Forschungsprogramm des Sonderforschungsbereiches 299 1. Gesamtziel des Sonderforschungsbereiches Die Struktur der europäischen Landwirtschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Großräumig konzentriert sich die landwirtschaftliche Produktion zunehmend in solchen Regionen, die aufgrund pedologischer und klimatischer Gegebenheiten relativ vorzügliche Voraussetzungen für eine kostengünstige bzw. einkommensträchtige Erzeugung bieten. Durch die Senkungen der Erzeugerpreise und Ausgleichszahlungen im Rahmen der AGENDA 2000 wird diese Entwicklung noch begünstigt; gegenwärtig ist nicht abzusehen, inwieweit die flankierenden Maßnahmen geeignet sind, diesem Trend entgegenwirken. Infolge des technischen und biologischen Fortschritts nehmen die Ertragspotentiale der Nutzpflanzen stetig zu. In Verbindung mit einer mengenmäßig kaum noch steigenden Nachfrage nach Agrarprodukten führt diese Entwicklung dazu, dass größere Gebiete zukünftig nicht mehr in der seitherigen Weise landwirtschaftlich genutzt werden, weil sich dort die wachsenden Ertragspotentiale nicht realisieren lassen. Das betrifft vor allem diejenigen Gebiete, in denen relativ ungünstige natürliche Bedingungen mit relativ ungünstigen agrarstrukturellen Gegebenheiten zusammenfallen. Diese Gebiete werden im SFB 299 als periphere Regionen bezeichnet. Wenn in derartigen Regionen dann noch vergleichsweise gute Beschäftigungsalternativen für bisher in der Landwirtschaft eingesetzte Produktionsfaktoren (Arbeit und Kapital) vorhanden sind, dann besteht die Gefahr, dass Landwirtschaftsflächen gar nicht mehr genutzt werden und brachfallen (vgl. Abb. 1). Dieser Prozeß der vollständigen Aufgabe der landwirtschaftlichen Flächenutzung ist in peripheren Regionen verstärkt zu beobachten. Eine „Neuorientierung der Landnutzung in Deutschland“, wie sie unter anderem auch mit dem gleichnamigen Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des BML (1996) gefordert wird, ist deshalb weiterhin hochaktuell und erscheint dringend geboten. Völlig unbeantwortet sind für solche Landschaftsräume bislang die Fragen nach den Entwicklungen ihrer verschiedenen Nutzungspotentiale. Die Aufgabe der seitherigen landwirtschaftlichen Nutzung führt zu Veränderungen der Kulturlandschaft und ihrer Funktionen, die - je 2 nach natürlichen und wirtschaftlichen Standortgegebenheiten - mehr oder weniger großen Einfluß auf das Leistungsvermögen der übrigen Komponenten haben, wie beispielsweise auf den Landschaftswasserhaushalt, den Landschaftsstoffhaushalt, die Vielfalt floristischer und faunistischer Lebensräume oder die Qualität als Siedlungsraum. Die vielfältigen - sich gegenseitig oft noch verstärkenden - Folgen solcher Prozesse sind bisher für größere Landschaftsräume noch nicht untersucht worden. Längerfristig kann die Ausdehnung der Bracheflächen unerwünschte Veränderungen der Landschaftsfunktionen in vielen Bereichen nach sich ziehen: unter anderem Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, Verschlechterung der Filter- und Pufferfunktionen der Böden, fehlende Aufnahmeflächen für organische Siedlungsabfälle, Verminderung der Grundwasserneubildung und Rückgang des Fremdenverkehrs. Es fehlen jedoch methodisch fundierte Konzepte dafür, wie diese Entwicklungen im Sinne übergeordneter Ziele positiv beeinflußt oder gesteuert werden können. Mit dem SFB 299 „Landnutzungskonzepte für periphere Regionen“ wird deshalb das folgende Oberziel verfolgt: Entwicklung einer integrierten Methodik zur Erarbeitung und Bewertung von ökonomisch und ökologisch nachhaltigen, natur- und wirtschaftsräumlich differenzierten Optionen der regionalen Landnutzungen Bei der Erarbeitung von Optionen wird ein breites Spektrum der Funktionen und Nutzungspotentiale einer Landschaft bzw. Region berücksichtigt, die nach Stand des Wissens auf die relative Vorzüglichkeit unterschiedlicher Landnutzungen Einfluß nehmen, nämlich: Art und Umfang der land- und forstwirtschaftlichen Produktion; Diversität der landschaftstypischen Flora und Fauna; Filter, Puffer- und Transformationsvermögen der Böden; Art und Umfang der Trinkwassererzeugung; Art und Umfang der Aufnahme und Verwertung von organischen Siedlungsabfällen (Klärschlamm, Kompost etc.); Qualität der Region als Siedlungsraum für die nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung; Art und Umfang der Landschaftsnutzung für Freizeit- und Erholungszwecke. Die Qualitäten und Quantitäten der aufgeführten Landschaftsfunktionen1 hängen entscheidend davon ab, in welcher Ausprägung und in welcher räumlichen Verteilung die verschiedenen Form von Landnutzung in einer Landschaft betrieben werden. Deshalb sind - natur- und wirtschaftsräumlich differenzierte - Landnutzungssysteme zu erarbeiten, die sich unter den eingangs erwähnten Veränderungen der Rahmenbedingungen als nachhaltig tragfähig erwiesen. Unter nachhaltig tragfähiger Landnutzung wird dabei eine dauerhaft umweltgerechte, wirtschaftsverträgliche und sozialverantwortliche Nutzung des regionalen Landes verstanden. Eine derartige integrierte Methodik für die Erarbeitung und Bewertung von Optionen für regionale Landnutzungen und ihre Prüfung anhand einer konkreten Beispielsregion - dem Lahn-Dill-Bergland – umfaßt zwei Hauptaufgaben: (1) Ermittlung der durch den erwarteten Nutzungswandel bedingten Veränderungen in den Prozessen, die für die Ausformung der verschiedenen Landschaftsfunktionen bestimmend sind. Die Kenntnis dieser Prozesse und ihrer Veränderungen ermöglicht einerseits Vorhersagen für den Fall, dass keine Maßnahmen für eine gerichtete Entwicklung der regionalen Landnutzung ergriffen werden und demzufolge Veränderungen der Landschaftsfunktionen ungesteuert ablaufen. Für diesen Fall sind die zu erwartenden Veränderungen des Landschaftswasser- und -stoffhaushalts ebenso abzuschätzen wie die wirtschaftlichen und sozialen Folgen für den Siedlungsraum, die mit einer sukzessiven Verminderung der landwirtschaftlichen Nutzung verbunden sind. (2) Andererseits ist das quantitative Wissen über Prozesse die maßgebliche Grundlage für die Bewertung von verschiedenen Optionen der regionalen Landnutzung und damit für die Bestimmung der relativen Vorzüglichkeit diesbezüglicher Handlungsalternativen der politischen Entscheidungsträger. Dazu werden auf der Basis des quantitativen Wissens Modelle entwickelt, mit deren Hilfe - ausgehend von den kleinräumig differenzierten regionalen Standortbedingungen - unterschiedliche Ausformungen der Landnutzung in Reaktion auf unterschiedliche Werte von Politikvariablen modellhaft abgebildet bzw. vorhergesagt werden. Maßnahmen, die politökonomische Rahmenbedingungen verändern, 1 ) Im Vergleich zu den genannten Funktionen tritt die Funktion einer Region als Standort für gewerbliche, nicht in großem Umfang flächenbeanspruchende Aktivitäten (Industrie, öffentliche und private Dienstleistungen, physische Infrastruktur, etc.) im SFB 299 in den Hintergrund. Obwohl die Bedeutung dieser Aktivitäten für die Entwicklung einer Region auf der Hand liegt, erscheint die Begrenzung zur Bewältigung des Forschungsprogramms, auch angesichts des fachlichen Hintergrundes der gegenwärtig beteiligten Wissenschaftler, als sinnvoll und notwendig. 