KATJA-JULIANE AUER (0760362) Der Zusammenhang der Ethik im Journalismus und dem Image von Journalisten REFLEXIONSARBEIT 815.005 Zum Verhältnis von PR und Journalismus WS 09/10 Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Fakultät für Kulturwissenschaften Ass.-Prof. Dipl.- Journ. Dr. Franzisca Weder Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft April 2010 2 Ehrenwörtliche Erklärung Ehrenwörtliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende wissenschaftliche Arbeit selbstständig angefertigt und die mit ihr unmittelbar verbundenen Tätigkeiten selbst erbracht habe. Ich erkläre weiters, dass ich keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle aus gedruckten, ungedruckten oder dem Internet im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt übernommenen Formulierungen und Konzepte sind gemäß den Regeln für wissenschaftliche Arbeiten zitiert und durch Fußnoten bzw. durch andere genaue Quellenangaben gekennzeichnet. Die während des Arbeitsvorganges gewährte Unterstützung einschließlich signifikanter Betreuungshinweise ist vollständig angegeben. Die wissenschaftliche Arbeit ist noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt worden. Diese Arbeit wurde in gedruckter und elektronischer Form abgegeben. Ich bestätige, dass der Inhalt der digitalen Version vollständig mit dem der gedruckten Version übereinstimmt. Ich bin mir bewusst, dass eine falsche Erklärung rechtliche Folgen haben wird. ______________________________ 3 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG ................................................................................................... 6 2 FORSCHUNGSFRAGEN ................................................................................ 8 3 MOTIVE FÜR DIE REFLEXION DIESES KOMMUNIKATIONSPROBLEMS .................................................................. 8 4 DEFINITION MEDIENETHIK UND MORAL ............................................ 9 5 DEFINITION JOURNALISMUS ................................................................. 10 6 ANSPRÜCHE AN DIE MEDIENBERICHTERSTATTUNG .................... 11 6.1 6.2 QUALITÄTSKRITERIEN IM JOURNALISMUS.................................................... 11 DER JOURNALIST UND DIE OBJEKTE SEINER BERICHTERSTATTUNG .......... 13 7 MORAL UND ETHIK IM JOURNALISMUS ............................................ 14 8 EBENEN DER MEDIENETHIK .................................................................. 15 8.1 8.2 8.3 MAKROEBENE .................................................................................................. 15 MESOEBENE ..................................................................................................... 15 MIKROEBENE ................................................................................................... 15 9 ETHIKTHEORIEN IM JOURNALISMUS ................................................. 16 9.1 9.2 9.3 9.4 JOURNALISTISCHE INDIVIDUALETHIK ........................................................... 16 PROFESSIONSETHIK ......................................................................................... 16 INSTITUTIONSETHIK ........................................................................................ 17 PUBLIKUMSETHIK............................................................................................ 17 10 BERUFSBILD JOURNALIST ...................................................................... 18 11 IMAGE DER JOURNALISTEN ................................................................... 19 11.1 11.2 POSITIVES IMAGE DER JOURNALISTEN .......................................................... 21 NEGATIVES IMAGE DER JOURNALISTEN ........................................................ 22 4 Inhaltsverzeichnis 12 BESCHREIBUNG DER PRAXIS ................................................................. 25 13 FAZIT .............................................................................................................. 28 14 LITERATURVERZEICHNIS ....................................................................... 30 5 Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ABBILDUNG 1: BERUFSPRESTIGE-SKALA 2008......................................... 21 ABBILDUNG 2: IMAGE DER JOURNALISTEN IN ÖSTERREICH (2006) ... 23 6 Einleitung 1 Einleitung1 „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien. (...) Andererseits wissen wir soviel über die Massenmedien, daß [!] wir diesen Quellen nicht trauen können.“ Niklas Luhmann2 Dieser Satz stammt von Niklas Luhmann und er verweist nicht nur auf die öffentliche Aufgabe der Medien, sondern auch auf ihre Verantwortung. Schlicht gesagt: Wenn uns die Massenmedien schon etwas über die Welt erzählen, sollte sich diese Welt möglichst irgendwo wiederfinden. Zum Begriff der Medienethik gibt es eine Vielzahl von Assoziationen. Man denkt zunächst an Skandale, die in den Medien aufgepushed wurden (z.B. Unfalltod von Diana usw.) Andere denken an Staaten und Nationen, in welchen Medienmonopole existieren (Italien) oder an Länder wo Journalisten noch immer vom Tod durch die staatliche Hand bedroht werden. Woran sie denken – es gibt keine Zweifel darüber, dass eine Medienethik notwendig ist. (vgl. Krainer, 2005, S. 135.) In Verbindung mit der Medienethik steht auch das Ansehen der Journalisten (sowohl positiv als auch negativ). Das Ansehen von Journalisten ist seit langer Zeit gering. Dies ist sehr stark abhängig von ihrer beruflichen Aufgabe, Öffentlichkeit herzustellen. Jedoch gibt es unzählige Laster, welche auf dem Journalistenberuf kleben wie zum Beispiel Voyeurismus, Opportunismus und Destruktivität. Das alles wird ihnen vorgeworfen und erscheint schon fast als professionelle Tugend. Hort Pöttker, selbst Journalist, weiß, dass Journalisten gar nicht so schlimm sind, wie man sie einschätzt. Seine These ist, dass Journalisten sehr wohl schlimm sind. Doch ihre berufliche Aufgabe bringe es mit, schlimm sein zu müssen. 