GROSSER RAT WORTPROTOKOLL 54. Sitzung vom 5. Mai 2015 von 10.00 Uhr bis 12.30 Uhr (Art. 0822-0842) Vorsitzender: Dr. Markus Dieth, Wettingen Protokollführung: Rahel Ommerli-Peyer, Ratssekretärin Präsenz: Anwesend 133 Mitglieder Abwesend mit Entschuldigung 7 Mitglieder Entschuldigt abwesend: Dr. Anna Andermatt, Wettingen; Dr. Marcel Bruggisser, Aarau; Esther Gebhard-Schöni, Möriken-Wildegg; Thomas Inniger, Hägglingen; Andrea Moll-Reutercrona, Sins; Martin Steinacher-Eckert, Gansingen; Herbert Strebel, Muri Behandelte Traktanden Seite 0822 Mitteilungen 2316 0823 Neueingänge 2317 0824 Motion der CVP-Fraktion (Sprecher Ralf Bucher, Mühlau) vom 5. Mai 2015 betreffend Aufnahme des Kriteriums der Familienfreundlichkeit eines Unternehmens bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen; Einreichung und schriftliche Begründung 2317 0825 Motion der CVP-Fraktion (Sprecher Andre Rotzetter, Buchs) vom 5. Mai 2015 betreffend Erhöhung der Anstellungschancen für ältere Arbeitnehmende; Einreichung und schriftliche Begründung 2318 0826 Motion der CVP-Fraktion (Sprecherin Marianne Binder-Keller, Baden) vom 5. Mai 2015 betreffend wirkungsvolle gesetzliche Grundlagen im Einsatz gegen Randalierer und Hooligans; Einreichung und schriftliche Begründung 2319 0827 Motion der CVP-Fraktion (Sprecherin Theres Lepori, Berikon) vom 5. Mai 2015 betreffend Erweiterung des § 47 des Gesetzes über die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit (Polizeigesetz, PolG) ; Einreichung und schriftliche Begründung 2319 0828 Motion der FDP-Fraktion (Sprecher Dr. Bernhard Scholl, Möhlin) vom 5. Mai 2015 betreffend Bericht des Regierungsrats zur Entbürokratisierung der Verwaltung; Einreichung und schriftliche Begründung 2320 0829 Postulat der BDP-Fraktion (Sprecher Stefan Haller, Dottikon) vom 5. Mai 2015 betreffend Überarbeitung der Berufsausübungsbewilligungen im Gesundheitsgesetz und der dazugehörenden Verordnung; Einreichung und schriftliche Begründung 2321 0830 Interpellation der BDP-Fraktion (Sprecher Dr. Marcel Bruggisser, Aarau) vom 5. Mai 2015 betreffend massiven Anstieg von Luftrettungseinsätzen im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung 2321 2314 0831 Interpellation der FDP-Fraktion (Sprecherin Dr. Martina Sigg, Schinznach) vom 5. Mai 2015 betreffend Auswirkung der Doppelrolle des Kantons auf die Kostenentwicklung bei den kantonalen Spitälern; Einreichung und schriftliche Begründung 2322 0832 Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 5. Mai 2015 betreffend angebliche Beherrschung eines 10'000-jährlichen Hochwassers durch das AKW Beznau; Einreichung und schriftliche Begründung 2324 0833 Interpellation Andreas Glarner, SVP, Oberwil-Lieli, vom 5. Mai 2015 betreffend umgehende Absetzung des VR-Präsidenten des Kantonsspitals Aarau (KSA) und unnötigen Aufwendungen für Kunst und Sponsoring; Einreichung und schriftliche Begründung 2325 0834 Interpellation Daniel Hölzle, Grüne, Zofingen (Sprecher), und Kathrin Fricker, Grüne, Baden, vom 5. Mai 2015 betreffend Polizeieinsatz anlässlich des Fussballspiels FC Aarau-FCZ; Einreichung und schriftliche Begründung 2325 0835 Interpellation Werner Müller, CVP, Wittnau, vom 5. Mai 2015 betreffend Aufgaben Ortsbild, Siedlung und Städtebau (OSS) ; Einreichung und schriftliche Begründung 2327 0836 Interpellation Robert Obrist, Grüne, Schinznach, vom 5. Mai 2015 betreffend genügenden Schutz der Steuerzahlenden im Kanton Aargau vor den ungedeckten Kosten des Atomstroms; Einreichung und schriftliche Begründung 2328 0837 Interpellation Andre Rotzetter, CVP, Buchs, vom 5. Mai 2015 betreffend Reduktion von Leistungsverträgen mit Trägern von Sonderschulen; Einreichung und schriftliche Begründung 2329 0838 Interpellation Annerose Morach, SVP, Obersiggenthal, vom 18. November 2014, betreffend Anwendung ZGB Artikel 440 Abs. 2, zweiter Satz, bei der Umsetzung des neuen Kinder- und Erwachsenenschutzrechtes an den Familiengerichten; Beantwortung, Erledigung 2329 0839 Interpellation Stefanie Heimgartner, SVP, Baden, vom 18. November 2014 betreffend Flexibilität zwischen dem Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau und Unternehmungen mit schweren Lastwagen; Beantwortung; Erledigung 2332 0840 Motion Adriaan Kerkhoven, GLP, Brugg, vom 3. März 2015 betreffend Ausbau von Dachgeschossen im Kanton Aargau (in Anlehnung an das vom Regierungsrat entgegengenommene Postulat 13.154 von Richard Plüss); Erledigung infolge Rücktritt aus dem Grossen Rat 2338 0841 Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Binnenschifffahrt; Änderung; Bericht und Entwurf zur 1. Beratung; Eintreten, Detailberatung und Gesamtabstimmung 2338 0842 Steuergesetz (StG); Änderung; Bericht und Entwurf zur 1. Beratung; Eintreten, Detailberatung und Gesamtabstimmung 2347 2315 0822 Mitteilungen Vorsitzender: Ich begrüsse Sie zur 54. Sitzung der Legislaturperiode 2013/2016. Ich darf heute unserem Ratskollegen Martin Brügger, Brugg, herzlich zum Geburtstag gratulieren. Ein kleines Geburtstagspräsent finden Sie an Ihrem Platz. Ich wünsche Ihnen alles Gute und einen schönen Tag! Unserer Ratskollegin, Anna Andermatt, Wettingen, gratuliere ich zu einem besonders freudigen Ereignis. Sie ist am 10. April 2015 zum zweiten Mal Mutter geworden. Wir gratulieren herzlich zur Geburt von Anusha Keya und wünschen der jungen Familie alles Gute. Mit Datum vom 17. April 2015 hat der Regierungsrat den Erlass einer Verordnung, gestützt auf § 91 Abs. 2bis lit. a der Kantonsverfassung, bekannt gegeben. Es handelt sich um die "Weinbauverordnung"; Änderung vom 18. März 2015. Die Inkraftsetzung erfolgt am 1. August 2015. Der Wortlaut der Verordnung wurde der zuständigen Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA) zugestellt. Die Traktandenliste wird stillschweigend genehmigt. Regierungsrätliche Vernehmlassung an Bundesbehörden 1. Weiterentwicklung von Anhang 12 des Agrarabkommens CH/EU; Vernehmlassung zuhanden des Bundesamts für Landwirtschaft vom 29. April 2015 2. Änderung des Berufsbildungsgesetzes (BBG): Stärkung der höheren Berufsbildung; Vernehmlassung zuhanden des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation vom 22. April 2015 3. Gegenentwurf des Bundesrates zur Volksinitiative "Für Ernährungssicherheit"; Vernehmlassung zuhanden des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung vom 01. April 2015 4. Genehmigung der multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und eines Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen; Vernehmlassung zuhanden des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen vom 01. April 2015 5. Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen; Vernehmlassung zuhanden des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen vom 01. April 2015 6. Trassenpreisrevision 2017; Änderung der Eisenbahn-Netzzugangsverordnung (NZV); Vernehmlassung zuhanden des Bundesamts für Verkehr vom 25. März 2015 7. Änderung der Gewässerschutzverordnung; Vernehmlassung zuhanden des Bundesamts für Umwelt vom 25. März 2015 8. Verordnungsanpassungen im Rahmen der neuen Finanzierung und des Ausbaus der Bahninfrastruktur (FABI); Vernehmlassung zuhanden des Bundesamts für Verkehr vom 25. März 2015 9. Bundesgesetz über das Schuldner- und das Zahlstellenprinzip bei der Verrechnungssteuer; Vernehmlassung zuhanden der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 25. März 2015 10. Teilrevision des Bundesgesetzes über die Binnenschifffahrt; Vernehmlassung zuhanden des Bundesamts für Verkehr vom 25. März 2015 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0822 2316 11. Weiterführung des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas; Vernehmlassung zuhanden des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten vom 25. März 2015 Die Staatskanzlei stellt auf Verlangen die Vernehmlassungen samt den Unterlagen des Bundes zur Verfügung. Die Vernehmlassungen können auch im Internet (www.ag.ch) abgerufen werden. 0823 Neueingänge 1. Aarau; Kantonsstrasse K 207, Ersatz Aarebrücke B-023, Pont Neuf; Verpflichtungskredit (Zuständig Kommission UBV) 2. Jahresbericht mit Jahresrechnung 2014 (Zuständig Kommission KAPF und Fachkommissionen) 3. Berichterstattung über die Tätigkeit der Finanzkontrolle 2014 (Zuständig Kommission KAPF und Fachkommissionen) 4. Sozialplanung des Kantons Aargau; Ziele 1–10; Strategien A1–G3 (Zuständig Kommission GSW und Mitberichte von den Kommissionen BKS und VWA) 5. Kindes- und Erwachsenenschutzrecht (KESR); Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch und Partnerschaftsgesetz (EG ZGB); Änderung; Einführungsgesetz zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (EG ZPO); Änderung; Bericht und Entwurf zur 2. Beratung (Zuständig Kommission JUS) 6. Aargauische Kantonalbank (AKB); Jahresbericht und Jahresrechnung 2014; Gewinnablieferung an den Kanton; Entlastung der Mitglieder des Bankrats (Zuständig Kommission VWA) 7. Gesundheitsgesetz (GesG); Änderung; Bericht und Entwurf zur 2. Beratung (Zuständig Kommission GSW) 8. Sammelvorlage für Verpflichtungskredite und Nachtragskredite 2015, I. Teil (Zuständig Kommission KAPF und Fachkommissionen) 9. Aargauische Volksinitiative "Energieinitiative «Aargau effizient und erneuerbar»" (Zuständig Kommission UBV) 10. Überarbeitung von energieAARGAU als Planungsbericht (§ 8 GAF) und als kantonale Energieplanung (§ 13 EnergieG) (Zuständig Kommission UBV) 0824 Motion der CVP-Fraktion (Sprecher Ralf Bucher, Mühlau) vom 5. Mai 2015 betreffend Aufnahme des Kriteriums der Familienfreundlichkeit eines Unternehmens bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen; Einreichung und schriftliche Begründung Von der CVP-Fraktion wird folgende Motion eingereicht: Text: Der Artikel 18 Zuschlagskriterien des Submissionsdekrets ist zu ergänzen mit dem Kriterium "Familienfreundliche Unternehmung". Begründung: Mit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative ist in der Schweiz eine arbeitspolitisch grundlegend neue Situation entstanden, beziehungsweise hat sich nochmals massiv verschärft. Es geht insbesondere um die bessere Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials und dabei spielt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine zentrale Rolle. Die öffentliche Hand vergibt eine grosse Anzahl an Aufträgen, womit sie via Kriterien und deren Gewichtung direkt Unternehmungen 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0822 2317 fördern kann. So macht es Sinn, die Familienfreundlichkeit eines Unternehmens in den Kriterienkatalog aufzunehmen. Die entsprechende Umsetzung soll so einfach und unbürokratisch wie möglich sein, etwa mit dem Nachweis von familienfreundlichen Massnahmen gemäss KMU-Handbuch Beruf und Familie, das von Arbeitgeber- wie auch Arbeitnehmerverbänden unterstützt wird. Als familienfreundlich gelten beispielsweise Massnahmen wie flexible Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit, angepasste Arbeitsorganisation, familienbezogener Urlaub, flexibler Arbeitsort, Unterstützung bei der Kinderbetreuung, usw. Dabei soll kein Kontroll- oder Büroapparat aufgebaut werden müssen, sondern es geht insbesondere um die Sensibilisierung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ein Anhaltspunkt kann auch die Fachstelle "UND Familien- und Erwerbsarbeit für Männer und Frauen" liefern, welche besonders familienfreundliche Unternehmungen auszeichnet. Unternehmungen, die attraktive Arbeitgeber in Bezug auf Familienfreundlichkeit sind, sind nachweislich erfolgreicher. Einen zusätzlichen Anreiz soll nun der Kanton mit der Aufnahme des Kriteriums bei der Vergabe von Aufträgen schaffen. 0825 Motion der CVP-Fraktion (Sprecher Andre Rotzetter, Buchs) vom 5. Mai 2015 betreffend Erhöhung der Anstellungschancen für ältere Arbeitnehmende; Einreichung und schriftliche Begründung Von der CVP-Fraktion wird folgende Motion eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird eingeladen, die Anstellung von älteren Arbeitnehmenden für die Verwaltung und für staatsnahe Unternehmen zum strategischen Ziel zu erklären. Dazu gehört auch ein einfaches Anstellungsmonitoring als Erfolgskontrolle. Begründung: Am 27. April fand die erste nationale Konferenz "Ältere Arbeitnehmende" statt. Auf den ersten Blick präsentiert sich die Lage der älteren Arbeitnehmenden auf dem Schweizer Arbeitsmarkt als nicht so dramatisch. Die Beschäftigungsquote ist im internationalen Vergleich hoch und die Arbeitslosenquote ist tiefer als bei den übrigen Alterskategorien. Erst bei einem genaueren Hinschauen werden die Probleme sichtbar. So ist die Schweiz gemäss OECD nur bei der Beschäftigungsquote gut qualifizierter Männer zwischen 50 und 59 Jahren überdurchschnittlich gut. Die Beschäftigungsquote der über 60-jährigen Arbeitnehmenden sowie von älteren Personen ohne Berufsabschluss ist hingegen nur noch durchschnittlich. Richtig beunruhigend ist jedoch die hohe Langzeitarbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmender. Fast 60 Prozent der über 55-jährigen Arbeitslosen sind länger als ein Jahr arbeitslos. Diese Zahl liegt weit über dem OECD Durchschnitt von 47 Prozent. Zudem hat sich die Quote der über 55-jährigen Langzeitarbeitslosen in der Schweiz seit 2002 von 40 Prozent auf 60 Prozent massiv verschlechtert. Der Hauptgrund für diese hohe Langzeitarbeitslosigkeit ist gemäss OECD ganz klar die Anstellungspolitik der Unternehmen. Dieser Befund deckt sich auch mit Ergebnissen einer Studie des Bundesamtes für Sozialversicherungen, gemäss welcher die Unternehmen ihre Angestellten lieber im Ausland rekrutieren anstatt ältere Arbeitnehmende aus der Schweiz anzustellen. Um die Lage der älteren Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, muss gezielt die Anstellungspolitik der Unternehmen beeinflusst werden. Vorurteile bei den Firmen müssen abgebaut werden. Im Kanton Aargau wurde im Oktober 2013 vom Kanton und den Sozialpartnern die Kampagne "Potenzial50plus" lanciert. Ziel der Kampagne ist es, Vorurteile zu beseitigen, so dass ältere Stellensuchende vermehrt nach ihrer Qualifikation beurteilt werden und ihre Bewerbungen nicht aufgrund ihres Alters auf dem Absagestapel landen. Die Kampagne umfasst Plakate, eine Hotline für 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0823-0824 2318 Arbeitgeber, Unternehmensbesuche, Vorträge bei Verbänden und Serviceclubs sowie Öffentlichkeitsarbeit und gilt als schweizweit vorbildlich. Die CVP Aargau fordert weitere Massnahmen, welche die Anstellungschancen für ältere Arbeitnehmende erhöhen. Dazu gehören neben der Sensibilisierungskampagne, dass der Kanton Aargau als Arbeitgeber als gutes Beispiel vorangeht und die Anstellung von älteren Arbeitnehmenden für die Verwaltung und für staatsnahe Unternehmen zum strategischen Ziel erklären. Dazu gehört auch ein Anstellungsmonitoring als Erfolgskontrolle. Es braucht aus Sicht der CVP ein einfaches Monitoring der Anstellungspolitik. Dabei sind Anstellungen sortiert nach Alter und Wohnort (Inlandvorrang) vor Stellenantritt festzuhalten. Erst ein Monitoring ermöglicht die Formulierung von quantitativen Zielen und eine Messung des Erfolgs. Das Monitoring ist deshalb auch Grundlage für positive Botschaften an die Bevölkerung und insbesondere an die älteren Arbeitnehmenden selbst. 