4 stellen dabei die zentralen Aktionsparameter der politischen Entscheidungsträger dar, mit denen sie auf die Entscheidungen der einzelnen Landnutzer über die Realisierung bestimmter Landnutzungssysteme Einfluss nehmen können. Das Landnutzungsmosaik in einer Region ist das Ergebnis der Summe der Einzelentscheidungen einer Vielzahl von der Landnutzungsberechtigten. Grundlegende Verhaltensannahme im SFB 299 ist, dass die Landbewirtschafter wie alle Menschen Nutzenmaximierer sind und deshalb im Erwerbsbereich ein größtmögliches Gesamteinkommen erreichen wollen. Im Bezug auf ihre Landnutzungsaktivitäten werden sie dafür die Grundrente je Flächeneinheit des Landes, für das sie nutzungsbererchtigt sind, maximieren. Jede Änderung der wirtschaftlichen bzw. rechtlichen Rahmenbedingungen, die auf die Grundrente einwirken, kann deshalb zu Anpassungsreaktionen der Landnutzer führen, die sich in Veränderungen der regionalen Landnutzungssysteme niederschlagen (MÖLLER et al., 1999). Modelle sind ein wichtiges Hilfsmittel zur Vorbereitung von Entscheidungen der politischen Handlungsträger, indem sie Einsichten in Handlungsräume vermitteln. In welchem gravierenden Umfang mit möglichen Verschiebungen der Landnutzungsverteilung bei einer Veränderung der Rahmenbedingungen zu rechnen ist, zeigt Abb. 1 für drei Szenarien mit unterschiedlichen Nutzungskosten der Arbeit (exemplarisch für eine Teilregion des Lahn-Dill-Berglandes). Wald Grünland intensiv Grünland extensiv Acker Brache, unbekannt Siedlung 15 DM/Akh 20 DM/Akh 50 DM/Akh Abb. 1: Veränderung der Landnutzungsmuster bei steigenden Nutzungskosten der Arbeit je Akh (Einzugsgebiet der Aar; n. MÖLLER et al., 1999) Die verschiedenen Landschaftsfunktionen lassen sich i.d.R. nur segregativ verwirklichen. Aus den Modellanwendungen müssen daher Transformationsbeziehungen zwischen Landschaftsfunktionen abgeleitet werden. Die Transformationsbeziehungen bilden die Grundlage für die Bewertung der relativen Vorzüglichkeit von Handlungsalternativen, die technisch ausgedrückt Punkte auf Transformationskurven darstellen (s. Abb. 1 im Antrag des TP A4). Beispielsweise kann ein Mehr an landwirtschaftlicher Wertschöpfung oder ein Mehr an Trinkwasserneubildung mit einem Weniger an standorttypischer Biodiversität oder auch einem Weniger an landschaftsästhetischem Transformationsbeziehungen Wert ermöglicht verbunden die sein. Erst Beantwortung die Kenntnis der der Frage, wo „nutzenmaximierende“ Kompromisse liegen könnten bzw. sollten. Im SFB 299 steht somit die multifunktionale Betrachtung der Landschaft im Vordergrund: Zum einen werden die land- und die forstwirtschaftliche Produktion gemeinsam und gleichzeitig mit den anderen Landschaftsfunktionen analysiert, und zum anderen erfolgt die Bewertung sowohl anhand von physischen als auch von monetären Indikatorgrößen. Die Erfahrung mit real vorhandenen Landnutzungssystemen zeigt, dass in gewissen Grenzen nachhaltige und stabile Landnutzung in ganz unterschiedlichen Ausprägungen stattfinden kann. Die Festlegung auf nur eine einzige Option und eine entsprechende Gestaltungsempfehlung an die Politik würde dieser Vielfalt nicht gerecht. Den Untersuchungsansätzen im SFB wird daher bewußt kein eng umschriebenes Leitbild zugrundegelegt. Statt dessen soll modellgestützt ein Zielmöglichkeitsraum für die Produktion von Landschaftsfunktionen abgesteckt werden, innerhalb dessen sich die tatsächliche Landnutzung unter Wahrung verschiedenster Interessen von Anbietern bzw. Nachfragern von Landschaftsfunktionen vollziehen kann. Damit soll auch der Erkenntnis Rechnung getragen werden, dass sehr unterschiedliche gesellschaftliche Wertvorstellungen existieren, die häufig nicht kompatibel sind. Die Ausrichtung des SFB auf ein fixes Leitbild würde der Pluralität der im politisch-gesellschaftlichen Diskurs erhobenen Forderungen nicht gerecht. Um diese Pluralität zumindest ansatzweise zu berücksichtigen und als Ersatz klassischer Leitbildformulierung sollen statt dessen die Nutzenfunktionen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen (Landnutzer, Bürger, Politiker, Experten) berücksichtigt werden, von denen die SFB-Beteiligten - als Experten aus diversen Fachdisziplinen - nur eine Gruppe bilden. Die Ergebnisse des SFB sollen somit der Versachlichung der Diskussion im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Umwelt dienen; innerhalb des SFB dient die Bewertung der Landnutzungsoptionen dazu, Zielräume für akzeptable Formen einer nachhaltigen Landnutzung aus unterschiedlichen Sichtweisen für den konkreten Fall der Untersuchungsregion abzustecken. 6 2. Untersuchungsregion Untersuchungsregion des SFB 299 ist das Lahn-Dill-Bergland (Abb. 2). Ein Charakteristikum stellt dort eine, über viele Jahrhunderte hinweg betriebene, facettenreiche Erwerbskombination aus Landwirtschaft und anderen Wirtschaftszweigen dar. Die jüngere erwerbsstrukturelle Entwicklung in der Landwirtschaft im Lahn-Dill-Bergland ist von zwei Tendenzen geprägt. Einerseits geben viele Arbeitnehmer, die im Industrie- oder Dienstleistungssektor beschäftigt sind, den landwirtschaftlichen Nebenerwerb vollständig auf. Die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe2 hat sich in den Jahren von 1980 bis 1996 insgesamt um rd. 45 % vermindert, der Viehbestand hat im gleichen Zeitraum um rd. 40 % abgenommen. Andererseits bleibt bis auf den heutigen Tag die relative Bedeutung des landwirtschaftlichen Nebenerwerbs bzw. Zuerwerbs in der Region hoch, offensichtlich weil viele Landwirte die Erwerbskombination aus Landwirtschaft und einer anderen beruflichen Betätigung der Existenz ausschließlich als Vollerwerbslandwirt vorziehen. Diese Entwicklung überkompensiert den erstgenannten Effekt: im Lahn-Dill-Bergland ist der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe von Ende der 70er bis Mitte der 90er Jahre stetig angestiegen und beträgt jetzt 78 % der Gesamtzahl der Betriebe; auch der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF), die von Nebenerwerbsbetrieben bewirtschaftet wird, an der gesamten LF hat zugenommen. Insgesamt ist die Landwirtschaft im Lahn-Dill-Bergland von kleinbäuerlichen Strukturen geprägt: die mittlere Betriebsgröße beträgt nur rd. 16 ha LF (1995). Hinsichtlich der Bodennutzung in der Lahn-Dill-Region schlagen sich die Veränderungen des Erwerbsverhaltens der Landwirte insbesondere in einer Zunahme der (Fichten-)Forstflächen sowie in der Umwandlung von Ackerland (61 % der LF) in Grünland (39 %) bzw. im Brachfallen der ehemals feldbaulich bewirtschafteten Flächen nieder. In den Jahren 1979 bis 1993 ist der LF-Anteil im Lahn-Dill-Bergland um rd. 7 % zurückgegangen, der Waldanteil hat um 1 % zugenommen. Der Anteil der Forstflächen (41 %) ist in der Region mittlerweile beinahe ebenso groß wie der LF-Anteil (42 %). Der Anteil nicht mehr landwirtschaftlich genutzter Flächen3, der sogenannten Brachflächen i.w.S., ist in keiner Region Deutschlands so groß wie im Lahn-Dill-Bergland. Im Mittel der Region beträgt der Anteil ca. 30 % der (ehemaligen) LF, in den 2 ) Alle Zahlenangaben beziehen sich auf die Kreise Lahn-Dill, Marburg-Biedenkopf und Gießen; Quelle: Hess. Gemeindestatistik 3 ) hier definiert als Differenz zwischen Landwirtschaftsfläche nach Katasterauswertung und Landwirtschaftsfläche nach Betriebserhebung (Bodennutzungshaupterhebung) Einzugsgebiet Dietzhölze AEO=81,3km² Biedenkopf 1 2 EZG Dill AEO=692km² Marburg Gladenbacher Gladenbach Haiger Pegel Dillenburg 2 Bergland Dillenburg Di llt al Legende 1 2 3 Grenzen der naturräumlichen Einheiten Testgebiet Steinbrücken Testgebiet Eibelshausen Testgebiet Erda Herborn 3 EZG Aar