Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule Förderschule Geistige Entwicklung Angélique Bernert (Ergotherapeutin) Heike Viere (Ergotherapeutin) Natalie Brauer (Physiotherapeutin) Heinz Lorber (Physiotherapeut) Waltraud Papenberg (Motopädin) Evaluierte Fassung 2012 1 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung Seite 2 2. Zielsetzung Seite 3 3. Tätigkeiten Seite 4 4. Inhaltliche Schwerpunkte Seite 5 4.1. Ergotherapie 4.2. Physiotherapie 4.3. Motopädie Seite 5 Seite 7 Seite 8 5. Therapeutische Auswahlkriterien Seite 9 6. Zusammenarbeit Seite 10 6.1 In den Pädagogischen Teams 6.2 Innerhalb des Therapeutenteams Seite 10 Seite 11 7. Das therapeutische Angebot der Schule mit den Außenstellen Seite 12 8. Ausblick Seite 15 2 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 1. Einleitung Jeder Mensch ist eine eigenständige, in sich wertvolle Persönlichkeit: Keine zwei Personen sind gleich, auch nicht zwei mit der gleichen Behinderung oder dem gleichen Krankheitsbild. Dieser individuellen Verschiedenartigkeit entsprechen vielfältige und ganz unterschiedliche Möglichkeiten, das Leben zu bewältigen. Die Therapeuten der Wilhelm-Schade-Schule haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Schüler auf diesem Weg zu begleiten. Er soll dabei in seinen vorhandenen Fähigkeiten gestärkt und bei deren Erweiterung unterstützt werden, um eine bestmögliche Eigenständigkeit zu erlangen. Die beruflich differenzierten Ausbildungen der einzelnen Therapeuten und die erlernten Methoden und Techniken bilden dabei den Rahmen für die Förderung der Schüler. Dabei soll die individuelle Persönlichkeit des Kindes geachtet werden, was eine Interaktion zwischen Schüler und Therapeuten erfordert. „Die einzige Antwort auf die Frage, ob das, was Sie tun, das Richtige für das Kind ist, ist die Reaktion des Kindes auf das, was Sie tun. Geben Sie dem Kind die Fähigkeit, zu reagieren.“ (Karel Bobath1) Therapie ist ein Dialog zwischen dem Kind und dem Therapeuten. Die Reaktion des Schülers auf das Angebot bestimmt die Zusammenarbeit. Das Kind gibt die Richtung an, während der Therapeut den Weg bahnt. 1 Karel Bobath (14.03.1906-20.01.1991), Arzt, geboren in Berlin mit ungarischer Abstammung und Prager Elternhaus, und Berta Bobath (05.12.1907-20.01.1991), Krankengymnastin, geboren in Berlin; entwickelten eine krankengymnastische Behandlungsmethode: Das Bobath-Konzept für Kinder mit zerebralen Bewegungsstörungen. 3 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 2. Zielsetzung Die Therapeuten der Wilhelm-Schade-Schule haben sich zum Ziel gesetzt, den Schüler in seiner Handlungsfähigkeit zu unterstützen, so dass er seine Selbständigkeit im Alltag entwickeln und anwenden kann. Dabei soll er in seiner Gesamtpersönlichkeit wahrgenommen werden. Weitere wichtige Ziele sind: Den Schüler zur Eigenständigkeit befähigen Die Entwicklung des Schülers anregen und fördern Die Persönlichkeit des Schülers stärken Dem Schüler ermöglichen, die eigenen Fähigkeiten und Grenzen zu entdecken Dem Schüler Freude an Bewegung vermitteln Die Lebensqualität des Schülers steigern Dabei verstehen wir uns eher als Begleiter im sich immer verändernden Prozess der Entwicklung. Zur besseren Umsetzung der Therapieinhalte in der Schule und zu Hause, arbeiten wir weitgehend alltagsorientiert. 