Rusalka

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Rusalka
Eine deskriptive Abhandlung der mythologischen dämonologischen Gestalt im
Volksglauben der Urslaven und ihre Verarbeitung in den unterschiedlichen
Bereichen der slavischen Kultur
I Einleitung
Moszyński (1992: 18) schreibt, dass man bei den Urslaven zwischen Religion und Volksglauben,
der auch Dämonologie genannt werden kann, unterscheidet.
Andererseits können aber die Dämonologie, der man wiederum den Terminus Polydoxie
zuordnet, und der Glaube an die Umwandlung der menschlichen Totenseelen in verschiedene
Dämonen einen Teilbereich des Volksglaubens bilden, zu dem der Naturkult, die Magie und der
Glaube an die Unsterblichkeit der menschlichen Seele gezählt werden.
In der vorliegenden Arbeit werden die im Volksglauben der Urslaven vertretenen Vorstellungen
von der Rusalka beschrieben.
So wird zunächst die Terminologie der Bezeichnung Rusalka, deren etymologische Herleitung
und weitere slavische Benennungen für diese Kreatur dargelegt.
Daraufhin wird gezielt auf die mythologische dämonologische Gestalt eingegangen und damit
einhergehend ihre Entstehung, morphologische Erscheinung, damit verbunden die vier Typen der
Rusalka, ihre Funktionen und Lebensräume ausgeführt.
Ferner wird ein kleiner Überblick über die Rusal’naâ nedelâ gegeben.
Im zweiten Komplex der Arbeit wird die Verarbeitung der Rusalka in den unterschiedlichen
Bereichen der slavischen Kultur untersucht. Unter diesem Gesichtspunkt wird der Bereich der
Literatur, Musik, Kunst und Kinematographie betrachtet.
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II Hauptteil
1. Bezeichnung Rusalka
1.1 Etymologische Betrachtung der Benennung
Nach einem langjährigen Disput über den Terminus Rusalka / русалка (russ.), dessen Herkunft
man zunächst mit den Wörtern русый, русло oder mit den Bezeichnungen der Flüsse Руса, Рось
verband, konnte Miklošič beweisen, dass der Name der mythologischen Gestalt der Rusalka von
der Bezeichnung des slavischen Rusalien-Festes stammt, welche selbst vom lateinischen
Terminus rosalia (rosaria, dies rosae), was für das altertümliche Rosenfest zum Gedenken an die
Toten zur Blütezeit der Rosen verwandt wurde, abgeleitet wird. (Vinogradova 2000: 195)
Moszyński (1992: 31) schreibt, dass die Urslaven schon sehr zeitig das Wort rusaliję entlehnt
haben. So tritt es bereits im altkirchenslavischen Sava-Buch auf, in dem es „Pfingsten“ bedeutet.
Hierzu gibt es das Adjektiv rusalьnъ, das einen Teil der Nomenklatur des altkirchenslavischen
Wortes für „Pfingstsamstag“ darstellt. Solche Wortzusammenstellungen haben sich bei den
orthodoxen Balkanslaven bis zum 20. Jahrhundert erhalten.
Das Wort [rusaliję] ist ein Balkanlatinismus. Lat. rosalia, -ium war ein heidnischer alljährlicher
Festtag, an dem man die Gräber mit Rosen bekränzte. Die slavischen rusaliję (nicht nur als Pfingst-,
sondern auch als Frühjahrsfest) waren mit verschiedenen Volksbräuchen verknüpft. […] Auf diesem
Boden entstand die Ableitung *rusal-ъka ‚eine Nymphe‛.
(Moszyński 1992: 31)
1.2 Weitere slavische Benennungen für die Rusalka
Die Bezeichnung Rusalka / русалка ist charakteristisch für alle ostslavischen Territorien, für die
östlichen Gebiete Polens und nördlichen Gebiete Bulgariens.
Es gibt aber auch quasi-äquivalente Bezeichnungen für dieses Wesen, die in unterschiedlichen
Gegenden der slavischen Länder gebraucht werden.
So ist z. B. die Benennung Boginka in ganz Polen und in angrenzenden Nachbarethnien, die
Benennung самодива in ganz Bulgarien und in Grenzgebieten des serbokroatischen Areals, und
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die Benennung вила im serbokroatischen Raum und vila in Tschechien verbreitet. (Vinogradova
2000: 32)
Diese drei der Rusalka am meisten entsprechenden Bezeichnungen in nicht-ostslavischen
Territorien sind auch die am häufigsten verwandten.
Überdies gibt es aber auch eine Vielzahl anderer, die für die Rusalka gebraucht werden.
In den nördlichen Gebieten Russlands wird die Rusalka im Volksmund z. B. водяниха,
лешачиха, шутовка, чертовка, хитка und лобаста genannt. Die Bezeichnung русалка wird
dort eher nicht verwandt. (Vinogradova 2000: 17)
So gibt es in einigen Gebieten der Ukraine die Begriffe мавка, навка, лоскотуха.
Im Weißrussischen werden hauptsächlich die Begriffe казытка, нимка, сайка, железнячка und
in ostpolnischen Gebieten die Begriffe żytnie panienki, żytnie majki, żytniczki gebraucht.
Manchmal wird die Rusalka aber auch mit Eigennamen versehen, wie z. B. mit Ганна, Дарья,
Марья.
Die Boginki können auch rusawki, pokutnice, mamony, płaczki, odmienica, zły duch, babula,
nocula, diablica, mara, ubohenka und czarownica genannt werden.
Dementsprechend können auch die bulgarischen Samodivy anders bezeichnet werden. Man nennt
sie dann бели-червени, сладки-медени, медени-маслени, живи-здрави, самовила, димна
самовила, юда, благи, вихрушки, вила, дива, вражките керки, самоода, самоюда, русалки
русалии oder man bezeichnet sie ebenfalls mit Eigennamen, wie z. B. mit Гюрга-самовила,
Гюря-самовила, Дена-самовила, Магда-самовила, Мита-самовила, Радка-самовила und
Стана-самовила.
Die serbokroatischen Vily können mit самовила, самодива, добрица, недобрица, бела-црвена,
бела вила, водаркиња, приморкиња, jезеркиња, бродарица, нагоркиња, пригоркиња,
загоркиња, белгорока, планинкиња, пештеркиња, облакиња, златокоса, плетикоса,
баждарица, седмакиња oder auch mit Eigennamen versehen werden.
So gibt es parallele Bezeichnungen für den Terminus Rusalka, die einen unterschiedlichen
onomasiologischen Status und unterschiedliche pragmatische Funktionen aufweisen.