AEO=60km² Pegel Aßlar Wetzlar 0 Gießen 10 km Abb. 2: Untersuchungsregion des SFB 299 in der zweiten Projektphase und Testgebiete der ersten Phase Kerngemeinden liegt der Wert noch erheblich darüber. Nur auf einigen Flächen wird in die natürliche Sukzession der Vegetationsentwicklung durch landschaftspflegerische Maßnahmen eingegriffen. Dieser Naturraum erweist sich somit für die Untersuchungen als besonders geeignet, da dort die Veränderungen in der Flächennutzung, die in Zukunft auch in anderen Landschaften verstärkt zu erwarten sein werden, bereits seit längerer Zeit eingetreten sind. Andererseits umfasst das Projektgebiet auch ertragsstärkere Standorte, die sich für weitere, vergleichsweise intensive Agrarproduktion anbieten. Mit seinen kleinräumig vergleichsweise großen standörtlichen Unterschieden bietet sich die Untersuchungsregion als Grundlage zur Erarbeitung und zum Test der zu entwickelnden Methodik in besonderer Weise an. Im Verlauf der 1. Phase des SFB 299 wurden gute Kontakte zu Behörden und Institutionen geschaffen, die Daten und Informationen für das Untersuchungsgebiet zur Verfügung stellen können und die als Ansprechpartner bei der Umsetzung von Landnutzungskonzepten in Frage kommen. Diese Kontakte sollen in der 2. Phase weiter ausgebaut und vertieft werden. 8 Diejenigen Teilprojekte, die raumbezogene Modellsimulationen durchführen bzw. ihre Ergebnisse in Kartenform aufbereiten, werden innerhalb des Lahn-Dill-Berglandes das Dill-Einzugsgebiet (rd. 700 km²) als gemeinsames Projektgebiet flächendeckend bearbeiten (TP A1 bis A3, B1 bis B3.2). Die Untersuchungsareale bzw. –objekte in den Projektbereichen B, C und D, anhand derer die Transferregeln überprüft und verbessert werden sollen, werden zu Beginn der 2. Phase gemeinsam ausgewählt. Insbesondere die Arbeiten der TP mit experimentellen Freilanduntersuchungen werden weitgehend auf identischen Flächen durchgeführt. Die Untersuchungsorte werden vorrangig im Dill-Einzugsgebiet liegen, können in Einzelfällen aber auch an anderen Stellen im Lahn-Dill-Berglandes lokalisiert sein. 3. Gliederung und Hypothesen der Projektbereiche (Übersicht) Die Entwicklung von regional differenzierten Nutzungskonzepten im SFB 299 geht von den folgenden zentralen Hypothesen aus: Allgemeine Hypothesen zu den Zielen des SFB 299 1. Die Allokationen von Landnutzungssystemen und die damit verbundenen Funktionen können im regionalen Maßstab modellhaft abgebildet werden, wenn die zugrundeliegenden Zustände und Prozesse mit hinreichender Detailschärfe bekannt sind. 2. Jede Landnutzung ist mit spezifischen – abiotischen, biotischen und sozialen - Funktionen gekoppelt (i.e. Erzeugung von öffentlichen und privaten Gütern). Diese Landschaftsfunktionen lassen sich mit geeigneten Untersuchungsverfahren quantifizieren und auf regionale Ebene übertragen. 3. Mit dem Wandel von Landnutzungen gehen Veränderungen der Landschaftsfunktionen einher, über deren langfristige Wirkungen teilweise nur wenig bekannt ist, deren Kenntnis für Entscheidungsprozesse aber unabdingbar ist. 4 Simulationsexperimente, in denen die politökonomischen und technologischen Rahmenbedingungen der regionalen Landnutzung variiert werden, können Zielmöglichkeitsräume aufzeigen, die Handlungsalternativen für die politischen Entscheidungsträger darstellen. 5. Bewertungsverfahren, die auf die Multifunktionalität von Regionen abgestimmt sind, können Politiker und andere „stakeholder“ bei einer rationalen Entscheidungsfindung über anzustrebende Landnutzungsoptionen unterstützen. Die Arbeitsfelder der einzelnen Teilprojekte sind in fünf Projektbereichen zusammengefaßt (Abb. 3). Die Bereiche B, C und D beschäftigen sich mit der Ermittlung der Faktoren und Prozesse, die Landschaftsfunktionen beeinflussen. Als Ergebnis werden die physischen, biotischen und sozio-ökonomischen Zustandsvariablen und Prozeßgrößen ermittelt, von denen die Ausprägung der Landschaftsfunktionen gesteuert wird. Wesentliche Aufgabe ist es dabei, für jede Disziplin Transferregeln zu erarbeiten, mit denen sich die Ergebnisse von der mikrobzw. makroskaligen Untersuchungsebene auf die Region übertragen lassen. Diese Ergebnisse dienen dem Projektbereich A zur Modellierung verschiedener Optionen der regionalen Landnutzung. SFB 299 Landnutzungskonzepte für periphere Regionen - Projektbereiche Projektbereich A Modellierung und Bewertung von Optionen der regionalen Landnutzung Projektbereich B Projektbereich C Projektbereich D Abiotische und biotische Landschaftskomponenten Potentiale und Gestaltung von landwirtschaftlichen Nutzungssystemen Sozioökonomische Faktoren der Landnutzungsverteilung Projektbereich E Zentrale Abteilung Abb. 3: Übersicht zu den Projektbereichen im SFB Projektbereich E übernimmt Teilprojekt-übergreifende Koordinations- und Serviceaufgaben in den Bereichen Datenbankmanagement, mathematisch-statistische Unterstützung und Verwaltung des SFB. Im folgenden werden die Aufgaben und Forschungsfragen der fünf Projektbereiche näher beschrieben. 10 Projektbereich A: Modellierung und Bewertung von Optionen der regionalen Landnutzung Hypothesen 1. Landnutzungsmuster von Regionen werden durch Ziele der Landnutzer bestimmt, wobei diese in ihren Landnutzungsentscheidungen die raumvarianten Boden-Klima-Verhältnisse sowie die technologischen, politökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen als Erwartungsparameter einbeziehen. Veränderungen der Rahmenbedingungen führen zu Veränderungen der Landnutzungsmuster. 2. Die Modellierung des Entscheidungsverhaltens der Landnutzer bildet die Voraussetzung für Vorhersagen über Landnutzungsmuster, die bei unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu erwarten sind. 3. Für gegebene Landnutzungsmuster lassen sich der Landschaftswasser- und -stoffhaushalt und die landschaftstypische Artenvielfalt mit entsprechenden Modellen abbilden. 4. Da jede Form der Landnutzung in einer Region gleichzeitig mehrere Funktionen für die Gesellschaft erfüllt, lassen sich mit geeigneten Modellen insbesondere Vorhersagen über die jeweils erzielbaren Niveaus der Funktionen und die Wechselwirkungen zwischen ihnen machen. 5. Die Rahmenbedingungen als Erwartungsparameter für die Landnutzer sind die Aktionsparameter der zuständigen politischen Handlungsträger. Die Vorhersagen über die Konsequenzen von unterschiedlichen Rahmenbedingungen bilden deshalb ihrerseits die Voraussetzung für diesbezügliche politische Gestaltungsentscheidungen. 