1070017426 - Barbara Lanzinger

Werbung
Brief aus Berlin
Ausgabe: 28. November 2003
Bundeshaushalt 2004
Erneuter Verstoß gegen Haushaltswahrheit und -klarheit
Der nunmehr von Rot-Grün verabschiedete Bundeshaushalt 2004 setzt die fatale Finanzpolitik der
Schröder-Regierung nahtlos fort. Er ist gekennzeichnet durch Risiken im zweistelligen
Milliardenbereich, einer Fortsetzung des Schuldenkurses auf höchstem Niveau und einem offenen
Verfassungsverstoß, weil die geplante Neuverschuldung höher liegt als die veranschlagten
Investitionen.
Bereits bei der Einbringung seines Etatentwurfs hatte Finanzminister Eichel einräumen müssen,
dieser Haushalt berge die bislang höchsten Risiken all seiner fünf bisherigen Entwürfe. Konsequenzen
aus dieser Erkenntnis zog er im zurückliegenden Beratungsverfahren dagegen nicht. Verabschiedet
wurde letztlich ein Haushalt, der nicht einmal beschlussfähig ist.
Milliardenschwere Haushaltsrisiken
Die Haushaltsplanungen der Schröder-Regierung stehen auf überaus tönernen Füßen. Sie
berücksichtigen bereits Einnahmen bzw. Einsparungen aus gesetzlichen Maßnahmen, die so sicher
nicht realisiert werden. Eingeplant sind z.B. milliardenschwere Einsparungen durch die komplette
Streichung der Eigenheimzulage und die drastische Kürzung der Entfernungspauschale. In beiden
Fällen zeichnet sich ab, dass die ursprünglichen Regierungspläne im Vermittlungsverfahren zwischen
Bundestag und Bundesrat keinen Bestand haben werden.
Mit 2,7 Mrd. Euro absolut zu hoch gegriffen sind die geplanten Einnahmen aus der LKW-Maut.
Vielmehr ist derzeit überhaupt nicht absehbar, wie lange sich Verkehrsminister Stolpes Maut-Desaster
noch hinziehen wird und ob in absehbarer Zeit Einnahmen überhaupt fließen werden. Höchst
gefährdet ist dadurch eine Vielzahl von Straßenneu- und –ausbauprojekten – gerade auch in Bayern.
Fortsetzung des Schuldenkurses
Der ebenfalls beschlossene Nachtragshaushalt 2003 treibt die Neuverschuldung in diesem Jahr auf
die Rekordmarke von über 43 Mrd. Euro – vorgesehen waren ursprünglich knapp 19 Mrd. Euro. Der
Haushalt 2004 bedeutet mit zusätzlichen neuen Schulden in Höhe von über 29 Mrd. Euro eine
Fortsetzung des Schuldenkurses auf höchstem Niveau und ist damit eine schwere Zukunftshypothek.
Klar ist damit für das nächste Jahr auch, dass die Schröder-Regierung im dritten Jahr in Folge die
Defizitgrenze des Euro-Stabilitätspakts sehr wahrscheinlich überschreiten wird.
-2-
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik verstößt zudem der Haushalt schon bei seiner
Verabschiedung offen gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot, wonach die Investitionen höher
als die Neuverschuldung liegen müssen. Die Schröder-Regierung verschiebt damit wesentlich höhere
Lasten auf die Zukunft, als sie für die Zukunftsgestaltung zu leisten in der Lage ist.
PR-Skandal um Arbeitsamtspräsident Florian Gerster
Gerster: Selbstherrlichkeit statt Vermittlungserfolge
Die vom Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit Florian Gerster stillschweigend eingefädelte und mit
1,3 Millionen Euro üppig dotierte PR- und Imageberatung ist angesichts der Notlage von Millionen von
Arbeitslosen überaus instinktlos. Der für seine Selbstherrlichkeit bekannte ehemalige SPD-Minister
hat nicht nur dem Image der Nürnberger Bundesanstalt Schaden zugefügt, sondern gefährdet darüber
hinaus nachhaltig die Glaubwürdigkeit aller Umbaubemühungen der Arbeitsämter hin zu einer
effektiven Arbeitsvermittlung.
