemit
Frienohl, den 5ten April 1750
weilen Henrich Cappen
gez. Joann Casp. Knickenberg.
schreibens ohnerfahren
Churfürstl. Förster.
hat er diesen X gemacht.
Seit alters nun hatten die Bewohner von Soest und der Börde gewisse Holznutzungsrechte im
Arnsberger Walde. Dass sich diese in ihren Holzrechten infolge der Köhlerei des Herren von
Hoesch beeinträchtigt fühlten und bei der Regierung in Arnsberg usw. Klage führten, war zu
erwarten. Darauf hatte von Hoesch am 24. Okt. 1752 einen Gegenantrag bei der Königlichen
Regierung in Berlin gestellt. Als Antwort folgte unterm 20. Dez. 1752 ein Königliches Schreiben,
„die im Arnsberger Walde zum praejuditz der Stadt Soest angelegte Kohlen brennerey einzustellen“. Die Regierung bemerkte u.a. in diesem Schreiben: weil von Hoesch in der Angelegenheit
des Lehnsgutes Hoefthoff nicht geantwortet habe, werde er auf die ablehnende Verfügung betr.
Einstellung der Kohlenbrennerei auch wohl nicht eingehen. Baron von Hoesch antwortete aber
dennoch und bemerkte, um es vorwegzunehmen, am Schluß: Dieser Streit möge aber nicht zur
Verzögerung der Angelegenheit Suttrop beitragen, nämlich – Belehnung bzw. Allodification des
Hoefthofes, einem Teildes Rittersitzes Suttrop.
Dies leider undatierte, aber in das Jahr 1753 zu verlegende Schreiben des Baron von Hoesch, ist
über manches sehr aufschlußreich. Es hat etwa folgenden Wortlaut:
Was die Köhlerei betrifft, welche ich im Arnsberger Walde zu mehrer Beförderung meiner ziemlich
weitwendigen Berg- und Schmelzwerken von etwa 3 Jahren her übernommen habe …
die geruhen Ew. Königl. Majestät mir in allerhöchsten Gnaden zu erlauben, daß ich die Unerheblichkeit der von Seiten der soestischen Untertanen darwider gemachten Einrede mit wenigem
alleruntertänigst berühre: doch also, daß ich keinen Teil dadurch in seinem vermeintlichen oder
gegründet habenden Rechten im mindesten praejudicirt haben möchte. Sothane Köhlerei habe ich
1) pakt- und bedingungsweise auf eine beiderseitige verbindliche Weise übernommen,
dergestalten, daß es in meinen Kräften nicht steht, den darüber förmlich errichteten Kontrakt
einseitig zernichtigen zu wollen: welches ich, wenn ich könnte und wollte, mir dannoch
2) wegen …. Meiner darauf einschlagender bereits gemachter Veranstaltungen mehreren
Schaden verursachen würde, als sich der Wert des Stücks belaufen, mit welchem Ew.Königl.
Majestät mich haereditarie künftiglichen belehnen zu wollen allergnädigst beschlossen haben.
38
Denen gedachter meiner Köhlerei Wiedersitzenden geschieht auch
3) bei bedachter nun der Sache Einrichten nicht der mindeste Schaden, in betracht, daß aus
denen dazu interessierten Ortschaften niemals einigen Brandholz gehölt werden ist, oder
künftighin aus selbigen zur Soester Börde verfahren werden kann, wann man sich nicht bequem
wolle, den Fuhrlohn dreifach höher als den wahren normal marktgängigen Preis des Holzes zu
zahlen. Dann meine Köhlerei ist an solchen Orten eingerichtet, welche, soviel man weiß, aus
Buchenholz, welches lediglich zum Verköhlen gebraucht wird, von undenklichen Jahren her
Niemanden, vielminder den Soestischen Untertanen etwas genutzt hat, sondern im Walde verfault
ist. Sothane Untertanen mögen nun /: was ich nicht beurteilen will:/ ihrerseits angegebenermaßen
zum Arnsberger Walde berechtigt oder nicht berechtigt sein, so bleiben sie dennoch über beraten,
wenn sie meine Köhlerei zu behindern sich angelegen sein lassen – wohl erwogen, daß meine
Berg- und „fabriquen inspectores“ über dasjenige, was an Kohlen jährlich gemacht wird, ein
ordentliches Verzeichnis führen und das beiderseits ausbedungene Stockgeld zahlen.
Sind nun erwähnte Soestischen Untertanen erstgesetztermaßen zu dem meinerseits verkohlten
Gehölz auf einen gewissen Anteil berechtigt, so ist und bleibt ihnen ja viel geratener, daß sie den
ihnen gebührenden „geldbelauff“ zu seiner Zeit aus geziemender Weise repetieren, als daß sie
durch unzeitige Opposition meine Köhlerei behindern und dadurch veranlassen wollen, „daß das
grobe holtz auff dem bisherigen Fuß im Walde verfaule“, und ihnen so wenig als ihren Nebenmenschen und dem „publico“ Vorteil, „ja, daß das untergeholtz niemahlen in aufnahm“ kommen
kann.
Sind sie nicht berechtigt, dann entfällt ihre Opposition.
4) Wenn die ganze Sache in etwa genauer untersucht würde, dürfte sie ergeben, daß die ganze
Opposition „aus heimlich auffwiegelung“ derjenigen herrührt, welche vermutet haben, daß meine
durch vieljährige Arbeit und mit schweren Kosten in ergiebigen Stand gebrachten Bergwerken und
Fabriken ihnen dereinst sehr nachteilig sein könnten, wie dann auch
5) von Seiten deren Soestischen Untertanen ganz irrig und geschichtswidrig angegeben worden,
„ob stünde der Probst zu Rumbeck“ dieser Bergwerken und Fabriken halber mit mir in Kompagnie,
unerachtet allgemein bekanntermaßen dieserhalb niemand als ich allein interessiert ist.
Mehrgedachte Köhlerei, welche doch künftiglichen auf dem der Stadt Arnsberg eingentümlich
zustehenden Waldungen, in Gefolge eines mit dasigem Magistrat getroffenen Accords, größtenteils zum neuangelegten Schmelzwerk fortgesetzt werden soll.“
Mit dem Jahre 1762 lief der gen. Kohlen-Kontrakt ab. Von weiteren größeren Verträgen betr.
Lieferung von Holzkohlen ist nichts bekannt. Von jetzt ab aber bezieht Baron von Hoesch
Holzkohlen in Mengen von der Stadt Warstein, während vor der Zeit der Kupferhammer (1753)
und andere es allein waren, welche sich mit Holzkohlen aus dem Warsteiner Stadtwalde
eindeckten.
Im Jahre 1762 z.B. hatte die Stadt Warstein mit dem Faktor Nottebohm einen Kontrakt abgeschlossen auf Lieferung von 500 Fuder Kohlen für die „hiesige Eisen fabrique“, wie es heißt. Im
Jahre 1763/64 hatte Baron von Hoesch ebenfalls wieder an die Stadt Warstein „Kohlgelder“ zu
zahlen für „Kohlewahr“, nämlich für Holzkohlen.
Nunmehr scheinen auch die umliegenden waldbesitzenden Städte der Eisenhütte Holzkohlen
angeboten zu haben. Bekannt ist dies von der Stadt Rüthen, welche den Nachrichten im dortigen
Historischen Archiv zufolge im Jahre 1764 durch den Rüthener Meister Mathias Geck den
Reidemeistern zu Warstein, Brilon und Alme Holz aus dem stadtrüthischen Walde zum Verkauf
anbot. Gewisse Bezirke im Walde, meist auf der Grenze, wurden zum Abstammen und Verkohlen
des aufstehenden Buchenholzes verkauft.
Diese wenigen Nachrichten lassen durchblicken, dass sowohl Warstein wie auch ihre
Schwesterstädte jetzt mehr als sonst bestrebt waren, aus der Holzkohle Erträge für das städtische
Ärar herauszuwirtschaften.
Dass eine erhöhte Erzeugung von Holzkohlen in dieser Zeit einsetzte, geht auch daraus hervor,
dass hier und dort im Sauerland fremde Köhlerfamilien auftauchten. Köhler zu sein, war ein
lohnender Beruf geworden. Tatsache ist, dass um 1750 viele Köhlerfamilien ins Sauerland (z.B.
Kloster Grafschaft) zuwanderten, namentlich aus dem westlichen Rheinland, Moresnet usw. Zu
diesen Köhlerfamilien gehörten die Conzen, die Capune, die Bräutigam. Abkömmlinge von ihnen
39
verbreiteten sich nach Norden und wanderten zu nach Eversberg, Hirschberg und auch Warstein.
Die Entlohnung der Köhler und damit der Preis der Holzkohlen war breits in der Bergordnung von
1669 geregelt worden. Die Bergordnung bestimmte, dass für ein Fuder Kohlen zu hauen 6
Groschen, davon zu brennen 9 Groschen und nicht mehr passiert werden solle; damit habe sich
ein jeder nach altem Herkommen zu begnügen. Es war der sog. Reidelohn. Da die Kohlen häufig
ein rarer Artikel waren, verkauften die Köhler ihre Kohlen des öfteren mehreren Reidemeistern,
sobald andere eben mehr boten. In solchen Fällen aber sollte nach der Bergordnung der erste
Käufer die Kohlen erhalten; der Kohlenbrenner wurde mit 5 Goldgulden bestraft.
Eine spätere Verordnung vom 24. Juli 1747 bestimmte folgendes: das „Zehn Zehent haltendes
Fuder Kohlen von Hage- und jungen Buchen Geholz“ gebrannt wird auf 5 Reichstaler 27 Petermänger gesetzt, das Fuder von guten groben Buchen-, Eichen-Gehölz auf 5 Reichstaler, das
Fuder von alten abständigen Eichen auf 4 Reichstaler 27 Pmgr. Diese preise waren von den
Reidemeistern auf der Kohlgrube vor der Abfuhr in bar zu bezahlen. Bezüglich Lieferung und
Abnahme wurden bestimmte Bedingungen gesetzt.
Die von den Köhlern gebrannten Kohlen nannte man „gereidete und gefertigte Kohlen“. Der
Verkauf erfolgte fuderweise: ganze Fuder, auch ¾ Fuder. Bezüglich des Fuhrlohnes hatten sich
die Hütten- und Reidemeister mit den Fuhrleuten zu vergleichen; andernfalls waren sie gehalten,
„die Fuhren selbst anzuschaffen“. In den kommunalen Betrieben, wie z.B. in der Stadt Warstein,
sprach man von „Kohlgelder“, die Kohlen selbst nannte man „Kohlwahr“. Im Jahre 1753 rechnete
die Stadt Warstein auf das Fuder 5 ½ Zentner Kohlen, das Fuder zu 1 Reichstaler; sonst war der
Preis 24 Groschen gewesen.
Zur Lagerung der Holzkohlen diente der sog. Kohlenschoppen (1758). Ein solcher befand sich
sowohl bei der Hütte wie auch beim Eisenhammer. Am 22. Nov. 1758 berichten die Hammerschmiede bei der Protokollaufnahme durch den Rüthener Notar Schwartze, dass die französischen Husaren 350 Zentner Kohlen „aufm unteren Hammer“ verbrannt hätten; pro Zentner 18
Groschen gleich 175 Reichstaler im Wert. Auf dem Eisenhammer seien ferner noch 28 Zentner
Kohlen verbrannt worden. Weiter wurde festgestellt, dass „auf der eisenhütten Sr.Exc.Fhr.von
Hoesch ahn Kohlen verbrandt ad 40 Reichstaler“.
Die nächsten hundert Jahre war die Holzkohle noch das Brennmaterial für Hütte und Hammerwerk. Dann aber trat ein Wechsel ein. Die Holzkohle wurde immer mehr zurückgedrängt, und
auch im oberen Möhnegebiet, namentlich im Westertale, trat die Steinkohle auf den Plan.
Nach einem Bericht des Gewerken Linnhof, Eisenwalze bei Belecke vom 2. Jan. 1837, war
damals der Preis der Holzkohlen sehr gestiegen; außerdem war sie seit1836 so rar geworden,
dass die Werke nur noch schwach betrieben werden konnten. Der tiefere Grund für diese
Verknappung der Holzkohlen lag in einem Fortschritt in der Bewirtschaftung der Wälder der
öffentlichen Gemeinwesen.
Die neue Waldkultur war zunächst noch örtlich mehr verschieden geartet. Anfänglich nach 1750
findet man die eigentliche Waldkultur nicht wesentlich über den bisherigen Rahmen hinausschreiten. Doch hier und da mehr Wirtschaftlichkeit ist festzustellen.
Im benachbarten Rüthen z.B. hatten bis um diese Zeit um 1750 die dort noch bestehenden alten
Waldgenossenschaften immerhin noch einigen Einfluss auf den Bestand des Waldes, die Erhaltung desselben ausgeübt. Damals jedoch lösten sie sich auf. Man hätte nun meinen sollen, die
Rüthener Stadtverwaltung wäre wirtschaftlicher geworden, als es ihr in den Jahrhunderten vorher
möglich gewesen war. Im Gegenteil. Es stand nicht einmal in ihrer Macht zu verhindern, dass von
da ab der Wald wahllos von den Bürgern aus purem Eigennutz verhauen wurde, so dass um 1800
Brennholz sogar sehr viel auswärts, u.a. im Bührenschen gekauft werden musste. Obwohl Holzkohlen sehr gesucht waren, besonderes Interesse brachte die Stadt dem nicht entgegen. Sie
schloss wie bisher nur mit den Werken in Alme, Brilon und Thülen Kohlenverträge ab und auch
das nur in wenig verändertem Ausmaße.
Die Stadt Warstein andererseits war seit Jahrhunderten in dieser Hinsicht wirtschaftlicher eingestellt gewesen; sie lieferte sehr viel Holzkohlen. Noch wirtschaftlicher hatte man in den kurfürstlichen Möhnemarken gearbeitet.
40
Die Großherzoglich-Hessische Regierung war es so dann, welche mit dem alten Herkommen in
bezug auf Waldwirtschaft brach. Sie trug Einheitlichkeit in die Forstkultur hinein, überhaupt, wahre
Forstkultur wurde erst von dieser neuen Regierung eingeführt. Sie war es, welche zuerst Fichtenanpflanzungen im Möhnegebiet vornahm. Vornehmlich waren es die im Raubbau vorher abgeholzten Bezirke, welche mit Fichten wieder aufgeforstet wurden.
Das war schon ein Nachteil für die Herstellung von Holzkohlen. Weiter wurde jetzt der Eichen- und
Buchenwald forstmäßig gehegt und gepflegt. Es wurde nicht mehr soviel Holz zum Verkohlen
bereitgestellt. Die Preußische Regierung setzte 1817 diese Neuerung fort. Es war klar, dass bei
dieser neuen Waldbewirtschaftung mit der Zeit einmal die Holzkohlen seltener und damit auch
teurer werden würden.
Dies sah vor allem auch das Oberbergamt Bonn voraus. Es arbeitete darauf hinaus, mehr für die
Verwendung von Steinkohlen zu interessieren. Am 16. Juni 1818 fragte das Königlich PreußischRheinische Oberbergamt Bonn bei der Regierung in Arnsberg an, ob die Besitzer von FabrikEtablissements, welche zu ihrem Betriebe Brennmaterial bedürften, von der Regierung bereits
unterstützt worden seien für den Fall, dass sie neue oder sonst verbesserte Prozesse eingeführt
hätten, wodurch entweder Brennmaterial eingespart oder dem Holzverbrauch die Verwendung
von Steinkohlen substituiert werden olle, und zwar durch Zugestehung von billigeren Preisen für
die Steinkohle oder durch sonstige Vorteile. Im allgemeinen könne das Oberbergamt dem zustimmen, wenn dadurch inländische Industrie wirklich gefördert werden könne. Die Regierung in
Arnsberg teilte unter dem 27. Juni 1818 mit, dass wohl Patente angemeldet, Vergünstigungen
aber bisher noch nicht verlangt worden seien.
Jedenfalls trat um 1835 im Westertale das ein, was oben bereits kurz angedeutet wurde: Verknappung und Verteuerung der Holzkohle. Wie man sich nun demgegenüber einstellte, war verschieden, je nachdem es sich um die Eisenhütte oder um den Eisenhammer handelte. Die
Eisenhütte war auf Holzkohlenbetrieb eingestellt, und darum hielt man auch weiterhin für den
Hüttenbetrieb an der Verwendung von Holzkohlen fest. Das zu erreichen, dazu war es nötig, sich
von dem Holzkohlenmarkt unabhängig zu machen. Die Gewerkschaft der St. Wilhelmshütte ging
dazu über, sich einen eigenen privaten Waldbesitz zu beschaffen. Namentlich in den Jahren 1853
ff. kaufte sie in den Marken von Allagen, Delecke und Körbecke Waldanteile auf, welche den Berechtigten bei der Teilung dieser Marken zugefallen waren. Auf diese Weise entstand ein Waldbesitz, welcher schließlich auf etwa 8000 Morgen angewachsen war.
In Wilhelmsruh, in der Gemeinde Körbecke befand sich die Forstverwaltung, und Gewerke
Wilhelm Hammacher beabsichtigte im Jahre 1857 sogar, seinen Wohnsitz von Warstein nach
hierhin zu verlegen. Das Holz wurde, soweit nicht der eigene Bedarf daraus gedeckt wurde, teils
als Brandholz, teils als Kohlholz und Grubenholz verkauft.
Im Jahre 1883 musste aber trotz dieser Maßnahme der Hochofenbetrieb eingestellt werden. Die
Konkurrenz der Kokshochofenbetriebe war zu groß. Nunmehr war kein eigentliches Interesse
mehr für den Waldbesitz vorhanden, er wurde wieder verkauft.
Auch für den Eisenhammer hielt man zunächst an der Verwendung der Holzkohle als Brennmaterial fest. Vor allem hielt man die Holzkohle für das geeignetste Brennmaterial für die Frischmethode. Davon sollte man aber schon bald abkommen. Die Gewerke Ferdinand Gabriel und
Wilhelm Bergenthal, welche kurz vorher von Eslohe nach Warstein gekommen waren, beabsichtigten am 1. Dez. 1834 einen Stabeisenhammer anzulegen, und wurde ihnen am 12. Juli 1836
für diese Anlage auch die Genehmigung erteilt. Bei dieser Gelegenheit führte Gewerke Bergenthal
aus: Anfänglich habe er die Absicht gehabt, mit Holzkohlen zu schmieden. Da diese aber voraussichtlich zunehmend seltener würden und auch eine Verteuerung derselben bevorstehe, habe
er Anlass, sich der Steinkohle zu bedienen. Er habe vor, das Hammerwerk nunmehr als Puddlingswerk anzulegen. Die Produktion: Stabeisen bleibe dieselbe, nur die Art der Produktion ändere
sich.
Demgegenüber konnte sich der Eisenhammer noch nicht für das neue Verfahren der
Puddlingswerke entscheiden. Dass man aber auch hier umlernen und damit der Steinkohle den
Vorzug geben musste, das hatte wieder seine besonderen Gründe. Darüber im folgenden:
Im Jahre 1834 beabsichtigten die Gewerke Gabriel & Bergenthal im Borgholz einen oberschlächtigen Stahl-Raffinierhammer anzulegen und dazu eine Schleifmühle. Im selben Jahr 1834
41
(21.8.) mutete der Faktor Linnhoff auf der Suttroper Eisenhütte ein im Landesherrlichen Freien
liegendes Wassergefälle auf dem Westerfluß, um bei dem Bergenthalschen Stahl-Raffinierhammer und dessen Walzwerk einen Stabeisenhammer mit 3 Hämmern zu errichten.
In der Folge wurde die Zahl der Werke immer größer. Nach einem Verzeichnis der im August
1847 im Reg.Bez.Arnsberg bestehenden Fabriken befanden sich in Warstein außer der
Eisenhütte
Der Eisenhammer: Aug.Lücken, Gewerkschaft der St. Wilhelmshütte
Herstellung: Stabeisen, Achsen und Eisendraht
der Eisenhammer: Josef Gerken, Herstellung: Strohmesser, Äxte, Schüppen und Hacken
die Holzschraubenfabrik: Karl Bergenthal, Herstellung: Holzschrauben
der Kupferhammer: Karl Bergenthal, Herstellung: Kupferbleche
Bei Allagen waren errichtet:
der Eisenhammer: Theodor Thiell, Herstellung: Eisendraht
der Eisenhammer: Franz Ernst Linnhoff, Herstellung: Strohmesser, Äxte, Schüppen, usw.
der Eisenhammer: C. Roeper & Sohn in Anröchte, Herstellung: Eisendraht und Ketten
Neben der immer rationeller arbeitenden Forstwirtschaft waren es auch diese zahlreicher gewordenen Hammerbetriebe, welche die Holzkohlen verknappten. Hinzu kam, dass die in der Mark
mit Steinkohlen arbeitenden Betriebe billiger arbeiten und auch billiger liefern konnten; dies
besonders seit etwa 1835. Hinzu kam ferner nach 1840, dass Steinkohlen immer mehr gefördert
wurden und auch billiger zu haben waren.
Über den Steinkohlenbergbau kurz folgendes:
Im Anfang des Ruhrkohlenbergbaues wurden die Steinkohlen nur im Tagebau gewonnen; nur da
wurden sie abgebaut, wo die Flöze zu Tage traten. Das war im südlichen Ruhrgebiet. Im Kreise
Hörde z.B. reicht der Steinkohlenbergbau zurück bis zum Jahre 1302, in welchem Jahr der
Steinkohlenbergbau in Schüren urkundlich bezeugt ist. Die Stollen wurden damals horizontal in
die Berge getrieben und die Kohlen so gefördert. Weiter nach Norden aber gingen die Flöze in
stets größere Tiefen. Hier konnten die Kohlen im Tagebau nicht abgebaut werden. Um auch hier
die Kohle zu fördern, machte man im Jahre 1832 bei Essen mit dem ersten Schachtbau einen
Versuch. Im Jahr 1837 wurde auf der Zeche „Kronprinz von Preußen“ bei Borbeck durch Franz
Haniel die Mergelschicht durchstoßen und bei 99 Metern das Steinkohlengebirge erreicht. Die
Kohlen hier waren aber für industrielle Zwecke nicht brauchbar; 1842 wurde der Betrieb wieder
eingestellt.
Doch ließ man den Mut nicht sinken. Im Jahre 1839 hatte Mathias Stinnes in Sessenberg bei
Essen eine Bohrung gemacht, und stieß 1840 auf Kohlen. Der erste durchschlagende Erfolg war
am 1. Nov. 1839 gewesen, und zwar auf Schacht „Ver. Helene und Amalie“ im Westen von Essen
(heute Friedrich Krupp AG). Diese neuen Versuche führten bald zu dauernder Förderung. Jetzt
wurden Schacht auf Schacht in die Tiefe getrieben. Verbesserte Verkehrsverhältnisse halfen mit,
dass auf weite Strecken die Kohlen billiger geliefert werden konnten.
Das waren alles Gründe mit, weshalb im Jahre 1850 auch der Eisenhammer in ein Puddlingswerk
umgewandelt und die Verwendung der Steinkohle durchgeführt wurde. Doch neue Schwierigkeiten in der Kohlenfrage sollten sich bald schon wieder einstellen. Es war nämlich ein Unterschied, ob die Eisenwerke in der Nähe der Kohlenzechen lagen oder weiter davon entfernt. Trotz
besserer Verkehrswege verteuerte die Entfernung doch die Steinkohlen, so dass die Werke an
der Wester mit den gleichen Werken im Ruhrgebiet nicht Schritt halten konnten. Diese Tatsache
haben die Verwaltungsberichte der Stadt Warstein aus jener Zeit eindeutig hervor. Diese Berichte
mögen selbst sprechen:
1858:
1859:
1860:
die Fabriken haben mit Wassermangel zu kämpfen gehabt; Trockenheit herrschte im
Sommer; die Range ist seit zwei Jahren ganz versiegt. Daher werden immer mehr
Dampfmaschinen aufgestellt.
die hohen Fuhrlöhne für Steinkohlen verteuern die Fabrikation sehr; die Fabriken
wollen daher Teile fortverlegen.
die Gewerken klagen namentlich auch über den in hiesiger Gegend so teueren
Landtransport der Steinkohlen. Man nimmt Veranlassung, nach den Kohlenrevieren
und den Eisenbahnen zu ziehen. Teile werden verlegt nach Lippstadt und Soest.
42
1861:
1862:
die Fabriken werden flau betrieben.
die Eisenwerke werden wegen der ungünstigen Konkurrenz flau betrieben. Aber noch
sind die Besitzer von dem Gedanken beseelt, Teile der Werke in andere Gegenden zu
verlegen, an Eisenbahnen oder in die Nähe der Kohlenreviere. Die Fabrikbesitzer sind
bemüht, billigere Transportmittel zu erringen: Anlegung einer Schmalspurbahn; falls
die Eisenbahn von Wickede nach Arnsberg gebaut werden sollte, einen Anschluß ins
Möhnetal zu erreichen, und zwar von Neheim nach Belecke.
Leider wurde dies damals nicht erreicht. Erst der Westf. Landeseisenbahn von Lippstadt nach
Warstein sollte es vorbehalten sein, restlos zur Verwendung der Steinkohle zu verhelfen, und
damit auch die Werke im Möhnegebiet, namentlich an der Wester, so zu stellen, dass sie konkurrenzfähig waren. Von jetzt ab war die Steinkohle das einzigste Brennmaterial.
5. Die treibenden Kräfte
Um den Schmelzprozess durchzuführen, um die nötige Gluthitze zu erreichen, waren Blasebälge
eingebaut. Betrieben wurden diese durch die Kraft des Wassers. Deshalb ja war die Eisenindustrie vor Jahrhunderten schon an die Flüsse verlegt. Aber auch zur Weiterverarbeitung durch
Gießen, Recken, Pressen, Walzen waren treibende Kräfte notwendig. Auch hier war es in erster
Linie wieder die Wasserkraft. Die Ausnutzung der Wasserkraft steigerte sich, je intensiver die
Betriebe sich gestalteten. Der Art und Weise, wie man dies zu erreichen suchte, mögen nachfolgende Ausführungen dienen.
a) die Wasserkraft
Die Einbeziehung der Wasserkraft in die Eisenverhüttung und –verarbeitung hatte große Umwälzungen und große Fortschritte im Gefolge gehabt. Aber die Eisenindustrie war auch in die Abhängigkeit von der Wasserkraft gebracht. Deren Schattenseiten sollten sich schon bald zeigen.
Aber sie warn nicht so, dass man sie nicht hätte meistern können. Der bedeutende Erfolg infolge
Verwendung der Wasserkraft wurde jedenfalls wenig dadurch beeinträchtigt.
In der Konzessionsurkunde heißt es zwar, dass Baron von Hoesch verstattet wird, „in besagter
Gegen Warstein und Suttrop auf der Wester, Glenne, Mönne und anderen der Orten erfindlichen
Wässern, so viele Eisenschmelzhütten, Eisenhämmer, forthandern davon dependierenden
Mühlengewerbe“ zu erbauen und einzurichten, als er nach dem Ertrag der Waldungen und des
vorfindlichen Erzes für dienlich erachte. Unbeschränkte Möglichkeiten gab es aber auch jetzt noch
nicht. Es ware eine Verbesserung, die, wie gesagt, auch ihre Schattenseiten hatte; ein Idealzustand war noch nicht geschaffen; wie weiter unten noch näher auszuführen sein wird.
Von dem angelegten Mühlengewerbe brauchte währendder 5 Freijahre „keine Wassererkennnis“
entrichtet zu werden. Nach dieser Zeit sollte von jedem Mühlengewerbe jährlich für den Wasserlauf 1 Taler Kölnisch an die kurfürstliche Hofkammer bezahlt werden. Für die Hütte selbst war
Wasserkraft nötig zum Antrieb der Gebläse, der Schlackenpoche usw. Dazu wurde ausgenutzt
das Wasser der Treise. Dies wurde gestaut, wodurch zunächst allen Bedürfnissen genügt wurde.
Hinzugeleitet wurden später die Abwässer aus den Stollen. Für einen Eisenhammer reichte das
Hüttenwasser nicht, weshalb der Eisenhammer an der Wester angelegt wurde.
Um die Wasserkraft der Flüsse auszunutzen, wurden Triebwerke ursprünglich in gleicher Höhe
wie das Gelände angelegt. Die Räder eines solchen Triebwerkes nannte man unterschlächtige
Räder. Erst später ging man dazu über, das Wasser aufzuspeichern. Zu dem Zweck wurde ein
Ableitungsgraben angelegt. Bei dem natürlichen Gefälle in den Tälern kam das Mühlenwerk
selbstverständlich zu liegen.
Diesen Ableistungsgraben, bezüglich des Mühlenwerks Zuleitungsgraben genannt, bezeichnete
man den Mahlmühlen seit alters mit Schlacht. Bei den Industriewerken findet man auch diese
Bezeichnung. Mehr aber spricht man von Obergraben, wogegen der das Wasser wieder ableitende Graben als Untergraben gekennzeichnet wurde. Allgemein nannte man diese Gräben je nach
dem Werke: Hammergraben usw. Im Jahre 1813 (19.4.) heißt es z.B. von der Warsteiner
Fischerei, dass sie verlieg „von der Homerbrücke bis an den Hammergraben, vom Hammergraben, bis wo sich die Schorenbache in die Wester ergießt“.
Ein Idealzustand war die Einbeziehung der Wasserkraft, wie gesagt, noch nicht. Naturereignisse
43
und manches andere waren es, wodurch die Wasserkraft beeinträchtigt wurde, und damit die
Hütten-Campagne sowohl wie der Hammerbetrieb. Im Sommer war es häufig die Trockenheit. Die
Ausführung von Aufträgen wurde daher des öfteren nur für den Fall versprochen, dass Regen
eintrete. Auf Wassermangel wurden auch Fehler in der Frischung und Schweißung des Stabeisens zurückgeführt. Auch Hochwasser brachte manche Nachteile mit sich. Der Frost kam hier
weniger als schädigendes Ereignis in Frage, weil schon die Range im Winter warmes Wasser
führte. Die späteren industriellen Anlagen bei Warstein finden wir daher nach einer alten Karte
sämtlich unterhalb der alten Warsteiner Mahlmühle. Zu bemerken ist noch, dass sich die Wasserverhältnisse auf der Wester seit Jahrhunderten eher verschlechtert als verbessert haben. Einen
aufschlussreichen Überblick über die Wasserverhältnisse der Wester gibt das Mühlenkataster von
1840. Es wird in diesem Kataster folgendes ausgeführt.
Die Wester: in ihrem oberen Teile nimmt sie verschiedene Waldbäche auf. Im Winter aber frieren
diese aus, so dass sie die warmen Quellen (Range) nicht mehr erreichen.
Die Range: führt bereits warmes Wasser. Von dem Einfluss derselben in die Wester an ist daher
auch im Winter die Ausnutzung der Wasserkraft größer.
Im Sommer, besonders in trockenen Jahren, herrscht Wassermangel. Bei den einzelnen Mühlen
sind die Wasserverhältnisse und die Ausnutzungsmöglichkeiten derselben diese:
1) Oelmühle und Lohmühle als Wechselwerk (Brüggemann). Sie liegt oberhalb des Einflusses der
Range. Hier verliert die Wester in trockenen Jahren bis zu 1/3 ihrer Wassermassen. Sie kann
daher nur von Nicolai bis Mai richtig betrieben werden. Als solche, bei dem knappen Material, ist
sie aber nur 6 Wochen auszunutzen.
2) Mahlmühle (Tacke). Sie liegt nach Einfluss der Range weiter unten; hat 3 Mahlgänge. Für den
einen dieser Mahlgänge gibt es keinen Wassermangel; für 2 Mahlgänge ist aber zu wenig Wasser
vorhanden; diese können daher nur von Michaeli bis Johanni betrieben werden.
3) Suttroper Mühle. Sie hat sozusagen keinen Wassermangel; sie macht daher der anderen
Mühle große Konkurrenz, weil sie stets im Betrieb ist und so die Mahlgäste schneller abfertigen
kann.
4) Sägemühle (Friderici). Sie hat ein Sägegatter und keinen Wassermangel.
Die älteste Mühle auf der Wester ist die Warsteiner Mahlmühle. Solange sie nur einen Mahlgang
hatte, genügten die Wasserverhältnisse. Oel- und Lohmühlen kamen in hiesiger Gegend erst um
1850 auf. Weil auf der unteren Wester bereits genügend Mühlen in Betrieb waren, legte man sie
oben auf der Wester an. Es war zwar die ungünstigste Stelle, aber diese Lage genügte ihrem
kurzen Betriebe. Die Suttroper Mühle nun ist älter als die Sägemühle. Ihre Lage war eine zwangsläufige; denn die Mahlmühlen der Urdörfer, wozu auch Suttrop gehört, wurden in hiesiger Gegend
an den Gemeindegrenzen angelegt. Die industriellen Anlagen bevorzugten selbstverständlich die
Wasserverhältnisse unterhalb der alten Warsteiner Mühle, die für sie am günstigsten waren.
Die Treise nun scheint schon seit alters her nicht unbeträchtliches Wasser geführt zu haben,
welches unterhalb der alten Warsteiner Mühle die Wester verstärkte. So nur ist es zu erklären,
dass man für die industriellen Anlagen diese bzw. den Bezirk unterhalb derselben wählte. Solange
weiter diese ihren alten Betrieb fortführten, lag kein Grund vor, über eine günstigere Ausnutzung
der Wasserverhältnisse als einzigste Antriebsquelle nachzudenken, noch viel weniger darum zu
streiten. Dies änderte sich aber, sobald nach 1835 neue Anlagen und Umstellungen erfolgten.
Die Versorgung der Betriebe mit der nötigen Wasserkraft war folgendermaßen eingerichtet:
Ähnlich wie bei den alten Mahlmühlen wurde das Wasser zum Werk durch einen Obergraben
abgeleitet und nach Verbrauch durch einen Untergraben der Wester wieder zugeleitet. Dazu war
eine gewisse Stauung nötig. Diese erfolgte anfänglich durch ganz einfache Wehre. Beiderseits
wurden die Ufer etwas erhöht. Oben wurde ein sog. Schnorbalken gelegt; dann folgte flussabwärts eine Steinpackung, welche unten durch den unteren Balken gesichert wurde, damit die
Steine nicht abrollen konnten. Es war das mit Steinen ausgefüllte sog. Viergespann.
Durch diese einfache Stauanlage wurde bewirkt, dass das nicht benötigte Wasser abfließen
konnte, während das Betriebswasser gesichert war. Das Wasser durfte sich aber nicht zu viel
stauen; denn dann wurden oberhalb liegende Betriebe geschädigt; die Räder derselben gingen
dann, wie es heißt, „im toten Wasser“. Der Zweck der Stauanlage war also, auf der einen Seite,
das Betriebswasser zu regulieren, auf der anderen Seite zu verhüten, dass die oberhalb befindlichen Mühlenräder ins tote Wasser gerieten. Ein Nachteil war, dass die Steine der Stauanlage
häufig ausflossen. Um Betriebswasser zu haben, musste die Packlage dann erneuert werden,
44
was Betriebseinstellung zur Folge hatte, wenn auch nur für kurze Zeit.
Sobald nun infolge Betriebsverbesserungen ein Mehr an Wasser nötig wurde, griff man zunächst
auf diese Wehre zurück. Man erhöhte sie heimlich. An sich musste die obere Steinreihe gleiche
Höhe mit dem Schnorbalken haben. Nun nahm man spitze Steine; Schlamm usw. stauten sich
davor und erhöhten so den Wasserspiegel. Unterliegenden Werke wurde dadurch Wasser entzogen, oberhalb liegende Werke konnten, wie schon erwähnt, ins sog. tote Wasser geraten.
Streitigkeiten waren die Folge. Diese wurden aus der Welt geschafft durch eine weitere Neuerung:
Anlage von sog. Sammelteichen. Darüber im folgenden:
Die ersten Konzessionen neuer Eisenhämmer für die St. Wilhelmshütte und die Fa. Gabriel &
Bergenthal im Jahre 1834 regelten die Wasserbenutzung in hergebrachter Weise, und man war
damit einverstanden. Das sollte sich aber schon bald ändern.