6. Mehrdimensionale Bewertungsmodelle, die auf die Multifunktionalität von Regionen abgestimmt sind, können zu rationalem Entscheidungsverhalten der Politiker und anderer "stakeholder" beitragen Im Mittelpunkt steht die Weiterentwicklung sowie der Einsatz der Modelle ProLand, SWAT und ELLA zur Vorhersage, Analyse und Bewertung von regionalen Landnutzungsmustern in Abhängigkeit raumvarianter Boden-Klima-Verhältnisse sowie von technologischen und politökonomischen Rahmenbedingungen. Im Projektbereich A soll damit die Integration der Einzelergebnisse aus den Bereichen B bis D hinsichtlich stofflicher, biotischer, sozialer und ökonomischer Aspekte vorgenommen werden. Umgekehrt fungiert der Projektbereich A als Lieferant von Landnutzungsszenarien und Transformationsbeziehungen. Im TP A1 wurde bisher das komparativ-statische Simulationsmodell ProLand entwickelt. Mit seiner Hilfe lassen sich Landnutzungsmuster und andere, für eine Szenarienbewertung relevante Parameter (Wertschöpfung, Produktionsvolumina, etc.) in Abhängigkeit von technologischen und politökonomischen Rahmenbedingungen vorhersagen. Das Modell ProLand soll zunächst durch formalisierte Eingabemöglichkeiten von Landnutzungsrestriktionen und durch Dynamisierung mit Hilfe von flexibility constraints erweitert werden. Im Rahmen einer systematischen Versuchsanstellung sollen schließlich mit dem „Computerlabor ProLand“ Zielmöglichkeitsräume der Landnutzung generiert und die Modellstrukturen validiert werden. In der ersten Bearbeitungsphase hat sich herausgestellt, dass die Einbeziehung von Waldnutzungsalternativen in die Generierung von Landnutzungsszenarien besondere modelltechnische Schwierigkeiten aufwirft . Die Forstwissenschaft arbeitet mit Daten und Variablen zur Charakterisierung ihrer Produktionssysteme, die sich substantiell von denen unterscheiden, die in der Agrarwirtschaft gebräuchlich sind. Mit dem (neuen) TP A1.1 sollen deshalb diese unterschiedlichen Gegebenheiten so synchronisiert werden, dass eine Generierung von Landnutzungsszenarien in einheitlicher Qualität gelingt. Dazu sollen die forstlichen Standortinformationen und Produktionsbeziehungen, die im (ebenfalls neuen) TP A2.1 aufgearbeitet werden, in das Modell ProLand (TP A1) integriert werden. Für das TP A2 soll im Antragszeitraum das bisher entwickelte hydrologische Modellierungskonzept weiter verbessert sowie um die Komponente Wasserqualität (N, P, Sediment) ergänzt werden, um die Auswirkungen von unterschiedlichen Landnutzungsszenarien auf den Wasserund Stoffhaushalt im regionalen Maßstab prognostizieren zu können. Eine zentrale Aufgabe besteht in der Untersuchung der Wirkung eines Maßstabswechsels bei der Modellierung von Prozessen in einer Landschaft. Die Effekte, die von einem Upscaling im Bereich des Preprocessing und der räumlich verteilten Eingabedaten auf die Modellergebnisse ausgehen, sollen detailliert ermittelt werden. Daraus werden Modifikationen der Modellkonzeption und -algorithmen zu entwickeln sein. Für diesen Zweck wird das Untersuchungsgebiet auf ein größeres Einzugsgebiet ausgedehnt (Dill bis Pegel Aßlar, rd. 700 km2). Zur Validierung des Modells SWAT soll in einem zweijährigen Meßprogramm der Stoffaustrag in den Hauptvorflutern untersucht werden. Im Rahmen des (neuen) TP A2.1 soll eine Methodik zur Ableitung von stabilen Bodeneigenschaften und von hydrologisch relevanten Vegetationsmerkmalen aus den Parametern erarbeitet werden, die im Verfahren der forstlichen Standortkartierung und Forsteinrichtung Hessens 12 erhoben werden. Damit sollen die von den TP A1, A1.1 und A2 benötigten Inputdaten flächendeckend erschlossen werden. Die bisher von TP A3 entwickelten qualitativen Habitat-Eignungsmodelle für tierökologische Zielarten und das Modell zum Einfluß von Vernetzungsstrukturen auf die Verbreitung von Arten sollen in enger Zusammenarbeit mit TP B3.1 und TP B3.2 um quantitative Aspekte erweitert, an Biodiversitätsindikatoren angepaßt und um Flora-Fauna-Interaktionen ergänzt werden. Darüber hinaus soll ein übergeordnetes Modell entwickelt werden, das die Ergebnisse der Teilmodelle als Inputs zur Berechnung von Biodiversitätsindizes für Landschaftsräume nutzt. Eine Dynamisierung der Modelle ist durch die Aufnahme zeitlicher Abfolgen von Landnutzungsszenarien aus TP A1 vorgesehen, wozu gemeinsam mit den TP B3.1 und B3.2 Regeln zur Dynamik der Biodiversität in unterschiedlichen Landnutzungsabfolgen erarbeitet werden sollen. Im Rahmen des TP A4 sollen zunächst die Arbeiten im Bereich der Präferenzmessung vertieft und erweitert werden: „Choice experiments“, als Weiterentwicklung der Contingent-Valuation-Methode und der Conjoint-Analyse, dienen der Suche nach den Bestimmungsfaktoren der Zahlungsbereitschaft für Umweltleistungen. Zusätzlich soll eines der zentralen agrarpolitischen Probleme, nämlich die Frage nach den ökonomischen und regionalpolitischen Wirkungen einer Honorierung ökologischer Leistungen der Landnutzer, bearbeitet werden. Projektbereich B: Abiotische und biotische Landschaftskomponenten – Bestandsaufnahme, Potentiale, nutzungsbedingte Veränderungen und ihre Bewertung Hypothesen: 1. Landschaften sind auf allen Skalenebenen durch systematische Raummuster aus abiotischen und biotischen Ökosystemkomponenten geprägt (u.a. Gestein, Relief, Böden, Vegetationsformen, Organismengemeinschaften, Nutzungsformen). 2. Die Zustände und Kapazitäten der Landschaftskomponenten stehen in enger Wechselwirkung miteinander sowie mit der aktuellen Landnutzung und bestimmen die Nutzungspotentiale der Landschaftsfunktionen. 3. Das räumliche Gefüge und die Repräsentanz der Landschaftskomponenten und Raummuster lassen sich auf allen Maßstabsebenen durch (geo)statistische Verfahren beschreiben. Sie liefern die Basis für die Regionalisierung, so dass valide Ausgangsgrößen für die Modellierung der Landschaftsfunktionen bereitgestellt werden können. 4. Aus der Analyse des zeitlichen, nutzungsbedingten Wandels der abiotischen und biotischen Ökosystemeigenschaften (u. a. physikochemische Eigenschaften von Böden, biotisches Potential, Artendiversität und genetische Diversität) lassen sich die Richtung, Raten und Raummuster ihrer Veränderungstendenzen in der Landschaft vorhersagen. Im Zentrum des Projektbereichs B steht die Erhebung und funktionale Bewertung von biotischen und abiotischen Landschaftskomponenten sowie deren Ausprägung in Raummustern im Untersuchungsgebiet. Darüber hinaus werden wesentliche Umsatzprozesse ökologisch relevanter Stoffe in verschiedenen Landschaftskompartimenten untersucht sowie deren Wechselwirkungen beschrieben. In der zweiten Projektphase werden diese Untersuchungen in allen Teilprojekten von der lokalen auf die regionale Maßstabsebene ausgedehnt (Einzugsgebiet der Dill). Der Übergang in den Landschaftsmaßstab stellt die Teilprojekte vor besondere Herausforderungen im Hinblick auf die Datenerhebung sowie die (raum)statistische und funktionale Bewertung der abiotischen und biotischen Zustände, Kapazitäten und Potentiale. Einerseits sollen großräumig existierende, für das Lahn-Dill-Bergland landschaftstypische Raummuster erkannt, räumlich abgegrenzt und bewertet werden (TP B1, B2.1, B3.1). Andererseits muß die Regionalisierung den Gegebenheiten der großen räumlichen Diversität der Landschaftskomponenten, Ökosystemeigenschaften und Nutzungen gerecht werden und, trotz des kleineren Maßstabes, eine große räumliche Abbildungsschärfe anstreben. Gegenüber der ersten Projektphase sind daher wesentlich größere Datenmengen zu verarbeiten und Verfahren der Regionalisierung auf Basis (geo)statistischer Auswertungen und GIS weiter zu entwickeln (TP B1, B2.1). In denjenigen Gebieten der Untersuchungsregion, die ein naturräumliches Inventar aufweisen, das bisher in den Gemarkungen der ersten Projektphase nicht erfaßt wurde, sind ergänzende Felduntersuchungen notwendig, um flächendeckende Aussagen für die Gesamtregion zu ermöglichen. Abiotische und biotische Parameter werden an repräsentativen Standorten in der Landschaft als Basis für die Regionalisierung erhoben (alle TP). Im Hinblick auf das Abfallverwertungspotential der Landschaft werden die Untersuchungen auf das Filtervermögen der Böden für relevante Schwermetalle ausgedehnt (TP B2.1, B2.3), die bisher nicht untersucht werden konnten. Den Brachflächen als Mittler zwischen land- bzw. forstwirtschaftlicher Nutzung