1 Reinigung und Desinfektion in der Haltung von Wiederkäuern 1.Vorbemerkungen Desinfektionsmaßnahmen sind aus der modernen Tierhaltung, sei sie konventionell oder alternativ, ebenso wenig wegzudenken wie aus vielen Bereichen der Pharmazeutischen Industrie, der Nahrungsmittelproduktion und aus dem Krankenhausbetrieb. Nahezu 100 % der Kälber- und Schweinemäster, 88 – 95 % der Bullenmäster, 87 % der Ferkelerzeuger/-züchter und 39 – 77 % der Milchviehbetriebe desinfizieren nach Umfragen ihren Stall in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen. Je spezialisierter der Betrieb und je größer die Tierzahl desto höher wird der Stellenwert der Desinfektion bei den Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Tiere veranschlagt. Die Desinfektion ist aber nur eine Maßnahme von vielen zur Erhaltung der Tiergesundheit im Bestand, daneben spielen organisatorische Maßnahmen zur Beschaffung eines gesunden Tiermaterials, die Herstellung und Aufrechterhaltung eines artgemäßen Stallklimas und artgerechter Haltungsbedingungen, die ausreichende Versorgung der Tiere mit hochwertigen Nähr-, Mineralstoffen und Vitaminen, die Durchführung von Schutzimpfungen, die Parasitenbekämpfung, die Entwesung sowie die vorbeugende Behandlung, nur um die wichtigsten Punkte zu nennen, in diesem Zusammenhang ebenfalls eine bedeutsame Rolle. Auf die Frage welche Aufgaben nun die Desinfektion in der Nutztierhaltung hat, lässt sich nur mit dem Hinweis auf die Umstände unter denen sie stattfindet eine Antwort geben. Die Desinfektion hat zunächst die Aufgabe, zusammen mit entsprechenden Reinigungsmaßnahmen bestimmte Mikroorganismen zu einem bestimmten Zweck zu beseitigen bzw. zu inaktivieren. Das können Bakterien, Viren, Pilze sowie Dauerformen oder Entwicklungsstadien von Parasiten sein. Somit ist sie primär eine wichtige Maßnahme zur Senkung des Infektionsdruckes. Beim Auftreten von Tierseuchen bedeutet das eine möglichst gezielte und vollständige Beseitigung der Krankheitserreger. Bei der vorbeugenden Desinfektion soll durch die Verwendung von DM mit breitem Wirkungsspektrum eine Herabsetzung des Keimgehaltes auf ca. 1000 Bakterien/cm² Stallfläche (Abb. 1) erfolgen. Diese Abbildung zeigt auch, dass das angestrebte Ziel im Stall nicht ohne vorhergehende Reinigung zu erreichen ist. Deshalb gilt für jede Desinfektionsmaßnahme der Flächen und Einrichtungen im Stall: ERST REINIGEN – DANN DESINFIZIEREN. 75887853 · 15.05.16 · ab 2 2.2 GESAMTBAKT ERIENZAHL 3 GESAMTBAKTERIENZ AHL 1 000 000 KBE/cm² 1 000 000 000KBE/cm² VOR DER REINIGUNG 2.1 GESAMTBAKT ERIENZAHL 1 000 KBE/cm² NACH DER REINIGUNG NACH DER DESINFEKTION In der Intensivtierhaltung wird häufig zusätzlich eine zweite Desinfektionsmaßnahme durchgeführt, um durch eine weitere Herabsetzung der Keimzahl noch günstigere Ausgangsbedingungen für die Produktion zu schaffen, was im bäuerlichen Betrieb nicht üblich ist. Die Wirkung dieser zweiten Maßnahme ist begrenzt, in der Regel sind es primär mechanische Faktoren (Abschwemmung) die zu einer weiteren Keimverminderung auf den Flächen führen und nicht die weitere Inaktivierung von Keimen auf betreffenden Oberflächen. Bei vertikalen glatten Flächen allerdings hat eine zweimalige Ausbringung von DMGebrauchsverdünnungen bestimmter Wirkstoffe (z.B. Aldehyde, organische Säuren, Phenole), die zu ihrer Wirksamkeit eine ausreichende Feuchtigkeit benötigen, einen positiven Effekt, weil mit dem DM auch Wasser auf die abgetrocknete Fläche gelangt. Während die Notwendigkeit zur Durchführung von Desinfektionsmaßnahmen im Rahmen der Bekämpfung von Tierkrankheiten leicht einzusehen ist wird häufig die Frage gestellt, weshalb eine vorbeugende Desinfektion durchgeführt werden muss. Die Notwendigkeit zur Durchführung einer solchen Maßnahme ist wie folgt begründet: 75887853 · 15.05.16 · ab 3 Im Verlauf einer Haltungsperiode steigt der Keimgehalt im Stall ständig an. Die Keime befinden sich in der Stallluft, im Staub, an den Tieren und besonders auf den verschmutzten Flächen. Über eine Milliarde Keime/cm² Stallfläche sind keine Seltenheit. Mit der Menge der Gesamtkeime steigt auch die Anzahl der Problemkeime. Problemkeime sind: Eingeschleppte Krankheitserreger Von den Tieren ausgeschiedene Erreger von Faktorenkrankheiten Resistente Keime nach der Behandlung mit Antibiotika Keime, die begünstigt durch eine hohe Tierzahl auf engem Raum krankmachende Eigenschaften entwickelt haben (Virulenzsteigerung). Je länger die Haltungsdauer ist, desto mehr Problemkeime reichern sich im Stall an, daraus folgt: Während der Haltungsperiode müssen diese zu einem möglichst günstigen Zeitpunkt vermindert werden um den Produktionserfolg nicht zu gefährden Vor dem Einstallen muss dafür gesorgt werden, dass die neuen Tiere in eine möglichst unbelastete Umgebung kommen und der Teufelskreis der Keimanreicherung auf möglichst niedrigem Niveau beginnt. Hinzu kommt, dass jede Maßnahme, die zu einer Senkung des Medikamenteneinsatzes in der tierischen Erzeugung führt, die Akzeptanz für tierische Produkte beim Verbraucher erhöht. Nicht zu vergessen ist auch der damit verbundene ökonomische Effekt. Auch wenn diese positiven Effekte von vielen Faktoren abhängen lohnt sich bei richtigem Vorgehen und konsequenter Durchführung der Kosten- und Arbeitsaufwand. Wenn unzureichend wirksame, also nicht unter praxisnahen Bedingungen geprüfte DM eingesetzt, notwendige Anwendungskonzentrationen und Einwirkzeiten unterschritten oder die erforderlichen R+DMaßnahmen fehlerhaft ausgeführt werden, fallen die positiven Effekte fort und Geld sowie Arbeitsaufwand sind verschwendet. Ein wichtiger Punkt, der nach wie vor nicht ausreichend berücksichtigt wird, ist die Tatsache, dass Art und Beschaffenheit der Bausubstanz, der Bauteile und Stalleinrichtungen ganz wesentlich den Erfolg von R+D-Maßnahmen mitbestimmen. Es gibt Materialien und Einrichtungen wie poröse Stalldecken, die sind einfach nicht ausreichend zu reinigen und sicher zu desinfizieren! Dies wird häufig von Stallplanern und Bauherren nicht oder nur unzureichend berücksichtigt und entsprechende Lernprozesse setzen nur langsam ein. 75887853 · 15.05.16 · ab 4 An die bauliche Gestaltung in Bezug auf die R + D von Stallanlagen sind folgende Anforderungen zu stellen: Die Bau- und Einrichtungsmaterialien müssen bei ausreichender Widerstandsfähigkeit gegen Hochdruckreinigung und chemische DM leicht zu reinigen und zu desinfizieren sein. Baulicherseits sollten keine unnötigen Ecken vorhanden sein. Einrichtungen sollten herausnehmbar sein. Spaltenböden, Gitterroste sollten hochklappbar sowie Jauche- und Güllekanäle so konstruiert sein, dass sie allseitig einer R + D zugänglich sind. Steuereinheiten für Fütterungs- und Lüftungsanlagen sind grundsätzlich außerhalb des Tierbereichs anzubringen, um sie möglichst von Krankheitserregern freizuhalten und dadurch ihre Desinfektion zu vermeiden. Vor allem müssen sie staubdicht abgedeckt sein. Lüftungs- und Fütterungsanlagen müssen so gestaltet sein, dass sie leicht zu reinigen und zu desinfizieren sind. Ein besonders kritischer Bereich ist die Gestaltung von Fütterungs- und Lüftungseinrichtungen. Häufig sind diese einer R + D nicht zugänglich. Es ist zu fordern, entweder Systeme zu verwenden, die gut zugänglich sind oder für die systemadaptierte Spezialgeräte zur R + D zur Verfügung stehen bzw. in die Systeme zur R + D integriert sind. 2.Generelles Vorgehen zur Reinigung und Desinfektion Für die sachgerechte Ausführung von R + D sind sowohl bestimmte organisatorische Maßnahmen als auch der Einsatz geeigneter technischer Hilfsmittel notwendig. Einflussfaktoren, die dies bestimmen, sind zunächst einmal die Art der gehaltenen Nutztiere, deren Aufstallung, die jahreszeitlichen und klimatischen Begebenheiten, die Art und Beschaffenheit von Gebäuden sowie von den Außenanlagen und die Umstände unter denen diese Maßnahmen durchgeführt werden, z.B. ob es sich um eine vorbeugende oder eine Tierseuchendesinfektion handelt. Für Großbetriebe sind zusätzliche organisatorische Maßnahmen notwendig. Hier müssen Hygienepläne vorliegen, in denen die Zeitpunkte und der Umfang der R+D-Maßnahmen genau festgelegt sind. Maßnahmen wie Insekten- und Schadnagerbekämpfung müssen in sinnvoller zeitlicher Beziehung zur R + D stehen. Die genaue Bezeichnung und Konzentration der für den jeweiligen Bereich vorgesehenen R+D-Mittel muss in solchen Plänen genau 75887853 · 15.05.16 · ab 5 vorgegeben werden, ebenso wie die notwendigen Maßnahmen zur Kontrolle ihrer Wirksamkeit und die Verantwortlichkeit für die jeweilige Ausführung der Arbeiten. 