Die Fa. Gabriel & Bergenthal hatte am 23. April 1840 die Konzession erhalten, auf einer ihr zugehörigen Wiese an der Wester unter dem sog. Stillenberge unterhalb des Eisenhammers der
Eisenhütte einen Reckhammer anzulegen mit Achsenschmiede und Dreherei. Es heißt hier ausdrücklich: Die Anrechte beider Teile auf Benutzung des Wassers stehen durch hergebrachte Höhe
der Flußgerinne und Abfallschütze fest, ebenso die Weite des Obergrabens, welche durch Konzession beider Werke bestimmt sind.
Im Jahre 1851 hatte nun die St. Wilhelmshütte den Obergraben ihres Eisenhammers ausgeräumt
und das Schütt repariert. Die Fa. Gabriel & Bergenthal trat dagegen auf und erklärte, die St.
Wilhelmshütte habe die Flußgerinne und Abfallschütze ihres Eisenhammers um ½ bis 2 Fuß
erhöht, ferner den Obergraben um 2-3 Fuß erweitert und die Ufer desselben erhöht; es sei ein
neuer Obergraben, durch welchen zuviel Wasser gestaut und dem unterliegenden Reckhammer
entzogen werde.
Am 9. Dez. 1853 stellte die St. Wilhelmshütte den Antrag auf Erweiterung des Obergrabens. Weil
noch Gefälle ungenutzt vorhanden sei, beabsichtigte sie zwecks Ausnutzung dieses Gefälles statt
des alten einen neuen Obergraben zu erbauen. Fa. Gabriel & Bergenthal erklärte sich dagegen.
Die Neuanlage sei zum Schaden des unterliegenden Reckhammers mit Achsenschmiede und
Dreherei; auch könne der Puddlingshammer nebst Walze nicht mehr ununterbrochen arbeiten.
Die wahre Absicht der Hütte sei, einen Sammelteich daraus zu machen. Der Gedanke, Sammelteiche anzulegen, war aber schon einige Jahre vorher aufgekommen.
Am 2. Nov. 1849 beantragte Gewerke Bergenthal, den alten Kupferhammer, welchen er erworben
hatte, in ein Puddlingswerk umzuwandeln und zugleich die Anlage eines Sammelteiches.
Letzterer fand auch die polizeiliche Genehmigung. Am 12. März 1850 protestierte Gewerke
Wilhelm Hammacher im Namen der Hütte wie auch als Anpächter der Sägemühle gegen diese
Veränderung der vom Gewerken Bergenthal erworbenen Wasserberechtigung auf dem
Möllerschen (alten) Kupferhammer, dem sich die Stadt Warstein als Besitzerin der Sägemühle
anschloss. In dem Protest heißt es: durch die Veränderung des Obergrabens werde eine bedeutende Verlängerung und Vergrößerung herbeigeführt; dadurch werde dessen kubischer Inhalt
vergrößert und damit das zufließende Wasser länger zurückbehalten, und Eisenhammer und
Sägemühle müssten das Wasser zeitweise entbehren. Gewerke Bergenthal erklärte, der Obergraben werde nur um 16 ¾ Ruthen verlängert, im übrigen handele es sich gar nicht um die Anlage
eines Sammelteiches.
Um allen Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen; schlossen die Gewerke W. Hammacher und
W.Bergenthal am 28. Jan. 1853 einen Vergleich, dessen §1 folgenden Wortlaut hatte:
“Um die Masse des Stauwassers für die verschiedenen am Westerbache belegenen Werke der
Contrahenten festzustellen, ist die Anlegung von Sammelteichen in folgendem Umfange gestattet:
a) für die Suttroper Mühle der St. Wilhelmshütte resp. des W.Hammacher hundertzehn Ruthen
quadrat;
b) für den Kupferhammer des W.Bergenthal hundertvierzig Ruthen quadrat;
c) für den Eisenhammer der St. Wilhelmshütte hundertsiebzig Ruthen quadrat;
d) mit einer Tiefe für sämtliche Teiche von vier Fuß, jedoch in der Weise, dass durch diese Maßbestimmungen nur der kubische Inhalt der Teiche angegeben sein, und es jedem der Contrahenten freistehen solle, die Teiche in einer beliebigen Form und Lage so wie mit beliebiger Tiefe
anzulegen, wenn nur der durch obige Zahlenverhältnisse bestimmte kubische Inhalt nicht
45
überschritten wird.“
Weiter wurde bestimmt; die Teiche sind auf Kosten der Eigentümer anzulegen, ebenso der Teich
für den Reckhammer von Gabriel & Bergenthal, Wilh. Bergenthal verpflichtet sich überdies, für die
Sägemühle einen Sammelteich anzulegen von 150 I=I Ruthen und einer Tiefe von 4 Fuß.
W.Hammacher leistet einen Beitrag von 60 Thalern und tritt für diesen Teich seine von Peters
gekaufte sog. Peters Wiese an Bergenthal ab.
Man hätte nun glauben sollen, dass dieser Vergleich das Ende der Streitigkeiten bedeutete. Doch
nein. Im Jahre 1854 fing der alte Streit von neuem wieder an. Nun lud Amtmann Koffler in
Warstein beide Parteien vor. Gegenstand der Verhandlung war die Anlage von Sammelteichen
1) vor dem sog. Reckhammer der Gewerkschaft Gabriel & Bergenthal,
2) oberhalb des sog. alten Eisenhammers der St. Wilhelmshütte durch Erweiterung des
Obergrabens,
3) oberhalb des Puddlingshammers am sog. alten Kupferhammer durch W.Bergenthal.
Beide Parteien machten Vergleichsvorschläge, ein Vergleich aber kam nicht zustande. Wie sich
aus den Verhandlungen ergibt, fußten die Streitigkeiten einmal darauf, dass bei einer Änderung in
der hergebrachten Art und Weise der Zuleitung des Betriebswassers das eine Werk in Abhängigkeit von dem anderen geraten würde. Der Grund für diese Behauptung lag darin, dass jedes Werk
seinen Sammelteich und für diesen die Erfüllung besonderer Wünsche haben wollte. Der eine
wollte dem anderen ein Mehr nicht gestatten, und daher behauptete man, geschädigt zu werden.
Zum Einverständnis war man aber wieder bereit, wenn überhaupt eine Konzession für Sammelteiche erwirkt werden, oder wenn die Konzession für Sammelteiche für sämtliche infrage kommenden Werke erwirkt werden könnte. Man sagte sich, dass in diesen Fällen die gegenseitigen Interessen nicht einseitig, sondern gerecht gewahrt werden würden.
Schließlich, am 11. Jan. 1856, kam es unter Zugrundelegung des Vergleichs vom 28. Jan. 1853
zu einem neuen Vergleich; dieser hatte u.a. zum Inhalt:
Die gegenseitigen Protestationen werden zurückgenommen. Für sämtliche Sammelteiche, nämlich des Eisenhammers, des Reckhammers und des Bergenthalschen Puddelwerkes, wird die
Stauhöhe jeweils festgelegt. Die Stauwehre dürfen durch Aufsetzen von Brettern nur unter gewissen Bedingungen erhöht werden. Bezüglich des von der St. Wilhelmshütte bei der Suttroper
Mühle bereits angelegte Schlackenpoche sollen wegen der Stauhöhe durch das Wehr zum
Puddeln des Kupferhammers besondere Bestimmungen getroffen werden. Nach Vollziehung
dieses Vertrages sodann soll die Schlackenpoche sofort in Betrieb gesetzt werden. Damit war der
langjährige Streit beendet. Am 29. Jan. 1866 erfolgte die polizeiliche Erlaubnis seitens der Regierung. Als besondere Bedingung setzte die Regierung u.a., alle Vorkehrungen zu treffen, welche
die Wegebauverwaltung zur Sicherung der Chaussee jetzt oder in Zukunft für nötig erachten
würde.
Seit dieser Zeit bestehen die heute noch vorhandenen Sammelteiche des Eisenhammers und der
anderen Werke. Das Räderwerk war jetzt zu einem oberschlächtigen geworden. Das Äußere in
der Landschaft nach dieser Richtung hin war zu einem gewissen Abschluss gekommen. Besonders geregelt waren jetzt auch wieder namentlich das Verhüten der Verunreinigung des
Wassers sowie das Versanden.
Im gen. Vergleich vom 11. Jan. 1856 wird in § 8 bestimmt: „Durch das auch fernerweit gestattete
Eisensteinwaschen der Gewerkschaft der St. Wilhelmshütte, wird das Wasser des Westerbaches
getrübt, so dass es zum Reinigen der Wäsche nicht tauglich ist. Die Gewerkschaft der St.
Wilhelmshütte verpflichtet sich, dreimal im Jahre, jedes Mal vier Tage hindurch, nicht zu waschen,
wenn W.Bergenthal oder sein Nachfolger, behufs Reinigen von Wäsche abends vorher dieses
verlangen.“
In neuerer Zeit waren es vor allem die Abwässer des Werks, giftige Säuren, Schwefelsäure, durch
welche das Wasser nicht verunreinigt werden durfte. Benachteiligungen der Fischereiberechtigten
standen nach dem Feld- und Forstpolizeigesetz unter Strafe. Im Sommer 1894 waren in dem
Karpfenteich des W.Bergenthal eine Menge Karpfen und außerdem einige Gänse eingegangen.
Es wurde festgestellt: Säurevergiftung. Schadenersatzklage und Bestrafung waren die Folge.
Was das Versanden angeht, scheint ein Versanden durch die Werke weniger auffällig gewesen zu
sein, und wenn, dann wurde es zwangslos durch Reinigen des Flussbettes usw. beseitigt. Erst
46
nachdem die Sammelteiche (Wasserräume) angelegt waren, und außerdem noch die Schlackenpoche hinzukam, war zu befürchten, dass gerade die Wasserräume versanden könnten. Es wurde
daher im Vergleich von 1856 angenommen, dass eine größere Versandung stattfinden könne als
es bisher der Fall gewesen sei. Für den Fall, dass ein Reinigen mehr als zweimal im Jahre nötig
sei, wurden besondere Bestimmungen getroffen. Versandung konnte aber auch durch Materialien
herbeigeführt werden, welche bei der Poche und Mühle der St. Wilhelmshütte niedergelegt waren.
Falls diese plötzlich auf irgendeine Weise in den Stauraum Bergenthals treten würden, sollte es
letzterem gestattet sein, Bretter bis zur Höhe der Versandung auf das Wehr zum Puddelwerk aufzusetzen und entsprechend wieder wegzunehmen verpflichtet sein.
Auch das Flößen der anliegenden Wiesen bzw. dessen Durchführung trat in neuerer Zeit mehr in
den Vordergrund. In älterer Zeit wurde es ohne jegliche Reibung durchgeführt. Nunmehr erfolgte
die Regelung durch gegenseitige Abmachungen mit den Wiesenbesitzern.
Bis um 1850 blieb es bei der Ausnutzung der Wasserkraft ausschließlich durch Wasserräder. Bei
den Neuanlagen, die jetzt häufiger folgten, bediente man sich zum Antrieb aber nicht mehr nach
alter Art dieser Wasserräder, sondern man baute Turbinen ein. Als im Jahre 1849 auf dem Eisenhammer ein neuer Puddelhammer und ein neuer Reckhammer in Aussicht genommen waren,
sollten diese durch Turbinen von 3’ 8’ Durchmesser in Bewegung gesetzt werden. Auch auf der
Hütte selbst legte man später Turbinen an, so im Emaillierwerk und in der Schleiferei. Das sog.
Hüttenwasser wurde immer mehr gestaut und lieferte so auch für Turbinen genügenden Antrieb.
Der Sammelteich bei der Hütte, konnte, ohne auf andere Rücksicht nehmen zu müssen, angelegt
und vergrößert werden. Anders waren, wie vorhin ausgeführt, die Verhältnisse bei den Sammelteichen auf der Wester.
b) Die Dampfkraft
Die Verwendung auch der Steinkohle als Brennstoff führte dazu, dass man schon vor 1860 dazu
überging, sich auch der Dampfkraft zum Antrieb zu bedienen. Auf der einen Seite wurden mehr
Ansprüche an die Maschinen gestellt, wozu die Wasserkraft nicht mehr ausreichte. Auf der anderen Seite machte sich jetzt bei den erhöhten Anforderungen die Abhängigkeit von der Wasserkraft
immer fühlbarer bemerkbar. In dem Warsteiner Industrie-Bericht von 1858 heißt es, dass die
Fabriken immer mehr dazu übergingen, Dampfmaschinen aufzustellen, weil sie mit Wassermangel zu kämpfen hätten infolge der Trockenheit im Sommer; die Range sei seit zwei Jahren
ganz versiegt. Also auch die Sammelteiche genügten nicht mehr den neuesten Anforderungen.
Zuerst finden wir die Verwendung der Dampfkraft auf dem Eisenhammer. Am 2. Mai 1864 stellte
Gewerke Wilh. Hammacher einen Antrag betr. Aufstellung und Konzessionierung eines Dampfkessels auf dem alten Eisenhammer zum Betrieb von Hämmern, mit einem Dampfdruck von 5
Atmos. Überdruck. Die Heizung sollte erfolgen durch die abgehenden Gase eines Puddelofens.
Die Genehmigung der Regierung erfolgte am 30. Mai 1864. Im Jahre 1873 wurde ein Röhrendampfkessel, 35pferdig, zum Betriebe der Dreherei-Maschine aufgestellt. Jetzt waren hier 2
Dampfkessel vorhanden. Im Jahre 1888 wurde letzterer verlegt.
Auf der St. Wilhelmshütte wurde der erste Dampfkessel zum Betriebe einer Sandmühle aufgestellt. Im Jahre 1899 wurde dieser Kessel in die Putzerei versetzt, nachdem er 1889 in der Sandmühle umgestellt war.
Im Jahre 1910 betrug die Dampfkraft auf dem Eisenhammer etwa 75 PS, auf der Hütte etwa 100
PS. Daneben fand die Wasserkraft weitere Verwendung. Die Dampfkraft war nur zusätzlich.
c) Die schaffenden Kräfte
Bei einem Eisenwerk wird seit jeher unterschieden zwischen Hütte und Hammer und somit
zwischen Hüttenarbeit und Hammerarbeit. Wenn zu der Hütte auch ein Bergwerk gehörte, so
rechnete diese Bergwerksarbeit mit zur Hüttenarbeit. Danach ist hinsichtlich der Arbeiter zu
trennen zwischen
1) Hütten- und Bergarbeitern und
2) Frisch- und Hammerarbeitern oder
man sprach von: Hochofenpersonal und Hammerpersonal.
Das Hochofenpersonal bestand aus:
47
1) dem Hüttenmeister oder Eisenschmelzer. Es war der Schmelzmeister, welcher die Aufsicht
führte.
2) dem Hüttensteller und dem Aufgeber, auch Massenbläser genannt.
Es waren die Schmelzer und Beschicker des Hochofens, auch wohl Kleinschmelzer genannt. Der
Aufgeber waren es zumeist zwei. Hinzu kamen noch
3) Gießer und Platzburschen.
Das Hammerpersonal bestand aus:
je zwei Hammerschmieden, auch Reck- oder Hammerschmiede, Hammerschmiede oder Recker
genannt.
Weitere Arbeiter waren der Balgmacher, zumeist ein unständiger Arbeiter, ferner die Steinwäscher
und Erzpucher. Über diese Arbeiterschaft auf der Suttroper Eisenhütte und dem Eisenhammer
erfahren wir nur weniges in älterer Zeit.
Baron von Hoesch spricht im Jahre 1739 von Schmelzern und Formern. Im Jahre 1758 war
Former: Meister Christoph van der Emden; ihm waren von den Franzosen nach dem bekannten
Protokoll „abgenommen ad ... 2,24 Rthlr.“
Reichlicher sind die Nachrichten über die Bergarbeiter. Der erste der Arbeiter im Bergwerk war
der Bergsteiger. Im Jahre 1758 war „Dem Bergsteiger Zimmermann“ abgenommen von den
Franzosen Ein halb Ohm brandtwein ad 14 Rthlr.“
Die eigentlichen Bergarbeiter waren die sog. Bergknaben. Am 23. März 1779 wurde in Warstein
begraben: „Mathias Esthoff, Bergknabe“. Für Knabe, Knappe, war die Bezeichnung „Bergmann“
aber auch schon sehr üblich. Das Warsteiner Kemnereiregister von 1755 berichtet von einem
„Adam Lutter, Bergmann“. Begraben wurde in Warstein am 18. Juni 1760 „Magdalena Sotrop,
eines Bergmanns fraw“. In Suttrop starb am 10. Dez. 1742: „Henr. Degenhard, ein alter
Bergmann“.
Auch Frauen wurden im Bergwerk beschäftigt; man nannte sie „Bergfrauen“. Im Dezember 1775
wurde in Warstein begraben: „M. Becker, eine Bergfraw, nach dessen Kind“.
Auf die Fähigkeiten der Bergleute wurde besonderer Wert gelegt. Tüchtig (1858) war z.B. ein
Steiger dann, wenn er mit den Lagerungsverhältnissen bekannt war. Im übrigen kam es bei den
Bergleuten in der Hauptsache auf gesunden Menschenverstand und Energie an. So war die
Masse der Bergleute meist ortsansässig oder stammte aus der nächsten Umgebung. Als
Bergsteiger kamen nur besonders qualifizierte Leute in Frage, weshalb sie gewöhnlich von
auswärts angefordert wurden. In ihrer Art waren aber auch die übrigen Bergleute das was man
heute Facharbeiter nennt. Darum genossen sie manche Vorzüge. Nach der Bergordnung von
1669 waren die Bergleute, welche in den Eisenstein Bergwerken und –gruben arbeiteten von allen
hindernden Diensten und Beschwerden befreit; nämlich von: „Außschuß, Folge und andere
Dienste, es wäre dan Sach, dass Mann für Mann deß gantzen Landts der Endt auf gebotten
werden müste.“ Aber auch Bergleute zogen von weiter her zu. Am 8. Sept. 1760 wurden in
Suttrop getraut: Fridericus Lemmer, Bergmann es Hassia et Elisab, Pipinghausen ex Warstein.“
Was schließlich die Arbeiter auf dem Eisenhammer angeht, findet sich in den alten Nachrichten
ebenfalls manches.
Hammerschmiede waren:
1758:
Mstr. Hillebrand Kesting. Ihm waren von den Franzosen „ahn eisen fortgenommen
80 ad 2,24 Rthlr.“ Die Hammerschmiede bekamen also ihr Eisen zugewiesen, was sie
zu verarbeiten hatten, und danach wurden sie entlohnt.
Mstr. Tewes Jßfeldt wird ferner genannt 1756.
Dem Hammerschmied Mstr. Christian Roll waren das Handwerkszeug und Kleidung
fortgenommen; „und hatt selbiger einen halben stabeisen nebst einen luppenhaken
oben aufm Feld beym untern Hammer“ wieder gefunden.
Dem Hammerschmied Mstr. Friedrich Simon samt seinen Knechten war ebenfalls
Handwerkszeug und Kleidung fortgenommen. Erwähnt wird im gleichen Jahre noch
der Schmied Jacob Schulte.
1761:
„Franciscus Betten, ein Hammerschmied bey Herrn v. Hoesch, aetatis 83,“ wurde am
21. März dieses Jahres in Warstein begraben.
48
Im Laufe der Jahrhunderte hatten die Warsteiner Hammerschmiede sich eine besondere Kunstfertigkeit in ihrem Handwerk angeeignet; diese vererbte sich von Eltern auf Kinder. Um die Mitte
des vorigen Jahrhunderts hatten die Warsteiner Hammerschmiede sogar noch ihr eigenes Lied:
“Der Hammerschmied ist der Mann der Stärke,
Er schwingt den Eisenklotz, obgleich der Funken sprüht,
Nie verzagt bei seinem schweren Werke,
Und schmiedet das Eisen, solange wie es glüht.“
Erwähnt werden nach obigem noch die sog. Hammerknechte. Sie hatten Nebenarbeiten zu
verrichten, sie hatten an den Wehren für Ordnung zu sorgen und dergl. mehr.
Genaue Zusammenstellungen über die Arbeiterschaft erhalten wir erst in neuerer Zeit. Die 178 im
Jahre 1836 auf der Eisenhütte, im Bergwerk und auf dem Eisenhammer beschäftigten Arbeiter
verteilten sich nach der ihrer Betätigung wie folgt.
22 Bergleute
40 Köhler
8 Hammerschmiede
12 Zimmerleute
6 Schreiner
8 Schmiede
12 zum Hochofen
12 Tagelöhner
6 zum Hochofen
16 Sandformer
6 Lehmformer
10 Fuhrleute, täglich
20 Steinklopfer
178
Die bisher genannten Arbeiter waren die „zu Hütten, Hämmer und Bergwerken“ gehörigen
Arbeiter. Diesen gegenüber gab es noch die zu Hütten usw. „nicht gehörigen Arbeiter“. Es waren
in der Hauptsache die Huf- und Nagelschmiede, während die Drahtzieher für hiesige Gegend
nicht in Frage kamen. Auch die Hufschmiede spielten in Warstein keine besondere Rolle. Dagegen waren die Warsteiner Nagelschmiede bekannt. Sie wohnten wie alle nicht zugehörigen
Arbeiter außerhalb von Hütte und Hammer, im Bezirk der Stadt Warstein. Sie waren große Abnehmer des Halbfabrikats: Stabeisen und später der in der Eisenschneidemühle hergestellten
Halbfabrikate.
Bekannt ist, dass die Nägelfabrikation im Lütticher Lande seit alters her eine sehr bedeutende
war. Die Lütticher Nägel waren berühmt wegen ihrer Gleichförmigkeit und ihrer Sauberkeit.
Letzteres kam daher, dass die Nagelschmiede dort sich im Laufe der Zeit diese Handfertigkeit
angeeignet hatten.
So war es auch in Warstein der Fall. Die Herstellung von Nägeln war für manche Bürger dort eine
Hausindustrie, besonders im Winter. Zumeist an den Boden gewachsene kleine Landwirte, verschaffte ihnen dieser Handwerkszweig das zunächst zum Leben notwendige Einkommen.
Was die Herkunft der Arbeiter auf Hütte und Hammer im allgemeinen angeht, so rekrutierten sie
sich in erster Linie aus den Bewohnern am Ort oder aus der nächsten Nachbarschaft. Die Grundidee bei der Anlage von Hütte und Hammer war gewesen, der betr. Gegend zum Wohlstand zu
verhelfen. Immerhin aber kamen auch schon Facharbeiter in Frage, und diese kamen aus anderen Industriezentren. Während für den Kupferhammer die Facharbeiter aus Gegenden der Kupferindustrie kamen, wurden für die Eisenindustrie nur Arbeiter aus Gebieten der Eisenindustrie angefordert. Insoweit kamen diese namentlich aus dem westlichen Rheinland und auch aus dem
Sauerland.
Über Kupferschmiede enthält das Warsteiner Sterberegister einige Angaben:
1752, 9/3 Sep. Jos. Kartan von Memmingen auß Schwaben Kopferschmid
1757, 7/4 sep. Joannes georgius Hösmann ein Steyermärcker, Kopfferschmid auffm Kopffer
hammer, aetatis 36
49
Bezüglich der Eisenhütten sind der Nachrichten nur wenige vorhanden:
1750, 3/5, sep. Anna Marg. Dolle, uxor des Bergmans auß Silbach
Die Köhler waren für gewöhnlich einheimische Arbeiter:
1857 werden genannt: Ferd. Weber, Franz Ernst Cramer, Friedrich Breutigam, Wilhelm Gerres.
Von diesen stammten die Breutigam aus dem Sauerland. Wie schon erwähnt, kamen bei Köhlern
wieder besondere Fachkenntnisse in Frage. Daher die Heranziehung von fachkundigen Köhlern
aus anderen Gegenden.
Abgesehen von den eigentlichen Facharbeitern stammte wie bekannt, die größere Zahl der
Arbeiter aus der näheren und weiteren Umgebung. Im Jahre 1858 war es eine nicht unerhebliche
Zahl Leute aus Kallenhardt, welche seit Jahren schon auf dem Hüttenwerk das tägliche Brot
verdienten. Mit der Zeit nun war in vielen Arbeiterfamilien eine gewisse Tradition entstanden, so
dass schließlich auf fremde Arbeiter weniger mehr gerechnet wurde. Um 1890 kamen Fremde als
Arbeiter sozusagen gar nicht mehr in Frage. Die Arbeiter waren durchgehend ortsansässige Leute
oder sie stammten aus der nächsten Umgegend. Was den Charakter der Arbeiter angeht, wird
gesagt, dass sie durchweg fleißige und achtbare Leute waren; Verbrechen und Vergehen kamen
nur selten vor.
Der Zuzug aus der Fremde brachte selbstverständlich auch viele Arbeiter aus nicht katholischen
Gegenden nach hier. Bis zum Jahre 1739 war die Warsteiner Eisenindustrie latent gewesen,
gebunden an Zeitverhältnisse und Örtlichkeit. Besondere Schritte waren nicht zu verzeichnen
gewesen; man arbeitete und hielt das Bestehende. Außerdem war der Hüttenbetrieb vor 1739
noch wenig umfangreich. Die Arbeiter werden fast ausnahmslos in der Altstadt bzw. Neustadt
Warstein gewohnt haben. Hier war Andersgläubigen der Zuzug sehr erschwert. Wenn also fremde
Arbeiter herangezogen wurden, waren sie kath. Religion. Dies änderte sich nach 1739. Der neue
größere Betrieb verlangte auch mehr an Facharbeitern. Die Qualität der Arbeiter war maßgebender als sonst. Außerdem war der Gewerke Möller auf dem Kupferhammer evangelischer Religion.
Alles dies trug mit dazu bei, dass jetzt mehr als vielleicht sonst andersgläubige Arbeiter nach
Warstein kamen. Es dauerte gar nicht lange, da waren Reibungen mit den kath. Kirchlichen Behörden auch schon vorhanden. Sehr aufschlussreich in dieser Hinsicht und auch interessant ist
nachfolgendes Schreiben des Kölner Generalvikars aus dem Jahre 1752:
Copia
Litterarum Reverendissimi et Amplissimi Dni Vicary
Generalis Coloniensis.
Adm. Rnde Dme.
Fide digna relatione mihi innotuit, quod in fodina ferarea prope Warstenam et Suttropium operta et
ad perillustrem Dnum de Hoesch pertinente ad conflandum optandumque ferrum inspectores et
operarij acatholici passim adhibeantur, eâque occasione intra breve tempus Warstenae tria mixtae
religionis Matrimonia contracts esse ferantur, quibus, quâ auctoritate assistere pastor ponerit, non
video, quae interim animarum damna ex hujuamodi in hac Archi-Dioecesi non permissis
Matrimoniis, Si impuè invalexcant, Suo tempore oritura sint, nemo non videt – ad Harc audio sub
eadem Warstensi parochia Vulgo auffm Kupfferhammer habitare Dominum reformatae religionis
famulos, famulasque catholicos habentem, quibus jesdem Sectae uxor diebus Dominicis bibliam
replicare quidui et diebus vetitis carnes opponere dicitur, quae cum in patrica Colonienei minime
ferenda, Sed Serenissimo pro Efficai remedio necessario defenrenda mihi videantur, Adm Rudo
Dres vestrae ex officio committere debui, ut auditio D.D. pastoribus Warstensi et Suttropiensi de
praemissis diligenter se informet, et de compertis rerum circumstantiis cum voto suo mihi
opportunè referat, qui interim Singulari obsequendi studio subsori ...
Coloniae, 4t Obris.
1752
Unterschrift
Die Gegensätze blieben. Im Jahre 1772 steht im Warsteiner Sterberegister eingetragen: „25.
Martii Sep. à eine Solen. Sine cruce et luce Seckler acathol (: ein Bergmann:).
Über die Zahl der Arbeiter sind aus älterer Zeit keine Nachrichten vorhanden. Erst seit 1836
werden wir darüber genauer orientiert. Eine Aufstellung aus diesem jahre gibt an: 178 Arbeiter.
Diese verteilen sich auf:
Eisenhütte
152 Arbeiter
Eisenhammer
4 Arbeiter
Gruben
22 Arbeiter
178 Arbeiter
50
Im Jahre 1926, also 90 Jahre später, waren es 531 Arbeiter und Angestellte. Hinsichtlich der
Betriebe und der Unterkunft verteilten sie sich auf:
aus Suttrop
aus Warstein
Summe
1) Hütte
Angestellte
Arbeiter
2) Eisenhammer
Angestellte
Arbeiter
11
128
35
160
46
288
-
9
131
355
9
268
531
37
176
und zwar von etwa 240 Arbeitern in Suttrop und etwa 860 Arbeitern in Warstein.
Die Zahl der beschäftigten Arbeiter seit 1836 war ansteigend, aber sehr schwankend. Dies ergibt
folgende Zusammenstellung:
1) St. Wilhelmshütte
1836: Hoher Ofen
1837: Hütte
1838: Hütte
1838:
1841:
1842:
1843:
1844:
1846:
1847:
1861:
1862:
1863:
1864:
1865:
1866:
1867:
1868:
1869:
1870:
1871:
1872:
1885:
1888:
1889:
1894:
1900:
1910:
2) Eisenhammer:
1836:
1837:
1838:
etwa
Arbeiter – Deren Familienangehörige
152 ...
473
Zus. Mit Frauen u. Kindern
140 ...
200
ausgeschlossen davon sind jedoch
die sämtlichen Köhlereien und das
bedeutende Fuhrwerk
170 ...
530
130 ...
aber schwankend
150 ...
450
210 ...
500
200 ...
500
200 ...
500
210 ...
415
256 ...
873
113 ...
93
nur Angehörige
142 ...
107
157 ...
112
182 ...
143
210 ...
171
198 ...
170
208 ...
184
240 ...
223
165 ...
darunter 13 Jugendliche
272 ...
darunter 17 Jugendliche
245 ...
darunter 10 Jugendliche
250 ...
nur männliche, darunter etwa
20 Jugendliche
130 ...
durchschnittlich
185 ...
darunter 2 unter 14 Jahre
19 von 14-16 Jahre
60 von 16-21 Jahre
203 ...
darunter 1 unter 14 Jahre
16 von 14-16 Jahre
54 von 16-21 Jahre
132 über 21 Jahre
248 ...
darunter 22 von 14-16 Jahre
68 von 16-21 Jahre
168 über 21 Jahre
268 ...
241 ...
-
4 ...
7 ...
8 ...
22
19
18
deren Frauen und Kinder
deren Frauen und Kinder
deren Frauen und Kinder
51
1839:
5 ...
12
1843:
6 ...
24
1844:
1846:
1847:
1860:
1861:
1862:
7 ...
21 ...
35 ...
87 ...
34 ...
70 ...
97 ...
16
40
83
210
71
206
135
1863:
1864:
1865:
1866:
1867:
1868:
1869:
1870:
1910:
92 ...
108
186
174
132
257
276
261
205
126
138
204
223
180
280
276
-
mit Frauen und Kindern. Es waren
dies die ständigen Arbeiter.
Seelen zusammen. Die Jahre vorher
nicht betrieben.
Seelen zusammen
Seelen,4 Reckfeuer ständig im Betrieb
Seelen
deren Familienangehörige
Seelen, auf dem Hammer
Seelen, auf der Walze usw.
deren Familiengehörige
Die Arbeiter arbeiteten durcheinander
auf Hammer- und Walzwerk
deren Familienangehörige
Darunter 6 Tagelöhner
Darunter 10 Tagelöhner
Über die Lohnverhältnisse der Arbeiter der Eisenhütte und des Eisenhammers sind für die ältere
Zeit Nachrichten nicht vorhanden. In gewissem Sinne aber waren die Löhne geregelt durch die
Bergordnung von 1669.
Für die Bergknaben und Knechte galt der ortsübliche Tagelohn. Verboten war das Aufdrängn von
Waren wie Gewand, Korn, Speck und dergleichen statt des sauer verdienten Barlohnes. Häufig
waren die Arbeiter durch diese Naturalentlohnung noch übervorteilt worden durch solche überteuerte Waren. Es wurde daher bestimmt, dass die Gewerke Arbeiter und Bergleute „mit Gelt,
oder billigmeßigen Endgelt so fern sie das freywillig, und unabgefordert begehren thun, lohnen
und bezahlen sollen“; andernfalls wurden Gewerke und Reidemeister bestraft.
Die Köhler sollten für das Fuder Kohlen zu hauen 6 Groschen, und davon zu brennen 9 Groschen
erhalten und nichts mehr. Damit habe sich ein jeder nach altem Herkommen zu begnügen.
Hinsichtlich der Hüttenarbeiter war nur für bestimmte Facharbeiter ein Wochenlohn festgesetzt:
Einem Hüttenmeister
Einem Steinpucher
Einem Uffgeber
Dem andern Uffgeber
wöchentlich
wöchentlich
wöchentlich
wöchentlich
2 Rthlr. 18 Gr.
1 Rthlr. 12 Gr.
27 Gr.
1 Rthlr. 27 Gr.
Überdies sollte den genannten vom Hüttenherrn wöchentlich „nothdürfftiges Getränck oder dünne
Bier“ dazu gereicht werden. Für alle anderen Arbeiter galt wieder der ortsübliche Tagelohn. Auch
den „ledernen Balgmacher“ war verboten, zu hohe Löhne zu fordern. Es wurde daher bestimmt,
dass sie auf jedesmalige Erfordern sich auf Hütten und Hämmern einzufinden und die Bälge zu
reparieren gehalten seien. Nach altem Gebrauch sollten sie erhalten:
Für ein paar neue Hüttenbälge zu machen
davon aufzuschlagen und zu schmieren
für ein paar neue Hammerbälge zu machen
davon aufzuschlagen und zu schmieren
6 Rthlr.
2 Rthlr.
3 Rthlr.
1 Rthlr.
Weiter sollte den Balgmachern nichts als notdürftiges Essen und Trinken über der Arbeit gereicht
werden. Die Hammerschmiede hatten ebenfalls in jener Zeit überfordert; damit aber sie wie auch
die Reidemeister ihr Auskommen haben möchten, wurden bestimmte Richtlinien festgesetzt:
Für ein Fuder Eisen zu schmieden in gemein
das Zangeneisen wurde abgeschafft
Für einen neuen Hammer zu machen nebst Trinkgeld
Für einen neuen Ahnbold sowie auch eine Hammerwelle
3 Rthlr.
4 Rthlr.
52
wurden die Löhne geregelt.
“Was die Hammerschmiede aber an anderen Gebäwen und Stücken verdienen können, soll ihnen
ferner auff Erkäntnuß gegeben werden“. Die Entlohnung sollte auch hier nur in Geld und nicht in
Eisen erfolgen.
Im allgemeinen galt also für die Hütten- und Hammerarbeiter der Tagelohn, und dieser war gering,
er genügte nicht zum notwendigen Lebensunterhalt. Es war eben kein ständiger Verdienst. Häufig
waren die Lohnausfälle durch Beschränkungen in der Betriebszeit durch Dürre und Kälte; hinzu
kamen die Werksreparaturen, welche zeitweilige Stillegung im Gefolge hatten. Es bleib also nichts
anderes übrig, als den notwendigen Lebensunterhalt durch Nebenarbeiten zu ergänzen. Daher
waren die Hütten- und Hammerarbeiter fast ohne Ausnahme geringe Landbauern, Haus- und
Grundbesitzer, hatten dazu auch wohl noch Pachtland. Ihre Ländereien bestellten sie nach
beendeter Schicht. Infolgedessen erreichten in hiesiger Gegend die Löhne auch nicht den hohen
Stand wie in eigentlichen Industriegegenden. Die Tagelöhner waren meist als Handlanger tätig.
Es war Brauch, dass sie heute diese Arbeit verrichteten, morgen schon vor dem Schmelz- oder
Schweißofen oder an der Walze arbeiten mussten. Sie wurden zu jeder Arbeit, die eben nötig war,
herangezogen.
Nach mündlicher Überlieferung hat der Tagelohn um 1600 etwa 50-70 Pfennig betragen, um 1850
herum etwa 12-14 Groschen. Für Arbeiten unter Tage galt in der Regel eine Schicht von nur 8
Stunden; für Tage- und Aufbereitungsarbeiten dagegen eine Schicht von 12 Stunden. Für die
achtstündige Schicht der Bergleute wurde gezahlt im allgemeinen
um 1830
60-90 Pfg, dieser Lohn war aber bereits gestiegen,
1866 auf
1,60 – 1,80 M. derselbe stieg weiter, um dann wieder zu fallen
1872/73 auf
3,50 – 4,00 M.
1878 auf
1,80 – 2,60 M.