4 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 3. Tätigkeiten Die gemeinsamen Tätigkeiten des Therapieteams sind: a) therapeutische Aktivitäten b) therapiebegleitende Inhalte c) zusätzliche Aufgaben a) Die therapeutischen Tätigkeiten sind Bestandteil des individuellen Förderkonzepts zum Erhalt und zur Steigerung der bestmöglichsten Selbständigkeit der Schüler. Sie können klassenextern oder unterrichtsbegleitend im Klassenverband stattfinden. Die Förderung findet in Einzeltherapien oder in Form von Groß- (7-14 Schüler), Klein(4-6 Schüler) oder Kleinstgruppen (2-3 Schüler) statt. Bei Bedarf begleiten die Therapeuten die Schüler darüber hinaus im Sport- oder Schwimmunterricht. Teilweise finden auch Unterrichtseinheiten statt, die von Therapeuten mit Lehrern und Pädagogischen Mitarbeitern gemeinsam gestaltet werden (z.B. Schwimmen, Fördersport, Werkunterricht, etc.). b) Zu den therapiebegleitenden Inhalten zählen die Zusammenarbeit mit Kollegen des Therapieteams, Lehrern, Pädagogischen Mitarbeitern sowie mit der Schulleitung in Bezug auf die Fördermaßnahmen der Schüler. Darüber hinaus können im Bedarfsfall interdisziplinäre schulexterne Kontakte zu Eltern, Ärzten, Hilfsmittelversorgern, sozialpädiatrischen Zentren, Gesundheitsämtern, Sanitätshäusern und Therapeuten zu den therapiebegleitenden Aufgaben gehören. Die Hilfsmittelbeschaffung obliegt in diesem Zusammenhang den Berufsgruppen Ergo- und Physiotherapie. Die Gestaltung der eigenen Ablauforganisation in Bezug auf Therapie-, Arbeits- und Förderpläne ist die individuelle Aufgabe jedes Therapeuten. Dazu gehört die Vorbereitung und Reflexion der Therapiestunden und Dokumentationen. Die Teilnahme an Teambesprechungen, Fort- und Weiterbildungen ist erforderlich, sowie bei Bedarf der Besuch von Tagungen und Reha-Messen. Das Lesen von Fachliteratur, Arztberichten und Schülerakten ist ein weiterer Bestandteil der Vor- und Nachbereitungen. Außerdem kann die Möglichkeit der Aufnahme von Schülerpraktikanten und Studenten bestehen. c) Zusätzliche Aufgaben sind die Teilnahme an Dienstbesprechungen, Konferenzen und DiF-Gesprächen (Dokumentation des individuellen Förderbedarfs). Die Teilnahme an schulinternen Fortbildungen ist verpflichtend. 5 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 4. Inhaltliche Schwerpunkte Neben dem gemeinsamen Tätigkeitsbild der drei Berufsgruppen bewahrt jede Disziplin ihre berufsspezifischen inhaltlichen Schwerpunkte. Diese werden im Folgenden erläutert. 6 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 4.1 Ergotherapie Ergotherapie leitet sich aus dem Griechischen „Ergon“ ab, und bedeutet: Werk, Handlung oder Tätigkeit Schon in dieser Berufsbezeichnung drückt sich das grundsätzliche Ziel der Ergotherpie aus: Erreichen von größtmöglicher Handlungskompetenz und Selbständigkeit. Die Sinnessysteme und ihr gutes Funktionieren bilden die Voraussetzung für die Wahrnehmung. Um das Wahrgenommene (die Umwelt) aber richtig zu verstehen und darauf sinnvoll reagieren zu können, müssen diese Sinnessysteme optimal aufeinander abgestimmt sein. Auf Grund von Störungen in diesem komplexen Prozess nehmen viele Schüler ihre Umwelt bzw. ihren Körper nur undeutlich, lückenhaft oder verwirrend wahr (z.B. Autisten), mit der Folge, dass auch ihre Handlungsfähigkeit beeinträchtigt ist. Im Zentrum der Behandlung steht daher die Verbesserung der Wahrnehmung. Wichtig für die ergotherapeutische Vorgehensweise ist, dass Schwierigkeiten in der Wahrnehmung nicht „beübt“ werden können. Durch Erfahrungen und physiologische Anbahnung, werden Anstöße für das eigene Entwicklungsbedürfnis gegeben. So können neurologische Verknüpfungen weiter entstehen. Dabei kommen verschiedene therapeutische Konzepte zur Anwendung: geführte Bewegung nach Affolter sensorische Integration nach Jean Ayres