Gruhl - Evangelische Akademie Tutzing

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Rechte haben
Rechte kennen
Rechte bekommen
Der lange Weg zu transparenten Patientenrechten in Deutschland
Patientenforum Medizinethik Ev. Akademie Tutzing
-Dr. Matthias GruhlSenator für Gesundheit der Freien Hansestadt Bremen
Staat als Garant für Patientenrechte ?
• Interessensausgleich als staatliche Aufgabe
• Das Geschäftsmodell des Behandlungsvertrages ist bei einseitigem Hilfebedarf
sui generis nicht partnerschaftlich
• Diskrepanz zwischen Recht und und Rechtsanwendung
• Individuelle Patientenrechte sind in Deutschland hoch entwickelt
• Aufgabe: Rechte ermöglichen
Warum besondere Aufgabe der Länder?
• Gesundheit Angelegenheit der Länder,
• Eigene Gesetzgebungskompetenz für Gesundheitsinstitutionen
Krankenhaus, ÖGD
• Eigene Gesundheitseinrichtungen
• Nähe zur Selbstverwaltung (Aufsicht)
• Nähe zu Patienten/Patientinnen
Können die Länder Patientenrechte schaffen?
• Möglich (Krankenhausgesetze, ÖGD, Psych-KG)
• Wichtige Gesundheits(rechte) meist Bundesrecht (Vertragsrecht,
Strafrecht, Haftungsrecht, AMG, SGB, Organspende...)
• Zu einem überwiegenden Teil nur über Richterrecht kodifiziert
Länder können Patientenrechte unterstützen:
• Appell an die Einsicht der Profis
• Die Arzt-Patientenbeziehung egalisieren:
– Unterstützung durch anwaltschaftliches Handeln (Patientenombudsmann/frau,
Patientenberatung)
– Patienteninformation
– Transparenz/Qualitätsdarlegung
– Informed consent ermöglichen
– Patientenrechte schaffen
Zwischenfazit:
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Staatliche Ausgleichsfunktion
Länder haben ein prominentes Interesse an Patientenrechten
..aber kaum Spielräume zur rechtl. Gestaltung
Statt Rechtssetzungskompetenz Transparenzoffensive
Vorläufer I
SVR 1992:
„Der Rat empfiehlt, die bestehenden rechtlichen Vorgaben in einer
den Versicherten und Patienten zugänglichen PatientenrechtsCharta zusammenzufassen“
(Ziffer 358)
Vorläufer II
5. Konferenz der Gesundheitsminister der im Europarat vertretenen 40
Staaten vom 8. November 1996:
Declaration of Rights of Patients
Forderung nach Deklaration von Patientenrechten
Vorläufer III
WHO Regionalbüro Europa 1994:
Deklaration von Amsterdam
Principles of Rights of Patients in Europa
Deutschland auf dem Weg nach Europa
Patientencharta z.B. in
• Österreich
• Großbritannien
• Irland
• Dänemark
• Spanien
• San Marino
• Italien
Patientengesetz z.B. in
• Niederlande
• Frankreich
• Griechenland
• Israel
• Australien
• Kanton Zürich
Der Beginn....
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Fachtagung der Verbraucherzentrale HH
23.-25. Mai 1997
Patientenrechte und Patientenunterstützung in Europa
CC Hamburg
3. Säule links
70. GMK vom November 1997
„Die GMK richtet eine Arbeitsgruppe unter Federführung von Hamburg und
Bremen ein, mit dem Ziel, der 71. GMK eine Patientencharta vorzulegen.
Dabei sollen maßgebliche Körperschaften des Gesundheitswesen sowie
Patientenorganisationen eingeladen werden, an der Erarbeitung mitzuwirken.“
72. GMK Juni 1999, Trier
„Die GMK nimmt das in der Anlage beigefügte Dokument
„Patientenrechte in Deutschland heute“
zustimmend zur Kenntnis.“
Weiterentwicklungsbedarf...
„Die GMK bittet die Bundesregierung, eine
Arbeitsgruppe...einzurichten, (um) Ansatzpunkte für eine
Fortentwicklung der Patientenrechte.... zu bewerten, im Hinblick auf
ihre Umsetzung rechtssystematische Zusammenhänge aufzuzeigen und
gegebenenfalls Vorschläge im Hinblick auf ihre Umsetzung zu
entwickeln.“
Ansatzpunkte....