0826 Motion der CVP-Fraktion (Sprecherin Marianne Binder-Keller, Baden) vom 5. Mai 2015 betreffend wirkungsvolle gesetzliche Grundlagen im Einsatz gegen Randalierer und Hooligans; Einreichung und schriftliche Begründung Von der CVP-Fraktion wird folgende Motion eingereicht: Text: Es seien praxistaugliche gesetzliche Grundlagen zu schaffen, damit Personen, welche die polizeilichen Anordnungen bei Kundgebungen oder Sportveranstaltungen nicht befolgen, schnell und unbürokratisch durch die Kantonspolizei gebüsst werden können. Begründung: § 34 des Aargauer Polizeigesetzes vom 6. Dezember 2005 (SAR Nr. 531.200) enthält eine Wegweisungs- oder Fernhaltenorm, die unter anderem bei Sportveranstaltungen zur Anwendung kommen kann, um Ausschreitungen besser unter Kontrolle zu halten. Verstösse dagegen sollten ähnlich zu einem Bussensystem, das im Strassenverkehr zur Anwendung kommt, geahndet werden. In Bayern hat sich ein solches System im Einsatz gegen das Ärgernis des Hooliganismus und der Gewaltbekämpfung im Umfeld von Sportveranstaltungen offenbar bewährt. (Siehe Bayrisches Versammlungsgesetz von 2008 mit Geldbussen, wenn jemand zum Beispiel eine untersagte Versammlung nicht unverzüglich verlässt, verbotene Gegenstände mit sich führt oder sich Beamten widersetzt). Zwar sieht das Schweizerische Strafgesetzbuch in Art. 292 StGB, den Straftatbestand Ungehorsam gegen eine amtliche Verfügung vor oder in Art. 286 StGB die Hinderung einer Amtshandlung. Doch im Einsatz gegen Hooligans und gewaltbereite Personen erweisen sich diese Strafbestimmungen als zu wenig wirkungsvoll, weil sie langwierige Verfahren nach sich ziehen, die dann wiederum vor allem den Steuerzahler belasten. Ich ersuche den Regierungsrat deshalb, neue, praxistaugliche gesetzliche Grundlagen vorzuschlagen und zu schaffen, mit welchen auf schnelle und unbürokratische Weise, diejenigen auf dem Platz gebüsst werden können, welche die polizeilichen Anweisungen im Zusammenhang mit Kundgebun-gen und Sportveranstaltungen nicht befolgen. Gemäss den Hinweisen, welche aus Polizeikreisen übermittelt wurden, würde dies die Polizeiarbeit vereinfachen und unterstützen, sowie die Verursacher von konkreten Risiken und Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit auf wirkungsvollere Weise zur Kasse bitten als dies heute der Fall ist. 0827 Motion der CVP-Fraktion (Sprecherin Theres Lepori, Berikon) vom 5. Mai 2015 betreffend Erweiterung des § 47 des Gesetzes über die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit (Polizeigesetz, PolG) ; Einreichung und schriftliche Begründung 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0825 2319 Von der CVP-Fraktion wird folgende Motion eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird gebeten, im Polizeigesetz in § 47 folgende Ergänzung aufzunehmen: Wer sich bei bewilligungspflichtigen Kundgebungen auf öffentlichem Grund oder an allgemein zugänglichen Orten durch Vermummung unkenntlich macht, wird mit Busse bis Fr. 5000.– bestraft. Begründung: Die "Teilnahme an einer bewilligungspflichtigen Kundgebung auf öffentlichem Grund" findet auch Anwendung im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, so auch bei Fussball-Spielen. Weil das Stadion nicht als öffentlicher Grund deklariert und ausgeschieden ist, kommt dieser Paragraph innerhalb des Stadions nicht zur Anwendung. Es kann nicht sein, dass innerhalb eines Stadions ein geschützter Raum für Hooligans und gewaltbereite Fussballfans entsteht und diese infolge Vermummung nicht oder nicht rasch möglichst identifiziert und zur Rechenschaft gezogen werden können. Die Präzisierung im Gesetz ist eine Forderung zur Unterstützung der Polizeiarbeit und zum Schutz korrekter und begeisterter Fans aller Mannschaften. Die Formulierung entspricht auch Bestrebungen auf nationaler Ebene. 0828 Motion der FDP-Fraktion (Sprecher Dr. Bernhard Scholl, Möhlin) vom 5. Mai 2015 betreffend Bericht des Regierungsrats zur Entbürokratisierung der Verwaltung; Einreichung und schriftliche Begründung Von der FDP-Fraktion wird folgende Motion eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird eingeladen, dem Grossen Rat zusammen mit dem AFP 2016–2019 ein umfassendes Entbürokratisierungspaket vorzulegen. Gleichzeitig sollen die Personalressourcen in allen Verwaltungseinheiten des Kantons, d. h. bei der Staatskanzlei, der Justiz, bei der allgemeinen Verwaltung und in allen Departementen proportional reduziert werden, um wirksam den Bürokratisierungstendenzen einzelner Verwaltungseinheiten entgegen zu wirken. Begründung: Die Gemeindeschreiber beschwerten sich schon im Frühling 2012 beim Regierungsrat, dass die Flut von komplizierten Formularen, Vorschriften, Umfragen und Weisungen stetig ansteige. Statistiken werden erhoben "bis zum geht nicht mehr". Betroffen sind vor allem die Gemeindeverwaltungen, kantonale Beamte behandeln die Gemeinden wie Aussenstellen der Verwaltung. Einige, aber nicht alle Vorschriften basieren auf Vorgaben des Bundes. In diesem Falle ist zu überprüfen, ob die Vorgaben nicht zusätzlich unnötig verschärft wurden. Andere Vorschriften und bürokratische Abläufe sind aber hausgemacht und sollten verbessert werden. Die Verwaltung im Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) verfügt über überdimensionierte Stäbe in der Schulentwicklung, bei der Lehrerberatung, zur Schulorganisation. Je stärker man die Schulleitungen professionalisiert, desto stärker werden sie bevormundet und von Aarau aus mit Arbeit eingedeckt. Beispiele: Alle Stundenpläne müssen in Aarau überprüft und genehmigt werden; jedes Jahr kommen Beamte aus Aarau in die Lehrerfortbildung und erzählen den Praktikern die gleiche theoretische Leier von Integration und anderen "Erkenntnissen" aus der Bildungsforschung; bis 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0826-0827 2320 zu 8 Leute müssen zusammensitzen, um eine einzelne Zusatzlektion im Bereich Logopädie oder sonst wo zu bewilligen. Unter Vorwand Daten- und Qualitätskontrollstellen sündigt auch das Departement Gesundheit und Soziales (DGS). Beispiele sind: Obwohl Heime Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte haben, werden detaillierteste Vorgaben zu Stellenplänen gemacht. Wie viele Pflegerinnen braucht ein Altersoder Pflegeheim? Das regelt nicht die professionelle Heimleitung sondern ein Beamter in Aarau. Es wird tageweise damit verbracht, Daten zu sammeln und nach Aarau zu übermitteln, angeblich zu statistischen und qualitätssichernden Zwecken. Doppelspurigkeiten sind zu vermeiden. Die Querschnittsaufgaben sind schlecht koordiniert: So gibt es gut dotierte Rechtsdienste in allen Departementen; arbeiten sie zusammen? Braucht es alle die vielen Juristen? Was brächte der Beizug von Externen Juristen? Aufgrund dieser Feststellung und offenen Fragen ist der Regierungsrat eingeladen, dem Grossen Rat Strategien und konkrete Lösungsvorschläge zur Entbürokratisierung der kantonalen Verwaltung darzulegen. 0829 Postulat der BDP-Fraktion (Sprecher Stefan Haller, Dottikon) vom 5. Mai 2015 betreffend Überarbeitung der Berufsausübungsbewilligungen im Gesundheitsgesetz und der dazugehörenden Verordnung; Einreichung und schriftliche Begründung Von der BDP-Fraktion wird folgendes Postulat eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird eingeladen, die bestehenden gesetzlichen Grundlagen der Berufsausübung im Gesundheitswesen zu überprüfen und eine entsprechende Änderung vorzuschlagen, wie praktizierende Naturärzte, Naturheilpraktiker und Weitere in diesem Bereich Tätige, im Kanton Aargau die MWST Befreiung gemäss Bundesgesetz geltend machen können. Begründung: Gemäss aktueller Gesetzgebung des Bundesgesetz über die MWST, respektive der dazugehörigen Verordnung (Artikel 35, Abs. 2 lit. h), hätten Praktizierende der Komplementärmedizin zumindest teilweise Anrecht auf MWST-Befreiung (Siehe: Verordnung über die MWST). In der weiteren Definition verweist das Gesetz auf die Kantonalen Gesetze des Gesundheitswesens, respektive deren Erlasse zur Berufsausübungsbewilligung. Im Kanton Aargau wird dann wiederum das Bundesgesetz über die Medizinalberufe (Gesundheitsgesetz § 4 Abs. 1 lit. b) herangezogen. Der Kanton Aargau vergibt beispielsweise den Osteopathen keine Bewilligung, respektive es ist so schlicht nicht vorgesehen. Im Kanton Zürich ist dies im Gesundheitsgesetz § 34 definiert und durch die "811.21 – Verordnung über die nichtuniversitären Medizinalberufe (nuMedBVV" in den §§ 9 und 10 geregelt. Im Kanton Solothurn wird dieses Berufssegment ebenfalls in den §§ 27 und 28 im Gesundheitsgesetz (http://bqs.so.ch/frontend/versions/4295) definiert und die einzelnen Berufsbilder über die dazugehörende Verordnung (http://bqs.so.ch/frontend/versions/4252) geregelt. Mit anderen Worten, praktizierenden Personen dieser medizinischen Berufsbilder widerfährt im Kanton Aargau ein nicht unbedeutender Nachteil in der Ausübung ihrer Tätigkeit. Dies wirkt sich nicht nur auf die Betroffenen negativ aus, sondern ist auch ein Standortnachteil für den Kanton Aargau. Diesen gilt es zu beheben. 0830 Interpellation der BDP-Fraktion (Sprecher Dr. Marcel Bruggisser, Aarau) vom 5. Mai 2015 betreffend massiven Anstieg von Luftrettungseinsätzen im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0828 2321 Von der BDP-Fraktion wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Vor kurzem publizierte Zahlen zeigen einen massiven Anstieg von Luftrettungseinsätzen im Kanton Aargau. Der BDP ist die Sicherheit der Bevölkerung und damit eine optimale prähospitale Versorgung ein grosses Anliegen. Eine rasche Rettung muss unter allen Umständen gewährleistet sein. Die explodierende Anzahl der Luftrettungseinsätze wirft aber doch gewisse Fragen auf. Es ist schwer ersichtlich, weshalb es über einen Zeitraum von zwei Jahren zu einem solch hohen Anstieg der Helikoptereinsätze gekommen ist. Es muss deshalb kritisch hinterfragt werden, ob das Nebeneinander zweier Anbieter nicht zu einem Überangebot geführt hat. Weiter sollte untersucht werden, ob der Rettungshelikopter nicht zu oft für Fälle eingesetzt wird, bei denen ein terrestrisch durchgeführter Rettungseinsatz ausreichend wäre. Die Kriterien für einen Luftrettungseinsatz sollten demnach grundsätzlich definiert sein. Der Kanton steht hier im Rahmen seiner Verantwortung für die Gesundheitsversorgung in der Pflicht. Die BDP bittet deshalb den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten: Wie viele Rettungseinsätze mit dem Helikopter wurden im Kanton Aargau in den letzten 10 Jahren pro Jahr, unterschieden nach Primär- und Sekundärtransporten, durchgeführt? Wie ist die entsprechende Entwicklung bei den terrestrisch durchgeführten Rettungseinsätzen? Wie teilen sich diese Einsätze auf die Anbieter auf (nur für die Luftrettungen)? Wie wird der Anstieg der Lufteinsätze durch den Regierungsrat begründet? Können die Kosten, welche den Versicherungen aufgrund der Zunahme der Luftrettungseinsätze entstehen, beziffert werden? Welche, auch indirekte Kosten, entstehen diesbezüglich dem Kanton? (bitte auch für die letzten 10 Jahren pro Jahr auflisten) Aufgrund welcher Kriterien wird entschieden, ob ein Primäreinsatz mit dem Helikopter durchgeführt wird? Geht der Regierungsrat mit der BDP einig, dass aufgrund der WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit) für einen Einsatz des Rettungshelikopters spezielle Kriterien (Schwere des Notfalls, Geländebeschaffenheit etc.) gelten sollten? Welcher Zusammenhang besteht für den Regierungsrat zwischen dem Anstieg der Lufteinsätze (Primär- und Sekundäreinsätze) und dem Markteintritt der Alpine Air Ambulance im Kanton Aargau? Sieht der Regierungsrat in diesem Zusammenhang eine Notwendigkeit, das Luftrettungskonzept zu überdenken? 0831 Interpellation der FDP-Fraktion (Sprecherin Dr. Martina Sigg, Schinznach) vom 5. Mai 2015 betreffend Auswirkung der Doppelrolle des Kantons auf die Kostenentwicklung bei den kantonalen Spitälern; Einreichung und schriftliche Begründung Von der FDP-Fraktion wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Die Kantone haben im Gesundheitswesen eine problematische Mehrfachrolle zugewiesen erhalten. Der Rollenmix führt zwangsläufig zu Interessenkonflikten. Zum Beispiel ist der Kanton einerseits Leistungserbringer als Eigentümer der Kantonsspitäler (PD AG, KSA und KSB). Andererseits ist er Leistungsbesteller sowie Tarifsetzer und Regulator. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0829-0830 2322 Im System der neuen Spitalfinanzierung bildet die Baserate die Grundlage für die Vergütung der Krankenhausleistungen. Die Baserate meint den Betrag, der bei der Berechnung der DRG-Preise (Diagnosis Related Groups) für die Krankenhausbehandlung zugrunde gelegt wird. Zur Berechnung der Preise resp. Tarife für die Krankenhausbehandlung wird die Bewertungsrelation der DRG mit dem Basisfallwert multipliziert. Heute hat der Kanton einerseits ein eminentes Interesse daran, die Kosten seiner Gesundheitsversorgung (per 2017: 55 Prozent Kantonsanteil) durch eine tiefere Baserate zu senken; andererseits hat derselbe Kanton kein Interesse daran, die Finanz-Ergebnisse seiner eigenen SpitalUnternehmungen durch tiefere Baserates zu verschlechtern. Er riskiert sonst nämlich als Eigner die Rentabilität seiner Häuser respektive stellt damit deren Investitions- und Erneuerungskraft in Frage, was wiederum deren Qualität verschlechtert und schliesslich zu zusätzlicher Subventionierung der Häuser (bspw. über Baukredite oder andere Zuschüsse wie GWL, wie in einigen Kantonen praktiziert) führt. Der Preisüberwacher Stefan Meierhans lässt sich wie folgt zitieren: "Die Kantone sind einerseits als Eigentümer der Spitäler daran interessiert, dass es den Spitälern gut geht. Es hängen ja auch Arbeitsplätze daran, und ausserdem werden Eigentümer ineffizient arbeitender Spitäler nicht darum herumkommen, die Verluste zu decken. Es gibt mithin einen manifesten geldwerten Anreiz für überhöhte Kassentarife. Andererseits sind sie Anwalt der Steuerzahler und zudem erste Entscheidungsinstanz für die Spitaltarife. Da sehe ich ein gewisses Konfliktpotenzial." In Bericht "Finanzierbare Aargauer Gesundheitspolitik" (Bericht des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 9. Mai 2012) ist nachzulesen: "Bei 90'000 Hospitalisierungen im Kanton Aargau und einem erwarteten CMI von 0,93 für 2013 bedeutet eine um 100 Franken tiefere Baserate einen Gegenwert von 8,37 Millionen Franken oder 4,07 Millionen Franken weniger Aufwand zulasten des Kantons (bei einem Kantonsanteil von 48,6 % im Jahr 2013). Im Sinne einer Kos-tensenkung muss der Kanton also eigentlich alles daran setzen, um die Baserates so tief wie möglich zu halten." Nach Auffassung vieler Gesundheitsökonomen könnten die Kantone aus dem Dilemma der Doppelrolle als Eigner, Leistungsbesteller, Finanzierer und Tariffestsetzer ein Stück weit befreit werden, wenn die kantonseigenen Spitäler an private Betreibergesellschaften verkauft würden: Der Anreiz der Kantone, sich für tiefere Baserates einzusetzen, wäre dadurch eindeutig höher. Er würde aber weiterhin durch den Versorgungsauftrag limitiert: Kein Kanton hat ein Interesse daran, derart tiefe Baserates anzusetzen, dass die Qualität der leistungserbringenden Häuser infolge schlechter Löhne, veralteter Infrastrukturen oder ungenügender Medizintechnik derart sinkt, dass die Versorgung gefährdet ist oder eine steigende Zahl von Patientinnen und Patienten sich ausserkantonal behandeln lassen. Wir bitten den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten: 1. Wie beurteilt der Regierungsrat die Entwicklung der Baserates seit Beginn der Abrechnung der Spitalleistungen mittels Fallkosten? Und welche künftige Entwicklung erwartet der Regierungsrat in den nächsten vier bis sechs Jahren? 