Consulting Firma

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Eindrücke und Widerstand einer Harz IV- Beschädigten
Das Experiment an Menschen in einer Kriegsökonomie.
Das Vokabular hält Schritt
Der Mensch wird zum Kunden
Doch nur die Arbeitslosen
Ich bin von Beruf Historikerin und Künstlerin/ Kunsthistorikerin und arbeitete freiberuflich in der
Lehre. Nach einer Krankheit verlor ich Schüler, wodurch meine Freiberuflichkeit größtenteils
verloren ging. Dadurch wurde ich eine so genannte „Aufstockerin“ das bedeutet ein Mensch, der
nicht von seiner Arbeit leben kann und deshalb von der ARGE abhängig wird.
Die ersten Zeichen des wirtschaftlichen Krieges spürte ich, als die Ärzte mich nicht mehr
behandelten, weil ich keine zusätzlichen Leistungen bezahlen konnte. Es waren einen Augenarzt
und ein Hautarzt.
So ging ich zur ARGE und war jetzt ALGII-, das heißt Harz IV-,Empfängerin.
Der Angestellte beantwortete am ersten Tag meine vielen Fragen dadurch, dass er mir eine
Unterlage mit Gesetzen vorhielt und sagte: Dieses sind die Gesetze, lesen Sie die, und füllen Sie
die Formulare aus.
- Extra Fragen konnte ich nicht stellen, denn alles war geregelt, ohne Ausnahmen.
- Kein Geld für Wohnungsumzüge, falls die Wohnung zu teuer wird
- Keine Ermäßigungen für kulturelles Leben
- Keine extra Mittel z.B. für Kleidung, Wäsche, Putzmittel usw.
- Kein Geld für gesunde Ernährung, damit wir die Reste konsumieren, die bei den Tafeln als
kirchlichen Almosen! verteilt werden - Fürsorge für die kirchliche Konjunktur.
- Keine neue Erde für meine Pflanzen
- Kein Geld für den Fall, dass etwas in der Wohnung kaputt geht oder die Wohnung frische
Farbe braucht.
Aber wir mussten Arztgebühren zahlen, für Medikamente Zuzahlung leisten, Gas/Strom selbst
tragen,
und: die Bescheide der ARGE sind oftmals falsch.
Zum Beispiel wurde mir die Heizung gestrichen ohne Rücksprache mit mir zu halten,
Warmes Wasser wird nicht bezahlt weil es mit Strom erhitzt wird.
Der Versuch, uns unter der Hand das Geld zu kürzen, hängt mit der Konkurrenz unter den ARGEAngestellten zusammen, und sie werden immer jünger!
Viele von ihnen werden aus den Arbeitslosen rekrutiert .
Überlastete Angestellte
Wenn ich ein Anliegen oder eine Frage habe, sagen die Angestellten bzw. die
Sachbearbeiter/innen, dass sie zu viel Arbeit haben und so nicht wüssten, wann sie das Anliegen
bearbeiten können, also muss ich warten.
Ich aber schreibe ihnen, und mache meine Meinung geltend, dass ich für ihre Überlastung nicht
zuständig bin und darum die Bearbeitung meines Anliegen erwarte. Dieses schicke ich per
Einschreiben und nicht nur an die zuständigen SachbearbeiterInnen, sondern eine Kopie geht an
die Geschäftsführung.
Verhalten gegenüber Arbeitslosen
Manche Angestellte redeten mit mir, als ob ich unmündig wäre, bestenfalls ein Kind.
Ich konnte manchmal spüren, dass sie denken, wir sind keine Menschen (Dehumanisierung der
Arbeitslosen). Als ich mich bei der Geschäftsleitung über diese Art und Weise, wie sie mit mir
umgingen, beschwerte, haben sich die Angestellten dafür später an mir gerächt.
Eine besondere peinliche Situation hatte ich, als ich im Rahmen einer sogenannten
Optimierungsmaßnahme gezwungen wurde, einen Kurs zu besuchen, der mir nichts brachte. Per
Brief bat ich, davon befreit zu werden. Als ich die Sachbearbeiterin darüber telefonisch informierte,
schrie sie mich an: „Sie sind nicht zur Schule gegangen? Es kostet dem Staat sehr viel Geld,
gehen sie heute noch hin, nach der Pause“.
Ich rief den Lehrer an und sprach mit ihm.
Natürlich ging ich an dem Tag nicht hin, sondern am nächsten Tag, und informierte den Lehrer
über dieses Missverständnis, denn ich kann mich selbst vertreten.
Und so schrieb ich wieder dem Geschäftsführer und verlangte eine Sachbearbeiterin, die in der
Lage ist, zivil Sachverhalte zu besprechen.
Es wurde auch gestattet.
Jobcenter
Ich laufe da hin, alles auf amerikanisch: Beschriftungen, Slogans, Broschüren sowie das Verhalten
der Angestellten.
Der Herr, der mich empfing, sagte unmissverständlich: “Der Langzeitarbeitslose muss sich
anpassen“, muss gern mitarbeiten. Wir sind sehr gut geschult, damit zum Erfolg zu kommen.
Ich hörte andächtig zu und beobachtete sein Bemühen, mich zu überzeugen.
Am Schluss aber erkannte er: Sie sind wohl nicht überzeugt!
Ja, erwiderte ich, stimmt, ich bin nicht überzeugt, denn ich bin ein denkender Mensch,
so muss ich nachdenken über das Angebot, das Sie mir gemacht haben ob es für mich Sinn
macht!
Consulting Firma
Weil ich auf meiner Selbständigkeit beharrte, wurde mir eine Consulting Firma genehmigt.
Eine Frau wollte ich haben und habe mich kategorisch geweigert, mit Männern zu arbeiten.
Es nahm auch eine Frau Kontakt mit mir auf, aber anscheinend wurde ihr untersagt, mit mir zu
arbeiten. So kam ich doch zu einem Mann.
Alle Unterlagen, die er wollte, hatte ich brav vorbereitet und übergab sie ihm.
Nachdem er alles laut gelesen hatte (mein Auge war entzündet, aber er war nicht bereit, einen
anderen Termin auszumachen) sagte er dann: Jetzt müssen Sie sich Gedanken machen, wie Sie
dieses Arbeitsprojekt auf dem Markt bringen wollen!
Es ist Ihre Aufgabe, mir das zu sagen, antwortete ich.
Nein, Sie haben missverstanden, das ist Ihre Sache – sagte er.
So stand ich auf, nahm meine Unterlagen und schleuderte ihm entgegen „Wüsste ich das,
bräuchte ich weder Sie noch die ARGE. Übrigens kosten Sie den Steuerzahler 90 € die Stunde,
und das ist für ihr Nichtstun sehr teuer“ - und ging!
Sofort gab ich der Sachbearbeiterin bescheid. Sie war sprachlos, denn für sie war es eine
Niederlage. „Sie sind die einzige, die nicht untergebracht wurde .(mir fiel dabei ein, was
„unterbringen“ auch bedeutet).
Diese Frau sah ich nie wieder.
Gefeuert? Wer weiß,
Die Angestellten bei der ARGE wechseln dauernd, als ob die Angst bestehen würde, dass
sie eine verbindliche menschliche Beziehung mit den Arbeitslosen aufbauen könnten.
Mein Vertrauen in ein Demokratisches Europa ist erschüttert
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