Laetare – 4

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Laetare – 4. Sonntag der Fastenzeit – 3. 4. 2011
Gnade sei mit euch und Frieden von unserem Herrn Jesus Christus! Amen.
Johannes 12, 20 – 26
Liebe Gemeinde!
Wenn man den Namen dieses Sonntags versteht, kommt man nicht an ihm
vorbei. "Lätare" heißt nämlich "Freuet euch" und ist das erste Wort des so
genannten "Introitus" dieses Sonntags, also des Eingangspsalms des
Gottesdienstes, der aus Jesaja (66,10) stammt und so weitergeht: "Freut euch
... mit Jerusalem! Jubelt über sie, alle, die ihr sie lieb habt!" - Nun werden Sie
vielleicht denken: "Und? Was ist da Besonderes? Warum soll man daran nicht
vorbei kommen?"
Nun: Wir sind in der Passionszeit und jemand ruft uns zu: "Freuet euch!"? Wir
gehen Jesu Leidensstraße mit und sollen "jubeln"??? - Ein kleiner Anlass zur
Freude liegt vielleicht ja darin: Heute haben wir die Mitte der Zeit auf Ostern
hin erreicht. "Mitt-fasten", so heißt dieser Sonntag daher auch in manchen
Regionen unseres Landes. Aber ist das ein hinreichender Grund zur Freude?
Noch ein wenig näher kommen wir dem fröhlichen Charakter dieses Sonntags,
wenn wir hören, was für ein Brauch in vielen Gegenden Mitteleuropas bis
heute an "Lätare" vollzogen wird. Es ist das "Todaustragen". Der Tod, der
dabei mit dem Winter gleichgesetzt wird, hat die Gestalt einer Strohfigur, die
erst unter Absingen von Liedern durch den Ort "getragen" und dann vor dem
Ort verbrannt, auf andere Weise zerstört oder auch ins Wasser geworfen wird.
Dieser Brauch, das haben wir uns schon gedacht, soll den Frühling einläuten
und das neue Leben draußen in der Natur herbeizwingen. Und wir können uns
sicher vorstellen, dass mit der Erwartung der wärmeren Jahreszeit auch frohe
Gedanken und Vor-Freude verbunden sind.
Aber in die Tiefe der freudigen Grundstimmung dieses Sonntags "Lätare"
führt uns erst der Predigttext, der uns für heute verordnet ist. Er steht bei
Johannes, im 12. Kapitel.
Liebe Gemeinde! Gehen wir hinein in diese Geschichte: Das Passafest steht
dicht bevor. Wieder - wie seit vielen hundert Jahren - werden sich die Juden in
Jerusalem und überall auf der Welt an den Auszug aus Ägypten erinnern, an
die wunderbare Errettung am Schilfmeer vor den Truppen des Pharao und an
die Ankunft im gelobten Land nach vierzigjähriger Wüstenwanderung.
In diesem Jahr waren auch einige Griechen nach Jerusalem gekommen, um im
Tempel-Vorhof anzubeten. Da sie keine Juden waren, durften sie nicht ins
Innere des Tempels, wo sich Jesus aufhielt.
Aber sie wollten ihn gern kennen lernen. Darum sprechen sie einen seiner
Jünger an, Philippus, der wohl ihre Sprache beherrschte: "Wir möchten gern
Jesus sehen!" Und Philippus sagt es Andreas und dann gehen sie beide hin zu
Jesus.
Wo die beiden Jünger wahrscheinlich auf die Bitte der Griechen hin ein Ja
oder Nein erwartet haben, sagt Jesus etwas, das so gar nicht zu passen scheint:
"Die Zeit ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde." Wir
wissen nicht, wie Andreas und Philippus damals reagiert haben, aber wir
wissen, wenn wir das weitere Schicksal Jesu bedenken, was er meint: Ich
werde jetzt bald ans Kreuz gehen, die Welt damit erlösen und den Tod ein für
allemal besiegen! Denn das ist es, was Jesus seine "Verherrlichung" nennt.
Und so ist es durchaus nicht unpassend, wenn Jesus das gerade jetzt anspricht,
da die griechischen Fremden nach ihm fragen. Denn er nimmt damit eine
uralte Weissagung auf, dass wenn der Messias kommt, auch die Heiden zum
Berg Zion pilgern werden, um dort Weisung zu bekommen, wie sie recht vor
Gott leben (Micha 4, 2).
So ist dieser Tag heute also ein Sonntag, der schon ganz ausgerichtet ist auf
Karfreitag und Ostern, auf Kreuz und Auferstehung unseres Herrn und damit
auf die Mitte unseres Glaubens und auf den tiefsten Grund unserer Freude:
Dass er unsere Sünde und Schuld wegnimmt und uns erlösen wird von Tod
und Teufel. Von daher verstehen wir jetzt, warum uns schon der Name dieses
Sonntags zuruft: "Freuet euch!"
Aber dass wir nicht ganz aus den Gedanken und unserem Sinn verlieren, dass
wir noch mitten in der Leidenszeit sind, dazu kann uns das Bildwort Jesu
dienen, das er damals seinen Jüngern und heute uns vor Augen stellt: "Wenn
das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es
aber erstirbt, bringt es viel Frucht. Wer sein Leben lieb hat, der wird's
verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird's erhalten zum
ewigen Leben."