3 Warum sonst kommt es zu Verletzungen der Privatsphäre, wenn intime Details aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit gezerrt werden, um 1 Dieser Arbeit sei folgende Bemerkung vorausgeschickt: Die im Folgenden verwendeten geschlechtsbezogenen Termini werden im Sinne einer grammatikalisch genusneutralen Bezeichnung für beide Geschlechter gebraucht. 2 Luhmann, 1996, S. 9. 3 Vgl. Pöttker, 1997, S. 81. 7 Einleitung die voyeuristische Schaulust des Publikums zu bedienen und die Auflage der Zeitungen zu erhöhen.4 4 Vgl. Pöttker, 1997, S. 83. 8 Reflexionsarbeit 2 Forschungsfragen In dieser Reflexionsarbeit liegt das Forschungsinteresse an der Frage: 1. Worin besteht der Zusammenhang zwischen der Ethik im Journalismus und dem Image von Journalisten? Weitere Unterfragen sind: 2. Welche Rolle spielt die Ethik im Journalismus? 3. Welche sind die Erwartungen an einen ethisch angemessenen Journalismus? 4. Wie wirken sich negative, journalistische Einzelleistungen auf das Image der Journalisten aus? 5. Welche Gründe erklären das negative Image der Journalisten? Die Arbeit ist in zwei Teile, einen theoretisch-wissenschaftlichen Teil und einen praktischen, reflexiven Teil, untergliedert. Der erste Teil der Arbeit konzentriert sich auf den theoretischen Rahmen und die Konzepte, auf welche ich mich stütze. Hierbei werden aktuelle Definitionen, Ansätze und Tendenzen aus dem Bereich Medienethik und Image dargestellt und evaluiert. Der zweite Abschnitt dieser Arbeit ist der reflexive Teil. Im Mittelpunkt hierbei steht die Reflexion meiner Praxismonate beim ORF Kärnten. Als Forschungsinteresse gilt es zu untersuchen, welche theoretischen Bausteine im Bereich der Medienethik zu finden sind und inwieweit sich das Image der Journalisten fassen lassen. 3 Motive für die Reflexion dieses Kommunikationsproblems Mir war es möglich, meine Praxis beim öffentlich-rechtlichen Hörfunk (ORF Kärnten) zu absolvieren. In den Sommermonaten 2008 bot sich die Gelegenheit, das erste Praktikum beim ORF zu absolvieren. Allerdings kam es bei Interviews bzw. Pressekonferenzen immer zu der Problematik des negativen Images der Journalisten. Medienethischen Verstöße von Journalisten wie Sensationsberichterstattung live vom Amoklauf in Winnenden, Telefoninterview mit einem Geiselnehmer oder verkaufte Informationen und Bilder nach dem 9 Reflexionsarbeit Unfalltod von Jörg Haider. Kritische Leser, Zuschauer und Hörer erkennen diese medienethischen Aspekte und schreiben in ihren Leserbriefen schlecht über die Journalisten die diese „Lügen verbreiten“. Das Image des Journalisten ist nicht besser als jenes von Politikern und Bankern. Der Journalismus gilt als Beruf ohne Moral. Mit diesem Kommunikationsproblem wurde ich auch während meiner Praxis konfrontiert. „Ihr Journalisten schreibt eh immer nur falsche Sachen“ oder „Ihr Journalisten lügts doch wie gedruckt“. Wie sollte man als angehender Journalist bzw. Journalistin auf solche Kommentare reagieren? 4 Definition Medienethik und Moral In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff der Medienethik thematisiert. Folgend wird der Begriff zunächst definiert. Die Begriffe Moral und Ethik müssen voneinander abgegrenzt werden. Moral konstruiert eine Einheit moralischer Überzeugungen wie Normen, Ideale und Tugenden. Hingegen die Ethik ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Moral. 5 Ethik bezeichnen Haller und Holzhey als ,,Philosophie der Moral, die Lehre vom menschlichen Handeln, die sich insbesondere der Begründung moralischer Normen widmet." 6 Wenn von ,,Moral" gesprochen wird, muss zuerst festgelegt werden, was darunter zu verstehen ist. Haller und Holzhey verstehen unter Moral „die eingelebten, d.h. in einer bestimmten Gesellschaft von den ihr zughörigen Individuen akzeptierten - und grosso modo auch eingehaltenen - Handlungsnormen für die gesellschaftliche Praxis.“7 Rüdiger Funiok, definiert Medienethik wie folgt: „Medienethik setzt sich mit den moralischen Begründungen des (eigenen oder fremden) Medienhandelns auseinander, indem sie diese auf ihre Stichhaltigkeit und ihre Vollständigkeit hin überprüft.“8 5 Vgl. Scherenberger, 2006, S. 26. Haller/ Holzhey, 1992, S. 13. 7 Haller/Holzhey, 1992, S. 13. 6 10 Reflexionsarbeit Anika Pohla ist der Ansicht, dass „zu den in den Gegenstandsbereich der Medienethik fallenden Medien sollen (...) alle solchen medialen Angebote zählen, welche die Art und Weise des Empfängers beeinflussen, wie er die Welt wahrnimmt und deutet.“9 5 Definition Journalismus Rüdiger Funiok definiert den Begriff des Journalismus wie folgt: „‚Journalismus‘ ist die Sammelbezeichnung für die professionelle Informationsbearbeitung von neben- oder hauptberuflich in und für Medien Tätigen. Ihr Handeln findet auf verschiedenen sozialen Ebenen und Institutionen statt und ist durch soziale Erwartungen und Bezüge gekennzeichnet: zur unmittelbaren Umgebung, zum Publikum und zur Gesamtgesellschaft.