basale Stimulation nach Fröhlich u.a. Die Grundlage aller therapeutischen Maßnahmen ist dabei der tatsächliche Entwicklungsstand unserer Schüler. Durch Beobachtungen im Schulalltag sowie Gespräche mit dem pädagogischen Team und den Eltern werden die geistigen, emotionalen und körperlichen Fähigkeiten und Schwierigkeiten des Schülers erfasst. Da diese sehr unterschiedlich sein können, sind auch die Maßnahmen der Ergotherapeutin sehr vielfältig. Sie wenden sich an Schüler aller Jahrgangsstufen und finden in Einzeltherapie oder in Gruppen statt. Das Ziel, die selbständige Handlungsfähigkeit aller Schüler zu erweitern, beinhaltet auch, den Schüler in seiner Kommunikationsmöglichkeit zu fördern. Die Beratung und Fortbildung der pädagogischen Teams über die verschiedenen Möglichkeiten der unterstützten Kommunikation (UK) und die Begleitung des Förderprozesses bilden daher einen Schwerpunkt der therapeutischen Arbeit. Nichtsprechende oder in ihrem Sprachvermögen eingeschränkte Schüler lernen in der Gruppe handlungsbegleitende Gebärden. Die Übertragung ihrer neuen Kenntnisse in den Unterricht wird durch die Betreuung der Therapeuten unterstützt. Schüler, denen eine motorische Umsetzung der Gebärden nicht möglich ist, werden wenn möglich, mit elektronischen Kommunikationshilfen versorgt. Im geschützten Rahmen der Einzelsituation erlernen sie den Umgang mit dem Kommunikationsgerät. Neben der klassischen Hilfsmittelversorgung (Rollstuhl etc.) ist die gemeinsame Erarbeitung von kleinen Hilfen und Handlungsstrategien bei den wiederkehrenden „Herausforderungen“ des Alltags wie z.B. das Aus- und Anziehen ein weiterer Schwerpunkt. In der Arbeitstherapie sollen die Schüler auf die Arbeitsprozesse in den Werkstätten vorbereitet werden. Dazu wird u.a. ihre Ausdauer und Konzentration sowie die Fähigkeit in bzw. mit einer Gruppe zu arbeiten gefördert. 7 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule Alle ergotherapeutischen Inhalte stehen grundsätzlich im direkten Bezug zum Alltagsgeschehen der Schüler, damit sie sinnvolle Erfahrungen machen können. 8 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 4.2 Physiotherapie Die Physiotherapie beinhaltet die Optimierung von Bewegungsabläufen. Je nach Fähigkeiten der Schüler variieren die Zielsetzungen und somit die physiotherapeutischen Angebote. Schüler, deren Alltagsbewältigung sich aufgrund verschiedener Beeinträchtigungen schwieriger gestaltet, werden von den Physiotherapeuten im Schulalltag unterstützt. Rollstuhlkinder beispielsweise lernen, sich vom Rollstuhl selbstständig auf eine andere Sitzgelegenheit zu setzen, ihre Armkraft zu nutzen und alternative Bewegungsabläufe zu erlernen. Schüler mit Gehbehinderungen werden dazu angeleitet, Gehhilfen dort einzusetzen, wo sie benötigt werden. Dabei wird es ihnen ermöglicht, ihr Laufvermögen zu trainieren und zu erhalten, um sich im Schulalltag möglichst selbstständig zu Recht zu finden. Um Kontrakturen in der Muskulatur vorzubeugen, die durch das häufige Sitzen im Rollstuhl entstehen, werden Positionen trainiert, die dem entgegenwirken. Dies kann sowohl durch aktive Arbeit des Schülers erfolgen als auch passiv durch Lagerungen und Dehnungen des Therapeuten. In der Primarstufe findet Physiotherapie in Einzeltherapie oder unterrichtsbegleitend statt. Die Begleitung im Unterricht bezieht sich sowohl auf den Klassenverband als auch die Kooperationsklassen. Im Unterricht kann die Therapeutin den Schüler z.B. durch Unterstützung beim aktiven Stand die Teilnahme am Unterricht erleichtern und die Konzentrationsfähigkeit