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Ansprache in Verbindung mit den Texten: 2.Mose 20, 9-11; 5.
Mose 5, 12-15 und Markus 2, 23-27 beim Gottesdienst am
30.08.2015 auf der LGS in Landau
nicht allein um die Frage des Sonntags, vielmehr um die Frage des
Umgangs mit Zeit. Sie ist nicht erst in unseren modernen
Gesellschaften alarmierend geworden. Der scharfsinnige Beobachter
Liebe Gemeinde,
und Kritiker Friedrich Nietzsche hat schon im 19. Jahrhundert
Es gibt zum Thema Sonntag Slogans, die sind eingängig und klingen
Folgendes hellsichtig diagnostiziert: „Aus Mangel an Ruhe läuft unsere
gut. Z.B. „Ohne Sonntage gibt es nur Werktage“ oder wie auf den
Zivilisation in eine neue Barbarei aus. Zu keiner Zeit haben die
Liegestühlen nachher zu lesen: „Sonntag – ein Geschenk des
Tätigen, das heißt die Ruhelosen, mehr gegolten. Es gehört daher zu
Himmels“: Albert Schweitzer hat sich zum Thema Sonntag noch
den notwendigen Korrekturen, welche man am Charakter der
zugespitzter geäußert, wenn er sagt: „Wenn deine Seele keinen
Menschheit vornehmen muss, das beschauliche Element in großem
Sonntag hat, dann verdorrt sie“. Leib und Seele brauchen den
Maße zu verstärken.“ - Bevor wir uns Elementen heutiger Barbareien
Sonntag. Er gehört zur Würde unseres Menschseins. Von den 10
zuwenden, soll der Blick auf die biblischen Traditionen gerichtet
Geboten ist das Dritte, das Sabbatgebot, dessen Wortlaut wir gerade
werden, die dem Schutz des Sonntags ihre Tiefe geben. Das 3. Gebot
vernommen haben, das Gebot, das öfters als alle anderen Gebote im
fordert die Einhaltung des 7. Tages als Ruhetag, der Gott geweiht und
AT zu finden ist. Es spricht von einer Wohltat für den Menschen. Wir
heilig sein soll. Begründet wird dies damit, dass Gott nach 6 Tagen
können
Sonntag
sein Schöpfungswerk vollendet und am 7. Tag geruht hatte. Der zweite
verfassungsrechtlich garantiert und geschützt ist. Freilich, es gab und
Text aus dem 5. Buch Mose nennt eine anders lautende Begründung
gibt immer wieder Versuche, das Gesetz zur
Sonntagsruhe
für den Sabbat. Auch da wird die Heilighaltung des Sabbats und das
auszuhöhlen. Vor fast 1700 Jahren ist der Sonntag als öffentlicher
Verbot der Arbeitsverrichtung eingeschärft. Zudem werden fast
Ruhetag 321 n. Chr. von Kaiser Konstantin eingeführt worden. Er ist
gleichlautend diejenigen genannt, die in den Genuss der Arbeitsruhe
für uns ein wertvolles, unveräußerliches Kulturgut, das allen Menschen
kommen sollen. Dazu
in unserem Lande zugutekommen soll. Es gab Anläufe die 7-
Arbeitgeberfamilie, sondern, und das ist sehr beachtlich, die besonders
Tagewoche
ein
von der Arbeit Geplagten und die Schwachen: d.h. die Sklaven,
Zehnersystem ersetzen, um dadurch, wie er sagte, die „religiöse
manchmal auch deren Kinder, die Tiere und der Fremde. Sie alle
Narretei“ des Sonntags zu unterbinden. Stalin hat es mit der
sollen sich ausruhen dürfen. Für das Wort ausruhen heißt es an
Einführung einer 6-Tagewoche probiert, um den Tag der Arbeitsruhe
anderen Stellen: „zu Atem kommen“. Damit ist die Erneuerung der
nicht auf einen Sonntag fallen zu lassen. Die Christen sollten daran
Lebensenergie und Vitalität gemeint. Für Menschen und Tiere sind
gehindert werden, am Sonntag den Gottesdienst zu besuchen. Beide
somit Schonzeiten gewährleistet und sie sind damit gegen Formen der
Versuche, den Sonntag zu demontieren, sind gescheitert. Es geht aber
totalen Verfügung geschützt. Wir sollten uns am Anfang der
froh
sein,
dass
abzuschaffen.