“10 Der Begriff des Journalismus ist häufig von unterschiedlichem Gehalt. Grund dafür sind die immer spezieller werdenden Tätigkeitsfelder der Journalisten. Man kann jedoch nach Hans Wagner vier grundlegende Merkmale bestimmen, die den Journalisten als solchen kennzeichnen:11 1. „Der Journalist ist ein Nachrichtenarbeiter“ 2. „Der Journalist verrichtet Nachrichtenarbeit über räumliche Distanz“ 3. „Der Journalist betreibt Vermittlungsoptimierung gegenüber der Öffentlichkeit“ 4. „Der Journalist agiert nach dem Prinzip der Unparteilichkeit“ 8 Funiok, 2002, S. 145. Pohla, 2006, S. 52. 10 Funiok, 2007, S. 128. 11 Lorenz, 2002, S. 168 9 11 Reflexionsarbeit 6 Ansprüche an die Medienberichterstattung Den Massenmedien kommt jene Funktion zu, dass sie als Vermittlungsinstanz zum Verständnis von ökonomischen, politischen und sozialen Zusammenhängen für eine offene, freie und möglichst vollständige Diskussion verschiedener Standpunkte dienen sollten. Sie stellen die Öffentlichkeit her und sind auch für den Informations- und Meinungsaustausch zuständig. Die Anforderungen an die Massenmedien sind, dass die vollständig, objektiv und verständlich informieren und verschiedene Standpunkte artikulieren müssen. Die normativen Aufgaben der Massenmedien lassen sich zurückführen auf (nach Christian Schicha):12 • die Informationsfunktion (Nachrichtenvermittlung), • die Bereitstellung relevanter Themen für den öffentlichen Diskurs (AgendaSetting), • die Bildungs- und Sozialisationsfunktion (Vermittlung von Werten), • die Integrationsfunktion (Suchen gemeinsamer Ziele), • die Korrelationsfunktion (Meinungsbildung), • die Artikulationsfunktion (aller gesellschaftlichen Kräfte) • sowie die Kritik- und Kontrollfunktion. Um diese öffentliche Aufgabe angemessen und glaubwürdig wahrzunehmen, sind Journalistinnen und Journalisten verpflichtet, die Qualität im Journalismus zu fördern und zu sichern.13 6.1 Qualitätskriterien im Journalismus Zu den goldenen Regeln im Journalismus zählt, dass die verfassten Zeitungsartikel klar, prägnant, genau und interessant sein sollten. Nichts spricht gegen diese Aussage. Allerdings ist nirgendwo eine Nachricht so kurzlebig wie im Tagesjournalismus. Der Redaktionsschluss naht, der Journalist möchte schließlich auch einmal in die Freizeit übergeben, und die Ressourcen sind nur begrenzt verfügbar. Große Stories kommen wie üblich überraschend – der „Puls des Tagesjournalismus“ rast. Doch wie viel kann man unter diesen Bedingungen noch 12 URL: http://www.schicha.net/fileadmin/user_upload/Texte/medienethik_und_medienqualit_t.pdf [14.01.2010] 13 vgl. Charta der IQ des DJV, 2003. 12 Reflexionsarbeit von einem Journalisten erwarten? 14 Qualität im Journalismus ist von großer Wichtigkeit und Leser erwarten sich von einer Zeitung, dass das was in ihr drinnen steht, auch der Wirklichkeit und Wahrheit entspricht. Aus diesem Grund werben auch immer öfter Tageszeitungen mit dem Begriff der Qualität um Leser zu werben. 15 Doch was bedeutet Qualität im Journalismus und wie kann eine solche erreicht werden? Eine mögliche Definition für publizistische Qualität stammt von Winfried Göpfert. „Ein publizistisches Produkt zeichnet sich durch eine besonders hohe Qualität aus, wenn es das vorgegebene Kommunikationsziel in möglichst kurzer Zeit bei möglichst vielen Rezipienten erreicht, wenn die Rezeption mit Spaß verbunden ist und wenn der im Sinne des Kommunikationszieles erwünschte Effekt möglichst langanhaltend ist.“16 Ebenso relevante Kriterien für die journalistische Qualität sind Moral und Ethik des Verfassers. Was wird unter Moral und Ethik verstanden? Im Bezug auf journalistische Ethik unterscheidet man grob zwei diverse Richtungen. Zum einen die individualethische, welche das moralische Verhalten der Journalisten auf deren Charakter und Ausbildung zurück führt, zum anderen die sozialethische, sieht strukturelle und organisatorische Faktoren ebenfalls als Einflüsse für das Handeln an.17 Zwei der wichtigsten Aspekte, die aus dem Inhalt der moralischen Verpflichtung der Journalisten hervorgehen sind Verantwortung und Objektivität, wobei der Wichtigste Objektivität zu sein scheint. Objektivität betreibt nach Matthias Karmasin der, dessen Fakten der Wahrheit entsprechen (Wahrheitspostulat). Nachrichten/Berichte vollständig sind, bezüglich des beschriebenen Sachverhaltes (Vollständigkeitspostulat). 14 Vgl. Cappon, 2005, S. 11. Vgl. Huber, 1998, S. 18. 16 Göpfert, 1993, S. 99. 17 Vgl. Karmasin, 1996, S. 26. 15 13 Reflexionsarbeit Nachrichten von Kommentaren und Bewertungen klar getrennt sind (Trennungspostulat). Strukturierungen/ Gewichtungen/ und Platzierungen angemessen sind (Strukturierungspostulat). Quellen nachvollziehbar bzw. vollständig sind (Transparenzpostulat). Berichte und Nachrichten ohne Emotionen sind (Postulat der Gefühlsvermeidung).18 Doch wie diese Qualität gemessen werden? Christian Huber ist der Ansicht, dass im Journalismus wie auch in diversen anderen Fachbereichen nach Eigenschaften bzw. Kriterien gesucht werden muss, um Qualität definierbar und messbar zu machen. Die von der Wissenschaft vorgegebenen Kriterien seien dabei aber oft widersprüchlich und uneinheitlich. Die Folge ist, dass daran gezweifelt werden kann, dass dabei alle das Gleiche vertreten, wenn es um Qualität im Journalismus geht. 19 6.2 Der Journalist und die Objekte seiner Berichterstattung Die Beziehung zwischen Journalisten und den Objekten ihrer Berichterstattung ist problematisch. Journalisten sammeln oftmals Informationen über Personen, die keinerlei Interesse an der Publikation dieser Informationen haben, da sie materielle oder ideelle Schäden befürchten. „Das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre kollidiert dabei prinzipiell mit dem Grundrecht der Pressefreiheit, die Frage der Menschenwürde mit dem journalistischen Interesse, Publizität herzustellen.