Viele der Bezeichnungen stellen Epitheta dar, die diese mythologische Gestalt nach ihrem
Lebensraum (żytnie panienki, вихрушки, приморкиња, планинкиња, облакиња), nach ihren
äußerlichen Attributen (железнячка, бела вила, бели-червени, златокоса) und nach ihren
Funktionen oder typischen Handlungen (лоскотуха, odmienica, płaczki, плетикоса)
charakterisiert. (Vinogradova 2000: 33)
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2. Mythologische dämonologische Gestalt der Rusalka
2.1 Was ist eine Rusalka?
[Die] Etymologie der [Dämonenbenennung] zeigt, daß die slavische Dämonenwelt nicht nur
die Zeit der Christianisierung überstand, sondern sich auch in der christlichen Epoche lebendig
entwickelte. Dieser Entwicklung waren sowohl die interethnischen kulturellen Beziehungen wie
auch die bodenständige spontane Entfaltung der dämonologischen Volksphantasie förderlich.
(Moszyński 1992: 31)
Die Rusalka, ein mythologisches dämonologisches Wesen im Volksglauben der Ostslaven, ist
eine Gestalt, der man keine eindeutige Definition zuschreiben kann, da ihre Charakteristik und
ihre Merkmale relativ abhängig sind von der Region, aus der die Überlieferung stammt, und der
Art der Überlieferung ihrer Omnipräsenz.
Der hauptsächliche Überlieferungsmodus des Wesens der Rusalka sind folkloristische verbale
Texte wie die Bylinen (altrussische Sagen), Märchen, Geschichten, Lieder, Zaubersprüche,
Beschwörungsformeln etc.
Um so manche knappe (Pseudo-) Definitionen zu nennen, führe ich hier einige ausgewählte und
sich ähnelnde auf.
Русалка - женский демонологический персонаж восточнославянской мифологии.
(www.ethnomuseum.ru)
So wird die Rusalka hier als eine weibliche dämonologische Kreatur der ostslavischen
Mythologie bezeichnet.
Русалки — это фантастические жилицы вод и источников земли, особенно непроточных —
озер, стариц, прудов, тихих рек. Быстрой, проточной воды русалки не любят.
(http://folk.clow.ru)
Hier stellen die Rusalki phantastische Wasser- und Quellenbewohnerinnen, v. a. stiller Gewässer,
dar. Wohingegen fließende Gewässer von den Rusalki nicht gemocht werden.
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[Pусалки] […] это души умерших, выходящие весной насладиться обновлённой
природой.
(www.distedu.ru)
Diese Definition besagt, dass die Rusalki Seelen von Toten sind, die im Frühling auftauchen, um
sich an der Natur zu erfreuen.
Русалки относятся к существам низшего мифологического уровня, […] они речные женские
духи.
(http://subscribe.ru)
Hiernach gehören die Rusalki den Wesen der niederen mythologischen Ebene an.
Русалка — дева вод, по иным преданиям, жена водяного. Это высокая, красивая девушка,
живущая на дне водоема. […] Русалка — один из наиболее противоречивых образов.
(http://folkler.ru)
Demgemäß ist die Rusalka, eine der wohl meist umstrittenen Gestalten, eine Wasser(jung)frau
und einigen Quellen zufolge die Gattin des Vodânoj. Sie ist ein großes hübsches Fräulein, das auf
dem Grund der Gewässer lebt.
Русалки (Навки), по языческим поверьям русских, души [умерших] девушек, пребывают на
земле в течение русальной недели и возвращаются по ее завершении на «тот свет».
(http://rucivil-enc.info)
Hier wiederum werden die Rusalki nach dem heidnischen Glauben der Russen als die Seelen der
(toten) Mädchen bezeichnet, die im Laufe der Rusal’naâ nedelâ auf die Erde kommen und nach
der Vollendung dieser Woche wieder ins Jenseits gehen.
Pусалка — в восточнославянских поверьях женский демонологический персонаж,
пребывающий на земле в течение Русальной недели […].
(http://swarog.ru)
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Dieses Zitat ähnelt dem vorangehenden und besagt, dass die Rusalka im Volksglauben der
Ostslaven eine weibliche dämonologische Gestalt ist, die sich in der Zeit der Rusal’naâ nedelâ
auf der Erde aufhält.
«Русалки – славянские нимфы. Их почитали богинями вод и лесов... поклонялись им и
приносили жертвы. […] [Попов 1768, с. 32]»
(Vinogradova 2000: 222-223)
Popov schreibt, dass man die Rusalki, die slavischen Nymphen, für Wasser- und Waldgeister
hielt, die man verehrte und denen man Opfergaben brachte.
«Русалки – дьяволы женского рода, живущие в горах, в реках и болотах […]. [Чулков 1782, с.
262-263].»
(Vinogradova 2000: 223)
Čulkov ist der Meinung, dass die Rusalki in Bergen, Flüssen und Sümpfen lebende Teufel
weiblichen Geschlechts sind.
Zelenin schreibt der Rusalka sogar drei spezifische Kennzeichen zu:
1) женск[ая] ипостась; 2) связь с водой; 3) мотив расчесывания своих длинных волос
(Vinogradova 2000: 17)
Johansons (1968: 61) sagt, dass die Rusalki dem Willen des Wassergeistes /водяной (russ.)
unterliegen, mit denen dieser „halbanthropomorphe [Geist], […] [der] hauptsächlich durch
Wollust gekennzeichnet“ ist (1968: 57), „Unzucht verübt“, wodurch „viele kleine
Wassermännchen“ entstehen (1968: 57).
Was sich bei der Definierung der Rusalka als schwierig erweist, ist der Fakt, dass die Rusalka auf
einer gewissen Ebene eine Verbindung zweier unterschiedlicher Arten ihres Ursprungs darstellt.
So hat sie einerseits eine manische Grundlage bzw. einen manischen Ursprung bezüglich der
Auffassung sie verkörpere die Seele der Toten. Andererseits stellt sie eine Verbindung zu einem
vegetativen Kult bzw. Ritus bezüglich ihres Lebensraumes und des Zeremoniells mit der
„Pfingstbirke“ dar. (Vinogradova 2000: 143)
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Auf einer anderen Ebene präsentiert sie ebenfalls eine Ambivalenz hinsichtlich ihres Geistes.
Einerseits verkörpert sie etwas Teuflisches und Sündhaftes, andererseits kann sie aber auch ein
frommes Wesen sein. (Vinogradova 2000: 147)
Pусалками называли колдуний и ведьм, т.е. женщин, имевших отношения с нечистой
силой; говорили, что они летают на помеле и делают заломы в поле.
