Martin Sabrow - Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

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Martin Sabrow
Warum DDR-Geschichte im Unterricht?
Konferenz Meine, Deine, Unsere Geschichte? Friedliche Revolution und Deutsche Einheit in der schulischen und
außerschulischen Bildung, 31.10.2008, 14.00, Bildungszentrum Clara Sahlberg Berlin-Wannsee, Koblanckstraße 10
Der mir vorgegebene Titel meiner einleitenden Überlegungen enthält eine von jenen
rhetorischen Fragen, die eigentlich kein offenes Problem formulieren oder gar
überraschende Einsichten erhoffen lassen. Vielmehr lancieren sie einen Appell, bei
dem sich Redner und Zuhörer sich eigentlich bloß ihrer wechselseitigen Zustimmung
versichern können. Geschichtsunterricht erzeugt Geschichtsbewusstsein, und
Geschichtsbewusstsein erzeugt Orientierungswissen, ohne das unser Gemeinwesen
nicht funktionieren kann und auch jeder der einzelne den Kompaß verliert, der ihn auf
dem Weg von der Vergangenheit in eine bessere Zukunft leiten kann.
Dass die DDR als Teil unserer Geschichte dazu gehört, ist selbstevident, und die
Frage kann eigentlich nicht, warum, sondern wie viel Geschichte im Unterricht und
wie viel DDR-Geschichte im Geschichtsunterricht vorkommen soll. Über den
Stellenwert historischer Ereignisse und Phänomene im öffentlichen Gedächtnis und
damit auch im schulischen Unterricht entbrennen heute so heftige Verteilungskämpfe
wie früher. Sie verlaufen nach ähnlichem Muster, sie beanspruchen rituell für ihr
jeweiliges
Gebiet
mehr
zeitliche
Anteile
und
haben
stets
mit
der
Aufmerksamkeitsökonomie der öffentlichen Wahrnehmung zu kämpfen. Dies gilt für
die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und der DDR spätestens seit dem
Auftragslehrfilm „Hitler und Ulbricht: Fehlanzeige. Die große Lücke im Wissen
unserer Schüler (1959), der mit dem Skandal um die Synagogenschmierereien in
Köln und anderswo einherging.1
I.
Die Geschichtswissenschaft kann und soll diesen geschichtspolitischen und
geschichtspädagogischen Vorstößen ihre Stimme geben, und sie tut dies auch.
Insofern ist sie selbst Akteurin. Das soll sie aber nicht daran hindern, zugleich auch
1
Dazu Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. Die gegenseitige Darstellung von BRD und
DDR im Dokumentarfilm, Stuttgart 2003.
ihren selbstreflexiven Anspruch einzulösen und aus der Akteursrolle in die
Beobachterrolle zurückzufinden, um zu fragen, welche Normen und Grundannahmen
sie und uns eigentlich leiten, wenn wir es selbstverständlich finden, dass die DDR
einen prominenten Platz im Geschichtsunterricht einnimmt.
Dabei zeigt sich, dass das Engagement für die curriculare Berücksichtigung der DDR
durchaus unterschiedliche Begründungszusammenhänge aufruft. Der erste ist
nationalgeschichtlicher Natur. und geht davon aus, dass mit der Rückgewinnung
eines Nationalstaats in gesicherten Grenzen die bis 1990 durch die deutschdeutsche Grenze geteilte Geschichte nun eine von allen geteilte, also gemeinsame
Geschichte geworden ist, deren Gemeinsamkeiten es sich zu versichern gilt.
Insbesondere unser jüngst verstorbener Kollege Peter Bender hat darauf abgehoben
und immer wieder in seinen Büchern, so in seinem letzten unter dem Titel
„Deutschlands Wiederkehr“ zu zeigen versucht, dass die deutsche Geschichte auch
in der Zeit der Teilung in Wahrheit immer eine gemeinsame war: „Die vierzigjährige
Existenz zweier deutscher Staaten hat die Existenz Deutschlands mehr und mehr in
Frage gestellt, aber nicht aufgehoben. Bundesrepublik und DDR blieben, solange sie
bestanden, aufeinander bezogen. Gerade die Zeiten schlimmster Feindschaft ließen
erkennen, dass hier eine Nation mit sich selbst kämpfte: So böse streitet man nunr
mit dem Bruder. Keiner konnte vom anderen absehen, auch wenn er es wollte. Jeder
folgte seinen eigenen Grundsätzen und Erfordernissen, aber meist mit einem Blick
auf den Konkurrenzstaat. Keiner durfte sich eine Blöße geben, jeder wollte –
möglichst überall – der bessere sein.“2 Der Leitbegriff dieses die für die
Beschäftigung mit der DDR sich einsetzenden Denkens ist die Nation, die Bender ein
Leben lang nach Deutungsmöglichkeiten der auseinanderstrebenden doppelten
Nachkriegsgeschichte suchen ließ, die einen Weg wiesen, „wie wir zu einer
Nachkriegsgeschichte kommen. Wie lassen sich die Teile als Ganzes erkennen?