In den Eisensteingruben aber war der Lohn größeren Schwankungen unterworfen, derselbe war in
hiesiger Gegend niedriger. Hinsichtlich der Löhne der Fuhrleute wird auch der ortsübliche Tagelohn als Grundlage gedient haben. Im übrigen lag es bei den Gewerken selbst, nach ihrem
Können auch höhere Löhne zu zahlen. Um aber auch hier Überforderungen zu verhüten, wurde
für „die Zug-Viehe haltende Unterthanen“ welche Erz- und Kohlenfuhren leisteten, durch eine
Verordnung vom 23. Dez. 1766 der Fuhrlohn festgesetzt, einerseits sollten die Gewerkschaften
dabei bestehen können, andererseits sollten die Untertanen aber auch keine begründete Ursache
haben, sich dagegen zu beschweren.
Es wurden unterschieden Fuhren bei schlechten nassen Wegen und bei guten trockenen Wegen.
Im ersteren Falle wurden festgesetzt für 18 Ctr. Erz oder 1 Fuder Kohlen zu fahren auf ½ Stunde
12 Mariengroschen, auf 1 Stunde ... 16 Mariengroschen, auf 2 Stunden ... 24 Mariengroschen, auf
3 Stunden 1 Rthlr, über 2 Stunden für jede Stunde 12 Mariengroschen. Bei guten trockenen
Wegen sollte unter gleichen Lohnverhältnissen statt 18 Ctr. Erz jetzt 20 Ctr. geladen werden,
entsprechend waren auch die Kohlenfuhren zu erhöhen.
Zu den weiteren Verbesserungen von Löhnen und Gehältern in neuerer Zeit kam hinzu die Versorgung der Arbeiter durch das Hüttenwerk selbst. Im Geschäftsjahre 1914/15 wurde durch Bereitstellung eines größeren Betrages der Grundstock gelegt zu einem Pensions- und Unterstützungsfonds.
Aus der Lohnsumme schließlich lässt sich entnehmen, welch große Bedeutung die Gründung von
Eisenhütte und Eisenhammer für das Wirtschaftsleben hiesiger Gegend im Gefolge gehabt hat. Im
Jahre 1927 wurden an Löhnen und Gehältern gezahlt nach Suttrop: 563405 RM, und nach
Warstein: 305937 RM.
Im übrigen bestimmten sich die Rechtsverhältnisse der Arbeiter nach der Sonderstellung der
Hütten- und Hammerplätze. Diese galten als besondere Gemeinwesen, als sog. Freiheiten unter
Aufsicht der Bergämter.
Unwille, Schlägerei und Scheltworte waren im Bereich dieser Freiheiten untersagt. Nötigenfalls
hatte das Bergamt sich einzumischen und die mutwilligen Gesellen ernstlich zu verwarnen bzw.
der Gebühr nach zu bestrafen. Blutrunst war vom Berghauptmann je nach dem an Leib oder mit
Geld zu bestrafen. Das gleiche galt für Fremde, die sich derartige Delikte erlaubten.
53
Sofern die Berg-, Hütten- und Hammerleute nicht auf dem Hütten- bzw. Hammerplatz wohnten,
waren sie den dort Wohnenden in mancher Hinsicht gleichgestellt. Frei waren sie namentlich von
jeglichen Personaldiensten, und auch von verschiedenen Abgaben.
Am 21. Jan. 1829 fragte der Faktor Ferdinand Linnhof, Eisenhütte bei Suttrop, bei der Regierung
an, ob nach dem Gesetz vom 1. April 1811 die Berg-, Hütten- und Hammerleute, welche von
Personaldiensten frei seien, auch von der Beilieger-Abgabe befreit wären. Die Stadt Warstein
hatte nämlich von den Fabrikarbeitern, welche auf dem Gräfl. Von Hallbergschen Eisenhammer,
¼ Stunde von Warstein, beschäftigt waren, die Beilieger-Abgabe verlangt. Die Regierung zu
Arnsberg wies unterm 3. März 1830 darauf hin, dass nach der Großherzoglich-Hessischer Verordnung vom 1. April 1811 die auf Berg-, Hütten- und Hammerwerken angestellten Personen kein
Beiliegergeld zu zahlen haben. Soweit die Arbeiter (Fabrikarbeiter und Bergleute) auf dem
Hammer (hier kam der Kupferhammer in Frage) wohnten, hatten sie keine Gemeindenutzungen,
lebten nur von ihrem Lohn und brauchten keine Beilieger-Abgaben zu bezahlen.
Die gen.Verordnung bestimmte:
1) die auf Berg-, Hammer- und Hüttenwerken angestellten Personen sollten befreit sein von der
Bezahlung der Beisassen (Beilieger), Gelder für ihre Person sowohl als auch von Leistungen
gemeiner Dienste, überhaupt von Personallasten.
2) es sollte ihnen erlaubt sein, in den Gemeindewaldungen sich zu beholzigen und sich der Gemeindeweide zu bedienen. Für diese Fälle sollten sie aber ebensoviel zahlen als ein Beilieger,
oder es werde noch eine diesbezüglcihe Verordnung ergehen.
U.a. hatte die Stadt Warstein auch vorgebracht, dass wenn obige Verordnung Anwendung finde,
die meisten Beiliegergelder wegfallen würden. Den Wald nützten die Arbeiter dennoch, indem sie,
begünstigt durch den in der Nacht stattfindenden Abgang von dem Werk, das Holz aus dem
nahen Walde stahlen bzw. stehlen würden. Eine Änderung in diesen Verhältnissen betr. Beiliegerabgabe trat erst ein, als das Puddlingswerk eingerichtet wurde. Letzteres unterstand nicht mehr
dem Bergamt.
Alle oben erwähnten Rechte der Berg-, Hütten- und Hammerleute bedeuteten für diese eine große
Bevorzugung. Diese Sonderstellung war ihnen deshalb gewährt worden, weil die Landesregierung
es sich damals besonders angelegen sein ließ, das Berg- und Hüttenwesen zu fördern. Den
Rechten standen nun aber auch Pflichten gegenüber.
Bergleute, Hüttenmeister, Hammerschmiede und –knechte sollten nach den damaligen Bestimmungen nicht außer Landes ziehen, da man ihnen genugsam Arbeit im Lande selbst an die Hand
tun könne. Unter schwere Strafe war gestellt das Nachziehen anderer Arbeiter. Auf der anderen
Seite war den Gewerken und Reidemeistern anbefohlen, einheimische Arbeiter stets fremden
vorzuziehen. Ausnahmen konnte nur der Berghauptmann gestatten. Der Berghauptmann sollte
ferner nicht zulassen und gestatten, dass andere Gewerke die Arbeiter auf den Hüttenwerken
usw. mit Geld und guten Worten an sich ziehen. Darum waren die Arbeiter verpflichtet, die versprochene Zeit auszuhalten. In Sommer- und Winterzeit, da man die Arbeiter besonders benötigte, sollte keiner ohne erhebliche Ursachen austreten und zum Schaden seines Herren die
Arbeit liegen lassen, was wieder unter besondere Strafe gestellt war.
So zielten die Rechte und Pflichten der Arbeiter vor allem darauf hin, den Hütten und Hämmern
einen ausreichenden und guten Arbeiterstand zu erhalten und zu sichern.
6. Die Fabrikation
In einem bereits erwähnten Schreiben aus dem Jahre 1739 an den Oberjägermeister von Weix
erkundigte sich Baron von Hoesch nach guten Schmelzern, Formern und Hammerschmieden.
Damit gab er die Richtung an, in welcher er seine Eisenschmelze zu betreiben gedachte. Was
zunächst die Eisenschmelze angeht, ist übr den Schmelzprozeß als den ersten Teil der
Fabrikation im allgemeinen folgendes vorauszuschicken:
Waren Eisenerz, Kalkstein und Kohlen in genügender Menge herangeschafft, dann wurde „die
Hütte in Gang gebracht“, die Eisenschmelze wurde „angeblasen“. Die Oberaufsicht hatte der
Hüttenmeister oder Eisenschmelzer. Um den Hochofen zu füllen, zu stellen, zu beschicken, waren
für gewöhnlich 2 Hüttensteller oder Aufgeber, auch Massenbläser genannt, angestellt. Es waren
die Beschicker und Schmelzer des Hochofens.
54
Eisenerz, Kalkstein und Kohlen wurden in einem bestimmten Verhältnis zueinander zusammengesetzt, was man als eine Gicht bezeichnete. 1 Gicht bestand gewöhnlich aus 1 ½ To. Holzkohlen, dazu als eigentliche Beschickung etwa 3 Ctr. Eisenerz und Kalkstein. 10 Gichten waren
eine Massel oder Goße, etwa 700 kg im Gewicht. Den Schmelzprozess als solchen bezeichnete
man mit „Niedergehen“; jedes Niedergehen dauerte 16-20 Stunden. Es konnte allerdings auch
vorkommen, dass erst in 24 Stunden eine Goß, und zwar von nur 500 kg herausgebracht wurde.
Gefördert und durchgeführt wurde das Schmelzen durch Verblasen der Holzkohle mittels Blasebälge aus Holz, später aus Leder. Diese, durch Wasserkraft in Bewegung gesetzt, erzeugten eine
kalte Gebläseluft. Da sich im Sommer die Wassermenge des öfteren sehr verringerte wurde mitten im Sommer seltener angeblasen. Auch, wenn um diese Zeit wenig Wasser mehr zu erwarten
war, wurde zum letzten Male aufgegeben und darauf die Hütte ausgeblasen.
Damit der Schmelzprozess ordentlich und mit Erfolg durchgeführt werden konnte, hatten Hüttenmeister wie Aufgeber sorgfältig Obacht zu geben. Konnte der Hüttenmeister sich auf seine
Arbeiter nicht verlasse, übernahm er die Aufsicht selbst. War der Hochofen infolge Unachtsamkeit
ausgegangen, dann sagte man, er ist krepiert; musste er ausgeblasen werden, dann hieß es,
dass die Hütte „sich nicht hat schicken wollen“, oder, dass sie „aus der Maßen schlecht gegangen“ sei. Zumeist war hieran die Lässigkeit der Arbeiter schuld.
Wenn der Hochofen entleert war, dann blieben an den Wänden die Schlacken zurück; diese
wurden mit einer Pickelhacke ausgehauen, um aus ihnen in der Schlackenpoche das noch vorhandene Erz zu entfernen und weiter zu verwenden.
Im besonderen ist über den Anfang der Eisenschmelze Suttrop folgendes festzustellen:
Der erste Schmelzversuch wurde bereits Anfang Herbst 1740 gemacht. Derselbe scheint aber
nicht so ausgefallen zu sein, wie man wohl zunächst erwartet hatte. Von Bonn aus schrieb
dieserhalb Baron von Hoesch an den Oberjägermeister: „die einen meinen, die Art und Eigenschaft des gegrabenen Eisens wäre schuld, dass das Schmelzen nicht vonstatten gegangen sei,
andere dagegen halten dafür, dass die Stellung nicht also eingerichtet gewesen sei, wie es die
Natur des Eisens erforderte“. Dass dem Baron namentlich an dem zu verwendenden Erze viel
gelegen war, geht aus einem weiteren Schreiben, Augustenburg, den 16. Juni 1741, an den Oberjägermeister hervor. Von Hoesch bemerkt darin, „man sagt mir, dass annoch einig frembder stein
zum guten Betrieb meines Hüttenwerks“ geeignet sei. Dass aber auch hier schon bald ein Wandel
geschaffen war, ergibt sich aus der Röhrenlieferung des Jahres 1741. Wahrscheinlich zielt auf
diese Verbesserung in der Zusammensetzung des Eisensteins noch folgende Bemerkung hin im
Schreiben, Bonn, den 17. Okt. 1740, an den Oberjägermeister: „Eine Belehnung auff das
silbacher bergwerck sampt allen darin erfindtlichen eisen ohne unterschied werden Ew.Hochwohl,
hierbei gebeten“, für mich ausfertigen zu lassen.
Das Ergebnis des Schmelzprozesses war das Roheisen, auch Raueisen genannt. Dies aus dem
Eisenstein gewonnene Raueisen, das sog. Goßeisen, war aber noch kein fertiges Material. Es
wurde nämlich, wie es heißt, „das aus dem Eisenstein geschmolzene rawes sogenannte Goeß
Eisen für ein verfertigtes Metall (: wozu es erst auf den Stabhammer zubereitet werden muss :)“,
keineswegs anerkannt; es sei nicht „mit dem formbeisen, Öffen, braupötten und dergl.“ zu
vergleichen, „weil dieselbe auf den Hütten nach des Hüttenmeisters abgiesung durch besondere
förmermeister geleutheret, fort zu fertiger Ware aptiret“; darum heißt es: „eine Goß ist kein
gefertigtes Metal“. Das Goßeisen musste also erst von der „stelle“ weggeführt und auf den
Hammer gebracht werden, damit es dort zu Stabeisen geschmiedet und gefertigt wurde. Erst
dann wurde des fertiges Eisen unter der Bezeichnung Stabeisen, ebenso wie das Formeisen der
Gießerei.
Das Roheisen der Suttroper Eisenhütte kam anfänglich für eine Weiterveräußerung nicht in Frage,
wie Baron von Hoesch selbst sich einmal äußerte. Es wurde vielmehr restlos im eigenen Betriebe
weiterverarbeitet. Teils ging es als Gusseisen in die Gießerei, teils erfolgte dessen Weiterverarbeitung auf dem Eisenhammer, und zwar entweder zu Stabeisen oder zu Schneideisen.
Die Fabrikation, der Betrieb, erstreckte sich auf ein ganzes Jahr, konnte aus manchen Gründen
praktisch aber nicht ganze 12 Monate durchgeführt werden. Der Ausdruck hierfür war: „Hüttencampagne“. Der Eisenguss war also das erste, was Baron von Hoesch auf seiner neuen
Eisenhütte zur Durchführung brachte.
55
Am 4. Juni 1741 schrieb der Baron von Augustenburg aus an den Oberjägermeister: „Heute noch
schreibe ich an Schnobel, umb darahn zu sein, dass eine anzahl eyserner röhren für ihre kurfürstl.
Dhlt. verfertigt und nach Deutz geliefert werden mögten“. Aber eigentlich hätte man mit der Fabrikation ja warten können bis auch der Eisenhammer errichtet und in Betrieb genommen war. Aber
es war wohl das gute Verhältnis zum Kurfürsten, welches den Baron veranlasste, zuerst und zwar
sofort mit dem Eisenguss zu beginnen. Mit den eisernen Röhren wollte er dem Kurfürsten in etwa
seinen Dank für die Konzession abstatten. Andererseits scheint er aber auch gerade ihm mit den
ersten Beweisen von den Leistungen seines neuen Werkes haben aufwarten wollen. Dies muss
man schon annehmen, weil Baron von Hoesch, wie Hashagen berichtet, in jeder Weise dem Kurfürsten entgegenzukommen bestrebt war. Nicht allein, dass er dem Kurfürsten seine Bonner Wohnung für einige Tausend Reichstaler unter Wert überließ, er gestattete ihm auch, die Poppelsdorfer Allee durch seinen Grundbesitz zu legen, ohne je dafür entschädigt worden zusein. Eine
andere Allee gestattete er durch seine Waldungen zum Schloss Herzogsfreude. Auch die Menagerie und die Pepiniere zu Poppelsdorf sind teilweise auf von Hoeschs Grund und Boden erbaut.
Häufig sogar auch gab er dem Kurfürsten Vorschüsse aus seiner eigenen Tasche.
Bei der gen. Lieferung handelte es sich um eiserne Röhren im Werte von 3076 Gulden Curant,
das Tausend zu 33 T., 1000 Deutz, für das Wasserwerk des kurfürstlichen Schlosses Augustenburg in Brühl, wo auch von Hoesch sich häufiger aufhielt. „drey röhren“, so schreibt der Baron
weiter, „werden wohl (zu) ohngefähr zweitausend Centner gemacht werden müssen“, für die
Untertanen wäre „mit dem Fuhrlohn bis nach Deutz etwas zu verdienen“. Damit kam von Hoeschs
Sorge für das Gemeinwohl schon gleich zum Ausdruck.
“Monsieur Schnobel (Schnabel) Warstein“ weiter tilte er unterm 11. Juni 1741 mit, Adamus
Waßermann, der Überbringer des Schreibens, habe es übernommen, für den Kurfürsten „ein
fontainen werck“ anzulegen, „wofür die Eisernen röhren auff dasiger meiner Hütten Verfertigt
werden sollen“. Die Arbeit müsse sofort begonnen werden; auch müsse mit den dortigen Untertanen verhandelt werden, „umb diese röhren centner weise biß nach Deutz gegenüber Köln zu
lieffern“. Adam Waßerfall (der obengenannte) werde solange auf der Hütte verbleiben, bis eine
Ladung Röhren fertig sei. Zollfreiheit könne den Fuhrleuten ausgebracht werden; auch werde er
den Fuhrleuten „retour fracht besorgen“. An Vergütung werde er 10 Rthlr für je 10 Zentner bis
Deutz bezahlen.
Das war der Anfang der Eisengießerei. Sie war im Hüttengebäude untergebracht. Ursprünglich
wurden die Gußwaren unmittelbar aus Roheisen aus dem Hochofen hergestellt. Dann wurde für
die Gießerei ein eigener Hochofen gebaut. Erst später erfolgte das Umschmelzen in Cupol-,
Flamm- und Tiegelöfen. Auch weiterhin machte der Eisenguß einen bedeutenden Teil der Fabrikation aus. Eine Nachricht vom 16. Dez. 1800 besagt, dass das Werk „wegen Kohlenabgang“ 1 ½
Jahre stillgestanden habe. Tatsächlich scheint es aber schon bald wieder in Gang gekommen zu
sein; denn 1804 wird berichtet, dass Frau von Hallberg für die Warsteiner Hütte in 12 Stunden 12
Ctr. Gusswaren und Roheisen (kaltbrüchiges) habe herstellen lassen und nach Lippstadt und
Bielefeld abgesetzt habe.
Um 1850 wird der „Fensterrahmen Heerdguß“ erwähnt. Vier Stück zu 249 Pfund, a 1 ¼ Thr pro
Pfund, kosteten zusammen 10, 11, 3 Thr.
Nach Aufgabe des Hochofenbetriebes ging das Werk über zum reinen Kopolofenbetrieb. Die bisherigen Erzeugnisse wurden beibehalten; hinzu kam als neuer Herstellungszweig: Handels-,
Maschinen- und Bauguß, welcher besonders gepflecht wurde.
Nach 1893, nachdem Warstein den Anschluß an die WLE erlangt hatte, sah man eine weitere
Aufwärtsentwicklung voraus; dazu wurde eine Sanierung des Unternehmens erforderlich. Hinzu
genommen wurde als weiterer neuer Fabrikationszweig: Kanalisationsartikel sowie die Erzeugung
von Koch- und Heizapparaten nebst Wasergasanlagen und Schweißanlagen. Die Apparate für die
letzteren waren damals noch unvollkommen und wurden sie erst durch eingehende Versuche von
Dellwick und Fleischer auf der St. Wilhelmshütte in Warstein Anfang der neunziger Jahre derart
vervollkommnet, dass dies Prinzip heute noch bei sämtlichen Wassergasanlagen angewandt wird.
Diese Wassergasanlagen dienen sowohl der Beleuchtung ganzer Städte als auch für Schweißund Glühanlagen. Namentlich war es der damalige Direktor Lämmerhirt, der sich durch die unermüdliche Förderung dieses Geschäftszweiges einen Namen erworben in der Geschichte der
Wassergasindustrie.
56
Weiter wurde durch Einführung von hydraulischen Formmaschinen in den nächsten Jahren die
Massenfabrikation von Eisenguß für Öfen und Herde betrieben: Dauerbrandofen, Kochöfen,
gusseiserne Herde, Industrieöfen für alle Verwendungszwecke, für Gas-, Öl- und Koksfeuerung.
Neben dem allgemeinen Handelsguß wurde besonders solcher für landwirtschaftliche Maschinen
hergestellt. Sämtliche Erzeugnisse sind bis heute beibehalten.
Die Fabrikation auf dem Eisenhammer erfolgte in der bekannten Weise durch die Hammerschmiede. Als solche besaßen diese eine gewisse Selbständigkeit. Die Bergordnung bestimmt
darüber: Wenn der Reidemeister seinem Hammerschmied 2 Kahr Roheisen liefert, hatte dieser
daraus zu schmieden 16 Wagen „gut untadelhafft geschmittes Eisen“ und ohne den geringsten
Abgang dem Reidemeister wieder zu liefern. Dazu sollten ihm nicht mehr als 4 Fuder „gute
buchenn Kohlen“ geliefert werden; damit musste er auskommen; andererseits hatte der Reidemeister dafür zu sorgen, dass nur gute Kohlen geliefert wurden und soviel, dass sie dem Hammerschmied ausreichten. Für sich selbst durfte der Hammerschmied weder schmieden noch
schmieden lassen; im übrigen hatte er gutes und tüchtiges Eisen zu schmieden.
Das geschmiedete Eisen war das sog. Stabeisen, in der Herstellung aber sehr verschieden
geartet. Man unterschied:
Stabeisen und Schmaleisen
Nagelstäbe (Zaineisen)
Gemeine Stangen
Schneidstangen zum Spalten (geschnittenes Eisen)
Stieleisen für Stielschmiede
Pannenstieleisen, dazu die Luppen
Ursprünglich ging die Fabrikation dahin, Stabeisen in den gen. Formen darzustellen. Es wurde
aber auch schon auf Bestellung hergestellt. Das Stabeisen war entweder „vierkandtet“ oder „platt“
(Körtl. Hammer 1790). Für den Fall, dass das letztere den Anforderungen des Bestellers nicht
genügte, bemerkte derselbe wohl, „dass platte Eißen muß aber dünner wie vorhin geschlagen
sein“. Ferner wurde Stabeisen nach Gewicht verlangt, wie sich aus folgenden Nachrichten ergibt:
1767/68: „einen stab eisen von 54 Ü p. 1 ½ gr. ... 2,9 Rthlr.
1859: 8 Stäbe Hammereisen 895 Ü a 22 Pfg = 54 Thlr 21 Sgr.
Weitere Anweisenungen (Körtl. Hammer) waren:
“von 1 Stab sollen 3 oder 4 Fausthämmer gemacht werden, eine plathe zur Feuerschüppen, 2
eiserne Hämmer von 18 Ü wie beigehendes Holtz nachweiset, dicke vierkantige staeffe zu stein
pfählen usw.“ Auch Brecheisen wurden geliefert. Immer aber wurde nur gutes Eisen verlangt, „so
nicht brochlich wie vorhin gewesen“.
Das Warsteiner Stabeisen war ein bekanntes Qualitätseisen für Sensen. Es wurde in möglichst
angerostetem Zustande,der zum Teil sogar künstlich durch Übergießen mit Wasser hervorgerufen
wurde, mittels Fuhrwerke nach Danzig, Stettin usw. gebracht, von wo es als schwedisches
Senseneisen wieder in das Inland zurückkam.
Ein weiterer Zweig der Fabrikation in älterer Zeit war das geschnittene Eisen, hergestellt in der
dem Hammerwerk eingebauten Eisenschneidmühle. Abnehmer waren namentlich die
Nagelschmiede. Im Jahre 1837 wird Walzeisen erwähnt, in größerem Umfange fabriziert nach
Einführung des Puddlingsverfahrens.
Nach Aufgabe der Herstellung von Walzeisen wurden neben dem Stabeisen in der Hauptsache
Wagenachsen hergestellt, und zwar für Last- und Kutschwagen sowie später auch für Autoanhänger. Dieser Zweig der Fabrikation wurde derart ausgebaut, dass die Erzeugung mit an die
Spitze der Konkurrenzfabriken trat. Dieser Zweig der Fabrikation wurde derart ausgebaut, dass
die Erzeugung mit an die Spitze der Konkurrenzfabriken trat.
1925/26 erstreckte sich das Gesamtfabrikationsprogramm des Werkes in der Hauptsache auf:
Röhren,
Maschinen u. Bauguß,
Heizkörper,
Pioanoplatten,
rohe und emaillierte SanitätsGaswerksarmaturen,
gegenstände,
Grauguß f.d.Eisenbahnbedarf,
Kanalisationsguß,
Industrieöfen, wie Härte-,
Badewannen,
Glüh-, Schmiedeöfen f. Gas- u.
57
gußeiserne Geschirre, Herde, Öfen,
Wagenachsen aller Art,
Ölfeuerung,
Wassergasanlagen.
7. Die Produktion
Für die Produktion, das Mengenergebnis der Fabrikation, war es von großer Bedeutung und
Vorteil, dass Eisenhütte und Eisenhammer zunächst auf lange Jahre im Eigentum einer Person
vereinigt waren. Denn das Vorhandensein mehrerer Eigentümer ist in früheren Zeiten dem
Produktionsprozeß nur hinderlich und von Nachteil gewesen.
Bei einer solchen Mehrheit von Eigentümern war das Eigentum der einzelnen Teilhaber anfänglich
ein ideller Teil des Gesamtbesitzes an der Hütte. Erst später trat an die Stelle der ideellen Teilung
eine reale Teilung. Noch aber waren diese Anteile nicht formalen Charakters, nicht als Aktien zu
betrachten und dienten sie noch nicht etwa zur Verrechnung. Es wurde vielmehr an dem einen
Tage für diesen, an dem anderen Tage für jenen Berechtigten gearbeitet. Ein jeder benutzte
dabei, wie Hashagen näher ausführt, seinen besonderen Eisenstein, sein besonderes Roheisen,
seine besonderen Holzkohlen. Die Schuppen und Lagerplätze für Erz, Schrott, Kohlen und
Fertigwaren waren ebenso „rarierlich“ verteilt wie die Reparaturen. Ein jeder Teilhaber erhob auch
auf die Fertigwaren anteilmäßig seinen Anspruch. Dass solche Zustände nicht allein dem Betrieb
hinderlich waren, sondern auch zu manchen Streitigkeiten führten, liegt auf der Hand.
Ganz anders zu beurteilen ist demgegenüber die neuere Zeit. Die neuere Zeit erst mit ihren
anders gearteten Personengesellschaften brachte den eigentlichen Fortschritt. Die ältere Zeit
haftete trotz eines gewissen Fortschreitens dennoch zu sehr am Hergebrachten, dokumentierte
sich lediglich in dem Erfolg der Neuanlage, ohne jedoch, wie bereits erwähnt wurde, über ein
gewisses Niveau nicht hinauszukommen. Für die erste Zeit des Bestehens gibt Baron von Hoesch
selbst in einem undatierten Schreiben (1750-61) über die Produktion folgendes an:
“Auff meiner Schmeltze in Westphalen werden täglich 3600 W rohes Eysen verfertigt. Und von
zweyen Hammern bekomme ich monathlich selten (mehr als) 24000 W Eysen, also dass (ich),
wohe ich in Erbawung einer zweyten Schmeltzhütten begriffen bin, das darab kommendes rohes
Eysen auff die beisherige Art mit zehen Eyßenhammern nicht wurde verarbeiten können...“.
Nach dem siebenjährigen Kriege scheint die Produktion sehr zurückgegangen zu sein, weil das
Werk durch den Krieg arg gelitten hatte; darüber wird von von Hoesch in den Jahren 1763/64
mehrfach geklagt. Weitere Angaben über den Umfang der Produktion der ersten Zeit lassen sich
nicht machen, weil seitens der Obrigkeit nur verlangt wurde, über die Erzförderung Bücher zu
führen, diese Bücher aber ebenso wie die vorgeschriebenen Geschäftsbücher nicht mehr vorhanden sind.
Über die Produktionsarten, die verschiedenen Fabrikate, geben für die ältere Zeit erfreulicherweise wieder einige Rechnungen des Warsteiner Stadtarchivs Auskunft. Sie mögen hier folgen:
Stadt Warstein
Soll
1787
R.
Gr.
Jaary.30. An zur Sägemhle ein HebEisen 32w a ½ gr.
1
12
May 7/8
43 et 74w stabEisen 117 w
4
31 ½
10
Nägel 50 st 2 ½ wige (pfündige)
4½
Juny 14
dto.
80 st dto.
4½
July 3
200 st 4 wige a 12 gr.
24
9
200 st dto.
24
12
200 st dto.
24
13
50 st. pro Sägemüller
6
100 st 4 wige et 200 st. 2 ½ wige
30
17
100 st dto.
-- 100 st. 3 wige -100 st. 1 wige
28
19
200 st 3 wige, 50 st. 1 wige
23
21
200 st 2 ½ wige
18
25
50 st 2 ½ wige, 100 st 3 wige
14 ½
11,
28 gr.
Eisenhütte bei Suttrop
am 22ten November 1787
J.W.Schnabel, mppria.
58
Vorstehene R. 11-28 gr. Von H.Camerario Bergendahl in gegen Rechnung zahlt zu seyn,
bescheinige hier durch
J.W.Schnabel, mppria.
Eine weitere Rechnung „Auf den Eisenhütten bei Suttrop, am 27ten November 1788“ enthält u.a.
folgende Angaben:
april 22.
2000 st. Pliesternägel
1,
Aug.11
8 w Bley
-,
Obr. 13
9 ½ w sturtz
1,
Weitere Lieferungen betrafen:
1794, März 14.
63 w Stiefel Rohr nebst Extra arbeit
an (Meister) Ruth
1796, Mai 2.
14 w Schwaack BandEißen
1796, Febr.
879 w Stabeisen
Arbeitslohn das in diesem
Stabeisen steckendem geschirre
Stahl, reparatur und dazu verbrauchte Kohlen
Nov. 2.
2 stk. F Platen Offen 2000
1 stk. 8 son. Piramidoffen 354 w
Hergestellt wurden auch Wagen mit Gewichten.
1797, Jan. 10.
An 72 W Ofen Rohre
1803, Mai 12.
An eine Winde
1804, Aug. 25.
An 1 Platten Klopper
Sept. 24.
An 1 saagenblatt
4,24,6 ¾,-
-
Rthl.
“
“
R. 6,12,R. -,56,R.65,55,2
R. 7,8, R. 40,-,R. 26,32,-
11,31 Rthlr.
14,--,-- Rthlr.
104 w
61 w
Am umfangreichsten waren die Lieferungen von Stabeisen an die Stadt. Es war üblich, bei den
Städten damaliger Zeit, größere Mengen Eisen vorrätig zu haben, um es gegebenenfalls sofort
von den Schmiedemeistern verarbeiten lassen zu können.
Genauere Angaben über die Produktion finden wir erst in neuerer Zeit, seit etwa 100 Jahren. Aber
auch diese sind vielfach summarisch berechnet, geben also nur den ungefähren Stand wieder.
Wertvoll sind sie aber immerhin, namentlich deshalb, weil sie einen Ausblick gestatten, über den
jetzt beginnenden eigentlichen Fortschritt und Aufstieg. Als Unterlagen hierfür dienten die
jährlichen Berichte, welche von dem Hüttenwerk der Verwaltungsbehörde eingereicht werden
mussten.
1) Die St. Wilhelmshütte
1836:
Gusswaren
5545 Ctr.
Wert 22186 Thlr.
Roheisen
9598 Ctr.
Wert 19196 Thlr.
Stabeisen
4000 Ctr.
Wert 18000 Thlr.
Verarbeitet wurden aus den Gruben Südbruch, Knick und Christoph sowie Rothland
4983 to Eisenstein mit 1360 Olpe Waren Holzkohlen.
1837:
Roheisen
132176 w
Wert 3349,10 Thlr.
Roheisen
35290
Verdeckter
Guß
51168 w
Wert 2046,22 Thlr.
Heerdguß
43996 w
Wert 1143,27 Thlr.
Maschinenteile
145878 w
Wert 6709,12 Thlr.
Lehmguß aus
Öfen besthend 14524 w
Wert
580,29 Thlr.
Verbraucht wurden, da das Werk, wie es heißt, noch nicht ganz vollendet sei, 6000 to
Eisenstein, die Tonne zu 4 Berliner Scheffel.
Außer der Hütte waren noch 5 Werkstätten im Betrieb.
1838:
Roheisen
300000 w
Wert 32000 Thlr.
1839:
Produziert wurden 9545,20 Ctr. Der Geldwert der Hüttenfabrikate sei jedoch nach
dem Verkauf erst bestimmt zu ermitteln; so könne nur der mutmaßliche Wert ange
geben werden. Im Durchschnitt seien je Centner 4 Thlr. anzusetzen.
1840:
Es wird wiederum bemerkt, dass Preise nicht angegeben werden könnten, da der
59
1841:
1842:
1843:
1844:
1846:
1847:
Preis pro 1000 w zwischen 30-50-100 Thlr. schwanke.
Roheisen wurde nicht hergestellt, es wurde angekauft.
Gußwaren
1 412 429 w
Wert 46600 Thlr.
Gusswaren, Öfen,
Töpfe, Maschinenteile 1 100 000 w
Wert 40000 Thlr.
Gußwaren
1 300 000 w
Wert 49400 Thlr.
Gußwaren,Maschinenteile
345 000 w
Wert 42111,13,5 Thlr.
Gußwaren
6485 Ctr. Wert 22697,6,- Thlr.
Roheisen
3526 Ctr. Wert
5229,15,- Thlr. in Gängen u.
Masseln
Die Konjunktur im Geschäft war schlecht, denn die Preise der hauptsächlich ins
Gewicht schlagenden Gegenstände wie: Heerdguß, Platten, Rohre usw. wurden von
den Hochöfen im Steinkohlenrevier auf 2-2 1/2 Thlr. pro Centner herabgedrückt.
1862:
1863:
1864:
1865:
1866:
1867:
1868:
1869:
1870:
1871:
1884:
Roheisen in Gängen
u. Masseln
Gußwaren
Roheisen
Gußwaren
Roheisen
Gußwaren
Roheisen
Gußwaren
Roheisen
Gußstücke aus dem Hochofen
Roheisen
Gußstücke
Roheisen in Gängen u.
Masseln
Roheisen in Gußtücken aus
dem Hochofen
Eisenwaren aus Flamm- u.
Kupolo-Ofen
Roheisen, wie oben
Roheisen, wie oben
Eisenguß, wie oben
Roheisen, wie oben
Roheisen, wie oben
Eisenguß, wie oben
Roheisen, wie oben
Roheisen, wie oben
Eisenguß, wie oben
2.Semester Roheisen
Brucheisen
2340 Ctr.
7775 Ctr.
2569 Ctr.
8423 Ctr.
12937 Ctr.
11215 Ctr.
27142 Ctr.
16177 Ctr.
33993 Ctr.
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
3276,12 Thlr.
27308,06 Thlr.
3468,6 Thlr.
28918,27 Thlr.
17249,10 Thlr.
37383,20 Thlr.
35284 Thlr.
53923 Thlr.
38741 Thlr.
17123 Ctr.
12050 Ctr.
20031 Ctr.
Wert
Wert
Wert
53081 Thlr.
15062 Thlr.
54193 Thlr.
5567 Ctr.
Wert
6680 Thlr.
12270 Ctr.
Wert
36810 Thlr.
3420 Ctr.
5976 Ctr.
13699 Ctr.
8243 Ctr.
6155 Ctr.
13704 Ctr.
9763 Ctr.
10880 Ctr.
14575 Ctr.
5236 Ctr.
424889 kg
81940 kg
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
Wert
10260 Thlr.
7768 Thlr.
42467 Thlr.
24729 Thlr.
8617 Thlr.
42482 Thlr.
27289 Thlr.
16320 Thlr.
48583 Thlr.
15708 Thlr.
Die Produktion in Gusswaren, Öfen usw. betrug 438500 kg. Die Betriebsähigkeit der
Eisengießerei war bis zum Jahre vorher lange Zeit eine mangelhafte und lückenhafte
gewesen, hervorgerufen mehrenteils durch Abgeschlossenheit von den großen Ver
kehrsverhältnissen und die damit verbundenen Transport- und Konkurrenzerschwer
nisse. Jetzt kam es durch die Eisenbahn und direkte Bahnverbindung zu einem
bedeutenderen Absatz, infolge dessen wurde die Produktion umfangreicher. Erweite
rungsbauten wurden durchgeführt.
1885:
1.Semester
Verbrauch an
Roheisen
420689 kg
Brucheisen
137531 kg
An Gußwaren, Öfen usw. wurden hergestellt
1887: vom 1.10.87 – 1.7.88 wurden verbraucht:
Roheisen
801961 kg
517968 kg
60
Brucheisen
103397 kg
An Gußwaren durch produziert
1889: 1.7. – darin 1890: Verbrauch an
Roheisen
1147169 kg
Brucheisen
306123 kg
Produktion an Gußwaren
1909/10:
Die Produktion betrug etwa
2900 to oder
828359 kg
1 048 806 kg
5 800 000 kg
2) Der Eisenhammer
1836:
Stabeisen
4000 Ctr. a 100 w
Wert 18000 Thlr.