(http://www.ethnomuseum.ru)
In einigen Regionen Russlands wurden sogar „Hexen“ bzw. Frauen, die „Zauberei“ betrieben und
Verbindungen zum Teufel hatten auch in Verknüpfung mit der Rusalka gebracht, gar so genannt.
(http://www.ethnomuseum.ru)
2.2 Wer wird zu einer Rusalka?
Главным аспектом многолетних научных дискуссий оставалась попытка выяснения генезиса
[…]. Так, по мнению А. Н. Веселовского, Е. В. Аничкова, А. Н. Афанасьева, Н. Ф. Сумцова,
русалки представляют собой души умерших предков, т. е. «навьи» (отсюда и варианты
названий: «навки», «нявки», «мавки»). Д. К. Зеленин внес существенное уточнение,
настаивая на принципиальном разграничении душ умерших родственников и «заложных»
покойников, т. е. умерших противоестественной смертью […].
(Vinogradova 2000: 142)
Demzufolge schreibt Vinogradova (2000: 142), dass die Entstehung der Rusalka bzw. ihre
Genesis einen viel umstrittenen Aspekt in den wissenschaftlichen Diskussionen über dieses
mythologische dämonologische Geschöpf darstellt.
So gibt es Wissenschaftler, die der Meinung sind, die Rusalka sei die Seele der toten Vorfahren,
wovon sich auch die Bezeichnungen navki, nâvki und mavki ableiten lassen.
Zelenin, der weiter oben bereits erwähnt wurde, ist der Auffassung, dass man diese Annahme
auch noch präzisieren könne und grenzt somit die Seelen der verstorbenen Verwandten von den
Toten, die keines natürlichen Todes gestorben sind, ab.
Doch wer genau wird nun zu einer Rusalka?
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Die am meisten vertretene Antwort ist der Aberglaube, dass die Seelen von toten Mädchen oder
Frauen, die in der Rusal’naâ nedelâ sterben oder geboren werden, sich zu den Rusalki formieren
könnten.
Genauso würden sich aber auch ertrunkene Mädchen bzw. Frauen in slavische Nymphen
verwandeln. Darüber existieren jedoch halb so viele „Beweise“ in Form von mündlichen oder
schriftlichen Überlieferungen. (Vinogradova 2000: 145)
Eine weitere Variante, die ein Viertel der auf die Frage überlieferten Antworten bildet, ist
diejenige, dass Bräute (Mädchen / Frauen), die vor ihrer Hochzeit sterben, ebenfalls zu solchen
dämonologischen Wesen werden könnten.
Überdies würden die Rusalki auch aus Kindern (sowohl weiblichen als auch männlichen
Geschlechts), die vor der Taufe sterben, hervorgehen können. Dies ist somit der Beweis, dass
auch männliche Personen sich zu dieser weiblichen mythologischen Gestalt transformieren.
Es gibt aber auch vereinzelte Überlieferungen, in denen es heißt, dass sogar von Eltern verfluchte
Kinder, Verstorbene, die ohne kirchliche Zeremonie beigesetzt werden, unfromme Personen oder
auch Menschen, die nicht ihres natürlichen Todes sterben, also getötet werden oder Selbstmord
begehen, zu slavischen Nymphen werden können. (Vinogradova 2000: 146)
Des Weiteren erläutert Vinogradova (2000: 146):
Все свидетельства акцентируют внимание на факте, что русалками становились в основном
девушки и дети, т. е. умершие преждевременно, «до срока», и гораздо реже – в результате
насильственной смерти. Как известно, категория тех покойников, которые умерли в
молодом возрасте, «не изжив свой век», считалась – по народным представлениям – особенно
опасной, поскольку именно такие умершие становились «ходячими», т. е. посещали живых,
тревожили их, пугали, могли навредить.
Ferner wird im slavischen Volksmund behauptet, dass sogar verschollene und vermisste junge
Frauen, Frauen, die während der Schwangerschaft sterben, sich in eine Rusalka verwandeln
können. Demnach bringen sie (im Volksglauben der Slaven) ihre Kinder nach dem Tod zur Welt.
Die Vorstellung, dass sich auch Männer nach ihrem Tod in eine Rusalka „verwandeln“ können,
ist eher selten, jedoch existiert sie. (http://ethnomuseum.ru)
Außerdem wird berichtet, dass die verstorbenen jungen Frauen, die als Rusalka „weiterleben“ in
den ersten vier Jahren nach ihrem Tod noch zu den lebenden Menschen zurückgeholt werden
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können, indem man ihnen ein (christliches) Kreuz an den Hals hängt. Danach ist eine Rückkehr
ins Diesseits nicht mehr möglich. (http://folk.clow.ru)
Es besteht auch eine auf der Bibel basierende Herleitung der Entstehung der Rusalki, in der es
heißt, dass entweder der Teufel oder Gott selbst diese dämonologischen Wesen schuf, die
zunächst mit den Engeln im Himmel hausten bis der Erzengel Michael aufgrund der Vergehen
der Rusalki in ihnen eine Verbindung zum Teufel sah und sie verbannte. So flüchteten diese
Rusalki und ließen sich in der Gestalt von Dämonen überall nieder. (http://ethnomuseum.ru)
Diese Herleitung ist allerdings seltener vorzufinden.
2.3 Erscheinungsformen der Rusalka
2.3.1 Die schreckliche Hässliche
Am populärsten und am meisten im slavischen Volksglauben (aber eher in den nördlichen
Regionen Russlands) vertreten, ist die Vorstellung über die Rusalka in der Erscheinung einer
schrecklichen hässlichen abscheulichen alten Frau. (Vinogradova 2000: 151)
Sie ist zerzaust, zottig und mit Fell bewachsen. Tritt meist nackt auf und hat einen hängenden
Busen, den sie oft über ihre Schultern wirft. (Vinogradova 2000: 149)
Manchmal wird gesagt, der Busen dieser buckligen Alten sei aus Stein oder gar aus Eisen.
(http://swarog.ru)
Überdies wird auch berichtet, dass diese Rusalka in der Gestalt einer Hässlichen entweder sehr
groß und sehr dürr oder krankhaft dick ist, also einen kräftigen Körperbau und übergroße Brüste
besitzt. Zu diesem Erscheinungsbild kommen noch die Merkmale: kalte Hände, zerzauste grüne
offene Haare, Hellhäutigkeit und ein generell blasses Gesicht mit geschlossenen Augen
(http://ethnomuseum.ru; http://folkler.ru) oder ein blaues Gesicht und ein eher hexenähnliches
Aussehen. (http://subscribe.ru)
2.3.2 Das hübsche junge Fräulein
Die Rusalka als Erscheinung eines hübschen jungen Fräuleins ist eine Vorstellung, die viel in der
literarischen Tradition und in folkloristischen ethnographischen Arbeiten geprägt wurde.