Welche Gesichtspunkte lassen sich finden, unter denen Bundesrepublik und DDR
gemeinsam betrachtet werden können?“3
Ganz zweifellos ist dieses Denkmodell heute verblasst, und ich vermute, dass es
auch in Ihrer Erwartungshaltung an diese Tagung keine hervorragende Rolle gespielt
hat. In seinen letzten öffentlichen Äußerungen suchte Bender in einer Replik auf
2
3
Deutschlands Wiederkehr. Eine ungeteilte Nachkriegsgeschichte 1945-1990, Stuttgart 2007, S. 5.
Episode oder Epoche? Zur Geschichte des geteilten Deutschland, München 1996, S. 9 f.
2
Wehlers fünften Band der Gesellschaftsgeschichte selbst die Antwort, warum Wehler
die DDR so verächtlich behandle und seinen Maßstab der sozialen Ungleichheit so
gar nicht auf das Zusammenwachsen der Deutschen nach 1990 anwende: „Hier liegt
der Unterschied der Jahrgänge. Für Wehler (und die allermeisten Jüngeren) wurde
die Bundesrepublik zum Maßstab, meiner blieb Deutschland. [...] Teilung und Einheit
sind meine Lebensthemen gewesen, lange als Journalist, später als Zeithistoriker.
Beides hat Wehler nicht um den Schlaf gebracht.“ Darum Benders heiliger Zorn
gegen Wehler: „Was die Deutschen verband und wo es trotz Teilung und Trennung
Brücken zwischen ihnen gab, ist für Wehler kein Thema. [...] Die DDR und auch ihre
Gesellschaft taugen für Wehler nur als Kontrast für das erfolgreiche Land westlich
der Elbe. Für den Jahrgang 1931, ganz und gar im Westen sozialisiert, bleibt die
Bundesrepublik der einzige Maßstab.“ Benders Antwort ist generationsbezogen, und
er schließt trotzig mit einer Hoffnung auf die nachwachsenden Generationen: „Aber
seit 1990 ist Deutschland wieder zum Maßstab geworden, nicht nur für die Uralten,
sondern für alle.“4
II.
Ich glaube, dass Bender irrte. Präziser: Ich glaube, dass er ein ausklingendes
Paradigma formulierte, eine Art Nationalismus von links, wie ihn etwa auch Egon
Bahr prägte. Auch wenn es nach 1990 zunächst anders schien: Wir haben keine
Renaissance des Nationalstaatsdenkens erlebt, wie er in der Zeit der deutschen
Vereinigung von nationalstaatlich denkenden Regierungschefs von Thatcher bis
Andreotte befürchtet und von konservativen deutschen Kommentatoren wie Arnolf
Baring begrüßt wurde. Wir haben nach 1990 nicht zu einer mimetischen
Geschichtskultur zurückgefunden, die ungeachtet der zwölf bzw. der fünfzig dunklen
Jahren die im Kern nicht gebrochene Identifikation mit der deutschen Nation
beschwört; wir pflegen keine auf Kontinuität setzende Erinnerungskultur, die die
Vergangenheit als verpflichtende Aufforderung zur Erfüllung historischer Ansprüche
begreift. Vielmehr sind wir den Weg in eine kathartische Geschichtskultur weiter
gegangen, die auf Diskontinuität setzt, den Bruch mit der Vergangenheit in das
Zentrum rückt, ihren Gründungsmythos im Nie wieder (Auschwitz) statt im Weiter so
4
Alle Zitate nach faz-net lesesaal.
3
(Deutschland) findet und das kritische Lernen aus der Geschichte für das zentrale
Gebot der Beschäftigung mit der Vergangenheit hält. An keiner historischen Figur
lässt sich dieser Übergang von der Mimesis zur Katharsis, den die Geschichtskultur
des 20. Jahrhunderts durchlaufen hat, besser zeigen als der Geltungskraft des
Helden
in
der
Geschichtsbetrachtung.