2.1 Geräte und Hilfsmittel zur Reinigung Hier muss zwischen Geräten und Hilfsmitteln für die Trocken- und Nassreinigung unterschieden werden. Bei der Trockenreinigung sind die stallüblichen Hilfsmittel Schaufel, Besen, Schrubber, Kratzer usw. in der Regel ausreichend. Hilfreich ist der Einsatz eines auch für den Nassbetrieb ausgelegten Staubsaugers, speziell zur Trockenreinigung von Motoren und eingehausten schwer zugänglichen Einrichtungsteilen. Für die Nassreinigung ist aus Gründen der Arbeitswirtschaftlichkeit und der Reinigungseffektivität der Einsatz von geeigneten Hochdruckreinigern (HD-Reinigern) Stand der Technik. Diese Geräte sind nicht nur auf die Anwendung in der Tierproduktion beschränkt sondern können vielseitig und kostensparend auch in anderen Bereichen eines landwirtschaftlichen Betriebes eingesetzt werden wie z.B. zur Reinigung von Schleppern, Anhängern und sämtlichen Geräten. Die Abb. 2.2 gibt einen Überblick über die Einsatzbereiche von HD-Reinigern in der Landwirtschaft. Da viele Anbieter den Markt beschicken, sind für den Käufer Kenntnisse über Aufbau, Funktion, Leistung sowie Vor- und Nachteile der Geräte Voraussetzung für einen sachgerechten, zweckmäßigen und ökonomischen Kauf. Es empfiehlt sich unbedingt nur HD-Reiniger zu erwerben, die auf ihre Einsatzeignung in der tierischen Produktion geprüft wurden. Eine aktuelle Zusammenstellung von geprüften Hochdruckreinigern und die dazugehörigen Prüfberichte können bei der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft e.V. (DLG), Eschborner Straße 122, D-60489 Frankfurt/M., Internet: www.dlg-frankfurt.de., angefordert werden. Im Hinblick auf die Verwendung von Warm- oder Kaltwassergeräten, sowie auf die eingesetzten Düsen in der Praxis gibt die Tabelle 2.1 einen Überblick (HOLZWARTH 1988). Für den Einsatz in der Wiederkäuer- und Schweinehaltung sind mindestens eine Flachstrahl-, eine Rundstrahl- und eine Sprühdüse notwendig. Spezialdüsen und verschiedene Vorsätze für spezielle Anwendungszwecke können hilfreich sein. 2.2 Durchführung der Reinigung Das Ziel der Reinigung ist die Entfernung des unerwünschten organischen Materials aus dem Stall, um den Mikroorganismen die Lebensgrundlage zu entziehen und die Desinfektion zu erleichtern. Neben der mechanischen Entfernung des Schmutzes hat die HD-Reinigung insbesondere wenn sie mit heißem Wasser durchgeführt wird noch den Zusatzeffekt, dass sie auch einen Großteil der Keime beseitigt. Ferner bereitet die Reinigung mit anschließender 75887853 · 15.05.16 · ab 6 Trocknung die porösen Flächen, wie sie meist in der Nutztierhaltung zu finden sind, auf ein möglichst gutes Eindringen des DM in das Material vor. Die Forderungen die an die Reinigungsmaßnahmen zu stellen sind, lassen sich wie folgt beschreiben: Visuelle Sauberkeit des Objektes, so dass die Oberflächenstruktur, die Farbe sowie die ursprüngliche Beschaffenheit des Materials überall deutlich erkennbar sind und das abfließende Spülwasser frei von Schmutzpartikeln bleibt. Möglichst geringer Zeitaufwand. Möglichst geringer Wasserverbrauch mit Rücksicht auf die Kosten von Lagerung und Transport von Flüssigmist bzw. Jauche. Zuerst werden die Vorarbeiten inklusive Trockenreinigung durchgeführt, wenn der Stall besenrein ist, folgt die Nassreinigung. Der erste Schritt der Trockenreinigung ist die Reinigung der Lüftungsein- und -auslässe von außen. Hier sind es speziell die Einlässe die einer besonderen Beachtung und Sorgfalt bedürfen. Aller Schmutz und Mist ist zuerst aus dem Stall zu entfernen. Danach folgt der Abbau aller demontierbaren Ausrüstungsteile wie z.B. Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen, Anbindevorrichtungen und Gerätschaften. Diese werden gesonderten R+D-Maßnahmen außerhalb des Stalles zugeführt. Die Lüftungs- und Fütterungsanlagen werden so weit möglich geöffnet, Staub und Futterreste werden entfernt und durch den Einsatz von mechanischen Reinigungshilfen wie Bürsten, Pinseln und Staubsaugern werden die zugänglichen Bereiche gereinigt. Schmutzkrusten und angetrocknete Kotreste werden mittels Schabern und Schaufeln entfernt. Je kompletter die Entfernung der Schmutzkrusten ist, desto erfolgreicher lässt sich die Feuchtreinigung durchführen. Der anfallende Schmutz wird zusammengefegt und aus dem Stall entfernt. Ein besonders Problem stellen die elektrischen Anlagen dar. Nicht wassergeschützte elektrische Anlagen und Geräte sollen wenn möglich demontiert werden. Ist dies nicht möglich, muss eine Reinigung mittels Bürste, Staubsauger und/oder Druckluft erfolgen. Anschließend werden die Oberflächen einer Wischdesinfektion unterzogen und mittels Folie und wasserfestem Klebeband abgeklebt. Es ist darauf zu achten, dass alle nicht für die Reinigung benötigten elektrischen Anlagen vorher stromlos geschaltet werden. Vorund Sanitärräume sind gegebenenfalls mit in die Reinigung einzubeziehen. Die Nassreinigung besteht aus drei Schritten: Einweichen HD-Reinigung Trocknen. 75887853 · 15.05.16 · ab 7 Zunächst erfolgt das Einweichen mit Wasser, bei Bedarf mit Zugabe eines Reinigungsmittels, zweimaliges Einweichen verbessert das Reinigungsergebnis. Das Einweichen wird ca. 3 Stunden vor der Reinigung mit 1 – 1,5 l Wasser/m² durchgeführt, kurz vor der Reinigung werden nochmals 0,2 – 0,3 l Wasser/m² versprüht, dadurch kann die Reinigungszeit um ca. 40 % reduziert werden. Das Versprühen erfolgt mit niedrigem Druck (10 – 15 bar) und einer Sprühdüse, wenn verfügbar. Es folgt die eigentliche Hochdruckreinigung mit 13 – 15 l Wasser/min mittels Flachstrahldüsen und einem Druck von 75 – 120 bar je nach Verschmutzung und Arbeitsentfernung. Flachstrahldüsen bringen auf großen Flächen eine Arbeitsersparnis von 45 % gegenüber Rundstrahldüsen und mindern den Wasserverbrauch um ca. 55 %. Für Ecken, Spalten, Lüftungsanlagen, Flächen in größerer Entfernung sind Rundstrahldüsen besser. Erwärmtes Wasser verbessert die Reinigungswirkung. Das Optimum liegt hier bei einer Temperatur von 40 °C (STOY, 1983). Wenn die Reinigungsarbeiten abgeschlossen sind, müssen die gereinigten Flächen, Einrichtungen und Geräte abtrocknen um eine Verdünnung des nachfolgend ausgebrachten DM zu vermeiden und das Eindringen des DM in die Poren des Materials zu ermöglichen. Der Trockenvorgang kann durch Einschalten der Lüftung und erforderlichenfalls auch der Raumheizung beschleunigt werden. Wasserreste aus Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen müssen entfernt werden. Sind die äußeren Bedingungen für ein gutes Abtrocknen schlecht kann auch zusätzlich ein Wassersauger zur schnellen Entfernung der Wasserfilme eingesetzt werden. Da bei sachgemäßer Ausführung die Desinfektion nicht am gleichen Tag stattfindet wie die Reinigung, reicht in der Regel der über Nacht zur Verfügung stehende Zeitraum zur Abtrocknung der Stallflächen aus. Die Reihenfolge der Reinigungsarbeiten ist wie nachfolgend in Stichworten zusammengefasst vorzunehmen: 1. Außen: Stallaußenwände, Abluftöffnungen – stark verschmutzte Dachflächen 2. Innen: Grobreinigung des Fußbodens, der Stalldecke und –wände einschließlich der Lüftungsanlagen, der Ausrüstung sowie von ortsfesten Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen Feinreinigung von Fußboden und falls vorhanden der Gummimattenunterseiten, der Abflussrinnen und Sinkkästen sowie ggf. der Güllekanäle; bei Spaltenböden ist ein besonderes Augenmerk auf die Seitenflächen der Balken richten, herausnehmbare Spaltenböden hochkippen und die Unterseite reinigen 75887853 · 15.05.16 · ab 8 Reinigung der Nebenräume des Stalles abschließend Beleuchtungsanlagen und Fenster putzen. 