die
Arbeitsruhe
Napoleon
wollte
am
sie
durch
gehören nicht nur die Angehörigen der
Schöpfungswoche bewusst werden, dass schon der von Gott
lassen. Es ist der Tag geschenkter Ruhe und festlicher Zeit, den Gott
verordnete Ruhetag zur Erhaltung des Lebens dient. Nicht nur allein
den Geschöpfen zuliebe ausgesondert hat. Dazu gehört auch die Feier
von uns Menschen, sondern ebenso von den Mitgeschöpfen. Auch sie
des Gottesdienstes, in dem der Verheißungshorizont geschenkter
sind wertvoll. Nun zu der anders lautenden Begründung für den
Freiheit immer wieder neu vor Augen gestellt werden will. Die
Sabbat. Sie lautet: Denkt daran, dass ihr selbst einmal dem
großartige Theologin Dorothee Sölle hat dies mit Bezug auf das erste
Sklavendasein in Ägypten ausgeliefert ward. Nur weil Gott euch befreit
Schöpfungswerk Gottes, die Erschaffung des Lichts, in die Worte
hat, konntet ihr der Unterdrückung und der Ausbeutung eurer
gefasst: „Du sollst dich erinnern an diesen Morgen deinen und aller
Arbeitskraft entkommen. Es ist also der Akt der Befreiung, der zur
Anfang, als die Sonne aufging, ohne Zweck und du nicht berechnet
Einhaltung des Sabbats verpflichtet. In der gerade gehörten Erzählung
werdest in der Zeit, die niemand gehört außer dem Ewigen.“ Wir wollen
von den Konflikten Jesu mit den Pharisäern in der Frage des Sabbats
dieses Geschenk der besonderen Zeit im Auge behalten, aber nicht die
kommt noch ein weiterer Aspekt zum Tragen. Jesu Einspruch gegen
Augen verschließen vor den Realtäten, die dem Geschenk seinen
die Kritik der Pharisäer am Ährenausraufen der Jünger richtet sich
Glanz zu nehmen trachten. Wir können vom Sonntag nicht reden,
gegen die bis ins Kleinste geregelten Sabbatgesetze. Natürlich haben
ohne dass wir von denen sprechen, für die der Sonntag ein ganz
Jesus und seine Jünger sich an den Sabbat gehalten, die
normaler Arbeitstag ist. Etwa 20 Prozent aller Berufsgruppen arbeiten
Gottesdienste besucht, in denen Jesus immer wieder auch Texte
offiziell an Sonn- und Feiertagen. Um nur wenige zu nennen: Ärzte,
vorlas und auslegte. Aber die rigorosen Sabbatgesetze schränkten
Pflegekräfte, Polizei und Feuerwehr, Taxifahrer, Journalisten, in der
massiv die Freiheit ein, das dem Menschen Dienliche und für sein
Landwirtschaft
Wohlergehen Gebotene zu tun. Jesus nahm sich diese Freiheit, wie in
Gastronomie z.B.
der anschließenden Erzählung von der Heilung eines kranken Mannes
Menschen wie die Genannten haben eine flexible Woche, und sehr oft
am Sabbat berichtet wird. Es ist eine Freiheit, die alles Reden und Tun
eben keinen Sonntag. Sie alle führen Tätigkeiten aus, die größtenteils
Jesu auszeichnet. Sie korrespondiert mit der Befreiung Israels aus
für das Funktionieren und Wohlergehen in unserer Gesellschaft
dem Würgegriff der Sklaverei in Ägypten. Die dem Menschen
unentbehrlich geworden sind. Ihnen gegenüber schulden wir großen
zugesprochene Gabe der Freiheit findet ihren Höhepunkt im
Dank. Daneben gibt es Menschen, die sich gezwungen sehen, am
Bekenntnis der Christen von der Überwindung der Todesmächte in
Sonntag zu arbeiten, um dazu zu verdienen, weil sonst das Geld nicht
der Auferstehung Christi durch Gottes Tat. Deshalb feiern wir Christen
für den Lebensunterhalt reicht. Es gibt aber auch immer wieder
den Sonntag als Tag des auferstandenen Christus. Es ist der Tag der
hartnäckige Bestrebungen, die Grenzen zwischen Werktag und
erinnerten Freisetzung aus der Knechtschaft und den Zwängen, mit
Sonntag zu verrücken bzw. ganz zu schleifen.
denen wir Menschen uns an Ketten der Unfreiheit legen und legen
Drängen
aus
Arbeitende,
der
Tätige
im
Tourismus
und
in
der
auch hier auf der Landesgartenschau. Viele
Geschäftswelt,
zumindest
Dazu gehört das
die
Zahl
der
geschäftsoffenen Sonntage zu vergrößern bzw. den Sonntag generell
nach
Ghana
im
Rahmen
zum Shoppen freizugeben. Dahinter steht die Absicht einer immer
Partnerschaftsbeziehungen,
totaleren Kommerzialisierung und Verzweckung des Lebens. Zum
Atlantikküste entlang. Immer wieder konnte man zwischen den Palmen
Glück hat sich eine Allianz von Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und
aufs Meer blicken und Fischer mit ihren Booten und Netzen bei der
anderen gesellschaftlichen Gruppen gebildet, die der Realisierung
Arbeit sehen. Bei einem Halt entdeckte ich ein auf den Strand
dieser Absicht bis jetzt einen Riegel vorschieben konnte.
