Brief aus Berlin Ausgabe: 28. November 2003 Bundeshaushalt 2004 Erneuter Verstoß gegen Haushaltswahrheit und -klarheit Der nunmehr von Rot-Grün verabschiedete Bundeshaushalt 2004 setzt die fatale Finanzpolitik der Schröder-Regierung nahtlos fort. Er ist gekennzeichnet durch Risiken im zweistelligen Milliardenbereich, einer Fortsetzung des Schuldenkurses auf höchstem Niveau und einem offenen Verfassungsverstoß, weil die geplante Neuverschuldung höher liegt als die veranschlagten Investitionen. Bereits bei der Einbringung seines Etatentwurfs hatte Finanzminister Eichel einräumen müssen, dieser Haushalt berge die bislang höchsten Risiken all seiner fünf bisherigen Entwürfe. Konsequenzen aus dieser Erkenntnis zog er im zurückliegenden Beratungsverfahren dagegen nicht. Verabschiedet wurde letztlich ein Haushalt, der nicht einmal beschlussfähig ist. Milliardenschwere Haushaltsrisiken Die Haushaltsplanungen der Schröder-Regierung stehen auf überaus tönernen Füßen. Sie berücksichtigen bereits Einnahmen bzw. Einsparungen aus gesetzlichen Maßnahmen, die so sicher nicht realisiert werden. Eingeplant sind z.B. milliardenschwere Einsparungen durch die komplette Streichung der Eigenheimzulage und die drastische Kürzung der Entfernungspauschale. In beiden Fällen zeichnet sich ab, dass die ursprünglichen Regierungspläne im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat keinen Bestand haben werden. Mit 2,7 Mrd. Euro absolut zu hoch gegriffen sind die geplanten Einnahmen aus der LKW-Maut. Vielmehr ist derzeit überhaupt nicht absehbar, wie lange sich Verkehrsminister Stolpes Maut-Desaster noch hinziehen wird und ob in absehbarer Zeit Einnahmen überhaupt fließen werden. Höchst gefährdet ist dadurch eine Vielzahl von Straßenneu- und –ausbauprojekten – gerade auch in Bayern. Fortsetzung des Schuldenkurses Der ebenfalls beschlossene Nachtragshaushalt 2003 treibt die Neuverschuldung in diesem Jahr auf die Rekordmarke von über 43 Mrd. Euro – vorgesehen waren ursprünglich knapp 19 Mrd. Euro. Der Haushalt 2004 bedeutet mit zusätzlichen neuen Schulden in Höhe von über 29 Mrd. Euro eine Fortsetzung des Schuldenkurses auf höchstem Niveau und ist damit eine schwere Zukunftshypothek. Klar ist damit für das nächste Jahr auch, dass die Schröder-Regierung im dritten Jahr in Folge die Defizitgrenze des Euro-Stabilitätspakts sehr wahrscheinlich überschreiten wird. -2- Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik verstößt zudem der Haushalt schon bei seiner Verabschiedung offen gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot, wonach die Investitionen höher als die Neuverschuldung liegen müssen. Die Schröder-Regierung verschiebt damit wesentlich höhere Lasten auf die Zukunft, als sie für die Zukunftsgestaltung zu leisten in der Lage ist. PR-Skandal um Arbeitsamtspräsident Florian Gerster Gerster: Selbstherrlichkeit statt Vermittlungserfolge Die vom Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit Florian Gerster stillschweigend eingefädelte und mit 1,3 Millionen Euro üppig dotierte PR- und Imageberatung ist angesichts der Notlage von Millionen von Arbeitslosen überaus instinktlos. Der für seine Selbstherrlichkeit bekannte ehemalige SPD-Minister hat nicht nur dem Image der Nürnberger Bundesanstalt Schaden zugefügt, sondern gefährdet darüber hinaus nachhaltig die Glaubwürdigkeit aller Umbaubemühungen der Arbeitsämter hin zu