Zwar stellt sich Bundesminister Clement noch schützend vor seinen Behördenchef. Die inzwischen
angekündigte vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Medienfirma WMP macht aber
in aller Deutlichkeit klar, dass die Auftragsvergabe ein schwerwiegender Fehler Gersters war – zumal
sie ohne Ausschreibungsverfahren vollzogen wurde. Abteilungsverantwortliche in Kommunalbehörden
würden für ein solches Handeln längst zur Rechenschaft gezogen worden sein. Genau dies erwartet
nunmehr die CSU-Landesgruppe von der Bundesregierung gegenüber ihrem großspurigen
Chefmodernisierer.
Der PR-Skandal Gersters hat darüber hinaus symptomatische Bedeutung für das politische Handeln
von Rot-Grün. Denn natürlich ist es den Betroffenen nicht vermittelbar, in der aktiven
Arbeitsmarktpolitik Milliarden zu streichen und gleichzeitig viele Millionen in aufwendige Medien- und
Kommunikationsberatung zu stecken. Dies gilt nicht nur für die Bundesanstalt für Arbeit, sondern auch
für die gesamte Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung, die im nächsten Jahr um über 10 Prozent
auf weit über 97 Millionen Euro aufgestockt werden soll. Und auch hier gibt es viele Ungereimtheiten
bei mancher freihändigen Auftragsvergabe, um die sich inzwischen der Bundesrechnungshof
kümmert.
Der Eindruck verfestigt sich zusehends, dass die rot-grünen Verantwortlichen in Ermangelung
politischer Erfolge zum Mittel pompös inszenierter PR-Kampagnen greifen, um Tatendrang zu
vermitteln, wo konkrete Ergebnisse fehlen. Im Fall Gerster ist dies augenscheinlich. Denn die viel
gepriesenen Wunderinstrumente Job-Floater, Ich-AG's oder Personal Service Agenturen haben sich
bisher jedenfalls als Flop erwiesen. Mit Kommunikationsproblemen hat dies sicherlich nichts zu tun.
Wirtschaft
-3-
Industrie investiert weniger – Höchststand bei Konkursen
Die Investitionen der deutschen Industrie sind im vergangenen Jahr drastisch gesunken. Mit rund 50
Milliarden Euro sind rund elf Prozent weniger als 2001 investiert worden, teilte das Statistische
Bundesamt in dieser Woche mit. Fast ein Viertel der Summe ist den Wiesbadener Angaben zu Folge
allein auf die Automobilbranche entfallen, die 11,7 Milliarden Euro für neue Maschinen oder Gebäude
ausgegeben hat. Ohne die Autobauer hätte die deutsche Industrie im Jahr 2002 einen
Investitionsrückgang von über 14 Prozent verzeichnet.
Mit einem neuen Höchststand bei Unternehmenspleiten rechnet unterdessen der Bundesverband
Deutscher Inkasso-Unternehmen. Rund 40.000 Firmen würden in diesem Jahr Insolvenz anmelden
müssen. Das entspricht einem Anstieg gegenüber dem Jahr 2002 um 6 Prozent. Die Euler-Hermes
Kreditversicherung prognostiziert für 2003 sogar 41.500 Firmenpleiten. Selbst bei einem unterstellten
Anspringen der Konjunktur in den kommenden zwei bis drei Jahren wird sich die Zahl weiter erhöhen.
2004 sei mit 43.000 Unternehmensinsolvenzen zu rechnen. Wesentliche Ursachen für diese
verheerende Entwicklung ist nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungen
eine dünne Eigenkapitalausstattung und angespannte Liquidität der Firmen.
Im Durchschnitt aller deutschen Unternehmen liegt die Eigenkapitalquote bei lediglich 17 Prozent. In
Frankreich sind es mehr als 30 Prozent, in Spanien über 40 Prozent und in den USA kommen die
Unternehmen auf durchschnittlich 50 Prozent.