2.3 Geräte zur Desinfektion In der Haltung von großen und kleinen Wiederkäuern sowie von Schweinen wird hauptsächlich die Sprühdesinfektion eingesetzt. Seltener kommen die Feinsprühdesinfektion oder gar die Begasung in Frage. In Bereichen wo mit wenig Flüssigkeitsaufwand desinfiziert werden muss und in Situationen wo nicht abgetrocknete Flächen desinfiziert werden müssen kann auch der Einsatz der Scheuerdesinfektion sinnvoll sein. Kleine Gegenstände, speziell Teile von Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen, lassen sich durch einlegen und abbürsten in DM-Lösung desinfizieren. Geräte zur Sprühdesinfektion sind die Rückentragespritze, der Hochdruckreiniger und spezielle Desinfektionsspritzen wie auf der Abb. 2.3 dargestellt. Es empfiehlt sich, außer bei den speziell für diesen Zweck hergestellten Desinfektionsspritzen die eine ausreichende Dosiergenauigkeit haben, fertig vorverdünnte DM-Lösungen anzumischen und dann mittels Rückentragespritze oder Hochdruckreiniger auszubringen. Beim Hochdruckreiniger setzt dies voraus, dass er auf Ansaugen von Wasser oder wässrigen Lösungen eingerichtet ist. Als Feinsprühgeräte können Heiß- oder Kaltvernebler wie sie für die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden zur Anwendung kommen. Ihr Einsatz ist aber in der Wiederkäuer- und Schweinehaltung im Gegensatz zu Geflügelhaltung selten. Eine nachvollziehbare Indikation für den Einsatz fehlt hier. Die Abb. 2.4 zeigt einen Heißvernebler und die Abb. 2.5 ein Kaltverneblungsgerät. Die Gasdesinfektion ist in den hier interessierenden Bereichen selten, am ehesten noch in der Form einer Heißdampfdesinfektion mit Formaldehyd als Serviceleistung durch entsprechend ausgewiesene Fachunternehmen zu finden. Da die Gasdesinfektion auf kleine Räume beschränkt ist, kann sie entweder mit speziellen Begasungsgeräten oder einem einfachen elektrischen Einwecktopf durchgeführt werden. Die Durchführung ist bei Verwendung von Formaldehyd jedoch an eine spezielle Begasungserlaubnis gebunden, die von der zuständigen Behörde nur beim Nachweis der dazu notwendigen Sachkenntnisse erteilt wird. Für die Scheuerdesinfektion bei glatten Flächen sind vorher sauber gewaschene Scheuertücher oder Schwämme geeignet. Bei rauhen Flächen wie Holz und Beton ist der Einsatz von Scheuerbürsten angezeigt. Unbedingt notwendig zum persönlichen Schutz bei der Desinfektion sind wasserundurchlässige Schutzhandschuhe und Schutzanzüge. Beim Umgang mit konzentrierten Chemikalien muss zusätzlich mindestens eine Schutzbrille aufgesetzt 75887853 · 15.05.16 · ab 9 werden, beim Ausbringen von DM-Lösung sollten die Augenschleimhäute ebenfalls durch eine geeignete dichtschließende Schutzbrille und der Atemtrakt durch einen Atemschutz M 3 geschützt werden. Besser ist noch das Tragen einer Gasmaske mit entsprechendem Kohlefilter. 2.4 Durchführung der Desinfektion Der wichtigste Schritt ist hier die Auswahl des geeigneten DM. In der Regel werden Handelspräparate eingesetzt; falls Reinsubstanzen zur Anwendung kommen sollten sei auf den Teil Tierseuchendesinfektion verwiesen. Handels-DM haben in der Regel günstige, auf den jeweiligen Einsatzbereich zugeschnittene Anwendungseigenschaften. Zur Desinfektion in der Wiederkäuer- und Schweinehaltung kann nur der Einsatz DVG-geprüfter und gelisteter DM empfohlen werden. Der Kopf der Liste ist in der Abb. 2.6 dargestellt, die aktuelle Liste kann bei der Geschäftsstelle der DVG, Frankfurter Str. 89, D-35392 Gießen, Internet: www.dvg.net, angefordert werden. Da die DVG-Prüfung sich nur auf die Wirksamkeit unter den verschiedenen Bedingungen bezieht ist, falls weitere Anwendungseigenschaften berücksichtigt werden sollen, diese Information aus der Liste der DLG-geprüften Mittel zu entnehmen. Die entsprechenden Prüfberichte versendet auf Anforderung die DLGGeschäftsstelle, Eschborner Landstraße 122, D-60489 Frankfurt/M., Internet: www.dlgfrankfurt.de. Hier können so wichtige Informationen wie die Materialverträglichkeit, Benetzungsfähigkeit, die Ausbringungseigenschaften bei Verwendung eines Hochdruckreinigers sowie die Verträglichkeit für Mensch und Tier entnommen werden. Für die vorbeugende Desinfektion in allen hier interessierenden Bereichen sind die in der Spalte 4b der DVG-Liste aufgeführten Konzentrations-Einwirkungszeit-Kombinationen zu beachten. Bei speziellen Problemen mit spezifischen bakteriellen oder viralen Erkrankungen sowie zur Bekämpfung der Dauerformen von Endoparasiten sind die Eintragungen in die übrigen Spalten relevant. Bei anzeigepflichtigen Seuchen erfolgt die Desinfektion nach Maßgabe des beamteten Tierarztes, hier gelten zusätzliche Anforderungen für die Handels-DM. Da die DM-Prüfung bei 20 °C durchgeführt wird und Aldehyde, Phenole, Quaternäre Ammoniumverbindungen, Amphotenside und organische Säuren bei tiefen Temperaturen an Wirksamkeit einbüßen, muss dieser Verlust durch Erhöhung der Konzentration ausgeglichen werden (HERRE 1985, LÄCHELE 1990). Die Abb. 2.7 zeigt wie hoch diese Konzentrationserhöhung im Bereich zwischen 10 und 20 °C sein muss. Zur Flächendesinfektion ohne mechanische Aktion (Sprühdesinfektion) sollten Präparate die Aldehyde, organische Säuren oder Phenole als Hauptwirkstoffe enthalten, nicht bei Temperaturen unter 10 °C eingesetzt werden. 75887853 · 15.05.16 · ab 10 Vor dem Ansetzen der Gebrauchslösung muss zunächst, falls für das Einweichen noch nicht geschehen, die Gesamtfläche von Fußboden, Decke und Wänden bestimmt werden um auf der Basis der Ausbringungsmenge von 0,4 l/m² das benötigte Volumen der Gebrauchsverdünnung zu berechnen. Zu diesem Rechenwert kommt ein Zuschlag für die Stalleinbauten von mindestens 30 %; bei Ställen mit vielen Einbauten z.B. Käfige in mehreren Etagen muss unter Umständen die doppelte Menge angesetzt werden. In diesem Fall sind die gemachten Erfahrungen ausschlaggebend, solche Aufstallungsformen sind jedoch bei der Haltung von Wiederkäuern und Schweinen selten. Vor der Ausbringung der DM-Gebrauchsverdünnung wird die Trockenheit der Flächen kontrolliert und überprüft ob die Abklebung von feuchtigkeitsempfindlichen Einbauten noch intakt ist. Einrichtungen zur Fütterung und die Tränkeeinrichtungen, speziell wenn es sich um Niederdrucksysteme mit Schwimmerkästen handelt, sollten zuerst separat desinfiziert werden. Das DM wird mit einer Sprühdüse (Flachstrahl) oder einer speziellen Desinfektionsdüse, wie sie von einigen Herstellern angeboten wird, mit niedrigem Druck ausgebracht. Je geringer der Druck, desto geringer ist die Gefahr der Bildung von Sekundäraerosolen die später die Flächen rekontaminieren können. Die Ausbringungsmenge beträgt 0,4 l/m²; geringere Mengen, auch wenn sie mit der Absicht sich Wettbewerbsvorteile zu beschaffen von verschiedenen Herstellern und Vertreibern gelegentlich bei Handelspräparaten angegeben werden, führen auch bei Einhaltung der wirksamen Konzentrationen bei der Sprühdesinfektion nicht zu einem ausreichenden Desinfektionserfolg auf vertikalen Flächen. Dies hat seinen Grund darin, dass zum Eindringen in Poren, Risse und Vertiefungen eine gewisse mechanische Aktion notwendig ist, die ohne Flüssigkeitsüberschuss auf den Flächen und das dadurch bedingte Ablaufen nicht zu erreichen ist. Beim Ausbringen von DM wird von der Hinterwand des Gebäudes zur Tür und dabei von der Decke zum Boden