“20 Die zu schützenden Themen der Privatsphäre variieren hierbei innerhalb von Zeit, Kultur und betroffenen Personen. Der Persönlichkeitsschutz stellt jenseits der journalistischen Ethik jedoch ein so hohes und wertvolles Gut dar, dass er durch das Recht verteidigt und geschützt wird. Ebenso wichtig wie der Schutz der Privatsphäre, ist die Anwendung angemessener Recherchemethoden. 18 Vgl. Karmasin, 1996, S. 28. Vgl. Huber, 1998, S. 51. 20 Thomaß, 2003, S. 163. 19 14 Reflexionsarbeit 7 Moral und Ethik im Journalismus Was dürfen Journalisten und was dürfen sie nicht? Diesen Fragen widmet sich die Ethik im Journalismus. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges hat sich der mediale Druck und jener auf die Journalisten erhöht. Sie werden aufgefordert, über den Tellerrad der täglichen Berufspraxis hinauszublicken und selbst Aspekte der Philosophie, Soziologie und Kommunikationswissenschaften reflektieren und umsetzen. Allerdings die Bereitschaft dazu, hält sich in Grenzen. Dennoch ist den Journalisten bewusst, dass, im eigenen Interesse der Glaubwürdigkeit, der Graben zwischen den eigenen Ansprüchen an die Berichterstattung und dem Verhalten der Berichterstatter nicht zu tief werden darf.21 In der modernen Informationsgesellschaft ist es nur möglich, dass ein vielfältiges System von Massenkommunikation, eine Gemeinschaft mit gemeinsamen Werten, Überzeugungen und Normen formen. 22 Journalistische Akteure, sprich Journalisten, sind dazu aufgefordert, bei ihrer Arbeit Güter abzuwägen. Hierbei lieg das Hauptaugenmerk daran, dass diverse ethische, moralische, sittliche, ökonomische, politische, soziale und kulturelle Güter abgewogen werden müssen und anschließend in Beziehung zueinander gestellt werden. Journalisten sind folglich dazu aufgefordert richtig zu Handeln. 23 Dem Journalismus wird ebenso häufig wie der Politik nachgesagt, dass es sich um Berufe ohne Moral handle. Doch um wessen Moralverständnis es sich hierbei handelt, ist sehr stark davon abhängig, wer der Betrachter ist. 24 Wie andere Professionen, wollen die Medien nichts mit der Moral zu tun haben. Doch die Medien kommen um die Moral nicht herum, Journalismus ohne Moral gibt es nicht. Die Frage die sich hier auftut, ist jene, welche Moral gemeint ist. Doch die Antworten, welche Moral gemeint ist, sind vielschichtig und umfassend.25 21 Vgl. Weischenberg, 1998, S. 171. Vgl. Berka, 1989, S. 19. 23 Vgl. Karmasin, 2005, S. 32f. 24 Vgl. Haller/Holzhey, 1992, S. 17. 25 Vgl. Karmasin, 1996, S. 14. 22 15 Reflexionsarbeit Auf den Journalismus kommen moralische und ethische Herausforderungen zu. Allerdings gibt es für den Journalismus keine eigens konstruierte Ethik. Laut Matthias Karmasin entstehen moralische Probleme im Journalismus aufgrund drei zentraler Bereiche, die die Profession des Journalisten charakterisieren. Erstens sind die von den Medien produzierten Güter sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich anzusiedeln. Es sind nicht nur metorische Güter und nicht private Güter, aufgrund der Tatsache, dass die Herstellungskosten der Öffentlichkeit nicht im Marktprozess reflektiert werden. Der zweite Aspekt ist, dass Journalismus Macht ausüben. Durch journalistische Tätigkeit kann eine Wirklichkeit geschaffen werden. Zum Schluss können die Fähigkeiten und Qualifikationen im Journalismus nur zum teil verallgemeinert werden. Der Journalismus bringt demnach eine hohe individuelle Verantwortung mit sich. 26 8 Ebenen der Medienethik Man unterscheidet hierbei die Makroebene, Mesoebene und die Mikroebene. 8.1 Makroebene Die Organisation der Gesellschaft: Werte, Normen, Rechtssystem. Die Makroebene wird auch gesellschaftspolitische Ebene genannt 8.2 Mesoebene Die Organisation der Medien und Ökonomie des Mediensystems sowie die Funktionen des Journalismus als Beruf. Die Mesoebene wird medienpolitische Ebene genannt. 8.3 Mikroebene Die berufsbezoge, personale Ebene und Handlungsweisen des Journalisten. 26 Vgl. Karmasin, 1996, S. 24f. auch 16 Reflexionsarbeit 9 Ethiktheorien im Journalismus Üblicherweise werden drei Ethiktypen unterschieden: Siegfried Weischenberg unterscheidet zwischen Individual-, Institutions- und eine Professionsethik.27 Allerdings zählt die Publikumsethik auch zu den Ebenen der Medienethik, denn die mediale Verantwortung tragen zum einen das Individuum, der Rezipient, der Journalist – selbst, weiters das Mediensystem, der Zeitungsverlag, TV-Sender – und zum anderen das Publikum. 