Wie so oft malt Jesus ein Bild aus der Natur, wie es die Menschen damals und
wir ja auch sofort verstehen: Ein Weizenkorn, wenn es in den Boden gestreut
wird, muss sterben. Es ist nicht mehr das, was es war. Aber es keimt, treibt
aus, erst einen Halm, dann die Blüte und schließlich Frucht, und es wird mehr,
viel mehr daraus, als das Korn am Anfang gewesen ist. Und genau so wird es
auch Jesus gehen: Er wird am Kreuz auf dem Hügel sterben, man wird ihn in
die Erde legen und wird nicht mehr der Mensch sein, der er war. Aber er wird
aufblühen als Erlöser der Menschheit und wird für uns alle Frucht bringen:
Vergebung, Auferstehung und ewiges Leben!
Aber sein Vorbild wird auch unsere Einstellung zum Leben in dieser Welt
verändern: "Wer sein Leben lieb hat", das heißt, wer an diesem Leben hängt
mit jeder Faser seines Herzens, "der wird es verlieren" und da müssen wir
nicht zuerst an das Ewige Leben denken! Wer in dieser Welt nur ihren
Freuden nachläuft, wem nur das Geld und das Gut wichtig ist, das er in seinen
Jahren anhäufen kann, der verliert das echte, das wahre Leben. Denn das ist
von anderer Art: Darin spielt die Liebe die Hauptrolle, die Liebe, die zurückund weitergibt, was sie zuerst von Gott an Gnade und Güte empfangen hat.
Auch das Teilen ist in solch einem Leben wichtig: Ich habe niemals das, was
ich besitze, nur für mich allein empfangen. Und die Gerechtigkeit ist in
diesem Leben etwas, dem wir immer nachjagen sollen.
Denn es ist ja nicht mein Verdienst, wenn ich mehr habe als andere, mehr
kann als sie und mehr Erfolg geschenkt bekomme, als mein Nachbar. Gott
liebt uns alle gleich, aber wo wir nicht gleich sind, da sollen wir uns aus
unseren Gaben um den gerechten Ausgleich bemühen.
"Wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird's erhalten zum ewigen
Leben." Wir sollen es nicht zu weit treiben mit dem Hass auf die Welt und das
Leben in ihr. Aber wir wollen den nötigen Abstand von den Dingen nie
verlieren, denn es verändert uns zum Bösen, wenn wir an den Sachen hängen,
wenn wir nur um unseren Nabel kreisen und Hab und Gut wie einen Götzen
anbeten.
Es gibt einen guten Gedanken, der uns helfen kann, das rechte Maß dafür, was
uns die Welt bedeuten darf, nicht zu verlieren: Im Ewigen Leben, in Gottes
neuer Welt werden sicher andere Werte gelten als das Geld, der Besitz oder
unser Können. Und hier wären wohl fast alle Menschen, die überhaupt an die
Auferstehung von den Toten und unsere ewige Zukunft glauben, ganz schnell
einig. Das kann doch nun für uns Christen nur eines heißen: Üben wir uns in
dieser Welt schon darin, die Maßstäbe des Himmels zu verwirklichen! Leben
wir so, als wäre diese Zukunft schon angebrochen - denn das ist sie ja für
unseren Glauben auch!
Wenn in Gottes neuer Welt die Liebe regieren wird, dann üben wir uns heute
schon in dieser Liebe! Wenn dort keiner mehr fragen wird, was du hier
besessen und wie hoch dein Gehalt und wie dick dein Bankkonto gewesen,
dann nimm das doch heute schon nicht so wichtig! Wenn dann all die Macht
vergangen sein wird, die heute in deinen Händen liegt, dann spiele sie schon
heute nicht gegen die Menschen aus, sondern nutze sie für das Wohlergehen
anderer.
Eins muss ich nun an diesem Sonntag "Lätare" auch noch sagen: In einem
solchen Leben, das sich an den Maßstäben der kommenden Ewigkeit
orientiert, liegt eine große, tiefe Freude verborgen.
Treten wir heute ein in den Kreis der Freude: Wir haben die Mitte der
Fastenzeit erreicht. Bald wird die Natur wieder erwachen, alles wird grün und
schön und wir werden uns am Anblick der jungen Blätter und Blüten erfreuen
können. Noch viel mehr Freude aber liegt darin, dass sich unser Herr
anschickt den Weg hinauf nach Golgatha zu gehen. Dort wird er uns erlösen
von Schuld und Tod und uns zeigen, welchen Weg auch wir einmal gehen
werden: Zu Gott, ins ewige Leben!
Schließlich wollen wir auch schon heute die Gesetze der zukünftigen Welt
lernen und uns nach Kräften bemühen, schon in dieser Welt nach ihnen zu
leben. Wir dürfen gewiss sein, dass wird nicht nur Mühe und Verzicht,
sondern auch viel Freude bringen!
Liebe Gemeinde! "Lätare" heißt dieser Sonntag. Er ruft uns zu: "Freut euch
mit Jerusalem! Jubelt über sie, alle, die ihr sie lieb habt!" Lassen wir uns von
dieser Freude anstecken!
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