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MEMO/10/655
Brüssel, den 8. Dezember 2010
Fragen
&
Antworten:
Marktmissbrauch
Energiegroßhandelsmärkten
Verhinderung
an
von
den
Wer sind die Händler an den Energiegroßhandelsmärkten?
Neben Energieerzeugungsunternehmen kauft und verkauft ein breites Spektrum von
Akteuren einschließlich Energiegroßkunden, Händlern, Investmentbanken und –
fonds Gas und Strom. Die Energieversorgungsunternehmen verkaufen Gas und
Strom dann weiter an die Endkunden.
Wo werden Gas und Strom verkauft?
Es gibt zwei Möglichkeiten:
A. Energie kann an Börsen gehandelt werden, die organisierte Marktplätze für
Energieprodukte sind. Rund 15 solcher Energiebörsen bestehen in der EU.
Beispiele: Nord Pool Spot, Nasdaq OMX Commodities, APX-ENDEX.
B. Energie wird zwischen Unternehmen ohne Einschaltung der Börse gehandelt
(außerbörslicher Handel, OTC). Dies kann direkt oder über Broker geschehen.
Energie wird in der EU überwiegend außerbörslich gehandelt: 2009 wurden 75
Prozent des Strom außerbörslich und nur 25 Prozent an Strombörsen gehandelt.
Warum besteht Bedarf an einer Regelung auf EU-Ebene?
A. Durch die aufeinanderfolgenden Pakete zur Liberalisierung der europäischen
Energiemärkte ist die Menge des gehandelten Stroms kontinuierlich gestiegen.
Zwischen 2000 und 2009 stieg die Gesamtmenge des gehandelten Stroms (Börsen
und OTC zusammen) von 3 500 TWh auf 10 000 TWh. Vor dem Jahr 2000 gab es
liquide Großhandelsmärkte nur im Vereinigten Königreich und in den nordischen
Ländern um Nord Pool.
B. Grenzüberschreitender Handel: Energie wird oft zwischen Marktteilnehmern in
zwei oder mehr Ländern gehandelt. In Deutschland beispielsweise laufen weniger
als 6 % der Transaktionen mit Stromderivaten für Lieferungen in Deutschland über
die in Deutschland niedergelassene European Energy Exchange. Dagegen werden
94 % des deutschen Stroms über im Ausland niedergelassene Intermediäre
gehandelt.
Was soll mit der Verordnung erreicht werden?
An Großhandelsmärkten gebildete Preise dienen als Richtwert für die
Endkundenpreise von Haushalts- und Industriekunden. Aus diesem Grund hat die
Verordnung Markttransparenz und die Verhinderung von Insider-Handel und
Marktmissbrauch zum Ziel, die zu höheren Preisen führen können.
Beeinflussen die Großhandelsmärkte die Preise für die privaten
Haushalte?
Ja. Die Großhandelspreise sind ein Schlüsselfaktor bei der Preisgestaltung der
Energieversorgungsunternehmen. Je nach Kaufstrategie des Energieversorgers und
Wettbewerbsniveau
des
Marktes
werden
Preisänderungen
an
den
Großhandelsmärkten sich früher oder später auf die Energierechnung eines jeden
Verbrauchers auswirken.
Gibt es Fälle von Preismanipulation in der EU?
Das lässt sich schwer sagen, da zur Zeit keine EU-Daten vorliegen. Da der
Marktmissbrauch auf Energiegroßhandelsmärkten derzeit de facto nicht verboten ist,
ist die Aufsicht in der EU fragmentiert, wobei die Regeln nur auf Ebene der
Mitgliedstaaten festgelegt werden und nur für wenige Marktplätze gelten. Da die
einzelnen Mitgliedstaaten keinen Zugang zu allen Daten grenzübergreifender
Transaktionen haben, sind die Vorgänge auf diesen Märkten nicht vollständig
nachvollziehbar und ist Marktmissbrauch schwer aufzudecken.