9.1 Journalistische Individualethik Hierbei handelt es sich um Maßstäbe, die als moralische Verhaltensregeln für den einzelnen Journalisten formuliert werden. Im Zusammenhang mit der Individualethik wird oft in Anlehnung an Max Weber zwischen einer Gesinnungs- und einer Verantwortungsethik unterschieden ´(deonthologische und die teleologische). Jemand, der nach der Gesinnungsethik agiert fühlt sich der Wahrheit verpflichtet und achtet nicht auf die Folgen seines Handelns. Im Gegenzug dazu hat der verantwortungsethisch Handelnde auch die Folgen im Auge. Somit erkennt man, dass journalistisches Handeln stets im Spannungsfeld zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik. Der journalistischen Individualethik zufolge sollte der Journalist stets auf die Verhältnismäßigkeit der angewendeten Mittel achten (dh. Nicht auf einen Ladendieb mit journalistischen Kanonen schießen.28 9.2 Professionsethik Es handelt sich um Maßstäbe, die das berufliche Verhalten innerhalb der Gruppe der Journalisten berechenbar machen („professionalisieren“) sollen und die zum Teil als „Standesethik“ von den Berufsverbänden kodifiziert werden. 27 28 Vgl. Weischenberg, 1992b, S. 211 ff. vgl. Pürer, 2003, S. 145. 17 Reflexionsarbeit 9.3 Institutionsethik Dabei handelt es sich um Maßstäbe, die Medienbetriebe und ihre Verantwortlichen zu beachten hätten – in einem demokratischen System, das ihnen Freiräume zur Erfüllung einer „öffentlichen Aufgabe“ zugesteht. 9.4 Publikumsethik Wenn der Konsument ein Medienprodukt konsumiert, übernimmt er die Verantwortung für sein Handeln. Der Journalist bietet seine Ware an, und der Zuschauer, Leser oder Hörer entscheidet, ob er sie haben möchte oder nicht. Es liegt also teilweise am Publikum selbst, durch aktive Teilnahme am Kommunikationsprozess einen qualitativ angemessenen und ethisch vertretbaren Journalismus einzufordern. Insofern fragt die Publikumsethik, wie ein verantwortliches Publikum die Medien nutzen soll. Die Idee der kollektiven Verantwortung – common responsibilty des Publikums (nach Clifford Christians). Unter ,,kollektiver Verantwortung" versteht er ,,eine umfassende moralische Pflicht der Öffentlichkeit, soziale Prozesse wie die gesellschaftliche Kommunikation zu überwachen." 29 Dies würde bedeuten, dass das Publikum den Konsum minderwertiger Medienprodukte 29 Vgl. Christians, 1989, S. 258. 30 Vgl. Pürer, 2003, S. 201. von sich aus verweigere.30 18 Reflexionsarbeit 10 Berufsbild Journalist Um der Frage des Berufsbildes des Journalisten nachzugehen, muss verinnerlicht werden, wie alt dieser Beruf bereits ist. Dennoch gibt es auch heute noch eine Vielzahl von Definitionen, die alle sehr eng beieinander liegen und es somit keine exakte Abgrenzung der Begriffsdefinitionen gibt. Siegfried Weischenberg sieht in seiner Definition die Vielzahl an Tätigkeiten als problematisch. „Versuche, das journalistische Berufsfeld hinreichend und differenziert zu beschreiben, zeigen die Schwierigkeiten, einen – mit zunehmender Tendenz – vielgestaltigen Beruf auf einfache Formeln zu bringen.“ 31 Weischenberg erkennt die Schwierigkeit der Beschreibung des Berufsfeldes aufgrund der umfangreichen Tätigkeitsbereiche der Journalisten. Journalismus wird in diversen Formen betrieben und variiert von Redaktion zu Redaktion. Des Weiteren tragen die ständigen Adaptionen des Berufs dazu bei, dass das Berufsbild des Journalisten schwer zu beschreiben ist. Im Besonderen sind es die technischen Möglichkeiten, welche das 20. Jahrhundert geprägt haben und viele Veränderungen mit sich brachten. Insbesondere mit der Entwicklung des Internets Mitte der 80er Jahre wurden die Journalisten mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Es reichte nicht mehr nur aus mit Block und Bleistift umzugehen, sondern erforderte zunehmend technische Kompetenz in der Ausübung des Berufs. Durch diese unterschiedlichen Herausforderungen und Anforderungen, verändern sich zunehmend die Aufgaben der Journalisten. Roman Hummel vertritt hierzu die Ansicht, dass es „den Journalisten“ nicht mehr gebe, „sondern unterschiedliche Spielarten dieses Berufes, je nachdem für welches Medium er ausgeübt wird, welche Stellung innerhalb der Redaktion bekleidet wird oder in welchem fachlichen Zusammenhang (Ressort) die konkrete Tätigkeit erfolgt.“ 32 Weitere Definitionsversuche des Journalistenberufes konzentrieren sich auf die Arbeitstätigkeiten der Journalisten, wie jene Definitionen von Claus Reitan und Claudia Mast: 31 32 Weischenberg, 1995, S. 377. Hummel, 2004, S. 71. 19 Reflexionsarbeit „Die [praktische Ausübung des Berufes, der Autorin] besteht darin, Sachverhalte, also ein Geschehen in Raum und Zeit, sowie Personen, Gegenstände und Vorgänge aller Art zu beobachten und zu erfassen, also zu recherchieren und aus dem so beschafften Material Beiträge für Massenmedien zu gestalten, also zu redigieren.“ 33 „Journalisten verbreiten täglich Nachrichten und Bilder an ein Millionenpublikum. Journalisten informieren und unterhalten, sie vermitteln und agieren als Anwälte ihrer Leser, Hörer und Zuschauer. Mit ihrer täglichen Arbeit erbringen sie eine unverzichtbare Informationsleistung, auf die nahezu alle Bereiche der modernen Industriegesellschaft angewiesen sind.“34 11 Image der Journalisten „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt´s sich fortan ungeniert.“ Dies wusste schon Wilhelm Busch. Allerdings, wäre dies in der Tat Wirklichkeit, könnten es sich die Journalisten längst gut gehen lassen. Doch wo sind sie gelandet? Ihr Image ist am Tiefpunkt angekommen und sie zählen zu den aufdringlichen und sensationslustigen Reporter. Der Ursprung des Begriffs „Image“ liegt im lateinischen „imago“, worunter ein „im Unterbewusstsein existierendes Bild einer anderen Person, das Handlungen und Lebenseinstellung bestimmen kann“35 verstanden wird. „Ein Image ist ein vereinfachtes, überverdeutlichtes und bewertetes Vorstellungsbild, ein Quasi-Urteil, das keine Gültigkeitsgrenzen kennt und empirisch nicht hinreichend abgesichert ist. Alle dem menschlichen Wahrnehmen, Erleben und Denken zugänglichen Gegenstände werden immer auch vereinfacht – als Images – verarbeitet.