IP/03/1352 Brüssel, 7. Oktober 2003 Wertpapierdienstleistungsrichtlinie - Einigung des Rates stellt wichtige Etappe auf dem Weg zu integrierten europäischen Aktienmärkten dar Die Europäische Kommission hat die politische Einigung des Rates zur vorgeschlagenen Wertpapierdienstleistungsrichtlinie begrüßt. Diese Richtlinie würde eine stärkere Harmonisierung der nationalen Vorschriften bewirken und Wertpapierhäuser mit einem "Europäischen Pass" ausstatten und so auf der Grundlage ihrer Zulassung im Herkunftsmitgliedstaat eine EU-weite Tätigkeit ermöglichen. Den Anlegern würde die Richtlinie bei der Inanspruchnahme von Wertpapierhäusern unabhängig vom Land ihres Sitzes ein hohes Maß an Schutz garantieren. Die Richtlinie soll erstmals einen umfassenden rechtlichen Rahmen für die organisierte Ausführung von Anlegergeschäften durch Börsen, andere Handelssysteme und Wertpapierhäuser schaffen. Sie stellt einen wesentlichen Bestandteil des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen dar. Der Europäische Rat hat dazu aufgerufen, sie bis April 2004, d.h. vor den Wahlen zum Europäischen Parlament, zu verabschieden. Sobald der Rat auf der Grundlage seiner politischen Einigung förmlich einen Gemeinsamen Standpunkt festgelegt hat, geht der Vorschlag zur zweiten Lesung ans Parlament zurück. Dazu Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein: “Die Richtlinie wird den Unternehmen die Aufnahme von Kapital erleichtern, das Vertrauen der Anleger stärken und das Wachstum fördern. Auf der Verliererseite werden nur diejenigen stehen, die sich hinter Landesgrenzen verschanzen wollen, um den Wettbewerb auszuschalten und Emittenten und Anleger zu übervorteilen. Ich möchte dem griechischen und dem italienischen Vorsitz dafür danken, die Verhandlungen so energisch und wirksam vorangetrieben zu haben. Mein Dank gilt auch den Mitgliedstaaten, ohne deren Kompromissbereitschaft diese dringend notwendige Einigung nicht möglich gewesen wäre. Ich hoffe nun, dass sich auch das Europäische Parlament bei den wenigen verbleibenden Differenzen ähnlich flexibel zeigen wird. Wenn es uns gelingt, diese Richtlinie rechtzeitig zu verabschieden - wovon ich überzeugt bin - werden Europa, seine Finanzmärkte, Anleger und Bürger allesamt auf der Gewinnerseite stehen." Die politische Einigung des Rates entspricht weitgehend dem im November 2002 vorgelegten Kommissionsvorschlag (siehe IP/02/1706 und MEMO/02/257) und der im letzten Monat angenommenen Stellungnahme des Europäischen Parlaments (siehe IP/03/1291). Einige Details müssen jedoch bei der zweiten Lesung noch ausgearbeitet werden. In der Frage der "Internalisierung", d.h. der bank- oder wertpapierhausinternen Abwicklung eines von einem Kunden in Auftrag gegebenen Aktienkaufs oder -verkaufs außerhalb geregelter Märkte, hat sich der Rat nun darauf verständigt, dass dies in allen Mitgliedstaaten zulässig sein muss, was derzeit nicht der Fall ist. Die Kompromissfassung enthält jedoch Bedingungen, die Marktverzerrungen verhindern und gewährleisten sollen, dass Anleger, insbesondere Kleinanleger, durch fehlende Markttransparenz übervorteilt werden oder überhöhte Gebühren entrichten müssen. Bei Geschäften, die nicht über ein bestimmtes Volumen hinausgehen - hier liegt die vom Rat vereinbarte Obergrenze leicht über dem in der Stellungnahme des Parlaments genannten Wert - müssten Wertpapierhäuser die für den Markt relevanten Details der Kundenaufträge offen legen und in Fällen, in denen sie auf eigene Rechnung handeln, gewisse Angaben zu den Bedingungen machen, zu denen sie selbst zum Kauf oder Verkauf einer bestimmten Aktie bereit sind. Bei größeren Geschäften, bei denen von einer Beteiligung professioneller Anleger auszugehen ist, würden diese Anforderungen nicht gelten und könnten die Kurse beim Handel festgelegt werden und sich selbst nach der ersten Kursofferte noch weiterentwickeln ("Kursverbesserung"). Die Wertpapierhäuser wären nicht verpflichtet, all ihren Kunden (professionellen und privaten) jeden Kurs anzubieten, sondern könnten selbst darüber entscheiden, solange sie dabei keinen Unterschied zwischen Anlegern einer Kategorie machen. Um zu gewährleisten, dass Kleinanlegern keine für sie ungeeigneten Produkte verkauft werden, macht der Rat den Vorschlag der Kommission und die Stellungnahme des Parlaments an einigen Stellen deutlicher und fügt einige Nuancen hinzu. So sieht die Fassung des Rates für Wertpapierhäuser, die in der Anlageberatung tätig sind, einen umfassenden Eignungstest vor. Häuser, die ausschließlich Kundenaufträge ausführen, müssten sich keinem derartigen Test unterziehen und Unternehmen, die dazwischen liegen, müssten einen "leichten" Eignungstest absolvieren - eine Lösung, der die Kommission zustimmen kann. Die politische Einigung des Rates enthält auch einen Kompromiss in der Frage, wann die Rechtsvorschriften des Herkunftslandes gelten, d.h. in welchem Umfang die Tätigkeiten von Wertpapierhäusern von den Behörden des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Hauptsitz haben, geregelt werden, und in welchem Umfang sie den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats, d.h. des Landes, in dem sie ihre Tätigkeit ausüben, unterliegen sollten. 2