Kettenfabrik und Heimschmieden in Sichtigvor

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Station1, Tafel 1.1:
Überblick
Warstein gehört im Sauerland mit zu den Städten, die sich durch eine
alte erfolgreiche Montanindustrie zur heutigen Stadt entwickelt haben.
Anzeichen auf Eisenhüttenwesen reichen in Warstein zurück bis in die
Mittelphase der Jüngeren Eisenzeit, der Latènezeit, um 250 v.Chr.
Diese Geschichte hat der Stadtmarketingverband mit Hilfe vieler
Wissensträger und Dokumente in den Jahren 2007 und 2008
zusammengetragen und auf diesem „Wanderweg der Montangeschichte“
mit 18 Stationen und 33 Tafeldarstellungen dokumentiert. Darüber
hinaus besteht eine Daten-DVD, auf der die Original-Dokumente, Texte,
Grafiken und Fotos aufzurufen sind, die während der Nachforschungen
gesammelt wurden.
Der Weg der Montangeschichte ist im übertragenen Sinn auch der Weg durch die
Montanindustrie der Stadt Warstein, welche sich über viele Jahrhunderte zurück verfolgen
lässt. Zu allen Zeiten hat die Eisenverarbeitung in Warstein die Bilder dieser Stadt, aber auch
die sich immer wieder anpassende Entwicklung ihrer Bevölkerung, geprägt.
Eisenverarbeitung in Warstein steht im Begriff für Gründung und Ausbau, Arbeit und
Existenz, für Innovation und Qualität. Sie steht aber auch für die Erkenntnis, stärkeren
Kräften globaler Entwicklungen nachgeben zu müssen, wenn die Zeit dafür gekommen ist.
Die Eisenindustrie in Warstein musste in den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts den
Standortvorteilen der großen Industrieregionen an Rhein und Ruhr nachgeben.
Ihr Standort befindet sich am Flusslauf der Wäster, der als ständig verfügbare Kraft-Energie
über Jahrhunderte der Eisenindustrie in Warstein diente. Mit dem dort vom
Stadtmarketingverband angelegten Weg der Montangeschichte soll ein bedeutendes
Segment Warsteiner Geschichte erlebbar werden – und auf unterschiedliche Weise reale
Eindrücke einer langen Eisen- und Industriegeschichte vermitteln. Wir laden Sie ein, auf
diesem Weg durch die Geschichte dieser Stadt zu gehen.
Station 1, Tafel 1.2
Erzbergbau in der Grube David
Von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
wurde in Warsteiner Gruben reichlich Erz gewonnen und verhüttet. Der
technische Fortschritt führte jedoch gegen 1880 in Warstein zur
Stillegung der Hochöfen und einer Zeitweiligen Einstellung des
Erzbergbaus. Als 1883 dann die Fertigstellung der Eisenbahn einen
Transport ins Ruhrgebiet ermöglichte, wurden einige Warsteiner
Erzgruben weiterbetrieben. Eine dieser Gruben, die Grube David, die wir
hier darstellen, förderte noch bis 1949. An dem Ort dieser Tafel befand
sich die Verladestation der Erze, die per Seilbahn vom Bilsteintal bis hier
befördert und dann auf die Warsteiner Industriebahn umgeladen wurden.
Die Suttroper Eisenhütte, später „St. Wilhelmshütte“, die im Jahre 1739 errichtet wurde,
führte den Warsteiner Erzbergbau zu einem plötzlichen Aufschwung. Nach der Ausweitung
der Hüttenkapazität auf 2 Hochöfen mit einem geschätzten Bedarf von 30.000 t Erz jährlich
konnten die ältesten Gruben den Bedarf nicht mehr decken und so setzte eine intensive und
erfolgreiche Erzsuche ein. Die geförderte Gesamterzmenge betrug z. B. 1851 ca. 13.000 t.
Die steigende Förderung machte in den bedeutenderen Gruben den Übergang zum Stollenund Schachtbau notwendig. Der technische Fortschritt bei der Verhüttung des Eisens führte
gegen 1880 in Warstein zum Ende der Roheisenerzeugung. Als 1883 dann die Eisenbahn
einen Transport ins Ruhrgebiet ermöglichte, wurden die Warsteiner Erzgruben
weiterbetrieben. Eine der großen Gruben, die Grube David, stellen wir hier dar. Das Ende
des Bergbaubetriebs drohte auch der Grube David, als ihr Besitzer, die Gewerkschaft
„Sauerland", 1931 in Konkurs ging. Die Grube kam dann in den Besitz der Gewerkschaft
"Christiansglück", einer Tochter der Deutsch- Niederländischen Schiffahrtsgesellschaft. Mit
einer Belegschaft bis zu 40 Mann und einer Jahresförderung zwischen 15.000 und 20.000 t
erreichte die Grube unter dem neuen Eigentümer die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Der
Transport, zunächst per Fuhrwerk zum Bahnhof wurde 1938 durch die Errichtung einer 1,5
km langen Transportseilbahn-Verbindung verbessert, mit der die Erze direkt zur
Bahnverladung hier gelangten. Nach einer nur viermonatigen Pause bei Kriegsende wurde
die Förderung, bzw. Abbau der Halden noch weitergeführt, doch der folgende Strukturwandel
im Hüttenwesen mit seiner Umstellung auf Auslandserze führte 1949 zur endgültigen
Stilllegung der letzten Warsteiner Eisenerzgrube. Pläne, die noch vorhandenen Vorräte
(gesichert: 100000 t, vermutet: 1Mill. t) durch eine Vertiefung des Schachtes auf 110 m und
eine Aufwältigung des Feldes in Richtung NE (Platte, Grube Kunigunde) zu erschließen,
kamen nicht mehr zur Durchführung.
Erzanalyse der Grube David: Weißerz : 26-30% Fe; 3-4% Mn; 1-2% P; 18-23% SiO2; 6-8%
CaCO3 Roterz : 35-40% Fe; 0,2% Mn; 0,5% P; 23-40% SiO2; Braunerz :35% Fe; 1,5% Mn;
1,2% P; 20-25% SiO2. Der Mn-Gehalt nahm nach der Tiefe hin zu und erreichte Werte über
4%.
Station 2, Tafel 2.1:
Die Geschichte des Eisens
Die Geschichte des Eisens ist die Geschichte unserer Kultur. Die
Entwicklungsstufen und Zeitepochen der Menschheit bezeichnen wir
nach den Materialien, aus welchen sie ihre Werkzeuge herstellten: nach
der Ur-, Stein -und Bronzezeit folgte die Eisenzeit (in unserer Gegend ab
600 v.Chr.). Der älteste Metallgegenstand des Sauerlandes stammt aus
dem Fundgut der Bilsteinhöhle: Ein kleiner Kupferdolch der
Glockenbecherkultur (ca. 2.300 v.Chr.). Die Herkunft des verwendeten
Kupfers ist noch nicht geklärt.
Die Warsteiner Eisenindustrie
An der Wäster als natürlicher Kraft reihen sich die interessanten Industriestandorte der
Vergangenheit aus Mühlen, Hütten und Hämmern auf wie die Perlen einer Kette. Wohl ihren
bedeutendsten Aufschwung erlebte die Warsteiner Eisenverhüttung ab 1630 durch die
ständige Verbesserung der Verhüttungsbedingungen und durch eine steigende Nachfrage.
Ab 1800 etwa blühte die Eisenindustrie weiter auf durch den weltweiten technischen
Fortschritt. Man begann, neue Gruben »abzuteufeln«, längst stillgelegte wieder zu eröffnen.
Doch bereits um 1850 folgte dem Aufwärtstrend der Abschwung durch ungünstige
Begleiterscheinungen der Weltwirtschaft, welche auch für die Warsteiner Montanindustrie
nicht schadlos waren. Hinzu kamen ungünstige Standortbedingungen im Vergleich zu
großen Industrien an Rhein und Ruhr – so auch der fehlende Eisenbahnanschluss. Als
dieser 1883 gebaut wurde, fuhren Grubentätigkeit und Eisenverhüttung zwar wieder an, aber
man begann bereits, das Erz zur Weiterverarbeitung in rheinisch-westfälische
Hochofenstandorte zu verbringen. Für die Warsteiner Eisenverhüttung konnte das also
keinen nachhaltigen Aufschwung bringen. Hinzu kam, dass die Verhüttung durch Koks im
Ruhrgebiet der Holzkohleverhüttung in Warstein wirtschaftlich weit überlegen war. Die
Verteuerung der Holzkohle durch Einführung einer Forstkultur, um den »Raubbau« des
Holzes zu beenden, brachte die Verhüttung in Warstein dann zum Erliegen. Das Ende der
Grubentätigkeit und Verhüttung forderte jedoch einen neuen Aufschwung heraus: Die
Verarbeitung von Roheisen in Warstein für Industrialisierung und Fortschritt in der ganzen
Welt (weltweit bekannt: Warsteiner Achsen).
Die Bedeutung des Eisens
Die Bedeutung des Eisens seit 2000 Jahren ist einzigartig. Ohne Eisen wären im 18., 19.
und 20. Jahrhundert kein Handel und kein Gewerbe denkbar gewesen, und die Macht eines
Landes, seine wirtschaftliche Blüte war immer abhängig von seiner Eisenverarbeitung. Hier
wird die Bedeutung unserer Stadt auch für die Entwicklung weit außerhalb seiner Grenzen
über Jahrhunderte deutlich. Eine Stadt lebte und expandierte durch ihre natürlichen
Vorkommen aus Holz, Kalk, Wasser und Erz! Und auch immer wieder mussten die
Menschen den Wechsel zwischen Aufschwung und Rezession erleben – 1995 stellte der
Warsteiner Eisenhammer (in Nachfolge) im mittleren Wästertal als letzte Fabrik der
Warsteiner Montanindustrie seinen Betrieb ein.
Und auch immer wieder mussten die Menschen den Wechsel zwischen Aufschwung und
Rezession erleben – 1995 stellte der Warsteiner Eisenhammer (in Nachfolge) im mittleren
Wästertal als letzte Fabrik der Warsteiner Montanindustrie seinen Betrieb ein. Allerdings
wurden im Laufe der Jahrzehnte viele Metall-Folgebetriebe in Warstein aufgebaut, die heute
Weltrang haben. Damit konnte die Anzahl der Beschäftigten im Metall- und Elektrogewerbe
etwa konstant weiterentwickelt werden.
Erstes Metall im Sauerland
Die Epochen ur- und frühgeschichtlicher Entwicklung der menschlichen Kultur werden
gemeinhin nach den von den Menschen genutzten Materialien bezeichnet: Auf die Steinzeit
folgte die Bronzezeit, darauf – in unserer Gegend – um 600 v.Chr. die Eisenzeit. Der älteste
Metallgegenstand des Sauerlandes stammt aus dem Fundgut der Bilsteinhöhle: Ein kleiner
Kupferdolch der Glockenbecherkultur (ca. 2.300 v.Chr.). Die Herkunft des verwendeten
Kupfers ist noch nicht geklärt.
Obwohl entsprechende Erze vorhanden sind, konnte vorgeschichtlicher Bergbau auf Kupfer
oder Eisen im Warsteiner Raum bisher nicht archäologisch nachgewiesen werden. Die
zahlreichen Funde der Eisenzeit aus den Höhlen (Bilsteinhöhle, Hohler Stein) und
verschiedene eisenzeitliche Befestigungsanlagen zeigen ein Anwachsen der Bevölkerung in
dieser Epoche. Möglicherweise war es das Eisenerz, das die Menschen vor über 2.000
Jahren verstärkt auch ins eher unwirtliche Bergland lockte. Während im Siegerland eine
eisenzeitliche Eisengewinnung in Rennöfen archäologisch mehrfach belegt ist, steht dieser
Nachweis für den Warsteiner Raum noch aus.
Station 2, Tafel 2.2:
Der Hüttenplatz
Eine der vermutlich ältesten Warsteiner Blashütten, in der Flusseisen
erschmolzen wurde, befand sich in städtischem Besitz auf dem alten
Hüttenplatz. Konjunktur hatte die Hütte besonders durch die
verschiedenen Kleinkriege der näheren und weiteren Umgebung. Heute
schmunzeln wir darüber, dass im 16. Jahrhundert hier Kanonenkugeln
gegossen wurden, mit denen die Stadt Münster beschossen wurden. Wir
hoffen heute, dass man sich in Münster nicht mehr daran erinnert. Ab
1891 waren die Produkte, die dann an diesem Platz hergestellt wurden,
allerdings für sehr friedlichen Einsatz auf dem Feld gemacht.
In der Nähe dieser Tafel führt der Weg vorbei am „Hüttenplatz“ bzw. „Hüttenpfad“. Bereits in
einer alten Flurkarte von 1630 eingetragen bezeugen sie den frühen Standort einer
Eisenhütte südlich vor der Stadt. Die Existenz dieser Hütte bestätigt auch ein Eintrag in der
„Ordnung der Soester Waage“ von 1582: „Item das Warsteiner Eisen- und Gusswerk das soll
man zur Waage kommen lassen und wiegen (Dat Wairsche isern und gegotten werck).“
Schon für 1535 ist diese Gusseisenproduktion, zum Beispiel für Kanonenkugeln, urkundlich
nachgewiesen.
Bei dieser der Stadt Warstein gehörenden Schmelzhütte handelte es sich um einen Blasoder Fluss-Ofen, in dem dank fortschrittlicher wassergetriebener Gebläse Temperaturen bis
1500 °C erreicht wurden, so dass während der Betriebszeiten in regelmäßigen Abständen
flüssiges Roheisen abgestochen werden konnte. Dieses Roheisen musste allerdings im
Gegensatz zu den Produktionen der mittelalterlichen Rennfeuer und Stücköfen erst
aufwändig gefrischt und geschmiedet werden ehe es weiterverarbeitet werden konnte.
Während der unregelmäßigen Betriebszeiten (sog. „Huttenreise“) von etwa 60 Tagen pro
Jahr erschmolz ein (fahrender) Hüttenmeister mit 4 bis 5 Helfern Eisen für seinen jeweiligen
Auftraggeber: Stadt/Gewerke/Graf. Dar Abstich nach ca. 8 Stunden erbrachte eine „Gösse“ =
Gusseisen-Masse von rund 800 kg.
