5 Untersuchung von Funktionen

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M 11, Kap. VI
Untersuchung von Funktionen
S. 1
5 UNTERSUCHUNG VON FUNKTIONEN
5.1. Vorbemerkungen
Zur Funktionsuntersuchung gehören vor allem folgende wesentliche Aspekte:
 Besondere Stellen und Punkte: Nullstellen, Extrempunkte, Wendepunkte
 Symmetrieverhalten
 Verhalten der Funktion für x    , evtl. waagerechte Asymptoten
 Verhalten der (evtl. zusammengesetzten) Funktion an den Definitionsbereichsgrenzen,
auch z.B. an Polstellen x 0 dabei Untersuchung x  x0 auf senkrechte Asymptoten
 Ferner Monotonieverhalten, Stetigkeit, Differenzierbarkeit
 Schaubild
Der grafische Taschenrechner kann als Hilfsmittel zur Funktionsuntersuchung dienen,
er ersetzt nicht die Beherrschung der dazu notwendigen mathematischen Grundlagen!
Grundlegendes Hilfsmittel zur Funktionsuntersuchung sind die Ableitungsfunktionen.
-> Die erste Ableitung -> ausführlich im Script: Kapitel 5
-> Der Wert der 1. Ableitung von f an einer Stelle x 0 gibt die Steigung von f an.
-> Der Wert der 2. Ableitung von f an einer Stelle x 0 gibt die Krümmung von f an.
f ' ' ( x0 )  0  Rechtskrümmung
f ' ' ( x0 )  0  Linkskrümmung
Man kann sich dies leicht veranschaulichen:
f ' ' ( x0 )  0 bedeutet: Die Steigung von f ' ist negativ ( f ' nimmt also monoton ab).
D.h.: die Steigung von f nimmt ab. (anschaulich: Rechtskrümmung des Schaubildes von f ).
5.2. Nullstellen
-> Script: Kapitel 4.6, 4.8 darunter auch Übungen, Exe, KA: Polynomdivision
5.3. Extremstellen, Extremwerte, Hoch-/Tiefpunkte
Bezeichnungen: Den x-Wert eines Hoch- bzw. Tiefpunkts bezeichnet man als Extremstelle,
den dazugehörigen Funktionswert als Extremwert (=lokales Maximum oder Minimum).
An jedem Hochpunkt und an jedem Tiefpunkt hat f die
Tangentensteigung 0 (obere beide Skizzen).
f
Tangentensteigung 0 bedeutet aber nicht automatisch, dass es sich
f
um einen Hoch- bzw. Tiefpunkt handelt.
Es könnte auch ein sogenannter Sattelpunkt (=Terrassenpunkt) sein (untere Skizze).
Somit formuliert man die
Tangente
Tangente
f
Tangente
Notwendige Bedingung für Extremstellen x 0 : f ' ( x0 )  0
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Damit tatsächlich ein Hochpunkt vorliegt, muss die Steigung von f
links der Extremstelle positiv
und rechts der Extremstelle negativ sein. (Mach dir das anhand der Skizze klar.)
Mit anderen Worten: f ' hat an der Extremstelle einen Vorzeichenwechsel von + nach –.
Ebenso muss f ' bei einem Tiefpunkt einen Vorzeichenwechsel von – nach + haben.
Bei einem Sattelpunkt ist beides nicht der Fall, dort hat f ' keinen Vorzeichenwechsel.
Somit formuliert man die
1. Hinreichende Bedingung für Extremstellen x 0 :
f ' ( x0 )  0 und zugleich Vorzeichenwechsel von f ' ( x) bei x 0 .
Hat f ' an der Stelle x 0 einen Vorzeichenwechsel, so muss f ' steigen oder fallen,
d.h. . es kann nicht sein, dass die Ableitung von f ' an der Stelle x 0 den Wert 0 hat.
Somit formuliert man die (in der Praxis häufiger benutzte)
2. Hinreichende Bedingung für Extremstellen x 0 :
f ' ( x0 )  0 und zugleich f ' ' ( x0 )  0 .
f ' ( x0 )  0 und f ' ' ( x0 )  0 bedeutet, dass bei x 0 ein lokales Minimum ist
f ' ( x0 )  0 und f ' ' ( x0 )  0 bedeutet, dass bei x 0 ein lokales Maximum ist.