1837:
Draht- u. Bandeisen
3112 Ctr.
Wert 14898 Thlr.
1838:
Stab- u. Schmeideeisen
3112 Ctr.
Wert 15900 Thlr.
1839:
Stabeisen
1193,70 Ctr.
Wert
6812 Thlr.
1840-42: Keine Produktion
1843:
Stabeisen
1250 Ctr.
Wert 5416,20 Thlr.
1844:
Stabeisen
1300 Ctr.
Wert 5850 Thlr.
Achsen
1363,5 Ctr.
Wert 9000 Thlr.
1846:
Stabeisen
325315 w
Wert 18234,5 Thlr.
1847:
Achsen
211123 w
Wert 15143,1,3 Thlr.
1860:
Achsen u. Zubehör
3068 Ctr.
Wert 15343 Rthl.
Dazu das Puddlingswerk.
1861:
Hammereisen
3759 Ctr.
Wert 15036 Thlr.
Walzeisen
7673 Ctr.
Wert 26855,9 Thlr.
Achsen
3487 Ctr.
Wert 19178 Thlr.
1862:
Walzeisen
3976 Ctr.
Wert 12723,8 Thlr.
Hammereisen
1890 Ctr.
Wert
7182 Thlr.
Achsen
4576 Ctr.
Wert 27548,23 Thlr.
1863:
Stabeisen
3672 Ctr.
Wert 13569,10 Thlr.
Achsen
5260 Ctr.
Wert 30508,5 Thlr.
Walzeisen
vacat wie auch später
1864:
Stabeisen
4120 Ctr.
Wert 15106,20 Thlr.
Achsen
7126 Ctr.
Wert 39093 Thlr.
1865:
Stabeisen
13067 Ctr.
Wert 47041 Thlr.
Achsen
7985 Ctr.
Wert 43917 Thlr.
1866:
Stabeisen
12410 Ctr.
Wert 43435 Thlr.
Achsen
6860 Ctr.
Wert 34345 Thlr.
1867:
Stabeisen
10700 Ctr.
Wert 34807 Thlr.
Achsen
7153 Ctr.
Wert 35790 Thlr.
1868:
Stabeisen
12530 Ctr.
Wert 42900 Thlr.
Achsen
11410 Ctr.
Wert 55853 Thlr.
1869:
Stabeisen
9147 Ctr.
Wert 32929 Thlr.
Achsen
15025 Ctr.
Wert 82637 Thlr.
1870:
Stabeisen
8677 Ctr.
Wert 30369 Thlr.
Achsen
11710 Ctr.
Wert 61405 Thlr.
1871:
Stabeisen, Puffer, usw.
11625 Ctr.
Wert 58125 Thlr.
Achsen
8154 Ctr.
Wert 44847 Thlr.
1909/10: Produktion etwa
2700 to.
Die Achsen, Achsengabeln und Pufferstangen gehörten zu den feineren Eisenwaren.
3) Die Bergwerke
Über die Förderung in den Eisenerz-Bergwerken liegen sozusagen keine Nachrichten vor.
Erwähnt werden kann daher nur die folgende, die Gruben im Kreise Lippstadt betreffend:
1836:
Grube Knick
114 to Eisenstein,
Wert 68,12,- Th
Grube Südbruch
2605 to Eisenstein
Wert 1563,--,- Th
Grube Carl
450 to Eisenstein
Wert 225,--,- Th
Grube Johannes Segen
280 to Eisenstein
Wert 224,--,- Th
Auf dem Eisenhammer wurden schließlich auch sog. Schneidwaren, Schneidemesser
usw. hergestellt. Nachfolgende Aufstellung aus dem Jahre 1838 gibt an, in welcher Art
und wie viel im Jahre auf dem Eisenhammer hergestellt werden konnten.
Strohmesser
20 Dtzd.
a
7 Thlr.
61
Äxte
25 Dtzd.
a
6 Thlr.
Bahren
18 Dtzd.
a
3,12 Thlr.
Reißer
12 Dtzd.
a
12,-- Thlr.
Scharen
Kopfbänder
Schüppen
30 Dtzd.
a
3,12 Thlr.
Forken
4 Dtzd.
a
3,12 Thlr.
Strohladenstühle
Im übrigen war die Herstellung Sache der sog. privatn Selfhämmer.
8. Der Absatz
Im Jahre 1837 berichtet die Werksleitung, dass – obgleich das Werk noch nicht ganz vollendet sei
- rund 6000 to Eisenstein verbraucht worden seien; die Produktion daraus habe etwa 1000000 w
Eisen betragen, die wir teils verfrischen, teils als Roheisen verkaufen, teils zu Gußwaren benutzen
und absetzen im Gesamtwert von etwa 60000 Talern.
Der Absatz dieser Halb- und Fertigfabrikate erfolgte durch die Gewerke oder Reidemeister. Verboten war der Verkauf von Eisen nach der Bergordnung den Hammerschmieden. Bei Zuwiderhandlung sollten sowohl der Käufer wie Verkäufer in 10 Thlr. Brüchten samt dem Eisen verfallen
sein. Daher war es auch untersagt, die Hammerschmiede mit Eisen statt mit Geld zu entlohnen.
Bei der Arbeit erübrigtes Eisen hatte der Hammerschmied dem Reidemeister zurückzugeben. Im
allgemeinen besorgten für die Gewerke oder Reidemeister den Absatz deren Vertreter, die sog.
Hütteninspektoren.
Hinsichtlich der Durchführung des Absatzes ist zu untercheiden zwischen dem direkten Absatz
und dem Absatz im Handel.
a) Der direkte Absatz
Soweit es sich um Stabeisen handelte, erfolgte der Absatz direkt an eine bestimmte Kundschaft.
Zu dieser Kundschaft gehörten in erster Linie die Schmiede wie Kleinschmiede, Grobschmiede,
Nägelschmiede usw. Als Abnehmer finden wir auch die Städte, welche stets einen gewissen Vorrat an Eisen aufstapelten, das sog. städtische Eisen.
Was die Schmiede abbetrifft, sind namentlich die Nagelschmiede zu nennen. Diese sind in
Warstein so alt wie die Eisenindustrie selbst. Es kaufte u.a. im Jahre 1607/08 die Stadt Rüthen
von Wilh. Havenicht, Schmied in Warstein, 1150 Stopfenägel. Im Jahre 1617/18 war es der
Schmied Wilh. Hagen von Warstein, dem man 1000 „Stopp vndt Barthnegell“ abkaufte. Weiter
lieferte in demselben Jahr Wilh. Bigge von Warstein „9000 vndt 200 Deckenegell vndt 600
barthnegell“ zum Rathaus zu Rüthen. 1622/23 heißt es: „Item einem schmidt von Warstein vor 4
hacken auf den Dagh vor der schnerings pforten geben 8 ß. Noch vor lattennegell ... 90 ß“. Diese
Namen kehren in den folgenden Jahren fast regelmäßig als die der Nägellieferanten wieder; es
waren die Warsteiner Nägelschmiede, welche die ganze Umgegend belieferten.
Es werden nun in Warstein im Jahre 1688 sog. Schmitter erwähnt. Im Besitz von Bürgern der Altstadt waren damals deren 4, der Neustadt 3. Für diese Schmitten bzw. Schmittenstätten zahlten
die Besitzer an die Stadt eine Abgabe von je 6 Groschen jährlich. Sie lagen vor der Stadt auf dem
Kohlmarkt. Es waren zweifellos die Schmieden der Nägelschmiede. Wir finden ihr Gewerbe bis in
die Neuzeit. Zuletzt wird eine Nagelschmiede erwähnt im Jahre 1843. Besitzer war Overbeck.
Hergestellt wurden Nägel aller Art.
Zu den Schmieden als Abnehmer von Stabeisen, gehörten vor allem noch die sog. Wappen- oder
Waffenschmiede. Diese Waffenschmiede waren meist Besitzer eines Wappen- oder Waffenhammers. Bezeichnet wird ihr Betrieb auch als „selfhammer“. So lieferte im Jahre 1762 die Stadt
Warstein Bauholz zum Selbhammer des Herm. Henr. Faber.
Hergestellt wurden von den Waffenschmieden später die sog. Schneidewaren. Im Jahre 1837 war
Waffenschmied Franz Kaspar Frisse. Er besaß einen Wappenhammer mit einem Feuer. 1839 war
Waffenschmied Josef Gerke. Er besaß ebenfalls einen Wappenhammer mit einem Feuer. Er
stellte her: Strohmesser, Äxte, Barden, Schuppen, Hacken, Pflugreister.
Bezüglich der Waren, welche in einem Jahre hergestellt werden konnten, gab der Waffenschmied
62
Friße im Jahre 1837 folgendes an:
Strohmesser
Äxte
Barden
Schüppen
Beile
Hacken
30 Dtzd.
18 Dtzd.
18 Dtzd.
16 Dtzd.
2 Dtzd.
10 Dtzd.
a 6,-- Thlr.
a 5,6 Thlr.
a 2,24 Thlr.
a 2,24 Thlr.
a 6,-- Thlr.
a 4,-- Thlr.
180,-- Thlr.
83,18 Thlr.
43,06 Thlr.
44,24 Thlr.
12,--- Thlr.
40,--- Thlr.
Was die Gußwaren angeht, erfolgte auch dieser Absatz zum großen Teil direkt an private Interessenten. Es ist weiter anzunehmen, dass sowohl Stabeisen wie Gusswaren sehr viel auf vorherige
Bestellung hergestellt und geliefert wurden. Bestimmte Sorten Stabeisen und gewisse Gusswaren
wurden auf Vorrat hergestellt und lagerten in dem sog. Lagerschuppen. Interessierte Käufer
kamen dann selbst zur Eisenhütte zum dortigen Kontor, suchten das Gewünschte aus und
nahmen es gleich mit. Im übrigen besorgte die Eisenhütte den Versand selbst.
b) Der Handel
Auch diesen besorgten die Gewerke oder Reidemeister selbst bzw. deren Vertreter, die
Hütteninspektoren, und zwar zunächst durch
aa) die Verleger oder Handelsleute
Die fertigen Waren wie Öfen, Braupötte usw. bezogen diese von der Eisenhütte und setzten sie
an die Konsumenten weiter ab.
Verboten war der Eisenhandel durch Verordnung vom 26. Juli 1678 den Juden. Darüber hatte der
Berghauptmann besonders zu wachen. Häufig brachten die Juden ausländisches Eisen ins Land,
gaben sich sogar mit dem Kohlenstürzen ab. Wegen ihrer Unredlichkeiten war ihr Treiben zum
Schaden von Hütten und Hämmern. Daher das Verbot. Trotz aller Verbote drängten sie sich aber
immer wieder in den Eisenhandel. Daher wurde durch Verordnung vom 27. Aug. 1768 eine Strafe
von 200 Rthlr festgesetzt. Diese Strafe traf auch denjenigen, welcher mit dem Juden handelte.
Und doch, um 1780 finden wir die Juden, wie sie trotz allem sogar an die Städte Eisenwaren verhandeln.
bb) Der eigentliche Handel
Die Stadt Dortmund war damals schon der Hauptsitz und Stapel der Westf. Handlung. Dort gab es
Verleger fast aller Fabrikate, und von hier aus wurde nach Holland, Bremen, Hamburg usw. der
Absatz vermittelt und weitergeleitet. Um 1750 waren es die Messen zu Frankfurt, Braunschweig
und Leipzig, welche dem weiteren Absatz die Wege ebneten. Um diese Zeit kam auch die Handelspolitik auf mit ihren Verboten und Beschränkungen im Export und Import.
Für die Eisenhütte wird dieser Handel anfänglich noch weniger infrage gekommen sein. Um überhaupt den inländischen Bedarf zu decken, hatten die Gewerke unter den obwaltenden Verhältnissen zunächst darauf bedacht zu sein, ein mögliches Absinken der Eisenfabrikation zu verhindert. In mancher Hinsicht war das Herzogtum Westfalen auch zurückgeblieben, weshalb es weniger auf den großen Handel bedacht war.Der Ausbau der Wege lag noch sehr im argen. Unabänderlich hielt man an dem Charakter der hergebrachten Fabrikation fest, so dass die Eisenfabrikation noch wenig vervollkommnet war. Man hielt die Betriebe hoch durch die Verbundenheit mit der
Landwirtschaft (Arbeiter), und durch die infolgedessen niedrigen Löhne, weiter durch den Fleiß
der Arbeiter und schließlich durch die natürlichen Vortile der Gegend: Eisen, Kohlen und Wasserkraft fanden sich in demselben Raum vereint vor.
Hatte sich nun der Betrieb der Eisenhütte auch sehr verheißungsvoll entwickelt, der siebenjährige
Krieg brachte die ersten Rückschläge. Und dann war es wie früher; haftend am Hergebrachten,
war man im allgemeinen nur darauf hinaus, die nächste und weitere Umgegend zu versorgen, für
den Absatz darüber hinaus bemühte man sich nur gelegentlich.
Die Verleger oder Handelsleute bekamen nur die Waren billiger als die Käufer im direkten Absatz.
Dem Preis selbst aber muß von Anfang an eine gewisse Kalkulation zugrunde gelegen haben.
Aus der älteren Zeit ist Näheres nicht überliefert. Eine erste Berechnung für die Herstellung von
Roheisen stammt aus dem Jahre 1852. Sie möge hier folgen:
Die Unkosten, um 1000 w Coaks-Roheisen herzustellen, werden wie folgt berechnet:
4 ½ to Eisenstein zu 8 Sgr.
1,60,-- Thr.
63
2 ½ to Kalkstein zu 2 Sgr.
1500 w Coaks, 100 w a 6 Sgr. (ist hoch gegriffen)
Fracht des Coaks von der Grube bis Soest zu 6 Meilen,
100 Ctr. a 1 Meine 16 Sgr. (dabei ist das Einladen nicht gerechnet)
Einladen
Fracht von Soest bis Hütte, 3 Meilen, Chaussee,
1 Ctr. und 1 Meile 9 Pfg. ziemlich hoch gerechnet
Soll sein
Arbeitslohn, Unterhaltung
und Zinsen
--,50,-- Thr.
-3,--.— Thr.
--,13,10 Thr.
--,20,-- Thr.
1,10,60 Thr.
5,27,70 Thr.
6 Thr.
2 Thr.
8 Thr.
Eigentliche Handelsgeschäfte wurden erst seit neuerer Zeit, seit den Umstellungen im Betriebe,
getätigt. Nach Aufgabe des Walzwerkes wurde z.B. Roheisen für Walzwerke hergestellt. Im Jahre
1857 wurden nach Dortmund 3 Millionen Pfund Roheisen geliefert.
9. Der Pferde- und Wagenpark
Wie bereits erwähnt, führte die Hütte den Absatz an die Kundschaft selbst durch. Eine Änderung
trat erst ein, als im Jahre 1847 die Westf. Eisenbahn, welche die etwa 5 Stunden entfernten
Städte Soest und Lippstadt berührte, sowie danach im Jahre 1883 die Westf. Landeseisenbahn,
welche Warstein mit Lippstadt direkt verband, gebaut wurden. Vordem wurden die Erzeugnisse
der Hütte und des Eisenhammers restlos mittels eigener Frachtwagen und –karren zum Bestimmungsort gefahren und so der Kundschaft unmittelbar zugestellt, soweit eben nicht die Kundschaft selbst mit ihren Gefährten kam, um die Bestellungen abzuholen.
Für diesen Zweck verfügte die Eisenhütte über einen großen Park von Lastwagen und über etwa
50 Pferde. Die älteste Nachricht über den Fuhrwerksbetrieb aus dem Jahre 1758 hat folgendes
zum Inhalt:
“Jn benohm, dato vom 18. biß 19ten 8brs s.o. Andreae Nolleke, Knecht Sr. Excell.Hhr. von
Hoesch mit dem Hueff Schmidt Anton Jostes des nachtes auf Belleke gegangen, vmb allda auß
der Zehnscheueren Sr.Excellenc auß größter noth für die unterhabenden Pferde einige bundt
raufutter zu hohlen, unterwegs ihnen beyden besagten Knecht undt HueffSchmid eine französische piquet wacht von 2 husaren begegnet, undt gmtm. Knecht Andreae Nolleke rauberischer
weise abgenommen .... 25 ducatens at 45,30 Rthr; 10 flor. ad 8,32 Rthlr., ahn Müntz 4,-,- Rthlr.”.
Um die Pferde zu beschlagen, war ein eigener Hufschmied angestellt. Von diesem heißt es ferner
1758:
“Dem Huefschmidt Anton Jostes fortgenommen 1 lehderne Hoße, 1 par strümpffe, 1 neßelltuch, 1
par lehderen überstrümpffe, wenigstens ad 3,12,- Rthlr.“
Der siebenjährige Krieg hatte den Pferde- und Wagenpark mehr in Mitleidenschaft gezogen. Eine
diesbezügliche Nachricht om 23. Juni 1762 besagt: „Zu Suttrop sind keine Pferde, kein hier geltendes Geld und fast kein Brodwagen wegen des Kriegs zu haben.“
Weitere Handwerke waren nötig, vor allem Stellmacher, um die täglichen vielen zur Instandhaltung nötigen Arbeiten durchzuführen. Das Material wurde für gewöhnlich im Warsteiner Walde
gekauft. Das Kemnereiregister der Stadt Warstein vom Jahre 1754 erwähnt folgendes:
“Jtem verwalter zu sutrop H.V.Hoesch ein fuhder Diessel
bäume bekommen
1,18,-- Rthlr.
Jtem 2 stück (Buchen) zu Fahrlatten (geschnitten)
--12,-- Rthlr.
Weiteres Holz wurde geliefert „zu radern“. Möglich wäre es, dass diese Nachricht für das adelige
Gut Suttrop in Frage käme; für die Eisenhütte und den Eisenhammer wird Baron von Hoesch aber
gleiche Käufe getätigt haben.
Die Fuhrleute stammten aus Suttrop und Warstein. Mit den Erzeugnissen vollständig vertraut
fuhren sie später bis nach Hannover, Hamburg, Schleswig, Lübeck, Brandenburg, Pommern,
Sachsen, Thüringen, ja Ost- und Westpreußen. Wenn sie zurückkamen, gaben sie ihre Auslagen
an, worauf man mit ihnen abrechnete. Monate lang waren sie oft von der Heimt fort gewesen.
64
Aber schon 14 Tage nach ihrer Rückkehr traten sie eine neue Reise an.
10. Der Wechsel der Konjunkturen
Produktion und Absatz zu regeln, lag im allgemeinen in der Hand der Gewerke oder Reidemeister.
In der älteren Zeit setzten sie allein die Bedingungen. Von außen her wurden sie noch weniger
beeinflusst. Anders wurde es um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Die Geschäftslage, die Geschäftsaussichten, wurden von da an auch mitbestimmt von anderen Momenten. Vorher waren es
wohl die Kriege gewesen, welche das Land heimsuchten und Hütten und Hämmer oft schwer
heimsuchten. Jetzt waren es weitere äußere, vom Unternehmer nicht beeinflussbare Bedingungen
der Produktion und des Absatzes.
In der älteren Zeit finden wir sozusagen gar keine Berichte über die Entwicklung der Eisenindustrie in hiesiger Gegend, sowie über die Gründe für ein Auf und Ab. Es war immer noch die Zeit
der Entwicklung und des Schwankens um einen ruhenden Pol. Das einzigste war, dass infolge der
noch herrschenden Kleinstaaterei das Ausland viel näher war als heute. Nur von hier aus konnte
die Geschäftslage beeinflusst werden. Möglichst suchte aber da die Landesregierung schützend
einzugreifen. Wenn sie Maßnahmen traf, dann erfolgten diese, wie es gewöhnlich heißt, zur Förderung der Eisenindustrie an sich und zum Wohle des Landes selbst. Die Maßnahmen waren in
der Hauptsache die Zölle.
Hergebracht war für inländische Produkte die Zollfreiheit. Um 1780 waren nun verschiedentlich an
den Zollstätten des Herzogtums Westfalen die Gewerkschaften, „wann sie das Eisen außer Lands
zum Betrieb des Kommerziums übersetzet“ entgegen der hergebrachten Freiheit durch einen ungebührlichen Zoll, wie es heißt, gekränkt worden. Der Kurfürst befahl daher durch eine Verordnung vom 19. Wintermonate 1784 allen Zöllnern des Herzogtums Westfalen, alles außer Landes
zu übersetzende Eisen „alles rohes Eisen oder in verfertigten Waren“ frei und unaufgehalten passieren zu lassen. In der weiteren Verordnung v. 22. Jan. 1781 wird bemerkt, dass die Einfuhr ausländischen Roheisens auf inländische „fabriquen und Hämmer“ nach altem Herbringen zwar zollfrei sei, dass aber von allem durchgehenden fremden Eisen der „Ein- und Ausfahrtzoll“ entrichtet
werden müsse. Um festzustellen, ob das auszuführende Eisen fremden Fabrikats oder inländisches sei, hatten die Hammermeister und weiter das Bergamt diesbezügliche Bescheinigungen
auszustellen. Nach der Zollrolle vom 24. Aug. 1791 war, wenn Zoll entrichtet werden musste, von
jedem Wagen oder Karren mit rohem, geschmiedetem oder altem Eisen, falls aus dem Zeugnis
des Hammermeisters usw. nicht die Zollfreiheit hervorging, 1 Stüber 6 Deut zu zahlen. Das
gleiche war zu zahlen von einem Wagen oder Karren Holzkohlen. Dasselbe, wenn Messer,
Sensen, Hacken, Sicheln, Forken oder Handwerkszeug ausgeführt wurden.
Erst mit dem Beginn des industriellen Zeitalters ging die Regierung dazu über, regelmäßige Berichte über den Stand der Industrie einzufordern, um gegebenenfalls dort, wo es nötig war, einzugreifen. Seit 1820 waren es zunächst die Gewerke selbst, welche der Regierung bzw. dem Oberbergamt Vorschläge machten, wie auftretenden Missständen entgegengearbeitet, wie ihnen
abgeholfen werden könne.
Erst um 1850 geht die Regierung dazu über, von den Behörden Berichte über den Stand der Industrie anzufordern. Diese Berichte beginnen mit dem Jahre 1858. Aus ihnen geht nicht allein die
Geschäftslage hervor, sie berichten auch darüber, was in der Abwehr die Betriebe in Warstein
unternahmen. Das Wesentliche daraus ist folgendes:
1858:
Die Fabriken haben mit Wassermangel zu kämpfen gehabt. Trockenheit herrschte im
Sommer; die Range ist seit 2 Jahren versiegt. Es werden daher immer mehr Dampf
maschinen aufgestellt.
1859:
Die Fabriken waren schwach im Betrieb infolge des italienischen Krieges; sie leiden
unter den dadurch hervorgetretenen Kriegsbefürchtungen. Die hohen Fuhrlöhne für
die Steinkohlen verteuern die Fabrikation ebenso wie dadurch das Fortschaffen der
Fabrikation verteuert wird. Die Fabriken wollen daher Teile fortverlegen. Der Berg
werksbetrieb hat auch ganz darniedergelegen, weil die Ausbeute überall zu unbedeutend blieb.
1860:
Die Fabriken in Warstein werden schon flau betrieben, die Löhne werden herabge
setzt, Arbeiter entlassen; die bleibenden müssen mit tagelangen Unterbrechungen
65
arbeiten, der ganze Verkehr stockt. Teile werden verlegt nach Soest und Lippstadt.
Die Gewerke klagen über allgemeine ungünstige Konjunkturen im Eisengeschäft.
Wegen des in hiesiger Gegend so teuren Landstraßentransportes der Kohlen und
Materialien hatte man Veranlassung, nach den Kohlenrevieren und Eisenbahnen zu
ziehen. Die Eisensteingewinnung hat einigermaßen angehalten und denkt ie Hütte an
eine Erweiterung.
1861:
Die Fabriken werden flau betrieben, ein Teil ist nach Soest verlegt. Es ist eine zu
nehmnde Verarmung zu befürchten. Die kräftigen, nicht angesessenen Leute ziehen
fort; die arbeitsunfähigen bleiben zurück und werden die Armenpflege vermehrt in
Anspruch nehmen. Die Fabrikkrankenkassen sind ebenfalls sehr reduziert worden.
1862:
Wegen der ungünstigen Konjunkturen wurden die Eisenwerke flau betrieben. Immer
noch sind die Besitzer von dem Gedanken beseelt, Teile der Werke in andere Gegen
den zu verlegen, an Eisenbahnen oder in die Nähe der Kohlenreviere. Die Fabrikbe
sitzer sind bemüht, billigere Transportmittel zu erringen: Anlegung einer Schmalspur
bahn, falls die Eisenbahn von Wickede nach Arnsberg gebaut würde, einen Anschluß
ins Möhnetal zu erreichen, und zwar von Neheim nach Belecke.
Nach 1862 sind anscheinend besondere Berichte nicht mehr herausgegeben. Erst in neuerer Zeit
finden sie sich wieder, und zwar auf spezielle Anfrgen der Regierung hin. In dieser Hinsicht berichten die Warsteiner Gruben- und Hüttenwerke am 5. Dez. 1892 folgendes:
Wir können bestätigen, dass sich die Eisenindustrie allgemein in einer sehr gedrückten, teilweise
sogar verzweifelten Lage befindet. Einesteils fehlt es an Aufträgen, um die Betriebseinrichtungen
und die normale Arbeiterzahl genügend zu beschäftigen. Es mussten daher in verschiedenen
Werken Betriebseinschränkungen, Arbeiterentlassungen, Einlegung von Feierschichten, Verkürzung der Arbeitszeit usw. erfolgen. Andererseit sind bei den meisten Fabrikationsartikeln, insbesondere da, wo Conventionen nicht bestehen, die Preise soweit geworfen, dass nur mit Verlust,
doch ohne jeglichen Gewinn fabriziert wird, und hat dieser Umstand notgedrungen wieder zu
Lohnreduzierungen führen müssen.
Es wäre gegenwärtig am Platze, durch Vergebung von großen Arbeiten und Ausschreibung von
Materiallieferungen für Eisenbahnen usw. seitens der Staatsregierung hier helfend einzuspringen.
Die diesjährigen guten Ernten haben zwar mildernd eingegriffen. Die drei Werke des Warsteiner
Gruben- und Hüttenvereins hat man bislang in vollem Betrieb gehalten mit unverringerter Arbeiterzahl und ohne Vornahme von Lohnreduzierungen. Das hat zwar Opfer der Unternehmer gefordert.
Außerdem haben sie es erreicht, durch neue Fabriktions-Spezialitäten rechtzeitig einen Markt zu
erreichen.
Man hat die Hoffnung, auch ohne Arbeiterentlassungen, Feierschichten und Lohnreduktionen sich
auch noch weiterhin durch die schlechten Konjunkturen hindurchzuwinden, trotzdem Warstein
sehr abgelegen sei. Die Arbeiter würden durchgehalten, um sie bei besserer Konjunktur wieder
zur Hand zu haben. Gute Konjunkturen könne man leider nicht ausnutzen, weil zu gegebener Zeit
eine Erhöhung der Arbeiterzahl ein Ding der Unmöglichkeit sei. Es werde immer schwieriger,
Fabrikarbeiter aus der Eisenindustrie hier in der abgelegenen Gegend lebensfähig zu erhalten.
Die Einrichtungen hier für eine systematische Ausbildung von Lehrlingen habe sich zwar gut bewährt, aber man arbeite meist für die Werke in den größeren Städten und Industriezentren; die
besseren und tüchtig ausgebildeten jungen Leute wanderten bald ab, da man sie gern in den
Werken größerer Städte aufnehme.
Seitens der Regierung wurden jetzt hauptsächlich Erhebungen darüber verlangt, ob Betriebseinstellungen, Arbeiterentlassungn usw. vorgenommen seien. Das Bestreben ginge dahin, den
Stand der Industrie zu halten. Im Jahre 1900 wird bemerkt, dass in allen Betriebszweigen ausreichende Beschäftigung vorhanden ist, Arbeitseinschränkungen bzw. Arbeiterentlassungen
waren nicht erforderlich. Die Lage der Industrie war jedoch immer noch gedrückt. Im Jahre 1902
erfolgten Arbeitseinschränkungen; gearbeitet wurde nur noch von 8 Uhr morgens bis 4 Uhr nachmittags.
In der Folge geben sodann die jährlichen Geschäftsberichte der Hüttenwerke Auskunft über die
Geschäftslage. Das Geschäftsjahr ging von Juli zu Juni jeden Jahres.
66
1907/08:
1908/09:
1909/10:
1910/11:
1912/13:
1913/14:
1914/15:
1915/16:
1916/17:
1917/18:
Die Produktion in einzelnen Fabriken wurde durch die Unsicherheit der Marktlage in
der deutschen Eisenindustrie beeinflusst. Trotzdem war die Beschäftigung der Werke
eine befriedigende.
Trotz der rückgängigen Konjunktur war die Beschäftigung des Unternehmens eine
erfreuliche, wenngleich in einzelnen Betrieben zeitweise kleine Arbeitseinschränkungen stattfinden mussten. Das Ofengeschäft war trotz der großen Konkurrenz recht
belebt. Die Fabrikate erfreuten sich eines allgemeinen Beifalls. Für das kommende
Jahr wird ein höherer Umsatz erwartet. Auf der Abteilung Eisenhammer war die Produktion nicht unbeträchtlich gestiegen. Die vorzüglichen Einrichtungen lassen eine
günstige Entwicklung erwarten. Auch die Abteilung Holzhausen war nach wie vor gut
beschäftigt. Die Wassergasanlagen und Gasfeuerstätten entsprachen allen an sie gestellten Anforderungen, weshalb Neu- und Nachbestellungen im In- und Ausland
erfolgten.
Wegen anerkannter Güte und vorzüglicher Qualität bestand rege Nachfrage und war
der Umsatz entsprechend gestiegen. Die Verkaufspreise für einige Fabrikate entsprachen immer noch nicht den Herstellungskosten. Die Beschäftigung war durchweg
gut.
Die Beschäftigung war in sämtlichen Abteilungen in diesem Jahr eine gute. Infolge
Ausbau der Anlagen gestalteten sich die Fabrikationsverhältnisse günstiger. Bei den
zahlreichen Aufträgen für Spezialitäten musste zeitweise mit Überstunden gearbeitet
werden. Infolge Neuaufführung des abgebrannten Magazingebäudes konnten verschiedene Werkstätten verlegt werden; es war möglich, die Gießereianlagen wesent
lich zu vergrößern; davon versprach man sich günstige Resultate.
Infolge Darniederliegens der Bautätigkeit trat eine Verringerung des Absatzes an
gusseisernen Öfen ein, so dass der Betriebsgewinn nicht besser wurde als der des
Vorjahres.
Die polititsche Unsicherheit hat sich im Geschäftsjahr 1912/13 bereits bemerkbar ge
macht, allgemeiner Rückgang von Handel und Industrie. Es gelang zwar, sämtliche
Werke befriedigend zu beschäftigen. Es war ein Missverhältnis zwischen den außer
gewöhnlichen niedrigen Verkaufspreisen und den Gestehungskosten; hinzu kam im
Achsengeschäft eine geringe Kauflust der Kundschaft. Der inzwischen ausge
brochene Krieg hatte naturgemäß eine erhebliche Zurückhaltung bezüglich Aufträge
seitens der Kundschaft zur Folge. Man passte sich aber den neuen Verhältnissen an.
Abgesehen von der Stillegung während der ersten Mobilmachungstage war das Werk
aber mit den verbliebenden Arbeitskräften ununterbrochen beschäftigt. Der Krieg ge
staltete die Betriebs- und Absatzverhältnisse gänzlich um. Umfangreiche Lieferungen
an Kriegsmaterial ließen die Hoffnung auf einen günstigeren Verlauf des Geschäfts
jahres aufkommen.
Durch schnelle Anpassung an die veränderten Verhältnisse war dem Werk eine
dauernd gute Beschäftigung gesichert worden. Infolge der durch den Krieg unklaren
Weltlage ließen sich aber bestimmte Schlüsse auf den weiteren Verlauf nicht ziehen.
Bei guter Beschäftigung fehlten leider manche der im vorhergehenden Jahre ver
zeichneten besonders gewinnbringenden Aufträge, so dass verschiedene durch den
Krieg bedingte außergewöhnliche Einnahmen diesmal in Fortfall kamen.
Infolge der dauernden Einberufungen gestaltete sich der Betrieb immer schwieriger,
ebenso wie wuch infolge des Steigens aller Rohstoffpreise, der Arbeitslöhne und der
allgemeinen Unkosten, der Beschaffung der Rohstoffe und der ungünstigen Trans
portverhältnisse. Alle Anlagen, insbesondere die Maschinen, nutzten stark ab.
In ununterbrochener Tag- und Nachtarbeit, bei äußerster Anspannung aller Kräfte und
stärkster Ausnutzung aller Betriebsmittel wurde eine Steigerung des Umsatzes
erreicht. Die Schwierigkeiten in der Beschaffung der Rohstoffe und von Betriebs
mitteln wurde noch größer, zu Betriebseinstellungen kam es aber dennoch nicht. Die
Preise der Rohstoffe stiegen stark; ebenso bewegten sich auch die Arbeitslöhne und
die allgemeinen Unkosten in dauernd aufsteigender Richtung. Die Beschäftigung war
aber reichlich.
Diese Berichte könnten noch weiter fortgesetzt werden. Sie mögen hier aber genügen, um zu
zeigen, wie sehr der wissenschaftlich-technische Fortschritt trotz allm wieder durch das Schwanken der Konjunktur beeinträchtigt werden kann; dass auf der anderen Seite dieser Fortschritt es
aber oft auch erleichtet, auszugleichen, entwaige vorauszusehende Ausfälle durch rechtzeitiges
67
und richtiges Eingreifen wieder wettzumachen.
11. Probleme der Wirtschaftsförderung
Schon die Bergordnung von 1669 bringt in der Eisensteinordnung (12. Teil) gleich zu Anfang im
ersten Artikel zum Ausdruck, dass die Förderung des Eisenhüttenwesens vornehmlich auch im
allgemeinen Interesse liegt. Es heißt dort:
“Erstlich geben wir auß Gnaden frey, dass zu Befürderung deß allgemeinen Nutzens und Erweiterung unserer Eisenhütten Wercken und deren Gruben, männiglich, und vornemblich unsere
Underthanen und Einwöhnere in unserem Ertz-Stifft, Fürstenthumb und Landen nacher Eisenstein
schürffen, sencken, schremen und lengen, Stollen, Schächte bawen und auffnehmen mögen...“
Damit hatte die Landesregierung ihre Richtlinien bekanntgegeben, die für etwa in Frage kommenden Maßnahmen grundlegend sein sollten. Die Eisenindustrie entwickelte sich, und Soest wurde
zum westfälischen Markt für Eisen. Der Allerheiligen Markt zu Soest war die Eisen. Der Allerheiligen Markt zu Soest war die Eisenmesse für Westfalen, durchaus nicht ungeeignet, den weiteren Absatz zu fördern. Gewissermaßen war dieser Allerheiligen Markt für die Eisenindustrie aber
nichts weiteres als eine höhere Verteilungsstelle für die vorhandene Produktion. Im Herzogtum
Westfalen war die letztere nun eine bestimmte. Gegenüber anderen Eisengegenden nämlich war
Westfalen rückständig geblieben. Damals scheint dies auch noch in allen anderen Wirtschaftszweigen so gewesen zu sein. Noch um 1750 waren die Verdienstmöglichkeiten schlecht. Hunderte von jungen Leuten wanderten vor allem aus nach Polen und Ungarn. Vielleicht hängt hiermit
zusammen eine Nachricht des Rüthener Stadtarchivs vom Jahre 1768: „Dem Friderich Orgelmacher alß holländische Botte ansagen müssen (durch den Stadtdiener) bey 50 goldtgulden
straffe verbieten müssen, er sollte keine Leute auß dem Landt bringen nach Hollandt.“
Einsichtigen Menschen entging dies nicht. Selbst der Bonner Hofrat sah sich veranlasst, auf diese
Zustände ein wachsames Auge zu haben. Im Jahre 1763 machte er den Vorschlag, man solle 1
oder 2 wohlgewachsene, oder 1 oder 2 halbgewachsene Burschen, für den Bergbau ausheben,
und zwar aus jeder Ortschaft des Landes; denn die wirtschaftliche Lage sei unbefriedigend. Hier
fördernd vorzugehen, war aber in erster Linie eine Sache der einzelnen Betriebe selbst. Diese
zunächst einmal lebensfähig zu erhalten, dem soll hier nicht das Wort geredet werden. Es ist bisher schon zur Genüge darüber gesprochen, wie sehr man am Herbringen festhielt, wenngleich
Baron von Hoesch manches Neue in seinem Betrieb einführte. Das Wertvollere ist hier die Feststellung, dass die Gewerke nicht allein die oben genannte Idee der Bergordnung auch zu der
ihrigen machten, sondern dass sie hier und da noch weit darüber hinausgingen, sich mit Problemen beschäftigten, die getragen waren von einem gewissen Weitblick in die Zukunft. Da waren
es nicht allein wieder Baron von Hoesch, sondern auch spätere leitende Männer der Suttroper
Eisenhütte, die sich mit größter Energie einsetzten und vor die Öffentlichkeit traten.