Unsere
Zeit
ist
dem
Helden
als
Erinnerungsfigur nicht günstig, auch wenn der laufende Geschichtswettbewerb 2009
des Bundespräsidenten dem Thema „Helden: verehrt – verkannt – vergessen“ gelten
soll. Zwar kennt auch unsere Gegenwart wie jede andere den Menschen, „der sich
besonders erfolgreich für andere einsetzt“, um die einfachste Definition des Helden
zu nehmen: Die herausragende Leistung, die Uneigennützigkeit des Handelns und
die persönliche Opferbereitschaft, die den Helden im allgemeinen Verständnis
ausmachen, finden sich heute wie früher, aber sie machen uns jedenfalls in der
deutschen politischen Kultur nicht mehr so selbstverständlich wie vor 150 Jahren
Thomas Carlyle für „das Heldentümliche im menschlichen Handeln“ empfänglich. 5
Selbst ein so dramatisches Ereignis der Zeitgeschichte wie die friedliche Revolution
von 1989 hat keine Helden hervorgebracht, obwohl es doch genügend Stoff zur
Schaffung von Heldenmythen und Heldengestalten gegeben hätte: Zu denken wäre
etwa an Kurt Masur, den mutigen Kapellmeister aus Leipzig, dessen Appell zur
Entschärfung der explosiven Lage am 9. Oktober beigetragen hat, oder auch die
diensthabende
Oberstleutnant
Edwin
Görlitz
und
Harald
Jäger
von
der
Passkontrolleinheit der MfS-Grenztruppen, der am 9. November 1989 in der
Bornholmer Straße gegen 23 Uhr 30 den Befehl gibt: "Wir fluten jetzt!", um eine
weitere Eskalation zu vermeiden. Auch der unbeirrte Pfarrer der Nikolaikirche
Christian
Führer,
dessen
seit
1987
veranstalteten
Friedensgebete
zum
Kristallisationspunkt der regimesprengenden Montagsdemonstrationen wurden,
findet zwar Anerkennung, aber keine Heldenverehrung. Unsere Zeit ehrt den
kritischen Widerständigen gegen die mächtigen Verhältnisse mehr als den mächtigen
Gestalter der Verhältnisse, und das erklärt, warum unser Engagement für die
Beschäftigung mit der DDR im Unterricht heute mehr einem Aufklärungsparadigma
folgt als einem nationalgeschichtlichen.
5
Thomas Carlyle, Über Helden, Heldenverehrung und das Heldentümliche in der Geschichte. Sechs
Vorträge, Halle o.J., S. 1.
4
Die Dominanz des aufklärerischen Denkmodells zeigt sich eindrucksvoll etwa in der
Rezeption der Studie von Deutz-Schroeder & Schroeder, die sofort eine so
eindrucksvolle wie alarmierte Resonanz erzeugte und aufgeschreckte Schlagzeilen
produzierte wie „Willy Brandt ist aus der DDR“ oder „Alles nicht so schlimm“ oder
„Schüler verklären die DDR“ oder „Honeckers paradiesische Diktatur“. Die dahinter
stehende Sorge schließt von Unwissen auf Verklärung, nicht nur bei den Lesern,
sondern auch bei den Autoren der Studie, die ein wesentliches Ergebnis ihrer Studie
so zusammenfassen: „Je mehr die Schüler über den SED-Staat wissen, desto
kritischer wird die DDR beurteilt.“6 Dieses Fazit, der zugleich ein Appell ist, folgt
einen heute allgemeingültigen Denkmuster, das zugleich aufklärerisch wie
psychologisch inspiriert ist. Es beschreibt das Verschweigen, Vergessen, Verdrängen
in unserem Denken als eine psychische oder soziale Fehlentwicklung, eine fatale
Abwehr, wie sie etwa Gesine Schwan als „zerstörerische Macht des Schweigens in
der Politik“ angeprangert hat.7 In unserer gemeinsamen Wertewelt sind Erkenntnisse
der Tiefenpsychologie eingeflossen, und in ihr bezeichnet das Vergessen ein
Krankheitsbild und die Erinnerung den Weg zur Heilung – getreu Sigmund Freuds
berühmtem Konzept des Erinnerns, Wiederholens und Durcharbeitens. In der
Übertragung auf die innere Verfassung sozialer Gemeinschaften kehrt dieses
Verständnis von Erinnerung als Gesundung in der bekannten Warnung wieder: „Wer
sich der Geschichte nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ (George
Santayana)
Ein eindrucksvoller Indikator der damit verbundenen Verschiebung von einem
nationalgeschichtlichen,
mimetischen
zu
einem
heilungsgeschichtlichen,
kathartischen Geschichtsdenken steckt im Bedeutungs- oder besser Wertwandel des
Wortes Vergangenheitsbewältigung. In den fünfziger Jahren stellte es noch ein
mutiges Bekenntnis dar und wurde etwa von dem Göttinger Historiker Hermann
Heimpel, zeitweilig als Nachfolger des ersten deutschen Bundespräsidenten im
Gespräch, in durchaus selbstkritischer Absicht propagiert: Die Vergangenheit dürfe
S. 444. Ebenso: „In Brandenburg zum Beispiel sprechen sich alle Schüler, die über einen sehr hohen
Wissensstand verfügen, gegen eine Verharmlosung des Diktaturcharakters aus, während sich unter
den Schülern mit dem geringsten Kenntnisgrad nur etwa jeder zweite diesem Urteil anschließt.“ Ebd.,
S. 444 f. Ebenso S. 601 im Fazit.
7
Gesine Schwan, Politik und Schuld. Die zerstörerische Macht des Schweigens, Berlin 1997.