Hat man z.B. mit Hilfe der 2. Hinreichenden Bedingung eine Extremstelle x 0 gefunden,
kann man den zugehörigen Extremwert f ( x0 ) durch Einsetzen von x 0 in f berechnen.
Man unterscheidet schließlich noch zwischen lokalen und globalen Extremwerten.
Diese Begriffe sind selbsterklärend:
Ein lokaler Extremwert ist der größte (bzw. kleinste) Funktionswert innerhalb einer
bestimmten Umgebung.
Ein globaler Extremwert ist der größte (bzw. kleinste) Funktionswert innerhalb des
gesamten Definitionsbereiches.
Obige beschriebene notwendige und hinreichende Bedingungen für Extremstellen gelten
selbstverständlich nur innerhalb derjenigen Bereiche von f, in denen f stetig und
differenzierbar ist (bei „anständigen“ Funktionen).
An den Rändern von Definitionsbereichen (z.B. auch bei abschnittsweise definierten
Funktionen) können ebenfalls lokale/globale Maxima/Minima auftreten.
Hierzu berechnet man einfach die Funktionswerte an den entsprechenden Stellen.
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5.4. Wendestellen, Wendepunkte
Bezeichnungen: Eine Stelle x 0 , bei der das Schaubild
von f von einer Links- in eine Rechtskurve übergeht
(oder umgekehrt) nennt man Wendestelle,
den entsprechenden Punkt W( x 0 | f ( x0 ) )
Wendepunkt.
„Linkskurve“
„Rechtskurve
“
Die Tangente in W an das Schaubild von f nennt man Wendetangente.
Einen Wendepunkt mit waagerechter Tangente nennt man Sattelpunkt (Terrassenpunkt).
Analoge Betrachtungen (nur um einen Ableitungsgrad höher) wie in Kapitel 5.3. ergeben:
Notwendige Bedingung für Wendestellen x 0 : f ' ' ( x0 )  0
1. Hinreichende Bedingung für Wendestellen x 0 :
f ' ' ( x0 )  0 und zugleich Vorzeichenwechsel von f ' ' ( x) bei x 0 .
2. Hinreichende Bedingung für Wendestellen x 0 :
f ' ' ( x0 )  0 und zugleich f ' ' ' ( x0 )  0 .
Auch diese notwendigen und hinreichenden Bedingungen für Wendestellen gelten wiederum
nur innerhalb derjenigen Bereiche von f, in denen f stetig und differenzierbar ist
(also bei „anständigen Funktionen, die keine Schweinereien machen“, wie einer meiner
Professoren an der Universität immer zu sagen pflegte).
5.5. Symmetrieverhalten
-> siehe Script: Kapitel 4.7.
Symmetrieeigenschaften können bei Funktionsuntersuchungen insofern ausgenutzt
werden, dass eben auch Nullstellen, Extremstellen und Wendestellen bzw. deren Werte
dieselben Symmetrieeigenschaften besitzen.
5.6. Verhalten der Funktion für x -> Unendlich
und an den Grenzen des Definitionsbereichs
-> vgl. Beispiele im Unterricht zu
Verhalten x    , waagerechte Asymptoten
und Verhalten an den Definitionsbereichsgrenzen x  x0 , senkrechte Asymptoten
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5.7. Monotonieverhalten
Begriffserklärungen:
Eine Funktion f, deren Funktionswerte mit zunehmendem x-Wert immer anwachsen
(abnehmen), heißt monoton zunehmend (abnehmend).
(Dabei darf es auch sein, dass die Funktionswerte stellenweise mal gleich bleiben.)
Monotoniesatz (Voraussetzung: f sei im ganzen Intervall I differenzierbar):
Gilt f ' ( x)  0 für alle x-Werte eines Intervalls I, so heißt f monoton zunehmend in I.
Gilt f ' ( x)  0 für alle x-Werte eines Intervalls I, so heißt f monoton abnehmend in I.