Von den Transportkosten u.a. wissen wir, dass sie damals recht hoch waren. Wie weitgehend
Baron von Hoesch sich mit diesem Unkostenproblem beschäftigt hat, geht aus einem Schreiben
der Kleve-Märkischen Regierung vom 26. Jan. 1753 an von Hoesch hervor. Die Regierung
schreibt, aus einem Briefe von Hoesch’s vom 21. Jan. 1753 habe man ersehen, „dass Ew.
Excellenz noch vermeinen, dass die Lippe bis Hamm würde können schiffbar gemachet werden“.
Die sämtlichen Kenner des Wasserbaues seien mit Sr. Excellenz zwar einig; aber von münsterischer Seite würde dem Gedanken der Schiffbarmachung wenig Begriff und Glauben beigemessen. Auf der bevorstehenden Konferenz würde es sich aber zeigen, ob die Herren auf andere
Gedanken gekommen.
Baron von Hoeschs Idee beschränkte sich aber nicht allein auf die Förderung der Eisenindustrie
im Herzogtum Westfalen. Im genannten Brief heißt es nämlich weiter: „ferner würde die intention
wegen der Eisen bergwercken undt Nagel fabriquen in Cleve undt Märkischen der Regierung
gewiß angenehm sein. Besser noch wäre es, wenn er (von Hoesch) in Cleve zum Teil des Jahres
seinen Wohnsitz nehmen würde“. Es ist anzunehmen, dass Baron von Hoesch der weittragende
Gedanke vorschwebte, seine westfälischen Hüttenerzeugnisse mit der Zeit stark zu steigern und
sie dann auf dem billigen Wasserwege rheinischen Werken zuzuführen. Von der Schaffung dieses
Wasserweges versprach sich der Baron aber auch einen großen indirekten Vorteil für Land und
Leute in diesem Teil des Herzogtums Westfalen. Über seine Idee der Schiffbarmachung blieb man
jedoch geteilter Meinung. Mit seinem Vorschlag drang er leider nicht durch. Es bleib beim Alten,
der Güterbeförderung allein auf der Landstraße.
68
Wie aber sah es damals mit den Landstraßen aus? Dem verkehrsfördernden Straßenbau hatte
man bislang in hiesiger Gegend sozusagen gar kein Interesse entgegengebracht. Es bestanden
zwar für das Herzgtum Westfalen die Wegeordnungen von 1717 und die erweiterte Wegeordnung
von 1769, aber sie wurden nicht durchgeführt. Nur wenn der Landesherr einmal ins Land kam,
dann ging man schleunigst daran, die Wege, welche er kam, einigermaßen instandzusetzen. Im
übrigen musste der Zwang von anderer Seite kommen. Zum Jahre 1757/58 z.B. findet sich im
Rüthender Stadtarchiv folgende Notiz: „Stephan Bock, dass Er bey durchmarchirung Von Ihre
Churfürstl.Dhltt. mit Seiner Trommel auffgewartet, noch dass er vorigen Winter dass frantzösiche
gebott wegen außbesserung deren weegen außgetrommelt, daher ist Ihme ein Rhlr. zugelegt“.
Wenn weiter am 29. Nov. 1757 in Rüthen „durch offentlichen Trummeln schlag publicirt worden,
dass die Straßen solten gereinigt werden“, so ist das entweder sehr bezeichnend, oder der tiefe
etwa sehr tiefe Schnee war der Anlaß zu dieser Verfügung. Für die Eisenindustrie wurden nur
gelegentlich Wege gebaut bzw. gebessert, so z.B. nach dem bekannten Kohlenkontrakt zur Abfuhr der Holzkohlen mit dem Baron.
Anders wurde es um 1800. Seit 1790 wurden für den Absatz der siegerländischen Gruben sog.
Kohlenstraßen gebaut, und der Bergbau nahm daraufhin sehr zu. Kunststraßen auch in hiesiger
Gegend zur Förderung des Absatzes zu bauen, dazu kam man erst in der Zeit nach 1800, in
erster Linie hier zu nennen die sog. Rheinstraße über Meschede, Warstein nach Lippstadt.
Um 1830 sodann tauchten neue Verkehrsprojekte für die westlichen preußischen Provinzen auf.
Das Neue der Zeit waren die Eisenbahnen. Man dachte zunächst an einen Ersatzweg bis an die
Nordsee, vor allem deshalb, weil die niederländische Regierung zur Freigabe des Rheins noch
nicht zu bewegen war. Im Auge hatte mn ferner Kanäle und Eisenbahnen bis zur Weser und bis
zur Ems. Als dann am 31. März 1831 die Rheinschiffahrtskonvention abgeschlossen war, gerieten
die gen. Projekte zunächst wieder in Vergessenheit. Nur eins blieb, Eisenbahnverbindung
zwischen Rhein und Weser.
Anfänglich nun glaubt man, dass ein Schienenweg von der Weser zur Lippe zunächst genügen
würde, was namentlich vom 3. westfälischen Landtage befürwortet wurde. Indeß hielten andere
wieder die Mitbenutzung der Lippe für unzweckmäßig. Und so entschied man sich für eine Eisenbahn von der Weser bis Köln. Friedrich Harkort zu Wetter war es, welcher vornehmlich diesen
Entwurf entwickelte. Nun kamen die verschiedensten Projekte auf. U.a. erstrebte man eine Verbindung des Eichsfeldes mit dem Westen und sah vor, das Möhnetal in die Linienführung mit einzubeziehen. Da war es für die hiesige Industrie der gegebene Augenblick, werbend und fördernd
einzugreifen.
Die Eisenbahnlinie Emden-Münster war nach Süden über Hamm bis Soest verlängert worden.
Jetzt sollte die Verbindung mit dem Eichsfeld von Soest ab durchs Möhnetal über Brilon geschaffen werden. Dies Ziel wurde jedoch nicht erreicht, man baute vielmehr die Strecke SoestLippstadt-Altenbeken-Kassel.
Nun war es die St. Wilhelmshütte, welche offen aus ihrer Reserve heraustrat und sich einsetzte
für das Projekt, die Märkische Bahn ab Neheim durch das Möhnetal weiterzuführen. Der Gewerke
Wilhelm Hammacher von der Suttroper Eisenhütte berichtete am 17. Nov. 1856 an Amtmann
Koffler zu Warstein, dass die Ruhrtalbahn durch das Möhnetal weitergeführt werden müsse. Es
sei Pflicht der Bewohner der östlichen Gegend, sich zu rühren, und müsse das hohe Ministerium
darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Traktus von Neheim aus durch das Möhnetal nach
Brilon große Vorteie und Ersparnisse biete. Es müssten erst beide Projekte ausgearbeitet werden,
um Vorteile und Nachteile abwägen zu können. Die Weiterführung durch das Ruhrtal lasse nur
eine geringe Frequenz erwarten. Wenn Arnsberg auch diesen Wunsch habe, so entspräche das
doch nicht den Interessen der nordöstlich und östlich der Linie Arnsberg-Meschede-Brilon liegenden Gegend. Hammacher schlug vor, auf den 23. Sept. 1856 eine Versammlung auf der Möhneburg bei Brilon anzuberaumen. Dort war dann Hammacher der erste, welcher sich für das Möhnetal einsetzte. In ähnlicher Weise wandte sich Hammacher im Interesse des Möhnetales an die
Stadt Werl. Amtmann Koffler – Warstein berief dann zum 26. April 1857 sämtliche Gewerke zu
einer neuen Besprechung zusammen, und zwar in den Gutshof Bergenthal in Warstein.
Die treibende Kraft im Eisenbahnproblem blieb von jetzt ab auch weiterhin der Gewerke Hammacher. Er verfocht die Linienführung ab Neheim durch das Möhnetal über Brilon ins Hoppeketal.
„Auf Wunsch der hiesigen Gewerkschaft“, so schreibt Amtmann Koffler am 26. Febr. 1857 an die
Stadt Rüthen, seien 150 Rthlr. beizusteuern für den Nachweis, dass die Eisenbahn durch das
69
Möhnetal erheblich billiger sei als andere gedachte Strecken. An der erstn Verhandlung auf dem
Rathaus zu Rüthen am 5. August 1857 nahm u.a. auch der Gewerke Wilh. Hammacher teil. In
dieser Versammlung war man schließlich auch nicht abgeneigt, ein anderes Projekt, nämlich das
einer Eisenbahn von Soest durch das Möhnetal über Belecke, Brilon, Korbach, Warburg zu prüfen. Am 15. Okt. 1857 wurde in Rüthen über die Linie Soest – Marburg beraten. An der Sitzung
vom 12. Okt. 1857 nahm von den Gewerken nur Hammacher teil. Es scheint ihm die Führung in
dieser Angelegenheit übertragen worden zu sein. Am 5. Aug. 1858 schreibt Wilh. Hammacher
sodann an die Stadt Rüthen: „Nachdem der Herr Geometer Dickel zu Brilon die Vorarbeiten einer
Eisenbahnlinie durch das Möhnetal beendigt hat, ist es erwünscht, dass von den beteiligten Interessenten berathen wird, welche Schritte zur Verwirklichung des Projektes nunmehr zu thun sind.
Zu dieser Berathung ist auf den 29.ten d.Mts. Nachmittags 2 Uhr auf dem Rathhauß zu Rüthen
Termin anberaumt und ersuche ich ganz ergebenst, demselben gefälligst beiwohnen zu wollen.“
Diese von W.Hammacher ausgeschriebene Konferenz wurde auf Wunsch mehrerer Interessenten, wie Koffler am 26. Augst mitteilt, auf den 30. August 10 Uhr zum Badhause zu Belecke verlegt. Eine weitere Beratung schreibt W.Hammacher am 16. Nov. 1858 auf den 9. Dez. 1858 um 10
Uhr morgens in den Oberstadtschen Gasthof zu Rüthen aus. So sehr sich nun die Gewerken für
die Eisenbahn durchs Möhnetal einsetzten, Städte und Ortschaften lehnten es ab, weitere Beiträge zu geben. So verweigerte die Stadtverordneten-Versammlung von Rüthen einen auf Rüthen
repartierten Beitrag in Höhe von 50 Talern sowie jegliche weitere Beiträge zu Vorarbeiten. Doch
nicht Rüthen allein, auch Brilon war ebenso kurzsichtig. Im Hintergrunde standen die Fuhrwerksbesitzer, welche wähnten, durch eine Eisenbahn in ihrem Verdienst geschmälert zu werden. Aber
gerade das Gegenteil war der Fall. Wo Eisenbahnen erstanden, stiegen die Verdienste gerade
dieser Fuhrwerksbesitzer.
Wenn nun Gewerke W.Hammacher mit der Führung in der Angelegenheit Möhnetalbahn beauftragt war, so ist daraus in erster Linie zu entnehmen, dass die Hüttenwerke unter den industriellen
Werken im Westertale ebenfalls bereits in Führung standen. Die Hüttenwerke bzw. deren Leitung
steht immer im Vordergrunde. So heißt es u.a. in einem Bericht der Konferenz in Rüthen vom 9.
Dez. 1858: „... alsdann wurde verabredet, dass der Herr Gewerker Hammacher im Verein mit dem
Herrn Gewerken Bergenthal und dem Amtmann Koffler eine Prüfung der Arbeiten des Herrn Geometer Dickel im Bezug auf deren Brauchbarkeit ... vorzunehmen“. Vor allem sollte der Nutzen
einer Eisenbahnverbindung des Möhnetales im Anschluß an die Westfälische und BergischMärkische Bahn und insbesondere an die Bahnen von Holland und Ostfriesland zur Verbindung
mit dem südlichen Deutschland, welche Bürgermeister Hesse zu Brilon unterm 1.Sept. 1858 entwarf, und deren Inhalt man allgemein als richtig anerkannte, geprüft werden. Bezeichnend war es
nun, dass Bürgermeister Jungeblodt von Rüthen sich vor der Unterschrift entfernte. Trotz allem
blieb Gewerke W.Hammacher auch weiterhin Vorsitzender des Eisenbahn-Kommitees. Nochmals
berief er zum 9. Sept. 1861 vorm. 10 Uhr auf dem Rathaussal zu Rüthen zusammen, und das mit
dem Bemerken, dass die Nichterscheinenden sich den Beschlüssen der Mehrheit unterwerden
wollten. Ein Bericht über diese Versammlung liegt nicht vor. Man hört auch nichts mehr von wieteren Verhandlungen in Rüthen. In der Warsteiner Eisenindustrie wird man aber jetzt schon den
Mut verloren haben. Denn am 3. April 1863 lud Bürgermeister Hesse Brilon zu einer Zusammenkunft am 13. April 1863 nach Brilon ein. Beraten werden sollte ein Eisenbahnprojekt: Gütersloh
über Lippstadt, Belecke, im Möhnetal aufwärts, Brilon, Corbach, und zwar zu finanzieren durch
eine englische Gesellschaft. Auf dieser Konferenz war nun W.Hammacher nicht mehr erschienen,
von den Gewerken war nur Bergenthal anwesend. Die übrigen Interessenten stammten mehr aus
dem Osten, aus Waldeck und dem Kurfürstentum Hessen.
Eins war klar. Die Kurzsichtigkeit der Gemeinden des Möhnetales hatte den Bau der Eisenbahn
Soest, Lippstadt, Altenbeken zur Folge gehabt und im übrigen das Möhnetal für eine Eisenbahn
vollkommen ausgeschaltet. Dass die St. Wilhelmshütte sich jetzt zurückzog, ist ebenso klar. Für
ihren Betrieb gab es jetzt wichtigere Aufgaben. Durch Umstellungen musste herausgeholt werden,
was eine Eisenbahnlinie bzw. der Anschluß daran leichter an Vorteilen gebracht hätte. Die Aussichtslosigkeiten in der Eisenbahnfrage waren der Anlaß, weshalb Teile Warsteiner Werke verlegt
wurden wie z.B. das Walzwerk des Eisenhammers.
Trotzdem hatte man aber die Frage eines Eisenbahnanschlusses nicht ganz vergessen. Der Bau
der Strecke der Westf. Landeseisenbahn von Lippstadt nach Warstein wurde wieder in Warstein
angeregt. Das diesbezügliche Komitee arbeitete mit Nachdruck und im Jahre 1881 war dem ein
glücklicher Erfolg beschieden.
Noch ein weiteres wäre hier zu erwähnen. Als das erste Projekt betr. Führung einer Eisenbahn
70
von Soest durch das Möhnetal gescheitert war, suchte W.Hammacher eine Verbindung nach
Soest auf andere Weise zu erreichen. Er bemühte sich um die Anlage einer Pferdebahn von
Soest nach Warstein. Seine Idee legte er dem Bergamt Brilon vor, welches Bergamt sie weiter
förderte und auch dem Oberbergamt Bonn darüber Mitteilung machte, Berghauptmann von
Decken zu Bonn schrieb unterm 18. Febr. 1852: „Übrigens würde ich eine Pferdebahn nach Warstein für ganz zweckmäßig halten“, wenngleich auch ohne eine solche das Warsteiner Roheisen
mit dem auswärtigen den Preis halten könne. Das belgische Roheisen habe ohne Zoll in Köln
noch nicht unter 10 Taler pro 1000 w gestanden; der Transport bis Warstein mache auf 24 Meilen
doch gewiß 1 ½ Taler aus, also koste es bis Warstein immerhin 11 ½ Taler, was einen Vorsprung
von 3 ½ Talern bedeute. Es handele sich loco Hütte und loco Dortmund immer noch um einen
Unterschied von vollen 2 Talern pro 1000 w, was Warstein zum Vorteil bleibe, weil die Herstellung
in Warstein nur 8 Taler pro 1000 w betrage.
Aus einem Schreiben vom 26. Aug. 1858 Dortmund geht hervor, dass die St. Wilhelmshütte bezüglich einer Straßenlokomotive Gutachten angefordert und weitergeleitet hatte, die auch dem
Handelsminister und dem Oberbergamt vorgelegt werden sollten. Aber auch dieses Problem
verlief im Sande.
Die vorstehenden Ausführungen haben nun zur Genüge gezeigt, wie sehr es der Führung der
St.Wilhelmshütte darum zu tun war, sich für die Verkehrsförderung einzusetzen, um den Absatz
ihrer Fabrikate zu fördern und gegebenenfalls den Betrieb zu erweitern. Schlugen ihre Bemühungen fehl, waren die leitenden Persönlichkeiten aber auch fähig genug, auf andere Weise dem
Betriebe zur Fortsetzung gegenüber der westlichen Konkurrenz zu verhelfen, ja sich sogar durch
Einführung neuer Fabrikte einen Namen zu erwerben. Was ihren Vorgängern vorgeschwebt, das
brachte erst die neuere Zeit.
Auf der einen Seite war es, und das liegt am nächsten, der eigene Vorteil, welcher der St. Willhelmshütte im Rahmen des Vorhergehenden vorschwebte. Auf der anderen Seite war es überdies
aber auch ihr Bestreben, gemäß der Bergordnung dem Lande zu Wohlstand zu verhelfen. Auch
wenn Möglichkeiten bestanden, die nur ganz unwesentlich dem Betriebe dienen konnten, wurden
diese aufgegriffen. Dazu folgendes:
Am 1. Aug. 1846 pachtete Gewerke W.Hammacher von der Stadt Warstein erst auf 10, dann auf
20 Jahre die Warsteiner Sägemühle. Nachher wr in den Vertrag noch eine Bedingung hineingearbeitet worden, um, wie nacher erklärte wurde, das Interesse der Mitbürger zu sichern.
Hammacher fühlte sich dadurch beleidigt. Er erklärte, seine Absicht sei nur diese gewesen, nämlich die Sägemühle „dem allgemeinen Bedürfnisse im Interesse resp. dem Interesse der Stadt
angemessen einzurichten und zu betreiben“. W.Hammacher setzte die Sägemühle, welche
seitens des verst. Sägemüllers Friderici in manchem vernachlässigt worden war, wieder instand.
Dass er selbstverständlich die Sägemühle auch für eigene Zwecke nutzbar zu machen bestrebt
war, geht aus einer Beschwerde hervor des Inhalts, dass Hammacher im Jahre 1847 für eigene
Zwecke soviel Holz dort aufgestapelt habe, dass andere ihr Holz nicht darüber hinwegbringen
könnten. Mag dem nun sein wie es wolle. Jedenfalls sah Hammacher ein, dass die Sägemühle bei
dem großen Bedarf des Hüttenwerkes an Schnittholz auf die Dauer nur Vorteile bieten könne. Er
stellte daher am 16. Nov. 1856 den Antrag, die Sägemühle in Erbpacht nehmen zu dürfen. Die
Warsteiner Stadtverordneten lehnten jedoch den Antrag ab, weil dies nicht im Interesse der Stadt
liege und außerdem auch gesetzlich nicht zulässig sei. Am 10. August 1866 wurde die Sägemühle
weiter an den Oekonom Fleuster auf Körtlinghausen verpachtet.
Ganz von der Idee beseelt, andern einen Vorteil zu verschaffen, war folgender Vorgang. Im Jahre
1858 hatte Hammacher bei Rüthen Tabakanpflanzungen angelegt. Zuvor wollte er aber feststellen, wie der Anbau ausfallen werde, ob ein guter Tabak gezogen werden könne oder nicht.
Dann wollte er sich weiter entscheiden und gegebenenfalls in Rüthen eine Tabakfabrik anlegen.
Der Anbau des Tabaks erfolgte, „um den dortigen ärmeren Leuten Gelegenheit zu bieten, sich
ihren Lebensunterhalt verdienen zu können“. Sein Vorhaben war Anregung, besonders für die
Tabakfabrikation in Erwitte. Fr.Groos – Erwitte teilte Hammacher mit, dass auch er die gleiche
Absicht in Rüthen habe. Man müsse bedenken, dass sich in Erwitte 1000 Zigarren um ½ Taler
billiger stellten als in Lippstadt; in Rüthen werde sich die Herstellung noch um 1/3 Taler niedriger
gestalten. Vorbedingung sei, dass man sich nicht die Löhne gegenseitig in die Höhe treibe.
W.Hammacher stellte großzügig in Aussicht, dass man sich über die Löhne gegebenenfalls schon
verständigen würde. Aus dem Vorhaben wurde aber nichts.
71
Auch anderen Betrieben sich anzugliedern versuchte man schon. Am 10. Sept. 1835 schrieb der
Seiler Phil. Föhring zu Belecke an die Regierung in Arnsberg, in Belecke bei der Badeanstalt sei
Erz entdeckt. Es handelte sich um Bleierz. Mit fünf anderen Unbemittelten habe man schon 5
Tage gearbeitet; man habe sehr mit Wasser zu kämpfen; so habe ein Menschenfreund ihm schon
Holz für eine Pumpe geschenkt; er bitte um Beihülfe. Dieser Antrag wurde aber abgelehnt, weil für
Fortsetzung eines Bergwerksbetriebes grundsätzlich keine Mittel vorhanden seien. Die Angelegenheit wurde dann aufgegriffen von dem neuen Faktorder St.Wilhelmshütte, welcher vorschlug,
einen neuen Stollen zu treiben. Auch der alte Steiger Moritz in Warstein gab denselben Rat. Im
Jahre 1836 wird die Grube aber schon als nicht betrieben angegeben. Nach einem Bericht vom
17. Febr. 1839 ist die Bleierzgrube im Jahre 1838 als unrentabel aufgegeben worden.
Bei dem Vorhergehenden handelt es sich um Bestrebungen, die immer wiederkehren. Schon der
Erwerb des adeligen Hauses Suttrop ist hierherzurechnen. Bei den ungenügenden Verkehrsverhältnissen blieb es aber bei der Angliederung kleinerer Betriebe, auch wenn sie dem Hüttenwerk
selbst weniger oder gar nicht dienlich waren. Erst die moderne Zeit der Eisenbahnen usw. gestattete es, von solchen kleinen Vorhaben abzusehen und sich größeren, gleichartigen Betrieben
anzuschließen und sich so vorteilhaft in der Produktion zu ergänzen.
12. Die Verwaltung
Baron von Hoesch hatte bekanntlich sein Eisenwerk gegründet vornehmlich aus einem gewissen
Interesse an der Förderung der Eisenindustrie. Wenn auch direkte Nachrichten darüber fehlen,
der Baron wird selbst den ersten Bau geleitet, zum wenigsten durch häufige Anwesenheit beaufsichtigt haben. Im übrigen war er der geistige Leiter des Werkes und blieb es auch für die Zukunft.
Diese oberste Leitung in einer Person, die zugleich auch Eigentümer des Werkes war und deshalb Gewerke: Hüttengewerke, Hammergewerke hieß, hatte vieles für sich. Bei einer Wertung
muss man zwar zugrundelegen, dass die damaligen Zeitverhältnisse Ziel und Streben beeinflussten und geradezu die Richtung angaben. Die Eisenhütte aber wurde eingerichtet nach einer
ganz bestimmten Idee, einheitlich, und infolgedessen blieb auch der Erfolg nicht aus.
Die Berufsgeschäfte des Barons ließen es nun nicht zu, dass er auf seinem Werk auch dauernd
Wohnung nehmen konnte, namentlich in der Zeit von 1744-1758. Baron von Hoesch war damals
als kaiserlicher Minister zunächst auf der fränkischen Kreisversammlung und danach als Minister
Sr.Churf.Dhltt in Bayern, seines gnädigsten Kurfürsten und Herrn, wie es heißt, in München auf
längere Zeit sich aufzuhalten genötigt. Um es aber zu ermöglichen, wenigstens zeitweise dort zu
wohnen und persönlich von dem Geschehen Kenntnis zu nehmen, um immer wieder durch persönliche Anwesenheit seinen Einfluß geltend zu machen, um so seinen Ideen zum weiteren
sicheren Ziel zu verhelfen, hatte Baron von Hoesch gleich zu Anfang die Erbauung auch einer
eigenen Wohnung auf seinem Werk vorgesehen. Weiter unten wird darüber noch Näheres
ausgeführt.
Die eigentliche Verwaltung, die ständige örtliche Leitung und Aufsicht, musste daher einer zweiten
Person übertragen werden. Es war der sog. Faktor oder Inspektor, dem Hütte, Hammer und
Gruben direkt unterstanden. Die Eisenbergwerke hatten zumeist eigene Verwalter; man nannte
sie Schichtmeister oder auch gleichfalls Inspektoren.
Einen eigenen Faktor oder Inspektor stellte auch Baron von Hoesch schon bald nach Fertigstellung der Eisenhütte an. Anfänglich scheint ein Herr Kropf für diese Stellung infrage gekommen zu
sein. Der Baron schreibt nämlich von Bonn aus unterm 17. Okt. 1740 an den Berghauptmann von
Weichs: „Überbringer dieses Herr Kropf wäre mir zum Aufsichten meiner Bergwerck überauß angenehm, wann ich nicht indeß zeitung erhalten hätte, dass ein sicherer Schnobel, mit welchem ich
des endes bereits vor sechs Wochen eine anordnung gemacht, nach sutrop abgereist wäre. Besagter Kropf komt mir jedennoch so vernünfftig vor, dass er wohl verdiene, zu Churfürstl. oder
sonst andern Diensten befordert zu werden.“
Im Jahre 1741 finden wir nun den Herrn Schnobel oder Schnabel, wie sein rechter Name lautete,
als Inspektor vor. Unterm 11. Juni 1741 Augustenburg ist ein Schreiben addressiert an „Monsieur
Schnobel a Warstein“; in einem weiteren undatierten Schreiben spricht von Hoesch von seinem
„fabriquen inspectoren ohnweit Suttrop“. Weiter schreibt der Baron von Bonn unterm 14. Sept.
1743 u.a.: „Dasiger mein inspector Schnabel schreibt mir ...“. In einem Schreiben Augustenburg,
den 15. Juni 1741 heißt es: „den ertrag deren ab Ew. Hochwohlgeboren mir gelieferten Kohlen soll
72
der Schnabel bezahlen.“
Über die Aufgaben des Inspektors schreibt Baron von Hoesch von Bonn unterm 31. Dez. 1741 an
den Berghauptmann: „Dahe ich überbringer dieses H.Schnabel zur ferneren beobachtunge meiner
in Ew. Juristictions gebiethe angelegten eysenwercks abzuschicken veranlasset worden bin ...“.
Es scheint also, dass Inspektor Schnabel am Schluß des Jahres 1741 seinen festen Wohnsitz auf
der Eisenhütte erhalten hat. 1744 schreibt das Bergamt Brilon: „Ahn des Kayserl. Hr.Geheimbden
Rath von Hoesch Berg- und Hütten inspectoren Schnabel zu Wahrstein“. Weiter wird Inspektor
Schnabel in Körtlinghausen unterm 15. Febr. 1746 noch erwähnt.
Bei der häufigen Anwesenheit des Barons war für Inspector Schnabel das amt, vor allem in den
ersten Jahren, mit häufigen Reisen verbunden. Am 11. Juni 1741 teilt von Hoesch ihm mit, er,
Schnabel, solle nach Augustenburg kommen, um über verschiedene Sachen mündlich zu
sprechen. Es handelte sich wohl um das Werk als solches angehende Angelegenheiten. Baron
von Hoesch betraute damit seinen Inspektor mit etwas mehr als es für gewöhnlich bei den Inspectoren der Fall war. Im übrigen wurde von einem Inspektor zur eigentlichen Geschäftsführung lediglich verlangt, dass er Lesen und Schreiben, auch ordentlich Buchführen und ordentlich Rechnung
führen konnte. Es war auch wohl der Fall, dass ein Inspektor zugleich auch Hüttenschmied war.
Auf der Eisenhütte scheint der Inspektor aber nur zur Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten dagewesen zu sein. Eine gewisse Vorbildung wurde auch damals schon von ihnen
verlangt.
Zumeist waren es junge Leute aus Kaufmannsfamilien, welche sich der Handlung, wie es heißt,
widmeten. Vielfach schickten die Eltern sie zunächst in eine größere Stadt; vor allem waren es die
größeren Handelsstätte wie Frankfurt am Main und dabei Hanau, Basel u.a., und nicht zuletzt
auch die alten Hansestädte. Hier hatten sie „Rechnen, Schreiben, Buchhalten und französisch zu
erlernen“. Sie wohnten in einem „Kost- und Lehrhause“ zugleich. Insoweit sprach man von Pensionsanstalten, wo „die nöthigen Vorbereitungen zur Kaufmannschaft“ zu erlernen waren. Diese
kaufmännische Lehre war ein Gegensatz zu der Lehre auf den hohen Schulen; manchen gefiel
„das ewige auswendig lernen, das beständige Latein, ohne Abwechselung mit andern schönen
Wissenschaften, in den ersten 4 Klassen“ nicht, und diese jungen Leute widmeten sich dann
häufig der Handlung, wie es aus den Möllerschen Familiennachrichten hervorgeht und auch für
die Eisenhütte Geltung hat. Auch die Kaufmannstöchter, häufig die späteren Frauen der Inspektoren, wurden gleichfalls in gewisse Pensionsanstalten geschickt, um sich sowohl „in allerlei noch
nicht geübten Arbeiten hervorzuthun, als auch Musik, Tanzen und Zeichnen zu erlernen“. Sie
halfen als Inspektorenfrauen auf dem Comtoir häufig mit, namentlich im Führen der Handlungsbücher. Damals, nebenbei bemerkt, war Frankfurter Papier noch sehr berühmt, und wurden in
Frankfurt viele solcher Handlungsbücher angefertigt.
Es schlossen sich dann an die eigentlichen Lehrjahre bei einer einschlägigen Firma. Für gewöhnlich scheinen es 4-6 Jahre gewesen zu sein. Die Bemühungen hierum nannte man, „eine Condition suchen“, “auszumitteln“. Eine Condition antreten, oder bestimmter, „die HandlungsCondition auf 6 Jahre antreten“, war der Anfang der Lehrjahre. Die Ausbildung erfolgte auf dem
sog. Comtoir. Diesen Lehrjahren schloß sich, wenn es zu ermöglichen war, wohl eine größere
Reise an. Das Reisen nämlich war im späteren Beruf eine der Hauptaufgaben. Eben deshalb
wurden die jungen Leute auch hierauf vorbereitet.
Nach den Lehrjahren wurden die so ausgebildeten jungen Leute Handlungsbediente, ebenfalls
zumeist auf dem Comtoir. Erst nach dieser Zeit waren sie genügend ausgebildet, eigens die
Handlung treiben zu können. Oft hatten sie als Handlungsbediente schon die Möglichkeit als
Inspektor angestellt zu werden.
So wird auch der Werdegang des ersten Inspektors Schnabel gewesen sein; denn obige Schilderungen sind den Möllerschen Familiennachrichten entnommen und galten für die damalige Zeit
allgemein. Den Umfang der Geschäfte des Inspektors auf der Eisenhütte können wir vergleichsweise ebenfalls aus den Möllerschen Berichten für jene Zeit entnehmen.
“Das beständige Ab- und Zufahren“, so heißt es, „die vielen Boten von den Wwr.ern, die vielen
Besuche von Handlungsfreunden, alles dieses verursachte weitläufige Geschäfte“. Die Boten usw.
aus östlicher Richtung kamen über Suttrop. In einem Schreiben vom 20. Jan. 1743 erklärte
Wilhelm Kaspar von Lüerwald zu Borg, dass sein Bruder, der verst. Phil. Alard von Luerwald, pro
commoditate der täglich durch Suttrop gehenden und fahrenden pahsagiers eine Vicarie und
73
primihsariat zu fundieren und einen Platz dazu zu schenken versprochen habe, damit die Fremden des Sonn- und Feiertags eine hl. Messe hören könnten. Es handelte sich um ein Drigard
unweit der Küsterei am Rüderwege.
Eine Menge Menschen mit Familien waren zu unterhalten. Die Hammergesellen und andere Leute
waren auf dem Hüttenplatz in der Kost. Hinzu kam das Fuhrwerk, Pferde, Karren und Knechte,
zum Transport von Eisen und anderen Waren, und dazu noch eine Reihe anderer Fremde „gegen
Frachtgeld“. Auch all diese brachten viele Arbeit. Hinzu kam die Knapschaft auf dem Bergwerk,
das Erzfuhrwerk, die Kohlenfuhren und die Köhler, die Schmelzer, Tagelöhner und sonst noch dazu gehörige Professionisten auf Hütte und Eisenhammer. Wo der Gewerke nicht selbst „seine
Correspondenz bis in die späte Nacht“ durchführen konnte, fiel auch das alles noch dem Inspektor
zur Last, insbesondere hier Inspektor Schnabel, wenn der Baron anwesend war. Im übrigen hatte
er die Korrespondenz mit den Bergbehörden zu führen, dem Bergamt und den beauftragten Revierbeamten. Namentlich waren es noch die Nachweisungen über die Produktion, deren Geldwert
und die Zahl der Arbeiter in vorgeschriebener Form.
Über alles das hatte Inspektor Schnabel, wenn der Baron auf der Hütte anwesend war, Rechenschaft abzulegen. War alles in bester Ordnung, hatte der Inspektor es verstanden, in gutem Einvernehmen mit allen Arbeitern und Angestellten den Betrieb zu erhalten, und weiter aufwärts zu
führen, dann zeigte sich oft der Edelmut mancher Gewerke. Sie waren aufrichtig in ihren Ausgaben an Arbeiter, die es verdient hatten; sie unterstützen Arme und Notleidende; mit barem
Vorschuß halfen sie uneigennützig den Nebenmenschen in dringenden Notfällen, auch wenn sie
mutmaßen mussten, dass sie es nicht wieder erhielten. Manchem Redlichen verhalfen sie durch
solche Vorauszahlungen zum Verdienst. Fehlen nach dieser Richtung auch besondere Nachrichten, von Baron von Hoesch und später von Wilh. Hammacher ist ähnlicher Großmut anzunehmen.
Inspektor Schnabels Nachfolger war Adolph Nottebohm, bereits in einem Schreiben vom 15. Mai
1750 als Nuttebaum erwähnt. Aus einem Bericht des Lippstädter Bürgermeisters Johann Anton
Arnold Möller 1788 in den vorhin schon erwähnten Familiennachrichten war Nottebaum es, der
„erst auf dem Kupferhammer zu Warstin diente, hernach des Freiherrn von Hoesch Faktor auf der
nahe dabei liegenden Eisenhütte wurde“.
Im Jahre 1754 heißt es im Warsteiner Kemnereiregister von Nottebaum: „H. Nottebaum ein fuhder
Heister zur Eißen Kauhlen, J.Schonne angewiesen ... -,24,- Rthl.“. Nach einem Bericht von 1758
wurden dem H.Inspector Nottebaum von den Franzosen verschiedene Gegenstände geraubt:
“5 Balbier Messer
an Wein wenigsten ad
ein neues Felleisen
ein paar neue schießpistolen
1,--,-- Rthlr.
15,--,-- Rthlr.
3,--,-- Rthlr.
8,--,-- Rthlr.“
1757/58 meldet das Stadtarchiv Rüthen: „Dem Herrn Notebaum zu Warstein zahlt vor 2 Fuder
kohlen, so hiesiger Stadt ist anbefohlen von dem Frcoschischen Commedanten in der Lippstadt in
hiesigeß Magazin zu liefferen ad 10 Rthlr.“. Im Jahre 1762 schloß Nottebohm mit der Stadt
Warstein für die „eisen fabrique“ einen Kontrakt betr. 500 Fuder Kohlen ab.