erhöhen. Auch können Hilfsmittel wie Stehständer und „Walker“ mit Hilfe der Therapeutin zum Einsatzkommen. Durch den Einsatz im Unterricht wird auch das pädagogische Team mit den Hilfsmitteln vertraut gemacht. Auch Schülern mit Schwierigkeiten in der manuellen Koordination wird der Schulalltag durch die individuelle Unterstützung der Therapeutin im Unterricht erleichtert. Dies geschieht meistens in einer Verknüpfung von Unterrichtsbegleitung und Einzelförderung. Das Ziel der Physiotherapie ist, die Kompetenzen, die der Schüler mitbringt, positiv zu nutzen, um auf dieser Basis Fortschritte zu erarbeiten. Dabei soll es sich um Bewegungsund Handlungsabläufe handeln, die der Schüler im Alltag, also in der Schule, zu Hause und in der Freizeit nutzen kann. Physiotherapeuten führen auch Therapien im Wasser durch. Einige Schüler, die aufgrund einer körperlichen Behinderung oder wegen einer anderen Einschränkung nicht im Klassenverband ohne Hilfe am Schwimmunterricht teilnehmen können, erhalten durch Physiotherapeuten eine Einzelförderung im Therapiebad. Durch diese besondere Aufmerksamkeit kann es gelingen, dass Schüler wieder in den Schwimmunterricht der Klasse integriert werden können. Ein weiterer Tätigkeitsbereich der Physiotherapeuten sind Sportgruppen mit bestimmten therapeutischen Schwerpunkten. Das kann z.B. Rückengymnastik sein oder eine Gruppe mit dem Ziel, durch psychomotorische Inhalte das Selbstbewusstsein bewegungsängstlicher Schüler zu stärken. Auch die Schulung von Wahrnehmung und Koordination wird in kleinen Gruppen gefördert. Auf diese Weise werden die Schüler auch außerhalb des Klassenverbandes in themenzentrierten Gruppen gefördert und in den Mittelpunkt gestellt. Das Angebot von Arbeitsgemeinschaften richtet sich nach den speziellen Interessen und Neigungen der Schülerinnen und Schüler. So wird an der Wilhelm-Schade-Schule von einer Physiotherapeutin heilpädagogisches Voltigieren in Zusammenarbeit mit dem Reitverein Badenstedt angeboten. Eine Fußball AG und eine Walkinggruppe wird von einem Physiotherapeuten begleitet. Bei der Wahl der notwendigen Hilfsmittel sind die Physiotherapeuten beratend beteiligt. Dieses erfolgt in Zusammenarbeit mit Ärzten, Therapeuten, Hilfsmittelversorgern und den Eltern. Gegebenenfalls begleiten sie Schüler mit ihren Eltern ins Sozialpädiatrische 9 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule Zentrum, um dort gemeinsam mit den Fachkräften die bestmögliche Förderung anzustreben. 10 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 4.3 Motopädie Die Motopädie hat die Entwicklungsförderung von Kindern und Jugendlichen zum Ziel, die in ihrer Wahrnehmungs- und Bewegungsfähigkeit, und dadurch in ihrem sozialemotionalem Verhalten beeinträchtigt sind. Im Rahmen von psycho- und sensomotorischen Bewegungsangeboten eröffnet der Mototherapeut dem Einzelnen die Möglichkeit, sich in seiner Art wahrzunehmen. Diese Erfahrungen sollen dem Schüler ermöglichen, sich als eigenverantwortlich handelnde Persönlichkeit im sozialen Zusammenhang zu erleben2. Sich selbst in Bewegung zu erleben ist Voraussetzung für die Fähigkeit Beziehungen gestalten zu können. Erst entsteht das Bewusstsein für das eigene Sein und dann für das des Gegenübers. Für den Schüler steht zu Beginn der Stunde zum Beispiel das Erleben im Vordergrund. Er wirft, rollt oder prellt dabei den Ball in der Turnhalle. Vorhandene Fähigkeiten wie Ganzkörperkoordination, Auge-Hand-Kontrolle und Kraftdosierung unterstützen die Bewegung. Wird diese Phase von dem Schüler befriedigend erlebt, kann er