Lässt man nicht zu, dass Funktionswerte stellenweise gleich bleiben, so spricht man
entsprechend von einer streng monoton zunehmenden (abnehmenden) Funktion.
Monotoniesatz (Voraussetzung: f sei im ganzen Intervall I differenzierbar):
Gilt f ' ( x)  0 für alle x-Werte in I, so heißt f streng monoton zunehmend in I.
Gilt f ' ( x)  0 für alle x-Werte in I, so heißt f streng monoton abnehmend in I.
5.8. Stetigkeit und Differenzierbarkeit
Begriffserklärungen:
Eine Funktion f nennt man stetig im Intervall I, wenn die Funktion innerhalb dieses
Intervalls keine „Sprünge“ oder „Lücken“ aufweist.
(anschaulich: Man kann das Schaubild zeichnen, „ohne den Zeichenstift abzusetzen“)
Gilt dies für den gesamten Definitionsbereich, so spricht man oftmals auch kurz von
einer stetigen Funktion.
Eine stetige Funktion kann zusätzlich auch noch „differenzierbar“ sein:
Eine Funktion f nennt man differenzierbar im Intervall I, wenn die Funktion innerhalb
dieses Intervalls keinen „Knick“ aufweist (und natürlich auch keine „Sprünge“ oder
„Lücken“).
Gilt dies für den gesamten Definitionsbereich, so spricht man oftmals auch kurz von
einer differenzierbaren Funktion.
Wie aus der Formulierung hervorgeht, ist differenzierbar sozusagen die „qualitativ
höherwertige Eigenschaft“ der Funktion als nur stetig, folglich:
Ist eine Funktion f an einer Stelle x 0 differenzierbar, so ist f an dieser Stelle auch
stetig.
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5.9. Vollständige Funktionsuntersuchung
Eigentlich gibt es kein Standardverfahren zur vollständigen Funktionsuntersuchung,
das für alle Typen von Funktionen geeignet und sinnvoll ist.
Je nach Typ der Funktion sind eben verschiedene Aspekte zu untersuchen.
1. Beispiel:
Vollständige Funktionsuntersuchung einer ganzrationalen Funktion n-ten Grades
f : x  a n x n  a n 1 x n 1  a n  2 x n  2  ...  a1 x  a 0 .
Da alle ganzrationale Funktionen in ganz R stetig und differenzierbar sind, ist dort folgende
Vorgehensweise zweckmäßig:
1. Bestimmung von f ' , f ' ' , f ' ' ' nach den Ableitungsregeln.
2. Symmetrie des Schaubilds:
Achsensymmetrie zur y-Achse: wenn nur geradzahlige Hochzahlen vorkommen,
Punktsymmetrie zum Ursprung: wenn nur ungeradzahlige Hochzahlen vorkommen.
3. Nullstellen (evtl. raten -> dann Polynomdivision, biquadrat. Gleichungen etc....)
4. Verhalten für x    (betrachte den Summanden mit der höchsten Hochzahl)
5. Extremstellen, lokale/globale Maxima/Minima -> Hoch-/Tiefpunkte
6. Wendestellen, Wendepunkte, Wendetangente, Krümmungsverhalten
7. Schaubild
Ist die Funktion nicht in ganz R definiert oder bei abschnittsweise definierten Funktionen
muss man zusätzlich noch die Intervallgrenzen untersuchen.
(Beispiele: Exe 25.4.02, 175/5c)
2. Beispiel:
Vollständige Funktionsuntersuchung der Funktionenschar f t ( x)   181 x 4  13 tx 3 mit t  R 
1. Ableitungen:
f t ' ( x)   92 x 3  tx 2
f t ' ' ' ( x)   43 x  2t
f t ' ' ( x)   23 x 2  2tx
2. Symmetrie:
Es ist keine Symmetrie erkennbar, da sowohl geradzahlige als auch ungeradzahlige
Hochzahlen vorkommen.