Baron von Hoesch hatte Nottebaum zu seinem Inspektor hauptsächlich deshalb gemacht, weil er
durch seine Tätigkeit auf dem Kupferhammer „mit der Handlung“, wie es damals hieß, vertraut
war. Wo Nottebaum seine Lehrjahre verbracht hatte, wird nicht näher angegeben. Auf dem
Kupferhammer war er aber nach obigem Bericht Handlungsbedienter gewesen. Seine Bekanntschaft mit der Familie Möller aber führte dazu, dass er wahrscheinlich schon im Laufe des Jahres
1763 seine Stellung auf der Eisenhütte wieder aufgab. Am 30. Jan. 1763 war Joh. Theodor Möller
auf dem Kupferhammer gestorben. Seine Witwe kaufte „in Compagnie“ mit Nottebohm den Bielefelder Kupferhammer, „woselbst er also hinreisete“, wie Möller berichtet. Dort starb Nottebaum im
Dezember 1771.
Nottebaums Nachfolger war Mathias Gerhard von Hoesch, ein Neffe des Barons. Dieser sein
Neffe hatte sich in der Eisenfabrikation und im Eisenhandel betätigt. Leider waren ihm Erfolge
versagt geblieben. Um ihn vor dem völligen Untergange zu bewahren, half ihm der Onkel und
machte ihn zum Verwalter seines Hüttenwerkes in Suttrop, bei Warstein im kurkölnischen
Herzogtum Westfalen, wie es heißt. Dies ergibt sich nämlich aus einem Schreiben des Barons
74
Pesch den 26. Jan. sowie weiter 25. Mai 1774. Wie lange sich der Neffe auf der Eisenhütte betätigte, steht nicht fest. In einem Schreiben vom 17. Febr. 1784 wird erwähnt: „Der M(athias)
Gerhard sitzt in großer Armuth, wohnt bei Waltniel in einem kleinen Houßgen an der Heydesseithe.“
Die Leitung des Hüttenwerkes scheint zunächst wieder einem Nachkommen aus der Familie
Schnabel übertragen zu sein. Nach dem Taufregister der Pfarrei Suttrop wurde am 2. Dez. 1779
die am 30. Nov. 1779 geborene Henrietta Maria Jacobina Schnabel getauft. Als Eltern werden
angegeben: „Dominus Licentiatus juris Joes Wilhelmus Schnabel et Catharina von Steine, professionis Evangelicae“. Paten waren: §Escellentissima Domina Henrietta de Halberg, nata de
Hoesch et Dominus Jacobus Schnabel“. Bereits am 29.Sept. 1778 wird erwähnt: „Der H.v.
Hoeschische Hütteninspector und factor Hr.Schnabel“. 1789 heißt es von diesem: „J.W.Schnabel,
Eisenhüttel bei Suttrop“. Es war also der obige.
Seine Korrespondenz bezüglich der Rechnungsführung war kurz und sachlich. Im Rüthener
Stadtarchiv finden sich u.a. folgende Schriftstücke:
1) Nota.
ein ord. F.Aufsatz Ofen betraget
Hierauf an Altem eisen obrück erhalten
6 Ctr. 90w a 1-4 g
18,32
restirt
7,24
11,-8 mg.
Eisenhütten bey Suttrop p. J.W.Schnabel
am 29ten 8br. 1785.
item 24 gr. für die Schrauben.
Anschrift: Herrn Petras in Rüthen
2) D.H. Camerarius Püttmann haben für die Stadt Rüthen
den Saldo erhaltenen Ofens mit Rtlr. 11-32 gr. mir in
Rechnung zahlt.
Eisenhütte am 22ten Juny 1786
J.W.Schnabel, mppria.
Auch im Geldgeschäften war Inspektor Schnabel nicht unerfahren. Im Jahre 1789 war eine Reihe
von größeren Forderungen nicht eingekommen. Schnabel legte daher mehrere solcher Forderungen zusammen; insgesamt waren es 1090 Rtlr. Für diese Forderungen ließ er sich von dem
damaligen Oberjägermeister 1000 Rthlr. vorschießen. Ferner leitete Schnabel die sog. Kantine. Im
Jahre 1786 lieferte er z.B. auf der Eisenhütte bei Suttrop Champagnerwein. Schnabels Nachfolger
war 1793: Johann Adolf Reitz.
Der letzte Inspektor war anscheinend Linhoff. Am 18. Aug. 1827 machte der Faktor Linhoff namens des Grafen von Hallberg eine Anmeldung zum Hypothekenregister. 1834 wird erwähnt:
„Faktor Linnhff zu Suttroper Eisenhütte“.
In neuerer Zeit nun, nach der von Hallbergschen Subhastation, änderte sich die Unternehmungsform. Der Betrieb wird verbessert, ergänzt, und damit erhöhte sich Produktion und Absatz. Infolgedessen steigerten sich und vermehrten sich auch die geschäftlichen Angelegenheiten um ein Bedeutendes. Dies wird Anlaß gewesensein, ein eigenes Gebäude zu errichten, ebenfalls wieder
Comtoir genannt. Dort arbeitete ein größeres besonderes Angestelltenpersonal. Die alte Inspektorenstelle blieb zwar, in ihrer Bedeutung war sie aber mehr herabgemindert. Deren Inhaber war
nunmehr nur noch ein Aufseher. Im Jahre 1843 war Aufseher der Gewerkschaft der St. Wilhelmshütte Franz Severin.
Die Umwandlung des Eisenhammers 1849 in ein Puddlingswerk brachte es mit sich, dass mit der
Zeit auch der alte Eisenhammer eine eigene Verwaltung erhielt. Im Jahre 1855 wurde vom Bergrevierbeamten Emmeric in Meschede für das neue Puddlingswerk eine Repräsentations- oder
Vorstandswahl verlangt. Nach den Akten des Bergamtes Siegen betr. technische Betriebsleitung
und Verwaltung des Warsteiner Puddlingswerks der St. Wilhelmshütten Gewerkschaft war August
Luyken zu Warstein vorgeschlagen. Dieser Vorschlag war am 3. Jan. 1856 vom Bergamt Siegen
genehmigt. Am 8. Jan. 1859 lehnte Luyken es ab, weiterhin Dirigent des Puddlingswalzwerkes zu
sein. Am 18. Nov. 1858 hatte er bereits vorgeschlagen, den Maschinenmeister Voigt als Aufseher
des Puddlingswerkes anzunehmen; für beide Werke, welche nur 10 Minuten voneinander entfernt
75
lägen, könne dieser die Aufsicht genügend führen. Voigt wurde bestätigt und vereidigt.
Als eigene Fabrikationsstätte erhielt der Eisenhammer sodann in der Folge eine eigene technische Betriebsleitung mit dem Sitz auf dem Eisenhammer und damit in Warstein. Die gesamte
Betriebsleitung aber blieb bis in neuerer Zeit auf der Eisenhütte.
Was die Geschäftsführung als solche angeht, sind für die ältere Zeit weder Geschäftsbücher noch
sonstige Unterlagen erhalten geblieben. Lediglich die Stadtarchive von Warstein und Rüthen besitzen noch verschiedene Rechnungsauszüge, welche einigermaßen einen Einblick gewähren in
die damalige Buchführung, auch über Kalkulation einiges Wenige enthalten.
Die Buchführung war anfänglich in einfacher Form gehalten. Aber auch sie entwickelte sich mit
der Zeit. Umstehender Kontoauszug für die Stadt Warstein gibt hinreichend Auskunft.
13. Die Werkswohnungen und andere Gebäude
Zur Unterbringung der örtlichen Verwaltung waren Wohngebäude auf dem Hüttenplatz etwas unumgänglich Notwendiges. Die Errichtung von Wohnbehausungen war daher auch bereits in der
Konzessionsurkunde vorgesehen. Es heißt dort:
„Würde auch 4. mehrbesagter Vnser geheimer Rath eine Wohnbehausung in gedachter Gegend
für sich oder die zur Aufsicht dieser neu einzurichtenden Manufakturen erförderte Buchhalter und
dergleichen erbauen lassen, so wollen Wir selbige und dessen Einwohner, hiermit und kraft
dieses von allen Ordinair- und Extraordinair Real- und Personallasten gänzlich befreyet haben.“
Baron von Hoesch hatte ein besonderes Interesse daran, soweit möglich, sich auch persönlich
von der Entwicklung seines Werkes zu überzeugen. Möglichst zwanglos zu diesem Zwecke sich
auf seinem Werk von Zeit zu Zeit aufhalten zu können, war sein Wunsch. Zwar hätte er dieserhalb
auf dem freiadeligen Hause Suttrop, welches er 1744 erwarb, Wohnung nehmen können, zumal
die Entfernung von seinem Hüttenwerk nur eine gute Viertelstunde betrug. Doch mitten in seinem
Betrieb zu wohnen, scheint ihm mehr am Herzen gelegen zu haben. Er erbaute sich daher eine
besondere Wohnung, jedoch nicht auf dem Hüttenplatz, sondern auf dem Eisenhammer. Es war
das freiadelige Haus unten beim Eisenhammer, wie es z.B. 1758 heißt und wo er sich in diesem
Jahre am 22. Nov. Aufhielt.
Diese Wohnbehausung war nun auf Warsteiner Gebiet errichtet. Hier war es trockener als auf den
Suttroper Westerwiesen. Eine besondere Genehmigung seitens des Rates der Stadt Warstein bedurfte es nach der Konzessionsurkunde nicht. Sollte mit dem Hause aber das Bürgerrecht verbunden sein samt allen anklebenden Rechten und Gerechtigkeiten, dann musste noch die besondere
Genehmigung des Kurfürsten hinzukommen.
Die „Verstattung des Bürger Rechts undt personal freyheit für den Hr. von Hoesch auf sein bey
Warstein erbawtes Hauß undt Zubehoer erfolgte schon bald durch den Kurfürsten Clemens
August, und zwar unterm 4. Sept. 1750. Die Verfügung hat folgenden Wortlaut:
„Von GOTTES Gnaden Wir Clemens August, Ertzbischoff zu Cöllen etc. … fürgen hiermitt zu
wissen; Demnach Wir auff unterthänigstes suppliciren undt Bitten des freyherren von Hoesch,
weylandt Ihrer Kayserlichen Majestät, undt Ihre Churfürstlichen Durchlaucht in Bayern Ministri,
undt Würcklichen geheimen Raths gnädigst bewogen worden seyen, desselben ohnweith der
Statt Warstein zu behuff in dasigen Gegenden angelegter Bergwercken und Eyßen fabriquen
erbawter Behausung in ansehung umb dieße gewercke undt fabriquen bereits gehabten Mercklichen Geldaufwandt undt in betracht dem publico, besonders auch der Statt Warstein nicht
minder, als Vnserem höchsten Arario daraus bereits zugewachsenen Vortheile, undt sonst aus
sonderbaren gnaden erwehnter seiner Behausung das Bürger-Recht mit allem demselbigen
anklebigen Recht undt Gerechtigkeiten zugelegt, undt ihnen von Hoesch damit begnädiget haben,
zulegen undt begnädigen, auch denselbigen damit also undt dergestalten, dass Mehrgedachte
Behausung in allen undt Jeden Theillen die Nutzbahrkeiten geniesen solle wie sie von übrigen
zwischen denen Statt Ringmaueren, und auf dem so genannten Breich gelegene Häußere annoch
würcklich genossen werden, oder rechtlich genossen werden können; dahingegen aber wollen Wir
gnädigst, dass er von Hoesch, seinem eigenen erbieten gemäs, von wegen dieser Behausung zur
Statt Cassa alljährliche so viel lohnweigerlich beytragen solle, als von derjenigen Behausung bis
heran zahlt worden ist, welche zu gedachtem Warstein in der Schatzung zum höächsten angesetzt zu seyn sich befindet, undt weilen erwehnte Behausung von allen sonst etwa vorkommenden Real- undt personal-Lasten, bis hiehin allerdings befreyet gewesen, so wollen Wir, bey
76
angegebener dieser Bewandnus, selbige auch bey solcher Freyheit in Zukunfft gnädigst beschützet wissen, undt haben in Urkund dessen gegenwärtiges Gnaden decretum demselben unter
Vnserer höchsthändigen unterschrifft undt geheimen Cantzley Insiegel mittheilen lassen, Burgermeister undt Rath, und welche es weither angehen mag, gnädigst befehlendt in ein so wohl, als
anderem sich darnach gehorsambst zu achten.
Bonn, den 4.7br. 1750.
gez. Clemens August Churfürst mpp.
in dorso: Copiam huhus, gratiosi originalis decreti, in ……………
Andreae Laqueman et Jodoci Sontag at manus ejus dominae uxoris intimavi. Ego J.M.Lutter,
Caes.et Aprost.Auth pub. Immatriculatus, den 25. 7bris 1750.-“
Im Jahre 1758 war dieses Haus von den französischen Truppen arg demoliert worden. Der
Rüthener Notar Jo.Casp.Schwartze wurde von Baron von Hoesch gebeten, ein Protokoll darüber
aufzunehmen. Die diesbezügliche Verhandlung fand statt am 22. Nov. 1758 „auf dem freiadelichen Hause unten beim Eisenhammer“, in Gegenwart Sr.Exc. Frhr.v.Hoesch und des Inspektors
des Rittersitzes Suttrop Nottebaum. Die französischen Husaren, welche gerade dabei „campirt“,
so heißt es, hatten es in der Nacht vom 18. Okto. 1758 mit großer Gewalt aufgebrochen, zuvor 12
Fenster total eingeschlagen. Zur Furagierung hatten sie Roggen, Hafer und Raufutter weggenommen. „Sr.Exc. 2 schinken fortgenommen … 2,18,-- Rthlr.“, so heißt es weiter.
Am 26. Sept. 1763 wohnte von Hoesch in dieser seiner Behausung ohnweit Warstein. Die Frau
Reichsgräfin von Hallberg besuchte nach dem Tode ihres Gatten die schwiegerväterliche Besitzung Suttrop häufig; so im Jahre 1794, als die französischen Armeen sich dem Rhein näherten,
und wohnte in diesem Hause. Dies freiadelige Haus wurde später in den Betrieb mit einbezogen.
Für die Betriebsleitung erbaute man ein eigenes Haus auf dem Eisenhammer. Auf dem Eisenhammer waren auch Wohnungen, und zwar für die Hammerschmiede eingerichtet. Alle übrigen
Werkswohnungen wurden auf dem Hüttenplatz errichtet.
Zunächst kommt hier in Frage die Wohnung für den Inspektor. Das Wohnhaus für denselben lag
östlich der Hütte, mitten auf dem Hüttenplatz. Anfänglich wird in diesem Haus auch das sog.
Comtoir untergebracht gewesen sein. Ein eigenes Gebäude als Comtoir wurde erst in neuerer Zeit
errichtet. Es findet sich bereits vor im Jahre 1856, und zwar westlich des genannten Wohnhauses.
Später wurden Wohnhaus und Comtoir zu einem Gebäudekomplex miteinander verbunden. Ob
hier auch Angestellte wohnten, steht nicht fest. Nach Möller hatten diese ihre „Stelle auf dem
Comtoir“. Es kann auch wohl nur der Ort ihrer Tätigkeit gemeint sein.
Nachdem die Stelle des Inspektors ihren leitenden Charakter verloren hatte und diese Befugnisse
auf andere Personen bzw. Personenkreise übergegangen waren, wurde auf dem Hüttenplatz
gegenüber der Kapelle eine besondere Direktorwohnung errichtet.
In der Inspektorwohnung scheint anfänglich auch sonstiges Hüttenpersonal untergebracht
gewesen zu sein. Nach dem Suttroper Sterberegister starb am 20. Febr. 1758: „auf der Eyßen
Hütten negst der Mahlmühlen Joes Schluter, puer quinquennis“.
Besondere Arbeiterwohnungen waren auf dem Hüttenplatz nicht errichtet. Anders dagegen auf
dem Eisenhammer. Am 18. Dez. 1754 starb „auff dem Eißen Hammer auff der Treiße Joan
Jacobus Schmid und wurde in Suttrop begraben. Arbeiter wohnten nur auf dem Eisenhammer. Im
Jahre 1829 wohnten dort und waren dort beschäftigt:
der Steiger Moritz,
der Hammermeister Ludwig Appelhaus,
der Hammermeister Franz Hesse,
der Hammerschmied Jost Hesse,
der Hammerschmied Johannes Hesse, dessen Sohn,
der Hammerschmied Ludwig Damm,
der Hammerschmied Jos. Heinrischen,
der Sandformermeister Joes Rosche, für die Eisenhütte.
Die Bergleute wohnten in Warstein. Als Bergwerksleute, so heißt es, arbeiteten ständig auf den
gräfl. von Hallenbergischen Bergwerken:
Franz Sommer
in Warstein
Caspar Sommer
in Warstein
Christian Enste
in Warstein
77
Adolf Sommer
Casp. Hesse
in Warstein
in Warstein
Vorhanden war aber ein Gebäude für die Arbeiter zum Aufenthalt, zum Essen usw. Es war die
sog. Mehage, und schloß sich diese in kurzer Entfernung östlich an die Hütte an. In diesem
Gebäude war auch die übliche Kantine untergebracht.
Schon die Bergordnung von 1559 bestimmte: „uf den Bergk- und Hütten-Steten, freie Schenckstete zu erwelen, und zu legen, alda selbst Schenk, Brau, Wohnhäuser, Scheuren und Stelle,
nach jrer Notturft zu bawen und aufzurichten, alda zu breuwen“, allerlei Bier und Wein, wie und
wie sie das zu bekommen wissen, zu kaufen und ohne Belastung mit Abgaben auszuschenken;
auch andere Gewerbe und Hantierung, soweit zur Erhaltung der Nahrungnötig, zu betreiben.
Die Kantine war schon recht frühzeitig vorhanden. Im Jahre 1758 wurden durch die Franzosen
vernichtet: „Ahn angekaufften Bier zum behuef der Hammer Schmiden undt anderen leuthen …
6,24,- Rthlr.“
Zu den sonstigen Gebäuden gehörten weiter die Kohlenschuppen sowohl auf dem Hüttenplatz wie
auf dem Eisenhammer. Das Abladen der Kohlen in diesen Schuppen nannte man „stürzen“. Dort
befanden sich auch die Kohlenmaße. Nach der Bergordnung musste „ein richtiges und sicheres
Kohlen Maaß“ vorhanden sein, und zwar bei 2 Goldgulden Strafe. 11 solcher Maaße auf Hütte
oder Hammer, 12 derselben auf der Kohlgrube gingen auf einen Kohlenkorb. Dieser sollte sein 16
Werkschuh lang, 3 ½ tief und 3 ½ weit. Die Fuhrleute durften nicht mehr als einen Scheit mitten
durch denselben führen. Wer weniger als die angegebenen Maaße führte, stürzte kein richtiges
Fuder. Auch kleinere Körbe durften nicht geführt werden, und zwar ebenfalls bei 2 Goldgulden
Strafe. Auch die Kohlenbrenner oder Köhler, welche solche Fuhren annahmen, wurden bestraft.
Der Bergmeister hatte durch den Bergfrohnen dieserhalb häufig visitieren zu lassen.
Von besonderer Bedeutung war das Lagergebäude, sowohl für Eisenguß als Stabeisen. Hier im
Lagerhaus wurde auch das Ein- und Auswiegen des Eisens vorgenommen. Auf Hütten und
Hämmern, so bestimmte die Bergordnung, sollten „einerley Gewichte, gleicher Schwäre“ gehalten
werden, die jederzeit richtig zu sein hatten. Weil das Gewicht durch die Länge der Zeit verschleißen tue, sollten die Gewichte jährlich wenigstens einmal nachgeeicht werden. Unrichtiges
Gewicht brachte dem Reidemeister Strafe.
Ein gemein Waageisen sollte schwer sein: jede Waag zu 120 Lt., jeder Zentner zu 108 Lt. gerechnet. 12 Zentner sollte die Kahr halten, wie es alte Gewohnheit war. Das schwere Bergzentner zu
114 lt. sollte nur beim Verkauf von Galmey und andern perfectionierten Metallen gebraucht
werden dürfen, bei Eisen aber nicht.
Man sprach auch vom sog. Berggewicht. Im Kemnereiregister der Stadt Rüthen von 1743/44 heißt
es unter Botenlohn: „Jtem 12ten Julii Einem Botten, elcher das Berggewicht von Brilohn geholet,
undt wieder obrück gebracht, zahlet sein Lohn mit 10 gr.“
Dieses Lagergebäude, auch Magazin genannt, lag westlich vor der Hütte, direkt an der Straße von
Suttrop. In der Nacht vom 4. auf 5. Nov. 1910 brannte das Magazingebäude der St. Wilhelmshütte
mit sämtlichen Vorräten total aus. Der Schaden war durch Versicherung gedeckt. Bei dem Wiederaufbau wurden einige Betriebsstätten verlegt und so die Gießerei um etwa 30% vergrößert.
Das neue Lagergebäude wurde von massiverer Konstruktion. Weiter waren vorhanden noch 2
Stallungen für die Pferde.
Nicht zu den Hüttengebäuden gehörte die Kapelle, obgleich sie sich im späteren Hüttenbezirk vorfindet. Ursprünglich wird die Kapelle außerhalb des Hüttenbereichs gelegen haben, und zwar in
den angrenzenden Suttroper Gemeinheitsgründen. Von diesen wurden für Hüttenzwecke immer
weitere Teile angekauft, zumal eine Ausdehnung nur nach dieser Seite hin möglich war. Auf diese
Weise rückte die Kapelle immer mehr in den Bezirk der Hütte hinein.
Erbaut, zum wenigsten erneuert, wurde die Kappelle im Jahre 1753. Das Bauholz zu derselben ist
nämlich damals auf der Warsteiner Sägemühle geschnitten worden. Im Kemnereiregister vom
Jahre 1753 heißt es: „Zu der Capellen auff der Treisen zu Dillen undt Bauholtz geschnitten …
-,28,-thlr.“ Treise war bekanntlich später der Name für die Quelle oberhalb der Hütte; vor dem war
das von dieser Quelle zur Wester fließende Wasser so genannt, 1682 als Siepen bezeichnet; „auf
78
der Treise“ war die Bezeichnung für das Siepen mit anliegendem Gelände.
Über die Veranlassung zur Errichtung der Kapelle und deren Zweck war bislang näheres nicht
aufzufinden. Es konnte aber in Erfahrung gebracht werden, dass um die Mitte des vergangenen
Jahrhunderts noch das Glöckchen der Kapelle geläutet wurde, wenn das Anblasen eines Hochofens bevorstand. Vor dieser Zeit war es üblich gewesen, dass in dieser Kapelle vor dem Anblasen eines Hochofens von dem Suttroper Geistlichen auf Kosten der Hütte eine Messe gelesen
wurde. Die Kirchengemeinde Suttrop hatte ferner das Recht, alljährlich eine Prozession zu veranstalten, welche sich durch den Hüttengarten zu dieser Kapelle bewegte. Erst Anfang der 60er
Jahre des vorigen Jahrhunderts verzichtete Suttrop auf dies alte Recht.
Eigentümer der Kapelle samt dem Kapellengrundstück war Kommerzienrat W. Bergenthal,
welcher sie, wie es heißt, aus Privathand erworben hat. Über die erstere Tatsache sowie über das
weitere Schicksal der Kapelle gerichtet Direktor Simon in seiner Abhandlung in der Gießereizeitung (Heft 20 vom 15.10.1920): „Die Kapelle … stand auf einem Grundstück, welches als
Enklave im Hüttengelände lag und dem Kommerzienrat Wilhelm Bergenthal gehörte. Dessen
Enkel, Gewerke Wilhelm Bergenthal, tauschte im Jahre 1897 dieses kleine Grundstück gegen
eine andere Parzelle mit dem Hüttenwerk aus und brach die Kapelle in einer Nacht ab, die er
dann auf einem ihm gehörenden Grundstück, das jetzt als Enklave in dem Gelände der ProvinzialHeilanstalt in der Gemeinde Suttrop liegt, wieder aufbaute. Dort steht die Kapelle heute noch,
allerdings nicht mehr im ursprünglichen Zustande, sondern ungeweiht und unbenutzt.“
14. Der Name
Die ursprüngliche Bezeichnung der Eisenhütte war „Eisenhütte bei Suttrop“. Erst als die
Eisenhütte infolge der Hallbergschen Subhastation in andere Hände übergegangen war, erhielt
sie den Namen: „Sankt Wilhelmshütte“; diese neue Bezeichnung wurde genehmigt durch Rescript
des Oberbergamtes zu Bonn vom 28. Dez. 1835.
Der Eisenhammer führte seit Anfang die Bezeichnung „Eisenhammer“. Zwecks genauerer
Lokalisierung heißt es aber häufig „unten auf dem Eisenhammer“. Nachdem in neuerer Zeit der
Betrieb dort umgestellt war, sprach man nur noch vom „alten Eisenhammer“. Die Teilbetriebe
wurden besonders gekennzeichnet wie „das Puddlingswerk auf dem alten Eisenhammer“, „die
Achsenfabrik auf dem alten Eisenhammer“ usw.
Erst in neuerer Zeit kam die neue Firmenbezeichnung auf, welche die alte Bezeichnung verdrängte. Im Voke aber blieb das Herkommen erhalten, zumal eine Unterscheidung von andern
gleichnamigen Werken nicht nötig war. Man spricht kurz von der „Suttroper Hütte“, mehr aber
noch von der „Warsteiner Hütte“ oder kurz von der „Hütte“. Ferner heißt es nur „Eisenhammer“,
wie ähnlich die Bezeichnung „Kupferhammer“ nocht fortlebt, obwohl dieser in Wirklichkeit kein
Kupferhammer mehr ist.
15. Das Fabrikzeichen
Mit einem Fabrikzeichen wurde im allgemeinen das Stabeisen versehen. Aus älterer Zeit sind
solche Zeichen nicht bekannt. Am 26. Febr. 1819 verlangte die Regierung Angabe des Fabrikzeichens des zur Eisenhütte bei Suttrop gehörigen Eisenhammers. Ein neues Zeichen wurde nicht
in Vorschlag gebracht. Das alte Zeichen: „J.A.R.“ wollte man beibehalten. Welches Zeichen die
Eisenhütte hatte, namentlich zum Zeichnen der Gusswaren, ist nicht erfindlich. Mehr üblich
scheint hier die Firmenbezeichnung wie etwa „Eisenhütte bei Suttrop“ üblich gewesen zu sein.
16. Die politische Zugehörigkeit
Suttrop wie Warstein gehörten politisch zum ehemaligen Herzogtum Westfalen. Durch die Erblandesvereinigung vom 10. Juni 1463 wurde das Herzogtum ein politisches Ganzes mit einer
eigenen Verfassung. Nach Auflösung des Kurstaates kam das Herzogtum Westfalen von 1803 –
1816 unter Großherzogliche Hessen-Darmstädtische Landeshoheit und fiel schließlich durch die
Staatsverträge vom 10. Juni 1815 und 30. Juni 1816 an die Krone Preußens.
Das Herzogtum Westfalen wurde dem Reg.Bez. Arnsberg zugeteilt und bildete die Kreise
Arnsberg, Brilon, Meschede und Olpe sowie Teile der Kreise Lippstadt, Iserlohn und Soest.
79
Der Gemeindebezirk Suttrop kam zum Kreise Lippstadt und damit auch die Eisenhütte und der
größte Teil des Eisenhammers. Der Stadtbezirk Warstein kam zum Kreise Arnsberg und damit
teilweise der Eisenhammer.
17. Die kommunale Zugehörigkeit
Die ursprüngliche Anlage der Eisenhütte sowie fast ausschließlich auch die des Eisenhammers
auf dem Territorium der Gemeinde Suttrop, dazu unmittelbar angrenzend die Gemeinde Warstein
und besonders auch die Stadt Warstein selbst: obere Stadt wie auch untere Stadt auf dem
Bruche, dies nahe Nebeneinander musste einmal zu Streitigkeiten führen. Solange der Betrieb
sich im alten Fahrwasser hielt, sich nicht über ein gewisses Maß ausdehnte, fiel die Zugehörigkeit
weiter nicht auf; irgendwelche Hemmungen traten nicht auf. Die wenigen Arbeiter wohnten in
beiden Gemeinden, zu Misshelligkeiten kam es nicht,m zumal Hütten- und Hammerplatz weitgehend gefreit waren.
Dieser Zustand änderte sich, sobald in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das alte Vorrecht
der Freiheit gegenstandslos geworden, und auf der anderen Seite die Industrie im Westertale sich
immermehr aufwärts bewege und Hand in Hand damit auch die Zahl der Arbeiter sich erheblich zu
vergrößern begann. Es kam die Idee auf, die St. Wilhelmshütte vom Amte Alten-Rüthen zu
trennen und dem Amte Warstein einzuverleiben.
Am 3. Jan. 1843 bestimmte die Regierung zu Arnsberg, dass die St. Wilhelmshütte bei Warstein
sowie die darauf befindlichen Arbeiter polizeilich, sowohl in Paß- als in Polizeistrafsachen von
dem Bürgermeister zu Warstein mit beaufsichtigt werden sollten. Der Bürgermeister zu Warstein
erkannte in letzter Angelegenheit, und zwar geldlich zu gunsten der Gemeindekasse Suttrop. Bei
Exzessen werden Arbeiter, welche zu Suttrop wohnen, vom Warsteiner Bürgermeister dem
Bürgermeister zu Rüthen angezeigt und von diesem bestraft. Die Gemeinde- und Steuerverhältnisse sollen hierdurch nicht berührt werden. Dies gab aber weiter Anlaß zu Streitigkeiten und
Warstein zielte ab auf eine Einverleibung. In dem Sinne wurde dann auch am 3.Sept. 1847 von
der St. Wilhelmshütte ein Antrag gestellt auf gänzliche Einverleibung. In nähere Erwägung sollte
dieser Antrag gezogen werden bei der damals bestehenden Regulierung der Steuerempfangsbezirke. Die Regierung lehnte den Antrag aber am 16. Dez. 1847 ab; die Verfügung von 1847
sollte nur in Notfällen Geltung haben, wenn nämlich der Amtmann zu Rüthen vorkommendenfalls
nicht schnell genug erreicht werden könne.
Im Jahre 1924 war infolge einiger Veränderungen die Lage folgende:
1) Die Eisenhütte liegt fast ganz im Gemeindebezirk Suttrop; nur ein ganz unwesentlicher Teil
eines Gebäudes, welches die Versandräume und Lager für Gasfeuerstätten enthält, in etwa 3
Meter Breite (ganze Breite 10 Meter), ragt in den Gemeindebezirk Warstein hinin. Einige
Wohnhäuser, vermietet an Betriebsbeamte, liegen im Gemeindebezirk Warstein; gewerblicher
Betrieb befindet sich nicht in letzteren.
2) Der Eisenhammer erstreckt sich auf die Bezirke Suttrop und Warstein, und zwar seit 1912, seit
der Errichtung eines Erweiterungsbaues (Werkstatt und Lagergebäude) zu etwa 2/3 auf die Gemeinde Suttrop. Das übrige 1/3 umfaßt den Rest und vom unbebauten Besitz die Wasserkraft.
Zum Schluß sei bemertk, dass die Ideen einer Einverleibung nach Warstein sich bis jetzt nicht
haben verwirklichen lassen. Sie werden aber weniger auf Schwierigkeiten stoßen, wenn die
Kreisaufteilung einmal überprüft und hier ein besonderer Möhnekreis gebildet wird, und zwar von
Kneblinghausen bis zur Talsperre.
18. Die bergrechtlichen Verhältnisse
Bergrechtlich gehörten Eisenhütte wie Eisenhammer zum Bergamt bzw. Bergrevier Brilon. Das
Bergamt war ursprünglich eine Einrichtung der landesherrlichen Verwaltung zur Durchführung
guter Polizei auch im Berg- und Hüttenwesen, gemäß der Bergordnung. „Berghauptmann und das
gesamte Bergamt“ ist eine häufige Redewendung in den Bergordnungen.
Zur besseren Durchführung der Aufgaben des Bergamtes war das Herzogtum Westfalen später in
2 Quartale eingeteilt, nämlich die Quartale Brilon und Olpe, von denen Brilon das größere war.
Zum Quartal Brilon gehörten Suttrop und Warstein und damit auch Eisenhütte und Eisenhammer.
Mit der Zeit fiel die alte Bezeichnung „Quartal“ fort; die neue Bezeichnung dafür war „Bergamt“. Im
Jahre 1744 wird das Bergamt Brilon u.a. erwähnt. Spter, z.B. 1846, finden wir die Bezeichnung
„Geschworenen-Revier“. Diese örtlichen Bergämter, Bergreviere waren die beiden Unterbezirke
80
des Gesamtbergamtes des Herzogtums Westfalen. In dieser Gesamtheit bildeten das Bergamt
„die bergverständigen Amtsleute und Diener vom Berghauptmann abwärts“. Der Wohnsitz der
einzelnen Beamten war verschieden; nur die Bergschreiber mit ihrem Personal waren am Sitz der
örtlichen Bergämter Brilon und Olpe in Brilon bzw. Olpe stationiert. Die Quartale bzw. Bergämter
waren demnach Verwaltungsbezirke, welche je einen bestimmten Kreis von Betrieben umfassten.
Bestandsmäßig für sich scheinen die Betriebe nicht erfasst worden zu sein. Eine solche Erfassung
fand wohl nur statt in den verschiedenen Abgaberegistern, Verleihungsregistern u.ähnl.
In neuerer Zeit wurden die Betriebe erfasst in den seit 1830 eingerichteten Grundbüchern. Die
Bergwerke fanden erst später eine gesonderte Zusammenstellung und das in den sog. Berggrundbüchern, welche auf der allgemeinen Gesetzgebung vom 5. Mai 1872 beruhten.
An der Spitze des Bergamtes stand der Berghauptmann. Praktisch war nun das Berg- und Hüttenwesen mit dem Forstwesen verbunden. Somit war der jeweilige Oberjägermeister gleichzeitg auch
Berghauptmann. Im Jahre 1739 war Berghauptmann der Oberjägermeister Frhr. Von Weichs. Der
Berghauptmann hatte die Oberaufsicht im Beramt; gewisse Angelegenheiten waren ihm allein vorbehalten, im übrigen regierte er an Stelle des Kurfürsten.
Die übrigen Bergbeamten waren nach einer Aufstellung von 1650 folgende:
1) der kurfürstliche Bergmeister, damals Caspar Engelhardt; ab 1669 war er Oberbergmeister
genannt, war gleichzeitig Bergverwalter. Seine Besoldung betrug 29 Malter Hafer und 137 Rthlr.
2) der Bergzehender, damals Gambach. Seine Aufgabe war, die Zehnten zu berechnen und
vierteljährlich einzufordern; ferner hatte er die Rechnungen zu prüfen. Dessen Gehalt betrug 12
Malter Hafer und 116 Rthlr.
3) Am Sitz des Bergamtes waren tätig:
a) der Bergschreiber. Er hatte die Bergbücher zu führen, Verträge usw. zu entwerfen, im Bergamt
vorzutragen usw. Gehalt 20 Rthlr.
b) der Bergpfandbote, Gehalt 10 Rthlr.
c) der Bergrohne, Gehalt 10 Rthlr.
4) der Berggeschworene, je einer für Brilon und Olpe. Diesen Berggeschworenen lag es ob, die
Gruben direkt zu besuchen, Hütten und Hämmer zu besichtigen, mit den Arbeitern zu verhandeln
usw.
Sämtliche Bergbeamte wurden von dem Kurfürsten selbst bestellt, angenommen und in Eid
genommen. Die Grundlagen, die gesetzlichen Bestimmungen für die Tätigkeit der Bergbeamten
bildete seit alters die Bergordnung. Darüber folgendes:
Die Regelung der Bergverhältnisse war ein Ausfluß der Bergwerksregale und der fürstlichen Kammersachen des Kölner Erzbischofs als Landesherr. Zunächst galt auch im Herzogtum Westfalen
die Bergordnung vom 14. Juni 1559. Es bestand Bergfreiheit. „Bergwerk“ war nur ein Sammelbegriff für Bergwerke und was davon dependierte, nämlich Hütten und Hämmer. Um den Bergbau
zu fördern enthalten die Bergordnungen mancherlei Freiheiten: freie Holzanweisung auf 5 Jahre,
billige Holzverkohlung, freie Schankstätte und andere Gewerbe, Zollfreiheit, Freiheit vom Bergzehnten auf 5 Jahre, freie Jagd usw. „Eisen“ wird neben Silber, Kupfer und Blei noch unter
„andere Metalle“ einbegriffen.