6
5
nicht vergessen, sie müsse vielmehr bewältigt werden.8 Heute hingegen begreifen
wir den Zivilisationsbruch von Auschwitz, aber auch die Geschichte der
kommunistischen Herrschaft in Europa eben nicht mehr als eine Vergangenheit, die
sich im eigentlichen Sinne „bewältigen“, womöglich überwältigen
ließe, und wir
distanzieren uns von einer Wiederaufbaumentalität, die meinte, mit dem Schrecken
des „Dritten Reiches“, aber auch mit den Hinterlassenschaften der kommunistischen
Diktatur auf dem Wege der juristischen, politischen und mentalen Bewältigung
abschließend fertig werden zu können.9 Wenn diese These zutrifft, könnte sich
erklären lassen, warum das Schicksal der BStU und der von ihr verwalteten Akten zu
Meinungslagern führt, die sich nicht in das traditionelle Parteienspektrum fügen.
Wenn der frühere Bundeskanzler Kohl ebenso wie der Bürgerrechtler Friedrich
Schorlemmer gleichermaßen für ein Autodafé plädierten, um die Akten des StasiStaates
zu
verbrennen,
zeichnet
sich
dahinter
ein
verbindendes
nationalgeschichtliches Denkmuster ab, das die Einheit der imagined community im
Abwägungsfalle höher hält als den aufklärerischen Lernerfolg einer anhaltenden
Heilung durch Wahrheit.
Unzweifelhaft ist jedenfalls der Wille zur Vergangenheitsbewältigung durch das
Bekenntnis zur Aufarbeitung abgelöst worden, und man beruft sich dazu gerne auf
Adorno, der das Aufkommen des Wortes Aufarbeitung allerdings 1957 noch eher
kritisch registriert hatte und jedenfalls mit der Absicht verbunden wissen wollte, „dass
man das Vergangene im Ernst verarbeite, seinen Bann breche durch helles
Bewusstsein“.10 Die Anlehnung an Sigmund Freuds tiefenpsychologisches Konzept
8
Peter Dudek, Vergangenheitsbewältigung. Zur Problematik eines umstrittenen Begriffs. In:
Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage 1–2, 1992, S. 44 ff.
9
Das Gegenwartsverständnis des Begriffs Vergangenheitsbewältigung veranschaulicht etwa
ein „Call for
Papers: Erinnerung
- Vergangenheitsbewältigung
–
Amnesie“ des
politikwissenschaftlichen Fachorgans „Peripherie. Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten
Welt“ vom 18.3.2007: „Freilich ist Sprache verräterisch: Nicht von Auseinandersetzung ist im
Zusammenhang mit dem Holocaust, dem
Genozid in Rwanda 1994, schweren
Menschenrechtsverletzungen unter den Diktaturen von Pinochet in Chile oder bei der
Niederschlagung des Sendero Luminoso in Peru, dem Apartheidsregime oder endlich auch dem
Vietnamkrieg und in wenigen Jahren vielleicht dem US-Desaster im Irak die Rede, sondern - bei allen
Unterschieden zwischen diesen Beispielen - von Vergangenheitsbewältigung. Die Gewaltsamkeit, die
im Spiel ist, wenn Vergangenheit zum Mythos zugerichtet, das Unsagbare für öffentlichen Gebrauch
handhabbar gemacht wird, ist diesem Wort eingeschrieben. http://hsozkult.geschichte.huberlin.de/termine/id=6919.
10
Theodor W. Adorno, Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit? in: Ders., Gesammelte
Schriften, Band 10/2, Kulturkritik und Gesellschaft II, hg. v. Rolf Tiedemann unter Mitwirkung von
Gretel Adorno, Susan Buck-Morss und Klaus Schultz Frankfurt am Main 1977, S. 555-572, hier S.
555.
6
des erinnernden Durcharbeitens formulierte einen durchschlagskräftigen Appell zur
Auseinandersetzung mit den Diktaturen des 20. Jahrhunderts, der die Abschüttelung
der Vergangenheit als politisch gefährliche „Unfähigkeit zu trauern“ zu lesen erlaubte
und die Vergangenheitsvergegenwärtigung als Weg zur Gesundung – aus dieser
erfolgreichen Einbettung des Umgangs mit der jüngsten Geschichte in einen sozialen
wie politischen Krankheitsdiskurs11 erklärt sich der Erfolg des Begriffs Aufarbeitung,
der andere Formen der Vergangenheitsüberwindung als Abwehr und Weigerung in
den diagnostischen Rahmen von Störung und Verdrängung stellte.
Zugleich stellt die Aufarbeitung auf die Widerstand erregende Schmerzhaftigkeit
jeder ernsthaften Auseinandersetzung mit der Last der Vergangenheit ab. So kann
sie bis heute jede öffentliche Anprangerung einer Vergangenheitsbelastung als
reinigenden Schritt zur Gesundung deuten und jenen empörungsbereiten Gestus der
Aufdeckung und Entlarvung beibehalten, der die deutsche Auseinandersetzung mit
der Diktaturvergangenheit so deutlich etwa von dem Selbstverständnis der
Wahrheits- und Versöhnungskommissionen in Südafrika und Ruanda unterscheidet.
III.