EU-Stabilitätspakt
Bundesregierung legt Axt an die Wurzeln des Euro
Mit der von Bundesfinanzminister Eichel in unheiliger Allianz mit seinem französischen Amtskollegen
durchgesetzten Blockade von Zwangsmaßnahmen der EU-Kommission gegenüber Deutschland
betreibt die Bundesregierung die vorsätzliche Aushöhlung des EU-Stabiliätspaktes. Zu Recht spricht
Bundesbank Vizechef Jürgen Stark von einem "herben Schlag gegen die Fundamente der
europäischen Gemeinschaftswährung".
Der mit voller Rückendeckung von Kanzler Schröder verfolgte Konfrontationskurs Eichels gegenüber
der EU-Kommission birgt die Gefahr einer nachhaltigen Vertrauenskrise von Bürgern und Märkten in
die künftige Stabilität des Euro.
Deutschland als schlechtes Beispiel für Euro-Mitglieder
Zudem besteht die Gefahr, dass künftig auch andere EU-Länder aus dem schlechten Beispiel
Deutschlands und Frankreichs einen Persil-Schein für Verstöße gegen Geist und Regeln des
europäischen Stabilitätspakts ableiten. Denn natürlich wirkt die von der Bundesregierung forcierte
Mehrheitsentscheidung der europäischen Finanzminister, die wiederholten Verstöße Deutschlands
-4-
gegen die im EU-Stabilitätspakt festgeschriebene Neuverschuldungs-Obergrenze von 3 Prozent ohne
die eigentlich im Vertrag festgelegten Strafmaßnahmen bzw. Zwangsauflagen zu belassen, als ein
verheerendes Signal an die vertragstreuen Euro-Mitglieder. Auf die dortigen Regierungen wird künftig
der innenpolitische Druck erheblich ansteigen, ebenfalls keine allzu großen Anstrengungen mehr bei
der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zu unternehmen. Eine solche Politik aber führt
mittelfristig zu höheren Zins- und Tilgungskosten für die EU-Staaten, womit genau das Gegenteil einer
Konjunktur-Stimulierung erreicht wird.
Deutschland rutscht noch tiefer in die Schuldenfalle
Ein Trauerspiel besonderer Art ist es, dass ausgerechnet Deutschland als einstiger Architekt des EUStabilitätspakts heute nicht mehr als Anker der Stabilität in Europa gilt, sondern als Haushaltssünder
auf der Anklagebank sitzt. Im dritten Jahr in Folge wird Deutschland im kommenden Jahr den
europäischen Pakt verletzen. Als höchst fraglich muss zudem die von Bundesfinanzminister Eichel
erteilte Zusage an die EU-Kommission als der "Hüterin der EU-Verträge" gelten, das Defizitkriterium
im Jahr 2005 dann aber in jedem Fall einhalten zu können. Denn was Eichels Erklärungen wert sind,
muss sich erst noch erweisen. So sagt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD) in ihrem jüngst in Paris vorgestellten Wirtschaftsausblick voraus, dass Frankreich
und Deutschland auch im Jahre 2005 mit ihren Defizitgrenzen oberhalb der 3-Prozent-Marke liegen
werden. Damit wird Eichel also seine Zusage an seine europäischen Kollegen nicht einhalten können,
2005 wieder einen vertragskonformen Haushalt vorlegen zu können.
Deutschland als europäische Wachstumsbremse
Mittelfristig sieht nicht nur die OECD die schlechte Haushaltslage in den beiden wichtigsten
europäischen Volkswirtschaften als erhebliches Risiko für die Konjunktur: "Wenn im Aufschwung die
Fiskaldefizite nicht schnell genug wieder abgebaut werden, wächst der Druck auf die Zinsen, warnt die
OECD. Dass sich Sparen und Wachstum nicht gegenseitig im Weg stehen, wie Bundesfinanzminister
Eichel mit seinem Wort vom "Kaputtsparen des Aufschwungs" behauptet, betont auch sein
Parteifreund und Bundesbank-Präsident Welteke. Im Gegenteil: Die Euro-Mitglieder, die rechtzeitig
ihre haushaltspolitischen Hausaufgaben erledigt haben, stehen wirtschaftlich heute besser da als
Deutschland. Und auch Prof. Wiegand, der Vorsitzende der sog. Wirtschaftsweisen, unterstreicht:
"Das einzige, was eine höhere Nettokreditaufnahme erreichen kann, ist ein leichter, kurzfristiger
Impuls für die Konjunktur. Die langfristigen Wirkungen für das Wachstum sind dagegen negativ."