3. Nullstellen: f t ( x)  0
 181 x 4  13 tx 3  0

( 181 x  13 t ) x 3  0

x1  0 ; x2  6t
4. Verhalten für x  
Bei Polynomen ist dafür der Summand mit der größten Hochzahl verantwortlich, also
verhält sich die Funktion wie g t ( x)   181 x 4
lim f t ( x)  lim ( 181 x 4 )  
x
x
lim f t ( x)  lim ( 181 x 4 )  
x
x
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5. Extremstellen:
Überprüfe zuerst die notwendige Bedingung f t ' ( x)  0 :
 92 x 3  tx 2  0
( 92 x  t ) x 2  0


x1  0 ; x3  92 t
Überprüfe dann zusätzlich die hinreichende Bedingung f t ' ( x1;3 )  0 und f t ' ' ( x1;3 )  0 :
f t ' ' ( x1 )  f t ' ' (0)   23  0 2  2t  0  0  keine Aussage, ob x1  0 Extremstelle ist.
f t ' ' ( x3 )  f t ' ' ( 92 t )   23  ( 92 t ) 2  2t  92 t   92 t 2  0  Maximum an der Stelle x3  92 t
Berechne den Funktionswert an der Stelle x3 :
f t ( x3 )  f t ( 92 t )   181  ( 92 t ) 4  13 t  ( 92 t ) 3 
t  7,59375t 4
243 4
32
4
Das Schaubild von f t hat zumindest einen Hochpunkt: H( 92 t | 243
32 t ) ,
über die Stelle x1  0 kann zunächst noch keine Aussage getroffen werden.
6. Wendestellen:
Überprüfe zuerst die notwendige Bedingung f t ' ' ( x)  0 :


x1  0 ; x4  3t
Überprüfe dann zusätzlich die hinreichende Bedingung f t ' ' ( x1; 4 )  0 und f t ' ' ' ( x1; 4 )  0 :
 23 x 2  2tx  0
( 23 x  2t ) x  0
f t ' ' ' ( x1 )  f t ' ' ' (0)   43  0  2t  2t  0  x1  0 ist Wendestelle.
Da wir bereits wissen, dass f t (0)  0 ist, ist W1 (0 | 0) ein Wendepunkt.
W1 (0 | 0) ist sogar ein Sattelpunkt (=Terrassenpunkt), da wegen f t ' (0)  0 die Tangente
bei x1  0 die Steigung 0 hat, die Wendetangente bei x1  0 lautet: tangente1 : y  0 .
f t ' ' ' ( x4 )  f t ' ' ' (3t )   43  3t  2t  2t  0  x4  3t ist Wendestelle.
Berechne den Funktionswert an der Stelle x 4 :
f t ( x 4 )  f t (3t )   181  (3t ) 4  13 t  (3t ) 3  92 t 4  4,5t 4  W2 (3t | 4,5t 4 )
Um die Gleichung der Wendetangente bei x4  3t zu berechnen, benötigen wir noch die
Tangentensteigung m  f t ' ( x 4 )  f t ' (3t )   92  (3t ) 3  t  (3t ) 2  3t 3
Mit der Punkt-Steigungs-Form (PSF: m 
y  yW 2
) folgt: tangente2 : y  3t 3 x  4,5t 4 .
x  xW 2
y
7. Zusammenstellung der Ergebnisse und Schaubild:
Das unsymmetrische Schaubild von f t hat
zwei Nullstellen N1 (0 | 0) und N1 (6t | 0) ,
4
einen Hochpunkt: H( 92 t | 243
32 t ) ,
zwei Wendepunkte W1 (0 | 0) und W2 (3t | 4,5t 4 ) ;
wobei W1 (0 | 0) ein Sattelpunkt ist,
f1
Wendetangente bei W2 ist tangente2 : y  3t x  4,5t ;
der Funktionswert geht für x   jeweils gegen  
3
4
Beispiele: t  1  f1 ( x)   181 x 4  13 x 3
N1 (0 | 0) , N 2 (6 | 0) , W1 (0 | 0) , W2 (3 | 4,5)
mit Wendetangente y  3x  4,5
x
f1
2
t
1
2
 f1 ( x)   181 x 4  16 x3
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