sich der Gruppe zuwenden. Im gemeinsamen Tun in der Sporthalle, im Therapiebad und im Rhythmikraum entwickeln sich immer mehr die Ich – Material- und Sozialkompetenzen des Schülers. Ichkompetenz beschreibt z.B. die Fähigkeit eigene Bedürfnisse zu äußern, während Materialkompetenz auf entsprechenden Umgang mit Dingen aus dem Lebensumfeld hinweist. Sozialkompetenz wird im Gruppengeschehen sichtbar. Dies zeigt sich zum Beispiel bei Lösungsversuchen in Konfliktsituationen. Geleitet von den Kenntnissen der Entwicklungspsychologie, der Bewegungsanalyse und der Psychodynamik stützt der Mototherapeut die Erfahrungen des Schülers. Elterngespräche und der Austausch und die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus der entsprechenden Klasse des Schülers, bestimmen den Therapieverlauf wesentlich mit. Positiv auf den Therapieverlauf wirken ebenfalls ausführliche Beratungsgespräche, die auf Wunsch von Klassenteams stattfinden. Mototherapie findet in Gruppen sowie in Einzelstunden statt. Zurzeit wird das mototherapeutische Angebot durch die Zusatzqualifizierung der Mototherapeutin in Tanztherapie ergänzt. In Gruppen sowie in Einzelstunden erhalten die Schüler die Möglichkeit, sich über den Tanz individuell auszudrücken. Ohne Sprache, anhand von Gestik und Mimik, teilen sie sich ihrem Gegenüber mit. In gleicher Weise hinterlässt ihr Ausdruck auch einen Eindruck im eigenen Erleben. Zum Beispiel kann Freude oder Wut als Kraft erlebt werden, die zur Stärkung des eigenen Selbstbildes beiträgt. Im besonderen Maße unterstützt die Tanztherapie Schüler mit dem Behinderungsbild Autismus. Die Tanztherapeutin spiegelt unter anderem den Schüler in seinen Bewegungen, die sie daraufhin als ihnen zugehörig erkennen. Dadurch entsteht der Kontakt zu sich selbst und zur Umgebung, der für das Lernen die Voraussetzung bildet. Wassergewöhnung und Wasserbewältigung sind weitere feste Bestandteile der Mototherapie an der Schule. Die Schüler erleben im spielerischen Umgang mit dem Wasser sich auf veränderte Schwerkraftverhältnisse einzustellen. Das Ziel ist, diese lustvoll zu erfahren und neue Fähigkeiten, bis hin zum Schwimmen lernen, zu entwickeln. 2 Blätter zur Berufskunde – Mototherapeutin-, Bundesanstalt für Arbeit 11 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 5. Therapeutische Auswahlkriterien Das Therapieangebot richtet sich insbesondere an die Schüler, die aufgrund der Schwere ihrer Behinderung dem Unterricht nur sehr eingeschränkt folgen können. Grundlagen für die Therapie sind: Gutachten, Schülerakten, Arztberichte, Diagnosen Schulärztliche Untersuchung Therapeutische Befundung Beobachtungen des pädagogischen Teams im Schulalltag Teamabsprachen Bei der Auswahl der Therapieform steht die jeweilige Situation des Schülers im Mittelpunkt. Zunächst wird die Therapie/en ausgewählt, die zur Weiterentwicklung bzw. Förderung seiner Handlungskompetenzen z.Z. am dringlichsten sind. Je nach aktueller Situation des Schülers kann dass bedeuten, dass er in einem Schuljahr verschiedene Therapien haben kann und in einem anderen Schuljahr keine. Diese Verfahrensweise macht es möglich, die Intensität sowie die Therapieform am aktuellen Entwicklungsstand der Schülers anzupassen und eine Überlastung zu vermeiden. Grundsätzlich besteht mit der Einschulung kein Anrecht auf Therapie. Leider ist eine Therapieversorgung aller Schüler an allen Standorten nicht gegeben, da der Therapiebedarf höher ist als die vorhandenen Therapiestunden. 