gilt ein besonderes Interesse, da sie in Abhängigkeit vom Alter und Stadium der Sukzession unter- 14 schiedliche biotische und abiotische Zustände (z.B. floristische Artenvielfalt, TP B3.1, faunistische Diversität, TP B3.2, genetische Diversität TP B3.3), Kapazitäten (z.B. KAK, SNK, Gesamtgehalte an Nähr- und Schadstoffen, TP B2.1, B2.3) sowie kleinräumige Merkmalsvarianzen aufweisen. Diese lassen sich aus den verfügbaren kartographischen Vorinformationen nicht herleiten, sind jedoch hinsichtlich der künftigen Nutzung von Brachflächen (z. B. Naturschutz, Pflanzenbau, Abfallverwertung) von großer Bedeutung. Die Analyse der Landschaftsfunktionen basiert auf der gegenwärtigen räumlichen Verteilung von ökosystemaren Zuständen und Kapazitäten, die sich ihrerseits - vor allem nutzungsbedingt - im Zeitablauf verändern. Um zukünftige Entwicklungen von Landnutzungen zu prognostizieren, sind die Art, Intensität und Raten der Veränderung labiler biotischer und abiotischer Parameter zu berücksichtigen. Diese betreffen insbesondere die Nachhaltigkeit der angestrebten Nutzungen. Daher wird, als neuer Aspekt, auch die zeitliche Dynamik der nutzungsbedingten Veränderungen von biotischen und abiotischen Ökosystemeigenschaften betrachtet (TP B2.4, B3.1, B3.2). Die Regionalisierung in den Landschaftsmaßstab erfolgt in allen Teilprojekten über (geo)statistische Verfahren. Die damit verbundenen Informationsverluste werden durch Validierung mit den Ergebnissen der Intensiv-Untersuchungsflächen ermittelt, so dass daran der Grad der Aussagegenauigkeit für das Gesamtgebiet abgeschätzt werden kann. Projektbereich C: Potentiale und Gestaltung von landwirtschaftlichen Nutzungssystemen Hypothesen 1. Unter den Standortbedingungen im Mittelgebirgsraum stellt die Winteraußenhaltung als extensive Form der Grünlandnutzung durch Weidetiere (Rinder und Schafe) eine Alternative zu Winterfutterkonserven dar. 2. Für eine erfolgreiche extensive Wiederkäuerhaltung sind funktionale Merkmale wie die Umgänglichkeit (Mutterkuhhaltung) bzw. die Magen-Darm-Strongyliden-Resistenz von maßgeblicher Bedeutung. Beide Merkmale lassen sich züchterisch verbessern. 3. Für eine ackerbauliche Nutzung mit verringerter Intensität sind differenzierte konservierende Bodenbearbeitungsverfahren gegenüber den herkömmlichen Verfahren ökonomisch vorzüglich. 4. Die low-input-Eignung von ölliefernden Pflanzen (Winterraps, Leindotter) kann züchterisch weiter verbessert werden, so dass diese Kulturarten auch für eine extensive Bewirtschaftung auf benachteiligten Standorten anbauwürdig sind. 5. Low-input-Pflanzenschutzstrategien, die auf der Resistenzaktivierung aufbauen, können insbesondere auf benachteiligten Standorten eine Alternative zu herkömmlichen Verfahren darstellen. Die extensive Grünlandnutzung und die damit verbundenen entsprechenden Formen der Rinder- und Schafhaltung nehmen eine zentrale Stellung in der landwirtschaftlichen Flächennutzung peripherer Regionen ein. Weidetiere leisten u.a. einen Beitrag zur Offenhaltung der Landschaft und haben somit eine Schlüsselrolle bei der Erhaltung der Kulturlandschaft. Kernziel der fünf Teilprojekte des Projektbereiches C ist es, extensive, nachhaltige landwirtschaftliche Produktionssysteme als Alternative zu Waldnutzung und Sozialbrache in der Region zu charakterisieren sowie darauf aufbauend weiterzuentwickeln. Die Untersuchungen des Projektbereiches C sind in die Teilbereiche „Verfahren der Grünlandwirtschaft und der Tierhaltung“ sowie „Verfahren des Ackerbaus“ unterteilt und sind - wie in der ersten Projektphase - auf gemeinsame Testareale konzentriert. Die Arbeiten der TP C1.1, C2.1 und C2.2 sind system- und raumbezogen angelegt, während die Fragestellungen in den TP C1.2 sowie C1.3 in erster Linie systemorientiert sind. TP C1.1 beschäftigt sich in der zweiten Projektphase mit futterbaulich relevanten Fragen der Winteraußenhaltung als Alternative zu den Winterfutterkonserven, die in der ersten Antragsphase bearbeitet wurden. Mit dem Forschungsvorhaben soll ermittelt werden, welche Hauptund Wechselwirkungen die Faktoren Standort, Pflanzengesellschaft, Vornutzungsintensität und Winterweidetermin auf die Qualität und Masse von Winterweidefutter, bezogen auf Rinder und Schafe, ausüben. Die Hauptfrage hierbei ist, ob sich über „Futter auf dem Halm“ Einsparungen bei den Konserven vornehmen lassen und welche Standorts- und Pflanzengesellschafts-Voraussetzungen dafür vorliegen müssen. Ziel des TP C1.2 ist es, die Möglichkeiten der Nutzung verschiedener funktionaler Merkmale in der Zucht von Wiederkäuern für extensive Haltungsformen zu evaluieren. Im einzelnen soll die Aussagefähigkeit der Testverfahren, die in der ersten Antragsphase erarbeitet worden sind, zum Merkmalskomplex „Umgänglichkeit“ für die Mutterkuhhaltung weiter entwickelt 16 werden. Bei der Schätzung der Parameter für die Widerstandsfähigkeit soll aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen bei Wiederkäuern das Merkmal „Magen-Darm-Strongyliden-Resistenz“ eingebunden werden. Die Schätzung genetischer Parameter für das Merkmal „Klauengesundheit“ wird an Familienmaterial bei Merinoland- und Rhönschaf durchgeführt. Erweiterte Zuchtprogramme unter Einbeziehung molekulargenetischer Methoden sollen erstellt werden. An ausgewählten Standorten im Untersuchungsgebiet kann eine ackerbauliche Nutzung geringerer Intensität ökonomisch noch vorzüglich sein. Im TP C1.3 werden daher in der zweiten Phase differenzierte konservierende Bodenbearbeitungsverfahren im Vergleich zur Zweischichtenbearbeitung untersucht. Hierbei stehen verfahrenstechnische, ökologische, ökonomische und pflanzenbauliche Aspekte unter den Bedingungen peripherer Ackerbaustandorte im Vordergrund. Im TP C2.1 wurde in der ersten Projektphase geprüft, welche Kulturarten bzw. Sortentypen ölliefernder Pflanzen sich für eine extensive Bewirtschaftungsweise eignen. Basierend auf diesen Ergebnissen wird in der 2. Projektphase erstens die Entwicklung von Winterraps-Genotypen (Linien und Hybriden) mit verbesserter low-input-Eignung sowie zweitens die Erstellung verbesserter Leindotter-Genotypen mit Hilfe des „Single Seed Desecent“-Verfahrens unter Einbeziehung molekularer Markertechniken angestrebt. Auf eine weitere Bearbeitung von Öllein wird aufgrund der Erfahrungen und Ergebnisse der ersten Projektphase verzichtet. Im neu aufgenommenen TP C2.2 stehen low-input Pflanzenschutzstrategien unter den Bedingungen peripherer Räume aus ökologischer und ökonomischer Sicht als Alternative zu herkömmlichen Verfahren im Vordergrund. Hierbei soll die Resistenzaktivierung alleine und in Kombination mit extensiven Fungizidapplikationen optimiert werden. Untersucht werden die Komplexität, Diversität und Interaktionen von Schaderregern im Agrarökosystem Winterweizen im Hinblick auf deren Dynamik und die verursachten Ertragsverluste. Projektbereich D: Sozioökonomische Faktoren der Landnutzungsverteilung Hypothesen 1. Die Landnutzung wird in starkem Maß durch Wettbewerbsnachteile der Landwirtschaft in der Untersuchungsregion geprägt. Wettbewerbsnachteile entstehen u.a. durch Marktferne und durch Marktmacht im Vermarktungskanal; sie werden aber durch staatliche Agrarpolitik teilweise kompensiert. 2. Unterschiede in der Infrastruktur von Dörfern beeinflussen in hohem Maße die Kommunikation über Landwirtschaft. Es besteht ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Infrastrukturentwicklung der Dörfer und deren Kommunikationsstruktur, die ihrerseits einen meßbaren Einfluß auf die Entscheidungen der landbewirtschaftenden Akteure ausübt. 