gearbeitet. Die Einwirkungszeit muss abgewartet werden, bevor mit den Nacharbeiten begonnen wird. Falls möglich sollte darüber hinaus Zeit genug eingeplant werden, dass der Stall über Nacht exponiert ist. Im unbelegten Stall ist dies unbedingt anzustreben. Während der Einwirkungszeit sollte die Lüftung ausgeschaltet bleiben, im teilweise belegten Stall muss die Lüftung laufen, dadurch trocknen aber die Flächen schneller ab. Unter diesen Umständen muss ein DM aus der DVG-Liste gewählt werden, das mit einer kurzen Einwirkungszeit ( 1 h) gelistet ist. Bei den Nacharbeiten werden zuerst alle DM-Reste vom Fußboden sowie aus den Tränkeund Fütterungseinrichtungen entfernt. Nachgespült wird bei der Stalldesinfektion generell 75887853 · 15.05.16 · ab 11 nicht, außer bei bestimmten seltenen Desinfektionssituationen mit hohen DM-Konzentrationen im Tierseuchenfall oder bei der Anwendung bestimmter antiparasitär wirksamer DM bei denen eine Rückstandsbildung zu erwarten sein könnte. Anschließend werden alle Abklebungen von den empfindlichen Geräten entfernt und die vorher abgeklebten Bereiche werden noch einmal mittels Wischdesinfektion mit einem DM-getränkten Tuch sorgfältig abgewischt. Die Einrichtung wird auf Schäden kontrolliert, schadhafte Teile werden ersetzt und Schäden an der Bausubstanz ausgebessert. Die entfernten und separat behandelten Einrichtungen werden wieder eingebaut, die Elektrik geschaltet und ihre einwandfreie Funktion kontrolliert. Der vorbereitete Stall sollte vor einer Neubelegung mindestens 4 – 5 Tage leerstehen, besser wären zwei Wochen, falls dies möglich ist. In diesem Zeitraum können auch zusätzliche Maßnahmen wie z.B. das Anbringen eines Kalkanstrichs durchgeführt werden. Sind befestigte Außenanlagen z.B. Ausläufe vorhanden, müssen sie in die R+D-Maßnahmen mit einbezogen werden, was in der kalten Jahreszeit nur einen begrenzten Erfolg nach sich zieht. Bei Tierwaagen, Verladerampen, Triebwegen sind R+D-Maßnahmen nach jeder Benutzung gemäß den o.a. Grundsätzen durchzuführen. Futtersilos werden in der Regel nur in Ausnahmefällen desinfiziert, sollten aber mehrmals jährlich trocken gereinigt werden, wobei die notwendigen persönlichen Schutzmaßnahmen (Staubexposition) zu beachten sind. Ständige Desinfektionseinrichtungen werden befüllt und es kann wieder aufgestallt oder der entsprechende Stallbereich kann neu belegt werden. In Großbetrieben empfiehlt sich eine mikrobiologische Kontrolle des Desinfektionserfolgs. Dazu wird entweder nach der vorbeugenden Desinfektion im Tupfer-Abschüttelverfahren die Gesamtbakterienzahl/cm² bestimmt oder bei speziellen Desinfektionsmaßnahmen auf das Vorhandensein der betreffenden Problemkeime, z.B. Salmonellen untersucht. Auch hier kommt nur das TupferAbschüttelverfahren in Frage, Abklatschverfahren sind wegen der Gefahr der Nachhemmung durch DM-Reste für diesen Zweck nicht geeignet. Die Tabelle 2.2 fasst noch einmal den Ablauf aller Arbeitsgänge bei der R + D im Überblick zusammen. 3. Spezielle Maßnahmen in Kälber- und Rinderställen Hier sind, was die Durchführung und Organisation von R + D sowie die Bereitschaft der Tierhalter diese Maßnahmen vorzunehmen angeht, grundsätzlich unterschiedliche Voraussetzungen in den Betrieben mit bäuerlicher Haltung und in Großbetrieben vorzufinden. Dies trifft insbesondere für die Zeitpunkte zu, wann solche Maßnahmen durchgeführt werden, denn die Zeitpunkte für R + D sind durch die Betriebsweise vorgegeben. Das Rein-Raus- 75887853 · 15.05.16 · ab 12 Prinzip ist am günstigsten, weil alle Stallbereiche und alle Einrichtungen zur gleichen Zeit bearbeitet werden können, dies ist am ehesten in der Kälber- und Bullenmast gegeben. Bei der kontinuierlichen Belegung ist eine R + D nur in den geleerten Stallbereichen möglich. In diesem Fall sollte nach dem Rotationsprinzip gearbeitet werden, weil dann am ehesten ein planmäßiges Vorgehen möglich ist (umlaufende Desinfektion). Die Tabelle 2.3 gibt einen generellen Überblick über die Zeitpunkte die sich für R+D-Maßnahmen anbieten. Für die Auswahl geeigneter DM bzw. für deren richtige Anwendung ist bei der speziellen Desinfektion die Zuordnung der Krankheitserreger zu einer Keimgruppe auf die sich die Angaben der DVG-Liste beziehen, notwendig. Die Tabelle 2.4 enthält eine Auswahl der wichtigsten Erreger die hier in Frage kommen. 3.1 Spezielle Maßnahmen in Kälberställen Die durchzuführenden Maßnahmen in Kälbermastställen sind gekennzeichnet durch die schwierige Reinigungssituation, bedingt durch den fetthaltigen Kot (Milchaustauscher) und die Notwendigkeit den Bereich der durch die Zubereitung und Verabreichung des Milchaustauschers als besonders sensibel anzusehen ist sowie die zur Zubereitung und Verabreichung notwendigen Gerätschaften in die R+D-Maßnahmen mit einzubeziehen. In Kälberställen sind fettlösende Reinigungsmittel sowie warmes oder heißes Wasser zu verwenden. Es ist mindestens einmal in der Mastperiode eine Zwischenreinigung und Desinfektion der Boxen unter Einbeziehung der Tiere (waschen) zu empfehlen. Dabei ist auf tierverträgliche Mittel zu achten. Der Futter- und Kotgang sollen täglich gereinigt und wöchentlich desinfiziert werden. Die Tränkegefäße sind nach jeder Benutzung, die Futterküche für die Kälberaufzucht bzw. -mast einmal täglich zu reinigen und zu desinfizieren. Falls zentrale automatische Fütterungseinrichtungen zum Einsatz kommen müssen der Anmischbehälter und das Rohrnetz mittels automatischer Einrichtungen täglich im CIP-Verfahren thermisch/chemisch desinfiziert werden. Auch diese Maßnahme hat nur einen begrenzten Erfolg, weil die Leitungen zu den Saugern Toträume darstellen. Wegen der damit verbundenen Hygieneprobleme ist, wenn keine überzeugende technische Lösung bereitsteht, von der Verwendung solcher Systeme abzuraten. In der Kälberhaltung kann es ein spezielles Desinfektionsproblem geben, falls durch Kryptosporidien bedingte Durchfälle auftreten. In diesem Fall muss besonders gründlich mit über 60 °C warmem Wasser gereinigt werden. Zur Desinfektion können, ohne dass die Wirksamkeit voll belegt ist, DM mit einer Eintragung nach Spalte 8b der DVG-Liste in 75887853 · 15.05.16 · ab 13 doppelter Konzentration eingesetzt werden; hier ist zumindest eine teilweise Wirkung zu erwarten. 3.2 Spezielle Maßnahmen in Milchvieh-Laufställen In diesem Bereich ist die spezifische Situation für R + D durch den kontinuierlichen Betrieb und gegebenenfalls durch die tiefen Temperaturen im Herbst, Winter und Frühjahr gekennzeichnet. In Milchvieh-Laufställen ohne Weidegang ist die regelmäßige R + D schwierig. Am wirksamsten wäre auch hier das Rein-Raus-Verfahren. Dazu müssten die Tiere wenigsten 1 Woche außerhalb des Desinfektionsbereiches gehalten werden. Das setzt hofnahe Weiden oder einen Laufhof voraus. Der Melkstand müsste direkt vom Laufhof zugänglich sein. Wo diese Möglichkeiten nicht vorhanden sind, sollten R + D nur während der Fresszeiten bei teilweiser Absperrung der betreffenden Bereiche erfolgen. In diesem Fall müssen schnell wirksame Mittel, die die Schleimhäute der Tiere nicht reizen, benutzt werden. Aldehyde scheiden aus. Präparate auf der Basis von Sauerstoffabspaltern bieten sich an. In Tieflaufställen sind R+D-Maßnahmen erst möglich, wenn die Tiefstreu vollständig entfernt ist. 3.3 Spezielle Maßnahmen in Mast- und Aufzuchtställen In Mastställen ist das Rein-Raus-Verfahren häufig anzutreffen. Falls nicht, muss boxen- oder stallabteilungsweise eine umlaufende Desinfektion durchgeführt werden. Die Desinfektionssituation ist in der Bullenmast häufig durch tiefe Temperaturen und die Notwendigkeit der Vorbeugung bzw. Bekämpfung von Klauenproblemen gekennzeichnet. In solchen Situationen sollten DM gemäß den Einsatzempfehlungen der Spalte 4a der DVGListe eingesetzt werden und zusätzlich sind Klauenbäder mit 4 bis 5 %-iger Formalinlösung (1,08 – 1,4 % Formaldehyd) alle zwei Monate zweimal hintereinander zu empfehlen. 