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Laut Vinogradova (2000: 150-151) hat diese Rusalka ebenfalls lange Haare, in denen sie einen
Riedgras-Kranz trägt. Ihr Wesen ist fröhlich, verspielt, hinreißend und verführerisch. Sie ist nackt
oder ganz in weiß gekleidet. Manchmal wird ihr hinreißendes Äußeres eher durch ihre Kleidung
bestimmt und weniger durch ihren eigenen Körper. So trägt sie dann ein weißes Brautkleid,
offene Haare und einen Kranz auf dem Kopf. Dementsprechend wurden unverheiratete junge
Frauen für ihre Beerdigung zurecht gemacht, bevor sie beigesetzt wurden. (http://folkler.ru)
Auf diese Beschreibung trifft man eher in den südlichen Regionen Russlands und in der Ukraine.
Zelenin schreibt dieser Rusalka hellrote lockige lange Haare zu. Sie selbst sei leicht wie
Flaumfedern. (http://ethnomuseum.ru)
2.3.3 Halb Frau – halb Fisch
В некоторых местах, где русалку считали водным духом, ее представляли себе в виде
полуженщины - полурыбы. Таких [русалок] часто называли фараонками.
(http://swarog.ru)
Die Vorstellung, die eher in der Ukraine verbreitet ist, die Rusalka sei ein menschen- und
fischähnliches Geschöpf, zur einen Hälfte eine Frau und zur anderen ein Fisch, kommt nach der
Meinung vieler Wissenschaftler gewiss durch folkloristische künstlerische literarische Werke
zustande und ist mit der Legende der ägyptischen Truppen des Pharaos, die beim Überqueren des
Meeres untergegangen sind, verbunden. (Vinogradova 2000: 152)
Auf diese Legende gehe ich jedoch nicht weiter ein, da diese wenig bzw. nichts mit den
eigentlichen dämonologischen Rusalki zu tun hat.
So ist die literarische Überlieferung der Rusalka in der Gestalt einer jungen Frau mit einem
Fischschwanz anstelle von Beinen eher seltener im Volksglauben der Russen verankert. Es wird
allerdings berichtet, dass die Rusalki sich in Fische, sowie in Vögel verwandeln können.
(www.ethnomuseum.ru)
Analog dazu gibt es die Auffassung, die Rusalki können nicht nur mit einem Fischschwanz
versehen, sondern auch noch mit Schwimmhäuten zwischen den Fingern und dazu auch noch
halb durchsichtig sein. Darüber hinaus seien sie in der Lage sich in Eichhörnchen, Ratten und
Frösche zu verwandeln, die dann vor Wäsche waschenden Frauen auftreten können.
(http://subscribe.ru)
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2.3.4 Die neutrale Rusalka in der Gestalt eines Kindes oder einer Frau
Weniger spektakulär ist die Rusalka in einer neutralen menschlichen Gestalt, deren
Erscheinungsbild weder positiv noch negativ konnotiert ist.
Diese kann entweder in der Form eines (kleinen) Kindes, das durch das Getreidefeld spaziert, auf
der Straße läuft, oder in der Figur eines Mädchens mit einem Kranz auf dem Kopf oder
letztendlich in der Gestalt einer Frau mit langen Haaren, die einen Kranz auf dem Kopf und
weiße Kleidung trägt, erscheinen. (Vinogradova 2000: 151)
2.4 Funktionen der Rusalka
2.4.1 Nützliche Funktionen
Da im Volksglauben der Urslaven eher die Vorstellung der Rusalka als eine Erscheinung einer
schrecklichen hässlichen abscheulichen alten Frau vorherrscht, gibt es demzufolge eher weniger
nützliche Funktionen, die ihr zugeordnet werden können.
Was man der Rusalka positiv anrechnen kann, ist ihre Natur schützende Funktion. So bewacht
und beschützt sie die Getreidefelder und trägt zur Verbesserung der Ernte bei.
Eine ihrer negativen Funktionen (das Verbreiten von Unwetter), die im folgenden Punkt
beschrieben wird, hat zur Konsequenz, dass die Gräser schneller und „grüner“ wachsen, der
Roggen besser gedeiht, wodurch man besseres Brot backen kann. (Vinogradova 2000: 157)
Ferner wurde ihr die Fähigkeit zugeschrieben, den Frauen, die nicht fertig geworden sind mit
dem Spinnen, nachts zu helfen, indem sie weiter spann. (www.ethnomuseum.ru)
Мотив прядения сближает русалку с другими женскими персонажами восточнославянской
демонологии – Мокошью, Пятницей, Кикиморой, которым так же, как и русалке, приносят в
жертву полотно, льняную кудель, нитки.
(Vinogradova 2000: 159)
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2.4.2 Schädliche Funktionen
Явственную связь русалок с цветущей рожью и их охранительную функцию в отношении
посевов – хорошо известную по многочисленным этнографическим свидетельствам – Д. К.
Зеленин считал заимствованной от образа «полудницы» и абсолютно не свойственной
русалкам, которые по его мнению, вообще только вредят.
(Vinogradova 2000: 156)
Die Hauptfunktionen der Rusalka sind folglich negativ. Trotz einiger positiver Eigenschaften
tragen sie doch eher nicht zum Wohle der Menschen bei.
Vinogradova (2000: 156-161) schreibt, dass die Rusalka Menschen verfolgt, sie erschreckt, sie
ertränkt, sie mit ihrem Busen erstickt, ihnen den Hals verdreht (eine Vorstellung, die eher im
weißrussischen Volksglauben vorherrscht) und kleine Kinder entführt.
Die für die Rusalka jedoch typische negative Eigenschaft ist das Motiv des Kitzelns, das immer
zum Tod führt. Dieses Motiv ist aber nicht nur für die slavische Nymphe charakteristisch. Es
kennzeichnet auch andere slavische mythologische Gestalten wie z. B. die Poludnica, die
Kikimora oder den Lešyj.
Laut T. A. Zimina (www.ethnomuseum.ru) war die Rusalka sogar für Familienstreits
verantwortlich.
Ferner schreibt sie, dass die Rusalki junge Frauen anfallen, ihnen die Kleider vom Leibe reißen
und sie anschließend verjagen. Männer (besonders die jüngeren Männer) locken sie durch ihren
schönen Gesang zu sich, amüsieren sich mit ihnen und kitzeln sie bis zur Bewusstlosigkeit.