2. Welche Strategie verfolgt der Regierungsrat im Rahmen seiner Genehmigungskompetenz (Art. 46, Abs. KVG) im Bereich der Tarife resp. Baserates? 3. Weiss der Kanton, welchen EBITDA ein Spital im Durchschnitt erwirtschaften muss, um seine Mobilien und Immobilien zeitgerecht erneuern zu können? Welche aargauischen Kantonsspitäler erreichen diesen EBITDA? 4. Haben die aargauischen Kantonsspitäler aufgrund der über die Zeit sinkenden Baserates aus Sicht des Kantons ihre Effizienzpotenziale schon ausgeschöpft? 5. Sind die Verluste beim KSA nach Auffassung des Regierungsrats eher auf zu tiefe Baserates oder eher auf nicht realisierte Effizienzgewinne und damit auf betriebswirtschaftliche Gründe zurückzuführen? 6. Welche Auswirkungen hätte eine Transformation der heute kantonal beherrschten Spital-Aktiengesellschaften auf die Baserate-Entwicklung, wenn diese neu von privaten Betreibergesellschaften betrieben würden? 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0831 2323 7. Erachtet der Regierungsrat einen Verkauf der Spitalaktiengesellschaften an private Betreiber als zielführende Massnahme, um mehr Druck auf sinkende Spitaltarife/Baserates zu erzeugen? 8. Welche Gesetzesänderungen müssten vorgenommen werden, um dies zu erreichen? 9. Sieht der Regierungsrat andere Möglichkeiten, um sich aus dem oben geschilderten Dilemma der Mehrfachrolle als Leistungsbesteller, Spitalbetreiber und damit Leistungserbringer, Leistungsfinanzierer sowie als Tarifgenehmiger zu befreien? 0832 Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 5. Mai 2015 betreffend angebliche Beherrschung eines 10'000-jährlichen Hochwassers durch das AKW Beznau; Einreichung und schriftliche Begründung Von Martin Christen, SP, Turgi, und 27 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eigereicht: Text und Begründung: Obwohl das ENSI im September 2011 sowie im November 2014 gegenüber der Öffentlichkeit bekanntgab, das AKW Beznau habe "den Nachweis der Beherrschung des 10'000- jährlichen Hochwassers" erbracht, muss heute davon ausgegangen werden, dass dem keineswegs so ist: Wie Recherchen von www.infosperber.ch ergaben, basiert diese ENSI- Beurteilung auf der Annahme, bei einer Wassermenge von 4200 m3/s (vgl. 2600m3/s waren es beim Hochwasser 2007) werde die Beznau-Insel lediglich um maximal 37 Zentimeter überschwemmt. Dabei wurde schlicht "vergessen", dass das Hochwasser stets auch grosse Mengen von Schutt, Geröll und Schwemmgut enthält, was beim Stauwehr oberhalb der AKWs zu Verstopfungen, einem meterhohen Aufstau und schliesslich zu einem Durchbruch führen kann. Die Folgen wären katastrophal: Bis über 5 Meter – bei einer Sicherheitsmarge von 1.65 Metern – würden Beznau 1 und 2 überflutet, wenn bei den Berechnungen die Anforderungen der deutschen Atomschutzbehörden angewendet würden. Da das älteste AKW der Welt noch andere Sicherheitsmängel aufweist, ein "Störfall" mit Kernschmelze grosse Teile der Schweiz für Jahrhunderte unbewohnbar machen würde und die beiden Beznau-Alt-AKWs aufgrund der Strom-Überproduktion sofort vom Netz genommen werden könnten, ohne dass die geringste Stromlücke entstünde, bitte ich den Regierungsrat, die folgenden Fragen zu beantworten: 1. Trifft es zu, dass weder Axpo noch ENSI bei der Abklärung des Hochwasserrisikos Schwemmgut und Geschiebe berücksichtigten? Gibt es eine Erklärung für diese unglaubliche Fehlleistung? Kann man davon ausgehen, dass es sich bei diesem Axpo-Bericht betreffend die Beherrschung des 10'000-jährlichen Hochwassers um ein unwissenschaftliches und wenig seriöses "Gefälligkeitsgutachten" (Zitat www.infosperber.ch) handelt? Wer erstellte diese Sicherheitsanalyse? 2. Aus welchen Gründen weigern sich die Axpo und das ENSI (siehe www.infosperber.ch vom 20. März 2015), die beiden existierenden Gutachten aus den Jahren 2011 (ohne Schwemmgut und Geschiebe) und 2014 (inkl. "Schwebestoffe und Geschiebe" = maximal +66 cm) zu veröffentlichen? Trifft es zu, dass die Bevölkerung, die das Risiko eines AKW-Unfalls trägt, Anspruch auf die Einsichtnahme in diese Risikoanalysen hat? Sind dem Regierungsrat diese Dokumente bekannt? Ist er bereit, sich für die Offenlegung dieser und aller übrigen AKWSicherheits-Gutachten einzusetzen? 3. Trifft es zu, dass ein Hochwasserrisiko-Stresstest nach den Kriterien der Atomsicherheitsbehörde Deutschlands zum gegenteiligen Resultat käme? 4. Ist der Regierungsrat nicht auch der Meinung, dass das ENSI die Interessen der von einem nuklearen Unfall betroffenen Bevölkerung und nicht jene der Atomwirtschaft zu vertreten hat, die Risiko-Gutachten im Auftrag des ENSI von unabhängigen, nicht mit der Atomwirtschaft verbandelten Fachleuten zu erstellen sind, 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0831 2324 die Ergebnisse dieser Risikoanalysen von internationalen Fachgremien überprüft werden sollten, und bei allen AKW-"Störfällen" die Frage einer allfälligen ENSI-Mitverantwortung abzuklären ist? 0833 Interpellation Andreas Glarner, SVP, Oberwil-Lieli, vom 5. Mai 2015 betreffend umgehende Absetzung des VR-Präsidenten des Kantonsspitals Aarau (KSA) und unnötigen Aufwendungen für Kunst und Sponsoring; Einreichung und schriftliche Begründung Von Andreas Glarner, SVP, Oberwil-Lieli, wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Das KSA schrieb im letzten Jahr einen Verlust von über 30 Mio. CHF. Es scheint, dass die Führungsspitze komplett überfordert ist – anders ist es nicht zu erklären, dass noch im Januar von einem wesentlich tieferen Verlust die Rede war. Der Präsident des Verwaltungsrats nimmt zurzeit neben seinem Hauptberuf als Anwalt und Urkundsperson gemäss Moneyhouse über 40 VR-Mandate war. Offensichtlich ist er nicht in der Lage, sich in genügendem Umfang dem Mandat beim KSA zu widmen – war es doch der Regierungsrat, welcher in seiner Eigenschaft als Vertreter des Alleinaktionärs Kanton Aargau Sanierungsmassnahmen anordnen musste. Es fällt zudem auf, dass das KSA trotz des immensen Verlustes noch immer im grossen Stil Anlässe sponsert und sich sogar eine "Kunstbeauftragte" leistet. Die KSA-Führung erscheint wie jemand, der auf einem sinkenden Schiff die Liegestühle neu gruppiert. Gemäss § 8 der Statuten der Kantonsspital Aarau AG ist die Generalversammlung, welche durch die Eigentümervertretung gebildet wird, zuständig für die Wahl und die Abberufung der Mitglieder des Verwaltungsrats. Die Aktionärsrechte werden vom Regierungsrat ausgeübt (§ 11 Abs. 2 SpiG). Somit ist erstellt, dass der Regierungsrat nun handeln soll und muss! Aus allem Obigen drängen sich nachstehende Fragen auf: 1. Wer trägt aus Sicht des Regierungsrats die Verantwortung für das finanzielle Debakel? 2. Ist der Regierungsrat nicht auch der Meinung, dass jemand, der neben seinem Hauptberuf über 40 VR-Mandate ausübt, sich als VRP nicht in genügendem Umfange unserem KSA widmen kann – und dass dies nun ja mehr als offensichtlich geworden ist? 3. Hat unser KSA nicht gerade jetzt eine Führung verdient, welche sich voll in den Dienst des KSA stellen kann und zudem für Unabhängigkeit garantiert? 4. Welches Gehalt inklusive aller Nebenleistungen bezieht der amtierende VR-Präsident pro Jahr? 5. Ist der Regierungsrat bereit, an der GV im Juni zumindest den VR-Präsidenten auszuwechseln und den anderen Mitgliedern des VR zumindest die Decharge zu verweigern? 6. Wie hoch waren die Ausgaben für Sponsoring, Werbeanlässe und Kunst des KSA während der letzten 5 Jahre? 7. Erachtet der Regierungsrat diese Ausgaben bei dem gegebenen Verlust noch als zweckmässig? 0834 Interpellation Daniel Hölzle, Grüne, Zofingen (Sprecher), und Kathrin Fricker, Grüne, Baden, vom 5. Mai 2015 betreffend Polizeieinsatz anlässlich des Fussballspiels FC AarauFCZ; Einreichung und schriftliche Begründung Von Daniel Hölzle, Grüne, Zofingen, und Kathrin Fricker, Grüne, Baden, wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Die Kantonspolizei Aargau hat in Absprache mit dem Sicherheitsdirektor anlässlich des Fussballspiels FC Aarau-FCZ den Gästefans, im Rahmen des Hooligan-Konkordats, den Zutritt zum Stadion 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0832 2325 verweigert. Mit einem immensen Polizeiaufgebot wurden am Spieltag rund 300 Personen vorübergehend festgenommen. Dies obwohl keine Straftaten begangen wurden. Die Behörden sprachen im Anschluss darauf von einem Erfolg, da es zu keinen gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen ist. Auch von der grossrätlichen Kommission für öffentliche Sicherheit wurde die Aktion keine zwei Tage später grossmehrheitlich unhinterfragt gutgeheissen. Dies erweckt den Eindruck, als wäre eine seriöse Nachbereitung, unter Einbezug des Aspektes der Grundrechte, von wenig Interesse. Im Gegenteil, man scheint sich in weiten Politikkreisen einig, dass es nicht relevant ist, wenn unschuldigen Personen "aus Versehen" die Freiheit entzogen wird. Die Tragweite einer solchen Handlung ist denen, die dies als Bagatelle abtun wohl nicht bekannt und sie haben es mit Sicherheit noch nicht selber erlebt. Der willkürliche Freiheitsentzug kann – nicht nur bei jungen Menschen – einschneidende Spuren hinterlassen. Das Vertrauen in den Staat und die Obrigkeit wird zerstört und die Frage kommt auf, weshalb man sich weiterhin an die Gesetze halten soll, wenn es die Polizei nicht macht. Will so die Polizei die Situation entschärfen? Aus Sicht der Interpellanten darf es nicht sein, dass Personen alleine aufgrund ihrer äusseren Erscheinung, des Alters, der Fanclubzugehörigkeit oder wegen ihrer Präsenz zur falschen Zeit am falschen Ort, ihre Freiheit entzogen wird. Wenn auch der Zutritt zum Stadion durch das Konkordat verweigert werden kann, darf sich doch jeder Bürger und jede Bürgerin weiterhin noch frei auf öffentlichem Boden bewegen. Die Polizei zeigte in diesem Fall zu wenig Augenmass und hat willkürlich und zu wenig differenziert Personen verhaftet. Aus Sicht der Interpellanten lösen solche, rechtsstaatliche Grundsätze vermissende Aktionen keine Probleme. Durch solche Kollektivstrafen wird vielmehr die Gewaltspirale noch zusätzlich befeuert. Je unverhältnismässiger der Einsatz umso mehr Fragen kommen auf. Die Interpellanten bitten daher den Regierungsrat höflich, um die Beantwortung folgender Fragen: 1. Befürchtet der Regierungsrat nicht, dass gerade junge Fussballbegeisterte durch solche Polizeieinsätze radikalisiert werden könnten? 2. Mit welcher rechtlichen Grundlage wurden angereiste Fans und insbesondere unbeteiligte Personen am Bahnhof Aarau festgenommen? Welcher Grund wurde den Betroffenen genannt? 3. Wie beurteilt der Regierungsrat, das Bundesgerichtsurteile vom 22. Januar 2014 (Bger 1C_350/2013, 1C_352/2013, 1C_354/2013) im Zusammenhang mit der Vorgehensweise bei den Festnahmen? Kann von einem Freiheitsentzug ausgegangen werden? Haben Betroffene eine richterliche Beurteilung der Rechtmässigkeit der Festnahme nach Art. 31 Abs. 4 verlangt? 4. Nach welchen Kriterien wurden Personen am Bahnhof vorübergehend festgenommen, resp. anhand welcher Merkmale identifizierte die Polizei sie als FCZ-Fans? Welche Weisung wurde an die Polizeibeamten abgegeben, wer zu verhaften sei? 5. Weshalb wurde am Bahnhof keine Personenkontrolle vor Ort durchgeführt? Ist der Regierungsrat nicht der Ansicht, dass so unbeteiligte Personen plausibel hätten erklären können, dass sie nichts mit dem Fussballspiel zu tun haben? 6. Weshalb wurden die Personen vor der Festnahme nicht gefragt ob sie bereit seien, Aarau zu verlassen und in den Zug zu steigen? 7. Mit welcher rechtlichen Grundlage will der Regierungsrat den Fans den Gang vor die Sportstätte verbieten solange die Menge friedlich ist und keine Rayonverbote gegen Personen vorliegen? 8. Ist der Regierungsrat der Ansicht, dass sich ein Schweizer Bürger ohne Rayonverbot in der Schweiz frei bewegen darf? 9. Will der Regierungsrat in Zukunft vermehrt Freiheitsentzüge in Eigenregie anwenden? 10. Weshalb wurde den eingekesselten Fans, welche sich friedlich verhielten, von Seiten der Polizei mit einer Anzeige wegen Landfriedensbruch gedroht, obwohl keine aggressive Stimmung herrschte? 11. Stimmt es, dass ca. 200 Personen, die später verhaftet wurden, bereits eine Stunde vor Eintreffen der Polizei in der Nähe des Brügglifelds versammelt waren und es dabei zu keinerlei Gewalt und Sachbeschädigung kam? Falls ja, weshalb ging man trotzdem von einer schweren und unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus, welche eine 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0833-0834 2326 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. Beschränkung der Versammlungsfreiheit nach § 17 Abs. 2 der kantonalen Verfassung legitimiert? Wann wurde die Polizeiaktion geplant? Wurden während der Aktion laufend Neubeurteilungen der Lage gemacht? Falls ja, weshalb wurde der ausnahmslos friedlichen Stimmung nicht Rechnung getragen? Welche Daten wurden von den Festgenommenen aufgenommen und wann werden diese gelöscht? Wiekönnen die gesammelten Daten von den Betroffenen eingesehen werden? Wer sonst kann die Daten einsehen? Drohen den Betroffenen in Zukunft Probleme aufgrund der gesammelten Daten (beispielsweise wenn sie in eine ähnliche Kontrolle kommen würden)? Woher kamen die Insiderinfos, dass mit Krawallen von Seiten der Zürcher Fans zu rechnen sei und wie stellt der Regierungsrat sicher, dass solche Informationen zuverlässig sind? Rechtfertigen solche Informationen einen solchen Einsatz? Teilt der Regierungsrat die Ansicht der Interpellanten, dass durch diese Aktion mehr friedliche, an Gewalt unbeteiligte Fussballfans über längere Zeit in Mitleidenschaft gezogen wurden, als an jedem anderen Schweizer Fussballspiel dieser Saison? Ist der Regierungsrat bereit, die Karten offenzulegen und eine unabhängige Untersuchung der Vorkommnisse zu veranlassen in der die Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit des Einsatzes überprüft wird? 0835 Interpellation Werner Müller, CVP, Wittnau, vom 5. Mai 2015 betreffend Aufgaben Ortsbild, Siedlung und Städtebau (OSS) ; Einreichung und schriftliche Begründung Von Werner Müller, CVP, Wittnau, und 14 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Für Bauten (Baugesuche) innerhalb der Bauzone ist im Grundsatz der Gemeinderat zuständig. Ausnahmen sind im Baugesetz § 63 geregelt. Die kommunalen Bauvorschriften werden in der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) festgehalten. Der Schutz von sensiblen Ortsbildern, wird mit entsprechenden Vorschriften, ebenfalls in der BNO geregelt. Die Verantwortung für die Umsetzung dieser Vorschriften, liegt beim Gemeinderat. Die Beurteilung von Bauvorhaben in Ortskernen, ist anspruchsvoll und setzt spezifische Kenntnisse der Bereiche Architekturgeschichte und Ortsbildgestaltung voraus. Daher haben viele Gemeinden mit empfindlichen Ortskernen, für diese Aufgabe beratende Fachpersonen zugezogen. Wichtig ist bei der Beurteilung der Gesuche, das Gespräch und die Lösungsfindung mit den Bauherren vor Ort. Wenn für ein Baugesuch eine kantonale Zustimmung gem. § 63 BauG erforderlich ist, erfolgt unnötigerweise meistens auch eine Baugesuchsbeurteilung in Bezug auf Ortsbildpflege, durch Fachberaterinnen und -berater der Abteilung Ortsbild, Siedlung und Städtebau (OSS). Dabei kommt es zu Doppelspurigkeiten zwischen den Gemeinden und dem Kanton. Meistens werden dabei gegensätzliche Baugesuchsbeurteilungen abgegeben. Was zu Unklarheiten beim Gemeinderat und bei der Bauherrschaft führt. Die kantonale Beurteilung erfolgt zudem grösstenteils ohne Besichtigung vor Ort. Zudem wird oft nicht einmal Kontakt mit dem kommunalen Fachberater aufgenommen. Daher bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen: 1. Was ist die Aufgabe der Fachberaterinnen und -berater Ortsbild, Siedlung und Städtebau (OSS)? 