12 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 6. Zusammenarbeit 6.1 Therapeuten und Pädagogen Die Arbeit in der Förderschule für Geistige Entwicklung führt verschiedene Berufsgruppen in pädagogischen Teams zusammen. Ein ständiger Austausch zwischen Förderschullehrern, Erziehern, Integrationsassistenten und Therapeuten ist wichtig, um die individuellen Förderziele zu besprechen. So wird ein gemeinsam gestecktes Ziel für den Schüler angestrebt, das jeder Mitarbeiter des pädagogischen Teams verfolgt. Alle Mitarbeiter, die mit dem Schüler arbeiten, müssen in regelmäßigem Kontakt stehen, um beispielsweise die Eigenständigkeit zu fördern, Ängste abzubauen und Über- oder Unterforderung zu vermeiden. wie weit darf der Schüler im Unterricht körperlich belastet werden, ohne unteroder überfordert zu sein, hat er am Tisch die richtige Sitzposition, was kann verbessert werden, sind die Hilfsmittel (Rollstuhl, Schienen, Esshilfen etc.) für den Schüler sinnvoll und passend, Unterstützung bei den Mahlzeiten durch die Therapeuten lässt sich auffälliges Verhalten auf Wahrnehmungsstörungen bzw. sozialemotionale Schwierigkeiten zurückführen? wie ist der Hintergrund des Schülers, in welcher Weise kann ich mich am besten mit ihm verständigen, wie ist der Schüler am besten zu motivieren, wie wird mit Konflikten umgegangen, werden Inhalte der Therapie im Alltag sichtbar? Gemeinsame Ziele, Ideen und Fördermöglichkeiten werden in den pädagogischen Teams in den sogenannten DiFs (Dokumentation des individuellen Förderbedarfs) erarbeitet und schriftlich dokumentiert. Wechselseitige Hospitationen in Therapie und Unterricht dienen dem lebendigen Austausch untereinander. Die gemeinsamen Förder- und Therapieziele können so überprüft und modifiziert werden. 13 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 6.2 Innerhalb des Therapeutenteams Durch die verschiedenen Standorte der Wilhelm-Schade-Schule bedingt finden Besprechungen mit dem gesamten Therapeutenteam dreimal jährlich statt. Der fachliche Austausch über Schüler bezieht sich überwiegend auf die Therapeutenteams der jeweiligen Standorte, die gemeinsam mit dem pädagogischen Team das Förderkonzept der Schüler erarbeiten und gemeinsame Ziele verfolgen. Auch die Versorgung mit Hilfsmitteln, Anschaffung von Materialien und Raumverteilung wird standortbezogen abgesprochen. Die Besprechungen aller Therapeuten haben folgende Ziele: Planung u. Durchführung von internen (Therapeutenteam WSS) und regionalen (Therapeuten aller Förderschulen) Fortbildungen Austausch über die therapeutische Arbeit in den Standorten Berichte aus den Arbeitsgruppen in denen Therapeuten vertreten sind fachlicher Austausch über Schüler, Zielsetzungen, Fallbesprechungen und Förderbedarf (Therapieform) 14 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 7. Das therapeutische Angebot der Schule mit ihren Standorten Die Wilhelm-Schade-Schule besteht aus dem Hauptstandort in der Freudenthalstraße und den Standorten: GS Egestorff, IGS Stöcken und GS Am Stöckener Bach. An diesen Standorten wird z.Z. in unterschiedlichen Formen kooperativ gearbeitet. Das Therapieangebot bzw. die Therapeuten stehen nach Möglichkeit den Standorten zur Verfügung. Zu beachten sind hierbei die für die Therapiedurchführung entsprechenden Rahmenbedingungen. a) Hauptstandort Freudenthalstraße Im Hauptstandort werden zur Zeit Klassen der Sekundarstufe I und II unterrichtet.. Der Standort ist mit verschiedenen Therapieräumen ausgestattet. Dieses vielfältige Raumangebot bietet die Möglichkeit, die verschiedenen Therapieformen parallel anzubieten oder sie zur interdisziplinären Zusammenarbeit zu nutzen. Für die