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Wie lässt sich Demokratie messen?
(1) Democracy Audit
Das IDEA Handbook on Democracy Assessment ist ein Beipiel für eine qualitative Messung
von Demokratie. Eines ihrer Anliegen ist es, die Qualität von etablierten Demokratien zu
messen und diese differenzierter zu erfassen.
Die zwei Prinzipien/Dimensionen von Demokratie sind popular control und political equality.
Sie werden mittels vier Dimensionen operationalisiert. Die Dimensionen sind: electoral
proces, open and accountable goverment, civil and political rights und democratic society (30
Fragen dazu). Ziel ist, ein möglichst umfassendes Profil einer bestehenden Demokratie zu
erstellen.
Die Bewertung einer Demokratie gemäss diesem Fragenkatalog bedarf ausgiebiger
empirischer Forschungen. Die Operationalisierung des Konzeptes ist bisher nicht vollständig
gelungen, auch wenn die Variablen durchaus valide sind. Das liegt daran, dass sie nur schwer
messbare Indikatoren formulieren. Bisher fehlt ein Massstab, welcher angibt, ob das jeweilige
Kriterium erfüllt ist. Dieser ist aber auch vonnöten um komparative Aussagen zu treffen. Die
Kritiker sind sich aber weitgehen einig, dass die Evaluierungen über dem Niveau der
Länderstatements von Freedom House liegen.
Literatur:
Beetham, David (ed.) (1994): Defining and Measuring Democracy. London
Beetham, David (1994): Key Principles and Indices for a Democratic Audit, in: Beetham,
David (ed.): Defining and Measuring Democracy, London: 23-43.
Beetham, David/Boyle, Kevin (1995): Introducing Democracy. 80 Questions and Answers,
Cambridge.
Beetham, David et al (2002): International IDEA Handbook on Democracy Assessment, The
Hague
Beetham, David/Weir Stuart (2000): Democratic Audit in Comparative Perspective, in: Lauth,
Hans-Joachim/Pickel, Gert/Welzel, Christian (Hrsg.): Demokratiemessung, Opladen: 7388.
(2) Robert Dahl
Robert Dahl legte 1971 eine Studie vor, aus der auch heute noch gerne zitiert wird. Dahl
identifiziert an acht Kriterien den Unterschied zwischen autoritären Regimen und Polyarchien
und zugleich das Mass an Demokratie.
Freedom to form and join organizations, Freedom of expression, Right to vote
(Eligibility for public office), Right of political leaders to compete for support and for votes,
Alternative sources of information, Free and fair elections, Institutions for making
government policies depend on votes and other expressions of preference.
Diese Kriterien ordnet er den zwei Dimensionen Wettbewerb und politische Partizipation
unter (competition and participation). Wettbewerb wir nicht mit allen obigen
Kriterien/Kategorien umschrieben und mittels zehn Indikatoren operationalisiert. Die Anzal
der Kategorien umfasst insgesamt 40 und reicht von drei bis sechs pro Variable (31
Skalentypen). Die Dimension Partizipation wird nur anhand einer Variable gemessen,
nämlich der Wahlteilnahme an nationalen Wahlen. Sie unterscheidet vier Niveaus der
Wahlberechtigung. Grundlage ist das Wahlrecht und nicht die Wahlbeteiligung. Das
Wahlrecht ist im Prinzip durch das Kriterium „freie und faire Wahl“ der
Wettbewerbsdimension abgedeckt. Die Dimension „Wettbewerb“ ist daher entscheidend, um
den Demokratiegrad zu bestimmen. Generell kann nicht scharf gemessen werden, da sich die
Variablen unterschiedlich überschneiden und einzelne Variablen mehrfach eingesetzt werden.
Lauth (2004) diskutiert die Schwächen der einzelnen Variablen und die kategorialen
Schwächen. Er stellt zu Recht fest, dass das Konzept grosse Schwächen aufweist. Ein Grund
für die positive und bisweilen euphorische Rezeption von Dahl liegt darin, dass er als einer
der wenigen nachvollziehbare Merkmale bündelt und operationalisiert. Er stiess einen
Reflexions-Prozess an, der zu weiteren Vorschlägen wie Demokratie zu messen sei führte und
den quantifizierbaren Forschungstrang der Demokratiemessung begründete.
Literatur: Dahl, Robert (1971): Polyarchy. Participation and Opposition, New Haven/London.
(3) Tatu Vanhanen
Demokratie ist ein politisches System, in dem soziale und ideologische Gruppen auf legaler
Basis um Macht konkurrieren und in dem die Machthaber gewält werden (Vanhanen 2000).
Vanhanen geht davon aus, dass die gesellschaftliche Machtverteilung den
Demokratisierungsprozess beeinflusst.
Vanhanen greift die Kategorien von Dahl auf (competition and participation). Er benötigt für
jede Dimension nur einen Indikator (1) Anteil der Wähler an der Gesamtbevölkerung zur
Partizipation; (2) Anteil der Stimmen für die stärkste Partei (Wettbewerbsgrad: Anteil der
Stimmen von 100 substrahiert). Der Index of Democratization ID besteht in der Multiplikation
beider Faktoren dividiert durch 100. Je höher desto demokratischer das politische System.
Vanhanen unterscheidet nicht explizit zwischen autokratischen und demokratischen Regimes.
Sobald der Stimmenanteil der grössten Partei bei 70% und mehr liegt (also der
Wettbewerbsindex unter 30% fällt), ist das politische System nicht mehr demokratisch zu
nennen. In der Dimension „Partizipation“ liegt der Grenzwert bei 15, d.h. die Wahlbeteiligung
muss mindestens 15% der Gesamtbevölkerung betragen, um in die Kategorie
„demokratisch“ zu fallen. Zugleich muss der Index of Democratization ID über fünf Punkten
liegen.
Vanhanen legt umfangreiche empirische Messungen vor, um den Prozess der
Demokratisierung zu beschreiben und zu erklären. Die letzte Studie umfasst 172 Staaten und
schliesst die Daten von früheren Untersuchungen sowie den Zeitraum von 1991-1993 mit ein
(Vanhanen 1997). Vanhanen (2000) umfasst alle unabhänngigen Staaten im Zeitraum von
1810-1998 in jährlichen Messungen.
Literatur:
Vanhanen, Tatu (1997): Prospects of Democracy. A Study of 172 Countries, London and
New York.
Vanhanen, Tatu (1999): A New Dataset for the Measurement of Democracy, 1810-1998
Vanhanen, Tatu (2003): Democratization. A comparative analysis of 170 countries.
London/New York. (ZHB Ausgabe 2006)
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