In dieser Zeit noch südlich weit vor der Stadt Warstein gelegen, wurde der Hüttenplatz nach
1802 Bestandteil der Neustadt, als sich diese nach dem letzten total vernichtenden
Stadtbrand am Stadtberg nun im Tal neu gründete. Der Entwicklung der Eisenverhüttung im
Norden der Stadt, unterhalb des Oberhagens ganz in der Nähe ertragreicher Gruben, konnte
die Schmelzhütte am Hüttenplatz in späterer Zeit nicht standhalten. Darüber hinaus stand
auch die Stadtentwicklung im frühen 19. Jahrhundert einer Aufrechterhaltung oder gar
Erweiterung des Verhüttungsstandortes entgegen.
Ein neues Werk
In den alten Werkanlagen dieser Schmelzhütte am Hüttenplatz entstand 1891 die Fabrikation
von Kleineisenteilen durch die Fa. Hüsing & Co., später Peters & Co. Aus zugeliefertem
Roheisen produzierte man vorwiegend Kleineisenteile für den leichten Ackerbau. Bereits
1895 traten die Gebrüder Emil und Hugo Siepmann als Teilhaber in diese Fabrik ein und
bauten Schritt für Schritt die bestehenden Anlagen zu einer Gesenkschmiede um. 1910
wurden sie Besitzer der Gesenkschmiede und brachten das Werk in kurzer Zeit zu hoher
Blüte. Aus Stahlblech wurden zunächst Spaten und Schaufeln gepresst, und man begann
mit dem Schmieden von Heu- und Düngergabeln sowie Gitterspitzen für den Zaunbau. Zu
dieser Zeit kauften die Gebrüder Siepmann in Belecke ein ausbaufähiges Grundstück zum
Aufbau neuer Produktionshallen, und bereits vor 1916 entstand dort eine große Schmiede
für Aufträge aus Fahrzeugbau und Rüstungsindustrie. Das Stammwerk der Gebrüder
Siepmann am Hüttenplatz wurde in der schwierigen Zeit der Weltwirtschaftskrise im Jahr
1930 aufgegeben, um die Produktion im neuen Werk in Belecke wirtschaftlich zu
konzentrieren.
Station 3, Tafel 3.1:
Die Warsteiner Industriebahn
Der Transport von Warsteiner Eisenerz ins Ruhrgebiet wurde erleichtert
durch den mutigen Entschluss der Stadt Warstein, zu diesem Zweck
eine eigene Industriebahnstrecke zu errichten. Hier wurden von 1928 bis
1949 jährlich zwischen 15 000 und 20000 Tonnen Eisenerz befördert.
Durch die Industriebahn konnten viele Arbeitsplätze in der Stadt gehalten
werden. Nach Schließung der Warsteiner Hütten hätten sonst auch die
Erzbergwerke komplett schließen müssen, was durch die Bahn um 20
Jahre verzögert wurde. Hinzu kam dann jedoch der Transport des
Warsteiner Kalksteins, der zum großen Teil durch die Industriebahn auch
heute noch abgefahren wird.
Zum Transport von Kalkstein errichtete die Stadt Warstein im Jahre 1928 eine eigene
Industriebahnstrecke. Diese führte vom Bahnhof der Warstein-Lippstadter Eisenbahn WLE
durch den Risse-Steinbruch bis zum Hillenberg-Bahnhof. Die technische Ausführung war auf
das System der vorhandenen Fernbahnstrecke abgestimmt. So konnten vom Bahnhof
Hillenberg, wo auch das Erz der Grube David bis 1938 mit Pferdegespannen angeliefert und
umgeladen wurden, die Güterwagen ins naheliegende Ruhrgebiet transportiert werden. Ab
1938 wurde das Grubenerz der Grube David über eine Seilbahn direkt in eine Beladestation
am Hillenberg transportiert und damit jährlich 15.000 bis 20.000 t Erz per Industriebahn
befördert. Die alte Gleisstrecke zum Hillenberg wurde nach Schließung der Grube David und
der nahe liegenden Steinbrüche stillgelegt und wird heute als Spazierweg entlang der
Wäster genutzt.
Mit der zunehmenden Kalkverladung wurde im Jahre 1972 die städtischen Gleise der
Industriebahn mit einem Anschluss an das Kalkstein- Gewinnungsgebiet „Hohe Lieth“
ausgebaut und in jüngster Zeit durch eine Verlängerung bis zur Brauerei für umfangreiche
Biertransporte erweitert. Der mutige Entschluss der Warsteiner Ratsherren, aus eigenen
Mitteln eine erste Industriebahnstrecke zu errichten, sorgte in Warstein für etliche zusätzliche
Arbeitsplätze.
Station 3, Tafel 3.2:
Die Bedeutung der Eisenbahn
Mitte des 19. Jahrhunderts verlor die heimische Industrie zusehends an
Wettbewerbsfähigkeit, weil es den Betrieben an einer
Eisenbahnanbindung fehlte. Nach einem Rückgang von Arbeitsplätzen
wegen der Verlegung verschiedener Werke nach Soest, Beckum und
Lippstadt bildete sich in Warstein 1878 ein Komitee, das sich den Bau
einer Eisenbahn mit Anschluss an eine der großen Durchgangsstrecken
zum Ziel setzte. Diese Secundärbahn sollte Warstein mit Lippstadt
verbinden. Dem Komitee gehörten Kommerzienrat Wilhelm Bergenthal,
Fabrikant Ewald Bergenthal, Direktor Friedrich Uhlendorf und
Sparkassenrendant Franz Hegemann an.
Nach den Planungs- und Vorarbeiten erfolgte am 22. 11. 1881 die Gründung der WarsteinLippstadter- Eisenbahngesellschaft WLE. Das Grundkapital betrug 1 500 000 Mark. Kurze
Zeit darauf wurde mit dem Bau begonnen. Nach nur 19 Monaten erfolgte am 1.11.1883 die
Inbetriebnahme. Als Trasse dient der frühere Sommerweg der in den 20er Jahren erbauten
Koblenz-Mindener-Heerstraße. Hierbei handelte es sich um den neben der harten Fahrbahn
liegenden unbefestigten Wegstreifen für den Marsch der Kavallerie und pferdebespannten
Artillerie. Ein solcher Sommerweg hatte keine Bedeutung mehr, nachdem man im Krieg von
1866 den Vorteil der Eisenbahnbeförderung für Truppentransporte erkannt hatte.
Folgende Betriebsmittel standen zur Verfügung: 4 leichte Lokomotiven, 4 Personenwagen, 1
Gepäck- und Postwagen sowie 32 Güterwagen. Der Betrieb hatte 54 Mitarbeiter: 6
arbeiteten in der Verwaltung, 12 in der Unterhaltung und 36 im Außendienst. Als sich zeigte,
dass das noch junge Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich war, wurden der
Geschäftsführung weitere Projekte angetragen.
Nach der Übernahme des halben Aktienkapitals durch den Provinziallandtag wurde der
Unternehmensname geändert. Die Eisenbahngesellschaft hieß fortan Westfälische
Landeseisenbahn-Gesellschaft. Die Abkürzung WLE konnte bleiben. Neue Strecken von
Lippstadt nach Beckum, von Soest nach Brilon und von Neubeckum nach Warendorf wurden
zwischen 1898 und 1901 in Betrieb genommen.
Das Amt des Vorsitzenden des Vorstandes der Gesellschaft wurde von dem geheimen
Kommerzienrat Wilhelm Bergenthal von 1883 bis 1892 nebenamtlich bekleidet. Zu Recht
wird Bergenthal als Eisenbahnpionier bezeichnet. Er verstarb am 28.4.1893 im Alter von 88
Jahren. Bestimmend für sein Leben waren die Worte, die er über zwei Eingangsportale am
Haus Kupferhammer einmeißeln ließ: Nichts ohne Mühe und Segen ist der Mühe Preis.
Ursprünglich sollte der Warsteiner Bahnhof unterhalb des Risseschen Steinbruchs
entstehen. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse wurde er aber schließlich auf dem
Gelände nördlich der Wilhelmshütte – auf Suttroper Terrain – gebaut. Reisende aus dem
Stadtgebiet hatten somit einen längeren Weg zur Bahn. Für den Güterverkehr war die Lage
jedoch sehr günstig. Einerseits konnte man sich auf dem offenen Wiesengelände
ungehindert ausbreiten, andererseits lag der Bahnhof nunmehr in nächster Nähe der
Industriewerke.
Station 4, Tafel 4.1:
Die Warsteiner Eisenindustrie um 1600
Ab etwa 1300 siedelten sich entlang der Wester viele Betriebe der
Eisenerschmelzung und -verarbeitung an. Ausschlaggebend war die
nutzbare Wasserkraft für Blasebälge und Hämmer. So war die
Montanindustrie hier um 1600 bereits gut entwickelt. Die
Momentaufnahme, die mit Hilfe der historischen Karte möglich ist,
verdeutlicht diese Situation.
Die Westerklamm um 1730 (neues Bild: Litho von Roidkin, 1730 benutzen)
Von hier aus blickt man durch den Steinbruch hinüber zur Alten Kirche auf einen
Taleinschnitt, der bis etwa 1800 ganz eng ausgebildet war. Die heute hier hindurch führende
Bundesstraße 55, die erst 1823-25 als Koblenz-Mindener Chaussee gebaut wurde, gab es
noch nicht. Nur die Wäster bahnte sich ihren Weg durch diese Bergenge.
Die historische, gemalte Darstellung von Renier Roidkin aus dem Jahre 1730 zeigt mit Blick
auf die Alte Kirche und den Hohen Stein diesen Taleinschnitt und die erste Bebauung auf
dem Platz der Wilhelmshütte. Die Alte Kirche wurde zu recht mit einem schlanken Kirchturm
gezeichnet, der dem der Kallenhardter Kirche in der Konstruktion ähnlich war. Erst nach dem
großen Stadtbrand 1802 erhielt die Alte Kirche dann den heutigen abgeflachten Turm.
In Warstein wurde die Wester im Lauf der Geschichte umbenannt in »Wäster«. Ab etwa
1300 siedelten sich entlang der Wäster viele Betriebe der Eisenerschmelzung und
-verarbeitung an. Ausschlaggebend war die nutzbare Wasserkraft für Blasebälge und
Hämmer. So war die Montanindustrie hier um 1600 bereits gut entwickelt. Die
Momentaufnahme, die mit Hilfe der historischen Karte möglich ist, verdeutlicht diese
Situation.
Die historische Karte von 1630 aus dem Archiv der Familie Fürstenberg gibt vielfachen
Aufschluss über die Warsteiner Montanindustrie. Industrieplätze, Mühlen, Wohnbebauung,
Flüsse, Bergbau, Gemarkungen und Verkehrswege sind eingezeichnet. Die Karte ist, wie
damals üblich, eingeostet. So erkennt man südlich der vorgenannten Wästerklamm den
Warsteiner »Hüttenplatz«, nördlich davon das Suttroper Hüttengelände und den alten
Eisenhammer (späterer Kupferhammer). Diese »ruinöse Nagelschmiede« wurde 1659 von
Jacob und Maria Forkenbeck erworben. Sie errichteten hier einen Messinghammer für Brauund Brennkessel. Nördlich unter der Alten Kirche gab es noch mit dem alten Kupferhammer
einen Vorläufer gleichen Namens. Ferner sind auch die großen Fundorte für Erze vermerkt,
z.B. am Bilstein die Grube David (Rothland), im Oberhagen die Grube Rom.
Der Verkehr wurde damals von Belecke »Unterm Stillenberg« bis zum alten Eisenhammer
geführt. Dann ging der Weg an Lattrichs Mühle vorbei vor dem Bergrücken hinauf um die
Alte Kirche herum bis zum »Kohlmarkt« und wieder hinunter auf den Mescheder Weg. (heute
„Müscheder“ Weg)
Station 4, Tafel 4.2 :
Erz, Wasser, Kohle und Kalk
Es zeigte sich im Lauf der Jahrhunderte, welche trefflichen Bedingungen
für eine Eisenverhüttung in Warstein zusammen kommen: Endlose
Wälder, Kalksteingebirge, zu Tal eilende Gewässer und Erzvorkommen!
Also: Holzkohle, Kalk als unverzichtbarer Verhüttungszuschlag und
Wasserkraft ermöglichten die Verhüttung aus Erz zu Eisen!
. Durch Quellzuflüsse aus dem Karst mit konstanter Temperatur
zwischen 8 bis 15 Grad friert diese Wasserkraft auch im kalten Winter
nicht ein.
Kalkstein Unsere Kalksteinvorkommen machten es sehr leicht, die nötigen Zuschlagstoffe
für die Eisenschmelzen zu gewinnen. Im Bild ist eine der hochreinen Kalkadern, fast reines
Calcit, abgebildet. Der Warsteiner Kalk ist für den Einsatz in der Stahlindustrie und der
Chemischen Industrie bestens geeignet.
Eisenerze Warstein ist umgeben von zahlreichen kleineren Erzvorkommen.Sogar mitten im
Stadtgebiet finden sich 2 Gruben (Rom und Hirschfeld). Die Erze wurden z.T. im Tagebau
(Siebenstern und Christoph), einige auch im Tiefbau (bis 80 m) gewonnen (Suttbruch, David,
Rom). Die Abbaumenge richtete sich zunächst ganz nach dem Bedarf der Schmelzhütte.
Dazu wurde auch vorsorglich aufgehaldet. Die verschiedenen anfallenden Erztypen (Weiß-,
Braun-, Roheisenerze) wurden vom Hüttenmeister im abgestimmten Verhältnis zueinander
gemischt und dann eingeschmolzen. Trotz der reichlich vorhandenen eigenen Vorräte wurde
auch hochprozentiger Eisenstein aus Olsberg beigemischt. Der Fe-Gehalt der Warsteiner
Erze schwankte sehr stark zwischen 25 und 60 %.
Auch nach Verlöschen der heimischen Hochöfen konnte die Erzförderung dank des
Bahnanschlusses 1883 weitergeführt werden. Obwohl von minderem Eisengehalt, war
Warsteiner Erz wegen seiner Mangan- und Kalkbestandteile im Ruhrgebiet gefragt.
Holzkohle Der Holzkohlenbedarf zur Eisenverhüttung war ungeheuer groß. Zur Herstellung
von 1 Tonne Eisen mussten 5 Tonnen Holzkohle verbrannt werden. Die mit Holzkohle zu
erzielenden Temperaturen waren im Stückofenbetrieb mit 1000-1200°C nur ausreichend, um
Eisen zu weichen kleinen Körnchen zu erschmelzen.
Da Holzkohle in der schlechten Zeit nach dem 30jährigen Krieg in großen Mengen außer
Landes verkauft wurde, wurde diese Ausbeutung der Wälder 1679 vom Kölner Kurfürsten
verboten.