3.4 Spezielle Maßnahmen in Abkalbeställen Ein besonderes Augenmerk muss auf die Hygienemaßnahmen in Abkalbeställen gelenkt werden. Nach STRAUCH (1981) muss wie folgt vorgegangen werden: Die R+D-Maßnahmen erfolgen vor jeder Neubelegung des Standplatzes. Dabei ist in großen Betrieben die Umstallung der zur Geburt anstehenden Kühe so zu organisieren, dass auch im Abkalbestall eine abteilungs- oder reihenweise Aus- und Einstallung praktiziert wird und dadurch die Wirksamkeit der R+D-Maßnahmen durch das Erfassen eines größeren Stallbereiches erhöht werden kann. R + D werden also entsprechend dem Rhythmus der 75887853 · 15.05.16 · ab 14 Einstallung vor jeder Neubelegung durchgeführt, wobei gefordert werden muss, das sämtliche Bereiche des Abkalbestalls mindestens einmal im Monat durch die R + D erfasst werden. 2.1.1 Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen in Kälber- und Rinderställen Stallart Maßnahme Zeitpunkt 2.1.2 Kälberstall Rein-Raus-Methode R+D einmal nach dem Ausstallen: gesamter Stall mit Einrichtungen einmal nach der Hälfte der Mastperiode: Boxen, Gänge, Tiere täglich: Futter und Kotgang täglich: Tränkgefäße, Futterküche nach Ausstallen einzelner Tiere: leere Boxen/Stände täglich: Futter und Kotgang täglich: Tränkgefäße, Futterküche R+D Kontinuierliche Belegung R R+D R+D R R+D 2.1.3 Milchvieh Anbindestall ohne Weidegang mit Weidegang R+D R+D Laufstall ohne Tiefstreu R+D 2.1.4 Mast- und Aufzuchtställe Rein-Raus-Methode R+D R Kontinuierliche Belegung R+D R+D 2.1.5 Abkalbestall R+D R+D R+D 2.1.6 Krankenstall R+D R+D zweimal jährlich: gesamter Stall einmal jährlich: nach Weideaustrieb gesamter Stall mit Einrichtungen möglichst alle zwei Monate einmal nach Ausstallen: gesamter Stall nach Bedarf: Stallgänge nach Ausstallen einzelner Tiere: leere Boxen/Stände sowie alle Stallgänge nach Bedarf: Stallgänge nach jeder Belegung: Standplatz alle 2 Wochen: Wände und Versorgungsgänge täglich: Stallgänge, Kotroste und Rinnen hinter frisch abgekalbten Tieren nach jeder Belegung: Standplätze täglich: Stallgänge Neben den zur eigentlichen Geburtshygiene gehörenden R+D-Maßnahmen am Tier selbst sind der Gang sowie die Kotroste bzw. Kotrinnen hinter den Kalbinnen bis zum Abschluss des Puerperiums täglich zu reinigen und zu desinfizieren. Vor, während und nach der Geburt werden folgende R+D-Maßnahmen empfohlen: 75887853 · 15.05.16 · ab 15 Muttertier: gründliche Säuberung des Scheidenbereiches, der Kruppe und des Schwanzes, des Euters, der Beine und der Klauen, anschließend gründliche Desinfektion mit tierverträglichem Mittel. Geburtshelfer: vor der Hilfeleistung R + D der Hände und Arme; Eimer mit warmem Wasser und Seife sowie einen weiteren Eimer mit warmer Desinfektionsmittellösung bereitstellen. Während der Geburt abgepresster Kot ist mit der Desinfektionsmittellösung vorsichtig zu entfernen. Geburtsgeräte vor der Anwendung gründlich reinigen und desinfizieren, möglichst in der Desinfektionsmittellösung liegen lassen und nach Gebrauch wieder hineinlegen. Größere desinfizierte Hilfsgeräte sind auf sauberen Tüchern abzulegen. Neugeborenes: Nabeldesinfektion; anschließendes Trockenreiben. Muttertier nach der Geburt: Hinterpartie, Euter, Beine gründlich reinigen und desinfizieren; Nachgeburt entfernen. Bei Nachgeburtsverhaltung tierärztliche Anweisungen befolgen. Geburtsgeräte nach der Geburt: gründlich reinigen und desinfizieren, sorgfältig trocknen und erst dann in sauberen und geschlossenen Behältern aufbewahren. 3.5 Spezielle Maßnahmen in Krankenställen 2.2 Für Krankenställe lassen sich Regeln nur schwer aufstellen, weil die Belegung je nach Betrieb unterschiedlich ist. Auf äußerste Hygiene ist zu achten, um jede Übertragung und Verschleppung von Krankheitserregern zu verhindern. Das gilt besonders dann, wenn eitrige Infektionen vorliegen oder Krankheitserreger mit Se- und Exkreten ausgeschieden werden. In jedem Fall ist die Desinfektionsmaßnahme stets als "spezielle Desinfektion" durchzuführen, wobei mindestens die Anwendungsempfehlungen nach Spalte 4a DVG-Liste zu befolgen sind. 4. Reinigung und Desinfektion von Transportfahrzeugen und Außenanlagen Auf die R + D von Transportfahrzeugen wird im Kapitel 7 ausführlich eingegangen; hier sollen nur einige für die Tierseuchendesinfektion wichtige Vorgehensweisen dargestellt werden. Das generelle Vorgehen und spezifische Einzelheiten sind dem Kapitel 7 zu entnehmen. Im Rahmen der Tierseuchenbekämpfung ist die Desinfektion von 75887853 · 15.05.16 · ab 16 Transportfahrzeugen, Transportbehältern und Ladestellen notwendig. Die erfolgreiche praktische Durchführung von Reinigung und Desinfektion (R + D) ist jedoch außerordentlich schwierig und muss speziell im Winterhalbjahr zusätzlich bei tieferen Temperaturen durchgeführt werden. Dies gilt sowohl für die R + D des Fahrzeugäußeren als auch für die Laderäume. Die Desinfektionssituation für Fahrzeuge ist gekennzeichnet von drei grundsätzlichen Schwierigkeiten: sie findet in der Regel unter Zeitdruck statt; die Trocknungs- und Einwirkungszeiten im Stundenbereich, wie sie für eine ordnungsgemäße R + D notwendig wären, können nicht eingehalten werden die R + D findet in der Regel unter freiem Himmel statt; das bedeutet, dass zumindest im Winterhalbjahr Temperaturen herrschen, die eine Desinfektion außerordentlich erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen die zum Innenausbau von Fahrzeugen verwendeten Materialien sind sehr unterschiedlich, was ein differenziertes Vorgehen je nach Werkstoff erfordert, wodurch allgemeine Empfehlungen außerordentlich erschwert werden. Für Ladestellen und Außenanlagen gilt im Prinzip das Gleiche. Allerdings ist hier die Zeit nicht der limitierende Faktor, jedoch sind die Probleme durch die tiefen Temperaturen und die Oberflächenbeschaffenheit noch stärker ausgeprägt. Anders verhält es sich mit der Desinfektion von Transportbehältern. Hier können maschinelle R + D erfolgen, die Materialien sind in der Regel desinfektionsfreundlich und R + D können unter Dach, also bei den für eine Flächendesinfektion notwendigen Temperaturen vorgenommen werden. 4.1 Desinfektion des Fahrzeugäußeren Grundsätzlich müssen Fahrzeuge vor dem Verlassen des Seuchengehöftes einer R + D, die Karosserie, Aufbau und Reifen umfasst, unterzogen werden. Die Desinfektion der Reifen ist dabei der wichtigste aber auch am schwierigsten durchzuführende Schritt. BACHMANN (1992) konnte zeigen, dass Durchfahrwannen nur einen sehr begrenzten, in der Regel ungenügenden Desinfektionseffekt haben, deshalb muss die Desinfektion in einem zweistufigen Verfahren mit dem Hochdruckreiniger erfolgen. Zwar wäre auch die intensive Bearbeitung der Reifen analog der Stiefeldesinfektion mit der Bürste durchführbar, jedoch sind bei Zwillingsreifen die Innenseite der äußeren und Außenseite der inneren Reifen bei so einem Vorgehen nicht zu erreichen. 75887853 · 15.05.16 · ab 17 Die Arbeitsschritte zur Desinfektion von Fahrzeugreifen mit dem Hochdruckreiniger sind in der Abb. 2.9 im Überblick dargestellt. Als DM kommen 2%ige Natronlauge oder 3%ige Ameisensäure bei einer Einwirkungszeit von 20 min in Frage. Die Verwendung von Handels-DM ist zwar in diesem Zusammenhang nicht erprobt. Es ist jedoch zu erwarten, dass die in der derzeit gültigen Liste der geprüften und für wirksam befundenen DM die von der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e.V. (DVG) erstellt wurde, in den Konzentrationen, die in der Spalte 4a mit einer Einwirkungszeit von 1 h gelistet und ebenfalls wirksam sind. Auf Tierkörperbeseitigungsanstalten und Schlachthöfen können auch stationäre Reinigungsund Desinfektionsanlagen eingesetzt werden, deren Reinigungs- und Desinfektionseffektivität im Einzelfall überprüft werden muss, Einzelheiten dazu sind dem Kapitel 6 zu entnehmen. Bei der Desinfektion der Aufbauten von außen ist sinngemäß so vorzugehen wie weiter oben für die Innenräume beschrieben. Falls es sich nicht um eine Desinfektionssituation handelt, in der lebende oder getötete Tiere von einem Seuchengehöft bzw. aus einem Betrieb im Sperrgebiet zur Schlachtung abtransportiert werden, wird zuerst innen, dann außen desinfiziert. Nur wenn es darum geht, einer Verschleppung von Tierseuchen aus einem solchen Gebiet vorzubeugen, bleiben die Maßnahmen auf Reifen und äußere Fahrzeugaufbauten sowie das Fahrgestell beschränkt. Wenn irgend möglich sollen die Fahrzeuge auf eine starke Kunststofffolie fahren und die abfließende Flüssigkeit sollte in die Gülle- oder Jauchegrube geleitet oder anderweitig sicher aufgefangen werden. 