Was man sich ganz am Anfang mal klarmachen sollte ... In der Schule gibt es besonders viel Gelegenheit für Auseinandersetzungen! Wo immer Menschen zusammen sind oder gar zusammenarbeiten müssen, gibt es auch Auseinandersetzungen. In der Schule sind sie besonders heikel, weil ganz viele Punkte in sie hineinspielen: Faktor 1: die große Zahl von Schülern Da ist eine mehr oder weniger (meist zu...) große Gruppe von ganz unterschiedlichen Schülern, die aber eines aus langer Schultradition gemeinsam haben: erst mal nicht so ganz viel Lust zu lernen. Arbeits- und Stressminimierung ist angesagt – und wenn das mal anders sein soll, muss der Lehrer sich viel einfallen lassen, um alle zu motivieren. Faktor 2: der Lehrer als Einzelkämpfer Auf der anderen Seite der Lehrer, in 99% aller Fälle ein Einzelkämpfer, der sich leicht in seiner Autorität bedroht fühlt und von daher in der Regel nicht viel Lust hat, den Schülern möglichst viel Freiheit zu geben. Man weiß ja nicht, was dabei herauskommt und ob man die Schüler am Ende wieder einfangen kann. Faktor 3: Das Dickicht des Schulrechts Dann ist da natürlich auch das breite Feld des Schulrechts: Man darf einen Schüler nicht so einfach mal nach Hause gehen lassen, um etwas Wichtiges zu holen – auch wenn er nur 5 Minuten entfernt wohnt. Auf einer Klassen- oder Kursfahrt darf nur gebadet werden, wenn – nur leicht übertrieben – jeder Schüler seinen eigenen Rettungsschwimmer an der Seite hat. All das sollte man sich klar machen, um gleich am Anfang zu begreifen: Lehrer sind in der Regel keine Diktatoren, die vom Aufstehen an darüber nachdenken, wie sie Schüler ärgern können – in der Regel haben sie ganz andere Probleme und sind froh, wenn sie einigermaßen unbeschadet durch den Schulalltag und sein strenges Regelwerk kommen. Tipp 1: Ruhiges Gespräch statt Eskalation in der Öffentlichkeit Wegen der besonderen Schulsituation ist es in der Regel ganz wichtig, nicht gleich so richtig loszulegen, wenn man sich falsch behandelt fühlt, sondern ein ruhiges Gespräch unter vier oder auch sechs Augen anzustreben. Auf jeden Fall ist es am besten, wenn man erst einmal unter vier Augen mit dem Lehrer spricht, er kann sich dann am ehesten „menschlich“ zeigen und man kann sich ohne Zeugen relativ offen austauschen – beide Seiten wissen dann, woran sie sind. Wichtig ist, sich sorgfältig auf ein solches Gespräch vorzubereiten, sei es, dass man sich eine Arbeit erst einmal genau anguckt, bevor man über die Note schimpft, sei es, dass man über das eigene Verhalten nachdenkt und darüber, wie man es dem Lehrer verständlich(er) machen kann. In bestimmten Situationen kann es gut sein, wenn man einen weiteren Schüler mit hinzunimmt – am besten dann den Klassen- oder Kurssprecher, weil der ja ein Amt hat, das seine Anwesenheit für den Lehrer „erträglich“ macht. Tipp 2: Sich Hilfe bei Vermittlern und Fachleuten holen Sollte das Vier-Augen-Gespräch mit dem Lehrer nichts bringen oder sollte es sich um jemanden handeln, mit dem man möglichst nicht „ungeschützt“ redet, dann bietet sich als nächste Stufe an, einen SV-Lehrer heranzuziehen. So wie die Anwesenheit eines Klassen- oder Kurssprechers leicht begründet werden kann, ist die Hinzuziehung eines SV-Lehrers etwas, wogegen kein Lehrer etwas haben kann. Der Vorteil ist, dass man einen neutralen Dritten dabei hat, der viel Erfahrung hat, was Schule und ihre Konflikte angeht, der außerdem in aller Regel auch weiß, wie man am besten mit Konflikten umgeht und in Gesprächen Ziele erreicht. Geht es um einen fachlichen Streit, ist der Fachvorsitzende unter Umständen der beste erste Ansprechpartner: Er weiß nämlich (oder sollte es wissen), was in einem Fach üblich ist und was vielleicht erst noch allgemein