Wasserkraft Ab Walkemühle friert die Wäster im Winter nicht zu. Besonders durch den
Zufluss der Range, die reichlich Wasser von ca 15 °C aus dem Kalkmassiv führt, wird die
Wäster zu einer ganzjährigen Kraftquelle. Damit Trockenzeiten überbrückt werden konnten,
und um die Leistung der Wasserräder oder Turbinen zu erhöhen, wurde die Wäster in
Teichen aufgespeichert. Es gab viel Streit um die Höhe der Anstauung, da im Frühjahr
natürlich zunächst die oben liegenden Teiche sich füllten, andererseits durfte der untere
Teich nicht zu hoch angestaut werden, weil dann der obere Betrieb kein Gefälle mehr nutzen
konnte.
Station 5, Tafel 5.1 :
Bergbau und Erzgewinnung in der Grube Rom
Die Eisenerzvorkommen des Oberhagens stellten für viele Jahrhunderte
die Rohstoffgrundlage für die Eisenindustrie im unteren Wästertal dar.
Wahrscheinlich reicht der Abbau im Oberhagen weit ins Mittelalter
zurück. Dafür sprechen die zahlreichen Spuren im Wald: Nicht allein die
bekannten mächtigen Pingen und Einstürze (die zu den bedeutendsten
Bodendenkmälern des Bergbaus im Sauerland zählen) – auf einem
breiten Streifen, der das ´Ausbeißen´ der Lagerstätte markiert, finden
sich Schachtpingen, Schurflöcher und Reste verstürzter Stollen.
Aktenkundig wurde der Bergbau im Oberhagen schließlich als „Grube
Rom“. Diese Grube lieferte hochwertiges Erz (bis zu 60% Eisengehalt).
Um 1850 waren die Vorräte ausgebeutet, die Grube mußte geschlossen
werden.
Wichtiger Hinweis: Etwa 50m von hier im Wald ist die Grube mit einem
Sicherheitszaun abgesperrt. Betreten des Waldes auf eigene Gefahr! Unser
Wegvorschlag führt um den Wald rechts herum hinunter zu den befestigten
Straßen.
Schon auf der Karte von ca. 1630 ist für den Bereich Oberhagen ein „Stollen“ eingetragen.
Dieser Stollen dürfte mit einem Bergwerk identisch sein, das im Lagerbuch von 1617
erwähnt wird („auss dem Bergwerkh“). Vieles deutet darauf hin, dass der Bergbau im
Oberhagen schon viel älter ist. Die zahlreichen kleinen und größeren Pingen lassen auf
einen wohl schon mittelalterlichen Bergbau schließen. Die Ausbeutung führte schließlich zum
Einsturz größerer Bereiche, die sich heute als zwei große, etliche Zehnermeter tiefe,
eingezäunte Pingen präsentieren.
Im Jahr 1816 beschreibt Bergmeister Buff die Grube: »In dem Kalkgebirge zu Warstein,
welches die Grauwakke begrenzt, setzt bei Suttrop ein stehenden Stock [ein Eisenerz-Lager]
in den 8. Stunde auf, welche in oberer Teufe 4 und mehrere Lachter [über 8 Meter] mächtig
wird. Er führt Rotheisenstein mit Eisenglanz, Eisenkiesel und Kalkspath. Die Grube ist durch
einen Stollen aufgeschlossen, über welchem aber alles abgebauet ist. Durch eine
wasserreiche Kalkschlatte wurde es möglich, in der Grube eine Kunst zu bauen, und ist
mittelst dieser, welche auf den Stollen aushebt, unter die Stollensohle 15 Lachter abgeteuft.
Da der Raum, in welchem sich der Eisenstein findet, sich nach allen Richtungen
zusammenzieht, so ist jetzt das Eisensteinmittel, welches abgebaut wird, nur noch 4 Lachter
lang und 4-5 Fuß mächtig und die Grube dadurch ihrem Ende nahe. «
Grundwasser ist beim Bergbau zu allen Zeiten ein Problem gewesen, so auch in der Grube
Rom. Es gelang jedoch, dieses Problem ausgerechnet mit dem stark zufließenden
Grubenwasser selbst in den Griff zu bekommen. Mit dem seitlich zufließenden
Grubenwasser wurde ein Wasserrad angetrieben, das Pumpen zur Wasserhaltung tiefer
liegender Grubenbereiche in Bewegung setzte. Dadurch wurde der Abbau 30 Meter unter
dem Niveau des Wasserrades möglich. Die Grube Rom reichte an ihren tiefsten Stellen
sogar deutlich unter das Niveau von Wäster und Bullerteich hinab.
Von der gefährlichen Arbeit im Bergwerk zeugt ein Eintrag ins Suttroper Sterberegister vom
26. 8. 1756:
»Jacob Strack auß der statt Warstein ein 18jähriger Bergmann aufm Oberhagen in der
Eyßen grube durch einen auß der Kupel abgefallenen stein auff der stell gleich todt«
Station 5, Tafel 5.5 :
Berufe in der Montanindustrie
Erzfunde, die seit ca. 250 v. Chr. zunächst im Tagebau, später ab ca.
1750 im Bergbau abgebaut wurden und zunächst in den
Schmiedebetrieben, dann in Hüttenbetrieben verarbeitet wurden,
brachten eine große Zahl spezifischer Berufe mit sich. So entstanden die
nachfolgend beschriebenen Bergbauberufe.
• Bergsteiger – Das waren die hoch ausgebildeten Männer des Bergbaus, die die Aufsicht
führten und die Arbeit vorgaben. Oft waren sie auch Betriebsführer einer Grube.
• Bergknaben oder »Knappen« – so nannte man die Facharbeiter im Bergbau. Knappe ist
eine alte Bezeichnung für jemanden, der die Lehre als Bergmann erfolgreich abgeschlossen
hat (wie der Gesellen im Handwerk). Die Bergknappen bildeten den bergmännischen Stand.
• Bergmann, Bergfrau – Bezeichnung für die Hilfskräfte im Bergbau. In der Eisenherstellung
und -verarbeitung entwickelten sich folgende Berufe:
• Von Alters her gab es den handwerklichen Schmied, der landwirtschaftliche Werkzeuge
und besonders in Warstein und Suttrop auch Nägel schmiedete.
• Nach dem Aufbau der industriellen Eisenverarbeitung gab es Hütten- und Bergarbeiter.
Das Hochofenpersonal bestand aus: – Hüttenmeister/Eisenschmelzer – Hüttensteller und
zwei Aufgeber (»Massenbläser« genannt) – Schmelzer und Beschicker (»Kleinschmelzer«
genannt) – Sandformer, Tonformer, Kernmacher, Gießer und Platzburschen. Speziell im
Ofenbau gab es Zieseleure, die die filigranen Muster und Bilder in die Gußformen der
Ofenplatten einarbeiteten und Lithografen, die die Reinzeichnungen der Produkte in der
Prospekterstellung anfertigten.
Im Betrieb des Eisenhammers waren es Frisch- und Hammerarbeiter. Das Hammerpersonal
bestand aus zwei Hammerschmieden (auch Reck- und Hammerschmied, kurz »Recker«
genannt) mit ihren Knechten.
Angegliedert an die Hüttenbetriebe gab es dann noch Balgmacher, Steinwäscher, Erzputzer,
Zimmerleute, Schreiner, Köhler und Fuhrleute, die Waren bis Ostpreußen lieferten. Daneben
waren unzählige Heimarbeiter in einer heimgewerblichen Fertigwarenproduktion neben ihrer
Landwirtschaft beschäftigt. Besonders intensiv war die Nagelmacherei. Ferner gab es neben
der Hütte im Ort Hufschmiede, Nagelschmiede, Drahtzieher und eine Menge Tagelöhner
ohne Beruf, die alle in einer Verbindung zur Eisenindustrie standen.
Station 6, Tafel 6.1 :
Die Treisequelle
Als Baron von Hoesch Ende des 17. Jahrhunderts in Warstein eine
Eisenhütte errichten wollte, waren bereits andere am Wasserlauf der
Wäster gelegene Flächen und die Wasserrechte kurz zuvor an andere
Betriebe (Mühlen und Eisenbetriebe) vergeben worden. Er konnte
jedoch mit seinem Gelände auf Suttroper Gebiet ausweichen. Dort unter
dem Oberhagen gab es eine für seine Pläne exzellente, ganzjährig
verfügbare Wasserquelle, die Treise. Ihrer Existenz und Kapazität und
den hydrologischen Besonderheiten im Warsteiner Kalksattel konnte
unsere Heimat die Ansiedlung der St. Wilhelmshütte verdanken, die für
unsere Gemeinden in 300 Jahren so viel an positivem Wachstum und
technologischer, weltweit anerkannter Entwicklung brachte.
Bei der Gründung der St. Wilhelmshütte durch Baron von Hoesch gab es weder freie
Wasserrechte an der Wäster, noch einen an der Wäster gelegenen freien Platz für die Hütte.
Daher entschied man sich, diese Eisenhütte auf einem Gelände auf Suttroper Gebiet gleich
unterhalb der Treisequelle zu gründen.
Die Treise entspringt am Fuß des Oberhagens. Hydrologisch bemerkenswert ist, dass diese
Quelle immerhin noch rund 20 Meter oberhalb des Wasserlaufs der Wäster und der dort auf
gleicher Höhe liegenden anderen sehr ergiebigen Quellen entspringt. Diese Besonderheit
des Warsteiner Kalkmassivs, Wasserschichten kommunizierend auch in größere Höhen zu
führen, verdanken wir den für den Hüttenbetrieb günstigen Umstand dieser großen Quelle.
Sie führt ganzjährig angewärmtes Karst-Grundwasser, das dadurch nicht einfriert. Somit war
diese ergiebige Quelle als Wasserkraft für einen Eisenbetrieb mit seinen Werkstätten und
Schmieden sehr gut geeignet.
Obwohl ihre Wassermenge wesentlich geringer war als die der Wäster, konnte man sie
jedoch zur Kompensation hoch anstauen und damit mehr Kraft aus dem Gefälle gewinnen,
als dies an dem relativ flachen Gefälle der Wäster bei gleichem Wasser möglich gewesen
wäre.
Damit das Wasser auch in Trockenzeiten gleichmäßig genutzt werden konnte, wurde ein
Speicherteich von ca. 10 x 35 Meter Ausdehnung angelegt und ferner das Grubenabwasser
der Grube Rom mit eingeleitet. Da im Wasserlauf vor der Wilhelmshütte kein anderer Betrieb
lag, dem man das Gefälle des Wassers durch Anstauen nehmen konnte, wurde die Treise
relativ hoch angestaut, um die volle Kraft des Gefälles auszunutzen.
Zunächst geschah die Kraftgewinnung durch einfache Wasserräder, die allmählich von
oberschlächtigen Wasserrädern mit besseren Wirkungsgraden ersetzt wurden. Schließlich
kam um 1850 jedoch die Turbinentechnik auf. Von dem aufgestauten Teich führte ein Rohr
mit 80 cm Durchmesser mit rund 4 Metern Gefälle auf eine Turbine, die über ein
Kegelradgetriebe eine Transmissionswelle in der mechanischen Werkstatt antrieb. Hier
wurden einerseits direkt über Transmissionsriemen Maschinen mechanisch angetrieben, wie
auch ein ca. 30kW großer Elektro-Generator.
Später, nach Schließung der Hütte, wurde diese Wasserkraft der Treise im Emaillierwerk und
in der Schleiferei für mechanische Bearbeitungen genutzt. Zum ersten Male wird die Treise,
auch Treßbecke genannt, erwähnt in einer Urkunde vom 13. Februar 1583 aus Anlaß des
Verkaufs einer Mühle durch Henningius Schüngel zu Beringhausen an Joachim Lürwald zu
Suttrop. Gebietsstreitigkeiten zwischen Warsteinern und Suttropern gab es damals zahlreich.
Urkundlich erwähnt ist in einem weiteren Kaufbriefe von 1598 durch Warsteiner Richter und
Schöffen bestätigt, „dass das Spring, welches die Warsteiner die Wesche nennen, die Treiße
heiße und im Suttroper Mark liege“. Die erste urkundliche Erwähnung der „Treyse“ stammt
aus dem Jahre 1483.
Station 7, Tafel 7.1 :
Das Hüttengelände
Nachdem in Warstein über mehrere Jahrhunderte die Gewinnung und
Verarbeitung von Eisen im handwerklichen kleinen Rahmen erfolgte, trat
mit Reichsfreiherr Gerhardus von Hoesch ab 1739 ein kapitalkräftiger
und von der Obrigkeit protegierter Investor auf den Plan, der unsere
natürlichen Resourcen nutzte und eine für damalige Zeit hochmoderne
Hüttenanlage errichtete. Nachfolgend werden wir einige Meilensteine
dieser Hüttengeschichte darstellen. Am Ende dieser Ära, als Hütte und
Folgebetriebe geschlossen wurden, hatten Warstein und Suttrop eine
300jährige Industriegeschichte von großem Erfolg erlebt, die
selbstverständlich auch auf die hiesige Wohnbevölkerung und deren
Anwachsen mit vielen Hochs und Tiefs einen ausschlaggebenden
Einfluss hatte.
Meilensteine der St. Wilhelmshütte
1739 Konzession durch Kurfürst und Erzbischof Clemens August an den Reichsfreiherrn
Gerhardus von Hoesch zur Errichtung einer Eisenhütte.
1744 Errichtung eines Hammerwerkes an der Wäster und einer Eisenschneidmühle.
Dann gab es einige Nachfolgeprobleme.
Die einzige Tochter Hoeschs heiratet einen Reichsgraf von Hallberg, der jedoch für die
Betriebsführung nicht talentiert war. Daher setzte von Hoesch seine Enkel zu Erben ein und
diese verkauften 1835 das Werk an Johann Kremer aus Dortmund, der ein Konsortium mit
verschiedenen Mitbesitzern bildete. Fa. Kremer, Koch und Clerck. Die Gewerke wechselten
jedoch sehr häufig.
1836: Eine Momentaufnahme in Zahlen: In der Hütte arbeiten 178 Arbeiter, im Einzelnen: 22
Bergleute, 40 Köhler, 8 Hammerschmiede, 12 Zimmerleute, 6 Schreiner, 8 Schmiede, 12
Hochofenarbeiter, 12 Tagelöhner, 6 weitere Hochofenpersonal, 16 Sandformer, 6
Lehmformer, 10 Fuhrleute, 20 Steinklopfer. Effektiv waren im Gelände des Hüttenwerks und
in der Gießerei nur etwa 50 Leute tätig. Produziert wurde in diesem Jahr: 277 Tonnen
Gußwaren – 479 Tonnen Roheisen – 200 Tonnen Stabeisen, zusammen knapp 1000
Tonnen Eisen.