Und weil diese Sicht communis opinio ist, kommt mir und vielleicht auch Ihnen die
mir gestellte Frage „Warum DDR-Geschichte im Unterricht?“ so trivial und das
Fragezeichen so augenzwinkernd deplaciert vor. Wir sind uns doch alle einig, dass
die DDR-Geschichte einen wichtigen Stellenwert hat und streiten uns im Konsens
über das gemeinsame Ziel allein über die besten Wege zu ihm. Um von diesem
bequemen Konsens zur weniger bequemen Kontroverse zu kommen, müssen wir
allerdings nur das Fragepronomen verschieben: Nicht „Warum DDR-Geschichte im
Unterricht?“ lautet nämlich die eigentlich brisante Frage, sondern: „Welche
Geschichte im Unterricht?“ Und schon zeigt sich, dass ich in meiner Rubrizierung der
11
Auf diese Amalgamierung sozialer Defizite und politischer Interessen wies Adorno selbst in seinem
Vortrag von 1958 eindrücklich hin, um den Appell zur Aufarbeitung der drückenden Vergangenheit
nicht in einen psychologisierenden Entlastungsdiskurs verpuffen zu lassen: „Aus der allgemeinen
gesellschaftlichen Situation weit eher als aus der Psychopathologie ist denn wohl das Vergessen des
Nationalsozialismus zu begreifen. Noch die psychologischen Mechanismen in der Abwehr peinlicher
und unangenehmer Erinnerungen dienen höchst realitätsgerechten Zwecken. Die Abwehrenden
selbst plaudern sie aus, wenn sie etwa praktischen Sinnes darauf hinweisen, daß die allzu konkrete
und hartnäckige Erinnerung ans Geschehene dem deutschen Ansehen im Ausland schaden könne.“
Ebd., S. 558.
7
Begründungszusammenhänge für die Auseinandersetzung mit der DDR nach der
Nationalgeschichte und der Aufklärungsgeschichte einen dritten Strang unbeachtet
gelassen habe: nämlich die kommunikativ erinnerte und etwa durch den Boom der
Memoiren
mehr
und
mehr
in
das
kulturelle
Gedächtnis
wandernden
Lebensgeschichte, die sich in der unauflöslichen Spannung zwischen der
angestrebten Kontinuität des eigenen Ich und der Diskontunität der Lebensumstände
bewegt.
Den Einfluss dieses dritten Narrativs sehen wir sofort, wenn wir die gängigen
Argumente mustern, die aufgerufen werden, um zu erklären, warum es um den DDRGeschichtsunterricht so schlecht steht. „In familiären Gesprächen wird Jugendlichen
ein selektives DDR-Bild vermittelt“, schreiben die Autoren der Schroeder-Studie12
und weisen darauf hin, das viele Lehrer aus dem Westen von „Widerständen seintes
der Elternschaft (berichten), wenn es um die Vermittlung der dunklen Seiten des
SED-Staates geht“.13 Wenn die ostdeutschen Schüler zumindest nach den insoweit
allerdings auch bestrittenen Ergebnissen der Schroeder-Studie sogar noch
geringeres Wissen besitzen sollen als die in Bayern, machen wir uns sofort
Gedanken über die nach 1990 nicht wie die Fachhistoriker abgewickelten
Geschichtslehrer, die Scheu davor haben, „Opfer oder Oppositionelle der DDR zu
einem Gespräch einzuladen oder Gedenkstätten zu besuchen“.14 Wenn der
Geschichtsunterricht trotz aller Bemühungen die Einstellungen unter Schülern
gegenüber der SED-Diktatur nicht verändert, kommt die Frage auf, ob nicht das
kommunikative
Familiengedächtnis
dem
in
der
Schule
vermittelten
Geschichtsbewusstsein schlicht an Geltungskraft überlegen ist. Um nochmals die
Schroeder-Studie zu bemühen: „Eine in vielen ostdeutschen Schulen kaum
überwindbare Barriere stellen Eltern und Großeltern von Schülern dar,, die das von
kritischen Lehrern vermittelte DDR-Bild zurückweisen und ihren Kindern ihre eigene
nostalgische Sicht gleichsam aufzwingen.“15 Diese Überlegung muss keineswegs als
eifernder Vorwurf von außen daherkommen: Hat die „immer wieder zu beobachtende
abwehrende Haltung gegenüber der Forderung nach kritischer Auseinandersetzung
und der Wahrnehmung von Fakten eventuell mit einem spezifischen Verlust an
12
S. 603.
Ebd., S. 604 f.