In der Folgezeit war es nun namentlich der 30jährige Krieg, welcher nicht ohne Einfluß auf die
Bergwerke in Westfalen geblieben. Fast sämtliche Gruben waren zum Stillstand gekommen. Vor
allem fehlte es an den nötigen Geldmitteln, die Bergwerke wieder in Betrieb zu setzen. Über die
damalige Lage des Bergbaues gab der Bergmeister Casp. Engelhardt im Jahre 1668 einen Bericht; dazu noch ein Gutachten wie Bergbau und Hüttenindustrie wieder gehoben werden könnten.
Daraufhin erließ der Kurfürst die kurkölnische Bergordnung vom 4. Jan. 1669. Diese war auch für
die im Jahre 1739 ff. errichtete Suttroper Eisenhütte und den Eisenhammer nebst Bergwerk maßgebend. Der 12. Teil dieser Bergordnung ist eine erstmalig aufgestellte Eisenstein-Ordnung. Sie
beginnt mit der Freiheit des Eisensteins. Im 13. Teil ist sodann die Rede von Hütten und Hämmern. Später, nach Einführung des Allgemeinen Landrechts, galt neben der Bergordnung subsidiär das Bergrecht des ALR, Th. II Tit. 16, Abschnitt IV. Schließlich wurden die kurk. Bergordnung und das ALR. abgelöst durch das Allgem. Berggesetz für die preußischen Staaten vom 24.
Juni 1865, mit Wirkung vom 1. Okt. 1865. An der allgemeinen Landes- und Reichsgesetzgebung,
soweit das Bergwesen von derselben berührt wurde, hatte das ehem. Herzogtum Westfalen bereits teilgenommen seit dem den Bergbau betr. Gesetz vom 12. Mai 1851 und der bergrechtlichen
Novelle bis 1863.
81
Da Justiz und Verwaltung in ältester Zeit noch nicht voneinander getrennt waren, enthält die
Bergordnung auch Bestimmungen beiderlei Art. Vielfach gingen die Begriffe noch ineinander über.
Vornehmlich sprach man aber von der bergamtlichen Jurisdiction ähnlich wie von der forstamtlichen Jurisdiction. In der Folge hat man die Bergordnung von 1669 als Grundgesetz bestehen
lassen; Zusätze usw. wurden in besondere Verordnungen aufgenommen und publiziert. Die
unterste Instanz für bergrechtliche Entscheidungen war das Bergamt.
Dem Bergamt untergeben und verpflichtet waren nach dem Edikt vom 18. Dez. 1676: Inspektoren,
Schichtmeister wie auch Reidemeister, Steiger, Messer, Schmelzer und Hammerschmiede.
Sachlich hatte das Bergamt zu erkennen über Kohlen-, Kohlhau-, Brenn- und Fuhrlohn, über
Metall als raues und Stabeisen. Auch gehörten u.a. dazu Eisenforderungen, Schmiedelohn und
Kohlenschulden.
Die Bergordnung befasst sich nun mit einem Sondergebiet, welches in mancher Hinsicht wieder
sehr mit dem privaten Leben verknüpft war. Infolgedessen blieben hinsichtlich der bergamtlichen
Jurisdiction Kompetenskonflikte nicht aus; und so wurde es von Zeit zu Zeit notwendig, die Zuständigkeit in besonderen Verordnungen oder Edikten neu zu regeln. So wurde der Umfang der
bergamtlichen Gerichtsbarkeit u.a. in einer kurkölnischen Verordnung vom 13. Aug. 1747 festgelegt. Das Bergamt hatte danach zu entscheiden: „über Erbauung, deren Hütten, Hämmern,
Kohlschoppen und sonstiger zu Betreibung des Bergwercks nöthigen Gebäwen, auch deren
Reparation, wie imgleichen ungeschmoltzenes Ertz, oder, wan es auch albereits geschmoltzen
und verfertigt, aber noch zur Stelle liegt, und nicht abgeholet oder verschickt worden, wie auch,
wan über würckliche Verkohlungen Streit entstehet“; ferner in Sachen, welche die Bergwerke
angehen, weiter Streitigkeiten zwischen Bergleuten, wenn es sich um ins Bergwesen einschlägige
oder dadurch veranlasste Sachen handelt. Nicht in Frage kam Criminal-Jurisdiction und Inspectio
Cadaverum verunglückter Bergleute; letztere nur unter gewissen Voraussetzungen.
Weiter wurde es ebenso häufig notwendig, über die Zuständigkeit des Bergamtes und der ordentlichen Gerichte zu befinden. So erklärten u.a. Landdrost und Räte zu Arnsberg unterm 12. Okt.
1733: „In den ihenigen sachen aber, welche Bergwerk, Hütten, Hämmer, Kohlen, derenselben
Maaß, stein, metallen, so lang solche auff der Hütten, und Hämmern noch nicht verschmolzen,
und zu ihrer vollenkommenheit gebracht, ohnmittelbar das objectum constituiren, das Bergamt
wohl cognosciren und das rechtliche verordnen möge.“ Wenn aber beim Wegfahren der Kohlen
Verbal- oder Real-Injurien entstanden, ober über das bereits verfertigte Eisen, z.B. bei erhandelten Schneidemessern, Nägeln usw. unter den Kontrahenten Streit entstehe, dass hier nicht das
Bergamt, sondern die ordentlichen Gerichte zuständig seien.
Wenn ferner vom kurfürstlichen Bergamt in Hütten und Hämmern Executiones verhängt würden,
und es sich hierbei um andere als beim Bergamt verpflichtete Leute handele, dass dann die
ordentlichen Gerichte oder der Gerichtsherr requiriert werden müsse. Das Bergamt hatte zu
bestimmen über alle Berg-, Hütten-, Hämmer- und Kohlensachen, sowie die darin tätigen
Personen; sobald aber eine Goeß und ebenso Öfen, Braupötte oder Wasserröhren aus dem
Betrieb heraus waren, dann schied das Bergamt als Instanz aus. Auch wenn in Privatwäldern
Verkohlungen stattfanden, kam die bergamtliche Jurisdiction nicht in Frage.
Während weiter in rein verwaltungstechnischen Angelegenheiten die letzte Instanz der Berghauptmann war, gingen Recurse und Appelationen direkt an den Kurfürsten. Das Hinüberreichen
in die private Sphäre und infolgedessen häufig bei den ordentlichen Gerichten anhängige Streitigkeiten führten dazu, dass es auch hier wieder zu Kompetenzkonflikten kam. Nach einer Verordnung vom 24. März 1739 waren Appellationen gegen Entscheidungen der Drosten oder deren
Verwalter oder gegen vom Bergamt ausgesprochende Urteile direkt an den Hofrat zu richten;
Landdrost und Räte schieden aus. Unterm 30. Jan. 1757 wies der Kurfürst aber darauf hin, dass
nach der Verordnung vom 24. Aug. 1679 recursus und appellation weder an die bonnische noch
an die westfälische Kanzlei, weder an den Hofrat noch an Landdrost und Räte, sondern nur an
seine eigene Person zu richten seien.
Mehr Einheitlichkeit wurde erst erzielt, als Justiz und Verwaltung von einander getrennt wurden.
Die Bergsbehörden wurden zu reinen Verwaltungsbehörden. Damit ging aber auch wieder eine
langjährige Entwicklung zu Ende. Das Neue der Zeit war folgendes:
Im Jahre 1815 wurde das Oberbergamt Bonn eingerichtet. Es umfasste Gebiete der beiden
Provinzen Rheinland und Westfalen. Als im Jahre 1816 das Herzogtum Westfalen nebst der
Grafschaft Wittgenstein an Preußen kam, bestimmte das Patent des Oberpräsidenten Freiherrn
82
von Finke, dass für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in den Landesteilen rechts der Lenne
das Königl. Oberbergamt Dortmund einzutreten habe. Im Jahre 1861 wurden die Bergämter aufgehoben. Ihre Befugnisse gingen auf die Oberbergämter über. Im Jahre 1871 wurden die statistischen Nachrichten, welche bisher von der Regierung eingezogen waren, den Königl. Oberbergämtern einzuziehen übertragen, sie waren von den Hüttenwerken den betr. Bergrevierbeamten
zuzustellen.
19. Die Abgaben
Eine der Hauptaufgaben der Bergbehörden war die Berechnung und Einziehung der Abgaben. Im
16. Jahrhundert war unter Aufrechterhaltung des Bergregals die Bergbaufreiheit proclamiert worden. Doch es blieb nicht aus, dass man trotzdem dazu überging, nach und nach die Betriebe auch
zu Abgaben heranzuziehen. So hatten sich im Jahre 1612 die westf. Stände beim Kurfürsten beschwert, dass seitens der Bergbeamten, deren Aufgabe es in erster Linie doch nur war, für gute
Polizei zu sorgen, große Unordnung herrschte, namentlich, „dass die Bergbeamten gegen ihre
(der Adeligen) Freiheit auf ihren Hämmern und Hütten allerlei verbotene Steuerung vornähmen“.
Der Landtag zu Arnsberg bestimmte daher am 2. April 1612, dass die alte Bergordnung von Gebhardt Truchseß den Zeitverhältnissen entsprechend revidiert werden solle. Eine umfassende
Revision erfolgte übrigens erst durch die Bergordnung vom 5. Jan. 1669. Die Freiheit des Bergbaues hatte den Zweck verfolgt, zunächst einmal das Berg- und Hüttenwesen im Lande zu fördern. Als dann gewisse Abgaben eingeführt waren, wurde die alte Freiheit für gewisse Zeit, als
sog. Freijahre, wieder eingeführt, wenn es galt, neuen Betrieben zur Entwicklung zu verhelfen; so
in der Bergordnung von 1669 im ersten Teil 3. Artikel (drei Freijahre).
Man ging von folgendem aus: Hat die Masse der Bevölkerung einer Gegend, und weiter des
ganzen Landes, vor allem also der Arbeiter, sein Auskommen, dann herrscht, wie man zu sagen
pflegt, Wohlstand. Es ist eine bekannte Tatsache, dass der Arbeiter dort, wo er wohnt, seinen
ganzen Verdienst auch ausgibt. Er bringt ferner ähnlich wie das Beamtentum, meist fremdes, und
damit zusätzliches Kapital in die Gegend und das ist es, was den Wohlstand fördert. Aus diesem
Grunde kommen noch heute wirtschaftlich denkende, voraussehende Gemeinden einem Industrieunternehmen, welches sich in ihrem Bezirk niederlassen möchte, in jeder möglichen Weise
entgegen. Sie stellen z.B. Industriegelände zur Verfügung, gewähren Steuer- und Lastenfreiheit
für eine Reihe von Jahren. Der Gedanke ist, dem Unternehmen zu einer möglichst schnellen und
sicheren Entwicklung zu verhelfen. So dachte man schon damals, als man die Bergordnung von
1669 aufstellte, so dachte auch der Erzbischof von Köln, als er im Jahre 1739 dem Baron von
Hoesch die bekannte Konzessionsurkunde ausstellte. Erzbischof Klemens August bestimmt darin
insoweit folgendes:
„Pro tertio erteilen wir ihm, von Hoesch, a dato gegenwärtig gegebenen Friefes fünf nacheinander
folgende Freyjahre, dergestalten, dass er von demjenigen Ertz, welches während der Zeit gefördert werden wird, keinen Zehnten und von den angelegten Mühlengewerben keine Wassererkenntnis zu entrichten oder zahlen brauche, nach verflossenen jetzt erwähnten Freyjahren aber den
Zehnten Erzes entweder in naturalibus in Vnserem Bergambt zu Disposition zu überlassen, oder
sich des Falles gegen eine gewisse jährliche Geldpräposition abzufinden, von jedem Mühlengewerbe aber ebenfalls jährlich für den Wasserlauf Vnserer churfürstlichen Hofkammer einen Thaler
Cölnisch zu zahlen, gehalten seyn solle.“
Die 5 Jahre Abgabenfreiheit hatte sich gelohnt. Das Bergamt Brilon sah sich am 12. Sept. 1744
daher veranlasst, dem Baron von Hoesch durch den Bergschreiber J.H. Rhodt folgendes
mitzuteilen:
„Demnach Ihre Churfürstl.Dhllt. zu Cölln unser gnädigster Herr in der dem Kayserl.geheimbden
Rath von Hoesch über die in Warsteiner und Suttroper feldtmarcken treibende Bergwercken und
erbawete schmeltzhütten und hämmer etc. den 20ten Aug. 1739 Ertheilter Concession unter
andern fünff nach einander folgende Freyjahren gnädigst und so verliehen haben, dass nach
deren Verfließung der Zehnte, und von jedem Mühlengewerb für den Wasserlauff jährlichs Ein
thaler Cöllnisch Entrichtet werden solle, Erwehnte fünff Freyjahren dan nunmehre zu Endt geloffen, Alß wird der Berg- und Hütteninspector Schnabel hiemit auff sambstag, den 19ten dieses
monaths Septembris abgelahden, Vormittags 9 uhren dahier ahm Churfürstl. Bergambte ohnfelbahr persönlich zu Erscheinen, anbey einen schreibens erfahrenen Bergsteigeren, auch Einige
getrewe und zu Häßpelern taugliche Bergleuthe zu sistiren, und abzuwartten, dass Ein als andere
in gewöhnliche Eydt und pflicht genohmmen, sodan, welche gestalten die Rechnungs extracten
über den Langenden Eisenstein quartaliter ahm Bergambte einzuliefferen, forth die Zehent- und
andere Gefälle vor die jährliche in Martio abhaltende Bergrechnung abzuführen, Verordtnet
83
werden solle, weß Endts gedr. Berginspector Schnabel den Vom 20ten Aug. dieses jahrs hergeförderter undt weithers gewinnenden Eisenstein /: welcher hießiger orthen gebrauche nach pro 18
Kübbel auf Ein Bergfuhder auß den Gruben zu schieben ist :/ wohl und richtig zu Buch anzuschreiben hatt.“
Damit war die Abgabenfreiheit zu Ende. Die in Frage kommenden Abgaben waren der Zehnte und
andere Gefälle. Der Zehnte wurde erhoben entweder als wirklicher Natural-Zehnte oder in Geld.
Die anderen Gefälle konnten Natural- oder Geldabgaben sein.
1) Die Eisenhütte
Die Abgabe war die sog. Wocheneisenabgabe.
Über diese Abgabe heißt es z.B. von der Hütte bei Stadtberge und Brilon:
„Eine Jde Hütte, wanner daerauff geblasen wirtt, gifft wochentlich 2 Centener Rawen Eisen“ oder
„Wanne Eine Hütte gehet, geben sie einem zeitlichen churfürstlichen Zehntschreiber wochentlich
2 Centener Rawen Eisen, Vndt gehett Ein Hütte 6-7, auch wan gut glück darbei, 10-12 Wochen
…“.
Diese Abgabe entrichtete auch die ältere Warsteiner Schmelzhütte. Das gleiche war auch mit der
Suttroper Hütte der Fall. Um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts war die St. Wilhelmshütte
von dieser Abgabe befreit. Dazu teilte das Bergamt Siegen am 18. Sept. 1847 mit, dass sich aus
den Akten des Bergamtes nicht ergebe, warum die Hütte davon befreit ist. Die Befreiung bestehe
seit der preußischen Verwaltung und sei sie wahrscheinlich schon bei Beginn derselben vorgefunden worden. Durch Kabinetsordre vom 16. Dez. 1843 wurde die Wocheneisenabgabe aufgehoben.
2) Der Eisenhammer
Von jedem Mühlengewerbe war die Wassererkenntnis zu entrichten, und zwar je ein Rthlr. Je ein
Mühlenrad verkörperte ein Mühlengewerbe. Es ist anzunehmen, dass im allgemeinen 2 Wasserräder vorhanden waren, eins zum Antrieb des Blasebalges für den Herd, eins für den Hammer.
Das entspricht der üblichen Abgabe von 2 Rthlr. je Hammer und Herd.
3) Das Bergwerk
An sich galt für Bergwerke der Metallzehnte. Dieser wurde aber nach der Bergordnung von 1669
vom Eisensteinbergbau nicht erhoben, sondern nur der Zehnte von der Eisensteinförderung. In
dem Sinne heißt es z.B.: „dass zehende Futter (Fuder) steins vff den Bergwercken …“. Der
Metallzehnte als solcher wurde durch Kabinettsordre vom 24. Febr. 1820 aufgehoben. Der
Naturalzehnte war bereits durch eine großherzoglich hessische Verordnung vom 8. März 1811 in
einen Geldzehnten umgewandelt worden. Durch Verordnung vom 12. Mai 1851 wurde derselbe
auf den 20. festgelegt, und dann immer mehr ermäßigt. Heute ist es die Gewerbesteuer, welche
insofern die Hüttenwerke erfasst.
20. Die Entwicklung zum modernen Großbetrieb
Reichsfreiherr Mathias Gerhard von Hoesch (1698-1784) hatte nur eine Tochter, nämlich die im
September 1731 in Pesch bei Krefeld geborene Henriette Helene Margaretha, Freiin von Hoesch
(geb. 19.11.1808 in Pesch). Sie sollte einmal seine Erbin werden. Das Schicksal aber hatte es
anders vorgesehen.
Schon früh scheint die Erbnachfolge dem Baron Sorgen bereitet zu haben. Nach einem
undatierten Schreiben aus der Zeit kurz vor 1744 nämlich hatte er bezüglich des zum Rittersitz
Suttrop gehörigen Hoefthofes gebeten, in den Lehnsbrief aufzunehmen ihn selbst und seine
Descendenz, sowie seinen Bruder Jeremias von Hoesch und dessen Descendenz.
Am 25. April 1753 heiratete nun seine Tochter in Kalkum den Frhr. (seit 23. Juni 1790 Reichsgraf)
Heinrich Theodor von Hallberg Excellenz, pfalzbayrischer Wirklicher Geheimer und Adeliger
Regierungsrat Gesandter in Warschau und später in Wien, kaiserlicher Postmeister in Düsseldorf,
Ritter des Polnischen Stanislaus- und des kurpfälzischen Löwenordens, geb. in Düsseldorf, gest.
in Wien, Mariahilferstr. 89a, am 18. Okt. 1792. Aber neue Sorgen für den Baron waren die Folge.
Das Verhältnis des Ehepaares zueinander sowie das Verhältnis des Barons zu seinem Eidam von
Hallberg soll, wie Hashagen berichtet, kein gutes gewesen sein. Schon einmal hatte der Baron für
seinen Schwiegersohn 40000 Rthlr Spielschulden bezahlen müssen. Jedoch von Hallberg blieb
leichtsinnig. Testamentarisch legte daher Baron von Hoesch das Erbe für seine Enkel fest. Nach
dem Tode von Hallbergs zog sich die Frau Reichsgräfin von Hallberg geb. von Hoesch nach
Pesch zurück, besuchte aber von hier aus häufiger, wie es heißt, die schwiegerväterliche Be-
84
sitzung Suttrop. Nach ihrem Tode am 19. Nov. 1808 wurden ihre noch lebenden Kinder, nämlich
die Grafen Constantin August, geb. 21. April 1766, und Mathias Gerhard, geb. 11. Juli 1755 und
deren Schwester, die Gräfin Lucia Pauline von Wickenburg, die Erben, und damit auch die Erben
der Eisenhütte bei Suttrop. Diese Erbengemeinschaft war dem Werk jedoch nicht zum Vorteil. Wir
erleben hier denselben Vorgang wie bei anderen adeligen Gütern im Erbfalle, solange noch keine
fideikommissarische Bindung der Familie vorlag. Die Grafen von Hallberg scheinen die Eisenhütte
aus Gründen, die wohl weniger mit dem Betriebe an sich zusammenhingen, nicht mehr haben
halten können. Hütte und Eisenhammer wurden in einer freiwilligen Subhastation derer von
Hallberg laut Adjudikations-Erkenntnis des kgl.Preuß.Berggerichts zu Eslohe am 28. August 1835
an Johann Kremer zu Dortmund verkauft. Bald bildete sich ein Konsortium und die Besitzer bzw.
Beteiligten waren: Johann Kremer, Christoph Anton Koch, Wilhelm und Karl Clerck, welche die
Geschäfte unter der Firma „Kremer, Koch und Clerck“ führten. Unter den Gewerken wechselte es.
Im Jahre 1840 waren es: Wilhelm Hammacher sen., Johann Philipp Luyken sen., Christoph Anton
Koch, Wilhelm Clerk und Karl Clerk. Diese gingen davon aus, dass eine straffere innere Bindung
vonnöten sei. Durch die Verträge vom 5. Sept. und 16. Dez. 1840 und vom 18. März 1843 richteten sie unter sich ein Vorkaufsrecht ein. Wenn nämlich einer der Beteiligten seinen Anteil oder
auch nur einen Teil desselben an dem Hüttenwerke einem Fremden oder Teilhaber zu übertragen
vorhabens sei, dann solle den sämtlichen bisherigen Interessenten das Vorkaufsrecht zustehen,
dies jedoch nicht in dem Falle, wenn die Übertragung an einen Sohn oder überhaupt an Kinder
erfolgen solle.
Nachdem Wilhelm Hammacher bereits im Vertrage vom 16. Dez. 1840 von dem ganzen Besitz
1/3 erworben hatte, verstanden es die Familien Hammacher und Luyken, mit der Zeit sämtliche
Anteile der bisherigen Mitbesitzer auf sich zu vereinigen. Sie bildeten eine neue Firma, und diese
wurde eingetragen unter dem Namen:
„Gewerkschaft der Sankt Wilhelmshütte“
Die Seele der Gewerkschaft war Wilhelm Hammacher. In seiner Person erlebten wir bereits noch
einmal etwas ähnliches, wie wir es von Baron von Hoesch gewohnt waren; Streben nach Fortschritt im Betrieb, aber auch vielseitiges sociales Denken und Wirken.
Inzwischen war der Kreis der Teilhaber auf mancherlei Art und Weise wieder ein größerer geworden. Die neue Zeit, vor allem die sog. Gründerjahre nach dem siegreichen Kriege von 1870/
71, und dazu der Aufschwung des Werkes, alles zusammen verlangte eine neue Betriebsform.
Die Gewerkschaft der Sankt Wilhelmshütte wurde abgelöst von der „Aktiengesellschaft Warsteiner
Gruben- und Hütten-Verein“.
Durch notariellen Vertrag vom 2. Febr. 1873 übertrugen
1) der Gewerke August Luyken aus Warstein, Schwager des Wilhelm Hammacher,
2) der Gewerke Gottlieb Hammacher aus Barop,
3) der Kaufmann Arnold Luyken aus Hamburg, und zwar
a) für sich und seine Frau Emma Hammacher,
b) als General- und Spezial-Bevollmächtigter des Gewerken Wilhelm Hammacher von der
Wilhelmshütte und namens dessen minderjähriger Tochter Mathilde Hammacher,
c) als Vertreter der Eheleute Hauptmann Carl Kerlen und Lina geb. Hammacher zu Weißenfels,
4) der Gewerke Fritz von Viebahn von der Karlshütte bei Altenhundem als Vertreter seiner minderjährigen Kinder Carl und Paul von Viebahn,
5) der Kaufmann Eugen Schlieper aus Berlin,
6) der Kaufmann Julius Ebbinghaus aus Berlin,
7) der Grubenbesitzer Josef Cervas aus Köln,
an die zu 5-7 Genannten als Käufer das ihnen gehörige in den Steuergemeinden Warstein,
Suttrop, Coerbeck, Völlinghausen, Delecke, Allagen, Scharfenberg, Wennemen, Oeventrop und
Hüsten gelegene Grund- und Bergwerkseigentum, und zwar sowohl dasjenige, welches der Gewerkschaft bzw. Handelsgesellschaft der St. Wilhelmshütte, als auch dasjenige, was den Verkäufern persönlich gehört, namentlich die Hütten-, Puddel-, Walz- und Hammerwerke, Bergwerke,
Muthungen, insbesondere die im Distriktsfelde Sauerland belegenen Eisensteingruben, die Wohnund Oekonomiegebäude, die Mühle, Wiesen, Ländereien, Waldungen, Jagdhaus, Forsthaus, Stallungen, mit allen anklebenden Rechten, Gerechtigkeiten, Pertinenzien, sowie mit dem gesamten
Inventarium, welches zu den Hütten-, Puddel-, Walz- und Hammerwerken, den Bergwerken und
den damit in Verbindung stehenden Geschäften gehört. Ausgenommen blieb alles, was nicht
namhaft gemacht worden war, ferner bestimmte Mobilien, ferner das dem Gewerken August
Luyken gehörige Warsteiner Bürgerrecht und ferner die von dem Gewerke Wilhelm Hammacher in
85
der Delecker Mark gemachten Hudeabfindungen; schließlich die Anteile von einer Reihe auswärtiger Gruben. Der Kaufpreis betrug 850000 Thlr. Das Bergwerkseigentum wurde in einem Nachtrage zu obigem Vertrag vom 16. Juni 1874 genau spezifiziert.
Durch Vertrag vom 5. Nov. 1873 und 11. Nov. 1873 traten die Käufer zu 5-7 die ihnen aus obigem
Kaufvertrage zustehenden Rechtsbefugnisse an die unter der Firma Warsteiner Gruben- und Hüttenverein zu Warstein domicilierende Aktiengesellschaft ab.
Gegründet war die Aktiengesellschaft am 2.Febr. 1873. Bankier Eugen Schlieper wurde Vorsitzender der ersten Generalversammlung und des Aufsichtsrates. Der Wert der angelegten Güter
betrug 1 350 000 Thlr.
In der Aufsichtsratssitzung vom 10. Juli 1873 waren gewählt zum
1) Direktor der Bergassessor Ludwig Wilhelm von Stiernberg zu Holzhausen bei Homburg in
Hessen
2) stellv. Prokuristen der Handlungsgehilfe Gustav Theodor Wimmer zu Holzhausen
Weiter wurde in dieser Aufsichtsratssitzung beschlossen eine Zweigniederlassung zu Holzhausen,
mit oder ohne den Zusatz „Abteilung Holzhausen“ zu errichten.
Der Zweck der Gesellschaft war nach dem Hüttenvertrag vom 2. Febr. 1873:
1) die eigentümliche oder pachtweise Erwerbung und Ausbeutung von Konzessionen auf Eisenstein, Kohlen und andere nutzbare Mineralien und Fossilien, sowie von Anteilen solcher Konzessionen im In- und Auslande,
2) das Brennen von Kohlen zu Koks, die Herstellung von Eisen und allen anderen Metallen und
deren Weiterverarbeitung in allen, dem Handel und Konsum sich anpassenden Formen,
3) der Verkauf von selbstgewonnenen Erzen, Kohlen, Koks sowie der selbst hergestellten Metalle,
Fabrikate und Handelsartikel,
4) der Erwerb und die Nutzbarmachung von Grundstücken, namentlich Waldungen und von Berechtigungen aller Art zur Förderung der unter 1-3 aufgeführten Zwecke und die Beteiligung bei
solchen Geschäften, welche ähnliche Zwecke verfolgen. Die Dauer des Unternehmens ist eine
unbestimmte.
Der Hüttenverein hatte 1880 ein Grundkapital von 3 750 000 Mark, aber er arbeitete mit fortschreitender Unterbilanz. Die Aktiva waren in den Büchern zu hoch bewertet. Deshalb erfolgte der Verkauf des Waldes und eine Herabsetzung des Grundkapitals, und zwar am 6. Mai 1882 auf 750
000 Mark. Trotz der starken Reduktion war das Werk nicht in der Lage, die Hypothekenzinsen, mit
denen die Realitäten noch belastet waren, zu bezahlen. Die Berliner Handelsgesellschaft mit 580
000 Mark Anteil, trieb dazu, eine neue Gesellschaft zu gründen, und war bereit, dann weitere 120
000 Mark herzugeben. Man wartete auf eine Besserung in der Eisenkonjunktur. Trotz allem die
Schuldenlast, welche der Hüttenverein während seines 10jährigen Bestehens auf sich genommen, war zu groß. Eine Sanierung war nicht mehr zu vermeiden. Der Warsteiner Gruben- und
Hüttenverein beschloß daher in der Generalversammlung vom 30. April 1885, den gesamten
Gesellschaftsbesitz an eine neue Gesellschaft abzutreten gegen Übernahme sämtlicher
Schulden. Die alte Gesellschaft beteiligte sich an der neuen Gesellschaft.
Durch notarielle Verhandlung vom 24. Sept. 1885 wurde unter der Firma
„Warsteiner Gruben- und Hütten-Werke“
eine neue Aktiengesellschaft gegründet mit dem Sitz in Warstein.
Direktor war Alfred Lämmerhirt.
Gegenstand des Unternehmens war nach dem Gesellschaftsvertrage
1) Übernahme der sämtlichen dem Warsteiner Gruben- und Hüttenverein zu Warstein gehörigen
Gruben und Hüttenwerke zu Warstein und Holzhausen, mit den Aktiven und Passiven, welche in
der auf den 1. Juli 1885 gezogenen Bilanz aufgeführt sind,
2) der Betrieb der übernommenen Gruben und Werke, und die Verwertung der gewonnenen Mineralien und Fossilien und der gefertigten Metall und Fabrikate,
3) die Veräußerung der übernommenen Gruben und Realitäten,
4) die Herstellung, der Erwerb und die Pachtung anderer Hüttenanlagen,
5) die Gesellschaft ist befugt, sich bei Unternehmungen mit ähnlichen Zwecken zu beteiligen,
überhaupt alle Maßnahmen zu ergreifen, und Geschäfte zu machen, welche dem Vorstand in Gemeinschaft mit dem Aufsichtsrat zur Erreichung oder Förderung der Zwecke der Gesellschaft angenehm erscheinen.
86
Das Grundkapital wurde auf 700 000 Mark herabgesetzt und gleichzeitig um 600 000 Mark erhöht.
Es folgten dann wieder weitere Erhöhungen.
Um den nun einmal vorhandenen Betrieb mit all seinen Einrichtungen auch durch alle Konjunkturschwankungen hindurch zu bringen, war man u.a. bestrebt, die Geschäftsverbindungen nicht
allein aufrecht zu erhalten, sondern auch zu fördern. Im Geschäftsjahr 1908/09 hatte man sich bei
einem Auftraggeber mit einem Geschäftsanteil von 40 000 Mark beteiligt, und zwar, wie es heißt,
im Interesse genügender und geeigneter Beschäftigung für die Mechanische Werkstatt. Da das
fragliche Unternehmen aber ungünstig beurteilt wurde, zog man die Beteiligung wieder zurück.
Im Jahre 1909/10 betrieben die Hüttenwerke Verhandlungen, um die Gießereianlagen nebst Zubehör eines anderen Eisenwerkes zu pachten, bzw. unter günstigen Bedingungen zu kaufen.
Dieses Unternehmen fabrizierte spezielle Gießereiartikel, die in das Arbeitsprogramm des Hüttenwerkes vorzüglich passten und man sich darum besondere Vorteile davon versprach.
Es waren die Gießereianlagen in Augustfehn der oldenburgischen Eisenhüttengesellschaft, gekauft durch Ausgabe von 434 000 Mark neuer Aktien, von einer Größe von 15 ½ ha. Nach dem
Beschluß der Generalversammlung vom 18. Nov. 1921 wurde wieder ein neuer
Gesellschaftsvertrag errichtet. Die neue Firma war „Warsteiner Gruben- und Hüttenwerke, Sitz
Warstein“. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages waren Gegenstand des Unternehmens:
1) die Herstellung und der Vertrieb von Eisenfabrikaten jeder Art auf den der Gesellschaft
gehörigen Werken St. Wilhelmshütte und Eisenhammer in Warstein, Holzhausen bei Homberg
(Reg.Bez.Kassel) und Augustfehn in Oldenburg,
2) die Veräußerung der übernommenen Gruben und Realitäten,
3) die Herstellung, der Erwerb und die Pachtung anderer Hüttenanlagen,
4) die Gesellschaft ist befugt, sich an Unternehmungen ähnlicher Art zu beteiligen usw.
Das Grundkapital wurde auf 10 000 000 Mark Aktien festgesetzt. Im Jahre 1925 erfolgte sodann
die Fusion mit der Herzoglichen Eisen- und Emaillier-Werke Aktiengesellschaft in Primkenau. Im
Geschäftsbericht 1925/26 berichtet hierüber der Vorstand:
Der Zweck der Fusion war, durch den Zusammenschluß die verschiedenen Betriebsstätten unter
eine einheitliche Leitung zu stellen, und die Fabrikate auf die einzelnen Werke systematisch zu
verteilen, wo sie in entsprechend größere Menge, mit geringerem unproduktiven Kosten belastet,
rationeller hergestellt werden können. Durch die Lage der Werke zu den verschiedenen Absatzgebieten ist es leichter möglich, etwaigen Verschiebungen auf den Absatzmärkten Rechnung zu
tragen. Die Lage der Werke ermöglicht es auch, darauf zu halten, dass in frachtlicher Beziehung
die Erzeugnisse möglichst wenig belastet werden. Außerdem ist die Gesellschaft durch die Arbeitsverteilung unabhängiger von zeitweisen lokalen Arbeitsschwierigkeiten. Hinzu kommt, dass
der Verkauf zusammengefasst und vereinfacht wird. Ein weiterer Vorteil der Fusion besteht darin,
dass das vereinigte Unternehmen auf einer verstärkten Kapitalbasis beruht.
Die Gesellschaft besteht jetzt aus 7 Werken:
St. Wilhelmshütte bei Warstein,
Eisenhammer bei Warstein,
Eisenwerk Holzhausen in Holzhausen, Bez. Kassel,
Eisenhütte Augustfehn in Augustfehn in Oldenburg,
Friedrich Christianshütte und Dorotheenhütte u. Henriettenhütte in Primkenau.
Der Gesamtgrundbesitz der Gesellschaft fasst 132,5 ha, davon rund 86 000 qm bebaut. Vorhanden sind 85 Ein- und Mehrfamilienhäuser für Arbeiter und Angestellte.
Nach dem Gesellschaftervertrage führt die Gesellschaft die Firma: „Warsteiner und Herzoglich
Schleswig-Holsteinische Eisenwerke Aktiengesellschaft“. Sitz in Warstein. In PrimkenauHenriettenhütte besteht eine Zweigniederlassung. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages ist
Gegenstand des Unternehmens:
1) die Herstellung und der Vertrieb von Eisenwaren jeder Art in den der Gesellschaft gehörigen
Werken St. Wilhelmshütte und Eisenhammer in Warstein, Eisenwerk Holzhausen bei Homberg,
Bez.Kassel, Eisenhütte Augustfehn in Augustfehn in Oldenburg, Dorotheen- und Christianshütte in
Lauterbach bei Primkenau sowie in der früher zum Herzoglich-Schleswig-Holsteinischen
Fideikommiß gehörigen Henriettenhütte bei Primkenau,
87
2) die Veräußerung der übernommenen Gruben und Realitäten,
3) die Herstellung, der Erwerb und die Pachtung anderer Hüttenanlagen,
4) die Gesellschaft ist befugt, sich bei Unternehmungen mit ähnlichen Zwecken zu beteiligen oder
solche zu übernehmen, zu begründen oder zu finanzieren usw., überhaupt alle Maßnahmen zu
ergreifen und Geschäfte zu machen, die dem Vorstande in Gemeinschaft mit dem Aufsichtsrat zur
Erreichung und Förderung der Zwecke der Gesellschaft angemessen erscheinen,
5) die Gesellschaft ist berechtigt, Verkaufsstellen oder Zweigniederlassungen im Inlande und
Auslande zu errichten.
Das Grundkapital beträgt 4 050 000 Reichsmark.
21. Die west-östliche Betriebsgemeinschaft
Die Entwicklung zum modernen Großbetrieb hatte die Angliederung anderer gleichartiger Werke
im Gefolge gehabt, nicht allein im Westen des Reiches, sondern auch im Osten, in der Provinz
Schlesien. Teils handelt es sich um Werke jüngeren Datums, teils aber auch um solche, welche
ebenfalls schon auf Jahrhunderte ihres Bestehens zurückblicken konnten. Insofern dürfte es für
die Gesamtdarstllung ein würdiger Abschluß sein, über deren geschichtliche Entwicklung hier
noch kurz zu berichten. Im Jahre 1873 wurde die Zweigniederlassung Holzhausen gegründet.