1840 waren es 5 Gewerke, Hammacher, Luyken sen., Koch, Wilhelm und Karl Clerk,
Hammacher besaß 1/3 der Firma. Die Fam. Hammacher und Luycen eigneten sich im Laufe
der Zeit alle Anteile an und bildeten eine neue Firma mit Namen: "Gewerkschaft der Sankt
Wilhelmshütte". Im Laufe der Zeit wuchs die Zahl der Teilhaber jedoch weiter an,
Hammacher war jedoch die dominierende Seele der Firma.
1844: Im Jahre 1844 wurden 650 Tonnen Gußwaren produziert zum Preis: 100 kg zu 6,15
Taler, in Summe also 40.000 Taler
1850 Das Hammerwerk wird in ein Werk für Achsenproduktion umgewandelt
1857 hat die Hütte 2 Hochöfen, die Mitarbeiterzahl ist in den letzten zwanzig Jahren um 50%
angewachsen und beträgt nun zusammen 258 Arbeiter.
1865 Die Mitarbeiterzahl ist angewachsen auf 210 Arbeiter nur auf der St. Wilhelmshütte.
Zum Vergleich: 30 Jahre zuvor waren vergleichbar im Gelände der Hütte nur 50 Leute tätig.
Der Ausstoß an Gußwaren beträgt nun 809 Tonnen
1870-71 Durch den Krieg mit Frankreich hatte das Werk Hochkonjunktur und produzierte
insgesamt 1539 Tonnen Eisen, davon 1 272 Tonnen Roheisen und 266 Tonnen Gußwaren
Im Jahre 1873 wird die Gewerkschaft aufgelöst und eine Aktiengesellschaft gegründet. Ihr
Name lautet nun; "Aktiengesellschaft Warsteiner Gruben- und Hütten-Verein"
Die Familien Hammacher und Luycen, miteinander verwandt, übertrugen ihre Anteile an zwei
bis drei schon beteiligte Kaufmänner und einen Grubenbesitzer zum Preis von 850.000
Thaler. Vom Aufsichtsrat wurde beschlossen eine Zweigniederlassung zu Holzheim zu
errichten. Die Zahl der Arbeiter nur auf der St. Wilhelmshütte ist weiter auf 250
angewachsen. In den letzten zwanzig Jahren also wiederum um rund 20%.
Station 7, Tafel 7.2 :
Das Hüttengelände (Fortsetzung)
Nun müssen wir allerding über eine Krisenzeit berichten:
1880 Die Aktiengesellschaft Warsteiner Gruben- und Hütten-Verein hat ein Grundkapital von
3 750 000 Mark. Die Bilanzen sind fortschreitend negativ.
1881 kommt es zur Stillegung des Hochofens.
1882 wurde das Grundkapital auf 750 000 Mark abgewertet.
1884 , also nur 10 Jahre nach dem Höchststand der Arbeiterschaft ist die Belegschaft
halbiert. Es sind nur noch 130 Arbeiterauf der St. Wilhelmshütte. Produziert wird nur noch
Gußwaren 439 Tonnen, in Einzelnen verarbeitet in 3000 Öfen je Monat (bei 30 Modellen) mit
je 150 kg Durchschnittsgewicht. Die Betriebsfähigkeit der Eisengießerei war bis dahin lange
Zeit mangelhaft und lückenhaft gewesen.
1885 Die Firma war pleite, Gründung einer neuen Aktiengesellschaft: "Warsteiner Grubenund Hütten-Werke", mit 187 Arbeitern – Ausstoß an Gußwaren 828 Tonnen.
Durch Ausgabe neuer Aktien konnten die Gießereianlagen in Augustfehn der
Oldenburgischen Eisenhüttengesellschaft übernommen werden. Die Mitarbeiterzahl stieg
schnell wieder auf 241 Arbeiter nur auf der St. Wilhelmshütte.
In dieser Zusammensetzung befand sich das Unternehmen dan einige Jahrzehnte in
ruhigem Fahrwasser.
1925 kam es zur Fusion mit den Herzoglichen Eisen- und Emaillierwerken AG in Primkenau.
Zu dieser AG gehörten die Dorotheen- und Christianshütte in Lauterbach bei Primkenau und
die Henriettenhütte.
1945 gehen durch den 2. Weltkrieg die Ostwerke in Primkenau verloren.
1948 wird die Firma umgewandelt in " Warsteiner Eisenwerke AG"
1967 schließlich kam es zur Stillegung der Fabrikation.
Das gezeigte Auf- und Ab der Arbeiterschaft war gelegentlich Chance und dann wieder
Problem für die Bewohner besonders Suttrops, weil dort die meisten der Mitarbeiter
angesiedelt waren. Verheerend war jedoch die plötzliche Stilllegung 1967. Auf anderen
Tafeln stellen wir dar, welche Folgeaktivitäten jedoch teilweise die Arbeiterschaft wieder
auffing.
Station 8, Tafel 8.1 :
Warsteiner Öfen und Achsen
Bevor das Bier Warsteins Namen verbreitete, tat dies bis ca. 1970 die
bedeutende Warsteiner Eisenindustrie mit u. a. deutschlandweit
beliebten verzierten Gußöfen sowie weltweit geschätzten Warsteiner
Fahrzeugachsen.
Diese Eisenindustrie war der Motor für die Ansiedelung und das
Wachstum der Stadt und der umliegenden Orte. Hier am Platz des alten
Hüttengeländes war der Sitz des Unternehmens, das aus
wirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Veränderungen heraus oft
seinen Namen modifizierte – in Warstein nennen wir es seit jeher »die
Hütte«.
Hier am Platz lag seit 1739 die St.- Wilhelms-Hütte, eines der ältesten sauerländer
Industrieunternehmen. Die Hütte stellte sich schon ab 1850, wo der erste »FensterrahmenHerdguss« erwähnt wird, sehr erfolgreich auf Eisenguss ein und nahm damit einen
Aufschwung in der Produktion von Maschinenbauteilen besonders für die Landwirtschaft,
Abflussrohren und weit über die Grenzen hinaus bekannten Warsteiner Gussöfen und mit
einer Palette an umsatzstarken Industrieöfen. Ständige Anpassungen und
Produktausweitungen machten es möglich, dass die Produktion auch die 1967 mit einer für
die hiesige Gegend katastrophalen Liquidation »über Nacht« überdauerte und als Zweigwerk
der Olsberger Hütte noch bis 1978 weitergeführt werden konnte.
Das Foto zeigt die 1967 vorgenommene Teilung des Betriebes in Olsberger Hütte und
Warsteiner Achsen. Zu den Warsteiner Achsen gehörte auch noch der Betrieb
»Eisenhammer«.
Ab 1844 wurden die ersten Achsen für eisenbereifte Fahrzeuge in Warstein gefertigt. Es
handelte sich um handgeschmiedete Last- und Fuhrwerksachsen. Auch für diese neuen
Produkte war die technologische Entwicklung der Gießereien durch das Aufkommen von
Puddlingsöfen (Auffrischen über Steinkohle) verantwortlich.
Die Eisenhütte richtete sich ca. 1850 ein mit Dreherei, Schleiferei, Schreinerei und
Schmiede. So entstand in Warstein der Achsenbau, der zum weltweitem Ruhm der
Warsteiner Wagen- und Bahnachsen führte. Besonders nach Afrika und Nahost wurden
große Mengen von Kegelrollenlager-Achsen und Achsaggregate für LKW-Anhänger
exportiert. Der Betrieb wurde 1995 eingestellt und abgerissen.
Station 8, Tafel 8.2 :
Baron von Hoesch und die Hütte
1739 beginnt die industrielle Eisenerzeugung in Warstein-Suttrop: Am
20. August erteilt Kurfürst Clemens-August dem Geheimen Rat Mathias
Gerhardus von Hoesch die Konzession, unweit von Suttrop
Eisenschmelzhütten und Eisenhämmer und davon abhängige
Eisenfabriken auf eigene Kosten zu errichten. Ferner wird ihm erlaubt,
innerhalb zweier deutscher Meilen nach Eisenerz zu graben.
Baron von Hoesch trug führend dazu bei, neue Technologien
einzuführen und hier am Ort eine solide, 300jährige Industriegeschichte
zu schreiben, die für die Besiedlung Suttrops große Bedeutung hatte.
Täglich zogen früher die Suttroper Arbeiter über die Alte Kreisstraße zur Hütte und kehrten
abends müde zurück, um sich zu Hause ihrer kleinen Landwirtschaft zu widmen.
Zusammengesetzt ist diese Skulptur, die an diesem Arbeitsweg errichtet wurde, von
Siegfried Meier aus gusseisernen Rohren, hergestellt in der „Hütte“. Sichtbar tragen sie die
Krone als Marken- und Gütezeichen
Der Gründer und sein Werk
Mathias Gerhard Hoesch wurde 1698 als zweitältester Sohn des Heinrich Hoesch in
Eschweiler geboren. Dem Vater Heinrich, Reide- und Kupfermeister, gehörte in jener Zeit der
»Junkershammer«. Mathias Gerhard Hoesch studierte Jura und trat 1725 in die Dienste des
preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. und dann 1733 in die Dienste des Kurfürsten
Clemens August von Köln. Der aus bürgerlichen Verhältnissen stammende Hoesch benutzte
die Verbindung nach Frankreich, die dem Kurfürsten natürlich bekannt war, als Sprungbrett
für seine Karriere, die mit dem preußischen Residentenposten in Düsseldorf ihren Ausgang
genommen hatte. Er war bis zu seinem 80. Lebensjahr als Diplomat tätig. Baron von Hoesch
starb 1784 im Alter von 86 Jahren.
Es war sein Verdienst, hier in Warstein- Suttrop die Chance erkannt zu haben, eine solide
Industrie aufzubauen. Die Bedeutung der Eisenhütte für Warstein und Umgebung ist kaum
zu messen, da sich in ihr nicht nur ein Stück der Wirtschafts- und Industriegeschichte der
Stadt spiegelt, sondern auch ein bedeutendes Stück Sozialgeschichte geschrieben wurde.
Nicht wenige Familien lebten von der Hütte. In ganzen Traditionslinien waren Väter, Söhne
und Enkel in diesem Unternehmen beschäftigt.
Um so schlimmer war die doch recht plötzliche Liquidation des Unternehmens 1967, von
dem ca. 600 Mitarbeiter quasi »über Nacht« betroffen waren. Ein Teil fand Arbeit in den
Folgebetrieben der Olsberger Hütte und der Firma Warsteiner Achsen.
Station 9, Tafel 9.1 :
Der Kupferhammer
Obwohl in dem nebenliegenden Industriebetrieb schon seit über 200
Jahren kein Kupfer mehr bearbeitet wird, hat sich sein Name
„Kupferhammer“ im Volksmund bis in die Gegenwart beharrlich gehalten.
Erst in den letzten Jahrzehnten wird im allgemeinen Sprachgebrauch die
amtliche Firmenbezeichnung mehr und mehr benutzt.
Schon vor mehr als 400 Jahren gab es an dieser Stelle eine
Nagelschmiede. Sie wurde im 30-jährigen Krieg zerstört. 1659 erwarben
die Holländer Jacob und Maria Forkenbeck den verfallenen Betrieb. Sie
gründeten einen Messinghammer zur Herstellung von Brau- und
Brennkessel. Erst die Nachbesitzer Retberg und Zahn wandelten den
Messinghammer in einen Kupferhammer um. Nach seiner Heirat mit
Clara Catharina Zahn erweiterte Johann Theodor Möller den Warsteiner
Kupferhammer, gründete zwei weitere im Sauerland und sicherte durch
den Erwerb von Bergwerken die notwendige Rohstoffbasis für seine
Betriebe. Der Kupferham mer blieb bis 1849 im Besitz der Familie Möller.
1848 erwarben der 1805 in Warstein geborene Wilhelm Bergenthal und dessen
Schwiegervater Ferdinand Gabriel den gesamten Möllerschen Besitz. Ihr gemeinsamer
Unternehmergeist hatte bereits 1834 zum Bau des Puddelhammers und in der Zeit von 1835
– 1840 zur Errichtung des Reckhammers geführt. Der Kupferhammer wurde zu einem
eisenverarbeitenden Betrieb umgestellt. Die hier hergestellten hochwertigen
Schmiedestücke, insbesondere die ganz geschmiedeten Fuhrwerksachsen und
Kutschenfedern, waren bald über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Weitere
Betriebsgründungen in Lenhausen, Soest, Dortmund und Westhausen machten Wilhelm
Bergenthal zu einem der Pioniere der Eisenindustrie. Seine wirtschaftlichen Erfolge wurden
mit der Ernennung zum Geheimen Kommerzienrat gewürdigt. Wilhelm Bergenthal starb
1893. Sein Sohn Constantin und dann sein Neffe Wilhelm übernahmen das Erbe in
Warstein.
Nach dem Tod Wilhelm Bergenthals erfolgte die Fusionierung mit der Firma DittmannNeuhaus zur neuen Firma Dittmann-Neuhaus & Gabriel-Bergenthal, die später als DittmannNeuhaus AG weitergeführt wurde. Neben der Achsenfertigung wurden u.a. hochwertige
Schmiedestücke für den Automobilbau und die Deutsche Bundesbahn gefertigt. 1967 erwarb
Hoesch die Mehrheit der Firmenanteile, verlagerte den Schmiedebereich nach Herbede und
verkaufte den Betrieb dann an die Firma Heinrich Jungeblodt GmbH & Co KG. Als Hersteller
von Verbindungsele- menten und Spezialschrauben ist die Firma heute einer der führenden
Anbieter in Europa. Derzeit werden hier 235 Mitarbeiter beschäftigt.
Station 9, Tafel 9.2:
Das Haus Kupferhammer
Das vor uns liegende schlossartige Gebäude ist das Haus
Kupferhammer, ehemaliges Wohnhaus der Fabrikantenfamilien Möller
und Bergenthal. Johann Theodor Möller hatte durch Heirat 1730 den
angrenzenden Kupferhammer und mit ihm den heutigen Mittelteil des
Wohnhauses erworben. Nicht zuletzt wegen seiner großen Kinderzahl
erweiterte er das Gebäude um die beiden Seitenflügel. Der aufwendige
Baustil einschließlich der Gräfte lassen deutlich das
Schichtenbewusstsein J.T. Möllers erkennen. Der großbürgerliche
Lebensstil zeigt sich jedoch besonders im Umbau und in der Erweiterung
des Hauses nach dem Kauf 1848 durch Wilhelm Bergenthal.