4.2 R + D von Fahrzeuginnenräumen Unzureichend oder nicht desinfizierte Laderäume von Tiertransportfahrzeugen stellen im Tierseuchenfall ein erhebliches und epidemiologisch relevantes Risiko dar. Aus diesem Grund müssen im Rahmen der Tiersuchendesinfektion die notwendigen Maßnahmen mit großer Sorgfalt durchgeführt werden. Im Kapitel 7 sind die grundsätzlichen Vorgehensweisen und die zu beachtenden Besonderheiten ausführlich beschrieben. Von zentraler Bedeutung ist die Frage, welche DM angewendet werden können. Grundsätzlich ist auf die Wirkstoffe zurückzugreifen, die generell auch in der Tierseuchendesinfektion angewendet werden: Formaldehyd, Ameisensäure und Peressigsäure. Bei den Aldehyden ist die starke Temperaturabhängigkeit der Wirksamkeit zu beachten, ebenso bei der Ameisensäure. Peressigsäure zerfällt auf rauhen Flächen schnell und ist relativ stark korrosiv. 75887853 · 15.05.16 · ab 18 Der Wirkungsverlust, den das ansonsten wirksame DM auf rauhen Oberflächen erleidet, kann durch Erhöhung der Anwendungskonzentration ausgeglichen werden. Als einziger der hier in Frage kommenden Wirkstoffe ist Peressigsäure auch im Temperaturbereich zwischen 0 °C und –10 °C auf der Fläche wirksam. Auf rostigen und blutverschmierten Flächen wirkt die Peressigsäure allerdings nicht. Wie die Abb. 2.10 zeigt, müssen bei einer Einwirkungszeit von 30 min mindestens 0,25 % des Wirkstoffes zur Anwendung kommen. Ein häufig im Zusammenhang mit der Tierseuchen- und Fahrzeugdesinfektion genannter Wirkstoff ist die Natronlauge. So gut die Natronlauge auch bei tiefen Temperaturen auf Metall und Gummioberflächen unter mechanischer Aktion (Stiefeldesinfektion mit der Stielbürste) wirksam ist, so wenig geeignet ist sie zur Desinfektion von Bakterien auf Holzoberflächen. Die Abb. 2.11 zeigt, dass hier Konzentrationen von 10 % eingesetzt werden müssten, was aber wegen der Risiken durch Verätzung und Korrosion unrentabel ist. Somit scheidet dieser Wirkstoff für die Desinfektion der meisten Fahrzeuginnenräume aus. Die Verwendung von Handels-DM auf der Basis von Aldehyden, Organischen Säuren und Peressigsäure ist ebenfalls möglich. Ausgangspunkt der Konzentrationsermittlungen ist in diesem Falle die Eintragung in die Spalte 4a der jeweiligen gültigen Liste der nach den Richtlinien der DVG-geprüften und als wirksam befundenen DM für die Tierhaltung. Für den Lebensmittelbereich geprüfte und gelistete DM sind für den Anwendungszweck ungeeignet. Ausgehend von dem bei Aldehyden und organischen Säuren eingetragenen Zweistundenwert und bei der Peressigsäure gelisteten Einstundenwert muss in der Regel wegen der verkürzten Einwirkungszeit (30 min) eine Konzentrationserhöhung um den Faktor 2 vorgenommen und gegebenenfalls der Temperatureinfluss zusätzlich durch eine weitere Konzentrationserhöhung ausgeglichen werden (2.2.4). Die Tabelle 7.5 im Kapitel 7 enthält zusammenfassend eine Empfehlung für die notwendigen Konzentrationserhöhungen. Die Konzentrationsangaben, die in den Klammern stehen, beziehen sich auf die zusätzliche Anwendung von mechanischer Aktion während der Einwirkungszeit (Scheuerdesinfektion). Weitere Einzelheiten sind dem Kapitel 7 zu entnehmen. Es muss an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass nach dem derzeitigen Erkenntnisstand die Desinfektion von Flächen, die eine Temperatur unter dem Gefrierpunkt haben, nicht möglich ist. Zwar lassen sich verschiedene DM durch Hinzufügen von bis zu 15 % Kochsalz bis zu einem Temperaturbereich von -10 °C ohne Wirkungsverlust vor dem Einfrieren schützen. Zu Formaldehyd lässt sich auch Glysantin bis zu einer Konzentration von 40 % zusetzen, ohne dass die Wirkung nachteilig beeinflusst wird, jedoch würde das 75887853 · 15.05.16 · ab 19 Reinigungswasser auf den Flächen anfrieren und dadurch eine Desinfektion unmöglich machen. 4.3 Desinfektion von Außenanlagen Hier kommen primär Viehladestellen und befestigte Ausläufe in Frage, unbefestigte Ausläufe sind praktisch nicht zu desinfizieren. Obwohl die Forderungen des § 2 der Viehverkehrsordnung auch für Laderampen und sonstige Einrichtungen zum Verladen, Entladen und Umladen von Vieh eine Gestaltung fordern, die eine leichte R + D zulässt, ist hier die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis noch größer als bei den Fahrzeugen. Dies liegt einmal an der Notwendigkeit zur Gestaltung trittsicherer Böden für die Tiere als auch an der mangelnden Verfügbarkeit wetterfester flüssigkeitsundurchlässiger Bodenbeläge. Ideal wären rutschfeste Kacheln bzw. rutschfeste, verklebte Kunststoff- oder Gummibeläge. Diese sind jedoch aus Kostengründen in der Regel nicht vorzufinden, dafür ist eine Ausführung der Viehladestellen und Laderampen in mehr oder weniger geglättetem Beton üblich. Als eine nach § 2, Abs. 3, Nr. 3 der Viehverkehrsverordnung geforderte Einrichtung zur schnellen und sicheren Desinfektion muss als Mindestausstattung ein beheizter Hochdruckreiniger angesehen werden. Zusätzlich ist die Verfügbarkeit eines Wassersaugers zu fordern. Da Beton das mit Abstand am schwersten zu reinigende und desinfizierende Material ist, kann Wasser, das unter normalem Leitungsdruck steht, in diesem Zusammenhang nicht als ausreichend betrachtet werden. Die Situation für die R + D ist durch folgende zwei Schwierigkeiten gekennzeichnet: Stärker noch als bei den Fahrzeugen kommt hierbei im Winterhalbjahr der negative Einfluss der Temperatur auf die Desinfektion sowie das Abtrocknungsverhalten der Oberflächen durch die große, thermodynamisch äußerst träge Masse an Beton und darunterliegendem Boden zum Tragen. Die rauen und häufig beschädigten Oberflächen stehen der Anwendung von bei tiefen Temperaturen prinzipiell wirksamen DM wie der Peressigsäure entgegen. Dementsprechend ist zu erwarten, dass zumindest im Winterhalbjahr bei Ladestellen stets nur ein unvollständiger Desinfektionserfolg zu erreichen und wohl nur im Sommerhalbjahr bei trockenem Wetter unter Beachtung der nachfolgenden Besonderheiten mit einer ausreichenden Desinfektionswirkung zu rechnen ist. Hinsichtlich der in dieser Situation anzuwendenden Techniken und Verfahren zur R + D liegen ebenfalls keine Ergebnisse spezifischer wissenschaftlicher Untersuchungen für Viehladestellen vor, die die modernen Erkenntnisse der Inaktivierung von DM-Resten und zur 75887853 · 15.05.16 · ab 20 Keimrückgewinnung von Oberflächen berücksichtigen, jedoch lässt sich auf Grund der Ergebnisse anderer ähnlicher Untersuchungen folgende Empfehlung ableiten: Die besenrein gemachte Fläche wird mit 1 bis 1,5 l/m² der entsprechenden DM-Verdünnung 1 h eingeweicht, dann wird mit dem Hochdruckreiniger und mindestens 60 °C warmem Wasser bei 80 bis 100 bar von der Peripherie zu den Abflüssen hin gereinigt. Wenn nach der Reinigung die Flächen abgetrocknet sind (falls vorhanden, sollten Hilfsmittel zur Beschleunigung der Abtrocknung eingesetzt werden) wird das DM in einer Menge von 0,4 l/m² ausgebracht. An Reinsubstanzen können eine 2%ige Formaldehyd- oder eine 4%ige Ameisensäurelösung eingesetzt werden, die