1.Joh 3,18 Kirchliche Trauung Walter und Angela Doimo, geb. Ochs 2.9.2006 “Laßt uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.” Liebes Brautpaar, liebe Familien und Freunde, liebe Gemeinde, mit diesem Vers aus dem Neuen Testament geben Sie sich einen Prüfstein mit für Ihre Ehe. Tat und Wahrheit sagen mehr als tausend Worte. Es ist wie ein Lackmusstreifen, den man ins Glas hält: mit ihm wird der Gehalt sichtbar. “Laßt uns lieben mit der Tat und mit der Wahrheit.” Wir nehmen einander vieles ab, wenn die Lebenspraxis wahrhaftig ist. Fallen Reden und Tun auseinander, ist die Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Man muß nicht den amerikanischen Präsidenten bemühen, um diesen Zusammenhang zu begreifen. Wie einen Prüfstein tragen wir das im Herzen: die Stimmigkeit von Rede und Handeln, die Freude an der Authentizität und Kongruenz im Menschen. Sie bekennen sich mit Ihrer Textwahl dazu. Sie stellen sich dadurch auch dem gegenseitigen Anspruch. Er ist begründet im Anspruch Gottes und in den Zusagen Jesu Christi. Gott glauben wir als den Wahrhaftigen, den Sehenden. Vor ihm liegen alle Widersprüche zwischen Glauben und Tun offen. Vor ihm ist aber auch die Freude über das authentische Leben vollkommen, selbst dann, wenn sie sonst niemand sieht. Gott steht dafür, daß sich Menschen nichts vormachen. Und Jesus Christus, neben allen Worten die wir von ihm haben, sagt seinen Jüngern klipp und klar: “An euren Früchten wird man euch erkennen,” also an den praktischen Ergebnissen eures Lebens. Das ist der Prüfstein. Bei manchen Menschen der Gemeinde des Johannes, dessen erstem Brief Ihr Trautext entstammt, fiel das weit auseinander. Man redete von Liebe. Aber man vergaß den Armen neben sich. Vielleicht fühlte man sich auch fromm. Aber man blieb fruchtlos. Der Apostel benennt das deutlich. Doch forciert er nicht. Er fordert auf, er lädt ein: “Laßt uns lieben!” Es heißt nicht “Ihr solltet” oder “Ihr müßt jetzt aber”, sondern: “Laßt uns lieben!”. Gott wird schon dafür sorgen, daß Euch das gelingt. Lassen Sie sich von dem Vertrauen tragen, mit dem schon Johannes unter die Menschen ging. Lassen Sie sich so durch Ihre bisherigen Erfahrungen miteinander bestärken. Ich glaube richtig zu liegen, daß Sie bereits einen guten Erfahrungsschatz haben, auf den Sie heute dankbar zurücksehen können und den Sie weiter ausbauen können. Sie waren in der Anfangszeit Ihrer Beziehung gezwungen, Worte zu wechseln. Wie viele e-mails haben Sie wohl geschrieben? In den vier Jahren, in denen Sie über die Alpen gependelt sind, war es sicherlich nicht immer einfach, sich mit Worten und mit Taten zu lieben. Ich selbst mußte einmal ein Jahr lang den Atlantik überbrücken. Man weiß jedenfalls, wie labil Worte und Taten sein können, wenn viele Kilometer und viel Zeit zwischen ihnen liegen. Aber man entdeckt auch ihre Stärke anders als im ständigen Zusammensein. Diese Phase liegt hinter Ihnen. Es ist auch eine große Tat der Liebe, alles aufzugeben und nach Deutschland zu kommen. Denn so nah die Welt auch geworden ist, die Unterschiede innerhalb Europas sind erheblich und die Rede vom global village ist zu einfach. Immer wieder wird es wichtig sein, intensiv zu reden und zu sprechen und auch damit Liebe zu üben. Heute kommen ja nicht nur zwei verschiedene Familienstile zusammen, nicht nur zwei Lebensgeschichten, nicht nur zwei Nationen, nicht nur zwei Konfessionen, sondern doch in einer oft verborgenen Weise zwei Kulturen, die immer gegenwärtig sind. Es bedarf natürlich des Gesprächs, besonders über Fragen der Erziehung, aber auch des ganzen Lebens in der Familie. Johannes hält das Reden für eine Form der Liebe. Aber es soll sich eben decken mit der Tat. Ich glaube, daß in der Tat aber auch eine besondere Chance liegt, die die Sprache nicht so leicht hat: es gibt die spontane Geste, die über alle Worte hinüberreichende Tat, die sich selbst erklärt, die selbst und in und für sich unmittelbar stimmig ist, die Verschiedenheiten überbrückt. Auch für das heutige Fest wünsche ich Ihnen viele solcher Taten, die ohne Worte verständlich sind. Wie gilt das nun auch für Ihr Kind in seiner Vorsprachlichkeit: noch sind es die Taten, die Gesten, die Mimik, und nicht die Worte, die zu Gebote stehen. Und doch sind sie alles, um Liebe und Nähe mitzugeben. Und reichen ganz aus. Dennoch sollten Sie sich mit dem berechtigten Anspruch an Authentizität und Stimmigkeit nicht überfordern. Der Johannesbrief wurde ja nicht wegen der Vollkommenheit der Gemeinde geschrieben, sondern wegen eines Mangels. Johannes macht daraus aber keinen Vorwurf, weil er weiß, daß Gott größer ist als unser Herz. Erst auf dem Boden dieser hilfreichen Einschränkung ist die Aufforderung zur Liebe wirklich sinnvoll. Denn unsere Liebe ist immer begrenzt, weil wir Menschen sind. Als solche soll sie aber gelebt werden, und die Schönheit dieses Lebens gebe Ihnen Gott immer wieder auf´s Neue. Und so lasse er mit seiner Liebe alles gelingen, was in Ihnen an Herz und Wegen ist, an Willen und Erfahrung. Amen.