Neben dem Wirtschaftsgebäude entstanden Turm, Remise und eine gediegene Park- und
Gartenlandschaft. Die Wohnkultur der Familie Bergenthal kann im Rahmen eines
Museumsbesuches eindrucksvoll im Innern des Hauses Kupferhammer erlebt werden.
Typisches Mobiliar aus der Biedermeierzeit, repräsentative Möbel im spezifisch
florentinischen Renaissancestil, das überraschend kleine Arbeitszimmer des
Großindustriellen Wilhelm Bergenthal sowie die für die Zeit des Historismus typische
Einrichtung und Gestaltung des Festsaales sind wertvolle Zeitzeugnisse des 19.
Jahrhunderts. Im Festsaal finden seit mehr als 40 Jahren die weit über Warstein hinaus
bekannten „Kupferhammerkonzerte“ statt.
Wilhelm Bergenthal verstarb wie auch sein Sohn und Erbe Constantin Wilhelm Bergenthal
1893. Das Vermögen ging an Constantins Sohn August Wilhelm (+1943) über. In den Jahren
1948 bis 1951 übergibt dessen Witwe Ottilie Bergenthal durch Verkauf bzw. Schenkung das
gesamte, in der Gemarkung Warstein liegende Grundvermögen der Allgemeinheit. Es
handelt sich zunächst um die künftige Bergenthal-Siedlung, die nach ihrem Willen und in
ihrem Auftrage systematisch geplant und verwirklicht wird. Dafür stehen in den Flurbereichen
»Im Lemmecketeich « und »Am Schoren« ca. 150 000 qm zur Verfügung, die bis dahin
landwirtschaftlich genutzt wurden. Die Gesamtfläche teilt sich heute auf in 173 Bauplätze, die
mit wenigen Ausnahmen bebaut sind.
Damals hatte die Stadt zwar viel Wald, aber keinerlei Grundbesitz innerhalb der Ortslage.
Die Bergenthalsche Landhergabe ist in der Warsteiner Geschichte eine einmalige soziale
Tat. Wohin mit den Flüchtlingen und vielen Fremden, die der Krieg nach Warstein brachte?
Die Bergenthal-Siedlung ist für viele von ihnen eine neue Heimat geworden.
Die Baugrundstücke für das Gymnasium, für das Amtsgericht und viele kleinere Parzellen
gehen in städtisches Eigentum über. Auch erwirbt die Stadt Warstein die sog. Wästerwiesen
nördlich des ehemaligen Reckhammers als zukünftiges Industriegelände.
Schließlich überträgt Ottilie Bergenthal durch Schenkung das Haus Kupferhammer mit dem
gesamten Inventar, allen Nebengebäuden, den Park westlich der B55 (Foto unten) und die
Gartenflächen unter Nutzungsauflagen an die Stadt Warstein.
Station 10, Tafel 10.1 :
Grube Martinus und Treisekapelle
Grube Martinus
Im Gelände der LWL-Klinik Warstein legen für jeden offen zugänglich die
hier beschriebenen Objekte. Das ehemalige Tagebaugelände der Grube
Martinus diente als Freilichtbühne. Man erreicht es fußläufig oberhalb
der Elisabethkirche.
Des Weiteren befindet sich die Treisekapelle gleich im Eingangsbereich
der Klinik an der linken Seite. Ein Besuch des schönen Parks mit alten,
seltenen Bäumen ist empfehlenswert.
Zu den zahlreichen Eisengruben des 18. und 19. Jahrhunderts rund um Warstein gehörte
auch die Grube „Martinus“ am Stillenberg. In einer Grubenbeschreibung von 1890 heißt es:
„Die Grube Martinus, 1,5 km nördlich von Warstein gelegen, baut auf einem Eisenerzlager,
welches in ostwestlicher Richtung streicht und mit 45° nach Süden einfällt. Die Mächtigkeit
desselben beträgt 30 m bei einer bauwürdigen Länge von 60 m; das Niedersetzen des
Lagers ist bis zu einer Teufe von 16 m bekannt. Der Betrieb der Gruben Südbruch, David
und Martinus erfolgt zur Zeit mittelst Tagebaues, da sämtliche Eisenerzlager nur von einer
wenige Meter starken Humusdecke überlagert werden. Die vorerwähnten Stollen und
Schächte haben nur den Zweck der Wasserlösung und Untersuchung des Verhaltens der
Mittel nach der Teufe.“
Mit dem Schacht und den Stollen – aus einem Grubenriss sind zwei Sohlen in etwa 8 m und
18 m bekannt – wurde also das aus dem Berg anfließende Wasser abgefangen, der
Tagebau unterfahren, das so gesammelte Wasser hangabwärts abgeleitet. Dadurch wollte
man den Tagebau wasserfrei halten.
Um die Jahrhundertwende wurde die Grube Martinus stillgelegt. Nach der Errichtung der
psychiatrischen Klinik diente das ehemalige Tagebaugelände als Freilichtbühne und
Festplatz – eine frühe ´kulturelle Nachnutzung´ eines ehemaligen Bergbaustandorts.
Treisekapelle
Die heute im Gelände der LWL-Kliniken bestehende sogenannte Treisekapelle geht auf eine
Kapelle zurück, die ursprünglich in der Umgebung der Warsteiner Eisenhütte gestanden hat.
Bis heute ist das genaue Datum ihrer Errichtung nicht zu ermitteln gewesen. Der erste
Hinweis auf die Kapelle findet sich in einer Warsteiner Kämmereirechnung von 1753. Damals
ist auf der städtischen Sägemühle Bauholz für die „Capellen auff der Treisen“ geschnitten
worden. Ob damit der Zeitpunkt der Errichtung erfasst ist, oder ob es sich um eine
Renovierung der Kapelle handet ist unklar.
Als Kapellenpatron wird der Heilige Aloisius angegeben, was eher unwahrscheinlich ist.
Aloisius von Gonzaga war erst 1726 heiliggesprochen worden – zu einer Zeit also, zu der die
Kapelle möglicherweise bereits bestand. Wahrscheinlicher ist eine Verwechslung mit dem
heilige Eligius (in der mittelniederdeutschen Sprache kurz „Loy“ genannt), dem Patron der
Schmiede und Bergleute – was für eine Kapelle auf uralten Hüttengrundstücken direkt am
alten Bergwerk im Oberhagen wohl passend erscheint.
So war die Treisekapelle ursprünglich wohl ein Bethaus für Berg- und Hüttenarbeiter, in dem
vor der Einfahrt in den Stollen um Schutz und Beistand bei der gefährlichen Arbeit unter
Tage gebetet wurde. Es wird zudem berichtet, dass das Glöcklein im Turm jeweils beim
Anblasen eines Hochofens der Warsteiner Hütte geläutet wurde.
Der damalige Eigentümer der Hüttenwerke, Kommerzienrat Wilhelm Bergenthal, erwarb im
Zuge von Betriebsplanungen die Treisekapelle und das Grundstück, die Kapelle musste aber
im Jahre 1900 vor den Betriebserweiterungen weichen.
Am jetzigen Standort der Treisekapelle erwarb Bergenthal eine Ersatzparzelle und ließ die
Kapelle dort in etwas veränderter Bauweise noch in der Nacht des Abbaus wieder errichten,
noch vor dem Bau der späteren »Provinzial-Heilanstalt«.
Sie stand dort viele Jahre auf einer Enklave des Grundstücks des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe und ging 1949 in den Besitz des LWL über, auf dessen Kosten sie dann
renoviert wurde.
Die Treisekapelle ist heute eine Gedenkstätte für die 1576 Frauen und Männer, die der
„Euthanasie“, der Tötung aus „rassenhygienischen Gründen“ in der Zeit des
Nationalsozialismus zum Opfer fielen. Die Gedenkstätte steht jedem Besucher offen. Jährlich
ist sie am Volkstrauertag Ort einer zentralen Gedenkstunde der Stadt Warstein. Besucher
können den Schlüssel in der Informationszentrale im Sockelgeschoss im Gebäude 12
abholen.
Station 10, Tafel 10.2 :
Sehenswertes auf dem Gelände
des Landschaftsverbandes
Das Gelände der LWL-Klinik hat einige Verbindungen zur Warsteiner
Montangeschichte: Ein Teil des Geländes wurde von dem Geheimen
Kommerzienrat Bergenthal erworben und die Treisekapelle, die auf
dieser Enklave aufgestellt wurde, ist für die Bergleute der Grube Rom ein
wichtiges Bethaus gewesen. Wir stellen hier die für Besucher des
Montangeschichtsweges drei besondere Sehenswürdigkeiten in dem
schönen öffentlich zugänglichen Park der LWL-Klinik dar.
Psychiatrie-Museum
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der LWL-Klinik Warstein im Jahr 2005 wurde im
Gebäude 26 ein Dokumentationszentrum der Öffentlichkeit übergeben. Ziel ist es, Zeugnisse
unserer Vergangenheit zu bewahren, zu ordnen, aufzuarbeiten und zu präsentieren. Als ein
Angebot an die Öffentlichkeit, aber auch an Schulen, Fachschulen und Auszubildende, soll
die Geschichte dieser Klinik nahe gebracht werden, als Teil der Geschichte des 20.
Jahrhunderts – auch mit ihren Schattenseiten. Das Museum ist für jedermann zugänglich.
Sonnensystemlehrpfad
Hier im Park der LWL-Klinik Warstein wurde auf 1.740 Metern Länge die Anordnung der
Planeten unseres Sonnensystems nachgebildet. Dabei wurden die Abstände untereinander,
die Größenverhältnisse zueinander, sowie allerhand Wissenswertes über die Planeten
dargestellt, wie z.B. die astrologischen Sternzeichen. Wir laden Sie ein, einen Blick auf unser
Sonnensystem, einen kleinen Ausschnitt unseres Kosmos, zu werfen.
Im frei zugänglichen Parkgelände lohnt es sich, einen Blick auf die schönen Gebäude und
die alte, seltene Vegetation zu werfen. Die Gebäude der Klinik wurden in den Jahren 1903
bis 1905 vorwiegend im Jugendstil erbaut und stehen unter Denkmalschutz. Der Rundgang
beginnt auf dem Parkplatz direkt neben der Pforte. Eine kleine Holzbrücke führt dann über
die Dorpke in das weiträumige Gelände mit Blick auf das Verwaltungsgebäude.
Klinikpark
Der Klinikpark ist für jedermann öffentlich zugänglich. Besonders Spaziergänge im Herbst
bei Laubfärbung bieten einen malerischen Eindruck von der 100-jährigen Parklandschaft. In
östlicher Richtung geht man am neuen Pflegeheim vorbei zu den Mammutbäumen, die den
Blick in das bezaubernde Dorpketal freigeben. Dort fallen zunächst linker Hand die
Tulpenbäume auf, bevor man das Sozialzentrum im Haus 28 passiert. Ein kleiner Fußweg
führt wieder ins Zentrum des weiträumigen Parkgeländes mit den denkmalgeschützten
Gebäuden links und rechts des Weges. Im oberen nördlichen Teil des Parkgeländes befindet
sich die sehenswerte Elisabethkirche.
Station 11, Tafel 11.1 :
Der Eisenhammer
1739 beginnt in Warstein-Suttrop unterhalb des Oberhagens die
industrielle Eisenerzeugung mit der Gründung der Wilhelmshütte. Die
Konzession des Kurfürsten Clemens- August beinhaltete auch die
Errichtung der von der Verhüttung abhängigen Eisenfabriken auf eigene
Kosten. Bereits nach dem ersten Hochofenanstich im Werk
Wilhelmshütte wurde 1741 der erste Hammer in einiger Entfernung zum
Hüttengelände, auf dem später danach benannten Gelände »Am
Eisenhammer «, in Betrieb genommen.
Die Wahl des Ortes an der Wäster fiel auf diesen Standort,
• weil die Wassermenge der Treise am Hüttengelände für einen Hammerbetrieb nicht
ausreichend war
• weil weitere Plätze am Wasserlauf der Wäster in der Nähe der Hütte wasserrechtlich belegt
waren
• weil im Bereich des Geländes »Eisenhammer« genügend Grund und Wasserkraft für Bau
und Betrieb eines Eisenhammers vorhanden war.
Der Hammerschmied an diesem wasserbetriebenen Eisenhammer verarbeitete die
»Luppen« (Roheisenstücke) der Wilhelmshütte zu Flach- oder Vierkanteisen und zu
Grobblechen. Durch spätere Schweißung wurden die Produkte teils zu Stabeisen verbunden
und zu weiterverarbeitenden Handwerksschmieden geliefert. Das Stabeisen hatte bereits die
Qualität zur Weiterverarbeitung zu Wagenreifen.
Für den Transport stand ein eigener Fuhrpark zur Verfügung. 1758 wurde der zweite
inzwischen wasserradbetriebene Hammer in Betrieb genommen, weil während des
Siebenjährigen Krieges am ersten Hammer erhebliche Schäden angerichtet worden waren.
1784 folgte der dritte Hammer. Neue Technologien der Wasserkraftnutzung machten 1800
eine Aufstauung des Wästerwassers erforderlich – leistungsstärkere Wasserräder mit
oberschlächtiger Wasserführung steigerten die Leistungsfähigkeit der Eisenhämmer.
Die Qualität des Eisens war inzwischen durch hochwertigere Erze aus der Grube Rom
soweit gestiegen, dass bereits 1830 die ersten Wagenachsen geschmiedet werden konnten,
was sich schon bald als weitsichtige Produktionsplanung herausstellen sollte. Um 1860
konnte so der Eisenhammer die Fertigung von Achsen forcieren, um Konkurrenzen in
anderen Produktionsbereichen aus dem Ruhrgebiet kompensieren zu können. An der Ruhr
war inzwischen die Holzkohle durch die wesentlich ergiebigere Steinkohle abgelöst worden.
Um 1870 hielt der Dampfdruck als Primärenergie Einzug in das Werk Eisenhammer –
Transmission von Kraft wurde möglich zum Einsatz von Drehmaschinen. 1898 gelang mit
der Lufthammertechnik eine bahnbrechende Innovation: Im Werk Eisenhammer war das
Freiformschmieden möglich, und innerhalb weniger Jahre entwickelte sich der Eisenhammer
zur »Größten Achsenfabrik Deutschlands«. Warsteiner Achsen wurden in alle Teile der Erde
geliefert.