unter allen Fachlehrern geklärt werden muss, bevor man es auf Schüler loslässt. Die Namen der Fachvorsitzenden gibt es im Schulsekretariat. Tipp 3: Sich an die Eltern wenden... In der Regel wollen Schüler ihre Eltern möglichst aus Schulangelegenheiten heraushalten – schließlich ergeben sich in diesem Zusammenhang meistens eher unangenehme Folgen. Wenn es aber hart auf hart geht, sollte man den Einfluss der Eltern nicht unterschätzen: Die meisten Lehrer wissen ganz genau, dass die Eltern ihnen mit am meisten Ärger machen können, von daher werden sie ganz vorsichtig, wenn diese sich einmischen. Und das ist natürlich in allen Fällen gut, wo Lehrer Dinge machen, die einfach nicht (ganz) in Ordnung sind. Ein möglicher Fall wäre zum Beispiel, wenn ein Lehrer offensichtlich einen Schüler „auf dem Kieker hat“, vielleicht sogar Bemerkungen loslässt wie: „Aus dir wird doch sowieso nichts“ oder: „Auf die Nachprüfung brauchst du dich gar nicht vorzubereiten, du hast eh keine Chance! usw. – das mag im Einzelnen alles menschlich verständlich sein – aber wenn ein solcher Lehrer eine dieser Äußerungen rechtfertigen muss, kommt er ganz schön ins Schwitzen und um eine Entschuldigung nicht herum. Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch, dass bei allgemeinen Fragen der Klassensituation der so genannte „Klassenpflegschaftsvorsitzende“ (so heißt er in NRW) noch eine besonders starke Stellung hat. Er wird von den Eltern aller Schüler gewählt und vertritt sie – zum Beispiel gegenüber der Schulleitung – und da merkt man schon, wie schwer sein Wort wiegen kann. Tipp 4: Sich an die Schulleitung wenden... Natürlich gibt es Situationen, in denen es sinnvoll ist, sich gleich an den Direktor zu wenden: Wenn zum Beispiel ein Lehrer behauptet, man dürfe keinen Ausflug ins Nachbarland machen – und die Parallelklasse hat das vor zwei Wochen doch gemacht – dann ist die Schulleitung sicher die richtige Adresse, um das zu klären. Im Übrigen sollte man sich an sie erst wenden, wenn man alles andere versucht hat. Ein Direktor wird immer versuchen, Schaden von der ganzen Schule abzuwenden – und das bedeutet eben auch, dass nichts in „seinem“ Haus geschieht, was ein schlechtes Licht darauf werfen könnte. Außerdem ist der Schulleiter für den ordentlichen Schulbetrieb zuständig sowie die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen. Wenn also ein Lehrer konsequent Schülerinnen mit „Schätzchen“ anredet, dann kann es schon sein, dass das erst bei der Schulleitung gestoppt wird, die in diesem Falle klarer sieht als er, dass das absolut nicht in Ordnung ist. Oder wenn ein Lehrer nach dem Beginn der Stunde die Tür des Klassenraums abschließt – dann wird ihn spätestens die Schulleitung auf die damit verbundenen Gefahren hinweisen – außerdem wird sie ihm sagen, dass auch ein zu spät kommender Schüler Recht auf Unterricht hat und man solche „Ordnungswidrigkeiten“ anders regeln muss. Die Schulleitung ist also in aller Regel der letzte Ort, wo es noch zu einer gütlichen Einigung kommen kann – und alle Beteiligten an einem Konflikt sind in der Regel daran interessiert, ihn dort endgültig zu begraben. Wenn man dann noch einen klugen Direktor hat (oder natürlich auch eine kluge Direktorin), dann können sich alle beglückwünschen, weil dann Konflikte einigermaßen still aus der Welt geschafft werden können – schlimmstenfalls müssen dann auch mal Schüler und Lehrer getrennt werden – selbst das kann ein Direktor zumindest zum nächsten Stundenplanwechsel in die Wege leiten. Es kann aber auch natürlich sein, dass die Schulleitung Schülern endgültig klar macht, dass der Lehrer mit seiner unangenehmen Entscheidung völlig im Recht war. So ist es etwa in NRW seit einiger Zeit wieder erlaubt, Schülern, die sich falsch verhalten, die Aufgabe zu geben, auf ein oder zwei Seiten „schriftlich darüber nachzudenken“. Auf jeden Fall ist das sinnvoller als 100mal zu schreiben: „Ich darf nicht ...