(Handelsblatt, 25.11.2003)
Pressestimmen
zur Blockade des EU-Defizitverfahrens gegen Deutschland und
Frankreich
-5-
"Wie soll irgendein EU-Finanzminister künftig zu Hause Sparsamkeit durchsetzen, wenn sich
Deutsche und Franzosen ständig mit aufreizender Arroganz der Disziplin entziehen?"
(Süddeutsche Zeitung, 26.11.2003)
"Es ist eine Schande. Und eine unglaubliche Torheit dazu. Angetrieben vom Kanzler selbst hat die
Bundesregierung die EU-Kommission blockiert, die nach langem Zusehen in berechtigtem Ermessen
vorging. Damit hat Deutschland das Recht gebrochen und Vertrauen zerstört, nicht nur im eigenen
Land, sondern ringsum in Europa."
(Die Welt, 26.11.2003)
"Sichtbare Folge der Preisgabe des Stabilitätspakts werden auf absehbare Zeit höhere
Haushaltsdefizite sein, nicht nur in Deutschland und Frankreich, sondern letztlich im gesamten EuroRaum. Ohne Deutschland als überzeugten Verteidiger der Stabilitätskultur werden es auch Länder,
die sich derzeit noch ernsthaft um ausgeglichene Etats bemühen, ein ganzes Stück schwerer haben.
Der ungenierte Bruch des Pakts durch Deutschland und Frankreich verringert nun die Chancen auf
höheres Wachstum und damit auf mehr Arbeitsplätze und Wohlstand – für alle Bürger."
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.11.2003)
Untersuchungsausschuss "Wahlbetrug"
"Lügenausschuss" überführt die Regierung Schröder
Nach monatelanger intensiver Arbeit ist nunmehr der Abschlussbericht des auf Antrag der CDU/CSUBundestagsfraktion am 20. Dezember 2002 eingesetzten Untersuchungsausschuss Wahlbetrug
erstellt worden. Wie sich aus dem Sondervotum der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ergibt, war das
Ergebnis der Beweisaufnahme eindeutig: Die Regierung Schröder hat die Öffentlichkeit und den
Bundestag im Jahr 2002 über die Situation des Bundeshaushalts, die Einhaltung der MaastrichtKriterien sowie der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung aus wahlkampftaktischen Gründen
getäuscht.
Die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses hat sich als sachgerecht und notwendig erwiesen.
Denn nur so bestand die Möglichkeit, Einsicht in die Akten der zuständigen Ministerien und des
Bundeskanzleramtes zu nehmen und die Zeugen unter Wahrheitspflicht anzuhören. Dabei hat der
Untersuchungsausschuss in erheblichem Umfang Sachverhalte ermittelt, die der Öffentlichkeit bis
dahin nicht bekannt waren und in klarem Gegensatz zu früheren offiziellen Bekundungen der
Bundesregierung stehen.
Verschleierungstaktik der Regierung Schröder vor der Bundestagswahl
-6-
- Finanzminister Eichel hat bis zur Bundestagwahl am 22. September 2002 die völlig desolate
Situation des Bundeshaushalts verschwiegen und behauptet, die Stabilitätskriterien des MaastrichtVertrages könnten im Jahr 2002 eingehalten werden.