Temperaturzuschläge sind zu beachten. Für die Handels-DM aus der jeweils gültigen DVG-Liste (Tierhaltung), die auf diesen Wirkstoffen basieren, gilt hinsichtlich Auswahl und Temperaturzuschlag das im Abschnitt 2.7 und im Kapitel 7 "Desinfektion von Fahrzeugen'' dargelegte. Die Einwirkungszeit muss allerdings in diesem Zusammenhang mindestens 2 h betragen. Wenn irgend möglich, lässt sich besonders in kritischen und schwierigen Situationen durch mechanische Aktion (Bürsten, Scheuern) bei DM-Überschuss die Sicherheit der Desinfektion erhöhen. Für Betonaußenflächen, die den Tieren als Auslauf oder Triebwege dienen, kann sinngemäß wie oben beschrieben vorgegangen werden. Zur Desinfektion bei tiefen Temperaturen kann auch Branntkalk eingesetzt werden. Dazu wird wie folgt vorgegangen (SCHNEIDER et al. 1992): Es werden auf die ungereinigte aber trockene Fläche 2,5 kg/m² Branntkalk (gemahlen) unter Beachtung der Arbeitsschutzmaßnahmen ausgebracht und anschließend mit 3 – 6 l Wasser/m² übersprüht. Nach einer Einwirkungszeit von 4 h wird die Fläche gründlich abgespült. Die Abb. 2.12 und die Tabelle 2.8 zeigen die Beziehung zwischen ausgebrachter Kalk- und Wassermenge im Hinblick auf die Inaktivierungskinetik. Vorher gereinigte und abgetrocknete Flächen lassen sich mit geringeren Branntkalkmengen desinfizieren. Hier reichen 1 kg/m² CaO mit 1,5 l /m² Wasser aus. Bei der Durchführung dieses Desinfektionsverfahrens ist sorgfältig darauf zu achten, dass das Wasser mit geringem Druck aufgesprüht wird, damit nicht Teile der zu desinfizierenden Fläche durch den Wasserstrahl freigelegt werden. 5. Erfolgskontrolle für Desinfektionsmaßnahmen Zur Kontrolle der Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen stehen indirekte und direkte Methoden zur Verfügung. Indirekte Methoden schließen vom verbliebenen Wirkstoffgehalt 75887853 · 15.05.16 · ab 21 auf die DM-Wirkung gemäß zuvor ermittelter Erfahrungswerte oder betreffen die Dokumentation und Überwachung der Arbeitsschritte oder Verfahrensabläufe. Die Methode der Kontrolle der Wirkstoffreste lässt sich bei sauren oder alkalischen Mitteln über den pHWert durchführen oder durch eine gezielte Wirkstoffbestimmung z.B. der Chlorkonzentration. Dieses Verfahren ist für die Beurteilung von Wirkungen in Flüssigkeiten geeignet, auf der Fläche stößt es schnell an seine Grenzen. Im Stallbereich ist es deshalb nur in Sonderfällen (z.B. Tränkwasserdesinfektion) anwendbar. Zur Bestimmung des Restkeimgehalts auf den Flächen sind Abklatsch-, Abstrich- und Abspülverfahren beschrieben. Essentiell ist bei der Anwendung aller Verfahren, dass bei einer Anzüchtung von Bakterien und Pilzen nach Desinfektionsmaßnahmen dem Nähr-, Abschüttel- oder Abspülmedium geeignete Neutralisationsmittel (Enthemmer) zugesetzt werden, weil sonst eine bakterio- oder fungistatische Nachwirkung das Ergebnis verfälschen kann. Folgende multivalente Neutralisationsmittel (Enthemmer) sind zu empfehlen (Endkonzentration im Agar und/oder in der Flüssigkeit). Handelspräparate außer Chlor- und Sauerstoffabspaltern: 3 % Tween 80 + 0,3 % Lecithin + 3 % Saponin + 0,1 % Histidin Handelspräparate auf der Basis von Chlor- und Sauerstoffabspaltern: 3 % Tween 80 + 3 % Saponin + 0,1 % Histidin + 0,1 % Cystein. Nach der Anwendung von Reinsubstanzen empfiehlt sich die Zumischung folgender, die wachstumshemmende Nachwirkung neutralisierender Chemikalien: bei Aldehyden: 0,1 % - 1 % Histidin bei Chlorpräparaten: 0, 5 % Natriumthiosulfat bei Quaternären Ammoniumverbindungen: 3 % Tween 80 + 0,3 % Lecithin bei Phenolen: 1 % Tween 80 bei organischen Säuren: 0,1 – 0,2 ml/l Na2HPO4 bei Alkalien: 0,1 – 0,2 mol/l NaH2PO4 Die Methodik der mikrobiologischen Umgebungsuntersuchungen ist kaum standardisiert und mit vielen Nachteilen behaftet, die nicht unerheblich für die Genauigkeit der Auswertung der Untersuchungen sind (CORRETTI, 1966; DEMETER, 1964; PATTERSON, 1971). Für den Stallbereich am wenigsten geeignet sind die Abklatschverfahren, von denen folgende gebräuchlich sind: "Agarflex"-Kontaktkultur nach KANZ (1962) "Rodac-Platten"-Methode (Becton und Dickinson, Postfach 1016, D-69006 Heidelberg) 75887853 · 15.05.16 · ab 22 "Agar Würste" nach TEN CATE (1963). Abklatschverfahren lassen nur eine grobe Schätzung des Keimgehaltes zu; je glatter die Fläche, desto "besser" fällt diese Schätzung aus. Am gebräuchlichsten ist die Tupfer-Abschüttelmethode. Sterile Tupfer mit 10 g Watte werden mit sterilem gepufferten Peptonwasser, das den gewünschten Enthemmer enthält, befeuchtet und die, mittels einer Schablone markierte Fläche von 10 cm², wird mit kreisenden Bewegungen sorgfältig abgetupfert. Dies geschieht folgendermaßen: Die Testfläche wird mit zwei angefeuchteten Tupfern für jeweils 20 Sekunden unter drehender Bewegung und mit gleichmäßigem Druck abgetupfert. Die beiden Tupfer werden dann zusammen in 50 ml Abschüttelflüssigkeit gegeben und 24 h im Kühlraum bei 4 °C und 200 Upm geschüttelt. Zum besseren Ausschütteln der Keime werden der Abschüttelflüssigkeit Glasperlen bis zur Hälfte des Volumens zugegeben. Von der Abschüttelflüssigkeit wird jeweils 1 ml zur Keimzählung in die Verdünnungsreihe (gepuffertes Peptonwasser mit Enthemmer) gebracht. Jeweils 0,1 ml aus der Abschüttelflüssigkeit und aus den jeweiligen Verdünnungsstufen werden auf Nähragar (TSA + Enthemmer) ausgebracht. Die Nachweisgrenze liegt hier bei ca. 102 KBE/cm², Keimzahlen darunter sind nur durch Filtration der Abschüttelflüssigkeit zu bestimmen. Die beste Methode wäre eine Abspülmethode, wenn ein entsprechendes Gerät noch zur Verfügung stünde (BÖHM und KRAUS 1983). Derzeit sind entsprechende Geräte leider nicht mehr kommerziell erhältlich. Destruktive Verfahren scheiden in der Regel aus. Es sollten mindestens 10 Proben vom Boden, 10 Proben von den Einrichtungen und 10 Proben von den Wänden genommen werden. Auf Holz und Betonflächen ist ein ausreichender Erfolg bei der vorbeugenden Desinfektion erreicht, wenn die Gesamtbakterienzahl bei 37 °C pro cm² zwischen 104 und 103 KBE liegt. Bei speziellen Desinfektionen dürfen die entsprechenden Krankheitserreger nicht mehr auf der Fläche nachweisbar sein. 6. Arbeits- und Umweltschutz Wie bei jeder beruflichen Tätigkeit müssen auch in der Landwirtschaft die Unfallverhütungsvorschriften der zuständigen Berufsgenossenschaften befolgt werden. Im Hinblick auf die R + D von Nutztierställen kommen eine Reihe von Schutzmaßnahmen hinzu. Da bei der Reinigung durch die damit verbundene mechanische Aktion Keime von den Flächen losgelöst werden, greift zunächst auch die Biostoffverordnung (1998). Diese verpflichtet den Arbeitgeber zu einer Risikoabschätzung und gegebenenfalls zu den daraus resultierenden Arbeitsschutzmaßnahmen. Diese richten sich im Falle einer Desinfektion bei 75887853 · 15.05.16 · ab 23 Zoonosen nach der Einstufung des betreffenden Erregers in eine Risikostufe. Tabelle 2.14 zeigt die entsprechende Zuordnung der wichtigsten Erreger anzeigepflichtiger und meldepflichtiger Erkrankungen der Nutztiere und gegebenenfalls des Menschen. Bei den aerogen übertragbaren Zoonosen ist in der Regel die Gefahr durch eine vorläufige Desinfektion (siehe 2.6.1) gebannt. Trotzdem muss auf jeden Fall das beteiligte Personal über potentielle Gefährdungen, Schutz- und Vorbeugemaßnahmen und Krankheitszeichen aufgeklärt werden. Ein Atemschutz (P3-Maske oder Gasmaske mit Kohlefilter) ist unbedingt anzuraten. Der Übertragung durch Kontakt wird durch entsprechende persönliche Schutzmaßnahmen (Schutzkleidung, Handschuhe, Mund- und Augenschutz) vorgebeugt. Bei der Verwendung von Hochdruckreinigern darf der Strahl nicht auf Personen gerichtet werden, bei ölbeheizten Hochdruckreinigern ist neben den immissionschutzrechtlichen Bestimmungen auch zu beachten, dass Abgase in den Stallinnenraum abgegeben werden. Einer Anreicherung ist