“. Tipp 5: Sich an die Behörde wenden... Wir sprachen eben schon davon, dass die Schulleitung in der Regel die letzte Instanz ist, die einen Streit noch gütlich einigen kann. Die Stufen darüber hinaus sind für alle Beteiligten mit viel Stress verbunden – vor allem erst mal für den Lehrer, der unter Umständen umfangreiche Berichte schreiben bzw. Anhörungen über sich ergehen lassen muss. Wie die entsprechende Behörde der Schulaufsicht genau heißt, das kann man bei der Schulleitung erfragen – spätestens den Elternvertretern wird hier sicher korrekt Auskunft erteilt. Gab es wirklich Anlass zur Beschwerde, d.h. war der Lehrer auch gegenüber der Schulleitung nicht einsichtig, dann mag das auch in Ordnung und notwendig sein. Ansonsten aber muss man natürlich auch damit rechnen, dass sich anschließend alle Lehrer und Lehrerinnen gegenüber einem solchen pingeligen Beschwerdeführer formal sehr korrekt verhalten werden. Gehen wir einmal von einer Klasse aus, die einem Lehrer, der aufgrund vielfältiger Aufgaben auch in den Pausen viel zu regeln hat, penibel aufrechnet, wie oft und welche Zeit er insgesamt zu spät gekommen ist. Die Schüler müssen sich dann nicht wundern, wenn ab dann für lange Zeit alle Lehrer mit dem Schellen im Raum sind und sich auch sonst an jeden Buchstaben der Gesetze halten. Wir wollen uns an dieser Stelle lieber nicht ausmalen, was alles dazu gehören könnte – denn Gesetze sind zwar notwendig und auch einzuhalten – aber manchmal funktioniert das Leben deutlich besser, wenn man die eine oder andere Bestimmung eben auch im Rahmen des Möglichen großzügig auslegt. Tipp 6: Sich an ein Gericht wenden... Wer die ganze Schreckensskala eines Konfliktverlaufs richtig auskosten will, kann sich, wenn auch die Behörde dem Lehrer Recht gibt, natürlich auch an das Verwaltungsgericht wenden – das ist ein Gericht, das überprüft, ob staatliche Behörden – und dazu gehört auch die Schule – sich an Recht und Gesetz halten. Aber die Notwendigkeit dazu besteht äußerst selten, denn in der Schulaufsichtsbehörde (Tipp 5) sitzen in der Regel schon geschulte Juristen, auf deren Urteil sich in der Regel auch das Gericht verlassen muss, denn Schulfragen sind eben auch Expertenfragen. Beispiele für Konfliktfälle Im Folgenden spielen wir mal einige Fälle durch – auch wenn deiner vielleicht nicht dabei ist, man bekommt doch ein Gefühl dafür, wer wofür zuständig ist und wie man am besten an sein Recht kommt. Fall 1: Unzufriedenheit mit einer Klassenarbeitsnote In der Regel sollte man sich die Arbeit erst einmal genau anschauen und sich auf ein Gespräch mit dem Lehrer sorgfältig vorbereiten. Dann spricht man den Lehrer noch einmal darauf an. Dieser hat in aller Regel ein Interesse daran, mögliche Ungereimtheiten noch im Klassen- oder Kursverband zu beheben. Ansonsten ist vor allem der Gang zum Fachvorsitzenden oder zur Schulleitung angesagt, bevor man stärkeres Geschütz auffährt. Fall 2: Unzufriedenheit mit einer mündlichen Note Hier wird es schwieriger, weil man nichts „schwarz auf weiß“ hat. Wichtig ist, sich vom Lehrer genau erklären zu lassen, was er verlangt und vermisst, und das dann auch entsprechend abzuarbeiten. Sinnvoll ist es auf jeden Fall, nach ein paar Stunden (ggf. mit Zeugen) nachzufragen, wie er jetzt die eigene Leistung einschätzt. Ggf. muss man auf vorzeigbare Leistungen wie Hausaufgaben, Referate, Ausarbeitungen u.