Die Entstehung des Eisenwerkes Holzhausen ist in die Zeit nach dem 30jährigen Kriege zu verlegen. Bereits im Anfang des 17. Jahrhunderts bildete sich hier bei Holzhausen eine Eisenindustrie. Der Grund war hauptsächlich der, dass sich in der dortigen Gegend vorzügliche Brauneisenerze, namentlich Bohrerze, befanden. Nach einem Auszug aus: „Die landesherrlichen Eisenhütten
und Hämmer im ehemaligen Kurhessen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts mit Rücksicht auf die
ältere Eisengewinnung“, darf mit Bestimmtheit angenommen werden, dass die in der Homburger
Gegend, namentlich bei Mardorf, auftretenden Brauneisenerze schon sehr frühzeitig von Waldschmieden verarbeitet worden sind. Auf den Waldschmieden im sog. Beisengrund direkt bei Homberg, ferner in Lippoldsberg, wird schon im Jahre 1583 „Milnhäuser Eisenstein“ erwähnt.
Milnhausen ist das heutige Mühlhausen bei Homberg. Dieses geht aus einer Akte vom 15. Okt.
1584 hervor, in welcher der Rentmeister von Homberg den Landgrafen Wilhelm IV bittet, ihm 42
fl.19 alb.2 hl., die er dem Berghauptmann Gabriel Philipp „zu Verlag des Eisensteines, so bey
Milnhausen, Marhoff und Gumbeck gegraben“, vorgestreckt hatte, zurückzuerstatten. Im Jahre
1585 forderte der Homberger Rentmeister in der gleichen Angelegenheit 29 fl. 2 alb.
Angaben über Eisenhütten dortselbst fehlen leider. Im Privileg Philipps des Großmütigen für die
Errichtung der Hütte bei Lippoldsberg wird allerdings eine Waldschmiede bei Homberg erwähnt.
Die erste ausführliche Mitteilung über Verhüttung der Erze bei Homberg selbst ist enthalten in der
„Homberger und Holtzhäuser Hütten und Hammerrechnung“ vom Jahre 1692. Das Werk muss
schon lnger bestanden haben und wird angenommen, dass der Hammer älter als die Hütte ist,
und zwar zurückzuführen auf eine landesherrliche Verordnung vn 1669. Landau (der Kreis
Homberg, 1842) berichtet:
„Am oberen Ende des Dorfes liegt ein landesherrlicher Eisenhammer mit zwei Hämmern, der jährlich 1500-1600 Ctr. Stabeisen schmilzt, und wenig weiter eine herrschaftliche Eisenhütte, mit
einem doppelten Zylindergebläse, die jährich aus den Mardörfer Erzen an 9000 Ctr. Roheisen und
Gusswaren liefert. Auf beiden Werken, die erst nach dem 30jährigen Kriege angelegt wurden, sind
an 66 Arbeiter tätig. Außerdem ist daselbst noch eine Glockengießerei“.
Der Eisenhammer, den die Wasserkraft der Efze treibt, hat bestimmt bereits im Jahre 1692 bestanden; denn in diesem Jahre 1692 wurde nach einer Mitteilung im Marburger Archiv ein Homberger Kaufmann in Strafe genommen, weil er anderes als Homberger Eisen verkauft hatte. Nach
dem alten Holzhauser Lagerbuche wurde die Eisenschmelzhütte im Jahre 1737 „vom Hospital
Sanct Wendel (richtiger von der Kupfermühle) nach Holzhausen, einen Büchsenschuß über dem
Dorfe gegen Morgen“ verlegt.
Die auf der Eisenhütte erzeugten Gusswaren bestanden hauptsächlich in Töpfen und Öfen, deren
Vertrieb durch den fürstlichen Bergsekretär bewirkt wurde. Die Erzeugnisse wurden ebenso wie in
Suttrop mittels eigener Frachtwagen der Kundschaft direkt zugestellt.
In dankbarer Erinnerung hebt die Eisenhütte bei Suttrop das Gemälde eines kurfürstlich-hessischen Direktors Schuchardt der Hüttenwerke in Homberg und Holzhausen in seinem Repräsentationsraum auf. Das Bild stammt aus dem jahre 1779 und gibt uns auch den Wahlspruch dieses
88
hervorragenden Mannes wieder, welcher lautet: „Non est mortale, quod opto“.
Bis zum Jahre 1866 war das Holzhausener Eisenwerk kurfürstlich hessischer Besitz und ging derselbe dann an den preußischen Staat über. Dieser verkaufte das Werk am 1. Jan. 1871 an den
Kommerzienrat Conrad in Berlin, der es dann an den Warsteiner Gruben- und Hüttenverein weiter
veräußerte.
Im Jahre 1881 wurde der Hochofenbetrieb eingestellt, und im Jahre 1885 aus den nämlichen
Gründen wie in Suttrop der im Jahre 1812 erbaute Hochofen abgerissen. Seitdem werden Gusswaren 2.Schmelzung hergestellt; namentlich sind es Öfen, Herde, Töpfe, Guß für landwirtschaftliche Maschinenfabriken und als Sonderheit Piano- und Flügelplatten, auf welchem Gebiete das
Eisenwerk Holzhausen bis heute noch besondere Erfolge aufzuweisen hat.
Im Laufe der Jahre wurde das Eisenwerk Holzhausen immer mehr ausgebaut, besonders 1910.
Eine eigene elektrische Licht- und Kraftanlage wurde geschaffen, betrieben teils durch 50 PS
Wasserkraft, teils 50 PS Dampfkraft.
Der jährliche Versand betrug im Jahre 1910 ca. 2700 To. Handels- und Maschinenguß. Beschäftigt wurden 208 Arbeiter. Hinzu gehört die Grube Mardorf. Diese liefert anerkannt vorzügiches Bohnerz. Im Jahre 1899 wurde der Betrieb wegen der hohen Transportkosten eingestellt;
weiter wurden nur Aufräumungsarbeiten durchgeführt. Die Grube hat aber, so schrieb man 1910,
ohne Zweifel eine Zukunft. Sie birgt eine Reihe von Erzlagern. Nur ist es nötig, dass die Transportverhältnisse günstiger gestaltet werden. Dies erhoffte man von der Verwirklichung des Baues
der Eisenbahn Wabern – Homberg – Hersfeld.
Im Jahre 1910 erfolgte der Anschluß der „Oldenburgische Eisenhütten-Gesellschaft Augustfehn
i/Old.“ Die Gesellschaft war im Jahre 1857 gegründet. Die Absicht war damals, unter Verwendung
von Torf als Hauptbrennmaterial, namentlich Schweißstabeisen und daneben Eisengusswaren
herzustellen. Anfänglich war die Entwicklung recht ungünstig; eine Änderung trat erst ein im Jahre
1869. Einerseits hatte man gelernt, den Torf besser zu verwerten. Andererseits war es wieder die
Eisenbahn, die Bahnstrecke Leer – Oldenburg, welche fördernd hinzukam. Der Erfolg war eine
rapide Zunahme des Absatzes. Es folgte sodann eine Erweiterung der Walzwerkeinrichtungen
und infolgedessen eine Erzielung von nicht unbedeutenden Gewinnen.
Anfang 1890er Jahre wurden die Walzpreise durch Überhandnehmen des Flussstabeisens derartig gedrückt, dass man das Puddelwerk ganz stilllegen musste und den gesamten Walzwerkbetrieb auf Schrottverarbeitung einrichtete. Damit fiel die Verwendung von Torf auch für die
Schweißöfen fort. So konnte z.B. im Jahre 1910 in einem Ofen eigener Konstruktion mit Steinkohlen billiger gearbeitet werden als mit dem für ein Eisenwerk längst zu teuer gewordenen Torf.
Inzwischen hatte sich die Gießerei zum Hauptbetrieb des Werkes entwickelt. Formerei und Mechanische Werkstatt wurden vergrößert und entsprechend neu eingerichtet. Angelegt wurde ein
Emaillierwerk und eine Vernickelungsanstalt. Im Jahre 1893 war man auch zur Fabrikation von
Hufeisen übergegangen. Die Jahresproduktion betrug in den 1880er Jahren ca. 475 To bei einer
Belegschaft von 80 Arbeitern. Im Jahre 1910 war die Produktion gestiegen auf 1200-1300 To bei
einer Arbeiterzahl von 125 Mann.
Nachdem am 1. Juli 1910 die Warsteiner Gruben- und Hüttenwerke die Eisenhütte Augustfehn
erworben hatten, wurde zunächst das Walzwerk stillgelegt. Im übrigen ging das Bestreben aber
dahin, die Werkstatt des Gießereibetriebes zu erweitern und auch zu modernisieren. Im Jahre
1925 erfolgte eine weitere Ausdehnung. Es wurde eine west-östliche Betriebsgemeinschaft im
Reich hergestellt, und zar durch Fusion mit der „Herzoglichen Eisen- und Emaillier-Werke Aktiengesellschaft in Primkenau“. Dieses Werk entstammt wieder der neueren Zeit.
Im Jahre 1707 verkaufte der damalige Besitzer der Herrschaft Primkenau, Georg Christoph Graf
Proskau, die auf der jetzigen Henriettenhütte am Gewerksgraben von ihm erbaute Wassermühle,
die Georgemühle, an einen Müller. Von 1720 bis 1730 bauten sich bei dieser Mühle drei Familien,
1754 eine vierte Familie an. Die Mühle wurde dann von Freiherrn von Block, Bibran, seit 1791
Besitzer der Herrschaft, wieder gekauft. Er ließ sie abbrechen und erbaute im Jahre 1794 dort
einen Hochofen.
Auf der Hütte ist noch heut eine Eisentafel vorhanden, welche hiervon Kunde gibt. Die Eisentafel
89
zeigt in den beiden oberen Ecken je einen Löwenkopf, dazwischen die bergmännischen Zeichen
„Eisen u. Schlegel“, darunter die Inschrift:
Glück auf
Segen dem
Hüttenwerk
Primkenau
Erbaut anno 1794
von Freiherrn von Birbran
Die Gebläse des Hochofens, nur mit Wasserkraft betrieben, konnten im Hochsommer wie bei
strengem Winter, vielleicht 5-9 Monate im Jahre nicht arbeiten. Mit dem Hochofen, der nur Roheisen lieferte, waren 2 Frischfeuer, das eine auf der Hütte selbst, das andere am Hammerteiche,
verbunden, um Schmiedeeisen zu erzeugen. Ersteres war aber schon zu Anfang des 19.
Jahrhunderts kalt gelegt.
Dass auch hier schon in der Zeit vorher Frischfeuer in Tätigkeit gewesen sind, darauf weisen die
Schlackenberge bei der Lubrichmühle (früher Papiermühle) in Lauterbach und bei der Göldnermühle (Niedermühle) in Langen – die seit dem letzten Jahrzehnt von derFirma Rawack & Grünfeld
in Beuthen O/S ausgebeutet und nach Oberschlesien zu weiterer Ausnutzung ihres Eisengehaltes
verfrachtet werden – hin; sie haben indessen, wie Geheimrat Suren ausführt, mit dem Hüttenwerke nicht in Verbindung gestanden.
Bis zum Jahre 1832 wurden in den Frischfeuern der Hütte jährlich 6000 Ctr. Schmiedeeisen gewonnen. Im Jahre 1832 fing man dann an, auch Gusswaren zu fertigen, hielt aber den Hauptbetrieb auf Schmiedeeisen noch fest bis zum Jahre 1836, verarbeitete nach dessen Einstellung
das in doppelter bis dreifacher Masse gewonnene Roheisen zu Gusswaren und legte im Jahre
1842 eine Emaillierhütte an. Der Brennholzverbrauch wurde bis 1836 auf 6700 Raummeter, nach
1836 auf 11-12000 Raummeter jährlich geschätzt.
Das Rohmaterial für den Betrieb der Hütte war das Raseneisenerz, das die Hüttenverwaltung in
dem Primkenauer Forste auf verschiedenen Stellen, besonders im Weissensee, aber auch bei
Rückenwaldau – hier soll das beste gewesensein - , ferner in Parchau und selbst in Pritschen
graben ließ.
Die Holzkohlen, deren die Hütte zum Betriebe des Hochofens und der Frischfeuer bedurfte, wurden in Meilern aus dem Brennholz gewonnen, welches sie vom Forste kaufte. Der Köhlereibetrieb
in der ganzen Heide war höchst entwickelt: tausende von alten Meilerstellen, deren Spuren man
im Walde noch heute finden kann, legen Zeugnis ab. Wer vor dem großen Brande von 1904 vom
Heideberg oder sonst erhöhter Stelle seine Augen über die großen Dickungen an der Helenenheide, bei der Aspe usw. schweifen ließ, der sah allüberall aus den Schonungen dunklere, grüne
und über ihre Umgebung etwas vorwüchsig entwickelte, runde Inselchen hervorragen, auf denen,
vermöge der unverwesbaren, die Feuchtigkeit festhaltenden, Holzkohlenreste, die Kiefern höher
gewachsen und sich frischer gehalten hatten, als die auf dem trockenen Heidesande im Wuchse
zurückgebliebenen sie umgebenden Bestandteile. So hatte die Hütte fast 100 Jahre mit dem
Forste in engster Verbindung gestanden.
Bald nach der Besitzergreifung 1853 hatte Herzog Christian August seinem Eisenwerke den
Namen seiner jüngsten Prinzessintochter verliehen und dasselbe H e n r i e t t e n h ü t t e genannt. Bei der Belegschaft von 50-60 Arbeitern wurden im jahre etwa 10000 Chr. Gussware erzielt. Der größte Anteil ward in Poterien hergestellt, aber auch etwas Öfen, Krippen, Fenster, Roststäbe usw. wurden fabriziert. Der wenig fortgeschrittene technische Betrieb aber, die durch
schlechte Wege von dem Weltverkehrsnetz eher mehr getrennte als mit ihm verbundene Lage der
Hütte, die nicht der entwickelten kaufmännischen Einsicht entsprechende Buchführung und besonders die nicht auf der Höhe der Zeit stehende Leitung ließen das Werk zunächst nochnicht zu
der Entfaltung kommen, die es später zu der hauptsächlichsten Erwerbsquelle der Herrschaft
machte.
Die Hütte stand am 1. Jan. 1854 mit einem Vermögensbestande von 52830 Talern 14 Sgl. zu
Buche; der etatmäßige Überschuß sollte zur selben Zeit 4300 Taler bringen; sie brauchte aber
unaufhörlich Zuschuß. Das Werk schuldete der Forstkasse über 19000 Taler für gekauftes, aber
noch nicht bezahltes Holz. Herzog Christian August beließ von dieser Schuld der Hütte 18000
Taler als Betriebskapital und bat den früher in schwerer Zeit treu bewährten Großkaufmann
90
Caesar Godeffroy in Hamburg, die kaufmännische Aufsicht über das Werk auszuüben.
Herzog Christian August, der welterfahrene Geschäftsmann, hatte offenbar erkannt, dass mit den
rechten Mitteln und mit den rechten Menschen die Primkenauer Eisenindustrie zu einem erfolgreichen Unternehmen zu machen sein musste; denn außer dem Rohstoffe war einer der allerwichtigsten Wirtschaftsfaktoren vorhanden, nämlich ein arbeitsamer und leistungsfähiger Menschenschlag. Was 50 Jahre später, Herzog Christian Augusts jüngste Enkelin, die leider so früh
dahin geschiedene Prinzessin Feodora als F. Hugin, in ihrer „Erzählung“ aus dem schlesischen
Walde mit dem großen Brande so klassisch geschildert hat, die Riesenarbeitskraft und den lasttragenden Fleiß der dortigen Bevölkerung, dessen praktischer Wert war dem Herzog bald klar
geworden. Nachdem 5 Jahre hindurch die Hebung der Erträge noch nicht eingetreten war, kam
der Herzog der schwachen und aussetzenden Wasserkraft zuerst dadurch zu Hilfe, dass er zur
Verstärkung und Verstetigung des Betriebes im Jahre 1859 die erste Dampfmaschine in das
Hüttenwerk einbauen und sodann einen Wechsel in der Geschäftsleitung eintreten ließ. Würden
diese beiden Maßnahmen nicht zum Ziel führen, dann sollte die Primkenauer Hüttenindustrie kalt
gestellt werden. Des Herzogs alter Berater, der hauptsächlich den Herrschaftskauf zum Abschluß
gebracht hatte, sollte raten und ihm den rechten Mann, den Retter des Werkes empfehlen.
Rötteken erklärte dem Herzog, er wisse schon einen geeigneten Mann, aber dieser Mann habe
einen Fehler. Und dieser Fehler bestand nach Röttekens Meinung darin, dass dieser Mann sein
Neffe sei. Sofort musste dieser Mann kommen; es war Louis Suren, der, noch nicht 22 Jahre alt,
in Berlin seine Studien bezüglich des Hüttenfaches beendigt hatte und sich soeben auf der
Georgsmarienhütte praktisch betätigte.
Am 1. April 1860 trat Suren seinen Dienst beim Herzog an. Da der alte Hochofen sich als
untauglich erwies, wurde zunächst von Anfang April bis 5. Sept. 1860 ein neuer Hochofen gebaut.
Damit beginnt die neue Zeit, ein Aufschwung, wie ihn die alte Hütte nie gesehen hatte.
Herzog Christian August wie nachmals Herzog Friedrich hatten erkannt, dass Suren der Mann
war, der mit seinem weiten wirtschaftlichen und technischen Blicke, seinen reichen Kenntnissen,
seiner unverwüstlichen Tatkraft und seinem unermüdlichen Streben den dauernden Fortschritt
gewährleistete. So war man von Surens weiteren Darlegungen, die eine durchgreifende Veränderung des Betriebes zum Inhalt hatten, ohne weiteres überzeugt und damit einverstanden.
Auf Grund von Surens Vorschlägen wurde im Jahre 1868 der Hochofen ausgeblasen, aber noch
bis 1875 stehen gelassen. Eingeführt wurde die Verhüttung englischen Eisens in zwei Cupolöfen.
Schon 1860 hatte dieses Verfahren stellvertretend aushelfen müssen, um die während des Hochofenbaues einlaufenden Aufträge ausführen zu können; eine doppelt schwere Zeit mit doppeltem
Materialieneinkauf, weil für den Cupolofen englisches Eisen und Coaks gekauft werden, gleichzeitig aber auch für den im Bau begriffenen Hochofen durch Anschaffung von Holzkohlen, Eisenstein und Kalk gesorgt werden musste. Die Beseitigung des Hochofenbetriebes im Jahre 1868
wurde durch mehrere Gründe berechtfertigt.
Zum stetigen Hochofenbetriebe gehörte eine gleichmäßige Lieferung von Kohlholz, Suren
empfand es Jahre hindurch als schmerzliche Betriebshindernis, dass ihm das Holz zur Verkohlung
entweder nicht rechtzeitig oder nicht in genügend trockenem Zustande vom Forstamte angewiesen wurde. Sodann war das aus dem Rasenerz im Hochofen ausgeschmolzene Eisen infolge
der höheren Gestehungskostn bedingt durch die teuere Beschickung mit Holzkohle und infolge
des nicht geeigneten Phosphorgehaltes für den Guß der vornehmlich in betracht kommenden
Spezialartikel weniger günstig als das von nun an auf Jahrzehnte hinaus allein verschmolzende
englische Eisen.
Die Henriettenhütte hatte in den vor und nach 1868 liegenden Jahren folgende Reinerträge:
1865:
2127 Thl. 10 Sgl. 7 Pfg. bei einem Kapitalkonto von 63364 Thl. 8 Sgl. 7 Pfg.
1866: (im Kriegsjahre) 2023 Thl. 7 Sgl. 7 Pfg. bei einem Kapitalkonto von 65387 Thl. 7 Sgl.7Pfg.
1869: betrugen die ersten Ablieferungen an die Generalkasse 4000 Thaler.
1870: (im Kriegsjahre) 1468 Taler Reingewinn bei einem Kapital von 77515 Thl. 23 Sgl. 8 Pfg.
1871: Ablieferung an die Generalkasse 5000 Taler,
1872: 18000 Taler.
Dabei waren bis 1865 alle Holzschulden von früher in die Forstkasse abgetragen. Wie man aus
vorstehenden Zahlen ersieht, bewährte sich der Systemwechsel des Betriebes; es vermehrten
sich die Aufträge und mit ihnen die Erträge der musterhaft verwalteten Hütte, besonders als
91
Röhren und Ende der 1870er Jahre die Herstellung von Heizrippenkörper eingeführt wurden.
Diese letztgenannten Erzeugnisse haben den guten Ruf der Herzoglichen Henriettenhütte in weitesten Kreisen begründert. Die Heizkörper stellten ein Fabrikat dar, für welches es eine ganze
Reihe von Jahren hinaus auf dem weiten Marktgebiete nur einen einzigen Konkurrenten gab. Vertreter von Nachbarwerken, welche um 1880 die Rippenrohrhaufen zum Versand fertig liegen
sahen, sagten mit Bedauern: „Ja, leider können wir diesen Artikel nicht herstellen.“
Hier kam die feine Arbeiterpolitik Surens so recht zur Geltung. Wenn er einen, einen hohen Verdienst in Aussicht stellenden, aber schwierig zu formenden Gussgegenstand in Arbeit gegeben
hatte, und die Meister und Former sprachen das bekannte: „Das geht nicht“, dann trug Suren den
geschicktesten Formern auf, die Handgriffe der Anfertigung des Artikels auszustudiern und gewährleistete ihnen auch für zu Bruch gehende Stücke für diese Versuchszeit den sonst verdienten
hohen Lohn. Auf solche und ähnliche Weise hat Suren viele gewinnbringende Artikel eingeführt.
Einen besonderen Vorteil erreichte Suren, als sein Freund Nehring Bögel ihm die erste Rippenrohrformmaschine schenkte.
Die alten Betriebsgebäude verschwanden nach und nach; fast jedes Jahr entstanden neue Erweiterungen und Verbesserungen. Der Betrieb entwickelte sich immer mehr zur Freude und Genugtuung Herzog Friedrichs. Um 1880 lieferte die Hütte jährlich regelmäßig zwischen 80 und 100
000 Mark ab. Noch wenige Monate vor seinem Dahinscheiden erteilte der Herzog aus dem Bade
telegrafisch an Suren die Genehmigung zu einem Erweiterungsbau der Hütte.
Trotz alledem wurden Räume und Arbeitsstätten immer voller. In gebieterischer Weise entstand
vor allem das Bedürfnis nach einem Magazin, um den fertigen Waren Platz zur systematischen
Lagerung und bequemen Raum zur Verladung zu bieten. Dieses wurde 1884 gebaut, fast einen
Morgen groß. Es war mit Wellenblech, wie es in Primkenau noch nicht gesehen war, bedacht, wie
es ähnlich die Berliner Stadtbahnhöfe drei Jahre vorher erhalten hatten.
Die Erweiterung dieses fast im Bau vollendeten, zu einer Festhalle geschmückten Magazins
gestaltete sich zu einem besonders freudigen Volksfeste, welches von der Frau Herzogin Adelheid zur Großjährigkeitserklärung des Herzg Ernst Günther am 11. Aug. 1884 in erster Linie den
Arbeitern des Herzoglichen Hüttenwerkes und einer großen Menge geladener Gäste, in Gegenwart von 11 Mitgliedern des Herzoghauses, des Prinzen und der Prinzessin Christian und des
Prinzen Wilhelm von Preußen gegeben ward. In diesem Jahre 1884 übernahm Herzog Ernst
Günther die Leitung der Verwaltung. Suren wurde zum Generaldirektor bestätigt.
Im Jahre 1888 wurde die elektrische Beleuchtung auf der Hütte eingeführt und die Verwirklichung
des Baues einer Eisenbahn durch die Herrschaft Primkenau gesichert.
Da die Lage der Hütte, 10 km von der nächsten Bahnstation Waltersdorf entfernt, die Anfuhr von
Roheisen, Koks, Kohle und die Rückbeförderung der gegossenen Waren mit Gespannen notwendig machte, die Verladung der Gussstücke auf die Waggons aber in Waltersdorf nicht mit derselben Vollkommenheit wie im Magazin der Hütte stattfinden konnte, Beschädigungen unvermeidlich
waren, auch der Zustand der Wege – die Chaussee Waltersdorf-Reuthen war erst 1882 bis an die
Fahrhäuser gebaut worden – viel zu wünschen übrig ließen, war unmittelbarer Anschluß des
Werkes an die Bahn eine der wichtigsten Fragen, welche der Lösung harrten. Schon seit einigen
Jahrzehnten wurde der Bahnbau erwogen, ja 1872 schon eine Strecke für eine Bahnlinie GlogauPrimkenau durch das Heidauer Revier durchgesteckt und sogar zum Teil aufgehauen, wie man an
einigen Stellen noch heute sehen kann. Erst dem Herzog Günther wurde es möglich, durch viele
Mühe und Verhandlungen persönlicher Art und durch die Verwaltung das große Werk zu bewerkstelligen. Der Fiskus baute die Bahn 1889/91, verlangte aber die unentgeltliche Hergabe des Geländes. Kreis Sprottau lehnte jede Beihilfe ab, bzw. war nur zu einer Zahlung zum Grunderwerb
bereit, wenn die neue Bahn in der Stadt Sprottau einmünden sollte. Kreis Freystadt gab als selbst
interessiert für den Grunderwerb im Kreise Sprottau 50000 Mark. Den ganzen Rest der Landerwerbungskosten im Kreise Sprottau aber zu tragen, fiel Herzog Ernst Günther zur Last.
Er übernahm diesen Rest und gab für diesen Zweck, abgesehen von den aus eigenem Besitz
ohne Entgelt abgetretenen Landflächen, über 75000 Mark bar, außerdem trug er noch die Kosten
für den Anschluß der Hütte, welcher die Eisenbahnwagen bis an das Magazin und an die
sonstigen Abladestellen führte.
Stadt und Land, welche die so geschaffene Wohltat der Lage an der Bahn ebenso angenehm wie
92
nützlich empfanden, hatten dies den Bemühungen des Herzogs zu verdanken. Aber auch für ihn
machte sich der Einfluß des neuen Verkehrsmittels schon bald geltend. Bereits nach einem Jahre
kam beim Hüttenabschluß eine Ersparnis von 25000 Mark an Frachtkosten zum Ausdruck.
Die sich unaufhaltsam weiter vollziehende Entwicklung der Geschäfte hatte bei einer Belegschaft
von 400 Arbeitern im Jahre 1894 zu einer jährlichen Verarbeitung von 90000 Ctr. geführt. Eine
nochmalige Erweiterung des Werkes wurde notwendig. Da entschloß sich der Herzog auf einem
nicht zum Fideicommiß gehörigen Baugrundstück eine zweite Hütte, die „Friedrich-ChristiansHütte“ zwischen Bahnhof Primkenau und Lauterbach, mit einem Kostenaufwand von 837000 Mark
zu erbauen. Am Nachmittage des Karfreitages, am 3. April 1896, wurde vom Herzog der auf der
neuen Baustelle mit Kalkmilch aufgezeichnete Grundriß des neuen Werkes, in Gegenwart des
Majors von Gossler, besichtigt und gutgeheißen. Am 18. Okt. desselben Jahres wurde die
Friedrich-Christians-Hütte durch ein großes, vom Herzog in Anwesenheit der meisten Glieder der
herzoglichen Familie und einer großen Anzahl Geladener, seinen Arbeitern in der weiten Gießhalle, mit Reden und lebenden Bilden, mit Bewirtung und Tanz der Festversammelten gegebenes
Fest eingeweiht.
Der tiefe, in der machtvollen Vorwärtsentwicklung der Werke ebenso wie in allen Bestrebungen
des Herzogs liegende Sinn ist treffend wiedergegeben durch die an der Front der neuen Hütte
angebrachten Gedenktafel mit der Aufschrift:
Glück auf!
Segen dem Hüttenwerke
Friedrich-Christins-Hütte
Erbaut 1896 von
Seiner Hoheit
dem Herzog Ernst Günther
zu Schleswig-Holstein.
Die Lebenslust hat nicht den Grund
im bloßen Sein,
In stetem Schaffen liegt des Lebens
Reiz allein.
Man hätte die Wahrheit dieses Spruches wohl auch mit dem schönen Worte des Sokrates ausdrücken können: „Von dem was wahrhaft gut und edel ist, geben die Götter den Menschen nichts
ohne Anstrengung und ernstliches Bemühen!“
Die Friedrich-Christians-Hütte, welche damals 300 Arbeiter beschäftigte, blühte bald auf und
brachte verhältnismäßig höhere Erträge als die Henriettenhütte. Das beste Ertragsjahr für beide
Hütten war 1899/1900. Um 1905 hatten beide Werke eine Belegschaft von 900 Arbeitern und
stellten im Jahre 12 Millionen Kilo Gussware her. Im Jahre 1868 hatte die Henriettenhütte z.B. nur
806 316 Kilo versandt.
Hinsichtlich der Henriettenhütte trat allmählich die Notwendigkeit hervor, die alten Maschinen zu
ersetzen, dabei die einzelnen Kraftquellen zu vereinigen, das Emaillierwerk den neuesten Anforderungen entsprechend umzugestalten und auch noch größere und nach einheitlichen Gesichtspunkten geordnete Räume zu schaffen.
Herzog Ernst Günther entschloß sich daher 1905 abermals einen Erweiterungsbau vorzunehmen.
Der Dorfstraße in Henriettenhütte gleichlaufend, wo früher der inzwischen mit Schlacke und Asche
zugefüllte, alte Georgsmühlenteich gewesen war, wurden die Neubauten der Schlosserei, die 75
Meter alnge und 60 Meter tiefe Gießhalle nebst Trockenkammern und Putzerei angelegt, außerdem eine neue Tischlerei eingerichtet und die Vergrößerungs- und Umbauten der Emaillierhütte
und des Magazins vorgenommen. Der Neubau erhielt den Namen: D o r o t h e e n h ü t t e, zu
Ehren der Frau Herzogin.
Jenseits der Eisenbahn, zwischen Gewerkschaftsgraben und Langener Weg wurde die große
elektrische Zentrale errichtet, welche die nunmehr Vereinigte Dorotheen- und Henriettenhütte und
auch die Friedrich-Christianshütte mit Strom für Licht und Kraft versorgte. Zwei 600 Pferdekräfte
starke Dampfturbinen der Görlitzer Maschinenbauanstalt gelangten hier zur Aufstellung. Die
Ausführungen des maschinellen und elektrischen Teils waren den Siemens-Schuckertwerken
übertragen worden. Die Koten des Erweiterungsbaues von 1906/07 beliefen sich auf rund 1,3
Millionen Mark. Die Einweihung und Inbetriebsetzung der Neubauten erfolgte am Geburtstage der
93
Frau Herzogin Dorothee Marie. Zu Ehren der Frau Herzogin bildete den ersten Gruß aus den
neuen Cupolöfen der Namenszug ihrer Hoheit. Die in die Front der Dorotheenhütte eingelassene
gusseiserne Tafel gibt hiervon Zeugnis mit der Inschrift:
Glück auf!
Zur Erinnerung an die
Einweihung der Gießerei
am 30. April 1907
In Anwesenheit Seiner Hoheit und
Ihrer Hoheit der Herzogin.
Eine abermalige Vergrößerung des Emaillierwerkes der Henriettenhütte machte sich 1912/13
erforderlich, welche den Platz zwischen Westgiebel des Magazins und des Emaillierwerkes
vollkommen ausgefüllt und in das Emaillierwerk einbezieht.
Ebenso wie die reiche Arbeitsgelegenheit auf dem Gebiete der Land- und Forstwirschaft, der
umfangreichen Bautätigkeit sowie der Entwässerungs- und Verbesserungsarbeiten im Bruch,
welche Herzog Christian August mit seinem Einzuge in Primkenau geschaffen hatte, wirkte auch
die Entfaltung der Hütten in vorher nicht geahnter Weise fördernd auf die Hebung des
Wohlstandes der Bevölkerung.
Nach dem im Februar 1921 erfolgten Ableben des Herzogs Ernst Günther zu Schleswig-Holstein
wurden die Primkenauer Werke in eine Aktiengesellschaft umgewandelt mit einem Kapital von
7.200.000,-- Mark. Nachverschiedenen Kapitalerhöhungen erfolgt die Umstellung auf Goldmark
durch G.V.Beschluß vom 18.11.1924, und zwar auf 2.005.000,-- Gmk.
Die Werke beschäftigten seinerzeit 1200 Arbeiter und Angestellte. Das Fabrikationsprogramm
umfasst in der Hauptsache die Herstellung von gusseisernen Abflussrohren, Rippenheizkörpern,
Sanitäts-Utensilien und Kanalisationsartikel, Badewannen, Kochgeschirre und von sonstigen
Gusswaren.
Der durch Fusion im Jahre 1925 erfolgte west-östliche Zusammenschluß unter dem Namen
„Warsteiner und Herzoglich Schleswig-Holsteinische Eisenwerke A.-G.“ verfolgte eine Ergänzung
in der Herstellung wie des Absatzes. In ihrer Gesamtheit sind die hergestellten Erzeugnisse in der
Hauptsache folgende:
Öfen und Herde (roh und emailliert), Klavierplatten, Bau-Handels- und Maschinenguß, Wasser-,
Gas- und Schweißanlagen, industrielle Kleinfeuerungs-Anlagen, Armaturen für Gaswerke und
Kokereien, Last- und Kutschwagenachsen aller Art.
Ferner:
Gusseiserne Rohre, insbesondere Abflussrohre und Rippenrohre, einschließlich der dazugehörigen Formstücke, Sanitäts- und Kanalisationsguß (roh und emailliert), Spezial- und porzellanemaillierte Badewannen, emaillierte Poterien und dergleichen.
„Die Werksanlagen dieser fusionierten Gesellschaft“, so wurde im Jahre 1937 in der Festschrift für
das Heidestadtfest Primkenau berichtet, „bestehen im wesentlichen aus fünf Großgießereien mit
den erforderlichen Hilfs- und Modellwerkstätten, vier Emaillierwerken, einem Hammerwerk, den
entsprechenden Verfeinerungsbetrieben und einer Anzahl mechanischer Werkstätten, wie Schlossereien, Drehereien, Schmieden usw. Bahnanschluß ist auf sechs Werken vorhanden, das
Augustfehner Werk hat außerdem Wasseranschluß.“
Als Absatzgebiet kommt fast die ganze Welt in betracht: Inland, europäisches Ausland und
Übersee.
Literatur- und Quellenverzeichnis:
Ausgewertet für vorstehende Abhandlung wurden vornehmlich:
1) Das Hüttenarchiv
Urkundliche Nachrichten befinden sich nur zum geringen Teil in der Registratur des Hüttenwerkes.
94
Bei Eigentumswechsel kam es in früheren Jahrhunderten häufiger vor, dass Urkunden und Akten
nicht mit übergeben wurden. Nur so war es möglich, dass
a) der Original-Lehnsbrief von 1739
b) ein Erlaß des Berggerichts Brilon v. 27.9.1742
c) der Kontrakt v. 4.9.1750
d) eine Abschrift des Original-Lehnbriefes
e) ein Erlaß vom Bergamt der Stadt Olpe
f) ein Erlaß des Berggerichts Brilon v. 12.9.1744
erst im Sept. 1847 in den Besitz der Gewerkschaft der St. Wilhelmshütte kamen, indem der
Rentmeister Wittkopp auf dem Gute des Herrn von Juntenberg diese Papiere übergab.
2) Die Stadtarchive von Warstein und Rüthen
3) Die Amtsarchive von Warstein und Rüthen
4) Die Kirchenarchive von Suttrop und Warstein
5) Das Archiv des adeligen Hauses Körtlinghausen
6) Das Preuß. Staatsarchiv Münster
7) Gedruckte und ungedruckte Werke:
Bender, Geschichte der Stadt Warstein, Werl-Arnsberg 1844,
Hashagen, Justus, Geschichte der Familie Hoesch,
I. und II. Band, Köln 1911 bzw. 1916, Verlag von Paul Neubner,
Landau, Der Kreis Homberg (1842),
Möller, Familien-Nachrichten, Möller, Lippstadt,
Lippstadt 1788, (Landesmuseum Münster, C 802)
Sammlung Erzstift-Coelnischer Verordnungen, Edicten,
I. Bd. Cölln am Rhein, 1772, bei Simonis u. Krakamp, Buchhändlern.
8) Zeitschriften:
Aus der Vorzeit in Westfalen, Lippe und am Niederrhein,
1933 ff. Münster (Westf.), Mitteilungsblätter der Arbeitsgemeinschaft für deutsche Vorgeschichte
in Westfalen usw.
Herunterladen