14 Ebd.,, 605.
15 Ebd., S. 604.
13
8
Wirklichkeitsbezug zu tun, der eine Nachwirkung der erfolgreichen Durchsetzung des
von der SED oktroyierten Geschichtsdenkens ist?“, fragte unlängst Angelika MenneHaritz, Direktorin des SAPMO im Bundesarchiv, in einem nachdenklichen Beitrag
unter dem Titel „Kritische Auseinandersetzung oder Nostalgie: Erinnerungen an die
zweite deutsche Diktatur“.16
In der Tat gibt es anders als heute für die NS-Herrschaft keinen kulturell fixierten
Platz für „die“ DDR im Gedächtnis unserer Zeit, sondern sehr unterschiedliche DDRBilder, die miteinander um Geltungshoheit ringen oder abgeschottet nebeneinander
stehen. Schon in semantischer Perspektive zeigt sich, dass die Erinnerung an den
Umbruch von 1989 in starkem Maße fragmentiert ist. Die unterschiedlichen
Bezeichnungen für den Herbst 1989 deuten auf ein mehrfach gespaltenes
Milieugedächtnis, in dem voneinander abgeschottete Bilder der DDR-Vergangenheit
weitgehend unverbunden nebeneinander stehen. Politisch dominant ist dabei ein
„Revolutionserinnerung“, die den öffentlichen Diskurs wie das offizielle Gedenken
beherrscht und die DDR als einen im Herbst 1989 – bzw. zwischen den
Kommunalwahlen im Mai 1989 und den Volkskammerwahlen im Mai 1990 - mutig
überwundenen Unrechtsstaat konturiert. Schon die den Begriff der „friedlichen“ oder
der „demokratischen Revolution“17 vielfach meidende Alltagssprache im Osten der
Republik deutet zugleich die parallele Existenz einer gesellschaftlich dominanten
‚Wendeerinnerung’ an, die sich mit der dauerhaften Spaltung von öffentlichem
Geschichtsbild und individueller Erfahrung abgefunden hat. Parallel existiert ein
weiteres und in Netzwerken politischer und fachlicher Natur organisiertes
Milieugedächtnisses
früherer
DDR-Eliten,
das
eine
vereinigungskritische
Anschlußerinnerung pflegt, die die DDR als Normalstaat und die Vereinigung als
koloniale Unterwerfung mit Zustimmung der Kolonisierten in gezielter Analogie zum
Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 erscheint.18
Erweitern wir diese Fragmentierung der Umbruchsvorstellungen auf die ganze DDRGeschichte, so haben wir, grob gesprochen, ebenfalls drei große Raster, in denen
die DDR rückblickend verortet wird: ein staatlich privilegiertes und im öffentlichen
Gedenken
zentrales
Diktaturgedächtnis
mit
teleologischen
Zügen;
ein
gesellschaftlich dominantes Arrangementgedächtnis, das vom richtigen Leben im
16
in: Bouvier /Schneider
Vgl. Damm/Thompson auf dem Dresdner Historikertag, 1.10.2008.
18 Roesler.
17
9
falschen weiß und die Auskömmlichkeit unter schwierigen Bedingungen ins Zentrum
rückt; schließlich ein am Projekt Sozialismus festhaltendes Fortschrittsgedächtnis mit
stark genetischen Zügen. Der Geschichtsunterricht konzentriert sich lehrplangemäß
auf das Diktaturgedächtnis, die Familienerinnerung häufig auf die Aufstiegsmobilität
und die Befreiung vom Joch der nazistischen Unterdrückung oder schlicht die
Selbstbehauptung in den Umständen der Zeiten, die mal glücksverheißend, mal
niederschmettend sein mochten, aber doch immer bewältigt wurden.
Von der Vielzahl der Narrative, die aus der Mischung dieser drei Dimensionen zu
gewinnen ist, haben wir noch wenig systematische Kenntnis, und ebensowenig für
die unterschiedlichen Narrative des „Kommunismus als Erzählung“. Allein die Frage,
wie das 1989/90 erlebte Ende des Projekts Sozialismus autobiographisch verarbeitet
wurde, zeitigt die unterschiedlichsten Bemühungen, historische Zäsurerfahrung mit
lebensgeschichtlicher Identitätsvergewisserung zur Deckung zu bringen. Aus dieser
Spannung zwischen Kontinuität und Diskontinuität entwickeln sich beispielsweise
Erzählmuster, die fallweise stärker genetisch oder teleologisch oder auch
überhistorisch angelegt sind, die das Phänomen Kommunismus in das Zentrum oder
an den Rand der eigenen Lebensschilderung rücken, die seinen europäischen
Niedergang als autobiographische Brucherfahrung emphatisch annehmen oder
gänzlich von sich weisen.
IV.
Was ist aus all dem für die Rolle der DDR-Geschichte im Schulunterricht zu
gewinnen? Ich möchte meine Schlussfolgerungen auf wenige Thesen zuspitzen:
1. Die Existenz schulischer Defizite in bezug auf die DDR-Geschichte sind
unbestreitbar. Gleichwohl ist nicht außer acht zu lassen, dass die Schroeder- und die
voraufgegangene Arnswald-Studie mit entgegengesetzten Resultaten aufwarten: Der
durchschnittliche Ost-Schüler weiß weniger über die DDR bei Schroeder und mehr in
der konkurrierenden Studie von Ulrich Arnswald (2005). Zudem gilt:

Noch jede Studie hat alarmierende Unkenntnisse offenbart. Das begleitet die
Bundesrepublik seit ihrer Gründung.