Ähnliches treiben sie auch mit Kindern. Nur locken sie diese mit Beeren, Nüssen und Gebäck.
Seltener wird behauptet, dass sie den Menschen gesundheitliches Leid zufügen.
Den südslavischen Überlieferungen zufolge können die Rusalki Unwetter hervorrufen, also die
Felder mit Sturm, Hagel und starken Regengüssen überschwemmen.
Außerdem verdirbt sie den Menschen die Saat, v. a. aber denen, die am zehnten Tag nach Ostern,
der als Feiertag der Rusalka angesehen wird, arbeiten.
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2.5 Lebensräume der Rusalka
Aufgrund der auf der Bibel basierenden Herleitung der Entstehung der Rusalki gibt es die
Meinung, dass einige von ihnen noch im Himmel, demnach in den Wolken, hausen.
(www.ethnomuseum.ru)
Gewöhnlicher ist dagegen die Vorstellung, dass sie in stillen Gewässern, in der Nähe von
Brunnen, im Wald, genauer formuliert in Bäumen, auf Birkenästen, in mit niedrigen Bäumen
bestandenen, waldigen, meist sumpfigen Gegenden, aber auch in Roggenfeldern, im Hanf, an
Straßenkreuzungen oder sogar auf Friedhöfen leben.
Viele Quellen besagen, dass die Rusalka nur in der Zeit vom Herbst bis zur Rusal’naâ nedelâ im
Wasser lebt und sich danach erst außerhalb der Gewässer niederlässt. (Vinogradova 2000: 153)
2.6 Rusal’naâ nedelâ
Русальная неделя (русальская, гряная) - по народным представлениям, время
пребывания русалок на земле. В течение этого периода русалки находятся в
непосредственной близости от человеческого жилья и могут вступать с человеком в
контакт.
(www.ethnomuseum.ru)
Wie ich bereits im Punkt 1.1 erläutert habe, wurde die Bezeichnung Rusal’naâ nedelâ /
русальная неделя (russ.) aus dem Lateinischen entlehnt.
Diese Festwoche orientiert sich kalendarisch an Pfingsten und findet eine Woche davor oder
danach statt. (www.hrono.info)
Nach dem Volksglauben der Urslaven wurde diese Woche, in der die Rusalki aus dem Wasser
auf das Land übersiedelten, um direkten und indirekten Kontakt zu den Menschen aufzunehmen,
mit der Periode des Roggenwachstums verbunden.
In der Rusal’naâ nedelâ führten die Menschen spezielle Bräuche aus, die den schädlichen
Kontakt mit den Nymphen verhindern sollten. So feierte man in dieser Woche, indem man sich
verkleidete und sich Masken aufsetzte, Reigentänze tanzte und Spiele spielte.
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Центром праздника был обряд похорон или проводов русалки. Его участники выбирали
самую красивую девушку, украшали многочисленными венками и "гирляндами" зелени.
Затем процессия проходила по деревне. Ближе к вечеру участники выводили "русалку" за
село, чаще всего на берег реки. Исполняя особые песни, с русалки снимали венки и
гирлянды, бросали их в воду или в костёр (если поблизости не было реки).
После завершения обряда все разбегались, а бывшая русалка стремилась догнать и поймать
одного из сопровождавших. Если она довила кого-либо, это считалось дурным
предзнаменованием, предвещая будущую болезнь или смерть.
(http://slavyans.narod.ru)
Demgemäß war der bedeutendste Ritus der Rusal’naâ nedelâ das Zeremoniell der Beerdigung der
Rusalka bzw. ihres Abschieds. Es wurde das hübscheste Fräulein auserwählt, das mit Kränzen
und Girlanden aus Pflanzen zu einer Nymphe geschmückt wurde. Diese „Rusalka“ wurde darauf
durch das ganze Dorf und zu einer Wasserstelle geführt, wo ihr Naturschmuck wieder
abgenommen und in das Wasser oder in ein Feuer geschmissen wurde. Danach wurde Hasche
gespielt. Dabei musste die auserkorene „Rusalka“ versuchen, jemanden aus der Menschenmenge
zu fangen. Gelang es ihr, so sollte es für die gefangene Person ein schlechtes Omen sein: zu
Krankheit oder sogar Tod führen.
Zugleich wurden Verbote aufgestellt, an die man sich strengstens zu richten hatte, um negative
Erfahrungen mit der Rusalka zu vermeiden. So durften in dieser Zeit z. B. keine hausfraulichen
Tätigkeiten wie das Spinnen, das Weben, das Nähen, das Spülen von Wäsche, das Bleichen von
Leinen und Feldarbeiten verübt werden. Des Weiteren mied man es, alleine in den Wald zu
gehen, seine Tiere in waldige Gegenden zu schicken, in der Natur zu baden (besonders zur
Mittagszeit und zu Mitternacht). Bei Verstoß gegen diese traditionellen Verbote in der Rusal’naâ
nedelâ würden die Menschen das von den Rusalki heraufbeschwörte Übel an ihrem eigenen
Leibe oder in Naturerscheinungen erfahren. (www.ethnomuseum.ru)
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3. Verarbeitung der Rusalka in unterschiedlichen Bereichen der slavischen Kultur
3.1 Verarbeitung in der Literatur
Die mythologische dämonologische Gestalt der Rusalka prägte nicht nur den Volksglauben der
Slaven, sondern auch insbesondere die literarische Tradition Russlands.
Das wohl bekannteste Werk, das den Namen dieses Wesens trägt, ist m. E. A. S. Puškins
unvollendetes Drama bzw. Tragödie „Rusalka“(1829-1832), in dem es um eine Müllerstochter
geht, die sich in einen Fürsten verliebt, der ihre Liebe schließlich nicht erwidern kann und eine
andere Frau heiratet. Die Müllerstochter, die vom Fürsten schwanger ist, stürzt sich verzweifelt in
den Fluss Dnjepr und ertrinkt. Der Fürst hört auf seiner Hochzeit einen merkwürdigen Gesang,
der ihn in die Gegend, in der die Müllerstochter mit ihrem Vater gelebt hat, lockt und trifft auf
den Müller, der dem Fürsten völlig verwirrt zu sein scheint und ihm berichtet, dass eine Rusalka
sich um ihn kümmere. Die Müllerstochter, die mittlerweile die gemeinsame Tochter zur Welt
gebracht hat und gemeinsam mit dieser im Dnjepr lebt, bekommt mit, dass ihr einstiger Geliebter
wieder da ist und erzählt der Tochter deren traurige Geschichte. Sie bittet sie aufs Land zu gehen
und dem Fürsten vom Leid der Mutter, ihrer fortwährenden Liebe und von ihrem sehnlichen
Erwarten des Fürsten zu berichten. Dieser kommt an das Ufer des Flusses und trifft auf die
Rusaločka, seine Tochter, womit die Tragödie auch endet.