3. Wirkungen und Erfolge der einzelnen regional- und umweltpolitischen Maßnahmen in der Untersuchungsregion zeigen große Unterschiede. Auch wenn Mitnahmeeffekte bei einzelnen Maßnahmen bedeutsam sind, ergeben sich indirekte Folgewirkungen, die die Entwicklung der wirtschaftlichen Strukturen und die Landnutzungen prägen. 4. Rechtliche Rahmenbedingungen bestimmen das Landnutzungsmuster im Untersuchungsgebiet. Dies betrifft vor allem das Flurbereinigungsrecht, das Landpachtverkehrsrecht, das Naturschutz- und Umweltrecht sowie das Planungsrecht. 5. Die siedlungs- und agrarhistorische Entwicklung des Lahn-Dill-Gebiets hat das heutige Muster der Landnutzung in der Untersuchungsregion erheblich geprägt. Das Modell ProLand (TP A1) geht von der These aus, dass die Landnutzer auf jeder Parzelle diejenige Landnutzung betreiben, von der sie sich den höchsten Beitrag zu ihren monetären und nichtmonetären Zielen versprechen. Bei gegebener Verteilung der natürlichen Standortfaktoren werden aus unterschiedlichen Ausprägungen der wirtschaftlichen Standortfaktoren sowie der politökonomischen Rahmenbedingungen unterschiedliche Landnutzungsoptionen resultieren. Die Teilprojekte D1 bis D5 identifizieren die wirtschaftlichen Standortfaktoren, das Kommunikationsmuster in Gemeinden der Region sowie die politischen, rechtlichen, siedlungs- und agrarhistorischen Rahmenbedingungen in ihren Wirkungsweisen im Hinblick auf die Ausprägung der Optionen der regionalen Landnutzung. Soweit wie möglich werden diese Einflüsse auch quantifiziert. 18 Eigenheiten der landwirtschaftlichen und außerlandwirtschaftlichen Märkte beeinflussen neben den agrarpolitischen Rahmenbedingungen die Allokation der in der Landwirtschaft verwendeten Produktionsfaktoren in der Region. Es wird der Frage nachgegangen, ob - neben natürlichen Standortfaktoren - Transportkosten und Marktmacht im Vermarktungskanal zu starken Wettbewerbsnachteilen der Landwirtschaft in der Untersuchungsregion führen. Es erfolgt außerdem eine Analyse der Anreize durch staatliche Agrarpolitik auf regionaler Ebene, um zu prüfen, inwieweit die Wettbewerbsnachteile durch staatliche Maßnahmen kompensiert wurden (TP D1). Weiterhin werden Kommunikationsnetzwerke in Dörfern analysiert und typisiert, und der Zusammenhang zwischen Netzwerkstrukturen und Landnutzungsentscheidungen wird herausgearbeitet. Es ist zu erwarten, dass sich die Infrastrukturentwicklung in Dörfern wesentlich auf die Kommunikation über Landwirtschaft auswirkt. Von dieser Hypothese ausgehend wird überprüft, ob Dorftypen, die nach den Variablen 'Dorfgeschehen' und 'Kommunikation über Landbewirtschaftung' klassifiziert werden, einen Zusammenhang mit der tatsächlichen Landbewirtschaftung aufweisen (TP D2). Außerdem sollen regional- und umweltpolitische Instrumente und Strategien für eine nachhaltige Ressourcennutzung als weitere 'Politikvariablen' zur Beeinflussung der Landnutzung identifiziert und quantifiziert werden. Die Beurteilung dieser Instrumente soll sich nicht nur an den Primärzielen orientieren, sondern an einem Katalog von Erfolgsindikatoren, da sich typischerweise indirekte Folgewirkungen für die Strukturentwicklung und die Landnutzung in der Untersuchungsregion ergeben. Im Vordergrund der Analyse stehen die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz, die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, das Ländliche Regionalprogramm Hessen, die Ausgleichszulage sowie Schutzgebietsausweisungen und landschaftsplanerische Maßnahmen (TP D3). Überdies soll untersucht werden, in welcher Weise bestehende rechtliche Regelungen die Gestaltung der Landnutzung und ihre Allokation in der Region beeinflussen. In dieser zweiten Projektphase stehen das Flurbereinigungsrecht, das Landpachtverkehrsrecht, das Naturschutzund Umweltrecht sowie das Planungsrecht im Vordergrund. Bedeutende Fragen sind z.B., inwieweit Flurbereinigungs-, Landpachtverkehrs- und Grundstückverkehrsrecht die Vergrößerung der Bewirtschaftseinheiten hemmen und inwieweit kooperatives Handeln, z.B. im Vertragsnaturschutz, zur Realisierung von Landnutzungsstrategien eingesetzt werden kann (TP D4). Neu aufgenommen wird die Behandlung siedlungs- und agrarhistorischer Fragen bei der Erklärung der Landnutzung in der Untersuchungsregion. Insbesondere anhand der Krisenepoche des Spätmittelalters wird herausgearbeitet, wie sich die Kulturlandschaft des Lahn/Dill-Gebiets als Folge von Siedlungsregression und Agrarkrise in diesem Zeitraum entwickelt hat. Diese historischen Entwicklungen haben, so die Hypothese, auch die heutige Struktur der Landnutzung in der Untersuchungsregion mitgeprägt (TP D5). Projektbereich E: Zentrale Abteilung Die Zentrale Abteilung E umfaßt die Aufgabenbereiche Informatik und Datenanalyse sowie Organisation und Verwaltung des SFB, die Dienstleistungen für alle Teilprojekte erbringen. Neu hinzugekommen ist die Analyse der kommunikativen Erfolgsfaktoren des Wissensmanagements in einem interdisziplinären Forschungsprojekt. Das TP E1 umfaßt die Netzadministration und das Datenbankmanagement und somit den Ausbau und die Pflege des SFB-Informationssystems mit einer Methoden-, Modell- und Datenbank sowie den Geographischen Informationssystemen. TP E1 stellt damit die zentrale interne Schnittstelle für den Austausch von Daten und Ergebnissen zwischen den Teilprojekten dar (s. Kap. 1.1.4). Als zusätzlichen Service unterstützt E1 die Teilprojekte bei der Beschaffung und Pflege geeigneter Hard- und Software und bietet Beratung in den Bereichen Geostatistik, Biometrie, Mathematik und Angewandter Informatik an. Als Geschäftsstelle des SFB übernimmt das Sekretariat (TP E2) die Organisation und Verwaltung des SFB sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Das Sekretariat dient als Schnittstelle zwischen DFG, Universitätsverwaltung und den Teilprojekten des SFB 299. Es übernimmt die Koordination und Abstimmung der wissenschaftlichen Arbeiten und es unterstützt den Sprecher sowie die Teilprojekte in Organisations- und Verwaltungsfragen. Auf wissenschaftlicher Ebene organisiert das Sekretariat den Informations- und Ergebnisaustausch und fördert die fachliche Abstimmung zwischen den Teilprojekten. Es leitet die Fortentwicklung der Forschungskonzeption für den SFB 299 und organisiert die Analyse und Bewertung der Landnutzungsoptionen. Weiterhin arbeitet das Sekretariat in der Analyse der kommunikativen Erfolgsfaktoren des Wissenschaftsmanagements eng mit dem TP E3 zusammen. Das (neu aufgenommene) TP E3 strebt die Formulierung und Überprüfung von Hypothesen über Einflußfaktoren auf den Wissensprozeß an und plant dazu u. a. Interviews innerhalb der 20 Forschergruppen des SFB. Daraus sollen Aussage über den Einfluß von Absprachen zwischen Forschern und die Wirkung unterschiedlicher Kooperationsstrategien abgeleitet werden. Ziel ist es, eine Empfehlung über effiziente Formen und Strategien des Wissensmanagementes innerhalb inter-/multidisziplinärer Forschungsprojekte vorzulegen. 