Während des 2. Weltkrieges stellte der Eisenhammer bis zu 90 Prozent Rüstungsgüter her,
neben Lastachsen auch Granatwaffen und Geschütze. Nach dem Krieg gründete der
Eisenhammer neben der Achsenfertigung neue Fabrikationszweige. Nach einem Konkurs
(1967) erfolgte ein neuer Aufschwung unter der Firmierung Warsteiner Achsenfabrik –
Achsen wurden vorwiegend in großer Menge für Nahost produziert.
1988 zog die Achsenfabrik mit der Produktion nach Büren, nur die Schmiede blieb im Werk
Eisenhammer. 1995 wurden die Gebäude verkauft und noch im gleichen Jahr abgerissen.
Station 12, Tafel 12.1:
Der Reckhammer
Der Geheime Kommerzienrat Wilhelm Bergenthal (Gründer der Firma
Gabriel & Bergenthal) schuf in den Jahren 1834 - 1838 im Wästertal auf
einer unbebauten Wiesenparzelle einen Stahlraffinier-Hammerbau,
später im Sprachgebrauch als "Reckhammer" bezeichnet. Betrieben
wurde hier ein Achsen-Geschläge, eine Achsen-Dreherei und eine
Achsenbüchsen-Giesserei.
Im Werk Reckhammer war die vorarbeitende Fabrikation angesiedelt für die AchsenGeschläge auf dem Puddelhammer (nördliches Nachbarwerk) und für die AchsenHerstellung auf dem Kupferhammer (Hauptwerk 1 km südlich). Alle 3 Betriebe gehörten in
dieser Zeit der Werksgründung zur Firma Gabriel & BergenthaI und sie arbeiteten
fabrikationsspezialisiert miteinander und einander zu.
In den Jahren vor 1914 war die Fabrikation im Reckhammer zum Erliegen
gekommen - mit dem Tode von Wilhelm Bergenthal (+ 1893) waren die
Eigentumsverhältnisse neu geregelt worden. Der Reckhammer wurde durch den
Enkel Wilhelm Bergenthals bis 1914 landwirtschaftlich genutzt und zeitweise auch
für landwirtschaftliche Nutzungszwecke an Dritte verpachtet.
Ab 1914 lief die Fabrikation im Werk "Reckhammer" wieder an und zwar zur Deckung des
vorrangigen Bedarfs an Rüstungsgütern während der Zeit des 1. Weltkrieges. Dazu wurde
in diesem Werk eine sogenannte "Spezial-Bearbeitungs-Werkstätte" errichtet, welche
vorrangig der Rüstungsindustrie zuarbeitete. Bereits 1915 wurde der Reckhammer an die
neu gegründete GmbH "Reckhammer, Gesenkschmiederei" abgetreten. Zum
Geschäftsführer wurde Hubert Brockerhoff bestellt, der bis dahin langjährige Erfahrungen
als Betriebsführer in der Gesenkschmiede der Fa.Peters & Co, am Hüttenplatz,
gesammelt hatte.
Im Jahre 1917 fusionierte diese GmbH "Reckhammer, Gesenkschmiederei" zur neuen
Gesellschaft "Dittmann-Neuhaus & Gabriel-Bergenthal". Die alten Gebäude des
Reckhammers wurden im Zuge dieser Fusion abgerissen es entstand an gleicher Stelle
eine neue Fabrik als Hammerwerk für den Kupferhammer, welcher sich erfolgreich auf
die Fertigung von leichten Fahrzeugachsen spezialisiert hatte. Der Reckhammer war wie der nördlich gelegene Puddelhammer - mit kurzen Unterbrechungen stets ein
Depandance-Betrieb des Kupferhammers.
Die Auslagerung dieser Betriebsstätten lag einerseits in der mangelnden Möglichkeit der
Betriebserweiterung am Kupferhammer begründet. Die Standortfolge der 3 Betriebe
hintereinander gab jedoch auch die Möglichkeit, das Gefälle der Wäster für den 3-fachen
Stau des Wassers als Primär-Energie für den Betrieb der Hämmer zu nutzen.
Station 13, Tafel 13.1:
Warsteiner Bodenschätze
Die Stadt Warstein verdankt ihre Entwicklung den Vorkommen nutzbarer
Metallerze in ihrer Umgebung. Es soll noch einmal in Erinnerung gerufen
werden, dass die Wiege der westfälischen Industrialisierung noch vor
dem Ruhrgebiet hier im Sauer- und Siegerland gestanden hat, was auf
unseren natürlichen Ressourcen – Erzvorkommen, Wasserkraft,
Holzkohle und Kalk – beruhte.
Vor allem das Eisenerz erlangte wirtschaftliche Bedeutung, wurde in
zahlreichen Bergwerken abgebaut und in den Hütten- und
Hammerwerken verarbeitet. Flurnamen belegen, dass im Mittelalter auch
Kupfer und Blei abgebaut worden sind. In der Neuzeit wurde noch bis
1949 Eisenerz abgebaut. Heute wird allein der Warsteiner Massenkalk in
großen Tagebauflächen gewonnen – der untertägige Abbau der immer
noch reichlich vorhandenen Eisenerze ist dagegen nicht mehr
wirtschaftlich.
Flurnamen aus alten Akten und Urkunden verweisen auf eine Kupferkuhle (Anno 1429:
„Koperkuhlen“) und auf eine Bleikuhle im Dahlborn (Anno 1737: „auf dem Dahlborn bei der
Bleikuhlen“). Damit sind die urkundlichen Hinweise auf den Abbau von Kupfer sogar älter als
die schriftlichen Hinweise auf den Eisenerz-Abbau, für den sich erst 1489 der Verweis auf
die „Winterkuhle“ findet, die in der Umgebung der späteren Grube David gelegen hat.
Im 19. Jahrhundert wurde im Warsteiner Raum sehr viel „gemutet“, also nach nutzbaren
Erzvorkommen gesucht, wie aus den Akten der Bergämter hervorgeht. Wer ein
Mineralvorkommen gefunden hatte und nun wirtschaftlich nutzen und abbauen wollte,
musste das Vorkommen dem zuständigen Bergamt anzeigen. Ein „Berggeschworener“, also
ein Beamter der Bergbehörden, besichtigte das freigelegte Erz-Vorkommen. Wenn das
Vorkommen bestätigt werden konnte, wurde ein „Feld“ abgegrenzt und verliehen. In diesem
Bereich durfte nun das gefundene Mineral abgebaut werden.
Die Mutungskarte – abgebildet eine stark vereinfachte Fassung – für den Warsteiner Raum
zeigt ein schwer zu entwirrendes Netz der verschiedensten Felder. Blei, Kupfer, Eisen,
Schwefel, Mangan, Alaun, Zink, Pyrit, Dachschiefer – für all diese Rohstoffe sind im
Warsteiner Raum einmal Bergwerksfelder verliehen worden. Mittlerweile sind diese Felder
fast alle erloschen.
An vielen Stellen wurden Felder auf „Marmor“ verliehen. Darunter wurden Gesteinsarten
verstanden, die geschnitten, geschliffen und poliert werden konnten. Auch heute noch wird
der Warsteiner Kalkstein in einigen Steinbruchbetrieben auf der Grundlage dieser alten
Rechte als „Marmor“ abgebaut. Tatsächlich wurden aus Warsteiner Gestein in der
Vergangenheit auch geschnittene und geschliffene Platten hergestellt.
Rund um Warstein lassen sich unzählige Spuren des alten Bergbaus finden: Pingen, kleinere
Tagebauten, Halden, verstürzte Schächte und Stollen. Eine zeitliche Einordnung dieser
Spuren ist meist schwierig. Immer wieder setzte man bei der Suche nach ergiebigen
Vorkommen an altbekannten Stellen an. Der neue Bergbau verwischte dabei die Spuren des
älteren Bergbaus.
Station 13, Tafel 13.2:
Bergbau im Stillenberg
Der Stillenberg ist in der Vergangenheit eine bedeutende Lagerstätte im
Warsteiner Raum gewesen. Hier wurden Grubenfelder verliehen, für die
Gewinnung ganz unterschiedlicher mineralischer Rohstoffe: Eisen,
Kupfer, Blei, Pyrit, Marmor, Mangan. Entsprechend vielfältig sind die
sichtbaren Bergbauspuren im Stillenberg. Dabei fällt es heute schwer,
die verschiedenen Pingen, Tagebauten, Schurfgräben und verstürzten
Stollenmundlöcher mit den in den Akten genannten Abbau-Orten zu
identifizieren.
Oberhalb des Klinik-Geländes lassen sich zahlreiche Bergbauspuren ausmachen.
Ein großer verstürzter Stollenbereich liegt unterhalb der Kapelle auf dem
Stillenbergskopf. Weiter westlich finden sich zahlreiche Pingen unklaren Alters. Ein
Bergwerks-Verzeichnis von ca. 1817 nennt eine Grube „Stielenberg“. Diese wird
niedriger besteu- ert, als andere Warsteiner Bergwerke (z.B. Oberhagen und
Südbruch). Das Bergwerk im Stillenberg wurde damals von der Suttroper Hütte
betrieben. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war es der Briloner Unternehmer Peter
Ulrich, der zahlreiche Schürf-Versuche durchführen ließ. 1854 wurden die
verschiedenen Schürfe und Gruben zum Grubenfeld „Wrangel“ consolidiert
(zusammengefaßt). Gegen die Verleihung der Bergwerksfelder legte Wilhelm
Hammacher, Gewerke der Suttroper Eisenhütte, jeweils Protest ein. Er bezog sich
dabei auf das Bergbau-Privileg von 1739, das dem Gründer der Eisenhütte den
Bergbau auf Eisen im weiten Umkreis vorbehielt.
Am Westabhang des Stillenberges ist 2006 ein großes, bis dahin unbekanntes,
Altbergbau-Feld gefunden worden. Auf einer Fläche von ca. 3 ha ließen sich fast 20
Pingen ermitteln, die auf ehemalige Schächte hinweisen. Halden und Plateaus
vervollständigen das Bild. Die Kleinräumigkeit, die vermutete große Zahl an
Schächten, deutet auf möglicherweise bereits mittelalterlichen Bergbau hin.
Auch dieser alte Bergbau hatte Nachfolger im 19. Jahrhundert. Im Jahr 1863 mutete
der Warsteiner Anton Ditz auf Kupfererz und Marmor - offensichtlich in den Stollen
des älteren Bergbaus. Dieses Bergwerksfeld erhielt den Namen „Johanne 1“. 1865
wurde Johann Frideritzi als „Förderungs-Aufseher für die Grube Johanne I“ vereidigt.
Ob in diesem Kleinst-Bergwerk nennenswerter Abbau stattgefunden hat, konnte
noch nicht ermittelt werden.
Bilder:
Lageskizze der im Gelände ermittelten
Alt-Bergbau-Spuren
Ausschnitt aus dem „Verleihungs-Riß“ der
Grube Johanne 1 von 1863
Station 14, Tafel 14.1:
Der Puddelhammer
Im Jahr 1834 errichtete der 1805 in Warstein geborene Wilhelm
Bergenthal mit seinem Schwiegervater Ferdinand Gabriel am unteren
Lauf der Wäster einen Stahl-Raffinierhammer, wandelte diesen aber
schon ein Jahr später in einen Puddelhammer um. Hier wurden die
Fortschritte auf dem Gebiet der Stahlerzeugung in die Tat umgesetzt.
1840 erweiterte man die Firma um einen flußaufwärts liegenden
Reckhammer; nach dem Kauf des Möllerschen Kupferhammers
errichtete Wilhelm Bergenthal 1850/51 in unmittelbarer Nachbarschaft
ein zweites Puddelwerk, das später zum Hauptsitz der Firma wurde.
Durch die verbesserte Stahlproduktion wurde in der Folge ein neuer
industriellen Aufschwung ermöglicht: der Bau von Fahrzeugachsen, der
Weltgeltung erlangte.
Das Puddelverfahren dient zur Herstellung von Stahl aus Roheisen. Im Puddelverfahren
erzeugtes schmiedbares Eisen heißt auch Schmiedeeisen. Wenn dieses Material härtbar ist,
heißt es auch Schmiedestahl. Erfunden hat das Puddelverfahren 1784 der Engländer Henry
Cort. Er hatte bemerkt, dass der in heißem Roheisen enthaltene Kohlenstoff verbrennt, wenn
Luft darüber streift.
Beim Puddeln wird das Roheisen in großen Pfannen eines Puddelofens geschmolzen und
dann mit langen Stangen durch eine seitliche Öffnungs-Klappe durchgerührt (puddled). Unter
Zugabe von Reduktionsmitteln, insbesondere Kohle, und mittels häufigem Umrühren wurde
so Stahl hergestellt. Dieses Verfahren wurde später durch Bessemer- Verfahren und
Thomasbirne abgelöst. Durch das Puddeln wird die Schlackeschicht durchbrochen und das
Eisen immer wieder sauerstoffhaltigen Verbrennungsgasen ausgesetzt und somit gefrischt,
um die Verunreinigungen auszutreiben und den Kohlenstoff zu verbrennen.
Die Weiterverarbeitung der Luppe ermöglicht die Erzeugung von preiswertem Massenstahl.
Diese Arbeit war extrem schwer und auch nicht ungefährlich. Ein Puddelvorgang dauerte
etwa 24 Stunden, bis aus dem rohen Eisen schmiedbarer Stahl geworden war. Die Qualität
des Stahls hing im wesentlichen vom Geschick und der Kraft des Puddlers ab. Es bildeten
sich Klumpen aus Stahl, die der Puddler mit einer Zange aus dem Ofen holte. Dadurch
konnte ein bruchfester, elastischer Stahl in größeren Mengen hergestellt werden.
Bis dahin gab es nur zwei Eisenwerkstoffe, die in größeren Mengen verfügbar waren. Zum
einen Gusseisen, welches aber wegen des hohen Kohlenstoffgehaltes sehr spröde war. Zum
anderen Schmiedeeisen, aus dem Rennfeuerverfahren gewonnen, wo durch das
Ausschmieden des enthaltenen Kohlenstoffs und Schlacketeile im rotglühenden Zustand
diese größtenteils entzogen und dadurch elastischer wurde. Dieses Verfahren war aber vor
allem wegen des hohen Arbeitsaufwandes sehr teuer. Aber auch das Puddel-Verfahren ist
sehr arbeitsintensiv. Außerdem verbraucht der Ofen ständig Brennstoff. Dadurch ist auch
dieses Verfahren teuer. Zudem können in einem Puddelofen nur Mengen von höchstens 300
kg Eisen in einem Arbeitsgang verarbeitet werden. Die Herstellung von größeren Mengen
Stahl ist auf diese Weise nicht möglich.