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Organisationshaftung
Patientenverfügungen
Aufklärungsumfang von Behandlungsalternativen
Informationen über Qualitätsvergleiche der Krankenkassen für die Patienten
Schaffung unabhängiger Institutionen für die Patienteninformation
Beteiligungsrechte für Patienten
Beteiligung bei der Leitlinienentwicklung
§ 66 als Pflichtleistung der Kassen
Effektivierung der Individualhaftung
Kollektive Haftungssysteme
Einrichtung von 3 Arbeitsgruppen (10/99-10/01)
• Verbesserung der Transparenz im Gesundheitswesen (BMG)
• Institutionelle Erweiterung der Patientenbeteiligung (BMG)
• Arztvertragsrecht und Behandlungsfehlerhaftung (BMJ)
Abgeblockt.....
Herr Dr. P. (BMG) berichtet aus seiner Unterarbeitsgruppe; dort sei bei
den handelnden Personen kaum Bereitschaft erkennbar, von den
vertretenen Positionen abzuweichen
Ergebnisniederschrift der 6. AOLG Oktober 2000
Geiß-Arge des BMJ und BMG
• Konsenssuche zwischen Ärzteschaft und den anderen Beteiligten über die Patientencharta
unter Leitung des Präsidenten des Bundesgerichtshofes a.D., Herrn Prof Geiß
• Sitzung vom Juni 2002 bis Oktober 2002
• Einvernehmen
VI. Solidarische Politik und Erneuerung des
Sozialstaates
(Koalitionsvertrag 2002).
• 2.4 Patientensouveränität stärken - Transparenz erhöhen
Patientenschutz und Patientenrechte werden ausgebaut. Patientinnen und
Patienten haben einen legitimen Anspruch auf unabhängige Beratung,
objektive Information und auf Anhörung auch bei Fragen der
Sicherstellung der medizinischen Versorgung. Wir werden ihre Rechte
durch eine Patientencharta und die Einsetzung eines Beauftragten stärken.
Viel getan...
• Einbeziehung von Patientenvertretungen in Leitlinienerstellung bei der BÄK
• § 66/65b SGBV
• GMG
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Eigenes Kapitel
Kollektive Patientenbeteiligung
Unabhängige Patienteninformationen
Stärkung der Transparenz
Öffentliche Qualitätsberichterstattung
Broschüre? Charta? Gesetz?
Hart/Francke:
„Gegen ein Patientengesetz sprechen in Deutschland die Verteilung der
Gesetzgebungskompetenz..., die Einbettung in unterschiedliche
rechtssystematische Zusammenhänge sowie...die sehr gelungene Tradition
richterlicher Rechtsfortbildung. Daher ist ein einheitliches Patientengesetz nicht
möglich und nicht zweckmäßig.“
Bundesgesundheitsblatt 2002, 45
Wer dafür – wer dagegen
Positionen zu einem Patientengesetz
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Patienten- und Verbraucherverbände
Krankenkassen
Ländergesundheitsressorts
Deutsche Juristinnenbund
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Landesjustizverwaltungen
Versicherungswirtschaft
Ärztl. Körperschaften
DKG
Richterbund
Rechtsanwaltskammer
aus Arg des BMJ
Gegenargumente
• Rechtlich geht (fast) alles, man muß es nur wollen
• Patientenrecht ist im wesentlichen zivilrechtliches Bundesrecht
• Die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen kann für Spezialthemen
überwunden werden
• Im Gesundheitswesen gibt es eine Tradition von Artikelgesetzen
• Richterrecht entwickelt sich auch auf der Grundlage eines (Patienten-)Gesetzes
• Andere föderale Staaten schaffen es auch!
Für ein Gesetz spricht....
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Grundsatzorientierung wichtig
Eindeutigkeit (Diskussion bei Broschürenerstellung)
Klarheit und Transparenz
Der nicht zu unterschätzende Bedeutungszuwachs diese Themas bei den
Leistungserbringern (direkte Sanktionsnorm)
• Mit einem Gesetz im Rücken lässt sich Partnerschaft besser durchsetzen als mit
einer Broschüre
NZZ 13. Januar 2004
• Der Zürcher Kantonsrat hat am Montag eine Pioniertat vollbracht. Er hat als erstes
Kantonsparlament ein Patientengesetz zwar noch nicht beschlossen, im Grundsatz aber
begrüsst - die Schlussabstimmung findet kommende Woche statt
• Es regelt erstmals in übersichtlicher Form (36 Paragraphen) so schwer zu beantwortende
Fragen wie Zwangsmassnahmen an nicht urteilsfähigen oder im Strafvollzug befindlichen
Personen. Es steckt den Rahmen für die Behandlung und Betreuung Sterbender ab und
bestimmt, unter welchen Umständen einer verstorbenen Person Organe entnommen
werden dürfen
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