2. Bewaffnete Pilger auf dem Kreuzzug

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Kulturen treffen aufeinander
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2. Bewaffnete Pilger auf dem Kreuzzug
1095 __________________ Papst Urban II. ruft in Clermont zum Kreuzzug auf.
1096 –1099 _____________ Scharen von Armen und Ritterheere brechen auf, um das Grab Christi in
Jerusalem von den Muslimen zurückzuerobern.
Das Grab Christi
als Pilgerziel …
Helena, die Mutter des römischen Kaisers Konstantin, ließ im 4. Jahrhundert in
Jerusalem an der Stelle, wo das Grab Christi vermutet wird, eine Kirche bauen.
Seitdem wurde diese Kirche zum christlichen Pilgerziel. Auch nach der Eroberung Jerusalems durch islamische Araber im 7. Jahrhundert hatten die christlichen Pilger weiter freien Zutritt zum Heiligen Grab.
… und als
Eroberungsziel
Am 15. Juli 1099 zogen ganz andere Pilgerscharen in die Heilige Stadt ein.
Bewaffnete Ritter hatten Jerusalem nach wochenlanger Belagerung erobert. In
der Stadt richteten sie unter den Einwohnern ein fürchterliches Blutbad an. Die
Eroberer riefen danach das christliche Königreich Jerusalem aus. Die neuen
Herrscher nannten sich „Beschützer des Heiligen Grabes“. Was war passiert? Wie
konnte aus der friedlichen Pilgerfahrt zum Heiligen Grab ein bewaffneter Eroberungskrieg im Zeichen des Kreuzes werden?
1 Die heilige Kommunion wird überreicht. Reliefs in
der Kathedrale von
Reims um 1260.
Der Papst ruft zum
Kreuzzug auf
Die Seldschuken, ein türkisches Nomadenvolk aus Innerasien, hatten sich im
10. Jahrhundert zum Islam bekehrt und 1070 Jerusalem erobert. Ein Jahr später
vernichteten sie in Kleinasien die Armee des christlichen Kaisers von Byzanz
(Oströmisches Reich). Seldschukische Stoßtrupps drangen in den folgenden
Jahren bis zum Bosporus vor. Eine Gesandtschaft des byzantinischen Kaisers
bat 1095 den Papst um militärische Hilfe. Jerusalem müsse unbedingt durch
christliche Ritter von den Ungläubigen befreit werden. In Wirklichkeit aber
wollte der byzantinische Kaiser nur die verlorenen Gebiete in Kleinasien
zurückerobern. Der Papst (seit 1088 der Franzose Urban II.) hatte andere
Gründe, den Plan zu unterstützen. Er rechnete damit, als Gegenleistung in seinem Kampf gegen den deutschen Kaiser Heinrich IV. von Byzanz unterstützt zu
werden. Vielleicht, so eine weitere Hoffnung, ließe sich auch die Spaltung der
Kirche in eine östlich-griechische und eine westlich-römische Kirche überwinden. Ein Streit über das Verständnis Gottes und über kirchliche Angelegenheiten
hatte 1054 zur Kirchenspaltung geführt. Dadurch hatte der Papst den letzten
Einfluss auf die Ostkirche verloren.
Papst Urban II. besprach seinen Kreuzzugsplan mit französischen Adligen. In
der französischen Stadt Clermont rief er auf einem Konzil 1095 in einer großen
Rede die Ritter zur bewaffneten Pilgerfahrt nach Jerusalem auf. Die aufgehetzte
Menge antwortete ihm: „Gott will es!“ Viele Ritter nähten sich Stoffkreuze auf
ihr Gewand und zeigten damit, dass sie der Aufforderung des Papstes zum
bewaffneten Kampf gegen die Muslime Folge leisten wollten. In späterer Zeit
wurden sie deshalb Kreuzfahrer genannt. Durch die Gottesfriedensbewegung
war den Rittern die Fehde weitgehend untersagt worden (vgl. die Kap. „Was ist
ein Ritter?“ und „Ist Krieg Privatsache?“). Hier bot sich ihnen endlich die Gelegenheit, ihre Waffen und ihren Kampfeswillen in einer neuen Aufgabe zu
bewähren. Überall riefen Geistliche dazu auf, das Kreuz zu nehmen. Sie ver-
2. Bewaffnete Pilger auf dem Kreuzzug
2 Die Ebstorfer Weltkarte
(vereinfachte Ausführung).
Um 1240 legten Nonnen des Klosters Ebstorf bei Lüneburg auf 30 Pergamentblättern eine Weltkarte
an, die einen Durchmesser von 3,57 m hatte, was 12 Fuß nach mittelalterlichem Maß entspricht.
Wie alle mittelalterlichen Karten ist die Karte nach Osten ausgerichtet (orientiert).
sprachen als Lohn den Erlaß aller Sündenstrafen. Begeistert brachen Menschen,
besonders in Frankreich und Italien, weniger in Deutschland, auf, um als Pilger
und Kämpfer nach Jerusalem zu ziehen. Neben den herkömmlichen Abzeichen
der Pilger, Stab und Tasche, wurden jetzt auch die Waffen gesegnet.