In den USA haben mehrere Fälle von Marktmissbrauch zu höheren Energiepreisen
geführt, die die Verbraucher Milliarden US-Dollar gekostet haben. Ein Beispiel:
Amaranth Advisors LLC, ein Hedgefonds, hat sich zwischen 2006 und 2010 massiv
am Erdgasmarkt engagiert (in Form von Derivaten) und dadurch die Preise in die
Höhe getrieben und großen Profit erzielt. Es wird davon ausgegangen, dass sich
durch eine Marktmanipulation im Stil von Amaranth die Gas- und Stromrechnungen
der europäischen Unternehmen und gewerblichen Kunden um rund 1 Mrd. EUR
erhöhen würden.
Welche Maßnahmen werden vorgeschlagen?
- Verbot der Nutzung von Insider-Informationen oder der Manipulation der
Energiemärkte
- Schaffung einer europäischen Marktüberwachung innerhalb der Agentur für die
Zusammenarbeit
der
Energieregulierungsbehörden
(ACER),
um
Marktmissbrauch aufzudecken
- Wirksame Regelungen für die Datenerhebung zum Zweck der
Marktüberwachung
- Schaffung eines Rahmens für die gemeinsame Nutzung von Daten durch die
zuständigen Behörden
- Festlegung von Regeln für den Datenschutz und die betriebstechnische
Zuverlässigkeit
- Die ACER soll sicherstellen, dass die Regeln unionsweit einheitlich
durchgesetzt werden
- Die Mitgliedstaaten müssen Sanktionen verabschieden, die angemessen und
abschreckend sind.
Warum reichen die bestehenden Finanzmarktvorschriften für eine
wirksame Kontrolle der Energiegroßhandelsmärkte nicht aus?
A. Die Finanzmarktvorschriften, vor allem die Marktmissbrauchsrichtline (2003/6/EG)
und die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) sind für die
Finanzmärkte konzipiert. Sie gelten für Finanzinstrumente, die an einem geregelten
Markt gehandelt werden. Das bedeutet, dass nur an Energiebörsen gehandelte
Energiederivate unter diese Richtlinien fallen. Beim Strom macht das 16 % der
insgesamt gehandelten Menge aus.
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B. Maßgeschneiderte Regeln sind auch erforderlich, um energiespezifischen
Marktmissbrauch berücksichtigen zu können, etwa die Verknappung der
Energieerzeugung, um die Preise zu steigern. Strom kann nicht in industriellem
Maßstab gespeichert werden. Er muss in dem Moment erzeugt werden, in dem er
verbraucht wird. Das bedeutet, dass die Marktpreise sehr sensibel auf die
Verfügbarkeit von Erzeugungskapazitäten reagieren. In geringerem Umfang gilt dies
auch für die Gasmärkte.
Was sind Spotmärkte? Was sind Derivate?
Während am Spotmarkt Kontrakte über den sofortigen Kauf und Verkauf von Strom
oder Gas geschlossen werden, handelt es sich bei Energiederivaten um Kontrakte,
die die Lieferung der Ware in der Zukunft vorsehen. Hauptziel der Derivate ist die
Absicherung von Preisrisiken.
Wie viele Händler gibt es in Europa?
Es gibt in Europa einige hundert Gesellschaften, die mit Energie handeln.
Wie viele Transaktionen finden pro Tag durchschnittlich statt?
Schätzungsweise zwischen 6 000 und 10 000 Transaktionen pro Tag.
Welche Märkte und Produkte sind betroffen?
Die Maßnahmen gelten für Strom- und Gasgroßhandelskontrakte einschließlich
Kontrakte für den Transport dieser Waren. Sie gelten nicht für Lieferungen an
Endkunden.
Wann werden die neuen Regeln in Kraft treten?
Die Verordnung dürfte 2012 nach Annahme durch den Rat und das Europäische
Parlament in Kraft treten.
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