einer effektiven Arbeitsvermittlung. Zwar stellt sich Bundesminister Clement noch schützend vor seinen Behördenchef. Die inzwischen angekündigte vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Medienfirma WMP macht aber in aller Deutlichkeit klar, dass die Auftragsvergabe ein schwerwiegender Fehler Gersters war – zumal sie ohne Ausschreibungsverfahren vollzogen wurde. Abteilungsverantwortliche in Kommunalbehörden würden für ein solches Handeln längst zur Rechenschaft gezogen worden sein. Genau dies erwartet nunmehr die CSU-Landesgruppe von der Bundesregierung gegenüber ihrem großspurigen Chefmodernisierer. Der PR-Skandal Gersters hat darüber hinaus symptomatische Bedeutung für das politische Handeln von Rot-Grün. Denn natürlich ist es den Betroffenen nicht vermittelbar, in der aktiven Arbeitsmarktpolitik Milliarden zu streichen und gleichzeitig viele Millionen in aufwendige Medien- und Kommunikationsberatung zu stecken. Dies gilt nicht nur für die Bundesanstalt für Arbeit, sondern auch für die gesamte Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung, die im nächsten Jahr um über 10 Prozent auf weit über 97 Millionen Euro aufgestockt werden soll. Und auch hier gibt es viele Ungereimtheiten bei mancher freihändigen Auftragsvergabe, um die sich inzwischen der Bundesrechnungshof kümmert. Der Eindruck verfestigt sich zusehends, dass die rot-grünen Verantwortlichen in Ermangelung politischer Erfolge zum Mittel pompös inszenierter PR-Kampagnen greifen, um Tatendrang zu vermitteln, wo konkrete Ergebnisse fehlen. Im Fall Gerster ist dies augenscheinlich. Denn die viel gepriesenen Wunderinstrumente Job-Floater, Ich-AG's oder Personal Service Agenturen haben sich bisher jedenfalls als Flop erwiesen. Mit Kommunikationsproblemen hat dies sicherlich nichts zu tun. Wirtschaft -3- Industrie investiert weniger – Höchststand bei Konkursen Die Investitionen der deutschen Industrie sind im vergangenen Jahr drastisch gesunken. Mit rund 50 Milliarden Euro sind rund elf Prozent weniger als 2001 investiert worden, teilte das Statistische Bundesamt in dieser Woche mit. Fast ein Viertel der Summe ist den Wiesbadener Angaben zu Folge allein auf die Automobilbranche entfallen, die 11,7 Milliarden Euro für neue Maschinen oder Gebäude ausgegeben hat. Ohne die Autobauer hätte die deutsche Industrie im Jahr 2002 einen Investitionsrückgang von über 14 Prozent verzeichnet. Mit einem neuen Höchststand bei Unternehmenspleiten rechnet unterdessen der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen. Rund 40.000 Firmen würden in diesem Jahr Insolvenz anmelden müssen. Das entspricht einem Anstieg gegenüber dem Jahr 2002 um 6 Prozent. Die Euler-Hermes Kreditversicherung prognostiziert für 2003 sogar 41.500 Firmenpleiten. Selbst bei einem unterstellten Anspringen der Konjunktur in den kommenden zwei bis drei Jahren wird sich die Zahl weiter erhöhen. 