In diesem Werk kann man viele Parallelen zu den mythologischen Rusalki erkennen, die Puškin
hier verarbeitet. So stimmen sowohl die äußerliche Beschreibung als auch das rachgierige Wesen
der mythologischen Rusalka mit der Rusalka Puškins überein.
So singen Puškins Rusalki:
Веселой толпою
С глубокого дна
Мы ночью всплываем,
Нас греет луна.
Любо нам порой ночною
Дно речное покидать,
Любо вольной головою
Высь речную разрезать,
Подавать друг дружке голос,
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Воздух звонкий раздражать,
И зеленый, влажный волос
В нем сушить и отряхать.
(http://ilibrary.ru).
Und Puškins Rusalka (die ehemalige Müllerstochter) selbst sagt über sich:
С той поры,
Как бросилась без памяти я в воду
Отчаянной и презренной девчонкой
И в глубине Днепра-реки очнулась
Русалкою холодной и могучей,
Прошло семь долгих лет — я каждый день
О мщенье помышляю...
И ныне, кажется, мой час настал.
(http://ilibrary.ru).
Es existiert aber noch ein weiteres lyrisches Werk von Puškin, das er 1819 schrieb und selbigen
Titel trägt. In diesem Gedicht stellt die Rusalka ein ansehnliches verführerisches Fräulein dar, das
versucht einen alten Mann in das Wasser zu locken, was ihr zuletzt auch gelingt.
So schreibt Puškin:
[З]акипели волны
И присмирели вдруг опять...
И вдруг... легка, как тень ночная,
Бела, как ранний снег холмов,
Выходит женщина нагая
И молча села у брегов.
[…]
И чешет влажные власы.
[…]
Она манит его рукою,
Кивает быстро головой...
И вдруг - падучею звездою -
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Под сонной скрылася волной.
[…]
Глядит, кивает головою,
Целует из дали шутя,
Играет, плещется волною,
Хохочет, плачет, как дитя[.]
(http://ilibrary.ru)
So widmet auch M. Û. Lermontov der Rusalka ein ganzes Gedicht, was er 1832 verfasste.
Bei Lermontov hingegen haust die Rusalka zwar auch auf dem Meeresgrund, doch bewohnt sie
dort einen Kristallpalast.
И пела русалка: «На дне у меня
Играет мерцание дня;
Там рыбок златые гуляют стада,
Там хрустальные есть города[».]
(http://feb-web.ru)
V. Â. Brûsov schreibt ebenfalls ein Gedicht namens „Rusalka“, in dem die Rusalka Kinder und
junge Männer mit ihrem Gesang verführt.
Когда же рой детей, купаясь,
Шнырял по вспугнутой реке,
Она звала их, откликаясь
На непонятном языке.
Но, видя проходящих парней,
Вечеровой порой, в тиши,
Еще нежней, еще коварней
Смеялась, зыбля камыши.
(http://folk.clow.ru)
N. S. Gumilev beschreibt in seinem Gedicht „Rusalka“ (1905) seine Nymphe als ein reich
geschmücktes Wesen, das einen flimmernden, aber traurigen Blick hat.
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У русалки чарующий взгляд,
У русалки печальные очи.
(www.world-art.ru)
Vinogradova (2000: 225) schreibt, dass die Rusalka auch in den Werken von V. A. Žukovskij, T.
G. Ševčenko und L. Ukrainka vorzufinden ist. Bei ihnen sowie auch bei M. Û. Lermontov und N.
V. Gogol, leben die Rusalki in Kristallpalästen auf dem Grund von Seen und Flüssen und
kommen nur nachts aus dem Wasser und wärmen sich im Mondlicht.
Auch N. V. Gogol’ verfasst Texte, in denen es um die Rusalka geht. So schreibt er in den Jahren
1829-1830 das Werk „Majskaâ noč’“ / „Utoplennica“ (http://ilibrary.ru). 1833 erwähnt er die
Rusalki in seinem Werk „Vij“. (http://ilibrary.ru)
F. Sologub schreibt ebenfalls über die Rusalka z. B. in „Kapli krovi“ („Nav’i čary“) oder im
Gedicht „Pokryla selen’ râski…“ (1889; 1895). (www.biblioclub.ru)
L. N. Tolstoj widmet sich ebenfalls dem Thema der slavischen Nymphe und schreibt 1909 ein
Gedicht, das er „Mavka“ nennt. (http://ru.wikipedia.org)
Dies sollen nur einige ausgewählte Paradebeispiele für die Verarbeitung der „Rusalka“ in der
russischen Literatur sein.
3.2 Verarbeitung in der Musik
In der Musik wurde im slavischen Kulturraum das Thema der Rusalka in zwei Opernwerken, in
denen von Dargomyžskij und von Dvořák aufgegriffen.
Die Oper „Rusalka“ von A. S. Dargomyžskij (1855) besteht aus vier Akten und feierte Mai 1856
im Mariinskij-Theater Sankt Petersburgs ihre Premiere.
Als Vorlage hat dieses lyrische Märchen das literarische Werk „Rusalka“ Puškins. Dargomyžskij
behält den größten Teil Puškins Textes bei und ändert nur einige Kleinigkeiten um.