“36 Am meisten Ansehen genießt der Arztberuf - und zwar mit großem Abstand gegen-über anderen Berufen. 78 Prozent der Bevölkerung zählen ihn zu den 33 Reitan, 2004, S. 23f. Mast, 2004, S. 49. 35 Drosdowski/Müller/Scholze-Stubenrecht/Wermke, 1990, S. 334. 36 Seidenglanz, 2008, S. 38. 34 20 Reflexionsarbeit Berufen, vor denen sie besondere Achtung haben. An zweiter Stelle steht der Beruf des Pfarrers (39 Prozent). Die Berufe des Hochschulprofessors (34 Prozent) und des Grundschullehrers (33 Prozent) rangieren an dritter und vierter Stelle der aktuellen Allensbacher Berufsprestige-Skala 2008. Beide Berufe haben seit 2003 deutlich an Prestige gewonnen, der Beruf des Hochschulprofessors um 4 Prozentpunkte, der Beruf des Grundschullehrers sogar um 6 Prozentpunkte. Die Allensbacher Berufsprestige-Skala 2008 zeigt, dass das Image der Journalisten sehr weit unten angesiedelt ist. Das Institut für Demoskopie Allensbach führt seit 1966 in einem Mehrjahresrhythmus eine Befragung durch. Dabei richtet das Institut folgende Frage an die Bevölkerung: "Hier sind einige Berufe aufgeschrieben. Könnten Sie bitte die fünf davon heraussuchen, die Sie am meisten schätzen, vor denen Sie am meisten Achtung haben?" Den Befragten wird dabei eine Liste mit siebzehn Berufen vom Arzt über den Pfarrer, den Rechtsanwalt, den Gewerkschaftsführer Ingenieur, den vorgelegt.37 Politiker, Es den wurden Studienrat 904 bis zum Personen von Gesamtdeutschland befragt, die bereits das 16. Lebensjahr erreicht hatten. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Ärzte, Pfarrer und Hochschullehrer am Angesehensten sind. Hingegen Journalisten sind ähnlich weit unten in der Skala angesiedelt wie Politiker und Offiziere. Im Vergleich zur letzten Studie im Jahr 2003 ist das Image der Journalisten sogar noch gesunken. 37 Abbildung entnommen aus: URL: http://www.ifd-allensbach.de/news/prd_0802.html [13.01.2010] 21 Reflexionsarbeit Abbildung 1: Berufsprestige-Skala 200838 11.1 Positives Image der Journalisten Sandra Liske vertritt die Ansicht, dass Journalisten ein durchwegs positives Image besitzen. Allerdings erst dann, wenn sie in die Reihen der Medienprominenz aufsteigen. Solche Leute gelten laut ihr, nicht nur als gute Vorbilder, sprich vertrauenswürdig und einflussreich, sondern auch als unterhaltsam und interessant. Diesen Prominenzstatus erhalten nur wenig Journalisten, wobei sich laut Liske dieser Status erhöht, wenn die Journalisten häufig im Fernsehen zu sehen sind. 38 39 39 Jedoch sollte nicht auf jene Journalisten vergessen werden, die Abbildung entnommen aus: URL: http://www.ifd-allensbach.de/pdf/prd_0802.pdf [12.01.2010] Vgl. Lieske, 2008, S. 101. 22 Reflexionsarbeit ausgezeichnet werden für ihre exzellenten journalistischen Beiträge. Henri Nannen Preis, Theodor-Wolff-Preis, Dr. Karl-Renner Publizistikpreis und natürlich nicht zu vergessen der Pulitzer-Preis in den USA. Jene Preisträger dürfen sich über ein anerkanntes Image freuen. 11.2 Negatives Image der Journalisten Seit Jahren haben Journalisten ein sehr schlechtes Ansehen in der Bevölkerung. Oft werden sie auch als aufdringliche und sensationslustige Reporter beschimpft. Vor allem Politiker reden immer wieder schlecht über Journalisten. Für den Staatsmann Bismarck war ein Journalist „ein Mensch, der seinen Beruf verfehlt hat.“ 40 Der Philosoph Kierkegaard meinte, er könne seiner Tochter verzeihen, wenn sie eine Dirne würde, nicht aber seinem Sohn, wenn er Journalist würde. 41 Bis heute hat sich das Ansehen der Journalisten nicht wesentlich verbessert. Eine österreichische Studie zum Journalisten-Barometer wurde im Rahmen eines Kooperations-Projekts von Ecker & Partner und Marketagent.com durchgeführt. Diese Studie vom März 2006 zeigt das Image der Journalisten in Österreich. Diese Studie wurde mittels Online-Interviews über die Marketagent.com reSEARCH Plattform durchgeführt. Im Zeitraum vom 22.02.2006 bis 13.03.2006 wurden insgesamt 294 Interviews gemacht. Die Respondenten waren Journalisten aus Österreich, wobei die Respondenten als Journalist/Redakteur arbeiten. 40 41 Burkart, 1993, S. 71. Ebd. 23 Reflexionsarbeit Abbildung 2: Image der Journalisten in Österreich (2006)42 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die befragten Journalisten das Image der Journalisten als eher negativ einschätzen. 43,8 Prozent der Befragten vertreten die Ansicht, dass Journalisten ein weniger gutes Image haben. Nur 1,2 Prozent hingegen glauben sie hätten ein sehr gutes Image. Eine weitere Studie, welche von Matthias Karmasin und dem Gallup Institut (1994) zum Thema „Zur realen Moral des Journalismus in Österreich“ durchgeführt wurde, bestätigt ein weiteres Mal das relativ negative Image der Journalisten. Die Ergebnisse der Studie fassen zusammen, dass das Publikum die österreichischen Journalisten für mäßig verantwortungsvolle Menschen hält, die zwar ehrgeizig sind, aber auch bestechlich und politisch abhängig. Nach Ansicht der befragten Personen sind die Journalisten zu wenig kritisch, relativ oberflächlich und wenig objektiv. Des Weiteren werden ihre Wahrheitsliebe und ihr Idealismus als nicht sonderlich hoch beurteilt. Ein interessantes Ergebnis der Studie ist, dass die moralischen Kompetenzen im Bereich der Tugenden wie Fleiß und Ehrgeiz sehr hoch sind, allerdings im Bereich des Gewissens sehr gering ist. 42 Abbildung entnommen aus: URL: http://www.eup.at/upload/files/CMSEditor/studien/Journalistenbarometer_Teil_3.pdf [31.12.2009] 24 Reflexionsarbeit Zur Selbsteinschätzung der Journalisten lässt sich festhalten, dass sich ORFJournalisten als deutlich moralischer und verantwortungsvoller einschätzen als ihre Printkollegen. 