Schüler bestehen geeignete Fördermöglichkeiten durch ein beheiztes Schwimmbad, dem gut ausgestatteten Snozelenraum sowie der Therapieschaukel im separaten Raum. Außerdem gibt es eine Turnhalle und einen Fitnessraum. In den Außenanlagen stehen den Schülern Sandkisten, Rasenflächen, Klettergeräte und eine Korbschaukel zur Verfügung. Auf der Asphaltfläche im Innenhof können sie Gokart-, Roller- und Radfahren erlernen. b) Egestorffschule Dieser Standort verfügt über vier Klassen der Primarstufe, die in Kooperation mit der Grundschule Egestorff zusammenarbeiten. Abgesehen von den Klassenräumen ist sie ausgestattet mit einem Therapieraum und einem Bällebad. Weiterhin können die Werkräume, der Gymnastikraum, der Frühförderraum sowie der Multifunktionsraum nach Absprache mit den Lehrkräften der anderen Schulen als Ausweichmöglichkeiten genutzt werden. Die Außenanlagen bestehen aus einem separaten Garten mit Sandkiste und dem Schulhof mit Spielgerüst und großer Sandfläche. Die Turnhalle steht den Therapeuten aufgrund des großen Klassenandrangs nicht zur Verfügung. Die therapeutische Versorgung des Standortes wird mit Physiotherapie und Ergotherapie abgedeckt. Da an diesem Standort Schüler der Primarstufe unterrichtet werden, für die eine gute therapeutische Versorgung besonders sinnvoll ist, wäre ein zweiter Therapieraum, der den Therapeuten der Wilhelm-Schade-Schule zur Verfügung stände, wünschenswert. So könnten zwei Therapeuten gleichzeitig mit Schülern arbeiten, ohne Absprachen treffen zu müssen. 15 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule c) IGS Stöcken An der IGS – Stöcken werden zur Zeit zwei Klassen von Sonderschullehrern und pädagogischen Mitarbeitern unterrichtet. Eine festgelegte Stundenzahl in der Woche nehmen die Schüler, aufgeteilt in Kleingruppen, an ausgewählten Angeboten am Unterricht der Regelklassen teil. Das Therapieangebot befindet sich im Aufbau. Im Rahmen der Umbauarbeiten soll ein Therapie- bzw. Multifunktionsraum entstehen. Bis zum Abschluss der Arbeiten werden Schüler mit Therapiebedarf einmal wöchentlich im Unterricht ergotherapeutisch betreut. d) Stöckener Bach Am Standort GS Am Stöckener Bach werden zur Zeit zwei Klassen von Sonderschullehrern und pädagogischen Mitarbeitern unterrichtet. Zwei Stunden täglich werden die Kinder mit sonderpädagogischer Begleitung auf Grundschulklassen aufgeteilt und erleben dort integrativen Unterricht. Den Rest des Tages arbeiten sie in ihrer separaten Klasse. Die Klassen der Wilhelm-Schade-Schule liegen nebeneinander mit jeweils einem angegliederten Förderraum von 14,9 qm, der für therapeutische Einzelförderung genutzt werden kann. Für psychomotorische Förderung in Kleingruppen und für Einzeltherapie kann die Turnhalle genutzt werden. Die Turnhalle kann durch eine Wand abgeteilt werden, so dass nach Absprache in dem kleineren Teil der Halle gearbeitet werden kann während der größere Teil von Grundschulklassen für den Sportunterricht genutzt wird. 16 Therapiekonzept der Wilhelm-Schade-Schule 8. Ausblick Die Schüler der Wilhelm-Schade Schule werden in immer größerem Umfang kooperativ und inklusiv beschult. Dieser Prozess führt zur Veränderung des gesamten Schullebens. Die therapeutische Arbeit wird sich an diesem Prozess der Inklusion weiterentwickeln und sich mit neuen Fragestellungen auseinandersetzen: Welchen Stellenwert erhält die Therapie bei der Inklusion? Welche Formen der Arbeit können sich daraus entwickeln? Am Ende des Schuljahres 2012/2013 werden diese Fragen mit den Erfahrungen aus der praktischen Arbeit evaluiert. 17