Noch 10 Tage vor der Bundestagswahl hat Eichel im Deutschen Bundestag am 12. September 2002
erklärt: „Nach 21,1 Mrd. Euro in 2002 bleibt es für 2003 bei der geplanten Neuverschuldung von 15,5
Mrd. Euro. An diesem Wert können wir festhalten. Wir sind auf dem Weg zu einem gesamtstaatlichen
Haushalt ohne neue Schulden und zu einem Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung. Wir stehen trotz
aller Finanzenge fest zum europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt“.
- Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt blieb bis zur Bundestagswahl bei der Behauptung, in der
gesetzlichen Krankenversicherung könnte für das Jahr 2002 ein ausgeglichenes Finanzergebnis und
für das Jahr 2003 Beitragsstabilität erwartet werden.
- Bis zur Bundestagswahl hat Bundesarbeitsminister Riester die finanzielle Situation der gesetzlichen
Rentenversicherung geschönt und Warnungen vor Beitragserhöhungen zurückgewiesen.
Offenbarungseid der Regierung Schröder nach der Bundestagswahl
Nur wenige Tage nach der Wahl wurde dann das gewaltige Ausmaß der Zerrüttung der
Staatsfinanzen und der desolaten Situation der Renten- und Krankenversicherung bekannt und von
der Bundesregierung faktisch auch zugegeben. Die Befürchtungen von CSU und CDU erwiesen sich
in allen Bereichen als berechtigt und wurden teilweise von der Realität noch übertroffen:
- Die Nettokreditaufnahme des Bundes explodierte auf über 32 Mrd. Euro; das Maastricht-Defizit
erreichte dramatische 3,5 %; das Wirtschaftswachstum brach ein, der Aufschwung fand nicht statt;
- die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung standen vor Milliarden-Defiziten und drastischen
Beitragssteigerungen.
Schröder-Regierung überführt
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Lügenausschuss war Rot-Grün spätestens ab August
2002 klar, dass die positiven Prognosen zu den Bundesfinanzen, den Stabilitätskriterien des
Maastricht-Vertrages sowie der Kranken- und Rentenversicherung, auf die die Bundesregierung sich
stützte, nicht mehr eintreten konnten.
Es stellte sich heraus, dass dieselben Beamten und Fachabteilungen, die ihren Ministern zu Beginn
des Jahres 2002 noch positive Berechnungen und Prognosen geliefert hatten, diese ab Ende Juni
-7-
2002 grundlegend revidierten und somit das ganze Ausmaß der finanziellen Misere der öffentlichen
Haushalte und der Sozialkassen schon Wochen vor der Bundestagswahl zutreffend voraussagten.
Obwohl die verantwortlichen Minister bereits seit Jahresmitte von den revidierten Berechnungen ihrer
eigenen Fachleute wussten, wurden alle Zweifel, die von unabhängigen externen Sachverständigen
und Oppositionspolitikern geäußert wurden, bis zum Tag der Bundestagswahl als unseriös oder als
Panikmache zurückgewiesen.
Eichels Unwahrheiten
Seit der Vernehmung von Finanzminister Eichel vor dem Untersuchungsausschuss steht fest: Er hat
dem Bundestag und der Öffentlichkeit im Jahr 2002 die dramatisch negativen Zahlen in seinem
Ministerium zur Haushaltsentwicklung, zu den wegbrechenden Steuereinnahmen und zu den
Maastricht-Kriterien verschwiegen.
Bereits im Juli 2002 haben Experten seines Hauses die Schätzung der notwendigen Neuverschuldung
des Bundes für 2002 von rd. 21 Mrd. Euro auf rd. 33 Mrd. Euro nach oben korrigiert sowie
Steuerausfälle in Höhe von 10 Mrd. Euro und ein Haushaltsdefizit von 3,3 bis 3,4 Prozent errechnet.
Nichts von alledem drang an die Öffentlichkeit. Gleiches galt für die dramatische Lage bei den
Sozialen Sicherungssystemen. Die schwerwiegenden Strukturprobleme wurden verschwiegen, die
Notwendigkeit grundlegender Reformen mit tief greifenden Einschnitten in die sozialen
Sicherungssysteme und in die Staatsausgaben geleugnet. Dem politischen Gegner wurden die
Gefährdung und der Abbau des Sozialstaates unterstellt. In dieser unverfrorenen Verfälschung der
Realität besteht der eigentliche politische Wahlbetrug der rot-grünen Bundesregierung.