2004 sei mit 43.000 Unternehmensinsolvenzen zu rechnen. Wesentliche Ursachen für diese verheerende Entwicklung ist nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungen eine dünne Eigenkapitalausstattung und angespannte Liquidität der Firmen. Im Durchschnitt aller deutschen Unternehmen liegt die Eigenkapitalquote bei lediglich 17 Prozent. In Frankreich sind es mehr als 30 Prozent, in Spanien über 40 Prozent und in den USA kommen die Unternehmen auf durchschnittlich 50 Prozent. EU-Stabilitätspakt Bundesregierung legt Axt an die Wurzeln des Euro Mit der von Bundesfinanzminister Eichel in unheiliger Allianz mit seinem französischen Amtskollegen durchgesetzten Blockade von Zwangsmaßnahmen der EU-Kommission gegenüber Deutschland betreibt die Bundesregierung die vorsätzliche Aushöhlung des EU-Stabiliätspaktes. Zu Recht spricht Bundesbank Vizechef Jürgen Stark von einem "herben Schlag gegen die Fundamente der europäischen Gemeinschaftswährung". Der mit voller Rückendeckung von Kanzler Schröder verfolgte Konfrontationskurs Eichels gegenüber der EU-Kommission birgt die Gefahr einer nachhaltigen Vertrauenskrise von Bürgern und Märkten in die künftige Stabilität des Euro. Deutschland als schlechtes Beispiel für Euro-Mitglieder Zudem besteht die Gefahr, dass künftig auch andere EU-Länder aus dem schlechten Beispiel Deutschlands und Frankreichs einen Persil-Schein für Verstöße gegen Geist und Regeln des europäischen Stabilitätspakts ableiten. Denn natürlich wirkt die von der Bundesregierung forcierte Mehrheitsentscheidung der europäischen Finanzminister, die wiederholten Verstöße Deutschlands -4- gegen die im EU-Stabilitätspakt festgeschriebene Neuverschuldungs-Obergrenze von 3 Prozent ohne die eigentlich im Vertrag festgelegten Strafmaßnahmen bzw. Zwangsauflagen zu belassen, als ein verheerendes Signal an die vertragstreuen Euro-Mitglieder. Auf die dortigen Regierungen wird künftig der innenpolitische Druck erheblich ansteigen, ebenfalls keine allzu großen Anstrengungen mehr bei der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zu unternehmen. Eine solche Politik aber führt mittelfristig zu höheren Zins- und Tilgungskosten für die EU-Staaten, womit genau das Gegenteil einer Konjunktur-Stimulierung erreicht wird. Deutschland rutscht noch tiefer in die Schuldenfalle Ein Trauerspiel besonderer Art ist es, dass ausgerechnet Deutschland als einstiger Architekt des EUStabilitätspakts heute nicht mehr als Anker der Stabilität in Europa gilt, sondern als Haushaltssünder auf der Anklagebank sitzt. Im dritten Jahr in Folge wird Deutschland im kommenden Jahr den europäischen Pakt verletzen. Als höchst fraglich muss zudem die von Bundesfinanzminister Eichel erteilte Zusage an die EU-Kommission als der "Hüterin der EU-Verträge" gelten, das Defizitkriterium im Jahr 2005 dann aber in jedem Fall einhalten zu können. Denn was Eichels Erklärungen wert sind, muss sich erst noch erweisen. So sagt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem jüngst in Paris vorgestellten Wirtschaftsausblick voraus, dass Frankreich und Deutschland auch im Jahre 2005 mit ihren Defizitgrenzen oberhalb der 3-Prozent-Marke liegen werden. Damit wird Eichel also seine Zusage an seine europäischen Kollegen nicht einhalten können, 2005 wieder einen vertragskonformen Haushalt vorlegen zu können. Deutschland als europäische Wachstumsbremse Mittelfristig sieht nicht nur die OECD die schlechte Haushaltslage in den beiden wichtigsten europäischen Volkswirtschaften als erhebliches Risiko für die Konjunktur: "Wenn im Aufschwung die Fiskaldefizite nicht schnell genug wieder abgebaut werden, wächst der Druck auf die Zinsen, warnt die OECD. Dass sich Sparen und Wachstum nicht gegenseitig im Weg stehen, wie Bundesfinanzminister Eichel mit seinem Wort vom "Kaputtsparen des Aufschwungs" behauptet, betont auch sein Parteifreund und Bundesbank-Präsident Welteke. Im