10

Es gibt neben den düsteren auch gute Resultate, die in der Presseresonanz
unter den Tisch fielen. Zwischen 71 und 86% der Schüler sind froh, dass
Deutschland wieder vereint ist. Nur 12% lehnen die friedliche Revolution ab.

Schulunterricht mit geschrumpfter Stundentafel hat seinen Rang als Bildner
von Geschichtsbewusstsein längst an Bilder, Geschichtsfernsehen, Neue
Medien verloren. Was die allerdings an historischer Kompetenz erzeugen, ist
weithin unerforscht.
2. Die Korrelierung von Nichtwissen und Diktaturverharmlosung in der SchroederStudie halte ich für nicht haltbar, sie scheint mir auch unterreflektiert, was den
eigenen Standpunkt des Meinungsforschers angeht.
„Schüler, die über einen sehr hohen Wissensstand verfügen, (sprechen sich) gegen eine
Verharmlosung des Diktaturcharakters aus, während sich unter den Schülern mit dem geringsten
Kenntnisstand etwa jeder zweite diesem Urteil anschließt.“ Deutz-Schroeder/Schroeder, S. 444 f.
Beispiel: 68% der Bayern, aber nur 47% der Ost-Berliner lehnen die Aussage ab: „Ich finde es gut,
das in der DDR die SED die führende Rolle innehatte“. S. 348
Die Schroeder-Studie markiert das Problem, dass das DDR-Bild der (westdeutschen)
Forscher nicht mit dem DDR-Bild der befragten Schülergruppen übereinstimmt. Die
Studie nimmt ein bestimmtes Wissen, nämlich das des Diktaturgedächtnisses, für
„die DDR-Geschichte“. Wenn ein Viertel nicht weiß, dass in der DDR bis 1987 die
Todesstrafe galt, so ist neben der Gewissheit, dass dieselbe
Frage, wann die
Todesstrafe in der Bundesrepublik gegolten habe, ebenfalls ¼ falsche Antworten
bekommen, vor allem die Erkenntnis zu gewinnen, dass solche Fragen die
Lebenswirklichkeit von Schülern nicht ernsthaft berühren.
Gleiches gilt, wenn jeder zweite Schüler mit dem Namen von Krenz nichts anfangen
kann oder 13/16% der ostdeutschen Schüler Kohl für einen DDR-Politiker hält. Die
Studie hält das für einen Mangel an Faktenwissen und korreliert diesen Mangel mit
dem Grad an kritischem Urteil. Es kann aber auch sein, dass diese Schüler ein
anderes Faktenwissen haben, das mit ihrem positiveren Urteil korreliert. Ein solches
anderes Wissen hingegen wurde nicht abgefragt, sonst hätte nicht das Ergebnis
herauskommen können, das all unseren Diskussions- und Vortragserfahrungen
widerspricht, dass nämlich Schüler in Vilshofen oder Straubing mehr von der DDR
wissen als in Leipzig oder Potsdam.
11
Dann vermischt die Studie Sachwissen und Werturteil: So, wenn sie betont, dass
37% der brandenburgischen Schüler gegenüber 52% der NRW-Schüler annehmen,
dass die DDR 1989 wirtschaftlich am Ende war. Darüber kann man in der Tat
streiten, tat dies auf dem Historikertag Dresden eben wieder; ein klares Sachwissen
lässt sich in dieser Frage nicht abprüfen. Auch hier wieder. Wissen NRW-Schüler
mehr über die DDR als ostdeutsche Schüler? Oder wissen sie anderes, nämlich
Schulbuchwissen gegenüber Familientradition?
Die Studie ignoriert keineswegs, dass zumindest die befragten ostdeutschen Schüler
ihr Geschichtsbild stark aus dem Familiengedächtnis, das in der Regel weniger auf
große Zusammenhänge wie Demokratie und Diktatur abstellt, sondern auf das
richtige Leben im falschen, kürzer gesagt: auf das Arrangement- und vielleicht sogar
Fortschrittsgedächtnis, nicht auf das Diktaturgedächtnis. Die Studie ignoriert das
nicht, sondern sie verlangt schlicht, das Arrangementgedächtnis durch das
Diktaturgedächtnis auszutauschen. Und das mit durchaus brachialen Mitteln. Die
Schroeder-Studie empfiehlt in ihrem Fazit, „geeignete Schulbücher“ „sachgerechter“
zuzulassen
und
„zu
verhindern,
dass ungeeignete Schulbücher eingesetzt
werden“(604) Sie kritisiert 15 von 16 Landeslehrplänen, weil „die DDR als Ganzes
[...] jedoch auch hier nicht normativ betrachtet“ wird. (603) Um das Weiterwirken der
„in der DDR erworbenen mentalen Prägungen“ und „in den verschiedenen Milieus“
die Weitergabe von „Fragmente(n) eines Geschichtsbildes an jüngere Generationen“
zu unterbinden, verlangt sie „direkte Anordnungen von Ministerien“ und stört sich mit
der verbalen Einschränkung, dass das „in freiheitlichen Gesellschaften üblich“ sei,
sogar daran, dass „auch in der Wissenschaft kein einheitliches Bild der DDR
(existiert)“.