Zitat
"Die Leute waren stinksauer, dass wir Ihnen vor der Bundestagswahl die Probleme weitgehend
verschwiegen haben und dann mit 50 Steuererhöhungen ankamen."
Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Ministerpräsident von Niedersachsen, Stern vom 6. November
2003
Generaldebatte zum Bundeshaushalt 2004
Michael Glos: Die Menschen haben genug von Ausflüchten
und Schönfärberei
Als inzwischen "fünf verlorene Jahre für Deutschland" hat der CSU-Landesgruppenvorsitzende
Michael Glos die bisherige Regierungszeit von Bundeskanzler Schröder charakterisiert. In der
Generaldebatte des Deutschen Bundestages zum Bundeshaushalt 2004 forderte Michael Glos den
Bundeskanzler zudem auf, endlich eine Politikwende herbeizuführen, die der selbstverschuldeten
-8-
Vertrauenskrise entgegenwirkt und Deutschland wieder auf den Pfad wirtschaftlichen Wachstums
zurückführt. Wörtlich führte Michael Glos in der Debatte u. a. aus:
"Der Herbst 2003 wird für die rot-grüne Bundesregierung zur Stunde der Wahrheit. Fünf Jahre nach
ihrem Regierungsantritt hat die Wirklichkeit sie endgültig eingeholt. Die von der Schröder-Regierung
verursachte Vertrauenskrise schlägt voll zu.

1998 sind SPD und Grüne angetreten und haben gegen die Rentenreform Stimmung
gemacht. - Jetzt soll der damals verteufelte „demographische Faktor“ wieder eingeführt
werden.

1998 sind SPD und Grüne angetreten und haben gegen die Selbstbeteiligung bei
Arzneimitteln polemisiert. - Jetzt haben wir gemeinsam weitergehende Maßnahmen für mehr
Eigenverantwortung beschlossen, als Rot und Grün damals abgeschafft haben.

1998 haben SPD und Grüne die Abschaffung der 630-DM-Jobs versprochen. - Jetzt lassen
sie die von CDU und CSU durchgesetzte Einführung der 400-€-Jobs als Erfolg feiern.
Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Schröder-Regierung hat sich im Kreis gedreht. Das könnte man
ja als „learning by doing“ begrüßen, wenn nicht das Ergebnis so fatal wäre: Fünf verlorene Jahre für
Deutschland – denen drei weitere zu folgen drohen, „Learning by doing“ – diesen Luxus kann sich
unser Land nicht leisten. Rot-Grün weckt zudem ständig ernste Zweifel am Lernerfolg:

Die unendliche Dosenpfand-Geschichte ist ein Trauerspiel für Arbeitsplätze in Deutschland.

Das Maut-Debakel ist ein weiteres Arbeitsplätze-Vernichtungsprogramm. Der Bund muss
Einnahmeverluste von 2,8 Mrd. € verkraften. Das hoch gelobte Anti-Stau-Programm fällt aus –
rund 230 km dringend benötigter Autobahn-Strecken sind betroffen. Die Bau-Industrie
befürchtet durch ausfallende Investitionen den Verlust von 70.000 Arbeitsplätzen.

Die Minister Trittin und Künast haben mit dem Brasilien-Auftrag an die Flugbereitschaft das
Vertrauen der Steuerzahler sicher nicht gestärkt.

Wenig Gespür für die Beitragszahler hat auch der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit,
Florian Gerster bewiesen: Der „Sonnenkönig von Nürnberg“ musste wissen, dass angesichts
nötiger Kürzungen undurchsichtig vergebene Aufträge an teure Medienberater kaum
Verständnis finden.