Gegenteil: Die Euro-Mitglieder, die rechtzeitig ihre haushaltspolitischen Hausaufgaben erledigt haben, stehen wirtschaftlich heute besser da als Deutschland. Und auch Prof. Wiegand, der Vorsitzende der sog. Wirtschaftsweisen, unterstreicht: "Das einzige, was eine höhere Nettokreditaufnahme erreichen kann, ist ein leichter, kurzfristiger Impuls für die Konjunktur. Die langfristigen Wirkungen für das Wachstum sind dagegen negativ." (Handelsblatt, 25.11.2003) Pressestimmen zur Blockade des EU-Defizitverfahrens gegen Deutschland und Frankreich -5- "Wie soll irgendein EU-Finanzminister künftig zu Hause Sparsamkeit durchsetzen, wenn sich Deutsche und Franzosen ständig mit aufreizender Arroganz der Disziplin entziehen?" (Süddeutsche Zeitung, 26.11.2003) "Es ist eine Schande. Und eine unglaubliche Torheit dazu. Angetrieben vom Kanzler selbst hat die Bundesregierung die EU-Kommission blockiert, die nach langem Zusehen in berechtigtem Ermessen vorging. Damit hat Deutschland das Recht gebrochen und Vertrauen zerstört, nicht nur im eigenen Land, sondern ringsum in Europa." (Die Welt, 26.11.2003) "Sichtbare Folge der Preisgabe des Stabilitätspakts werden auf absehbare Zeit höhere Haushaltsdefizite sein, nicht nur in Deutschland und Frankreich, sondern letztlich im gesamten EuroRaum. Ohne Deutschland als überzeugten Verteidiger der Stabilitätskultur werden es auch Länder, die sich derzeit noch ernsthaft um ausgeglichene Etats bemühen, ein ganzes Stück schwerer haben. Der ungenierte Bruch des Pakts durch Deutschland und Frankreich verringert nun die Chancen auf höheres Wachstum und damit auf mehr Arbeitsplätze und Wohlstand – für alle Bürger." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.11.2003) Untersuchungsausschuss "Wahlbetrug" "Lügenausschuss" überführt die Regierung Schröder Nach monatelanger intensiver Arbeit ist nunmehr der Abschlussbericht des auf Antrag der CDU/CSUBundestagsfraktion am 20. Dezember 2002 eingesetzten Untersuchungsausschuss Wahlbetrug erstellt worden. Wie sich aus dem Sondervotum der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ergibt, war das Ergebnis der Beweisaufnahme eindeutig: Die Regierung Schröder hat die Öffentlichkeit und den Bundestag im Jahr 2002 über die Situation des Bundeshaushalts, die Einhaltung der MaastrichtKriterien sowie der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung aus wahlkampftaktischen Gründen getäuscht. Die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses hat sich als sachgerecht und notwendig erwiesen. Denn nur so bestand die Möglichkeit, Einsicht in die Akten der zuständigen Ministerien und des Bundeskanzleramtes zu nehmen und die Zeugen unter Wahrheitspflicht anzuhören. Dabei hat der Untersuchungsausschuss in erheblichem Umfang Sachverhalte ermittelt, die der Öffentlichkeit bis dahin nicht bekannt waren und in klarem Gegensatz zu früheren offiziellen Bekundungen der Bundesregierung stehen. Verschleierungstaktik der Regierung Schröder vor der Bundestagswahl -6- - Finanzminister Eichel hat bis zur Bundestagwahl am 22. September 2002 die völlig desolate Situation des Bundeshaushalts verschwiegen und behauptet, die Stabilitätskriterien des MaastrichtVertrages könnten im Jahr 2002 eingehalten werden. Noch 10 Tage vor der Bundestagswahl hat Eichel im Deutschen Bundestag am 12. September 2002 erklärt: „Nach 21,1 Mrd. Euro in 2002 bleibt es für 2003 bei