4. Methodisches Vorgehen und Datenmanagement Methodik Die “Entwicklung einer integrierten Methodik zur Erarbeitung von Bewertung von räumlich differenzierten Optionen der regionalen Landnutzungen“ wird in der 2. Phase des SFB 299 exemplarisch im Dill-Einzugsgebiet als Projektregion durchgeführt. Grundsätzlich kann das methodische Vorgehen in jeder Raumeinheit angewendet werden, für welche die erforderlichen Eingangsdaten verfügbar sind. Die freie Wahl (= Option) der Landnutzung bezieht sich auf Parzellen als kleinste Flächeneinheiten, die das Entscheidungsspektrum der Landnutzer darstellen. Im methodischen Ansatz des SFB 299 werden die Parzellen durch eine bestimmte Zahl von Rasterzellen in einem Geographischen Informationssystem abgebildet. Für jede Rasterzelle wird ein Satz von Inputvariablen xi bereitgestellt, die die Ausprägungen der naturräumlichen Einflußfaktoren (Boden, Klima, Relief, usw.) sowie der sozioökonomischen Rahmenbedingungen (Faktor-, Produktpreise, Nutzungskosten der Arbeit, etc.) beschreiben. Im Modell ProLand wird nun für jede Rasterzelle dasjenige Landnutzungsprogramm P(x1,..., xn) als Funktion von Standortfaktoren und Rahmenbedingungen ermittelt (unter Beachtung gewisser Restriktionen), für das sich die höchstmögliche Grundrente berechnet. Anschließend werden mit nachgeschalteten Modellen (SWAT, ELLA, weitere) die Produktionsmengen der verschiedenen Landschaftsfunktionen yj(x1,..., xn, P) in Abhängigkeit von Nutzungsform sowie Standortfaktoren kalkuliert. Addiert man die einzelnen Raster auf, so ergeben sich daraus schließlich die regionalen Landnutzungssysteme zusammen mit den damit gekoppelten, aggregierten Landschaftsleistungen. Bei jeder Änderung der Rahmenbedingungen xi, die als Zustandsvariablen im Entscheidungskalkül der einzelnen Landnutzer erfaßt werden, sind auch Veränderungen in den Grundrenten und damit in der Landnutzung zu erwarten. Die naturwissenschaftlichen Teilprojekte (Projektbereiche B und C) untersuchen Zustandsgrößen und Prozesse vorrangig im Punkt- bis Parzellenmaßstab, im sozio-ökonomischen Pro- jektbereich D werden dagegen vornehmlich Zusammenhänge auf betrieblicher, kommunaler oder regionaler Ebene analysiert. Im Normalfall liegen Daten und Ergebnisse zunächst nur für diejenigen Objekte, Merkmale und auf derjenigen Skalenebene vor, die unmittelbar untersucht worden sind. Aus dem oben skizzierten Ansatz leitet sich jedoch für alle Teilprojekte die Vorgabe ab, dass sie ihre Ergebnisse über Zustandsvariablen und Rahmenbedingungen xi mit der identischen räumlichen Auflösung des (vorgegebenen) Rasters für das gesamte Untersuchungsgebiet bereitstellen müssen. Als weitere Kernaufgabe sind im SFB 299 somit Regionalisierungsverfahren zu entwickeln, d.h. Transformationsregeln bzw. Transferfunktionen, mit deren Hilfe Primärdaten und -ergebnisse extrapoliert oder auf andere Maßstabsbzw. Skalenebenen übertragen werden können (up-, downscaling). Datenmanagement und Netzadministration Innerhalb des SFB 299 werden Daten und Informationen mit sehr unterschiedlichen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Bezugsebenen verknüpft. Aus diesem Grund wurde das Datenbanksystem LADIB unter Solaris/Oracle entwickelt. Dieses Datenbanksystem dient im wesentlichen drei Aufgaben: dem Datentransfer zwischen den Teilprojekten, der Datensicherung und der Archivierung. Das Datenbanksystem befindet sich im zentralen Servercluster des SFB 299 auf dem Rechner Biber (s. Abb. 4). Die Daten sind mit Metainformationen versehen und werden nach einer Plausibilitätsprüfung in LADIB eingefügt. Der Zugriff ist aus Sicherheitsgründen nur angemeldeten Benutzern möglich. Seit Mitte 1998 besteht eine Schnittstelle zum World Wide Web (http://biber.agrar.uni-giessen.de). Der interne Zugriff auf LADIB erfolgt wahlweise mit Clientsoftware über ein Intranet oder http-unabhängige Kommunikationswerkzeuge. Öffentliche Nutzer von LADIB können nur den Ausschnitt der Metadaten betrachten, welcher die Daten beschreibt. Die weiteren Möglichkeiten der Datenverarbeitung, der Datenauswertung sowie der Gesamtheit der Datenkommunikation sind im Netzsystem ARTUS geregelt. Mit der Entwicklung von LADIB und ARTUS sind die Grundlagen für ein projektweites Umweltinformationssystem (UIS) gelegt. Zur Visualisierung und Auswertung räumlicher Daten wurde von Projektbeginn an das Geographische Informationssystem ERDAS verwendet. Wie sich in der ersten Phase des SFB 299 gezeigt hat, wird insbesondere für die Arbeiten in den Bereichen Landschaftsökologie, Tierökologie und Bodenkunde zusätzlich ein vektororientiertes GIS benötigt, wozu in der 2. Phase 22 Abb. 4: Struktur der Netzwerkadministration in der 2. Phase des SFB 299 das GIS ArcInfo/ArcView eingesetzt werden soll. Beide GIS bilden die Instrumente zur Dokumentation, Auswertung, Verknüpfung und Darstellung von Daten mit räumlichem Bezug. Nach dem Umzug in das Interdisziplinäre Forschungszentrum im Jahr 2000 werden alle Teilprojekte über Twisted Pair und Lichtwellenleiter an das Netz der Universität angeschlossen sein, so dass der Zugriff auf Daten und Programme, die zentral oder bei einzelnen Teilprojekten gehalten werden, keine technischen Probleme mehr aufwirft. Daher sollen die Möglichkeiten des World Wide Web noch stärker als bisher in das Informationsmanagement des SFB 299 integriert werden. 5. Arbeits- und Zeitplan Arbeitsplan Im Rahmen der gemeinsamen Entwicklung und Bewertung von Konzepten für eine ökonomisch und ökologisch nachhaltige regionale Landnutzung sind die einzelnen Teilprojekte des SFB 299 in zweifacher Weise miteinander verknüpft. a) Horizontal: Durch die Nutzung der gleichen Datenquellen, Beprobung identischer Untersuchungsobjekte, Austausch von Primärdaten, Analyseergebnissen etc. Diese Ebene der Zusammenarbeit bildet einen nicht unwesentlichen Teil der Synergieeffekte im SFB 299. Die horizontalen Verknüpfungen werden jeweils in den Einzelanträgen der Teilprojekte ausführlich dargestellt, so dass an dieser Stelle darauf nicht näher eingegangen wird. b) Vertikal (gemäß Abb. 5): Im Bereich „Untersuchungs- und Auswertung“ konzentrieren sich die Arbeiten der Projektbereiche B, C und D. Es erfolgen Bestandsaufnahmen sowohl abiotischer als auch biotischer Ökosystemstrukturen von ehemaligen und aktuellen landwirtschaftlichen Nutzflächen mit unterschiedlicher Nutzungsform (Nutzungsart und -intensität) sowie von Forststandorten. Darüber hinaus werden die wesentlichen Umsatzprozesse ökologisch relevanter Stoffe in verschiedenen Landschaftskompartimenten erfaßt sowie deren Wechselwirkungen beschrieben. Dadurch werden Informationen über Zustände, Kapazitäten und Intensitäten verfügbar, die für die quantitative Beschreibung und Bewertung der standort- und nutzungsabhängigen Landschaftsfunktionen in der Projektregion benötigt werden. 