durch entsprechende Lüftungsmaßnahmen zu begegnen. Für die Lagerung und Anwendung von DM gelten die Bestimmung des Chemikalienrechts, der Gefahrstoffverordnung und des Wasserrechts. Hinweise zur Handhabung der Chemikalien können auch dem berufsgenossenschaftlichen Merkblatt (BG 1986) "Gefährliche chemische Stoffe" entnommen werden. DM sind Chemikalien, die eine besondere Sorgfalt bei der Lagerung, Handhabung und Beseitigung erfordern. Von den in der Tierhaltung angewendeten Präparategruppen sind Sauerstoffabspalter und organische Säuren für Mensch und Tier am wenigsten toxisch, trotzdem ist auch bei ihnen die Handhabung der Konzentrate nicht ungefährlich. Konzentrierte Peroxide können bei Kontakt mit Buntmetallen, rostigen Gegenständen und organischem Material explosionsartig zerfallen, deshalb muss beim Abfüllen der Kontakt zu solchen Stoffen vermieden werden. Generell ist deshalb beim Umgang mit DM-Konzentraten äußerste Vorsicht geboten. Folgende allgemeine Vorsichtsmaßnahmen sind generell zu befolgen: DM-Konzentrate müssen unerreichbar für Kinder und Unbefugte sein und möglichst kühl und in gut gelüfteten Räumen aufbewahrt werden! Beim Ansetzen der Gebrauchsverdünnungen Schutzbrille, lange Gummihandschuhe und Gummischürze tragen! Gebrauchsverdünnungen sind möglichst kurz vor dem Ausbringen in sauberen Gefäßen anzusetzen, das Wasser muss Trinkwasserqualität haben. Die Wirkstoffmenge ist mit einem Messbecher genau nach der vorgeschriebenen Konzentration zu dosieren. 75887853 · 15.05.16 · ab 24 Bei der Ausbringung von DM ist zu beachten, dass sie zu Schleimhautreizung und, bei häufigem Kontakt, zu Hauterkrankungen und Allergien führen können. Bei der Verwendung hoch konzentrierter Gebrauchsverdünnungen (TB, Milzbrand, Rauschbrand) wird in der Regel die zulässige maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK) überschritten. Auf jeden Fall ist Haut- und Schleimhautkontakt zu vermeiden, wasserdichte Schutzkleidung und Handschuhe müssen beim Ausbringen der Gebrauchsverdünnung getragen werden. Bei der Desinfektion im Stall ist das Tragen von Atemschutz mit Kohlefilter zu empfehlen; ist zu erwarten, dass der MAK-Wert überschritten wird, ist letzteres obligatorisch (DFG, 1997). Ferner muss darauf hingewiesen werden, dass die Begasung mit Formaldehyd gemäß der Technischen Regel Gase (TRGS) erlaubnispflichtig (Begasungserlaubnis) ist. Die normale Stalldesinfektion mit der Ausbringung über Sprühgeräte ist keine Begasung! Die angebotenen Reinigungs- und DM sind in der Regel biologisch abbaubar, trotzdem sind auch hier bestimmte Grundregeln zu beachten: Die oberste Regel ist DM nicht höher konzentriert und in größeren Mengen als zur Erreichung des Desinfektionsziels unbedingt notwendig anzuwenden. Nur auf ihre Wirksamkeit geprüfte und entsprechend gelistete Präparate anwenden, jede Benutzung unwirksamer Chemikalien stellt eine unnötige Umweltbelastung dar. In der Milchviehhaltung sollten die notwendigen DM für die Melkanlage, Milchleitungen und Behälter so eingesetzt werden, dass möglichst wenig davon in die Kanalisation kommt. Reste von Konzentraten sowie größere Mengen von Gebrauchsverdünnungen dürfen nicht über die Kanalisation entsorgt werden, sondern sind auf dem ortsüblichen Weg für Haushaltschemikalien speziellen Entsorgungsdiensten anzuvertrauen (z.B. Umweltmobil). Geringe Restmengen der Gebrauchsverdünnung können über die Güllegrube entsorgt werden. Reste von antiparasitär wirksamen DM, die organische Lösungsmittel enthalten sowie Konzentrate und Gebrauchsverdünnungen sind auf jeden Fall ortsüblichen Entsorgungsdiensten zu übergeben. In Zukunft wird das Inverkehrbringen von DM durch die Biozidrichtlinie der EU geregelt. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Einflussfaktoren bei der R + D in der Tierhaltung unter ökologischen Gesichtspunkten ist in der Tabelle 2.15 gegeben. Durch sinnvolle Kombination der für den gewünschten Anwendungszweck relevanten Faktoren von baulichen bis zu arbeitswirtschaftlichen Einflussgrößen lässt sich eine Optimierung erreichen. 75887853 · 15.05.16 · ab 25 Literaturverzeichnis 1 Berufsgenossenschaft (BG) Chemie (1986): Merkblatt für gefährliche chemische Stoffe ZH 1/81. Carl Heymanns Verlag KG, Luxemburger Str. 449, D-51149 Köln 2 Biostoffverordnung – Bio Stoff.V (1999): Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen. Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 4, ausgegeben zu Bonn am 29. Januar 1999 3 BÖHM, R. und B. KRAUS (1983): Vergleich der Leistungsfähigkeit des Thran-Bakterienkollektors (Absprühmethode) mit anderen Verfahren zur Bestimmung des Oberflächenkeimgehaltes im Modellversuch. Hyg. + Med. 8, 255-259 4 CORRETTI, K. (1966): Über den Wert einiger bakteriologischer Methoden zur Ermittlung der Betriebshygiene in Fleischwarenbetrieben. Fleischwirtschaft, 46, 139-141; 144-145 5 DEMETER, K.J. (1964): Über die Abklatschmethode und ihre bedingte Brauchbarkeit für den quantitativen Keimnachweis auf Oberflächen. Molkerei-Ztg., 18, 907-909 6 DFG (1997): MAK- und BAT-Werte-Liste 1997, Mitteilung 33. WILEY-VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-69451 Weinheim 7 GEISSLER, A.; A. ROJAHN, H. STEIN (1998): Sammlung tierseuchenrechtlicher Vorschriften. Band I, Stand März 1998. Verlag R.S. Schulz, Starnberg 8 HERRE, A. (1985): Untersuchungen über den Einfluss der Wasserhärte und der Temperatur auf die Wirksamkeit einiger in der Tierhaltung gebräuchlicher Desinfektionswirkstoffe. Agrarwiss. Diss., Univ. Hohenheim 9 HOLZWARTH, C. (1988): Erhebungen bei Besitzern von Hochdruckreinigern über ihre Gepflogenheiten bei Reinigung und Desinfektion im Stall und von Maschinen und Geräten. Agrarwiss. Diplomarbeit, Univ. Hohenheim 10 KANZ, E. (1962): Bakteriologische Nährböden in Kunststoff-Flaschen, eine neue Verpackungs- und Anwendungsform. Pharm. Ind., 24, 556-561 11 LÄCHELE, R. (1990): Untersuchungen über die bakterizide Wirkung einiger Stalldesinfektionsmittel im Suspensionsversuch und praxisnahen Sprühdesinfektionsmodell unter Berücksichtigung der Faktoren Temperatur und Wasserhärte. Vet. med. Diss., Univ. München. 12 MITSCHERLICH, E. und E.H. MARTH (1984): Microbial survival in the environment. Springer, Heidelberg, New York, Tokyo. 13 PATTERSON, J.T. (1971): Microbiological assessment of surfaces. J. Food Technol., 6, 63-72 14 ROLLE, M. und A. MAYR (1993): Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 6. Aufl., F. Enke, Stuttgart 15 SCHMID, P., C. SIEVERS, R. BÖHM (1990): Mögliche Maßnahmen zur Vermeidung von Keimaerosolen bei der Reinigung und Desinfektion im Tierseuchenfall. pp. 60-75. In: Bericht des 3. Hohenheimer Seminars "Aktuelle Probleme der Desinfektion von Nutztierställen sowie Fest- und Flüssigmist". Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft e.V. Frankfurter Str. 87, D-35392 Gießen 16 SCHNEIDER, T., R. BÖHM und D. STRAUCH (1992): Untersuchungen über den Einsatz von Branntkalk zur Desinfektion von Stallböden. Tierärztl. Umschau 47, 534-538 75887853 · 15.05.16 · ab 26 17 STOY, F.J. (1983): Über die Auswirkung der Hochdruckreinigung und –desinfektion mit unterschiedlichen Temperaturen auf den Keimgehalt von Stalloberflächen. Agrarwiss. Diss., Univ. Hohenheim 18 STRAUCH, D. (1981): Reinigung und Desinfektion in der Rinder- und Schweinehaltung, pp 70-306. In: Th. Schliesser und D. Strauch: Desinfektion in Tierhaltung, Fleisch- und Milchwirtschaft. Enke Verlag, Stuttgart, 1. Aufl. 19 TEN CATE, L. (1963): Eine einfache und schnelle bakteriologische Betriebskontrolle in fleischverarbeitenden Betrieben mittels Agar-"Würsten" in Rilsan-Kunstdarm. Fleischwirtschaft, 15, 483 20 WEIß, R. und G. AMTSBERG (1995): Listeriose. In: H. Blobel und Th. Schliesser, Handbuch der bakteriellen Infektionen bei Tieren. Band II, Teil 3. 2. Aufl. Gustav Fischer Verlag, Jena 75887853 · 15.05.16 · ab