der geplanten Neuverschuldung von 15,5 Mrd. Euro. An diesem Wert können wir festhalten. Wir sind auf dem Weg zu einem gesamtstaatlichen Haushalt ohne neue Schulden und zu einem Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung. Wir stehen trotz aller Finanzenge fest zum europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt“. - Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt blieb bis zur Bundestagswahl bei der Behauptung, in der gesetzlichen Krankenversicherung könnte für das Jahr 2002 ein ausgeglichenes Finanzergebnis und für das Jahr 2003 Beitragsstabilität erwartet werden. - Bis zur Bundestagswahl hat Bundesarbeitsminister Riester die finanzielle Situation der gesetzlichen Rentenversicherung geschönt und Warnungen vor Beitragserhöhungen zurückgewiesen. Offenbarungseid der Regierung Schröder nach der Bundestagswahl Nur wenige Tage nach der Wahl wurde dann das gewaltige Ausmaß der Zerrüttung der Staatsfinanzen und der desolaten Situation der Renten- und Krankenversicherung bekannt und von der Bundesregierung faktisch auch zugegeben. Die Befürchtungen von CSU und CDU erwiesen sich in allen Bereichen als berechtigt und wurden teilweise von der Realität noch übertroffen: - Die Nettokreditaufnahme des Bundes explodierte auf über 32 Mrd. Euro; das Maastricht-Defizit erreichte dramatische 3,5 %; das Wirtschaftswachstum brach ein, der Aufschwung fand nicht statt; - die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung standen vor Milliarden-Defiziten und drastischen Beitragssteigerungen. Schröder-Regierung überführt Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Lügenausschuss war Rot-Grün spätestens ab August 2002 klar, dass die positiven Prognosen zu den Bundesfinanzen, den Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrages sowie der Kranken- und Rentenversicherung, auf die die Bundesregierung sich stützte, nicht mehr eintreten konnten. Es stellte sich heraus, dass dieselben Beamten und Fachabteilungen, die ihren Ministern zu Beginn des Jahres 2002 noch positive Berechnungen und Prognosen geliefert hatten, diese ab Ende Juni -7- 2002 grundlegend revidierten und somit das ganze Ausmaß der finanziellen Misere der öffentlichen Haushalte und der Sozialkassen schon Wochen vor der Bundestagswahl zutreffend voraussagten. Obwohl die verantwortlichen Minister bereits seit Jahresmitte von den revidierten Berechnungen ihrer eigenen Fachleute wussten, wurden alle Zweifel, die von unabhängigen externen Sachverständigen und Oppositionspolitikern geäußert wurden, bis zum Tag der Bundestagswahl als unseriös oder als Panikmache zurückgewiesen. Eichels Unwahrheiten Seit der Vernehmung von Finanzminister Eichel vor dem Untersuchungsausschuss steht fest: Er hat dem Bundestag und der Öffentlichkeit im Jahr 2002 die dramatisch negativen Zahlen in seinem Ministerium zur Haushaltsentwicklung, zu den wegbrechenden Steuereinnahmen und zu den Maastricht-Kriterien verschwiegen. Bereits im Juli 2002 haben Experten seines Hauses die Schätzung der notwendigen Neuverschuldung des Bundes für 2002 von rd. 21 Mrd. Euro auf rd. 33 Mrd. Euro nach oben korrigiert sowie Steuerausfälle in Höhe von 10 Mrd. Euro und ein Haushaltsdefizit von 3,3 bis 3,4 Prozent errechnet. Nichts von alledem drang an die Öffentlichkeit. Gleiches galt für die dramatische Lage bei den Sozialen Sicherungssystemen. Die schwerwiegenden Strukturprobleme