ä. ausweichen. Fall 3: Persönliches Verhalten des Lehrers Manche Lehrer neigen dazu, sich auf Kosten von Schülern zu entlasten, etwa mit ironischen Bemerkungen: Hier sollte man entweder deutlich machen, dass man sich verletzt fühlt – oder aber man lässt das den Klassensprecher für sich erledigen. Ansonsten kann man Eltern oder Vertrauenslehrer bzw. im Extremfall auch die Schulleitung einschalten. Fall 4: Missverständnis Viele Konflikte beruhen auf Missverständnissen: Man fragt seinen Nachbarn etwas zum Thema, der Lehrer sieht das als Störung und brüllt los, weil er sich vorher schon über vier andere Leute geärgert hat. Hier ist es am besten, nach der Stunde zu ihm zu gehen und das zu klären – bis dahin sollte man alles tun, um den unnötigen Konflikt nicht zu verschärfen. Fall 5: Eskalationsvermeidung Kommt man zu spät und stört auch noch durch lautes Hereinbrechen in den Unterricht, dann ist es spätestens an der Zeit, einen Gang zurückzuschalten und sich möglichst für die Störung zu entschuldigen. Gut ist natürlich immer eine Entschuldigung, die zieht – und man kann ja wirklich durch einen anderen Lehrer o.ä. aufgehalten worden sein. Fall 6: Vermeidung größerer Schäden Kommt man zu spät und die Klasse ist nicht im gewohnten Raum, sollte man sich auf jeden Fall im Sekretariat melden, wenn alles Suchen erfolglos war – sonst handelt man sich unnötige Vorwürfe ein. Fall 7: Unzumutbare Anforderungen Manchmal verlangen Lehrer etwas, weil sie die Gesamtbelastung der Schüler nicht durchschauen. Zum Beispiel soll eine Klasse jetzt statt des Heftes einen Ordner anlegen und immer mitschleppen. Hilft hier die Intervention des Klassensprechers nicht, schaltet man am besten den Elternpflegschaftsvorsitzenden ein. Der ist schließlich für Belange der gesamten Klasse zuständig. Fall 8: Extreme Auslegung von Bestimmungen Da ist man im Spätherbst aus der Klasse in die Pause gerannt und stellt draußen fest, dass man doch besser eine Jacke angezogen oder das zweite Frühstück mitgenommen hätte. Manche Aufsichtslehrer sind alle möglichen Entschuldigungen gewohnt und knochenhart – in diesem Fall sollte man den Lehrer durch klare, wenn auch höfliche Ansprache, darauf aufmerksam machen, was für einen selbst wichtig ist, ihm auch zugleich anbieten, dass man sich beeilen werde. Ansonsten nimmt man schlimmstenfalls einen anderen Eingang und geht dann direkt ins Sekretariat, um sich dort zu beschweren. Ein ganz heikler Fall ist die Praxis mancher Lehrer, Schüler während des Unterrichts nicht aufs Klo zu lassen: Auf der einen Seite kann man ihren Ärger verstehen, wenn vor fünf Minuten Pause war – auf der anderen Seite gibt es eben menschliche Bedürfnisse, die ihr Recht fordern. Ist man wirklich in einer „un- haltbaren“ Situation, dann bleibt einem nichts anderes übrig, als trotzdem zu gehen – dafür kann man mit Sicherheit nicht bestraft werden. Fall 9: Kollektivstrafe Im Sportunterricht haben drei Schüler ihre Badmintonschläger vergessen – und der Lehrer weiß sich nicht anders zu helfen, als die ganze Klasse zu einem langen Lauf übers Schulgelände o.ä. aufzufordern. Wenn es sich ganz offensichtlich um eine Strafe auch für Unbeteiligte (Kollektivstrafe) handelt, die nichts mit dem aktuellen Unterrichtsthema zu tun hat, dann sollte der Klassensprecher den Lehrer darauf hinweisen – ansonsten muss er sich beim Vertrauenslehrer oder bei der Schulleitung beschweren. Fall 10: Offensichtliche Dienstpflichtverletzungen Leider gibt es auch den einen oder anderen Lehrer, der ganz offensichtlich seine Dienstpflichten verletzt, etwa indem er zu Beginn des Unterrichts schon erklärt, Mädchen bekämen bei ihm in Physik höchstens eine Drei o.ä. In diesem Falle wendet man sich am besten direkt an die Vertrauenslehrer oder auch gleich an die Schulleitung. Tut das der Klassensprecher, ist er auf jeden Fall durch sein Amt geschützt.