43 43 Vgl. Karmasin, 1996, S. 91ff. 25 Reflexionsarbeit Reflexion der Praxis als Best Practise Beispiel 12 Beschreibung der Praxis Im ersten Teil dieser Reflexionsarbeit habe ich versucht, das Problemfeld Ethik im Journalismus und das Image der Journalisten theoretisch zu umrahmen. Im folgenden Abschnitt werde ich die eigenen Erfahrungen gleichsam als praktisches (Best Practise) Beispiel anführen. Meine praktischen Erfahrungen im Bereich des Journalismus konnte ich beim ORF Landesstudio Kärnten sammeln. Dort arbeitete ich 2008 und 2009 in der Fläche, welche unter der Leitung von Programmchef Martin Weberhofer, geführt wird. 2008 hatte ich noch wenig Erfahrung im Bereich des Hörfunks, da ich bis zu dieser Zeit nur im Pressewesen arbeitete (Kärntner Kronen Zeitung). Allerdings erwies sich die Arbeit beim Hörfunk immer spannender und interessanter. Im Rahmen des Praktikums war es möglich, direkt in die Hörfunkarbeit einzusteigen. Zu den Aufgabenbereichen zählte das Durchführen von Meinungsumfragen und Interviews, Verfassen von Moderationen, eigene Beitragsgestaltungen und Schneiden und Fertigstellen von Radiobeiträgen. Man wurde sozusagen „eiskalt ins Wasser geworfen“, was sich als sehr vorteilhaft erwies. Bereits zu Beginn des Praktikums konnte festgestellt werden, dass es sich als relativ schwierig erweist Meinungen und Originaltöne von Personen auf der Straße einzufangen, da das Image der „Leute mit Mikrofon“ sehr negativ ist. Häufig erwies es sich als schwierig, Zugang zu den Personen zu finden, da sie schon von mehreren Metern Distanz klagten „Ach, da kommt wieder so eine Journalistin – aber bitte nicht mich interviewen!“. Einmal konnte ich meinen Mut nehmen und fragte eine interviewte Person, warum sie denn so schlecht von den Journalisten denke? Sie antwortete, dass ihr vorkäme, dass die Journalisten immer Unwahrheiten darstellen und alles so drehen, wie es ihnen passt. Diese Aussage bestätigt jene Studien die im theoretischen Teil aufgearbeitet wurden. Als Ursache für dieses schlechte Image des Journalistenberufes kann das oftmals vorkommende ethisch bedenkliche Verhalten von Journalisten bei der Recherche und der Darstellung von Themen und Sachverhalten gesehen werden. Die Frage nach dem „Was darf ein Journalist und was darf er nicht?“ wird von den Journalisten viel zu selten reflektiert und umgesetzt. Hier spielt die Individualethik eine zentrale Rolle. Der 26 Reflexionsarbeit Journalist muss wissen, was er darf und wo sein Handeln zu einem ethisch bedenklichen Handeln übergeht. Journalisten tragen eine große Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, der Medieninstitution in der sie arbeiten sowie gegenüber dem Publikum. Sie übernehmen dabei die Verantwortung für Ihr Handeln und haben (im Normalfall) die Folgen ihrer Berichterstattung im Kopf. Dies knüpft an die Überlegung von Max Weber, der von der Verantwortungsethik (theologischen Ethik) spricht. Ihr zufolge hat der Journalist auch die Folgen seines Handelns im Kopf. Im Gegenzug zur Gesinnungsethik, wo der Journalist nicht an die Folgen denkt. Mitschuld an diesem sehr negativen Image ist auch, dass den Journalisten oft nicht klar ist, was „angemessene Darstellungen“ der Wirklichkeit sind und was nicht. Für sie ist es oft schwer einzuschätzen, wie sie über ein Thema berichten sollten, wie weit die Recherche gehen darf, welche Darstellung angemessen ist und wo das Ganze seine moralischen Grenzen überschreitet. Auch wenn es sich beim ORF Kärnten um einen Lokalredaktion und Lokaljournalisten handelt, hat sich das Bild des unmoralischen zu dreist berichtenden Journalisten in den Köpfen der Hörer, Leser und Zuseher verankert und ist nur schwer wieder zu lösen. Fakt ist allerdings, sich das negative Image oftmals aufgrund der verschiedenen medienethische Anforderungen, die im Widerspruch zueinander stehen, entwickelt. Dies machte sich auch sehr stark in meiner Praxis bemerkbar. Erkennbar war dieser entgegengesetzte Anspruch vor allem dann, wenn beispielsweise ethische und ökonomische Bedürfnisse aufeinander gestoßen sind. Oftmals widersprechen die Anforderungen der Medienethik der Arbeitsrealität von Medienpraktikern, wenn beispielsweise der Anspruch einer umfassenden Recherche auf den arbeitsbedingten Zeitdruck stößt. Auch individuelle Bedürfnisse widersprechen sich. So steht der Wunsch nach banaler Unterhaltung dem Ziel einer kritischen Urteilskraft in der Mediennutzung gegenüber. 44 Ingrid Stapf betont ebenso, dass widersprüchliche Anforderungen an den Journalismus eine zentrale Rolle spielen. 44 vgl. Krainer, 2002, S. 157. 27 Reflexionsarbeit „Ethik als journalistische Handlungsmaxime bewegt sich also im Bereich der Überforderung von Subjekten, die sich mit Widersprüchlichkeiten auseinanderzusetzen haben. In der Konsequenz entstehen immer mehr Konflikte im tradierten Berufsverständnis (Dienst an der Öffentlichkeit, Unabhängigkeit, journalistische Qualität) mit ökonomischen und organisatorischen Rationalitäten.