wurden verschwiegen, die Notwendigkeit grundlegender Reformen mit tief greifenden Einschnitten in die sozialen Sicherungssysteme und in die Staatsausgaben geleugnet. Dem politischen Gegner wurden die Gefährdung und der Abbau des Sozialstaates unterstellt. In dieser unverfrorenen Verfälschung der Realität besteht der eigentliche politische Wahlbetrug der rot-grünen Bundesregierung. Zitat "Die Leute waren stinksauer, dass wir Ihnen vor der Bundestagswahl die Probleme weitgehend verschwiegen haben und dann mit 50 Steuererhöhungen ankamen." Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Ministerpräsident von Niedersachsen, Stern vom 6. November 2003 Generaldebatte zum Bundeshaushalt 2004 Michael Glos: Die Menschen haben genug von Ausflüchten und Schönfärberei Als inzwischen "fünf verlorene Jahre für Deutschland" hat der CSU-Landesgruppenvorsitzende Michael Glos die bisherige Regierungszeit von Bundeskanzler Schröder charakterisiert. In der Generaldebatte des Deutschen Bundestages zum Bundeshaushalt 2004 forderte Michael Glos den Bundeskanzler zudem auf, endlich eine Politikwende herbeizuführen, die der selbstverschuldeten -8- Vertrauenskrise entgegenwirkt und Deutschland wieder auf den Pfad wirtschaftlichen Wachstums zurückführt. Wörtlich führte Michael Glos in der Debatte u. a. aus: "Der Herbst 2003 wird für die rot-grüne Bundesregierung zur Stunde der Wahrheit. Fünf Jahre nach ihrem Regierungsantritt hat die Wirklichkeit sie endgültig eingeholt. Die von der Schröder-Regierung verursachte Vertrauenskrise schlägt voll zu. 1998 sind SPD und Grüne angetreten und haben gegen die Rentenreform Stimmung gemacht. - Jetzt soll der damals verteufelte „demographische Faktor“ wieder eingeführt werden. 1998 sind SPD und Grüne angetreten und haben gegen die Selbstbeteiligung bei Arzneimitteln polemisiert. - Jetzt haben wir gemeinsam weitergehende Maßnahmen für mehr Eigenverantwortung beschlossen, als Rot und Grün damals abgeschafft haben. 1998 haben SPD und Grüne die Abschaffung der 630-DM-Jobs versprochen. - Jetzt lassen sie die von CDU und CSU durchgesetzte Einführung der 400-€-Jobs als Erfolg feiern. Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Schröder-Regierung hat sich im Kreis gedreht. Das könnte man ja als „learning by doing“ begrüßen, wenn nicht das Ergebnis so fatal wäre: Fünf verlorene Jahre für Deutschland – denen drei weitere zu folgen drohen, „Learning by doing“ – diesen Luxus kann sich unser Land nicht leisten. Rot-Grün weckt zudem ständig ernste Zweifel am Lernerfolg: Die unendliche Dosenpfand-Geschichte ist ein Trauerspiel für Arbeitsplätze in Deutschland. Das Maut-Debakel ist ein weiteres Arbeitsplätze-Vernichtungsprogramm. Der Bund muss Einnahmeverluste von 2,8 Mrd. € verkraften. Das hoch gelobte Anti-Stau-Programm fällt aus – rund 230 km dringend benötigter Autobahn-Strecken sind betroffen. Die Bau-Industrie befürchtet durch ausfallende Investitionen den Verlust von 70.000 Arbeitsplätzen. Die Minister Trittin und Künast haben mit dem Brasilien-Auftrag an die Flugbereitschaft das Vertrauen der Steuerzahler sicher nicht gestärkt. Wenig Gespür für die Beitragszahler hat auch der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster bewiesen: Der „Sonnenkönig von Nürnberg“ musste wissen, dass angesichts nötiger Kürzungen undurchsichtig vergebene Aufträge an teure Medienberater kaum Verständnis