Bundesminister Trittin hat in Berlin Torten und edle Getränke für 36.000 € auffahren lassen,
um das Aus für den ersten Kernkraft-Standort zu feiern. In Berlin wird gefeiert, in Stade gehen
Arbeitsplätze verloren, protestierte auch der Betriebsrat (Bild, 25.11.).
-9-
Die Bundesregierung steht unter dem Druck vielfach enttäuschter Erwartungen. Die Menschen haben
genug von Ausflüchten und Schönfärberei. Die Menschen wollen eine Politik, die unser Land
voranbringt.
Der Weg zu einer besseren Politik beginnt mit einer ehrlichen Analyse. Man muss den Menschen für
Wahrheit und Klarheit die Augen öffnen. Die Wahrheit ist: Deutschland lebt im öffentlichen Bereich
über seine Verhältnisse:

Die öffentlichen Schulden sind auf rd. 1300 Mrd. Euro gestiegen –rd. 62% unseres
Sozialprodukts. Der Bund braucht jeden 6. Euro im Haushalt für die Bedienung der Schulden.
Die Kosten des sozialen Netzes sind mit rd. 670 Mrd. Euro dreimal so hoch wie vor 20 Jahren.

Dem steht eine stagnierende Wirtschaft mit einer bedrohlichen Massenarbeitslosigkeit
gegenüber. Nichts lässt in absehbarer Zeit die Wachstumsraten erwarten, die erforderlich
wären, um alle Haushalte wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Aber anstatt den Menschen reinen Wein einzuschenken, betreibt der Bundeskanzler Gesundbeterei.
Schon morgen soll es danach einen Konjunkturaufschwung geben, da ist die Rede von der Wende auf
dem Arbeitsmarkt, da werden Reformen gepriesen, deren überwiegender Teil noch gar nicht
Gesetzeskraft hat.
Das für 2004 prognostizierte Wachstum von 1,7% bietet keinen Anlass für Optimismus. Entlarvend ist
doch schon das Argument für ein Drittel der Prognose: weil 5 Feiertage auf ein Wochenende fallen,
soll es 0,6%-Punkte Wachstum geben.
Die Institute befürchten trotz leichter Belebung des Wirtschaftswachstums eine weitere Zunahme der
Arbeitslosigkeit. Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit „setzt keine Volkswirtschaft so viel Geld ein wie
wir – und keine ist so erfolglos wie wir“, hat Bundesminister Clement festgestellt (Bild, 18.8.03). Recht
hat er – und Arbeitsamt-Präsident Gerster beweist uns gerade, wie Recht er hat.
Der Bundeshaushalt, den wir beraten, zeigt doch, dass die Regierung von Kanzler Schröder den Mut
zur Wahrheit noch immer nicht hat. Tatsache ist: Der Bundeshaushalt 2004 wird schon am Tag nach
seiner Verabschiedung Makulatur sein. Jeder weiß: Die entscheidenden Eckpunkte dieses Haushalts
stehen im Vermittlungsausschuss zur Disposition. Es ist eine Missachtung parlamentarischer
Spielregeln, ihn jetzt durchzupeitschen.
Wenn der Bundesfinanzminister jetzt lapidar erklärt, weitere Sparpotentiale seien nicht mehr
vorhanden, dann zeigt sich darin Resignation. Die Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück haben
doch Möglichkeiten zu weiteren Haushaltsentlastungen aufgezeigt. Das wäre eigentlich die Aufgabe
des Bundesfinanzministers gewesen - aber er kann’s nicht.
- 10 -
Noch ein Wort zum Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform. Der Sachverständigenrat hat dazu
gesagt, was zu sagen ist: Für die Konjunktur bringt das nichts. Wenn die dritte Stufe der Steuerreform
dennoch schon 2004 in Kraft treten soll, dann nur, um ein weiteres steuerpolitisches Chaos und eine
weitere Verunsicherung der Menschen zu verhindern.
Die von der Regierung Schröder betriebene Aushöhlung des Euro-Stabilitätspaktes macht es zudem
noch einmal schwerer, dem Vorziehen der Steuerentlastungen zuzustimmen. Die vertragskonformen
Spielräume hierfür werden immer geringer. Mit einer weiter steigenden Nettokreditaufnahme findet
Deutschland immer schwerer wieder aus der Schuldenfalle heraus.