24 Weiterhin werden landwirtschaftliche Nutzungssysteme analysiert und technologische Innovationen untersucht, die eine Alternative zum Brachfallen bzw. zur Forstnutzung darstellen können. Schließlich werden die ökonomischen, soziologischen und rechtlichen Rahmenbedingungen ermittelt, die die wirtschaftlichen Standortfaktoren und die Zielsysteme der erwerbsorientierten Landnutzer mit ihren monetären und nichtmonetären Zielkomponenten im Hinblick auf die Ausprägung der Optionen der regionalen Landnutzung bestimmen. Von allen Disziplinen sind Transferfunktionen bzw. Übertragungsregeln zu formulieren, mit deren Hilfe die Aussagen über Zustandsvariable und Prozeßgrößen, die exemplarisch an einzelnen Untersuchungsobjekten gewonnen wurden, flächendeckend auf das gesamte Lahn-Dill-Bergland übertragen werden können. Diese Ergebnisse werden als Eingangsdaten bzw. Parameter für die Modelle in den TP A1 bis A3 benötigt; sie bilden das Bindeglied zwischen den Projektbereichen B, C und D einerseits und zum Projektbereich A andererseits. Im zweiten Arbeitsschritt werden zunächst mit dem „Computerlabor ProLand“ (TP A1) Szenarien der Landnutzungsverteilung in Abhängigkeit von (fixen) standortörtlichen sowie den (zu variierenden) politökonomischen Rahmenbedingungen im Projektgebiet modelliert. Die Allokation der Landnutzungssysteme bildet die Voraussetzung für die Modellierung der abiotischen und biotischen Landschaftsfunktionen (Teilprojekte A 2 und A 3), die als Funktion der Standortbedingungen und der Nutzungsformen für alle Flächen kalkuliert werden. Zu den betrachteten abiotischen Funktionen zählen u.a. der Wasser- und Stoffhaushalt, die Trinkwassererzeugung und die Aufnahme von Siedlungsabfall; im biotischen Bereich steht die Funktion als Lebensraum für landschaftstypische Floren- und Faunen-Komplexe im Mittelpunkt. Für die Flächen mit negativer Grundrente wird angenommen, dass i.d.R. keine Nutzungseingriffe mehr stattfinden werden (= Brachfallen), für diese Flächen ist dann die weitere Vegetationsentwicklung zu modellieren. Als Ergebnis der Modellierung werden die ökonomischen, biotischen und abiotischen Landschaftsfunktionen abgebildet, d.h. der Produktionsumfang von ausgewählten öffentlichen und privaten Gütern wird ermittelt, die mit verschiedenen Optionen der Landnutzung verbunden sind, und zwar sowohl deren räumliche Verteilung als auch aggregiert für die Untersuchungsregion. Die Aussagen und Ergebnisse der Szenarien zu den Landschaftsfunktionen werden im dritten Arbeitsschritt bewertet. Mit Hilfe von Choice Experiments werden die Nutzen- und Präferenzwerte von Umweltgütern für verschiedene gesellschaftliche Gruppen (Landbesitzer, Bürger, Experten, Politiker) ermittelt. Aus den Transformationsbeziehungen zwischen einzelnen Landschaftsleistungen kann der Zielraum für Landnutzungsoptionen abgesteckt werden, innerhalb dessen grundsätzlich nachhaltige Landnutzung möglich ist und in dem zugleich noch Spielräume für Effizienzgewinne in dem Sinne bestehen, dass mindestens ein Ziel verbessert werden kann, ohne Zielverzichte an anderer Stelle leisten zu müssen. Landnutzungsmuster Rahmenbedingungen Regelungsprozesse (Testflächen, Raumeinheiten) Zustandvariablen und Prozeßgrößen Methoden / Regeln zu ihrer Übertragung Modellierung von Landnutzungsoptionen (Allokation der Landnutzungen in der Region) Modellierung (Region, GIS-gestützt, rasterbasiert) Ökonomische, biotische und abiotische Landschaftsfunktionen quantitativ Transformationsbeziehungen Aussagen, Ergebnisse Entwicklung von Handlungsalternativen Veränderungen der Rahmenbedingungen (natürlich, ökonomisch, soziologisch, rechtlich) Untersuchung und Auswertung Bewertungen Abb. 5: Arbeitsschritte zur Entwicklung und Bewertung von Landnutzungskonzepten Das Arbeitsschema ist als rekursiver Prozeß angelegt: Die Modellergebnisse über Menge und Verteilung von Landschaftsfunktionen sind daraufhin zu analysieren, inwieweit damit die Zielfunktionen von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen einerseits und von Experten verschiedener Disziplinen innerhalb des SFB andererseits erfüllt werden. Aus 26 diesem Soll-Ist-Vergleich ergibt sich die Notwendigkeit, einzelne Zustandsvariablen und Prozeßgrößen zielorientiert zu verändern. Dazu gehören beispielsweise die Entwicklung innovativer Technologien, mit denen Landnutzungssysteme in der Region optimiert werden können. Weiterhin können daraus Anregungen für Änderungen in den ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Landnutzung resultieren, welche die Handlungsparameter der politischen Entscheidungsträger darstellen. Zeitplan Der SFB ist auf eine Gesamtbearbeitungsdauer von 12 Jahren angelegt. Das Arbeitskonzept hat seine Tragfähigkeit während der bisherigen Bearbeitung bewiesen, mit dem rekursive Schritt in der Arbeitsabfolge (s. Abb. 5) ist in der 1. Phase begonnen worden. Aus der Bewertung der (z.T. noch vorläufigen) Ergebnisse der ersten Phase innerhalb des SFB 299 haben sich vielfältige Anregungen ergeben und die Fragestellungen und Untersuchungsansätze der 2. Phase sind dementsprechend modifiziert worden. Nach Stand der Planung sind folgenden Forschungsschwerpunkte für die 2. bis 4. Projektphase vorgesehen. 2. Projektphase (Jahre 2000 - 2002): Schwerpunkte: Ausdehnung des Untersuchungsgebietes auf das Einzugsgebiet der Dill (rd. 700 km²). Felduntersuchungen und -auswertungen in ausgewählten Raumeinheiten bzw. Testflächen zwecks Verbesserung und Validierung von Aussagen und Übertragungsregeln. Weitere Integration der Ergebnisse hinsichtlich stofflicher, biotischer, sozialer und ökonomischer Aspekte in die Modellierung von regionalen Landnutzungsmustern. Erschließung, Auswertung und Einbindung von detaillierten Datenbeständen zu den forstlich genutzten Flächen. Prognosen zur Landschaftsentwicklung unter verschiedenen politökonomischen Rahmenbedingungen. Prüfung weiterer innovativer technologischer Elemente für bestehende Landnutzungssysteme mit dem Ziel, deren ökonomische und ökologische Leistungsfähigkeit zu verbessern. Weitere Überprüfung und Verbesserung der Methoden zur Übertragung von Ergebnissen auf andere Maßstabsebenen bzw. in die Untersuchungsregion. Vertiefung der Bewertung von Landschaftsoptionen, Entwicklung von Indikatoren zur Bewertung floristischer und faunistischer Landschaftsfunktionen. Ermittlung von Zielmöglichkeitsräumen für Landnutzungsoptionen, denen die Nutzenfunktionen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, als Nachfrager nach Landschaftsleistungen, gegenüberzustellen sind. 3. Projektphase (Jahre 2003 - 2005): Schwerpunkte: Ausdehnung der Projektregion auf das Lahn-Einzugsgebiet (bis Pegel Leun, rd. 3600 km²) und damit auf Regionen mit besseren standörtlichen Gegebenheiten. Fortentwicklung des „Computerlabors ProLand“ zur Allokation von Landnutzungssystemen und den damit verbundenen Landschaftsfunktionen; Präzisierung, Kalibrierung und Validierung der Modellaussagen. Sensitivitätanalysen für die maßgeblichen Inputvariablen und Parameter der Modelle; Untersuchung und Darstellung der Fehlerspannbreite der Modellergebnisse. Überprüfung und ggf. Modifikation der Transferfunktionen und Übertragungsregeln. Prognosen der Entwicklung der Landnutzungsverteilung und der Landschaftsfunktionen unter verschiedenen Rahmenbedingungen und bei Wirkung verschiedener Steuerungsmaßnahmen. Konzeption von Maßnahmen für eine nachhaltig tragfähige Entwicklung. Verstärkte Einbindung der Adressaten der SFB-Ergebnisse auf der Umsetzungsebene, d.h. die Landnutzungsberechtigten, politischen Entscheidungsträger, die Wohnbevölkerung etc. („lokale Akteure“). Gegebenenfalls Berücksichtigung zusätzlicher Funktionen und Nutzungspotentiale einer Landschaft (z.B. Klimabeeinflussung). 4. Projektphase (Jahre 2006 - 2008): Schwerpunkte: Fortsetzung der Entwicklung und Prüfung von Maßnahmen und Steuerungsinstrumenten zur Umsetzung von regionalen Landnutzungskonzepten. Beispielhafte Anwendungen in anderen Regionen, z.B. intensiv genutzten Agrarlandschaften; Überprüfung der Übertragbarkeit von Modellanwendung und -schlußfolgerungen in andere Landschaftsräume bzw. Regionen. Weitere Abstimmung der angewandten Methodik, der Konzepte und der Umsetzungsstrategie mit den relevanten Planungs- und Entscheidungsträgern.