Kreuzzug der Armen
Urban II. hatte nur die Ritter ansprechen wollen. Aber bevor sie sich zu Heeren
zusammengefunden hatten, war es dem Einsiedler Peter von Amiens gelungen,
eine große Masse einfacher Leute zu überzeugen ihm nach Jerusalem zu folgen.
Er starrte vor Schmutz, ritt wie Christus auf einem Esel und verkündete den
Armen eine bessere Welt und himmlischen Lohn.Viele Arme nahmen diese Bot-
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Jerusalem – das Ziel der Kreuzritter
Juden, Christen und Muslimen gilt die Stadt als
heilig. Im jüdischen Tempel des Königs Salomon
wurde die Bundeslade mit den Tafeln der zehn
Gebote aufbewahrt. Nach der Zerstörung des Tempels durch die Römer 70 n. Chr. wurde ein Überrest der westlichen Stützmauer des Tempels zur
heiligsten Stätte des Judentums: die Klagemauer.
Nach islamischer Glaubenstradition stieg der Prophet Mohammed in Jerusalem über eine Lichtleiter zum Himmel auf, von dort, wo ursprünglich der
Brandopferaltar des jüdischen Tempels stand.
Nach der Eroberung Jerusalems durch die Araber
(7. Jahrhundert) wurde hier der islamische Felsendom (goldene Kuppel) erbaut. In einer Nacht soll
Mohammed durch den Erzengel Gabriel von
Mekka nach Jerusalem geführt worden sein um
dort Abraham, Moses, Jesus und andere Propheten zu treffen und mit ihnen zu beten.
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schaft gerne auf, da sie ihnen das Ende von einem Leben in Hunger, Elend und
Unterdrückung versprach. Unzureichend ausgerüstet, aber voller Begeisterung,
zogen sie in mehreren Gruppen los. Keine erreichte das Heilige Land. Der Zug
des Einsiedlers Peter wurde von den Seldschuken in Kleinasien niedergemacht.
Verfolgungen der Juden
Furchtbar wirkte sich der christliche Kreuzzugseifer für die jüdischen Gemeinden aus. Kreuzfahrer überfielen die Juden in Speyer, Worms, Mainz und Köln.
Diese Fanatiker unterstellten den Juden die Schuld am Tod Jesu. So glaubten sie
sich im Recht, sich an Ort und Stelle an den angeblichen Feinden des Christentums rächen zu können. Vor allem aber konnten sie mit dem geraubten Besitz
ihre Fahrt zum Heiligen Grab finanzieren.
Kreuzzug der Ritter
Als die Kreuzritter 1096/97 und Tausende von Fußsoldaten und unbewaffnete
Begleiter unter den Fürsten Gottfried von Bouillon, Raimund von Toulouse und
Bohemund von Tarent vor Konstantinopel eintrafen, konnten sie dem verlockenden Reichtum der Stadt kaum widerstehen. Der byzantinische Kaiser
erkannte sogleich, dass diese Streitmacht auch ihm gefährlich werden konnte.
Er wies ihnen deshalb schnell Kampfaufträge gegen die Seldschuken zu. Vier
Monate lang zog das Heer in der Sommerhitze durch Kleinasien bis Antiochia.
Die Stadt wurde erobert. Dann marschierten die Heere Richtung Jerusalem.
Kreuzzüge: Ursprünglich vomPapst ausgerufene
Kriegszüge der abendländischen Christen (bes.
der Ritter) mit dem Ziel, das Heilige Grab in
Jerusalem von den Muslimen zu befreien. Für die
Menschen des 11. bis 13. Jahrhunderts waren die
Kreuzzüge bewaffnete Pilgerfahrten unter dem
Zeichen des Kreuzes. Als Lohn wurde ihnen von
den Kreuzzugpredigern der Erlass aller Sündenstrafen, der Ablass, versprochen. Insgesamt fanden sieben große und viele kleinere Kreuzzüge
statt. Auch der Kampf gegen die muslimische
Herrschaft in Spanien galt als Kreuzzug. Ebenso
bezeichnete man auch die Kriege gegen die
„Irrlehrer“ und Andersgläubige innerhalb der
Kirche, die sogenannten Ketzer, gegen die nichtchristlichen Preußen und Wenden, sogar gegen
aufständische Bauern als Kreuzzüge. In der Auseinandersetzung mit den Arabern haben die
Europäer viel von der arabischen Kultur lernen
können und übernommen.