gezogenes, im Gischt der anbrandenden See liegendes Boot. Was
Die Infragestellung des Sonntags als einem arbeitsfreien Tag offenbart
dieses Boot von vielen anderen Booten, die ich gesehen hatte
einmal mehr die barbarischen Interessen von bestimmten Kräften in
unterschied, war eine Aufschrift, die quer über eine ganze Bootsseite
der Gesellschaft. Für diese steht die Beschleunigung und Effizienz von
aufgetragen war. Sie lautete: „Psalm 91 – Gelobt sei Gott in der Höhe.“
Arbeitsprozessen zur Steigerung des Profits im Vordergrund, nicht das
Es ist sicher eine Ausnahme, dass jemand einen Kernsatz seines
Wohlergehen der Menschen. Papst Franziskus hat Mitte August bei
Glaubens auf einem Fischerboot öffentlich macht. Derjenige, dem
seiner Generalaudienz zum Schutz des arbeitsfreien Sonntags
dieses Boot gehört, ist ein Christ. Als Bootseigner ist er ein kleiner
aufgerufen. Er sagte: „Die Besessenheit vom wirtschaftlichen Profit und
Unternehmer. Mehrere Sitzbänke weisen darauf hin, dass er einige
das Streben nach technischer Effizienz werden zu einem Risiko für das
Angestellte hat, die mit ihm aufs Meer hinausfahren und mit an die
menschliche Leben“ und weiter: „Wir dürfen nicht zu Sklaven der Arbeit
Ruder und Netze gehen. Für diese Leute trägt er auch Verantwortung.
werden.“ Den immer stärkeren Druck, der in der Arbeitswelt ausgeübt
Wohl und Wehe, Lust und Frust der Arbeit teilen sie miteinander. Wer
wird, zeigt auch eine kürzlich veröffentliche Umfrage von Bitkom,
Gott so im Alltag zu loben vermag, trotz der beschwerlichen
einem Verband der Digitalbranche. Demnach sind 72 % derer, die
Arbeitsbedingungen, muss ein dankbarer Mensch sein. Er lässt sich
Urlaub machen, dienstlich erreichbar, per Smartphone, per E-mail oder
nicht von den Widrigkeiten und Risiken, die mit dem anstrengenden
über Kurznachrichten. Im Schnitt würde das Smartphone
in der
Fischfang verbunden sind, enttäuschen und in die Tiefe ziehen. Doch
Urlaubszeit am Tag 3 Stunden genutzt. Die von Gott dem Menschen
alle Risiken und negativen Erfahrungen haben den Fischer nicht davon
verordnete Auszeit als wohltuende Zeit der Unterbrechung ist eine
abgehalten, das Lob Gottes als die tragende Melodie seines Lebens
wunderbare Gabe. Sie erinnert uns daran, dass unsere Lebenszeit als
öffentlich zu machen. Es gehört zum Grundverständnis der biblischen
Ganzes kostbar ist. Sie ist eine Gabe, die mit dem, was wir sind, was
Botschaft, vor allem im Alten Testament, dass Gott zu loben ein
wir tun und lassen für uns selbst, für unsere Mitmenschen und
wesentliches Element des lebendig Seins ist. In vielen Psalmen
Mitgeschöpfe, uns letztlich zum Lobe Gottes gegeben ist. Ich möchte
bezeichnen die Beter das Lob Gottes als die Mitte ihres Lebens.
das an einer für mich eindrücklichen und berührenden Erfahrung aus
Der Hinweis auf Psalm 91, und was darin ausgesagt wird, zeigt, dass
einem anderen Kulturkreis verdeutlichen. Bei meinen Dienstreisen
der Fischer seine ungesicherte, stets bedrohte Situation sehr
führten
unserer
längere
landeskirchlichen
Strecken
an
der
realistisch vor Augen hat. Aber das macht er nicht zum Thema.
Zentrales Motiv ist das Lob Gottes, das in der hebräischen Sprache
den Dank einschließt. Dank dem Gott, der Leben schenkt, Schutz vor
den Naturgewalten gewährt, der die Früchte des Meeres beschert und
die Arbeit trotz aller Widrigkeiten segnet. Wer Gott so loben kann, der
bejaht sein Dasein und die ganze Schöpfung und der möchte seine
Lebensfreude nicht für sich behalten.
Es war eine der alten Traditionen, dass ghanaische Fischer an einem
Tag der Woche, am Dienstag, nicht hinaus auf die See fuhren. Dieser
Tag war dem Gott des Meeres geweiht. Der Ruhetag war nicht nur ein
Erweis der Ehrfurcht vor der Gottheit. Dieser Tag diente auch der Ruhe
und Schonung der Geschöpfe des Meeres und somit der Bewahrung
der eigenen Lebensgrundlagen.
Bei den Christen in Ghana ist der Sonntag der Tag, an dem die
Arbeit ruht und Lob und Dank in der gottesdienstlichen Gemeinschaft
ihren Ausdruck finden. Dort wie hier gehört zu unserem Glauben, dass
der Sonntag und alle unsere Zeit von Gott geschaffene, geheiligte Zeit
ist. Wenn das Lob Gottes zur bestimmenden Melodie unseres Lebens
wird, erwachsen uns Kräfte zu Protest und Widerstand gegen die
Ausbeutung der Zeit, ob am Sonntag oder Werktag. Und wie könnte es
dann auch anders sein, als dass wir uns auch für den Schutz und die
Bewahrung unserer Mitgeschöpfe einsetzen?
Amen
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