finden. Bundesminister Trittin hat in Berlin Torten und edle Getränke für 36.000 € auffahren lassen, um das Aus für den ersten Kernkraft-Standort zu feiern. In Berlin wird gefeiert, in Stade gehen Arbeitsplätze verloren, protestierte auch der Betriebsrat (Bild, 25.11.). -9- Die Bundesregierung steht unter dem Druck vielfach enttäuschter Erwartungen. Die Menschen haben genug von Ausflüchten und Schönfärberei. Die Menschen wollen eine Politik, die unser Land voranbringt. Der Weg zu einer besseren Politik beginnt mit einer ehrlichen Analyse. Man muss den Menschen für Wahrheit und Klarheit die Augen öffnen. Die Wahrheit ist: Deutschland lebt im öffentlichen Bereich über seine Verhältnisse: Die öffentlichen Schulden sind auf rd. 1300 Mrd. Euro gestiegen –rd. 62% unseres Sozialprodukts. Der Bund braucht jeden 6. Euro im Haushalt für die Bedienung der Schulden. Die Kosten des sozialen Netzes sind mit rd. 670 Mrd. Euro dreimal so hoch wie vor 20 Jahren. Dem steht eine stagnierende Wirtschaft mit einer bedrohlichen Massenarbeitslosigkeit gegenüber. Nichts lässt in absehbarer Zeit die Wachstumsraten erwarten, die erforderlich wären, um alle Haushalte wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Aber anstatt den Menschen reinen Wein einzuschenken, betreibt der Bundeskanzler Gesundbeterei. Schon morgen soll es danach einen Konjunkturaufschwung geben, da ist die Rede von der Wende auf dem Arbeitsmarkt, da werden Reformen gepriesen, deren überwiegender Teil noch gar nicht Gesetzeskraft hat. Das für 2004 prognostizierte Wachstum von 1,7% bietet keinen Anlass für Optimismus. Entlarvend ist doch schon das Argument für ein Drittel der Prognose: weil 5 Feiertage auf ein Wochenende fallen, soll es 0,6%-Punkte Wachstum geben. Die Institute befürchten trotz leichter Belebung des Wirtschaftswachstums eine weitere Zunahme der Arbeitslosigkeit. Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit „setzt keine Volkswirtschaft so viel Geld ein wie wir – und keine ist so erfolglos wie wir“, hat Bundesminister Clement festgestellt (Bild, 18.8.03). Recht hat er – und Arbeitsamt-Präsident Gerster beweist uns gerade, wie Recht er hat. Der Bundeshaushalt, den wir beraten, zeigt doch, dass die Regierung von Kanzler Schröder den Mut zur Wahrheit noch immer nicht hat. Tatsache ist: Der Bundeshaushalt 2004 wird schon am Tag nach seiner Verabschiedung Makulatur sein. Jeder weiß: Die entscheidenden Eckpunkte dieses Haushalts stehen im Vermittlungsausschuss zur Disposition. Es ist eine Missachtung parlamentarischer Spielregeln, ihn jetzt durchzupeitschen. Wenn der Bundesfinanzminister jetzt lapidar erklärt, weitere Sparpotentiale seien nicht mehr vorhanden, dann zeigt sich darin Resignation. Die Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück haben doch Möglichkeiten zu weiteren Haushaltsentlastungen aufgezeigt. Das wäre eigentlich die Aufgabe des Bundesfinanzministers gewesen - aber er kann’s nicht. - 10 - Noch ein Wort zum Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform. Der Sachverständigenrat hat dazu gesagt, was zu sagen ist: Für die Konjunktur bringt das nichts. Wenn die dritte Stufe der Steuerreform dennoch schon 2004 in Kraft treten soll, dann nur, um ein weiteres steuerpolitisches Chaos und eine weitere Verunsicherung der Menschen zu verhindern. Die von der Regierung Schröder betriebene Aushöhlung des Euro-Stabilitätspaktes macht es