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4 Die Rede Papst Urbans II. auf dem Konzil von
Clermont (1095) schrieb zwölf Jahre später der
Augenzeuge, Mönch Robert von Reims auf:
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Aus dem Land Jerusalem und der Stadt Konstantinopel kam schlimme Nachricht: Das Volk im
Perserreich, ein fremdes Volk, ein ganz gottfernes Volk … hat die Länder der dortigen Christen besetzt, durch Mord, Raub und Brand entvölkert und die Gefangenen teils in sein Land abgeführt, teils elend umgebracht; es hat die Kirchen Gottes gründlich zerstört oder für seinen
Kult beschlagnahmt … Wem anders obliegt nun
die Aufgabe, diese Schmach zu rächen, dieses
Land zu befreien, als euch? Euch verlieh Gott
mehr als den übrigen Völkern ausgezeichneten
Waffenruhm, hohen Mut, körperliche Gewandtheit und Kraft … Besonders bewegen möge euch
das Heilige Grab unseres Herrn und Erlösers …
Kein Besitz, keine Haussorge soll euch fesseln.
Denn dieses Land, in dem ihr wohnt, ist allenthalben von Meeren und Gebirgszügen umschlossen und von euch beängstigend dicht bevölkert. Es fließt nicht vor Fülle und Wohlstand
über und liefert seinen Bauern kaum die bloße
Nahrung. Daher kommt es, dass ihr gegeneinander Krieg führt.Aufhören sollunter euch der Hass,
schweigen soll der Zank, ruhen soll der Krieg,
einschlafen soll aller Meinungs- und Rechtsstreit!
Tretet den Weg zum Heiligen Grab an, nehmt
das Land dort dem gottlosen Volk, macht es euch
untertan! Gott gab dieses Land in den Besitz der
Söhne Israels; die Bibel sagt, dass dort Milch und
Honig fließen. Jerusalem ist der Mittelpunkt der
Erde, das fruchtbarste aller Länder … Schlagt
also diesen Weg ein zur Vergebung eurer Sünden.
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Geschichte in Quellen II, München 1978, S. 85, Bearb. d. Verf.
b) Ein französisches Kreuzfahrerlied, 12. Jh.
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c) Urkunde zugunsten des Klosters St. Peter in
Chartres, 1096:
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5 Motive der Kreuzfahrer
Es zeigte sich, dass das Werk von Gott angeregt
war; denn Alt und Jung folgte mit der größten
Ich habe sagen hören als Ratschlag: Ein guter
Handel zieht Geld aus der Börse. Der ist sehr
leichtsinnig, der das Gute sieht und das Schlechte
nimmt. Wisst ihr, was Gott denen versprochen
hat, die das Kreuz nehmen? Bei Gott, er verspricht, sie sehr schön zu belohnen: Das Paradies
auf ewig. Wer seinen Profit gut wahrzunehmen
versteht, ist ein Narr, wenn er bis morgen wartet.
Zit. nach: Hans Eberhard Mayer, Geschichte der Kreuzzüge. 4. Aufl. Stuttgart 1976, S. 44.
Zit. nach: A. Borst, Lebensformen im Mittelalter. Frankfurt/Berlin/Wien
1979, S. 318 f.
a) Der Erzbischof und Geschichtsschreiber Wilhelm von Tyrus (gest. um 1185):
Freude diesem Aufgebot … Viele schlossen sich
bloß an, um ihre Freunde nicht zu verlassen, andere, um nicht als feige und faul zu gelten. Viele
zogen aber aus Leichtsinn oder Abenteuerlust
mit; gar mancher auch, um seinen Gläubigern,
bei denen er schwer verschuldet war, spotten zu
können. Verschieden also die Beweggründe, aber
alle eilten herbei … und gelobten einmütig mit
Herz und Mund den Pilgerzug.
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Ich, Nivelo (aus Fréteval) entsage auf ewig – um
der Rettung meiner Seele willen sowie im Tausch
für eine große mir hierfür gegebene Geldsumme – meinem gewalttätigen, schlechtem Brauch
entstammenden Verhalten. Grausam bedrückte
ich das Land von St. Peter und dessen Umland,
indem ich mir die Güter der Einwohner aneignete … Gegen alles … Recht übergab ich das
Eigentum der Untertanen von St. Peter meinen
Rittern zur Nahrung … Um die Vergebung meiner Sünden zu erlangen, die mir Gott gewähren
kann, begebe ich mich auf Pilgerfahrt nach Jerusalem … Die Mönche haben mir zehn Pfund in
Dinaren für die Kosten der verabredeten Reise
gegeben als Gegenleistung dafür, dass ich von
dieser Unterdrückung ablasse.
Zit. nach: Großer Bildatlas der Kreuzzüge. Hg. von J. Riley-Smith, Freiburg
1992, S. 28.
a) Vergleiche die Ebstorfer Weltkarte (M2) mit einer Weltkarte von heute. Was
war Zeichnern damals, was ist ihnen heute wichtig (vgl. M3 in diesem und
VT-Ende im Kap. „Menschen auf Pilgerfahrt“)? – Welche Gebiete waren
den Zeichnern gut bekannt, welche weniger gut und welche gar nicht?
b) Urban überzeugte die Ritter, Jerusalem zu erobern. Mit welchen Mitteln
schaffte er das (M4)?
c) Welche Gründe hatten die Armen (VT), welche die Ritter (M5), sich auf den
Kreuzzug zu begeben?
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