Den Appell zum Gedächtnistausch halte ich für ein naives Heilmittel.
„Anstatt DDR-Geschichte weich zu zeichnen [...], scheint es sinnvoller, die aktive und passive
Auflehnung der Bevölkerung gegen die Diktatur [...] stärker in den Fokus der Analyse zu stellen.
Dies böte die Möglichkeit einer Identifikation mit Werten wie Freiheit und Demokratie, die in
großen Teilen der ostdeutschen Bevölkerung immer noch unterentwickelt sind. Die Verklärung
des Sozialen behindert zudem den endgültigen Abschied von der Unmündigkeit, die in der DDR
mit den sozialen Versorgungssystemen verknüpft war und Loyalität erzeugen sollte.“ DeutzSchroeder/Schroeder, S. 107.
Lernen funktioniert über das Anknüpfen an bekanntes Wissen und vorhandene
Wertgerüste und in der Regel nicht durch Entgegensetzung. Der Effekt ist häufig
kontraproduktiv; er könnte die Aufspaltung des Gedächtnisses in ein rituelles und ein
12
kommunikatives fördern, wie er für Meinungsdiktaturen typisch ist, nicht für
freiheitliche Gesellschaften.
3. Ost-Schüler wissen nicht weniger, sondern anderes über die DDR, und sie haben,
wie ihre Eltern häufig das Bedürfnis, sich dieser anderen DDR erinnern zu
vergewissern. Das erklärt den zeitweiligen Boom von Ostalgieshows und die
Nachfrage für den DDR-Alltag, wie etwa die Besucherzahlen für das DDR-Museum
belegen.
Wenn wir mehr wollen als eine illusionäre und wenig freiheitliche Ersetzung des
einen Gedächtnisses durch ein anderes, brauchen wir Begegnungsräume, in denen
alltägliche Lebenswirklichkeit und historisch gesichertes Wissen aufeinandertreffen
können. Judo oder Karate? Ein solcher Ort ist das Klassenzimmer, aber er wird
verschenkt, wenn der wertbezogene Frontalunterricht vor 1989 nur abgelöst wird und
das Ideal einer freiheitlichen Bürgergesellschaft nicht auch in das Klassenzimmer
selbst verlagert wird.
Die DDR-Geschichte, die wir im Geschichtsunterricht vermitteln, ist mehrdimensional.
Sie lässt Lebensgeschichte und Diktaturcharakter nicht nebeneinander herlaufen,
sondern bringt sie zur Verschränkung. Sie überwältigt nicht, sondern lässt im Sinne
des Beutelsbacher Konsenses Raum für Kontroversität; sie indoktriniert nicht,
sondern befähigt zur eigenen Urteilsbildung.19 Zwei Ansätze scheinen mir besonders
erwähnenswert, weil sie diese Forderungen konsequent umsetzen: Das eine ist die
Institutionalisierung von Projekten, die die Verbindung von lebensgeschichtlichen
Erfahrungen und Diktaturgeschichte zur eigenständigen Erkenntnisgewinnung
ermöglichen. Beispielgebend könnte hier der bundesweite Schülerwettbewerb „Du
schreibst Geschichte!" sein „deine geschichte.de“, der im Oktober des Jahres
gestartet ist. Er ist im Kern ein Zeitzeugenprojekt, in dem der Unterricht die Aufgabe
hat, Schüler dazu zu befähigen, auf Basis ihres erworbenen Wissen in persönliche
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Nach Wikipedia:
Überwältigungsverbot (auch: Indoktrinationsverbot): Lehrende dürfen Schülern nicht ihre Meinung
aufzwingen. Schüler sollen sich mit Hilfe des Unterrichts eine eigene Meinung bilden können.
Kontroversität (auch: Ausgewogenheit): Der Lehrende muss ein Thema kontrovers darstellen und
diskutieren, wenn es in der Öffentlichkeit kontrovers erscheint.
Schülerorientierung: Politische Bildung muss Schüler in die Lage versetzen, die politische Situation
der Gesellschaft und ihre eigene Position zu analysieren und daraus für sich Konsequenzen zu
ziehen.
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Begegnung
mit
Zeitzeugen
zu
treten
und
ihre
eigene
Sicht
in
der
Auseinandersetzung mit anderen generationellen und mentalen Perspektiven zu
bewähren und zu modifizieren.
Das andere ist ein Plädoyer für eine integrierte Perspektive, die die DDR-Geschichte
immer in den Kontext der deutsch-deutschen Geschichte setzt. Ohne diese
Kontextualisierung verliert Unterricht an Glaubwürdigkeit, werden gemeinsame
Problemlagen nicht sichtbar, können differenzierende Urteile nicht erarbeitet werden
und verliert der Unterricht den Bezug zur Lebenswirklichkeit von Schülern im politisch
geeinten und mental wie sozial und wirtschaftlich noch so stark geteilten
Vereinigungsdeutschland.
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