zudem noch einmal schwerer, dem Vorziehen der Steuerentlastungen zuzustimmen. Die vertragskonformen Spielräume hierfür werden immer geringer. Mit einer weiter steigenden Nettokreditaufnahme findet Deutschland immer schwerer wieder aus der Schuldenfalle heraus. Der Bundeskanzler sollte doch einmal die voluminösen Ausarbeitungen seiner eigenen Regierung zur Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik lesen! Dann wüsste er, warum diese Steuersenkung nicht vollständig auf Pump finanziert werden kann. Ohne eine angemessene Gegenfinanzierung wäre die vorgezogene Steuerreform verantwortungslos. Es ist die Aufgabe der Bundesregierung, eine solide Finanzierung vorzuschlagen. Die Aufforderung an die Opposition, konkrete Finanzierungsvorschläge vorzulegen, zeigt doch nur: Die Regierung Schröder ist mit dem haushaltspolitischen Latein am Ende. Der Druck auf Regierung und Kanzler lastet heute besonders schwer, weil der mit Spannung erwartete SPD-Parteitag alle Erwartungen enttäuscht hat. „Mut zur Wahrheit“ und „Wille zum Wandel“ wollte der Kanzler in Bochum vermitteln. Der SPD aber fehlt es an allem: an Mut, Wille, Wahrheit und Wandel. Das Medien-Echo ist so einmütig wie vernichtend: „Parteitag missraten“, notiert die Berliner Zeitung. „Der Kanzler kann das Gesamtergebnis getrost als Niederlage werten“, bilanziert die Frankfurter Rundschau. „Nichts als altbekannte Rezepte“, analysiert die Financial Times Deutschland. Aber wenigstens dem Wachstum können SPD und Grüne tatsächlich auf den Weg helfen, wenn sie im Vermittlungs-Ausschuss die Vorschläge von CDU und CSU aufgreifen: In keinem anderen Land liegt die Schwelle so hoch, bis aus Wachstum neue Arbeitsplätze entstehen. Der CDU/CSU-Gesetzentwurf zur Modernisierung des Arbeitsmarkts wird für mehr Schwung auf dem Arbeitsmarkt sorgen: Mit betrieblichen Bündnissen für Arbeit, mit neuen Chancen durch Teilzeit und befristete Arbeitsverträge. Wenn Arbeiten nicht einträglicher ist als der Bezug staatlicher Leistungen, dann sind die Anreize falsch gesetzt. Deshalb setzen CDU und CSU bei der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf effizientere Hilfen, Arbeit zu finden. Die Kommunen brauchen wieder eine klare Perspektive für ihre Haushalte. Das CDU/CSUSoforthilfegesetz stellt die Weichen für mehr Wachstum und Arbeitsplätze durch die Wiederbelebung der kommunalen Investitionskraft. - 11 - Wenn wir nicht gemeinsam für mehr Flexibilität und neue Anreize auf dem Arbeitsmarkt sorgen, wird auch künftig jeder Konjunkturimpuls wirkungslos verpuffen. Reformen am Arbeitsmarkt stehen am Beginn einer Erfolg versprechenden Strategie, um Deutschland wieder voran zu bringen. Eine Blockade im Bundesrat kommt für CDU und CSU nicht in Frage. Das ist nicht ihr Verständnis von politischer Verantwortung. Heute ist allen klar: Deutschland wäre weiter, wenn die Ministerpräsidenten Schröder, Eichel und Lafontaine im Bundesrat vor 1998 nicht den Crash-Kurs gefahren hätten, den sie gegen Steuerreform, Rentenreform und Gesundheitsreform gefahren haben. Herr Bundeskanzler, am Schluss Ihrer Parteitagsrede steht der Aufruf an die Genossen, alle Kraft zu nutzen – ich zitiere: „um unsere Gegner zu besiegen. Das ist unsere Aufgabe.“ Ich meine: genau das ist nicht die Aufgabe der Politik. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, Deutschland nach vorne zu bringen – um der Menschen willen."