Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Lehrstuhl für Öffentliches Recht Prof. Dr. Florian Becker, LL.M. Raucherkneipe W betreibt seit dem Jahr 2000 eine Zwei-Raum-Kneipe in Kiel, in der er alkoholische Getränke und kleinere Speisen ausgibt. Die Kneipe besteht aus einem größeren Raum, in dem sich der Tresen befindet und sowohl ein Fernseher als auch mehrere Spielautomaten stehen, und einem kleineren Raum. In diesem steht außer ein paar Tischen und Stühlen nichts, viel mehr nutzt W ihn auch als Abstellraum. Die Gäste, die W in seiner Kneipe begrüßt, halten sich zumeist in der Nähe des Tresens auf, nur bei größeren Feiern wird der zweite Raum mit hinzugezogen. Nach Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes in Schleswig-Holstein am 10. Dezember 2007 fürchtet W, wie viele andere Gastwirte auch, eine Abwanderung seiner zumeist rauchenden Stammbelegschaft. W besinnt sich aber auf seinen zweiten Raum, den er nun nutzen möchte. Da er allerdings vermutet, dass seine Kunden gerade während der Fußballspiele nicht den Raum wechseln wollen, erklärt er den großen Raum mit Tresen zum Nebenraum im Sinne des Nichtraucherschutzgesetzes und lässt dort seine Gäste weiter rauchen. Unter seinen Gästen vermutet W mittlerweile, gerade wegen der Möglichkeit Fußballspiele auch rauchenderweise im Trockenen zu sehen, Minderjährige. Ihm ist es allerdings zu lästig dies zu überprüfen, obwohl seine Vermutung zutrifft. Zudem bringt er keine entsprechenden Hinweise an, da er der Meinung ist, jedermann könne erkennen, dass hier das Rauchen erlaubt sei und kein Zutritt für unter 18jährige bestehe. Im Januar 2011 wird die Kneipe von W durch die zuständige Ordnungsbehörde aufgesucht und überprüft. Die Beamten stellen Verstöße gegen das Nichtraucherschutzgesetz SH fest und wollen insbesondere der Bezeichnung des Tresenraumes als „Nebenraum“ nicht folgen. Dementsprechend verordnen sie ein Bußgeld von 800 € gegenüber dem W. Dieser zahlt zwar die Summe, ändert aber nichts. Daraufhin besucht die Behörde, die entsprechende Hinweise bekommen hatte, am 15. März den W erneut und stellt die gleichen Verstöße wiederum fest. Nach einer Anhörung entzieht die Ordnungsbehörde daher dem W seine Gaststättenerlaubnis in einem Schreiben, dass am Samstag, den 19. März, bei der Post aufgegeben wurde. Darin erklärt die Behörde, sie halte den W für unzuverlässig und dementsprechend müsse sie ihm die Erlaubnis entziehen. Zudem ordnet die Behörde die sofortige Vollziehung des Entzugs an. Hierfür bestehe ein besonderes Interesse wegen des notwendigen Schutzes der Gesundheit der Gäste, des Personals von W und insbesondere der Minderjährigen, die bei W einkehren. Dieser Schutz müsse sofort erfolgen. W hält dies für vollkommen ungerechtfertigt. Seinen Widerspruch gibt er allerdings erst am Dienstag, den 26. April, nach Ostern bei der zuständigen Behörde ab. In diesem erklärt er, dass er keinen Verstoß begangen habe, immerhin sei sein „Raucherraum“ ein Nebenraum im Sinne des Nichtraucherschutzgesetzes. Hier sei das Rauchen erlaubt. Zudem sei ihm unbekannt, ob nun Minderjährige in seiner Kneipe zugegen gewesen seien. Um sich auch gegen die sofortige Vollziehung zu wehren, richtet er einen entsprechenden Antrag mit gleicher Begründung an das zuständige Gericht Prüfen Sie die Erfolgsaussichten des Antrags des W. Von der Verfassungsmäßigkeit des schleswig-holsteinischen Nichtraucherschutzgesetzes ist auszugehen. NichtraucherschutzG SH § 2 Rauchverbot (1) Das Rauchen ist nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 verboten in Gebäuden und sonstigen vollständig umschlossenen Räumen von… Nr. 7) Gaststätten im Sinne des § 1 des Gaststättengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1998 (BGBl. I S. 3418), zuletzt geändert durch Artikel 149 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), unabhängig von der Konzession nach dem Gaststättengesetz. (3) Abweichend von Absatz 1 können in den dort genannten Einrichtungen und Gaststätten abgeschlossene Nebenräume eingerichtet werden, in denen das Rauchen gestattet ist. Voraussetzung hierfür ist, 1.) dass diese Räume baulich so wirksam abgetrennt werden, dass eine Gesundheitsgefahr für andere durch passives Rauchen verhindert wird und 2.) dass der Zutritt Personen unter 18 Jahren verwehrt ist. (4) Ausgenommen vom Rauchverbot nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 7 sind Gaststätten mit einer Gastfläche von weniger als 75 Quadratmetern, die keine zubereiteten Speisen anbieten und nicht über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 GastG verfügen, keinen abgetrennten Nebenraum im Sinne des Absatzes 3 haben und zu denen Personen unter 18 Jahren der Zutritt verwehrt ist. § 3 Hinweispflicht Bereiche, in denen nach § 2 das Rauchen gestattet ist, sind deutlich sichtbar kenntlich zu machen. In derselben Weise ist deutlich sichtbar kenntlich zu machen, wenn Personen unter 18 Jahren der Zutritt nach § 2 verwehrt ist. Gaststätten im Sinne von § 2 Abs. 4 müssen im Eingangsbereich deutlich als Rauchergaststätte gekennzeichnet werden, zu denen Personen unter 18 Jahren keinen Zutritt haben. § 4 Verantwortlichkeit für die Umsetzung des Rauchverbotes Verantwortlich für die Einhaltung des Rauchverbotes nach § 2 sowie für die Erfüllung der Hinweispflicht nach § 3 sind im Rahmen ihrer Befugnisse: … Nr. 2) die Betreiberin oder der Betreiber der Gaststätte im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7. Soweit den Verantwortlichen nach Satz 1 ein Verstoß gegen das Rauchverbot bekannt wird, haben sie die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Verstöße zu verhindern.