Anfänglich wurde das Puddeln noch mit Wasserkraft durchgeführt. Aber schon 20 Jahre
nach Eröffnung des Werkes kam 1858 die erste Dampfmaschine mit Transmissionsantrieb
zur Erleichterung der Arbeitsgänge hinzu.
In der Feuerkammer (A) wird Kohle oder ein anderer Brennstoff verbrannt. Dadurch schmilzt
das Roheisen, welches in dem muldenförmigen Herd (B) liegt. Die über das Eisen
streichende heiße Luft (C) lässt die Beimengungen wie Kohlenstoff oxidieren, bevor sie über
den Schornstein (D) entweicht. Das Eisen kommt während des Vorgangs nur mit Heißluft in
Berührung, nicht mit der Kohle und wird dadurch nicht erneut verunreinigt.
Station 14, Tafel 14.2:
Holzkohle aus dem Warsteiner Wald
Zur Verhüttung des Warsteiner Eisenerzes brauchte man sehr hohe
Temperaturen, die nur über die Verwendung von Holzkohle erzielbar
waren. Der damals 3288 Hektar große Warsteiner Wald mit seinen
ausgedehnten Buchenwäldern bot hierfür hervorragende Bedingungen.
Das Holz wurde überwiegend im Wald verkohlt und mit Ochsen- oder
Eselkarren nach Warstein transportiert. Meilerplätze/Kohlplätze findet
man im Warsteiner Wald noch an vielen Stellen In Warstein fand die
Holzkohle reißenden Absatz. Holzkohle wurde auch in das benachbarte
Siegerland weiterverkauft.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Holzkohlegewinnung wird besonders dadurch deutlich,
dass jährlich ein Magistratsbeschluss festlegte, wo Holzkohle gemacht werden durfte und
wieviel dafür zu bezahlen war. Heimische Abnehmer waren zunächst die vielen NagelSchmiedebetriebe. 1634 kam dann der erste Messinghammer dazu, aus dem sich 1730 der
Kupferhammer entwickelte.
Zu der alten Blashütte am Hüttenplatz kam 1739 dann die St. Wilhelmshütte als
Großabnehmer an Holzkohle hinzu, die dann jedoch 1881 geschlossen werden musste.
Einer der Gründe dafür war der Mangel an Holzkohle, insbesondere aber die technologische
Überlegenheit der Steinkohlehütten. Bedenkt man, dass zur Gewinnung von einer Tonne
Roheisen 50 Festmeter Holz notwendig sind, so wird deutlich, dass zur Blütezeit der
Eisenhütten, Schmieden und Hämmern sehr viel Holz im Warsteiner Wald eingeschlagen
wurde.
Schon im 18. Jahrhundert stellte man fest: »... dass der selbige Wald durch die Schmiede
und große hütten mit sambt den großen hecken schädlich verwüstet und verhaven worden
...« Und weiterhin stellte man fest: »... weiterhumb die Berge so abgekohlet und das holtz
zum Brande abgefahren seye, dass das Jenige zu Unterhaltung vieler hütten und hämmer
nicht zureichig ist ...«. Auf großer Fläche war keine Waldbestockung mehr zu finden, der
Wald von damals ähnelte eher einer Parklandschaft von heute, viele Flächen, wie etwa der
Kahlenberg, waren gänzlich mit Heide bewachsen.
Die vierfache Belastung des Waldes durch Holzkohlegewinnung, Brennholz- und
Bauholznutzung sowie Waldweide mit Streunutzung hatte verheerende Folgen. Ende des 18.
Jahrhunderts waren viele Flächen kahl gehauen und vergrast. Holz konnte nicht mehr
ausreichend geerntet werden, um die örtliche Bevölkerung zu versorgen, viele Eisenbetriebe
konnten nur noch zeitweise produzieren. Um noch ein wenig Brennholz für den heimischen
Ofen zu machen, wurde den stehenden Buchen die untersten Äste abgeschnitten
(Schneitelung).
Dies blieb für die heimische Eisenindustrie nicht ohne Folgen. Hinzu kam natürlich, dass
Steinkohle inzwischen höhere Schmelztemperaturen möglich machte, unsere hiesige
Industrie jedoch durch die noch fehlende Möglichkeit des Eisenbahntransportes der Kohle
(erst ab 1883) keine Chance gegen die aufkommende Konkurrenz im Ruhrgebiet hatte.
Leergehauene Wälder und fehlende wirtschaftliche Transportverbindungen trugen mit zum
Niedergang der Warsteiner Hüttenbetriebe .
Station 15, Tafel 15.1:
Die Linnhoff’sche Draht- und Stiftefabrik
Die Linnhoff’sche Draht- und Stiftefabrik (Sprachgebrauch der
Bevölkerung) hatte zu allen Zeiten ihres Bestehens eine besondere
Bedeutung für die Entwicklung der Wirtschaft und der Bevölkerung in
Belecke. Durch Ansiedlung von Arbeitern nicht allein aus der Region
veränderte sich der bäuerliche Charakter Beleckes – mit der
Arbeiterschaft gründete sich im Zuge der Industrialisierung in Belecke
neben den Ackerbauern eine neue soziale Schicht.
Gründung und Entwicklung Für eine Liegenschaft an der Belecker Landstraße, grenznah
zwischen Warstein und Belecke, erhielt der Unternehmer Theodor Linnhoff 1829 die
Konzession zum Betrieb einer Drahtwalze im Westertal. Schon fünf Jahre nach der
Inbetriebnahme gründete er auf einem nahegelegenen Grundstück in Belecke bereits ein
zweites Werk als Stabeisenhammer. Nach den Anfängen als Betrieb mit Drahtwalze und
Stabeisenhammer entwickelten sich beide Werke bereits um 1860 erfolgreich durch den
Kauf neuer Maschinen zu einer Drahtzugfabrik (Fabrik Warstein) und einer Stiftefabrik
(Fabrik Belecke).
Während in der Drahtzugfabrik aus Eisen der Warsteiner Hütten Draht im Feinzug bearbeitet
wurde, erfolgte in der Stiftefabrik die Weiterverarbeitung des gezogenen Drahtes
ausschließlich zu Nägeln. Der schon erfolgreiche Betrieb beider Werke erlebte einen
weiteren deutlichen Aufschwung durch den möglich gewordenen Anschluss an die
Landeseisenbahnstrecke zwischen Lippstadt und Warstein, die 1883 eröffnet wurde. Schon
bald darauf lieferten beide Werke den überwiegenden Teil ihrer Produktion nach China und
Japan – für damalige Weltmarktverhältnisse ein beachtenswerter Unternehmenserfolg.
Durch Zusammenlegung verschiedener Werke, auch der Brüder Anton und Theodor
Linnhoff, erfolgten in den kommenden Jahren Umbenennungen: 1874 in »Westfälische
Union«, 1898 in »Phoenix - Westfälische Union« und schließlich 1925 in »Vereinigte
Stahlwerke« – mit der letzteren ging dann auch die überraschende Schließung beider Werke
einher.
Bedeutung für Belecke
(Der Anfangsteil ist zur Zusammenfassung geworden. Bitte hier streichen)
In der Nähe des Betriebes sorgten 1875-1880 die Generaldirektoren Kamp und Beukenberg
für Grundstücke, auf denen sich Arbeiter der Werke in Betriebsnähe ansiedeln konnten
(heute Kampstraße und Beukenbergstraße).
Aus kleinen Anfängen heraus war die Zahl der Arbeiter in der Blütezeit der Fabrik um das
Jahr 1900 auf mehr als 330 angewachsen. Ein Großteil der Familien in Belecke lebte in
dieser Zeit vom wirtschaftlichen Erfolg der beiden zueinander gehörenden Werke. 1925 kam
mit der Weltwirtschaftskrise ein für Belecke tragischer Schlag: Beide Werke wurden von den
»Vereinigten Stahlwerken« übernommen – und aus vollem Betrieb heraus von einem Tag
auf den anderen geschlossen! Begründet wurde die Schließung mit der angeblich
ungünstigen verkehrstechnischen Lage und vor allem mit stockendem Absatz in China und
Japan. Mehr als 300 Menschen in Belecke (etwa 1700 Einwohner) standen ohne
Perspektive auf der Straße. Verstärkt durch furchtbare Unwetter und Hochwasser im Jahr
zuvor (1924) war die Schließung der »Linnhoff’schen Draht-und Stiftefabrik« für die Belecker
Bevölkerung der Beginn einer schweren Zeit von Hunger und Not für viele Jahre.
Neue Anfänge
Aus den Werkshallen im Westertal gingen 1949 die Esser-Werke hervor, die sich seit Beginn
auf die Herstellung von hochverschleißfesten Förderrohren spezialisiert haben. Wieder
gehen vom Westertal aus Spezialprodukte in fast alle Länder der Welt
Aus der Werkfeuerwehr beider Fabriken ging nach der Werksschließung im Jahr 1925 die
Freiwillige Feuerwehr der Stadt Belecke hervor.
Station 16, Tafel 16.1:
Das Westerwerk der Firma Siepmann
Hier auf dem Industriegelände befanden sich nacheinander zunächst seit
1829 die Linnhoff’sche Stiftefabrik, dann ab 1939 das Siepmann
Westerwerk. 1939 kauften die Siepmann-Werke die ehemaligen
Werksanlagen der »Phoenix - Westfälischen Union« in Belecke. Sie
richteten hier eine moderne Lehrwerkstätte ein, in der bis in die 80-er
Jahre des letzten Jahrhunderts ständig mehr als 100 Lehrlinge in
Metallberufen eine gute Ausbildung absolvieren konnten.
Die Linnhoff’sche Draht-und Stiftefabrik hatte zu allen Zeiten ihres Bestehens eine
besondere Bedeutung für die Entwicklung der Wirtschaft und der Bevölkerung in Belecke.
Dies wurde bereits auf unserer Tafel 15 hinter dem Esser-Werk ausführlich beschrieben.
Nach der Schließung der Stiftefabrik diente der Industriekomplex vorübergehend als
Unterkunft für Notstandsarbeiter und für den Arbeitsdienst, bis er 1939 von der
expandierenden Firma Siepmann erworben wurde. Im hier gezeigten Gelände befand sich
das ehemaliges „Westerwerk“ der Firma Siepmann, die hier den Gesenkbau, eine
Schweißerei und die große Lehrwerkstatt einrichteten.
Station 16, Tafel 16.2:
Bergbau in Belecke
Auch am Südabhang der Haar wurde in der Vergangenheit Bergbau auf
verschiedene Rohstoffe betrieben: So findet sich in Allagen Westendorf
ein „Eisenbrink“, in Drewer wurde sogar in bescheidenem Maße
Steinkohle gewonnen. Wirkliche Bedeutung scheint aber vor allem der
Blei-Bergbau im Bereich zwischen Belecke und Rüthen gehabt zu
haben. Jedoch liegt die Hoch-Phase dieser bergbaulichen Aktivitäten vor
dem Dreißigjährigen Krieg, so dass es nur sehr wenige urkundliche
Hinweise gibt. Spätere Bemühungen in diesen Feldern waren nur von
kurzer Dauer und nicht von nachhaltigem Erfolg gekrönt.
Der Belecker Sattel zwischen der Kaiser-Heinrich-Quelle und den Steinbrüchen bei Drewer,
bietet verschiedene geologische Besonderheiten: die einzige Salz-Quelle des Sauerlandes,
Mineralien und Vererzungen. Möglicherweise sind diese Erze ganz in der Nähe der
frühmittelalterlichen Burg „Baduliki“ schon sehr früh aufgefallen.
Der erste sichere Hinweis auf Bergbau in Belecke stammt aber erst aus einem Bericht, den
der Bergmeister Caspar Engelhard im 17. Jahrhundert, vermutlich nach dem Dreißigjährigen
Krieg, verfasste, in dem er den Zustand der Bergwerke im Erzstift Köln beschreibt: „Waß
sonsten die berckwercke bey Meschede, Beelicke und statt Rüden belangt, dieselben
lieggen alle stille.“
Die Belecker Bleierzvorkommen rund um Külbensteine und Kaiser-Heinrich-Brunnen bilden
gewissermaßen die ´Verlängerung´ der Rüthener Vorkommen. Für Rüthen ist aus dem 16.
Jahrhundert ein Bergwerk belegt, in dem nach Kupfer, Blei und Silber gegraben wurde. Der
Kölner Erzbischof belieferte dieses Bergwerk mit Holz, das über Lörmecke und Glenne
geflößt wurde. Dieses Bergwerk befand sich „Im Kumpf“, der heutigen Gemarkung „Rote
Kumpen“. Mehrfach werden in Registern Einnahmen aus diesem Bergwerk erwähnt. Nach
der Stillegung, auf die sich die obige Nachricht von Bergmeister Engelhard bezieht, muß
noch einmal ein Versuch unternommen worden sein, den Bergbau bei Rüthen zu beleben;
1681 berichtet Bergmeister Christoph Frantze über ein neues Bleibergwerk bei Rüthen mit
gedoppeltem Pumpwerk – zusetzendes Grubenwasser scheint also ein großes Problem
gewesen sein. Später wird von diesem Bergwerk nichts mehr berichtet.
Im Jahr 1834 bittet die Arnsberger Regierung den Warsteiner Bürgermeister,
Nachforschungen anzustellen »über alte Bergwerke, welche in längst vergangenen Zeiten in
der Gegend der Sendhöfe [Sennhöfe] und dem ehemaligen Siedhause [gemeint ist wohl das
Badehaus] nach dem Walde zu auf Silber, Blei und Antimon betrieben worden sein sollen«.
In Belecke gab es im Jahr 1835 noch einmal ein leises „Berggeschrei“, als der Seiler Philipp
Föhring an die Regierung in Arnsberg berichtete, man habe „bei der Badeanstalt“ (also im
Bereich Külbe) Blei-Erz entdeckt. Nach mehrtägigen Arbeiten wurde das Grubenwasser aber
zum Problem. Der Bitte um Beihilfen zum Weiterbetrieb wurde nicht entsprochen. 1836 wird
diese neue Grube als nicht mehr in Betrieb angegeben.