In der Oper verwandelt sich ein freundliches liebenswertes Fräulein nach einer nicht erwiderten
Liebe in eine grausame rachsüchtige Rusalka. (www.belcanto.ru)
Die Oper “Rusalka” von Antonín Dvořák, die 1900 fertig komponiert wurde, ist eine Oper
bestehend aus drei Akten. Sie handelt von einer Rusalka, die sich unsterblich in einen Prinzen
verliebt und sich seinetwegen wünscht, ein Mensch zu sein und eine Seele zu erhalten, um den
Prinzen für sich gewinnen zu können. Verzweifelt sucht sie den Rat einer Hexe auf, die sie in
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eine wunderhübsche Frau verwandelt, ihr im Gegenzug aber ihre Stimme nimmt und ihr das
Ultimatum setzt, ins Wasserreich zurückzukehren, sofern der Prinz ihre Liebe nicht erwidert. Der
Aspekt der Stimmlosigkeit wird ihr letztendlich zum Verhängnis und führt dazu, dass der Prinz
sich in eine andere Frau verliebt und Rusalka mit ihr betrügt. So wird diese in das Wasserreich
zurückgeholt. Der Prinz, der später von seiner neuen Geliebten verlassen wird, bleibt allein
zurück. Rusalka wird mit einem Fluch der Hexe belastet, um die Nymphe vor Rache
schwörenden Angestellten des Prinzen zu schützen. Als dieser seine Tat bereut und an das Ufer
zu Rusalka kommt und sie trotz Rusalkas Warnung küsst, stirbt er in ihren Armen. Sie jedoch
wird dadurch nicht erlöst und wird den Menschen als Irrlicht bis auf Ewigkeiten Verderben
bescheren. (www.klassika.info)
Neben diesen Opern gibt es auch viele folkloristische Lieder, die vom Volk in der Zeit der
Rusal’naâ nedelâ gesungen wurden, wie z. B. dieses:
- Русалка, царица,
Красная девица,
Не загуби душки,
Не дай удавиться,
А мы тебе кланяемся.
А были и насмешливые:
- Русалочки, земляночки,
На дуб лезли, кору грызли,
Звалилися, забилися.
Троица!
(http://slavyanskaya-kultura.nnm.ru)
3.3 Verarbeitung in der Kunst
Da das Aussehen der Rusalka variieren kann, können folglich auch ihre Darstellungen
verschiedenartig ausfallen.
Es gibt viele folkloristisch-künstlerische Verarbeitungen der Rusalka in der slavischen Kultur:
seien es Illustrationen, Verzierungen, Skulpturen, Bilder u. Ä.
Doch sind von vielen bedauerlicherweise die Künstler nicht bekannt, sodass ich hier nur einige
ausgewählte Werke nennen kann.
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Ein Bild von einem unbekannten Künstler ist z. B. „Rusal’â noč’“, auf dem der festliche Tanz der
nackten langhaarigen mit Kränzen geschmückten Rusalki auf einer Wiese zu Mitternacht in der
Zeit der Rusal’naâ nedelâ dargestellt wird:
(http://folk.clow.ru)
Ivan Kramskoj orientiert sich bei seiner Darstellung der Rusalki „Majskaâ noč’ / Rusalki“ von
1871 an den Überlieferungen, in denen die slavischen Nymphen hübsche junge Frauen sind, die
offene lange Haare haben, ein weißes (Braut-) Kleid tragen und sich im waldigen sumpfigen
Gegenden nahe am Wasser aufhalten.
(http://images.google.ru)
20
Il’â Repin zeichnet im Jahre 1876 das Gemälde „Sadko u morskogo carâ“, was sehr zauberhaft
und verspielt wirkt und die Rusalki als hydrophile Wesen mit einem Fischschwanz darstellt.
(http://ru.wikipedia.org)
Witold Pruszkowskis Gemälde „Rusałkas” (1877) zeigt zwei
Rusalki in neutraler
Menschengestalt, die sich unter einem Baum in Gräsern aufhalten und von denen man keine
offensichtlichen Parallelen zu den mythologischen Rusalki herstellen kann, hätte man nicht den
Titel des Bildes.
(http://ru.wikipedia.org)
Konstantin Makovskij hat in seinem Gemälde „Rusalki“ (1879) eine eher erotischere Vorstellung
von diesen Nymphen. Bei ihm sind sie, wie den meisten Überlieferungen zufolge, nackt,
anziehend und sehr reizvoll.
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Möglicherweise könnte man in diesem Gemälde, aufgrund der Tatsache, dass die Rusalki hier aus
den Wolken auf die Erde in das Wasser herabkommen und eine orthodoxe Kirche im Hintergrund
des Bildes zu erkennen ist, die auf der Bibel basierende Herleitung der Entstehung der Rusalki
sehen, in der Gott sie schuf und der Erzengel Michael sie jedoch aus dem Himmel verbannte und
sie auf die Erde flüchten mussten.
(http://images.google.ru)
Im Gemälde „Rusalka“ aus dem Jahre 1968 von Konstantin Vasil’ev sieht man eine sehr blasse
junge Frau mit langen weißen offenen Haaren, die ein langes hellblaues Kleid trägt und auf
einem Ast einer Birke in einem waldigen Gebiet am Wasser sitzt. Das Motiv einer auf einem
Birkenast sitzenden Rusalka ist gemäß vieler Überlieferungen weit verbreitet.
(http://bibliotekar.ru/Kvasiliev/23.files/image001.jpg)
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Das Bild von Elena Feodor „Rusalka” (2004) zeigt die Rusalka in der Gestalt einer nackten Frau
mit einem Fischschwanz, die auf einem Felsen sitzt und einem Schiff in der Ferne nachblickt.
(http://artnow.ru)
Des Weiteren sollte an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass auf dem Wappen Warschaus eine
Rusalka abgebildet ist und dass ein Rusalka-Denkmal die Hauptstadt Polens schmückt.
Ferner steht auch in Tallinn (Estland) ein Rusalka-Denkmal, das an das russische Panzerschiff
namens „Rusalka“ erinnern soll.
3.3 Verarbeitung im Film
Sowie das Thema der Rusalka in der Musik, Literatur und Kunst verarbeitet wurde, wurde und
wird es auch heute noch im kinematographischen Bereich tradiert.
An dieser Stelle sind die Filme aus dem Jahre 1976 und 2007 zu nennen.
Der sowjet-bulgarische Film „Rusaločka“ (1976 erschienen) vom Regisseur Vladimir Byčkov ist
ein Märchen, das sich an dem gleichnamigen Märchen von Hans Christian Andersen orientiert, in
dem es um eine Rusalka geht, die sich unsterblich und unglücklich in einen Prinzen verliebt, den
sie aus einem Sturm rettet und für den sie bereit ist so einiges zu opfern. So opfert sie ihre
wunderschöne Stimme an eine böse Magierin, die ihr dafür menschliche Beine zaubert und sie
somit von ihrem Fischschwanz befreit, der sie zuvor zu ihrem Lebensraum das Wasser
verpflichtet, und ihr das Leben auf der Erde ermöglicht. (www.binmovie.ru)
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An diesem Film kann man einige Ähnlichkeiten zu den Eigenschaften der Rusalka der slavischen
Mythologie nachweisen. So ist die wunderschöne Stimme der Rusaločka des Films (oder auch
des Märchens von Andersen, was hier unter dem Punkt 3.2 nicht aufgeführt wurde, da es nicht
zur slavischen Literatur zählt) ein Hinweis auf den zauberhaften Gesang der mythologischen
dämonologischen Rusalka. Überdies können auch der Lebensraum Wasser und der
Fischschwanz, der jedoch (wie unter 2.3.3 erwähnt wurde) als Erscheinungsform der Rusalka im
Volksglauben eher weniger vertreten ist, als Indizien gezählt werden. Das Wasser ist bei der
mythologischen slavischen Nymphe genauer das Milieu, das sie vom Herbst bis zur Rusal’naâ
nedelâ bewohnt, was hier im Märchen jedoch als ständige Umwelt beschrieben wird.