“45 Bernhard Debatin und Rüdiger Funiok sind der Ansicht, dass die Analyse der ethischen Konflikte und Herausforderungen der Mediengesellschaft notwendiger denn je sei. Ihnen zufolge wird das Mediensystem immer komplizierter und somit häufen sich nicht nur die Probleme, sondern sie werden auch komplizierter. Grund dafür ist, dass das journalistisches Handeln in der Regel in Systemzusammenhängen abläuft. Dies bedeutet, dass es sich um keine Einzelhandlung handelt und auch nicht von Einzelsubjekten durchgeführt wird. Medienethik sieht sich daher gezwungen, sich mit der Ausbildung eines journalistischen Gewissens auseinanderzusetzen.46 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei den Medien die Lust auf Sensation groß ist. Es herrscht Jagdfieber, einen Skandal als Erster zu entdecken und die Hoffnung auf eine große Journalistenkarriere. Journalisten entscheiden ob sie eine Nachricht drucken oder nicht bei der Überlegung ob es die Leser interessiert oder nicht. Oft wird hier die Ethik des Journalismus in den Hintergrund gedrängt. Nur vereinzelt fragen Journalisten nach der Wirkung und entscheiden frei aus dem Bauch heraus, denn schließlich wollen sie sich mit einem Skandal einen Namen machen. Wolf Schneider und Paul-Josef Raue weisen in ihrem Handbuch des Journalismus darauf hin, dass Journalisten informieren, kritisieren und Meinungen bilden sollen. Dies sollte im Auftrag der Bürger entstehen, die sämtliche Informationen benötigen um dem Mächtigen auf die Finger zu schauen und die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Journalisten sind von der Verfassung beauftragt als „Treuhändler des Bürgers“ 45 – und nicht Stampf, 2006,S. 83. vgl. Debatin/Funiok, 2003, S. 9. 47 Vgl. Schneider/Raue, 2008, 256ff. 46 als Lautsprecher der Politik zu agieren.47 28 Fazit 13 Fazit In der vorliegenden Reflexionsarbeit wurde der Zusammenhang der Ethik im Journalismus mit dem Image der Journalisten analysiert. Es wurden in dieser Seminararbeit theoretische Grundlagen der Medienethik und der Profession des Journalisten erläutert. Dieser Reflexionsarbeit wurde ein praktisches, reflektierendes Beispiel hinzugefügt. Dieses sollte aufzeigen, dass negative ethische Aspekte im Journalismus Auswirkungen auf das Image des Berufs haben. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Journalismus trotz der ökonomischen, sozialen und politischen sowie kulturellen Umbrüche immer noch ein Beruf ist, welche eigene Regel aufstellt und auch über eine Faszination verfügt. Das Berufsbild des Journalisten hat in den vergangenen Jahren wesentliche Umbrüche erlebt, dennoch ist der Journalismus unterwegs zum Beruf, aber es gibt noch die Berufung zum Journalismus.48 Der Zusammenhang zwischen Ethik im Journalismus und dem Image der Journalisten ist jener, dass Journalismus und Ethik Hand in Hand miteinander gehen. Medien und somit auch die Journalisten kommen und die Ethik und Moral nicht herum. Der Journalismus bringt demnach eine hohe individuelle Verantwortung mit sich. Die Erwartungen an einen ethisch angemessenen Journalismus sind hoch. Neben dem Wahrheitspostulat, muss die Berichterstattung vollständig, objektiv und transparent sein. Diesen Erwartungen werden oftmals Journalisten nicht gerecht und die Folge ist ein negatives Image in der Öffentlichkeit. Es kann festgehalten werden, dass die Gründe für das negative Image der Journalisten die Fehlverhaltensweisen einzelner Subjekte sind, die in den Medien breitgetreten werden. Es kann hinzugefügt werden, dass wenn sich ein Journalist ethisch unkorrekt verhält, es sehr viel mehr wiegt und sich negativ auf das Image der Journalisten auswirkt. Alle Sorgfalt in der Abwägung im Sinne der pragmatischen Verantwortungsethik wird nichts daran ändern, dass Journalisten aufgrund ihrer beruflichen Aufgaben, die sie für jeden Einzelnen und die 48 Vgl. Karmasin, 2005, S. 196. 29 Fazit Gesellschaft erfüllen, sehr häufig gegen die allgemeine Moral verstoßen müssen. Die ist nach Horst Pöttker der häufigste Grund, warum Journalisten von Beginn an geschmäht und verachtet worden sind. Seine Lösung dazu wäre, dass das Verständnis der Allgemeinheit gefördert werden sollte, wozu die Gesellschaft die Journalisten braucht. Je besser die Sozialwissenschaft und die Journalistik dies fördert, desto besser wird das Image des Journalistenberufs werden. 49 Dennoch sollte zum Abschluss berücksichtigt werden, dass die Untersuchung von Matthias Karmasin ergab, dass sich das Bild des Journalismus in der Bevölkerung bereits verbessert hat. Journalisten werden von der Bevölkerung als politisch unabhängiger, realistischer und besser ausgebildet angesehen. 49 Vgl. Pöttker, 1997, S. 93f. 30 Literaturverzeichnis 14 Literaturverzeichnis BERKA Walter (1989): Das Recht der Massenmedien, Wien. BOVENTER , Hermann (1988): Macht der Medien. Zum aktuellen Stand der Ethik-Debatte in Journalismus und Wissenschaft. In: Aus Politik und Zeitgeschichte , Nr. 46-47, Seite 3. - 13. BURGHART, Heinz (1993): Medienknechte. Wie die Politik das Fernsehen verdarb, München. CAPPON, Rene Jacques (2005): Associated Press-Handbuch. Journalistisches Schreiben, Berlin, Verlag Autorenhaus. 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