Auch im Bereich der Lanfer gab es einen Stollen, in dem nach Blei gesucht wurde.
Noch heute lassen sich verschiedene Hinweise auf alten Bergbau rund um die Külbensteine
finden (die dort aber vom späteren Hartsteinabbau gestört sind).
.
Station 17, Tafel 17.1:
Siepmann und Belecke
Mit Schaufeln, Spaten, Forken und Ziergitterspitzen fing alles an, als
Emil und Hugo Siepmann 1891 die Fabrik in Betrieb nahmen, die ihr
Schwager Peters aus dem Konkurs der Firma Hüsing in Warstein
gekauft hatte. Unter der Firma Peters & Cie., die erst 1938 in SiepmannWerke umbenannt wurde, entwickelten die Brüder Siepmann eine
erfolgreiche Gesenkschmiede, die schon 1911 durch Kauf von ihrem
Schwager Peters in ihr Eigentum überging. Der Bau eines Zweigwerkes
in Belecke wurde 1910 in Angriff genommen, 1911 konnte dieses Werk
die Fertigung aufnehmen. Das Jahr 1911 ist damit eine entscheidende
Etappe des Landstädtchens Belecke auf dem Wege zur
Industrialisierung, zu einer in der Folgezeit fast vollständigen
Veränderung seines dörflich-ländlichen Charakters.
Eine entscheidende Bedeutung für die Entwicklung Beleckes in jeglicher Hinsicht sollte die
Gründung der Siepmann-Werke hier im Jahre 1911 erlangen. Das Werk wurde im Jahre
1891 in Warstein von einem Schwager der späteren Inhaber Emil und Hugo Siepmann,
Louis Peters aus Hagen, an der Stelle des in Konkurs gegangenen Betriebes Hüsing
gegründet. Die Firma nannte sich anfangs Peters und Cie. Das Werk begann mit etwa 20
Mann. 1891 übernahm Emil Siepmann als Betriebsleiter die Aufgabe, Schaufeln, Spaten,
Heu- und Düngergabeln aus Stahl zu schmieden oder aus Stahlblech zu pressen. Außerdem
schmiedete man, wie schon vorher, im Gesenk Gitterspitzen und -Verzierungen. Der Betrieb
war veraltet und musste in jeder Hinsicht verbessert werden.
Ab 1892 standen die beiden Brüder Emil und Hugo Siepmann als Leiter an der Spitze des
Unternehmens. In wenigen Jahren bewiesen sie, was Unternehmergesinnung zuwege
bringen kann. 1895 wurden sie zu Teilhabern, mit dem Ziel, den Betrieb ganz zu ihrem
eigenen zu machen. Das alte Fertigungsprogramm wurde bald aufgegeben. Die Brüder
erkannten, dass ihre Zukunft beim Gesenkschmieden liege. Und so stellten sie den Betrieb
ganz um. Es kam ihnen darauf an, ein Werk aufzubauen, das eine bedeutende Zukunft vor
sich hatte.
Nachdem Teilhaber Drees 1895 ausgeschieden war, konnten sie auch den zweiten
Teilhaber Peters, nach dem das Werk den Namen trug, 1910 abfinden. Der Name der Firma,
die sich durch Qualitätslieferungen von Einzelteilen für das Fahrrad, das Automobil, die
Eisenbahn, überhaupt für den Fahrzeugbau, bereits einen Ruf erworben hatte, blieb
zunächst bestehen und wurde 1938 in Siepmann- Werke umbenannt. Das Unternehmen
wuchs zusehends. Die Platzverhältnisse in Warstein ließen keine genügende Ausweitung zu.
Hier fehlte es auch an einem Eisenbahnanschluß für das Werk. So mussten sich die
Gebrüder Siepmann nach neuen Möglichkeiten umsehen. Versuche, sich in Warstein an
anderer Stelle auszudehnen, schlugen fehl. Nach verschiedenerlei Fühlungnahmen
entschieden sich die Gebrüder Siepmann 1909 für einen Geländekauf in Belecke, nahe beim
Güterbahnhof. Der Bau eines Zweigwerkes wurde 1910 in Angriff genommen, und 1911
konnte dieses Werk die Fertigung aufnehmen. Das Jahr 1911 ist damit eine entscheidende
Etappe des Landstädtchens Belecke auf dem Wege zur Industrialisierung, zu einer in der
Folgezeit fast vollständigen Veränderung seines dörflich-ländlichen Charakters!
Station 17, Tafel 17.2:
Folge-Industrien
Die Aufnahme der Firma Siepmann einer eigenen Fertigung von StahlArmaturen für die Industrie im Jahr 1946 – heute Stahl-Armaturen Persta
GmbH – kennzeichnet diese Entwicklung zahlreicher IndustrieFolgebetriebe.
Die Übernahme einer Produktionshalle der Firma Siepmann war ab 1945
der Start für eine erfolgreiche Ansiedlung der Elektroindustrie in Belecke,
die seither Weltruf genießt. Insgesamt bietet das hier zu sehende
Gelände mit den Firmen Siepmann, Persta, Infineon und AEG und den
darin praktisch ständig beschäftigten Handwerksbetrieben rund 3.000
Menschen einen krisenfesten Arbeitsplatz.
Die Siepmann-Werke haben durch eine wechselvolle Geschichte mit Einschränkungen durch
die Weltwirtschaftskrise und Expansionen durch Kriegsbedarf stets große Auswirkungen auf
die Belecker Bevölkerung gehabt. Der steile Aufstieg, der auch große Bevölkerungsteile
nach Belecke holte, begann 1933. Zug um Zug wurde der Betrieb erweitert und modernisiert.
Es entstand in Belecke die modernste Gesenkschmiedeanlage Europas. Eine letzte
Neuanlage war im Entstehen begriffen, als der Krieg 1945 mit seinem Ausgange alles zum
Stillstand und den gesamten Betrieb bis dicht an den Rand des Abgrundes brachte.
Von 2600 qm im Jahre 1910, 6500 qm im Jahre 1918 und 11 600 qm 1938 war die bebaute
Fläche des Werkes 1944 bis auf 26 000 qm angewachsen. Nach der Besetzung Beleckes
am 8. April 1945 kam der Betrieb vorübergehend völlig zum Erliegen. Mit der Gründung der
Firma Persta und der Ansiedlung der im Kriege versprengten Halbleiter- Aktivität der AEG
begann jedoch sehr zügig der Wiederaufbau dieses Industriegebietes.
Die Leistungshalbleiter der AEG aus Belecke erreichten schon gleich nach der
Werksgründung Weltrang. Dies hat sich bis heute nicht verändert. In der Phase des
Wiederaufbaus wurden von diesen Betrieben einschließlich der zahlreichen zuzuordnenden
Heimarbeiter und Handwerker in der Spitze rund 4000 Menschen beschäftigt. Heute befindet
sich eine nahezu krisensichere Mischung von Betrieben, die alle aus der ursprünglichen
Montan- dann Metallindustrie hervorgingen, in dem Industriegebiet: Siepmann Gesenkschmiede, Persta - Stahlarmaturen, AEG - Stromversorgungen, Infineon Leistungshalbleiter, AEG-EFO - Elektrofotografische Bildträger.
Die Anzahl der Arbeitsplätze hat mit rund 3000 Mitarbeitern weiterhin eine herausragende
Bedeutung innerhalb der Stadt Warstein.
Station 18, Tafel 18.1:
Produkte der Warsteiner Industrie
Warsteiner Eisenerz wurde abgebaut, erschmolzen und zu Produkten
verarbeitet. Es begann mit Schmiedeerzeugnissen wie Nägel, Gartenund Ackergerät. Dann folgte Grauguss für Öfen und Stahlproduktion für
Achsen. Sehr stark entwickelten sich die Gesenkschmiede-Erzeugnisse.
Nach dem 2. Weltkrieg kamen Armaturenbau, Regalbau und die
Elektroindustrie hinzu. Vom Schmiedenagel über Öfen, Achsen,
Gesenkschmiedestücke, Kraftwerksarmaturen, hochfeste
Reaktorschrauben bis hin zur Leistungselektronik und
Leistungshalbleitern waren Warsteiner Produkte stets führend im
Weltmarkt.
(Diverse Bildunterschriften wie gehabt.)
Station 18, Tafel 18.2:
Kettenfabrik und Heimschmieden in Sichtigvor
Im Zuge der Industrialisierung ab Mitte des 19. Jahrhunderts boten sich
eisenverarbeitende Fabrikationen auch für das Möhnetal an. Schon 1831
gründete Kaspar Kellerhoff in Sichtigvor eine Eisendrahtzieherei. Einige
Jahre später baute Victor Röper in Sichtigvor eine Fabrik, in der aus
Stabeisen Ketten geschmiedet wurden. Das Jahr 1840 gilt als die
Geburtsstunde der „Sichtigvorer Kettenzeit“. Die Fabrik verhalf etlichen
Arbeitern zu allen Zeiten ihres Bestehens zu Arbeit und Brot. Landwirte
konnten im Nebenerwerb selbstständig und eigenverantwortlich kleine
Kettenschmieden betreiben. Heute würde man sie als „Subunternehmer“
der Kettenfabrik ansehen. Das Kettenschmiede-Museum in Sichtigvor
kann nachdrücklich zur praktischen Anschauung dieses alten Handwerks
empfohlen werden.
Die an der Möhnestraße gegründete Kettenfabrik konnte unter den späteren
Eigentümern Großkurt und Schlieper über beide Weltkriege bis in das Jahr 1955
betrieben werden. Großer Abnehmer war z.B. die Marine für Ankerketten.
Die Zusammenarbeit mit den Heim-Kettenschmieden war unkompliziert geregelt: Die
Fabrik stellte den Heimschmieden das Rohmaterial zur Verfügung und nahm die
geschmiedeten Ketten gegen Entlohnung zum Weitervertrieb an. Bis ca. 1915 stieg
allein in Sichtigvor die Zahl dieser Heim-Kettenschmieden auf über 30 Betriebe mit
rund 70 beschäftigten Kettenschmieden an.
Der Vorgang des Kettenschmiedens lässt sich wie folgt beschreiben: Das eiserne
Ausgangsmaterial, 4 – 28 mm dicke und 4 Meter lange Rundstäbe, wurden durch
kräftige Schläge („Abstoßen“) in Stücke gleicher Länge zerlegen, um diese dann in
U-Form zu biegen. Auf dem Vorwärmer hingen die U-Stücke mit ihren Enden über
der Glut, um sie dann auf dem Amboss mit Zange und Hammer „anzuschärfen“. Das
offene U-Stück wurde dann in das letzte Glied der hängenden Kette eingeflochten,
auf einer „Taille“ mit Hammerschlag verschlossen und anschließend in der weißen
Glut des Schmiedefeuers, mit der Zange gehalten, feuer-verschweißt. Mit kräftigen
Hammerschlägen wurde zuletzt die Schlacke entfernt und sofort das nächste UStück mit der Zange zur obiger Verarbeitung ergriffen. Der Vorgang erfordert ein
gutes Augenmaß und handwerkliches Geschick.
Ohne zusätzlich eingeblasenen Sauerstoff ließ sich die benötigte Weißglut nicht
herstellen. Nach anfänglichem Handbetrieb mit Blasebälgen betrieben fast alle
Kettenschmieden in Sichtigvor ein 2-3 Meter hohes Laufrad, in dem ein kräftiger
Hund durch seinen Lauftrieb die Drehkraft für die Blasebalgkurbel lieferte.
Eine bessere Lösung, den Blasebalg zu bewegen, fanden die Sichtigvorer mit der
Nutzung der Wasserkraft, soweit irgendein Wasserlauf verfügbar war oder umgeleitet
werden konnte. Nicht nur beim Einbau von Wasserrädern, sondern auch bei der
Wandlung der Drehbewegung in die Hubbewegung des Blasebalgs über Stangen
und Drähte leisteten Sichtigvorer bemerkenswertes Können und Erfindergeist. Viele
Jahre taten diese Konstruktionen zum Anblasen der Schmiedefeuer ihre Dienste –
bis sie ab 1910 durch elektrisch betriebene Ventilatoren ersetzt wurden.
Die letzte Kettenschmiede stellte gegen Ende der 1960-er Jahre ihre Arbeit ein
Station 18, Tafel 18.2:
Überblick
Warstein gehört im Sauerland mit zu den Städten, die sich durch eine
alte erfolgreiche Montanindustrie zur heutigen Stadt entwickelt haben.
Anzeichen auf Eisenhüttenwesen reichen in Warstein zurück bis in die
Mittelphase der Jüngeren Eisenzeit, der Latènezeit, um 250 v.Chr.
Diese Geschichte hat der Stadtmarketingverband mit Hilfe vieler
Wissensträger und Dokumente in den Jahren 2007 und 2008
zusammengetragen und auf diesem „Wanderweg der Montangeschichte“
mit 18 Stationen und 33 Tafeldarstellungen dokumentiert. Darüber
hinaus besteht eine Daten-DVD, auf der die Original-Dokumente, Texte,
Grafiken und Fotos aufzurufen sind, die während der Nachforschungen
gesammelt wurden.
Der Weg der Montangeschichte ist im übertragenen Sinn auch der Weg durch die
Montanindustrie der Stadt Warstein, welche sich über viele Jahrhunderte zurück verfolgen
lässt. Zu allen Zeiten hat die Eisenverarbeitung in Warstein die Bilder dieser Stadt, aber auch
die sich immer wieder anpassende Entwicklung ihrer Bevölkerung, geprägt.
Eisenverarbeitung in Warstein steht im Begriff für Gründung und Ausbau, Arbeit und
Existenz, für Innovation und Qualität. Sie steht aber auch für die Erkenntnis, stärkeren
Kräften globaler Entwicklungen nachgeben zu müssen, wenn die Zeit dafür gekommen ist.
Die Eisenindustrie in Warstein musste in den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts den
Standortvorteilen der großen Industrieregionen an Rhein und Ruhr nachgeben.
Ihr Standort befindet sich am Flusslauf der Wäster, der als ständig verfügbare Kraft-Energie
über Jahrhunderte der Eisenindustrie in Warstein diente. Mit dem dort vom
Stadtmarketingverband angelegten Weg der Montangeschichte soll ein bedeutendes
Segment Warsteiner Geschichte erlebbar werden – und auf unterschiedliche Weise reale
Eindrücke einer langen Eisen- und Industriegeschichte vermitteln. Wir laden Sie ein, auf
diesem Weg durch die Geschichte dieser Stadt zu gehen.
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