Das aktuellste und sicherlich deutlichste Beispiel dafür, dass das Thema der Rusalka auch heute
noch fortwährend in der russischen Kultur verarbeitet wird, ist der im Jahre 2007 erschienene
russische Film „Rusalka“ von der Regisseurin Anna Melikân, , der am 22. November 2007 in
Russland seine Premiere feierte und am 07. Februar 2008 das Hauptprogramm des Panorama auf
der Berlinale eröffnete.
Für diesen in schnellster Zeit international angesehenen Film wurde A. Melikân im Januar dieses
Jahres auf dem Sundance Festival (USA) mit dem Preis für die beste Regie in der Kategorie „The
World Cinema Directing Award“ für ausländische Filme ausgezeichnet.
Der Film ist ein modernes phantasiereiches Märchen, in dem es um die Abenteuer eines
Mädchens namens Alisa geht, das in einer Kleinstadt am Meer in Russland aufwächst und
danach nach Moskau zieht und sich dort unglücklich verliebt. Alisa ist jedoch kein gewöhnliches
Mädchen, da sie die Fähigkeit besitzt mit dem Meer zu kommunizieren und Wünsche wahr
werden lassen kann, wodurch auch die Verbindung zum Titel entsteht. (www.russlandjournal.de)
Obgleich hier offensichtlich keine direkte Verbindung zum mythologischen dämonologischen
Wesen der slavischen Rusalka besteht und freilich dazu nur durch den Bezug zum Meer und
durch die irrationale Begabung Alisas indirekte Parallelen gezogen werden können, ist dies
jedoch ein gutes Exempel dafür, dass auch die postheidnische und weniger durch Volks- bzw.
Aberglauben geprägte Zeit sich Inspirationen aus den vergangenen Zeiten holt, die
Bezeichnungen und einige Paradigma beibehält, diese aber innoviert.
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III Schluss
Nach urslavischem Glauben lebten die Menschen nach dem Tod weiter: entweder im Paradies
oder als unterschiedliche (bösartige) Dämonen wie beispielhaft als Rusalki.
Die mythologischen dämonologischen Rusalki sind, wie in dieser Abhandlung erarbeitet wurde,
keine Wesen, die bei allen Urslaven bezüglich ihrer Terminologie, ihrer Genese, ihres
morphologischen Auftretens, ihrer Funktionen und Lebensräume identisch im Volksglauben
verankert sind.
So wurden verschiedene Kontaminationen in Abhängigkeit von den einzelnen slavischen Völkern
und Gegenden, differente Entstehungen (wie die aus verstorbenen Menschenseelen oder die eher
biblisch geprägte Entstehung) und verschiedene Typen der Rusalka (wie die hässliche, hübsche,
neutrale oder eine mit Fischschwanz versehene Rusalka) aufgewiesen.
Des Weiteren wurden die Lebensräume und sowohl schädliche als auch nützliche
Wirkungsbereiche der Rusalki beschrieben, wobei die Vorstellungen über die schädlichen
Funktionen in den Überlieferungen dominieren.
Überdies wurde auch die Rusal’naâ nedelâ, in der im Volksglauben der Urslaven die Rusalki aus
dem Wasser auf das Land übersiedelten, um Kontakt mit den Menschen aufzunehmen,
dargestellt.
Letztendlich wurde die Verarbeitung des Rusalka-Themas in den verschiedenen Bereichen der
slavischen Kultur behandelt. So konnte festgestellt werden, dass die Verarbeitung sich zwar an
den überlieferten Vorstellungen der Urslaven orientiert, die mündlichen folkloristischen
Überlieferungen jedoch eher dem Wesen der mythologischen dämonologischen Rusalka
entsprechen.
Schließlich konnte auch nachgewiesen werden, dass das Motiv der Rusalka oder auch allein nur
der Terminus in den letzten beiden Jahrhunderten und sogar heutzutage noch sehr aktuell ist,
zahlreich in den kulturellen Kategorien vielfältig vertreten ist und mit Euphorie vom Publikum
aufgenommen wird.
25
IV Literaturverzeichnis
Bücher:
Johansons, Andrejs (1968): Der Wassergeist und der Sumpfgeist. Untersuchungen volkstümlicher
Glaubensvorstellungen bei den Völkern des ostbaltischen Raumes und bei den Ostslaven.
Stockholm: Almquist & Wiksell.
Moszyński, Leszek (1992): Die vorchristliche Religion der Slaven im Lichte der slavischen
Sprachwissenschaft. In: Harder, Hans-Bernd u.a. (Hrsg.): Bausteine zur slavischen Philologie
und Kulturgeschichte. Reihe A: Slavistische Forschungen. Band 1.
Köln, Weimar, Wien:
Böhlau.
Vinogradova, Lûdmila Nikolaevna (2000): Narodnaâ demonologiâ i mifo-ritual’naâ tradiciâ
slavân. Moskva: Indrik.
Internet:
http://artnow.ru/ru/gallery/8/3753/picture/0/81293.html
http://bibliotekar.ru/Kvasiliev/23.files/image001.jpg
http://feb-web.ru/feb/lermont/texts/lerm04/vol01/l41-351-.htm
http://folk.clow.ru/information/532.html
http://folkler.ru/skazki/genskie_personagi_v_slavjanskoy_mifologii
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http://ilibrary.ru/text/470/p.1/index.html
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26
http://images.google.ru/imgres?imgurl=http://paganism.msk.ru/duhi/rusalka3.jpg&imgrefurl=http
://paganism.msk.ru/duhi/duhi06.htm&h=303&w=400&sz=15&hl=de&start=1&um=1&tbnid=vN
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27
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http://www.hrono.info/religia/yazych/rusalki_provody.html
http://www.klassika.info/Komponisten/Dvorak/Oper/B_203/index.html
http://www.russlandjournal.de/entertainment/film-dvd/berlinale/
http://www.world-art.ru/lyric/lyric.php?id=5579
Anmerkung:
Alle Internetrecherchen wurden am 19.02.08 im Zeitraum von 12.00 bis 17.00 Uhr durchgeführt.
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