Der Bundeskanzler sollte doch einmal die voluminösen Ausarbeitungen seiner eigenen Regierung zur
Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik lesen! Dann wüsste er, warum diese Steuersenkung nicht
vollständig auf Pump finanziert werden kann. Ohne eine angemessene Gegenfinanzierung wäre die
vorgezogene Steuerreform verantwortungslos. Es ist die Aufgabe der Bundesregierung, eine solide
Finanzierung vorzuschlagen. Die Aufforderung an die Opposition, konkrete Finanzierungsvorschläge
vorzulegen, zeigt doch nur: Die Regierung Schröder ist mit dem haushaltspolitischen Latein am Ende.
Der Druck auf Regierung und Kanzler lastet heute besonders schwer, weil der mit Spannung
erwartete SPD-Parteitag alle Erwartungen enttäuscht hat. „Mut zur Wahrheit“ und „Wille zum Wandel“
wollte der Kanzler in Bochum vermitteln. Der SPD aber fehlt es an allem: an Mut, Wille, Wahrheit und
Wandel.
Das Medien-Echo ist so einmütig wie vernichtend: „Parteitag missraten“, notiert die Berliner Zeitung.
„Der Kanzler kann das Gesamtergebnis getrost als Niederlage werten“, bilanziert die Frankfurter
Rundschau. „Nichts als altbekannte Rezepte“, analysiert die Financial Times Deutschland.
Aber wenigstens dem Wachstum können SPD und Grüne tatsächlich auf den Weg helfen, wenn sie im
Vermittlungs-Ausschuss die Vorschläge von CDU und CSU aufgreifen:
In keinem anderen Land liegt die Schwelle so hoch, bis aus Wachstum neue Arbeitsplätze entstehen.
Der CDU/CSU-Gesetzentwurf zur Modernisierung des Arbeitsmarkts wird für mehr Schwung auf dem
Arbeitsmarkt sorgen: Mit betrieblichen Bündnissen für Arbeit, mit neuen Chancen durch Teilzeit und
befristete Arbeitsverträge. Wenn Arbeiten nicht einträglicher ist als der Bezug staatlicher Leistungen,
dann sind die Anreize falsch gesetzt. Deshalb setzen CDU und CSU bei der Zusammenführung von
Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf effizientere Hilfen, Arbeit zu finden.
Die Kommunen brauchen wieder eine klare Perspektive für ihre Haushalte. Das CDU/CSUSoforthilfegesetz stellt die Weichen für mehr Wachstum und Arbeitsplätze durch die Wiederbelebung
der kommunalen Investitionskraft.
- 11 -
Wenn wir nicht gemeinsam für mehr Flexibilität und neue Anreize auf dem Arbeitsmarkt sorgen, wird
auch künftig jeder Konjunkturimpuls wirkungslos verpuffen. Reformen am Arbeitsmarkt stehen am
Beginn einer Erfolg versprechenden Strategie, um Deutschland wieder voran zu bringen.
Eine Blockade im Bundesrat kommt für CDU und CSU nicht in Frage. Das ist nicht ihr Verständnis von
politischer Verantwortung. Heute ist allen klar: Deutschland wäre weiter, wenn die Ministerpräsidenten
Schröder, Eichel und Lafontaine im Bundesrat vor 1998 nicht den Crash-Kurs gefahren hätten, den sie
gegen Steuerreform, Rentenreform und Gesundheitsreform gefahren haben.
Herr Bundeskanzler, am Schluss Ihrer Parteitagsrede steht der Aufruf an die Genossen, alle Kraft zu
nutzen – ich zitiere: „um unsere Gegner zu besiegen. Das ist unsere Aufgabe.“ Ich meine: genau das
ist nicht die Aufgabe der Politik. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, Deutschland nach vorne zu
bringen – um der Menschen willen."
Herunterladen