Quelle:sp! http://emotions.psychologie.uni-sb.de/vorlesung/emo_intell/emo_iq.html Eine Vorlesung zum Thema Emotionale Intelligenz KEINER ZU KLEIN, HILFREICH ZU SEIN Andreas Gosssweiler I Beobachter 1/ 2005 Wenn Eltern die Kinder nie im Haushalt mit anpacken lassen, riskieren sie, kleine Egoisten heranzuziehen. Einige Tricks helfen, den Nachwuchs für die Mitarbeit zu gewinnen. Das Argument kennen wohl die meisten Mütter: «Meine Freunde müssen nie im Haushalt mithelfen!» Auch Ursula Holzers Söhne Nico, 10, und Kevin, 12, versuchten, sich mit dem Hinweis auf die Kollegen vor der Hausarbeit zu drücken. Ohne Erfolg: «Es ist mir egal, wie andere Eltern damit umgehen», sagt die in Bremgarten bei Bern lebende Mutter, «die ,Giele’ müssen haushalten lernen.» Abwechselnd räumen Nico und Kevin den Tisch ab, und sie entsorgen das Altglas. Bei großem Arbeitsanfall helfen sie auch in der familieneigenen Imkerei mit. Wer an der Reihe ist, steht im Kalender. «So verliere ich nie den Überblick», erklärt Ursula Holzer, «und es gibt keine Diskussionen um die gerechte Verteilung.» Der Erziehungsfachmann Jens Winkler, Leiter des Beratungszentrums Infocus in Basel, bestätigt, dass heute viele Kinder kein regelmäßiges Ämtli mehr erledigen müssen. «Leider», erklärt Winkler, «haben manche Eltern Mühe, ihren Kindern Grenzen zu setzen oder die Einhaltung von Regeln zu fordern.» Der Familientherapeut findet es aber wichtig, dass Kinder im Haushalt mithelfen: «Damit wird eine reine Konsumhaltung verhindert.» Väter sollten Söhnen ein Vorbild sein Früh übt sich, wer ein Meister werden will; das gilt auch für das Haushalten. «Ab dem ersten Lebensjahr möchten Kinder die Handlungen der Erwachsenen imitieren», erklärt Winkler «Ohne an ein festes Ämtli zu denken, sollte man Kinder schon in diesem Alter an alltäglichen Handlungen beteiligen. Das lohnt sich — selbst wenn der Aufwand grösser ist.» Hört ein Kind immer nur: «Finger weg, du bist zu klein», wird die Motivation zum Helfen untergraben. Die Übertragung von regelmäßigen Aufgaben empfiehlt sich etwa ab sechs Jahren. Mit zunehmendem Alter sollte die Mithilfe die ganze Bandbreite der Haushaltarbeiten umfassen – vom Tischdecken bis zum Zusammenlegen der gewaschenen Kleider. Auf keinen Fall dürfen Söhne bei der Verteilung der Aufgaben bevorzugt werden. «Erschreckend häufig werden Buben weniger stark in den Haushalt einbezogen als Mädchen», sagt Erziehungsfachmann Winkler. Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Vorbild des Vaters. Wenn er sich immer gemütlich zurücklehnt, während die Mutter kocht und putzt, dürfte es schwierig sein, dem Sohn klar zu machen, dass Haushalten keine exklusive Frauensache ist. Konsequent sein Was, wenn die Sprösslinge sich weigern, ihr Ämtli auszuführen? Jens Winkler rät, die Erledigung der Aufgaben konsequent einzufordern. Die Eltern sollten die Arbeit nicht selber erledigen. «Mit solchem Verhalten fördern sie paradoxerweise den Widerstand des Kindes», erklärt der Experte. «Das Kind lernt dann, dass es nur lange genug Widerstand leisten muss, um die Regel zu umgehen.» Besser ist, die nicht erledigte Arbeit liegen zu lassen. «Das kann Nerven kosten», so Winkler, «wird aber oft belohnt, weil die Kinder merken, dass sie dafür verantwortlich sind.» Von Sanktionen wie Sackgeldentzug oder Fernsehverbot hält Winkler nicht viel: «Letzteres steigert nur die Attraktivität des Fernsehschauens.» Um die Erledigung der Ämtli durchzusetzen, seien «natürliche Konsequenzen» sinnvoller: «Die Sanktion sollte einen Zusammenhang mit dem Ämtli haben.» Eltern, die von ihren Kindern keine Mithilfe im Haushalt fordern, müssen damit rechnen, dass die Jungmannschaft den Service als Selbstverständlichkeit betrachtet. «Später legen die Kinder dieses Verhalten auch in der Schule oder beim Job an den Tag», sagt Winkler. «Sie ecken damit an und werden als Egoisten abgestempelt.» Ein Kind, das seinen Beitrag zum Familienleben leistet, werde hingegen zu einem aktiven Teil der Gemeinschaft: «Es lernt, ein Stück Verantwortung zu tragen, und sein Selbstwertgefühl wird gestärkt.» Kinder spielerisch an ihre Ämtli gewöhnen Auf spielerische Weise können Kinder schon ab zwei Jahren an die Mithilfe im Haushalt gewöhnt werden. In diesem Alter helfen sie gern — vor allem wenn sie dafür gelobt werden. Regelmäßige Ämtli wie Tischdecken werden am besten im Kindergartenalter eingeführt. Im Primarschulalter können Kinder beim Wohnungsputz mithelfen. Ab 12 Jahren kommen weitere Tätigkeiten wie Einkaufen, Kochen, Wäschesortieren und Bügeln dazu. Ab 16 sollten Jugendliche in der Lage sein, den Haushalt während einiger Tage selbständig zu führen. Ab dem Kindergartenalter sollten Kinder ihr eigenes Zimmer selber aufräumen. Die Ausführung von regelmäßigen, fest zugeteilten Arbeiten lässt sich einfacher durchsetzen als spontane, immer wieder wechselnde Aufträge. Eltern besprechen die Verteilung der Aufgaben am besten gemeinsam im Familienkreis und lassen die Kinder wählen, welche Arbeiten sie übernehmen wollen. Wenn sich die Sprösslinge weigern, im Haushalt mitzuhelfen, empfiehlt sich ein kleiner Streik der Mutter.