Prof. Dr. Hans-Joachim Schmidt Vorlesung: Christen und Muslime im Mitttelalter Frühlingssemester 2015 6) Kreuzzüge Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. in Clermont 1095; mehrere Quellen Ziel: Eroberung von Jerusalem, Initiative des Papstes, keine Beteiligung von Königen, Papst war aber auf Mitwirkung des Adels angewiesen Kreuzzug setzte Kooperation von Adel und Kirche fort, wie sie bereits in Gottesfrieden angelegt waren Kirche gelang Prägung der politischen und sozialen Beziehungen, Adelige suchten Legitimierung; einerseits Abwendung von Gewalt, andererseits ihre Rechtfertigung Theorie der drei Stände von Geistlichen entwickelt: Funktionaliserung von sozialen Gruppen, die mehr als nur durch Abstammung gekennzeichnet waren und sich an Nutzen zu messen hatten Kreuzzug war exklusiv geistliches Unternehmen; Zug unter Anführung von Peter dem Eremit und mit Beteiligung schlecht ausgerüsteter und unerfahrener Massen scheiterte Kreuzzug ein päpstliches Unternehmen? Leitung durch Ademar von Le Puy, aber Kontrolle entglitt ihm Rivalitäten unter den beteiligten Fürsten und unter den verschiedenen Völkern; nationale Animositäten Kreuzzug brach Grenzen des Okzidents auf, sollte Gegensatz zu Oströmisch-byzantinischen Kaiserreich und zur Griechisch-Orthodoxen Kirche aufheben; Spaltung hatte sich durch päpstlichen Primat verstärkt; gegenseitige Exkommunikation 1054 Hilferuf des byzantinischen Kaises Alexios I. wird erhört, aber in ein Unternehmen der Okzidentalen zur Eroberung von Jerusalem gewendet 1. Kreuzzug Wichtigste Teilnehmer: Gottfried von Bouillion, Herzog von Niederlothringen; Graf Raimund von Toulouse, Robert I., Herzog der Normandie, Robert II., Graf von Flandern; Bohemung von Tarent und sein Neffe Tankred unterschiedliche Wege 1097 Kreuzfahrer in Konstantinopel, schwierige Verhandlungen mit Kaiser Alexios I., Kreuzfahrer leisten Lehenseid für die zu erobernden Gebiete Juni 1097 Nicaea erobert und Byzantinern übergeben Juni 1098 Eroberung von Antiocheia 7. Juni 1099 Eroberung von Jerusalem, Tötung aller muslimischen und jüdischen Einwohner Herrschaft der Okzidentalen in Outremer: Königreich Jerusalem (Gottfried, dann sein Sohn Balduin I.) Fürstentum von Antiocheia, Grafschaft Edessa, Grafschaft Tripolis, Herrschaft Tiberias, Fürstentum Galliläa Lehenswesen , starke Stellung der Barone kirchliche Neuordnung : lateinisches Patriarchat von Jerusalem und Erzbistümer und Bistümer "Tempel" in Jerusalem wird Kirche Okzidentale sind kleine Minderheit gegenüber orientalischen Christen und Muslimen schwierige Versorgung, Italienische Kaufleute werden notwendig, die umfanreiche Privilegien erhalten Ergebnis: Ausdehnung von Herrschaft, Wirtschaft und Kirche in den Orient, aber prekäre Situation, stets bleiben "Franken" in Outrmer auf Unterstützung angewiesen, zugleich entwickelt sich eigene politische und religiöse Prägung, die vereinzelt Kooperation und Bündnisse mit Muslimen nach sich zieht 2. Kreuzzug 1147-1149 nach Verlust von Edessa 1145 Aufruf von Papst Eugen III. ; Predigten von Bernhard von Clairvaux Beteiligung diesmal von Königen und Kaiser: Konrad III., Ludwig VII. von Frankreich erfolglos, nutzloses Unternehmen gegen Damaskus in Verkennung der politischen Realitäten Königreich Jerusalem versucht muslimische Hauptmacht in Ägypten zu treffen und dieses Land zu erobern, Konsequenz: Vereinigung von Syrien und Ägypten unter Saladin dieser siegt über christliches Heer bei Hattin 4. Juli 1187 und eroberrt Jerusalem 6. Oktober 1187 3. Kreuzzug 1189-1192 beteiligt: Kaiser Friedrich I. Barbarossa, König Philipp II. von Frankreich, König Richard I. (Löwenherz) von England Unfall-Tod von Kaiser Friedrich I. 10. Juni1190, sein Sohn Friedrich, Herzog von Schwaben führt Reste des deutschen Heeres lange Belagerung von Akkon, am 12. Juli 1191 erobert, darauf kehrt französischer König zurück, Richard I. von England scheitert, Jerusalem zu erobern 4. Kreuzzug 1202-1204 von Papst Innozenz III. proklamiert; keine Monarchen beteiligt starker EInfluss von Venedig unter dem Dogen Enrico Dandalo; Kreuzfahrer erobern Stadt Zara in Dalmatien von Ungarn auf Bitten von entthronten Kaiser von Ostrom, Isaak II. Angelos und von dessen Sohn Alexios IV. wenden sich die Kreuzfahrer gegen Konstantinopel und erobern die Stadt 1203 weitere Thronwirren: neuer Kaiser Nikolaus Kanabos, Alexios IV. ermordert; April 1204 verurteilen Kreuzfahrer Kaiser von Ostrom und sein Volk; zweite Eroberung und lateinisches Kaiserreich Byzanz wird errichtet: Kaiser wird Balduin, Graf von Flandern = Kaiser Balduin I., Aufteilung des Kaiserreiches, mehrere Lehensfürstentümer, Venedig Hauptgewinner Resultat: Schwächung des byzantinischen Reiches, Fremdherrschaft durch Lateiner; Hass der orientalischen Christen gegen Papstkirche Ergebnisse der Kreuzzüge: zwar letztlich Verlust des Heiligen Landes 1291, aber Expansion in den Mittelmeerraum, Ende der muslimischen Dominanz, Ende der muslimischen Bedrohung für Europa in Verbindung mit Reconquista in Spanien und Sicherung von Sizilien wird Mittelmeerhandel auch von christlichen Seefahrern betrieben Aufholen des technischen und zivilisatorischen Rückschritts des Okzidents durch Kreuzzüge ? Ritterideal religiöse Militanz Kultur- und Handelskontakte; Faktoreien der italienischen Seehandelsstädte am Mittelmeer und am Schwarzen Meer gegenseitige Kenntnisse aber auch gegenseitige Abneigung Orientalische Christen verlieren an Bedeutung