2. Wurde die Abteilung OSS in letzter Zeit personell aufgestockt? 3. Wenn ja, was sind die Gründe dafür? 4. Wieso werden die Baugesuche durch die Abt. OSS bezüglich Ortsbildpflege beurteilt, obwohl keine Pflicht dazu besteht? 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0834 2327 5. Ist das BVU bereit, den internen Ablauf bezüglich Beurteilung von Baugesuchen im Bereich der Ortsbildpflege neu zu organisieren? Die Beurteilungskompetenz liegt dabei bei den Gemeinden. 6. Können durch klare Regelung der Zuständigkeiten die Ressourcen der Abteilung OSS reduziert werden? 0836 Interpellation Robert Obrist, Grüne, Schinznach, vom 5. Mai 2015 betreffend genügenden Schutz der Steuerzahlenden im Kanton Aargau vor den ungedeckten Kosten des Atomstroms; Einreichung und schriftliche Begründung Von Robert Obrist, Grüne, Schinznach, und 2 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Der Bericht der Eidg. Finanzkontrolle zur "Prüfung der Governance Stilllegungs- und Entsorgungsfonds" (EFK 14172) vom 1.9.2014 ermittelte ein hohes finanzielles Risiko für den Bund. Kritisiert wird die Anwendung eines "idealen Szenarios" bei den Kostenstudien. Die Governance-Struktur der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds (SEF) wird in der heutigen Form als "nur bedingt geeignet" beurteilt, um die verursachergerechte Finanzierung der Entsorgung der Nuklearbfälle sicherzustellen. Im Weiteren ortet die EFK Interessenskonflikte zwischen den Strukturen der SEF und der Aufsichtsebene des Bundes infolge personeller Vermischungen. Weiter zeigen sich unklare Rollenverteilungen bei der Aufsichtstätigkeit des Bundes zwischen den involvierten Bundesämtern. Es wird darauf hingewiesen, dass zurzeit eine Revision der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung (SEFV) laufe. Die Stellungnahme von Swisselectric, der Organisation der schweizerischen Stromverbundunternehmen, (MM vom 16.11.2015) relativiert das Haftungsrisiko des Bundes. Ebenso rechtfertige sich die Anwendung der Corporate Governance-Grundsätze des Bundes auf die Stilllegungs- und Entsorgungsfonds nicht. Der Kanton Aargau ist direkt mit 13.975 % und über die AEW indirekt mit 14.026 % an der AXPOGruppe beteiligt. Das von der EFK ermittelte "hohe finanzielle Risiko" dürfte also, wenn die Argumentation der EFK zutrifft, von den Betreiberunternehmen und Eigentümern der Schweizer Atomkraftwerke getragen werden. Ebenso betrifft die Kritik die Strukturen der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds – sowie der Aufsichtsebene den Kanton Aargau als Miteigentümer. In diesem Zusammenhang bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen: 1. Teilt der Regierungsrat die Analyse der EFK, dass aufgrund der Beitragsberechnung auf den "idealen Kosten", der Strom aus den Atomkraftwerken in den letzten Jahren zu günstig verkauft wurde? 2. Mit dem sich verstärkenden Franken werden Stromimporte aus dem Euroraum noch billiger. Teilt der Regierungsrat die Meinung, dass AKW-Strom in den nächsten Jahren nicht kostendeckend am Markt abgesetzt werden kann und erhöhte Einlagen in den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds die Rechnung der AXPO-Gruppe zunehmend belasten wird? 3. Ist damit zu rechnen, dass für die AXPO, wie zur Sanierung der Alpiq, ein Kapital-Nachschuss nötig wird? Wenn ja, in welcher Höhe? 4. Welche Massnahmen sieht der Regierungsrat vor, um diese unverhältnismässigen finanziellen Risiken für die Steuerzahlenden im Kanton Aargau zu vermeiden? 5. Teilt der Regierungsrat die Forderung der EFK, die Fonds ausschliesslich durch unabhängige Vertreter zu führen? 6. Importierter Strom aus Kohle, Gas und Uran konkurrenziert zunehmend Strom aus einheimischer Wasserkraft. Teilt der Regierungsrat unsere Ansicht, dass ein Zuschlag auf Strom aus Kohle, Gas und Uran, der in die Schweiz importiert oder in der Schweiz produziert wird, zweckmässig sei? Die Höhe dieser Abgabe soll sich nach den ungedeckten Risiken sowie den Gesundheits- 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0835 2328 und Umweltkosten richten. Welche Massnahmen ergreift der Regierungsrat, um eine solche Abgabe bundesweit einzuführen? 0837 Interpellation Andre Rotzetter, CVP, Buchs, vom 5. Mai 2015 betreffend Reduktion von Leistungsverträgen mit Trägern von Sonderschulen; Einreichung und schriftliche Begründung Von Andre Rotzetter, CVP, Buchs, und 13 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Der Kanton Aargau betreibt als Träger eigene Sonderschulheime und vergibt über Leistungsverträge die Sonderschulung wie auch die stationäre Betreuung von Kinder und Jugendlichen an private Träger. Auf 2015 wurde bei den privaten Trägern die finanzielle Abgeltung gekürzt. Begründet wurde dies mit dem Lohnentscheid des Grossen Rates. Der vom Rat gesprochenen Lohnsumme von 1 % wurden 1.2 % (Mutationsgewinn 0.7 % und Einmalprämie 0.5 %) in Abzug gebracht. Kleine Sonderschulinstitutionen haben oftmals wenige und langjährige Mitarbeiter und somit kaum Mutationsgewinne. Zudem basiert ihr Lohnsystem nicht auf dem Lohnsystem des Kantons Aargau. Der Regierungsrat wird eingeladen, folgende Fragen zu beantworten: 1. Sind die Gehälter der kantonal angestellten Mitarbeiter und die Löhne der Mitarbeiter von privaten Trägern von Sonderschulen bei vergleichbaren Funktonen und Ausbildungen gleich hoch? (gleiche Arbeit = gleicher Lohn) 2. Wie haben die Träger die Kürzungen aufgefangen? 3. Wie hoch waren real die Mutationsgewinne der privaten Träger? 4. Gibt es Träger, die Einmalprämien auszahlen? 5. Gedenkt der Regierungsrat das Lohnsystem des Kantons für diese Schulen verbindlich zu erklären? 6. Um wieviel Prozente müssten die Leitungsverträge bei einer Verbindlichkeitserklärung des Lohnsystems durchschnittlich erhöht werden? 0838 Interpellation Annerose Morach, SVP, Obersiggenthal, vom 18. November 2014, betreffend Anwendung ZGB Artikel 440 Abs. 2, zweiter Satz, bei der Umsetzung des neuen Kinder- und Erwachsenenschutzrechtes an den Familiengerichten; Beantwortung, Erledigung (vgl. Art. 0658) Mit Datum vom 11. März 2015 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet. Vorbemerkung Am 1. Januar 2013 ist das revidierte Kindes- und Erwachsenenschutzrecht (KESR) in Kraft getreten. Art. 440 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) vom 10. Dezember 1907 schreibt den Kantonen vor, dass sie Fachbehörden zu bestimmen haben, welche ihre Entscheide im Kindes- und Erwachsenenschutz mit mindestens drei Mitgliedern fällt. Der Kanton Aargau hat dazu per 1. Januar 2013 Familiengerichte geschaffen. In jedem der elf Bezirksgerichte besteht ein Familiengericht. Dessen Spruchkörper im Kindes- und Erwachsenenschutz setzt sich aus einer Bezirksgerichtspräsidentin oder einem Bezirksgerichtspräsidenten sowie zwei Fachrichterinnen oder Fachrichtern aus der Sozialen Arbeit oder Psychologie/Pädagogik zusammen. Alle anderen Kantone 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0836 2329 der Deutsch-Schweiz haben demgegenüber Verwaltungsbehörden eingesetzt (ausser der Kanton Schaffhausen). Auch wenn in der Zusammenarbeit zwischen den Familiengerichten und den Gemeinden Optimierungen geprüft und anhand genommen werden (vgl. Projekt "Optimierungsmassnahmen KESR" in der Beantwortung zur Frage 3), so stehen für den Regierungsrat und die Justizleitung der Gerichte Kanton Aargau ausser Frage, dass sich die Vorteile der Aargauer Organisationsform mit den Familiengerichten während der etwas mehr als zweijährigen Praxiserfahrung bestätigt haben: Der Kindesschutz erfolgt im Kanton Aarau aus einer Hand, unabhängig davon, ob die Eltern des Kindes miteinander verheiratet sind oder nicht. Zuständigkeitsfragen zwischen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden sowie erstinstanzlichen Gerichten – so wie sie in anderen Kantonen bestehen – gibt es im Kanton Aargau nicht. Die Zuweisung des Kindes- und Erwachsenenschutzes an die Familiengerichte hat zudem den Vorteil, dass spezifisches Fachwissen in allen familienrechtlichen Verfahren genutzt werden kann (beispielsweise in Eheschutz- und Scheidungsverfahren). Das im Kanton Aargau gewählte Gerichtsmodell erweist sich als mindestens ebenso leistungsfähig wie die interkommunalen oder kantonalen Verwaltungsmodelle anderer Kantone. Das Gerichtsmodell profitiert insbesondere auch von der Synergie zum übrigen eingespielten Gerichtsbetrieb. Gestützt darauf konnte insbesondere die ausserordentliche Belastung während der Anfangsphase bewältigt werden. Zur Frage 1: "In welchen Rahmen kann im Aargau zur effizienteren Bearbeitung der hohen Anzahl Dossiers der ZGB Artikel 440 Abs. 2, zweiter Satz, angewendet werden, der den Kantonen die Möglichkeit einräumt, für bestimmte Geschäfte Ausnahmen vorzusehen?" Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde trifft ihre Entscheide im Dreiergremium (vgl. Vorbemerkung). Die Kantone haben jedoch von Bundesrechts wegen die Kompetenz, für bestimmte Geschäfte die Einzelzuständigkeit vorzusehen (Art. 440 Abs. 2 ZGB). Der Kanton Aargau hat bereits mit Inkrafttreten des revidierten Bundesrechts am 1. Januar 2013 kantonalrechtlich einen Katalog von Einzelzuständigkeiten in § 60b des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch und Partnerschaftsgesetz (EG ZGB) vom 27. März 1911 verankert. Diese Geschäfte entscheidet die Bezirksgerichtspräsidentin oder der Bezirksgerichtspräsident in Einzelzuständigkeit. Die Einzelzuständigkeit kann in Stellvertretung der Bezirksgerichtspräsidien auch durch in Voll- oder Teilpensen tätige Fachrichterinnen oder Fachrichter des Kindes- und Erwachsenenschutzes wahrgenommen werden (§ 56 Abs. 2 Satz 2 Gerichtsorganisationsgesetz [GOG] vom 6. Dezember 2011). Bereits eineinhalb Jahre nach dem Inkrafttreten des Bundesrechts eröffnete der Regierungsrat am 8. Juli 2014 das Anhörungsverfahren zu einer Änderung des EG ZGB mit einem wesentlich ausgebauten Katalog von Einzelzuständigkeiten. Die Ausweitung dieses Katalogs führt Geschäfte auf, für welche das interdisziplinäre Fachwissen des Spruchkörpers (Bezirksgerichtspräsidentin oder Bezirksgerichtspräsident sowie zwei Fachrichterinnen oder Fachrichter aus der Sozialen Arbeit oder Psychologie/Pädagogik) nicht zwingend notwendig ist beziehungsweise eine Fachrichtung (Recht, Soziale Arbeit oder Psychologie/Pädagogik) ausreicht. Der Regierungsrat hat dem Grossen Rat am 19. November 2014 die (14.221) Botschaft zur 1. Beratung der erwähnten Änderung des EG ZGB mit dem ausgebauten Katalog an Einzelzuständigkeiten im Kindes- und Erwachsenenschutz unterbreitet. Geplant ist, dass der gegenüber heute wesentlich ausgebaute Katalog von Einzelzuständigkeiten bereits am 1. Juli 2015 in Kraft treten soll. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0837-0838 2330 Zur Frage 2: "Wenn ja, für welche Bereiche kann besagter Artikel angewendet werden?" Es wird auf die Beantwortung zur Frage 1 verwiesen. Zur Frage 3: "Wenn nein, welche anderen effizienzsteigernden Massnahmen sind für eine raschere Bearbeitung der Dossiers geplant?" Zusätzlich zum Ausbau der Einzelzuständigkeiten wurde Mitte Februar 2015 das Projekt "Optimierungsmassnahmen KESR" gestartet. Das Projekt basiert auf dem Auftrag des Grossen Rats vom 16. September 2014, der wie folgt lautet: "Der Regierungsrat und die Justizleitung werden aufgefordert, zusammen mit den Gemeinden Vereinfachungen und Standardisierungen der Verfahrensabläufe zu beantragen, die in den entsprechenden Verfahren auch Gesetzesänderungen auf eidgenössischer und kantonaler Ebene enthalten sollen." Den Kern dieses Projekts bildet die Erfahrungsaustausch-Gruppe (ERFA-Gruppe), die sich auf Gemeinde- und Kantonsseite mit je vier Mitgliedern paritätisch zusammengesetzt. Seitens der Gemeinden arbeiten folgende Verbände mit je einer Vertretung in der ERFA-Gruppe mit: Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau, Verband Aargauer Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber, Verband Aargauer Gemeindesozialdienste und Vereinigung Aargauischer Berufsbeiständinnen und Berufsbeistände. Seitens der Familiengerichte werden ein Bezirksgerichtspräsident, eine Fachrichterin des Kindes- und Erwachsenenschutzes sowie ein Revisor in die ERFA-Gruppe Einsitz nehmen; zudem wird auf Kantonsseite die Projektleiterin des ehemaligen Umsetzungsprojekts mitarbeiten. Der Steuerungsausschuss besteht aus je einer Vertretung des Kantonalen Verwaltung, der Gerichte Kanton Aargau sowie der Gemeinden. Die ERFA-Gruppe wird sich monatlich treffen. Dabei bringen die sieben Vertreterinnen und Vertreter der vier kommunalen Fachverbände und der drei Fachgruppen der Familiengerichte diejenigen Themen in die ERFA-Gruppe ein, die ihnen von den Mitgliedern der kommunalen Fachverbände und von den Mitarbeitenden der Fachgruppen der Familiengerichte gemeldet werden (Themenmeldungen in einen "Briefkasten"). In der ERFA-Gruppe werden die Themen diskutiert und Lösungsvorschläge erarbeitet. Um die Ist-Analyse und die Optimierungsmassnahmen möglichst breit zu fassen, wird zusätzlich am 19. Juni 2015 eine Grossgruppenveranstaltung mit rund 50 Personen (je ca. 25 seitens Gemeinden und Familiengerichten) durchgeführt. Damit wird die Voraussetzung für eine breite Auslegeordnung zum Handlungsbedarf und zu den erforderlichen Massnahmen geschaffen. Die Gerichte Kanton Aargau haben zudem bereits im Herbst 2014 ein Projekt "Monitoring der Organisationsstrukturen und Abläufe an den Familiengerichten" mit der Ecoplan AG als externe Begleitung lanciert, welches im Frühjahr 2015 abgeschlossen wird. Gestützt auf die Meldungen aus dem "Briefkasten", die Ergebnisse der Grossgruppenveranstaltung, einer noch durchzuführenden Analyse zum Verfahrensrecht sowie der gerichtsinternen Analyse der Organisationsstrukturen und Abläufe an den Familiengerichten wird im Sinn des Projektauftrags des Grossen Rats bis Ende 2015 ein Bericht vorliegen, der die Ergebnisse der Ist-Analyse ("Briefkasten" und Grossgruppenveranstaltung) und konkrete Lösungsvorschläge/Empfehlungen enthält. Auch sollen die Weiterbearbeitung und Umsetzung (inklusive Priorisierung) aufgezeigt werden. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0838 2331 Zur Frage 4: "Welche gesetzlichen Anpassungen müssten auf kantonaler Ebene vorgenommen werden, damit die Gemeinden im Rahmen des neuen Kindes- und Erwachsenenschutz-Gesetzes wieder mehr Mitspracherecht, Entscheidungskompetenz und eine bessere Kostenkontrolle erhalten?" Der Kanton Aargau hat mit § 64 EG ZGB im Gegensatz zu anderen Kantonen die gesetzliche Grundlage geschaffen, wonach die Familiengerichte als Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden den Gemeinden vorgängig Gelegenheit zur Stellungnahme geben, sofern die Gemeinden durch eine geplante Massnahme in ihren Interessen, insbesondere finanzieller Art, wesentlich berührt werden. Die Gemeinden werden dadurch nicht Verfahrenspartei. Die heutige Gesetzgebung auf Bundesebene lässt keine darüber hinausgehende Mitsprache im Sinne einer eigentlichen (Mit-)Entscheidungskompetenz bei Entscheidungen der Familiengerichte über Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen zu. Eine Mitbeteiligung der Gemeinden mit einer eigenständigen Parteirolle ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung (Urteil Bundesgericht vom 28. März 2014 5A_979/2013) aufgrund der geltenden bundesgesetzlichen Regelung ausgeschlossen. Zur Frage 5: "Ist der Regierungsrat bereit, sich beim Bund einzusetzen, damit gesetzliche Anpassungen des Bundesrechts beim Kindes- und Erwachsenenschutzrecht vorgenommen werden, die eine Vereinfachung der Verfahren, weniger Kosten- und Personalaufwand beinhalten?" Der Bundesrat empfiehlt dem eidgenössischen Parlament zwei parlamentarische Vorstösse zum Kindes- und Erwachsenenschutzrecht zur Annahme. Darin hat sich der Bundesrat bereit erklärt, in einer Evaluation zu prüfen, wie sich die Qualität und die Kosten der behördlichen Leistungen sowie die Zahl der Maßnahmen (Personenzahl) und neueröffneten Verfahren seit dem Inkrafttreten des neuen Rechts entwickelt haben (vgl. [14.3776] Postulat Schneeberger und [14.3891] Postulat der sozialdemokratischen Fraktion). Nicht zuletzt will der Bundesrat im Rahmen dieser Evaluation prüfen, ob die Ziele der Revision erreicht worden sind. Erst nach dieser Prüfung wird der Bundesrat entscheiden, ob tatsächlich Handlungsbedarf besteht. Angesichts dieser Ausgangslage erachtet es der Regierungsrat als zielführend, die Resultate der Evaluation auf Bundesebene und die allfälligen Handlungsmassnahmen abzuwarten, diese zu analysieren und erst dann über eine direkte Ansprache beim Bund zu entscheiden. Hinzukommt, dass allenfalls im Projekt "Optimierungsmassnahmen KESR" konkrete Vorschläge zur Änderung des Bundesrechts erarbeitet werden. Diese liegen gemäss Projektplanung Ende 2015 vor. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'163.–. Mit Datum vom 25. März 2015 hat sich Annerose Morach, SVP, Obersiggenthal, gemäss § 84 Abs. 2 GO schriftlich von der Antwort des Regierungsrats befriedigt erklärt. Das Geschäft ist somit erledigt. 0839 Interpellation Stefanie Heimgartner, SVP, Baden, vom 18. November 2014 betreffend Flexibilität zwischen dem Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau und Unternehmungen mit schweren Lastwagen; Beantwortung; Erledigung (vgl. Art. 0657) Mit Datum vom 11. Februar 2015 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0838 2332 Vorbemerkungen Lastwagen und Sattelschlepper mit einem Gesamtgewicht über 3,5 t, Sachentransportanhänger mit einem Gesamtgewicht über 3,5 t und Fahrzeuge zum Transport gefährlicher Güter (Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse [SDR]) müssen erstmals ein Jahr nach der ersten Inverkehrsetzung und dann jährlich nachgeprüft werden (vgl. Art. 33 Abs. 2 Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge [VTS]). Diese Regelung wurde mehrfach diskutiert (vgl. Motion Nationalrat Elmar Bigger vom 17. Dezember 2004; Motion Nationalrat Werner Messmer vom 17. Juni 2007, Motion Nationalrat Ulrich Giezendanner vom 17. Juli 2010). Alle Vorstösse blieben, was die Prüfintervalle betrifft, wirkungslos. Am 4. April 2014 hat das Bundesamt für Strassen (ASTRA) zu einer Anhörung zur Neuregelung der periodischen Nachprüfintervalle eingeladen. Unter anderem soll der geltende Prüfrhythmus 1-1-1-1 beibehalten werden. Ferner erscheinen die schweizerischen Prüfintervalle für Kleinbusse und Lieferwagen, welche unter das Landverkehrsabkommen mit der EU fallen, noch zu lang und müssten angepasst werden (vgl. Bericht zur Überprüfung der Nachprüfintervalle des ASTRA vom 4. April 2014, Ziffer 4.1). Für landwirtschaftliche Fahrzeuge wird folgender Rhythmus vorgeschlagen: 6-5-5-5 (bisher 5-5-5-5). Die Resultate aus dem Vernehmlassungsverfahren sind heute noch nicht bekannt. Zur Frage 1: "Welche Kulanz bezüglich der Verschiebungsvorschriften herrscht in anderen Kantonen?" Im Zusammenhang mit der Motion von Nationalrat Ulrich Giezendanner führte der Bundesrat folgendes aus: "Das aktuelle Bundesrecht schreibt für Lastwagen ein Prüfintervall von einem Jahr vor. Die für den Vollzug zuständigen Strassenverkehrsämter versenden die Aufgebote zur Nachprüfung frühzeitig, sodass der Aufgebotstermin in jedem Fall im Rahmen der gesetzlichen Nachprüffristen verschoben werden kann. Die Festlegung einer Toleranz im Bundesrecht würde auf eine längere Prüfperiodizität hinauslaufen. Damit würde eine Divergenz zum Landverkehrsabkommen mit der Europäischen Union (EU) geschaffen, in dessen Rahmen die Schweiz die Prüfperiodizität für Lastwagen mit den in der Richtlinie 96/96/EG festgelegten EU-Vorschriften harmonisiert hat. Trotzdem wäre immer noch mit Fällen zu rechnen, bei denen der Prüftermin den Fahrzeughaltern nicht passt. Ausserdem würde durch eine auf Bundesebene festgeschriebene Toleranz die in Härtefällen praktizierte Flexibilität der Kantone, die heute zum Teil bedeutend weiter geht als in der Motion gefordert, eingeschränkt." Zu ergänzen ist nur, dass die Richtlinie 96/96/EG zwischenzeitlich ohne materielle Änderungen durch die Richtlinie 20/45/EU ersetzt worden ist. Demnach dürfen die Kantone, ausser in Härtefällen, keine Abweichungen vornehmen. Eine Umfrage bei den Kantonen hat ergeben, dass diese Auffassung überall geteilt wird. Wie weit in der Praxis diese Vorgaben in jedem Fall vollzogen werden, entzieht sich der Kenntnis des Regierungsrats. Die Einführung vereinheitlichter Datenmodelle bei den Strassenverkehrsämtern der Schweiz, welche zentrale Auswertungen ermöglichen würden, schreitet zwar voran, ist aber noch nicht so weit gediehen, dass zuverlässige Aussagen gemacht werden könnten. Zur Frage 2: "Wie weit ist ein Aufschub der Prüfung, unterteilt in ADR- und nicht-ADR-Fahrzeuge, möglich?" 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0839 2333 Nach den Erfahrungen der Fahrzeugdisposition des Strassenverkehrsamts wünschen Halterinnen und Halter von Fahrzeugen zum Transport gefährlicher Güter (ADR-Fahrzeuge) immer einen Termin spätestens bei Fälligkeit der Prüfung gemäss VTS, weil sie sonst ihr Fahrzeug nicht mehr einsetzen können. Die Lieferanten gefährlicher Güter, das heisst vor allem die chemische Industrie, verlangen vor dem Verlad von den Transporteuren einen aktuellen, gültigen Prüfnachweis, welcher nicht älter als 12 Monate ist. Liegt dieser nicht vor, so wird nicht verladen. Daher ist ein Aufschub weder sinnvoll noch erwünscht. Auch in den übrigen Fällen des Prüfrhythmus 1-1-1-1 bemüht sich die Fahrzeugdisposition bei Abmeldungen des vorgeschlagenen Termins um einen neuen Termin bis Fälligkeit der Prüfung gemäss VTS. Die dichte Belegung des Dispositionsplans bringt es mit sich, dass trotz des Einsatzes von fünf weiteren, auf gewerblichen Ressourcen basierenden Prüfstellen im Kanton Aargau ein solcher Termin nicht immer gefunden werden und der neue Termin bis zu 14 Tagen nach Fälligkeit zu liegen kommen kann. Zur Frage 3: "Wie viele Fahrzeuge mit AG-Immatrikulation werden ausserhalb des Kantons Aargau geprüft?" Ausserkantonal wurden zwischen November 2013 und November 2014 total 1'925 aargauische Fahrzeuge für den schweren Sachentransport geprüft, davon 399 im Hinblick auf eine Immatrikulation mit Aargauer Kontrollschildern. Die Gründe sind strukturbedingt: einige Transportunternehmen sind grenznah domiziliert und ihre Fahrzeuglieferanten und Servicestellen liegen ausserkantonal. Letztere nutzen die Prüfinfrastruktur ihres Standortkantons, was ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist. Das Strassenverkehrsamt prüfte im gleichen Zeitraum in Schafisheim und Wettingen sowie an den fünf Firmenstandorten (Bertschi Dürrenäsch, Birrer Sisseln, Indermühle Rekingen, Knecht Windisch und Scania Murgenthal) insgesamt 6'642 Fahrzeuge für den schweren Sachentransport mit Aargauer Kontrollschildern, davon 281 im Hinblick auf eine Immatrikulation mit Aargauer Kontrollschildern. Mit der Motorfahrzeugprüfstation beider Basel und dem Strassenverkehrsamt des Kantons Zug bestehen Delegationsvereinbarungen. Diese prüften für den Kanton Aargau im genannten Zeitraum total 590 Fahrzeuge wie oben beschrieben. Zur Frage 4: "Würden die gesetzlichen Vorgaben es zulassen, dass die jährlichen Untersuchungen wie im mit der EU ratifizierten Landverkehrsabkommen, in kleine und grosse Nachprüfungen unterteilt werden können? (Alle 3 Jahre eine grosse Hauptuntersuchung)" Nein. Der Bundesrat führte in seiner Stellungnahme zur Motion Messmer dazu unter anderem aus: "Mit dem Landverkehrsabkommen (LVA) hat sich die Schweiz u. a. verpflichtet, bezüglich der Nachprüfung von schweren Motorwagen und deren Anhänger gleichwertige Rechtsvorschriften zu erlassen, wie sie in der massgebenden Richtlinie 96/96/EG enthalten sind. Die Richtlinie lässt für gewisse, im Dienst der öffentlichen Sicherheit stehende Fahrzeuge (z. B. Polizei oder Feuerwehr) Ausnahmen zu. Weil jedoch die technischen Kontrollen der Verkehrssicherheit und dem Umweltschutz dienen und diese Anliegen hoch zu gewichten sind, wurde bei der Umsetzung ins schweizerische Recht von der Ausnahmemöglichkeit nicht Gebrauch gemacht. Die Richtlinie 96/96/EG schreibt für Lastwagen und ihre Anhänger eine jährliche umfassende technische Prüfung vor. Die enthaltenen Prüfpunkte stehen alle im direkten Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit und dem Umweltschutz. Bei der Umsetzung in dem von den Kantonen anzuwendenden einheitlichen 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0839 2334 Qualitätssicherungssystem (asa-QSS) hat sich gezeigt, dass sich mit dem in der Schweiz üblichen Prüfaufwand die Anforderungen der EG-Richtlinie nur knapp erfüllen lassen. Eine Vereinfachung der Prüfungen oder gar die Durchführung lediglich von Teilprüfungen sind deshalb nicht möglich." Zur Frage 5: "Wie sieht die Statistik für die einzelnen Prüfungsintervalle in Bezug auf Mängel generell sowie in Bezug auf Anzahl Aufgebote zur 2. Nachprüfung im Speziellen aus. Dies ausgewiesen nach folgenden Fahrzeugkategorien und Prüfungszeitpunkten: a) Personenwagen – 4/3/2/2 … b) Lastwagen (V'max > 45 km/h) – 1/1/1/1 ... c) gewerbliche Traktoren – 5/3/3/3..." Die Prüfresultate werden mittels gescannten Prüfformularen elektronisch eingelesen und ausgewertet. Die Fahrzeugarten werden nicht so zusammengefasst, wie in der Fragestellung gewünscht. Dennoch ergibt sich ein repräsentatives Bild. Für das Jahr 2013 wurden folgende Resultate ermittelt: Das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau wendet die gleichen Massstäbe wie die andern Prüfstellen anlegt. So beträgt die Beanstandungsquote bei den schweren Fahrzeugen zum Sachentransport > 3,5 t (inklusive Sattelschlepper, Anhänger und Sattelauflieger) im Kanton Aargau 14,1 %. Bei den umliegenden Kantonen beträgt sie, soweit bekannt, im Durchschnitt 14,8 %. Zur Frage 6: "Welche Art von Mängeln wird am häufigsten festgestellt? Auch hier frage ich nach einer Statistik." 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0839 2335 Bei den Motorwagen zum Personentransport < 9 Sitzplätze wurden 2013 am meisten Mängel bei der Beleuchtung (25 %), beim Fahrgestell (15 %) und bei der Bremsanlage (14 %) festgestellt. Bei den Motorwagen zum Sachentransport > 3,5 t sowie den Sattelschleppern > 3,5 t (ohne Anhänger beziehungsweise Sattelaufleger) wurden 2013 am meisten Mängel bei der Beleuchtung (22 %), beim Fahrgestell (22 %) und bei der Bremsanlage (13 %) festgestellt. Bei den landwirtschaftlichen Fahrzeugen sowie den Arbeitsmaschinen (mit Einschluss der gewerblichen Traktoren) wurden 2013 am meisten Mängel beim Fahrgestell (20 %), bei der sonstigen Ausstattung (19 %) und bei der Beleuchtung (18 %) festgestellt. Zur Frage 7: "Welche Umstände führen im Aargau dazu, dass vor allem Spezialfahrzeuge nur unter erschwerten Umständen zugelassen werden können?" Der amtliche Aufwand für die zwingend vorzunehmende Prüfung ist, unabhängig von der Fahrzeugart, unterschiedlich, je nachdem, ob eine Typengengenehmigung vorliegt oder nicht. Die Fahrzeugprüfung durch das Strassenverkehrsamt entfällt sogar, sofern ein unterzeichneter Prüfungsbericht (Formular 13.20 A) vorliegt, bei leichten Motorwagen, bei Anhängern mit einem Gesamtgewicht bis 3,5 t, bei Motorrädern und bei Leicht-, Klein- und dreirädrigen Motorfahrzeugen (vgl. Art. 30 ff. VTS vom 19. Juni 1995). Die Prüfungen werden gesamtschweizerisch nach den genau gleichen Kriterien durchgeführt: Die Kantone müssen das gleiche Qualitätssicherungssystem anwenden (vgl. auch Antwort zur Frage 4). Es trifft deshalb nicht zu, dass der Kanton Aargau irgendwelche Fahrzeuge nur unter erschwerten Umständen zulassen würde (vgl. auch Antwort zur Frage 5, am Ende). Zur Frage 8: "Ist der Regierungsrat nicht auch der Meinung, dass vor allem aus wirtschaftlichen Gründen möglichst viele solche Fahrzeuge "repatriiert" werden sollten? Welche Massnahmen können dazu eingeleitet werden?" Fahrzeuge sind im Standortkanton zu immatrikulieren (vgl. Art. 22 Abs. 1 Strassenverkehrsgesetz [SVG] vom 19. Dezember 1958). Damit wird unter anderem die Steuerhoheit des Kantons begründet. Aus wirtschaftlichen Gründen ist es somit für jeden Kanton wichtig, dass die Fahrzeuge entsprechend ihrem Standort immatrikuliert sind. Im Jahr 1994 waren in der ganzen Schweiz total 4'033'928 Fahrzeuge eingelöst, davon 314'108 (7,79 %) im Kanton Aargau. 2013 waren es in der ganzen Schweiz total 5'693'642, davon 473'792 (8,32 %) im Kanton Aargau. Der Anteil des Kantons Aargau hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten also leicht zugenommen. Es besteht somit keine Notwendigkeit, Massnahmen zur Repatriierung aargauischer Fahrzeuge einzuleiten. Offen ist die Frage, ob der Kanton Aargau Anstrengungen dahingehend unternehmen soll, dass Fahrzeuge mit Aargauer Kontrollschildern grundsätzlich nur noch durch das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau beziehungsweise durch Prüfstellen mit einer Kooperations- oder Delegationsvereinbarung mit dem Kanton Aargau geprüft werden. Dabei gilt jedoch zu beachten, dass Fahrzeugprüfungen unter den Zulassungsbehörden grundsätzlich anerkannt werden (Art. 105 Abs. 4 Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr [Verkehrszulassungsverordnung, VZV]). Diesbezügliche Anstrengungen wären daher mit dem Bundesrecht nicht vereinbar und würden einen unzulässigen Eingriff in den Anspruch der Halterinnen und Halter auf freie Wahl des Prüforts darstellen. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0839 2336 Zur Frage 9: "Sieht das StVA Aargau auch die Möglichkeit an Samstagen Fahrzeugprüfungen durchzuführen?" Das Strassenverkehrsamt lancierte seit Einführung des Prüfrhythmus 1-1-1-1 mehrmals Prüfungen an Samstagen. Dazu musste praktisch der ganze Betrieb (Prüfhalle, Fahrzeugdisposition, Schalterhalle, Informatik, Gebäudeinfrastruktur etc.) hochgefahren werden. Alle Versuche mussten mangels Kundeninteresse abgebrochen werden. Gründe hierfür waren die allgemein geringe Bereitschaft der privaten Kundschaft, einen Prüftermin am Samstag wahrzunehmen, und bei Transportunternehmen und Garagen zudem, dass sie aufgrund der geltenden maximalen wöchentlichen Arbeitszeiten keine Mitarbeitenden zur Verfügung haben, welche an Samstagen Fahrzeuge zur Prüfung bringen können. Von Montag bis Freitag prüft das Strassenverkehrsamt in Härtefällen Fahrzeuge auch nach offiziellem Betriebsschluss. Um weiterhin kundenorientiert zu bleiben und im Interesse einer möglichst hohen Auslastung der Prüfhalle wird das Strassenverkehrsamt mit dem Kundinnen- und Kundenrat in der zweiten Hälfte 2015 prüfen, ob ein neuer Versuch in Angriff genommen werden soll. Zur Frage 10: "Muss damit gerechnet werden, dass auch in Zukunft das StVA Aargau an sogenannten Brückentagen geschlossen bleibt? (wie z. B. 30. Mai 2014)" Im Jahr 2014 waren die Verwaltung des Kantons Aargau am Freitag nach Auffahrt (30. Mai 2014) und zwischen Weihnachten und Neujahr 2014 geschlossen. Das Strassenverkehrsamt hatte am 30. Mai 2014 ebenfalls geschlossen, war aber am 29. Dezember 2014 und 30. Dezember 2014 geöffnet. Im Jahr 2015 wird die Verwaltung des Kantons Aargau wiederum am Freitag nach Auffahrt (15. Mai 2015) und zwischen Weihnachten und Neujahr geschlossen sein. Der Brückentag vom 15. Mai 2015 gilt wie in den vergangenen Jahren auch für das Strassenverkehrsamt. Hingegen wird das Strassenverkehrsamt auch 2015 zwischen Weihnachten und Neujahr teilweise geöffnet haben, und zwar am Montag, 29. Dezember 2015 und am Dienstag, 30. Dezember 2015. Diese Regelung wurde mit der Beilage zur Verkehrssteuerrechnung 2015 (Versand November 2014) kommuniziert. Kurzfristige Publikationen bleiben vorbehalten. Für 2016 wurden noch keine Entscheide getroffen. Zur Frage 11: "Mit welcher Grundlage wurde kürzlich der Entscheid zur Erhöhung der Intervalle bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen von 5 auf 8 Jahre getroffen und warum wurden die Intervalle bei schweren Lastwagen, mit denselben Überlegung nicht auch erhöht?" Die Prüfintervalle werden zurzeit durch den Bund geprüft. Es wurden noch keine Entscheide getroffen. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 3'405.–. Mit Datum vom 11. März 2015 hat sich Stefanie Heimgartner, SVP, Baden, gemäss § 84 Abs. 2 GO schriftlich von der Antwort des Regierungsrats teilweise befriedigt erklärt. Das Geschäft ist somit erledigt. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0839 2337 0840 Motion Adriaan Kerkhoven, GLP, Brugg, vom 3. März 2015 betreffend Ausbau von Dachgeschossen im Kanton Aargau (in Anlehnung an das vom Regierungsrat entgegengenommene Postulat 13.154 von Richard Plüss); Erledigung infolge Rücktritt aus dem Grossen Rat (vgl. Art. 0770) Der von Adriaan Kerkhoven, GLP, Brugg, eingereichte Vorstoss wurde innert der Frist von 4 Wochen, nach dessen Rücktritt aus dem Grossen Rat, nicht übernommen. Deshalb wird die Motion gestützt auf § 42 Abs. 2 Geschäftsverkehrsgesetz als erledigt von der Kontrolle abgeschrieben. 0841 Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Binnenschifffahrt; Änderung; Bericht und Entwurf zur 1. Beratung; Eintreten, Detailberatung und Gesamtabstimmung (Vorlage-Nr. 15.22-1 des Regierungsrats vom 18. Februar 2015) Andreas Senn, CVP, Würenlingen, Präsident der Kommission für öffentliche Sicherheit (SIK): Die Kommission für öffentliche Sicherheit (SIK) hat am 9. März 2015 die Vorlage beraten. Bis zum 15. Februar 2015 war das Fahren mit Drachensegelbrettern, besser bekannt unter dem Begriff Kitesurfen, gemäss Bundesrecht verboten; den Kantonen war es allerdings gestattet, Wasserflächen von diesem Verbot auszunehmen. Der Kanton Aargau hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine Gewässer von diesem Verbot ausgenommen. Gestützt auf eine Motion der eidgenössischen Räte hat der Bundesrat das schweizweite Verbot per 15. Februar 2015 aufgehoben. Weil die Gewässerhoheit bei den Kantonen liegt, müssen die Kantone das Kitesurfen nun explizit verbieten, ansonsten gilt die Freigabe durch das Bundesrecht. Im Kanton Aargau stellt sich die Frage nur auf dem Hallwilersee, alle anderen Wasserflächen eignen sich für Kitesurfen nicht. Der Regierungsrat macht geltend, dass Kitesurfen in der Dank des Hallwilerseeschutzdekrets naturbelassenen Uferlandschaft irreparable Schäden hinterlassen würde. Die Schilf- und Seerosenbestände, die Riedflächen und Flachmoore und die unverbauten Ufer stellten einen einmaligen Wert dar, der nicht durch das Ausüben einer Sportart gefährdet werden dürfe. Bedroht seien auch die zahlreichen Vogelarten, die durch das geräuschintensive Kiten empfindlich gestört wären und die geschützten Gebiete am See sehr schnell verlassen würden. Der Regierungsrat macht ausserdem ein Sicherheitsrisiko für die Schwimmer und anderen Benützer des Sees geltend, da es sich beim Kiten um eine sehr schnelle Sportart handelt und gerade Anfänger mit unverhofften Richtungswechseln oder Ausweichen Mühe haben dürften. Der Regierungsrat empfiehlt aus den genannten Gründen, die Vorlage abzulehnen und den Hallwilersee in seiner naturbelassenen Schönheit und Ruhe zu erhalten. Eine klare Mehrheit der Stellungnahmen aus der Anhörung stimmt mit der regierungsrätlichen Haltung überein. Auch der Kanton Luzern beabsichtigt, auf dem luzernischen Teil des Hallwilersees das Kitesurfen zu verbieten. Zur Beratung in der Kommission: Das Eintreten war unbestritten und die Kommission SIK gelangte am Schluss einer spannenden Diskussion zum gleichen Schluss wie der Regierungsrat. Von Seiten einer Fraktion wurde geltend gemacht, dass, wenn sich die Gelegenheit zur Aufhebung eines Verbots biete, diese auch ergriffen werden sollte. Ausserdem wurde die Verhältnismässigkeit eines Verbots stark in Zweifel gezogen, zumal der Hallwilersee nicht zu den schutzwürdigen Reservaten gemäss Verordnung über die Wasser- und Zugvogelreservate von internationaler und nationaler Bedeutung (WZVV) gehöre. Ausserdem sei aufgrund der geringen Windstärke auf dem See nicht zu erwarten, dass viele Kiter in den Aargau kommen würden. Darum könnten die Kiter ohne Probleme den Seglern gleichgestellt werden. Es wurde ein Prüfungsantrag zur Definierung 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0840 2338 einer für das Kiten möglichen Zone gestellt. Dieser wurde von der Kommission mit 9 zu 3 Stimmen, bei 12 Anwesenden, abgelehnt. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder war der Meinung, dass der Hallwilersee zu klein sei für Kitesurfen. Es wurde befürchtet, dass Anfänger bei starken Winden, die es ja braucht, in die geschützten Uferzonen abgetrieben würden. Ferner wurde geltend gemacht, dass gerade die Profis selber den See als zu klein bezeichnet hätten und auf andere Gewässer ausweichen würden. Der Schutz der Ufergürtel sowie der darin lebenden Vögel wird als so übergeordnet bezeichnet, dass es jegliche Störung der zum Teil seltenen Vögel und die Beschädigung der Schilfgürtel und Riedflächen zu vermeiden gilt. Erfahrungen der Vogelwarte Sempach hätten gezeigt, dass Kiten für die Vögel auch visuell ein massives Störungspotenzial enthalte und die Vögel innert kürzester Zeit vertreibe. Da ausserdem keine geeigneten Einwasserungsstandorte vorhanden sind, wäre der Start nur auf dem offenen See möglich, was wiederum für Anfänger schwierig sein dürfte. Einzig das Argument des Regierungsrats betreffend das Sicherheitsrisiko für Schwimmer wurde in Zweifel gezogen, da gemäss den Aussagen der Kiter Kitesurfen vor allem bei sehr starken Windverhältnissen betrieben würde. Bei solchen Verhältnissen seien jedoch nicht mehr viele Schwimmer auf dem See zu erwarten. Die Abstimmungsergebnisse der Kommission werde ich später bekannt geben. Eintreten Daniel Hölzle, Grüne, Zofingen: Bei dieser Vorlage kann ich die Position der Grünen in einem Satz klarstellen: Die Grünen sind gut zu Vögeln! Daher werden wir auf das Geschäft eintreten und der Vorlage geschlossen zustimmen. Uns wurde von verschiedener Seite glaubhaft dargelegt, dass das Kitesurfen für die Vögel massiver Stress bedeutet. Es braucht wenig Fantasie, um sich vorzustellen, dass ein Kite, der sich schnell und ruckartig über die Seeoberfläche bewegt, von Vögeln als Greifvogel und somit als Bedrohung wahrgenommen werden kann. Wir Grünen sind der Meinung, dass es sich beim Hallwilersee, auch dank dem Hallwilerseeschutzdekret, um ein einzigartiges Biotop handelt, dessen Ufer mehrheitlich noch naturnah und somit unverbaut sind. Leider ist dies längst nicht mehr bei allen Schweizer Seen so. Daher ist es aus unserer Sicht auch verhältnismässig, diesen See und seine Flora und Fauna mittels Verbot einer Sportart vor negativen Einflüssen zu schützen. Es gibt Seen, welche für diese Sportart geeignet sind, der Hallwilersee ist es nicht. Wir hoffen, dass die Mehrheit des Grossen Rats dieser Vorlage zustimmt und wenden uns hier noch speziell an die Grünliberalen, die in der Vernehmlassung ein Verbot des Kitesurfens auf dem Hallwilersee kritisiert haben. Geschätzte GLP: Wenn auch Sie gut und grün zu Vögeln sein wollen, müssen Sie dieser Vorlage zustimmen. Ich kann Ihnen versichern, dass es sich lohnt. Flurin Burkard, SP, Waltenschwil: Dank des Hallwilerseeschutzdekrets verfügt unser See noch heute zu grossen Teilen über naturbelassene Ufer und Flachwasserzonen. Flora und Fauna sind äusserst störungsanfällig. Kein Vergleich mit den Ufern des Zürich- oder Vierwaldstättersees. Diese aussergewöhnliche Landschaft ist überaus schutzbedürftig und steht bereits heute an ihrer Belastungsgrenze. Diese Gegebenheit erfordert das Festhalten am Verbot von Drachensegelbrettern. Dafür spricht auch Folgendes: Negative Erfahrungen mit den Kitesurfern auf dem Sempachersee bewogen den Kanton Luzern, das Kitesurfen wieder zu verbieten. Weiter zeigte sich am Sempachersee, dass sich in den Sommermonaten an erheblich mehr als nur fünf Tagen Kitesurfer auf dem See befanden. Die geographische Nähe zum Hallwilersee lässt daher erahnen, dass dies auch auf unserem See zur Regel würde. Die Kites haben zudem laut Studien einen stärkeren Störungseffekt auf Wasservögel als andere Wassersportgeräte. Eine Biologin der Vogelwarte Sempach schilderte mir, es sei erschreckend gewesen, wie die Vögel auf die Kites reagierten. Bereits ein Drache hätte genügt, um die Mehrheit der Vögel in die Flucht zu schlagen. Ähnliches zeigte auch ein mir vorliegender Bericht 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0841 2339 im Auftrag des Kantons Thurgau zur Überprüfung der Kitesurfzonen am Bodensee. Während sich normalerweise Hunderte von Wasservögeln einfanden, war kein einziges Tier in der betreffenden Zone, wenn auch nur ein Kite zu sehen war. Weiter zeigte der Bericht, dass die ausgeschiedenen Kitezonen nicht respektiert wurden. Ich zitiere aus dem genannten Bericht: "Wenn mehrere Kitesurfer gleichzeitig unterwegs waren, waren die Surfer kreuz und quer über den Untersee unterwegs und nutzten einen viel grösseren Raum, der weit über die bezeichnete Zone hinausreichte." Dies zeigt, dass auch eine allfällige Spezialkitezone auf dem Hallwilersee kaum zweckmässig realisierbar wäre. Die Grösse einer möglichen Zone wäre ohnehin äusserst beschränkt, da laut Vogelwarte ein Mindestabstand von 500 Metern zu sensiblen Uferzonen eingehalten werden sollte. Mit einer Breite von 1,1 bis 1,5 Kilometern ist der Hallwilersee für diese Sportart schlicht zu klein. Die Interessensvertreter des Kitesurfclubs haben ebenfalls mehrmals betont, dass sich der Hallwilersee aufgrund der Windverhältnisse ohnehin nur bedingt für das Kitesurfen eignet und dass die meisten Sportler auch künftig auf andere Orte ausweichen werden. Dies bestätigt meinen Verdacht, dass sich der Kitesurfclub Schweiz eine präjudizielle Entscheidung ersehnt, welche er künftig in anderen Kantonen als Beispiel vorbringen kann. Unsere Fraktion anerkennt das Kitesurfen als attraktive, grundsätzlich ökologische und zu unterstützende Sportart, ist aber nicht bereit, den Schutz unseres naturbelassenen Sees zu lockern. Es ist zumutbar, dass die Kitesurferinnen und Kitesurfer auch an jenen Tagen, an welchen es ausreichend windet, auf andere, besser geeignete Seen ausweichen, so wie sie dies auch an Tagen tun, an welchen am Hallwilersee ungenügende Windbedingungen herrschen. Die SP-Fraktion wird den Anträgen des Regierungsrats folgen. Ich bitte Sie, dies ebenfalls zu tun. Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Die GLP hat sich – wie schon erwähnt – in der Vernehmlassung gegen ein komplettes Kiteverbot eingesetzt; dies nach intensiver vorangehender Diskussion betreffend das Dilemma zwischen Schutzbedürfnis von Natur und Landschaft und effektiver Belastung durch das Kiten. Wegen einer Nutzung von ungefähr fünf Tagen im Jahr wurde aus liberaler Sicht ein komplettes Verbot als unverhältnismässig angesehen. Die GLP hätte ein den Schutzbedürfnissen Rechnung tragendes, rigides Nutzungsreglement bevorzugt und hat ein solches denn auch in der Vernehmlassung eingebracht. Anscheinend seien alle Varianten, also auch solche mit verbotenen und erlaubten Zonen und solche mit einem Start nur vom Boot aus, geprüft worden. Leider findet sich aber dazu in der Botschaft nur eine knappe Begründung, weshalb diese alle verworfen wurden. Von einem Teil der Fraktion – da kann ich die Grünen beruhigen – wird die Gewichtung des Regierungsrats als richtig empfunden. Der leicht grössere Teil wird jedoch – wie in der Vernehmlassung – die Kiter unterstützen und das Gesetz ablehnen oder einen allfälligen Nichteintretensantrag unterstützen. Dr. Roland Frauchiger, EVP, Thalheim: Seitens EVP möchten wir nicht mehr Einschränkungen einführen als notwendig und finden auch das Kiten einen interessanten Sport. Bei genauerer Betrachtung der Verhältnisse auf dem Hallwilersee – den entsprechenden Abständen, die einzuhalten sind, der verbleibenden Fläche; dann auch die Berücksichtigung, dass mit dem Kitesurfen eine dritte Dimension ins Spiel kommt – kommen wir letztlich zum Schluss, dass es sich nicht lohnt, für diese paar wenigen Tage, wo es auch genügend Wind hat, das Kitesurfen zuzulassen. Gemäss Auskunft des Kitesurfclubs ist der Hallwilersee für die Profis ohnehin keine Alternative und die Anfänger hätten nur wenige Tage im Jahr, an denen sie überhaupt auf den See gehen könnten – anscheinend vornehmlich im Winter. Aber gerade dann, wenn hoher Wind ist, bestehen höhere Risiken, dass eben die Schutzzonen nicht eingehalten werden können. Daher unterstützt die EVP den Antrag des Regierungsrats und bittet Sie, ebenso abzustimmen. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0841 2340 Maja Riniker, FDP, Suhr: In der Kommissionssitzung wurde uns seitens des Departementsvorstehers unmissverständlich die Frage gestellt, ob wir im Kanton Aargau am Hallwilersee einen Funpark wollen oder nicht. Der Regierungsrat will dies klar nicht. Die Kiter können auf 16 Gewässern in unserem Land ihrem Hobby nachgehen – vom Genfersee bis rauf zum Bodensee, vom Zürichsee bis zum Lago Maggiore. Der Kanton Uri fährt eine gute Variante: Im 2016 gibt es für den breiteren Teil des Urnersees einen Probebetrieb. Aber im Kanton Aargau soll dies auch nach Mitte Februar 2016 nicht möglich sein. Darum müssen wir uns heute im Rahmen der Beratung dieses Geschäfts darüber unterhalten. Was macht unseren Hallwilersee so schützenswert? Die Vögel sind es nicht. Auch wenn wir zwar seltene Vögel am See haben, so schützenswert sind sie nicht, sonst wäre unser Hallwilersee ins WZVV aufgenommen worden, so wie es beispielsweise beim Klingnauer Stausee geschehen ist. Die Windverhältnisse sind es ebenfalls nicht. Ein Kitesurfer startet erst ab 22 Kilometern pro Stunde konstantem Wind. Das entspricht 4 Beaufort aufwärts. Am See oben hat es selten starken Wind – und wenn, dann nicht konstant. Dazu fehlen auch die topographischen Voraussetzungen, wie sie beispielsweise am Neuenburger- oder Urnersee vorliegen. Die Sicherheitsbedenken bezüglich Seeüberquerer können es auch nicht sein. Ich habe es schon gesagt: Die Kiter brauchen mindestens 4 Beaufort. Dann bilden sich auf den Wellen schon weisse Schaumköpfe. Ein Schwimmer startet dann nicht mehr zu ausgedehnten Distanzen, zumal spätestens ab 6 Beaufort die Starkwindwarnung beim Restaurant Delfin einschaltet. Dann wird der See von allen Booten und Schwimmern verlassen. Bei den Kitern kommt erst da langsam Freude auf. Die Verhältnismässigkeit für ein Verbot kann es unseres Erachtens auch nicht sein. Der Regierungsrat will uns zwar auf Seite 6 der Botschaft wissen lassen, dass das öffentliche Interesse für das Verbot und die Einschränkung besteht. Erlauben Sie mir aber nochmals die Frage, ob es wirklich verhältnismässig ist, über ein Gebiet, welches nicht als schützenswürdig deklariert ist, ein Kitesurfverbot zu erlassen. Wir haben die Chance, ein überflüssiges Verbot aufzuheben, also tun wir es. Wir können es auch verantworten, dass unter dem geltenden Recht die Kiter ab Mitte Februar 2016 auf dem Hallwilersee surfen dürfen, ohne dass der Hallwilersee gleich zum gänzlichen Funpark des Aargaus verkommt. Die Hälfte der FDP-Fraktion wird auf das Geschäft eintreten. Ein gleich grosser Teil der Fraktion hätte es lieber gesehen, wenn wir erst gar nicht auf das Geschäft eintreten würden. Max Härri, SVP, Birrwil: Eines vorneweg: Beinwil ist die Nachbargemeinde, ich komme aus Birrwil und ich spreche im Namen der SVP-Fraktion. Es ist also wieder einmal so weit. Wir müssen heute hier ein weiteres Mal entscheiden, ob wir die Wasserfläche des Hallwilersees für eine neue erweiterte Nutzung freigeben wollen oder nicht. Der Regierungsrat schlägt in klarer Übereinstimmung mit der Mehrheit der Stellungnahmen der durchgeführten Anhörung vor, das Kitesurfen auf dem See nicht zuzulassen. Den in der Botschaft aufgeführten Begründungen betreffs Gefährdung von Naturwerten, Störungspotenzial für Vögel, Sicherheitsrisiko für andere Seebenutzer und die nicht möglichen Ein- und Ausstiegsstellen können wir uns grösstenteils anschliessen. An dieser Stelle ist auch zu erwähnen, dass das Kitesurfen ja schweizweit bereits an 16 Orten ausgeübt werden kann – seit dem 1. März 2015 auch auf dem Zürcher Teil des Zürichsees. Das Gebiet des Hallwilersees und seine Umgebung werden – wie Sie alle wissen – immer wieder in den höchsten Tönen gelobt. Besonders hervorgehoben werden die landschaftliche Schönheit, die freie Zugänglichkeit der unverbauten naturnahen Ufer mit ihren Tieren und Pflanzen und die Naturschutzgebiete von nationaler Bedeutung. All das konnte in der Vergangenheit – und kann in Zukunft – aber nur durch relativ strenge Auflagen und Verordnungen erhalten werden. Dazu gehört eben auch, die Nutzung der Wasserfläche durch immer Neues nicht noch weiter ansteigen zu lassen, um so nicht noch weitere Verschärfungen der Auflagen und Verordnungen zu provozieren, die letztlich vor allem die Seegemeinden treffen würden. Wir dürfen aber nicht darüber hinwegsehen, dass der Druck auf das Gebiet des Hallwilersees schon mit den heute möglichen Nutzungen hoch ist, sei es durch die stetig wachsende Bevölkerung in den 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0841 2341 Gemeinden oder eben durch vielerlei Aktivitäten am, im und auf dem Wasser durch Einheimische und Gäste. Vor diesem Hintergrund ist auch die ablehnende Haltung der meisten am Anhörungsverfahren beteiligten Stellen, Parteien, Verbänden, anderer und aller Seegemeinden zu sehen. Auf den ersten Blick geht es, wie schon öfter, um das Anliegen einer kleinen Gruppe Direktbetroffener. Doch wie viel und was alles kommt in Zukunft noch? Wann ist Ihrer Meinung nach das Mass des Erträglichen erreicht oder gar überschritten? Mit welchen Begründungen wollen Sie die möglichen Begehren anderer, wenn denn vorhanden, ablehnen? Die Seegemeinden fürchten einen grösseren Anstieg der heute zum Teil schon grossen Belastung der Region im Zusammenhang mit der Nutzung des Sees vom Frühling bis in den Herbst – vor allem mit Blick auf die zum Teil ungenügende Parkplatzsituation und die wenigen Zufahrtsmöglichkeiten zum Ufer und dem darauf oft entstehenden Chaos. Glauben Sie mir, ich weiss, wovon ich spreche. Daher steht auch die Aussage der Kiter, man werde vor allem in der Zeit auf dem See sein, in der sonst niemand die Wasserfläche benutze, buchstäblich quer in der Landschaft. Es ist ja eben genau diese Zeit, die dem See und seiner Umgebung mit den Pflanzen und Tieren die nötige Ruhe gibt. Geschätzte Grossrätinnen und Grossräte, bei aller Sympathie für das Kitesurfen: Wenn Ihnen der Erhalt des Hallwilersees und seiner Umgebung in der heutigen Art mit den heute schon möglichen Nutzungen, wie Sie es ja schon öfter bewiesen haben, ein Anliegen ist, unterstützen Sie den Antrag des Regierungsrats, das Kitesurfen auf dem Hallwilersee nicht zuzulassen – so, wie es auch die grosse Mehrheit der SVP tut. Eine Bemerkung zu § 6: Wie schon im bisherigen Gesetz ist vorgesehen, dass der Regierungsrat die Ausnahmen durch Verordnungen regelt. Für uns ist diese Kompetenzdelegation zu offen formuliert. Aus diesem Grund wünschen wir uns, dass der Regierungsrat auf die 2. Lesung seinen neuen Entwurf der Verordnung vorlegt. Wir erwarten daher die spontane Zusicherung des Innendirektors. Ansonsten werden wir einen entsprechenden Prüfungsantrag einreichen. Heinz Graf, BDP, Oberrohrdorf: Die BDP-Fraktion stimmt dem Regierungsrat zu, die Änderung zum Bundesgesetz über die Binnenschifffahrt umzusetzen. Mit Interesse habe ich in meinen Ferien in Gran Canaria im Gebiet der Sanddünen jeweils den Kitesurfern bei der Ausübung ihres Sportes zugeschaut. Ein faszinierender Sport! Spektakulär war jeweils, wenn diese Surfer mit ihren Brettern bei entsprechendem Wind- und Wellengang sich in die Luft abgehoben haben. Ich hätte mir nie und nimmer vorstellen können, dass es eine Diskussion darüber geben könnte, diesen Sport je auf dem schmalen Hallwilersee auszuüben. Ich bin stolz darüber, dass wir im Kanton Aargau einen See haben. Dank des Dekrets zum Schutz der Hallwilerseelandschaft ist es gelungen, die Landschaft in ihrer natürlichen Eigenart und Schönheit zu erhalten. Kennen Sie einen See im Mittelland, bei dem rund 75,0 Prozent der Uferlandschaft naturnah sind? Ich kenne keinen. Es ist eine völlig andere Ausgangslage als zum Beispiel beim Zürich-, Vierwaldstätter- oder Neuenburgersee. So gibt es 16 andere Seen in der Schweiz, auf denen man diesen Sport ausüben kann. Die Segelwerk-Kitesurfer mit der grossen Spannweite lösen bei den Vögeln eine riesige Bedrohungssituation aus. So konnte am Sempachersee beobachtet werden, dass nach einigen Sekunden dort, wo sonst unzählige Vögel zu sehen waren, kein Vogel mehr zu sehen war. 25 Meter Seillänge, zusammen mit dem grossen Segel, beinhalten ein grosses Störpotenzial. Kites simulieren tatsächlich einen grossen Raubvogel und sind keineswegs vergleichbar mit normalen Segelbooten. Das bfu (Beratungsstelle für Unfallverhütung) sagt, dass dort, wo gebadet wird, Kitesurfen verboten werden muss. Ein Sicherheitsproblem stellen die Schwimmer dar, die abseits vom Ufer schwimmen. Gerade der Hallwilersee begünstigt mit seiner schmalen Breite, dass viele Schwimmer gerne den See überqueren. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass man aus den vorgenannten Gründen für das Wasserskifahren, für Wellenbretter und das Wakesurfen ein Verbot ausgesprochen hat. Wenn man getestet hat, dass nur an fünf Tagen pro Monat eine Windgeschwindigkeit von 22 Kilometern pro Stunde herrscht – somit das Kitesurfen also ideal wäre – würde der Hallwilersee bei 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0841 2342 Windgeschwindigkeiten von 12 bis 19 Kilometern pro Stunde vor allem auch von Anfängern benützt. Somit würden sich die Surftage bis auf 15 Tage pro Monat erhöhen. Es kann auch niemand ausschliessen, dass sich eine Kitesurfschule niederlassen würde, um diesen Sport auch bei diesen geringen Windgeschwindigkeiten auszuüben. Wollen wir das in unserem Naturpark zulassen? Liebe Kitesurffreunde, ich zähle mich als Zuschauer und Bewunderer eurer Sportart auch dazu. Am Hallwilersee fehlt eine geeignete Einstiegs- und Ausstiegsstelle vom Land aus. Die Natur muss heute in der bereits stark belasteten Landschaft geschützt werden. Ich möchte euch allen beliebt machen, auf die 16 Seen in der Schweiz auszuweichen, beispielsweise ganz in der Nähe im benachbarten Kanton Zürich am Zürichsee, wo das Kitesurfen seit dem 1. März 2015 möglich ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, der Vorlage des Regierungsrats für ein generelles Verbot zuzustimmen. Ich danke auch den Kitesurfern für das Verständnis, dass wir ihren Sport am Hallwilersee, wie dies auch der Kanton Luzern tut, nicht zulassen können. Ruedi Donat, CVP, Wohlen: Die CVP-Fraktion bedankt sich beim Regierungsrat für die ausführliche Botschaft und den spürbaren Willen, dem Hallwilerseeschutzdekret nachzuleben. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir hier über die verschiedenen Richtplananpassungen diskutiert und sind nicht zuletzt wegen dieses Dekrets auf verschiedene Anpassungen nicht eingetreten. Daher sind wir der Meinung, dass das Verbot des Kitesurfens nichts anderes ist, als das Dekret konsequent zu schützen oder zu stützen. Wir finden es wichtig und richtig, dass diese Gesetzeslücke geschlossen wird. Aus der Anhörung kam ganz klar zum Ausdruck, dass das Kitesurfen auf dem Hallwilersee keinen Sinn macht und von den angrenzenden Gemeinden auch abgelehnt wird. Der Hallwilersee ist schlicht zu klein, um diesem zusätzlichen Bedürfnis gerecht zu werden. Für die CVP sprechen die folgende Gründe für das Verbot gemäss regierungsrätlichem Antrag: Durch das Verbot wird das Hallwilerseeschutzdekret gestärkt und dem Willen der anliegenden Gemeinden Rechnung getragen. Der Sicherheit wird Rechnung getragen. Die vielen schwimmenden Seeüberquerer werden es uns danken, wenn sich die unberechenbaren Kitesurfer nicht auch noch auf dem See aufhalten. Die Natur – und insbesondere die Vögel – werden es uns ebenfalls danken, wenn sie ungestört brüten oder überwintern können, täuschen doch die grossen Drachensegel, auch Kites, durch das Flattern in der Luft einen Raubvogel vor. Dadurch würden die Vögel zusätzlichem Stress ausgesetzt. Die CVP-Fraktion wird auf das Geschäft eintreten und wie die vorberatende Kommission der Botschaft grossmehrheitlich zustimmen. Adrian Meier, FDP, Reinach: Ich bin erstaunt, mit welcher Vehemenz sich der Regierungsrat und deren Verwaltung gegen diese Sportart wehren. Ein kurzes Beispiel: Die Vernehmlassung war extrem einseitig formuliert, das Anhörungsverfahren wurde gekürzt. Dies geschah dadurch, dass es in die Weihnachts- und Neujahrszeit gelegt wurde. Der Regierungsrat beantragt nun ebenfalls eine verkürzte Beratungszeit im Grossen Rat zwischen der 1. und der 2. Lesung. Zum Inhaltlichen: Der Regierungsrat macht zwei Hauptgründe für das Verbot geltend. 1. Landschaftsschutz: Hierzu kann Folgendes gesagt werden: Auf Bundesstufe gibt es bereits eine genügend grosse Abdeckung. Die Kitesurfer müssen einen Abstand zum Schilf von 25 Metern einhalten, wie alle anderen Seebenützer auch. Die Kiter halten sich aber nicht an windgeschützten Stellen mit Schilf auf. Dadurch ist auch das Gefährdungspotenzial kleiner, als bei anderen zugelassenen Schiffen. Gerne komme ich noch auf das Votum von Flurin Burkard von der SP bezüglich Situation im Kanton Luzern zu sprechen. Im Kanton Luzern existieren weder Statistiken zu den möglichen Unfällen auf dem See noch liegen Anzeigen vor; sei es von Privatpersonen oder auch von der Vogelwarte. 2. Vogelschutz: Ich mache darauf aufmerksam, dass der Hallwilersee, im Gegensatz zum Klingnauer Stausee, kein WZVV-Gebiet mit speziellem Vogelschutz ist. Es leuchtet mir nicht ein, weshalb Kiter mit einem Segel verboten werden sollen, während Segelschiffe mit den flatternden Segeln erlaubt sind. Es leuchtet mir ebenfalls nicht ein, weshalb Motorboote Gas geben dürfen. Und was mich sehr stark stört, ist das Abbrennen von Feuerwerk auf dem See. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0841 2343 Ich erlaube mir noch einen Hinweis. Auf Bundesebene wurde das Kitesurfen aufgrund einer Motion, welche von acht Motionären eingereicht wurde, legalisiert. Drei davon stammen aus dem Kanton Aargau. Dies sind von der CVP Ruth Humbel, von der BDP Bernhard Guhl und von der SP Cédric Wermuth. Es erstaunt mich, dass ausgerechnet diese Fraktionen ihren eigenen eidgenössischen Räten dermassen in den Rücken fallen. Erlauben wir also das Kitesurfen, wie es der Bund vormacht, und treten nicht auf diese Vorlage ein. Vorsitzender: Wir kommen zu einem Nichteintretensantrag. Jeanine Glarner, FDP, Möriken-Wildegg: Die Argumente sind auf dem Tisch. Für liberal denkende Menschen gehören unnötige Einschränkungen verboten. Deshalb stelle ich hier den Antrag auf Nichteintreten zu dieser Vorlage. Serge Demuth, SVP, Baden: Aus grüner Sicht mag die extensive Auslegung des Vogel- und Uferschutzes durchaus Sinn machen und konsequent erscheinen. Aus diesem Grund richte ich mein Votum nicht an die Grünen, sondern vielmehr an diejenigen unter Ihnen, welche sich zum Beispiel zu den Jägern zählen, zu den Fischern, zu den Waldarbeitern, welche manchmal eine Maschine einsetzen, zu den Bauherren, zu den Hundehaltern, Oldtimerfahrern, Motorbootfahrern, Segelschifffahrern; vorher wurden noch die Feuerwerkfreunde erwähnt. Ich wende mich schlichtweg an alle, die Tätigkeiten ausüben, welche die Linken am liebsten verbieten würden. Ich hoffe, Sie sind sich bewusst, dass diese extensive Auslegung des Vogel- und Naturschutzes, welche eigentlich dazu führen müsste, dass man alle anderen Aktivitäten auf dem See auch sofort einstellt, dass diese extensive Auslegung unmittelbar auf Sie zurückschlagen wird. Ich bitte Sie deshalb, gemeinsam mit mir, der FDP und Teilen anderer Fraktionen auf ein staatliches Verbot zu verzichten und das Einzige zu tun, was verhältnismässig ist, nämlich einen klaren Rayon zuzuweisen, an welchen sich diese Kitesurfer zu halten haben. Eine Schlussbemerkung: Ich bin selber kein Kitesurfer. Roland Basler, BDP, Oftringen: Geschätzter Herr Meier: Wie wir Ihnen schon vorher bilateral erklärt haben, sind wir nicht gegen die Sportart Kitesurfen. Schon gar nicht fallen wir unserem BDPNationalrat in den Rücken. Uns geht es einfach darum, Ausdruck zu verleihen, dass der Hallwilersee nun mal nicht der geeignete Ort ist, um diese Sportart auszuüben. Es gibt genügend Alternativen in der Schweiz. Dr. Urs Hofmann, Landammann, SP: Der Regierungsrat schlägt Ihnen zum Schutz des Hallwilersees, seiner Ufer und Schilflandschaften sowie der Vogelfauna vor, das Kitesurfen nicht zuzulassen. Dank des Hallwilerseeschutzdekrets ist es gelungen, die weitgehend naturnahen Ufer mit Schilfgürteln und Seerosen sowie einer besonderen Vogelfauna am Hallwilersee zu erhalten. Seit Jahrzehnten ist der Hallwilersee für unsere Bevölkerung ein bedeutendes Naherholungsgebiet. Nun geraten diese zentralen Werte und Errungenschaften des Hallwilerseeschutzdekrets in Bedrängnis. Das Kitesurfen ist ab Februar 2016 von Bundesrechts wegen auf den Schweizer Gewässern zugelassen. Die Verantwortung, darüber zu entscheiden, wo dies dann effektiv nicht der Fall sein soll, liegt bei den Kantonen, welche die Gewässerhoheit ausüben. Verstehen Sie mich richtig, ich habe, wie auch Heinz Graf, Sympathien für die Faszination dieser Sportart. Die Arbeitsgruppe, welche zu prüfen hatte, ob für das Kitesurfen auf dem Hallwilersee Regeln aufzustellen sind, ist positiv an diese Arbeit gegangen und nicht mit einer vorgefassten Meinung, das Kitesurfen zu verbieten. Aber sie mussten im Rahmen dieser Arbeiten sehen: Es ist nicht jedes Gewässer für diese Sportart geeignet. Der Hallwilersee weist ganz spezielle Rahmenbedingungen auf. Die Uferlandschaft mit Schilfgürteln, Seerosenbeständen, Riedflächen usw. ist weitgehend naturnah. Zudem sind die Naturschutzgebiete von nationaler und kantonaler Bedeutung rund um den See verteilt. In dieser Umgebung halten sich Vögel auf, auch solche, welche als stark gefährdet und verletzlich eingestuft werden. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0841 2344 Schliesslich weist der Hallwilersee eine weitere Besonderheit auf. Es ist ein ausgesprochen kleiner See. Es ist unser einziger richtiger See, wenn man den Egelsee und den Klingnauer Stausee weglässt. Aber es ist dennoch im schweizerischen Vergleich ein kleiner See, auf dem sich im Sommer die Badegäste traditionsgemäss auch ausserhalb der Badezonen tummeln. Vergleichen Sie diese Landschaft und die Seegrösse zum Beispiel mit dem Zürcher Teil des Zürichsees. Die dortigen Ufer sind meist hart verbaut, überschüttet und weisen keinerlei biologischen Wert auf. Das sind fundamental andere Rahmenbedingungen als am Hallwilersee. Es erstaunt deshalb nicht, dass im Zürcher Teil des Zürichsees das Kitesurfen seit März dieses Jahres zulässig ist. Denn dort wird ein ausser Kontrolle geratener Kitesurfer vielleicht Tina Turner und ihre Partygäste erschrecken, aber nicht brütende Vögel im Schilfgürtel. Welche Risiken bestehen durch das Kitesurfen am Hallwilersee? Kitesurfen hat ein besonderes Störungspotenzial für Vögel – verschiedene Votanten haben darauf hingewiesen. Vögel nehmen die Drachen als ein greifvogelähnliches Objekt wahr und reagieren entsprechend stark auf sie. Das ist völlig anders als bei normalen Segelbooten. Eine Studie der Vogelwarte Sempach am Bodensee hat ergeben, dass die Wasservögel rasch verschwinden, wenn Kitesurfer auf dem Wasser sind. Zudem haben die negativen Erfahrungen des Kantons Luzern mit dem Kitesurfen auf dem Sempachersee gezeigt, dass die Uferlandschaft durch diese Sportart Schaden nimmt. Der Kanton Luzern hat deshalb das Kitesurfen 2011 wieder untersagt, weil sich die Drachen regelmässig in den Schilfgürteln der Schutzzonen verfangen haben. Es erstaunt da auch nicht, dass die Kitesurfer bis zum heutigen Tag im Kanton Aargau nie einen Antrag gestellt haben, den Hallwilersee für das Kitesurfen freizugeben. Diese Möglichkeit hätte bestanden, wie auch auf dem Sempachersee. Aber auch die Kitesurfer haben bis heute eingesehen: Dieser See eignet sich für diese Sportart nicht. Es wurde darauf hingewiesen: Nun will man auf dem Hallwilersee ein Präjudiz für andere Seen schaffen. Deshalb sind diese Forderungen aufgekommen. In den letzten Jahren und Jahrzehnten war das nie der Fall. Es besteht auch die realistische Gefahr, dass Kitesurferinnen und Kitesurfer auf dem Hallwilersee zu nahe an die sensiblen Uferbereiche heranfahren, auch wenn ein gewisser Uferstreifen aufgrund der allgemeinen Regeln gesperrt wäre. Es ist eine grosse Gefahr, dass sich ihre Leinen und Drachen in den Schilfgürteln verfangen, auf die Seerosenbestände fallen und diese beschädigen. Man kann das verniedlichen und sagen: Das ist doch nicht so schlimm. Aber das Hallwilerseeschutzdekret will ja gerade diese Naturwerte schützen. Die Gefahr von Beschädigungen dieser Naturwerte ist umso grösser, als wohl nicht die grossen Könner und Profis, die vielleicht lieber auf dem Gardasee, Neuenburgersee oder auf dem Genfersee ihre Sportart ausüben, auf den Hallwilersee kommen werden, sondern Anfänger mit wenig Erfahrung. Diesem Umstand ist auch unter dem Aspekt der Sicherheit der Badegäste Rechnung zu tragen. Eine Böe, ein starker Windstoss, der zum Kontrollverlust über das Kite führt, kann auch zu Unfällen infolge von unbeabsichtigten Kollisionen führen. In Abwägung aller Interessen überwiegt für den Regierungsrat der im Hallwilerseeschutzdekret verankerte Schutz der Landschaft sowie der Vogelfauna ganz klar gegenüber den Möglichkeiten von Sportlerinnen und Sportlern, ihren Sport gerade auf dem Hallwilersee ausüben zu können. Es wurde mehrmals darauf hingewiesen: Es bestehen nahe gelegene Alternativen. Der Schutz der Hallwilerseelandschaft ist ein Generationenprojekt. Auch die uns nachfolgenden Generationen sollen diesen See ungeschmälert geniessen können. Der Regierungsrat ist überzeugt, dass man nicht beides haben kann: den Erhalt der Hallwilerseelandschaft und der dortigen Vogelfauna und das Kitesurfen. Beides geht nicht. Es ist an Ihnen, jetzt zu entscheiden und dann auch für diesen Entscheid die Verantwortung zu übernehmen. Den Hinweis von Max Härri bezüglich der Verordnung habe ich entgegengenommen. Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass aufgrund der engen zeitlichen Verhältnisse eine Verordnung bereits im Wortlaut vorliegen wird. Aber wir werden Ihnen für die 2. Lesung aufzeigen, ob überhaupt Ausnahmen in einer Verordnung geplant sind, und wenn Ja, wie diese ausschauen könnten. Bis jetzt war das in dieser Art kein Thema. Aber wir werden das aufzeigen können und Sie werden Klarheit haben, in welche Richtung allenfalls eine Verordnung gehen wird. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0841 2345 In diesem Sinne bitte ich Sie, auf das Geschäft einzutreten, den regierungsrätlichen Anträgen zuzustimmen und den Nichteintretensantrag abzulehnen. Andreas Senn, CVP, Würenlingen, Präsident der Kommission für öffentliche Sicherheit (SIK): Das Eintreten war in der Kommission unbestritten. Abstimmung Das Eintreten wird mit 97 gegen 28 Stimmen beschlossen. Detailberatung Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Binnenschifffahrt I., Titel, Ingress, § 1 Abs. 2, § 6, Marginalie Zustimmung § 6 Abs. 1 Maja Riniker, Suhr, stellt folgenden Prüfungsantrag: "Bis zur 2. Beratung soll zusammen mit einer breit abgestützten Arbeitsgruppe ein Konzept für einen zeitlich befristeten Probebetrieb, vom 15. Februar 2016 – 31. Dezember 2016, für das Kitesurfen auf dem Aargauischen Bereich des Hallwilersees geprüft werden. Dieses Konzept beinhaltet unter anderem Informationen zu den Rahmenbedingungen für den Probebetrieb sowie deren Auswertungskriterien. Ziel dieses Probebetriebes soll es sein, dass Erfahrungen gesammelt werden, um zu entscheiden, ob 1. das Kitesurfen auf dem Aargauischen Bereich des Hallwilersees liberalisiert werden kann; 2. es Nachbesserungen an dem für das Kitesurfen freigegebenen Bereich bedarf oder 3. gar gänzlich verboten werden soll." Andreas Senn, CVP, Würenlingen, Präsident der Kommission für öffentliche Sicherheit (SIK): Die Kommission stimmte dem regierungsrätlichen Antrag bei 12 Anwesenden mit 9 gegen 3 Stimmen zu. Maja Riniker, FDP, Suhr: Ich mache es kurz: Wir möchten das Verbot aufheben. Wir möchten, dass den Kitesurfern die Chance gegeben wird, zusammen in einer Arbeitsgruppe – und das ist uns ganz wichtig – die Möglichkeiten zu erarbeiten. Sie sollen den Probebetrieb betreiben dürfen. Sie sollen ein Jahr lang probieren dürfen, ihrem Hobby auf dem Hallwilersee nachzugehen. Gestützt auf diese Informationen möchten wir dann den Entscheid fällen, ob und in welchem Umfang auf unserem See gekitet werden darf oder ob wir ein Verbot einführen möchten. Dr. Urs Hofmann, Landammann, SP: Wenn wir bis am 15. Februar 2016 keine gesetzliche Grundlage für ein Verbot haben, ist das Kitesurfen zulässig. Ich weiss nicht, was genau die Absicht dieses Prüfungsantrags ist. Entweder erlassen wir jetzt das Verbot. Dann gibt es möglicherweise in Einzelfällen Ausnahmen – ich habe darauf hingewiesen. Diese Möglichkeit hat der Regierungsrat, sei es zeitlich oder für bestimmte Tage in der Zukunft. Solche Absichten bestehen aber bis jetzt nicht. Oder wir haben kein Verbot: Dann ist es frei. Dann kann jeder Kitesurfen. Das müsste ein völlig anderes Gesetzgebungskonzept sein, indem wir einen Probebetrieb ins Gesetz schreiben. Und wer entscheidet dann, ob das Kitesurfen ab dem 1. Januar 2017 verboten ist, ob es weiterhin eine Probephase gibt oder ob es zulässig ist? Insofern vermag ich den Hintergrund und die rechtliche Überlegung hinter diesem Antrag nicht zu erkennen. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0841 2346 In der Sache selbst hat eine breite Arbeitsgruppe – auch unter Konsultation der Verbände der Kitesurfer – einen umfassenden Bericht ausgearbeitet. Geprüft wurden Möglichkeiten eingeschränkter Areale sowie allfällige Konflikte mit Schilfgürteln oder dieser Vogelfauna. Man ist zum Schluss gelangt, dass auf dem Hallwilersee aus all den Gründen, die jetzt mehrmals dargelegt wurden, solche Zwischenlösungen nicht möglich sind. Ich glaube kaum, dass es – mit Ausnahme einer Arbeitsbeschäftigung für die Verwaltung – noch viel bringt, wenn man die gleichen Überlegungen und Diskussionen jetzt noch einmal anstellt. In diesem Sinne bitte ich Sie, den Prüfungsantrag abzulehnen. Abstimmung Der Prüfungsantrag wird mit 92 gegen 31 Stimmen abgelehnt. Zustimmung zu § 6 Abs. 1 II., III. und IV. Zustimmung Anträge gemäss Botschaft Andreas Senn, CVP, Würenlingen, Präsident der Kommission für öffentliche Sicherheit (SIK): Die Kommission SIK stimmte dem Antrag 1 in der Vorlage mit 9 gegen 3 Stimmen, bei 12 Anwesenden, zu. Dem Antrag 2 zur Fristverkürzung zwischen der 1. und der 2. Lesung wurde bei 12 Anwesenden mit 11 gegen 0 Stimmen, bei 1 Enthaltung, zugestimmt. Abstimmungen Antrag 1 wird in der Gesamtabstimmung mit Antrag 2 wird mit 100 gegen 24 Stimmen gutgeheissen. 116 gegen 5 Stimmen gutgeheissen. Beschluss 1. Der Entwurf der Änderung des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Binnenschifffahrt wird in 1. Beratung zum Beschluss erhoben. 2. Die Frist zwischen der 1. und 2. Beratung wird gemäss § 33 Abs. 4 des Gesetzes über die Organisation des Grossen Rats und über den Verkehr zwischen dem Grossen Rat, dem Regierungsrat und der Justizleitung (Geschäftsverkehrsgesetz, GVG) vom 19. Juni 1990 auf einen Monat verkürzt. 0842 Steuergesetz (StG); Änderung; Bericht und Entwurf zur 1. Beratung; Eintreten, Detailberatung und Gesamtabstimmung Behandlung der Vorlage-Nr. 15.17-1 des Regierungsrats vom 14. Januar 2015. Es liegen Kommissions-Minderheitsanträge vor, die der Regierungsrat ablehnt. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0841 2347 Dieter Egli, SP, Windisch, Präsident der Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA): Seit der letzten Revision des aargauischen Steuergesetzes sind auf Bundesebene fünf Änderungen beschlossen worden, die ins kantonale Steuerrecht integriert werden müssen. Sie beziehen sich auf die Abzugsfähigkeit berufsorientierter Aus- und Weiterbildungskosten, auf die Besteuerung nach dem Aufwand (sog. Pauschalbesteuerung), auf die Steuerbefreiung des Feuerwehrsolds und von Lotteriegewinnen sowie auf das Rechnungslegungsrecht und auf das Steuererlasswesen. Zudem drängen sich einige begrifflich-technische Bereinigungen und eine kleine materielle Änderung aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids auf. In der Vernehmlassung war die Revision nicht bestritten, einzig die vom Regierungsrat festgelegten Grenzwerte für die Steuerabzüge führten teilweise zu kontroversen Kommentaren. Die jetzt in der regierungsrätlichen Vorlage enthaltenen Grenzwerte entsprechen denjenigen des Anhörungsverfahrens. Sie lehnen sich ausnahmslos an die entsprechenden Werte im Bundesrecht an. Die Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben diskutierte das vorliegende Geschäft an ihrer Sitzung vom 16. März dieses Jahres. Anwesend waren Regierungsrat Roland Brogli, Vorsteher des Departements Finanzen und Ressourcen (DFR), Dr. Dave Siegrist, Leiter des Kantonalen Steueramts, sowie Martin Schade, stellvertretender Leiter des Rechtsdiensts DFR. Der Departementsvorsteher informierte zuerst darüber, dass eine formale Änderung betreffend Erlass bei der direkten Bundessteuer sowie eine ebenfalls formale Anpassung aufgrund der Einführung der elektronischen Grundbuchmeldungen aus Zeitgründen noch nach der Vernehmlassung in die Revision integriert wurden. Dies, um zu verhindern, dass dafür der Notverordnungsweg hätte beschritten werden müssen. Bei der grundsätzlichen Einführung wies der Departementsvorsteher darauf hin, dass die letzte Steuergesetzrevision noch nicht lange her ist. Er betonte, dass es bei der vorliegenden Teilrevision nicht um grundsätzlich politische Fragen der Steuerbelastung oder Steuerentlastung gehe. Vielmehr liege eine Anpassung an das Bundesrecht vor, bei der der Kanton keinen grossen Spielraum besitzt. Grundsätzlich politische Fragen wurden dann in der Eintretensdebatte durchaus angesprochen. Dies vor allem wegen der schwierigen finanziellen Lage des Kantons und der Diskussion darüber, ob es sich dabei um ein Ausgaben- oder um ein Einnahmenproblem handelt. Eintreten auf die Teilrevision war aber im Grundsatz absolut unbestritten. Zu den Grenzwerten wurden einige Forderungen angebracht, auf die in der Detailberatung einzugehen sein wird. Unzufriedenheit machte sich in der Kommission darüber breit, dass der Bund bei der kantonalen Umsetzung seiner Gesetzesrevisionen vermehrt Zeitvorgaben macht, die fast nicht einzuhalten sind. Diese Thematik wird uns beim Hauptantrag 2 der Botschaft noch beschäftigen. Vorerst bitte ich den Grossen Rat, im Sinne der vorberatenden Kommission auf das Geschäft einzutreten. Eintreten Gertrud Häseli, Grüne, Wittnau: Die Grünen treten auf das Geschäft ein und unterstützen die Harmonisierung der Steuergesetze auf den verschiedenen Ebenen. Feuerwehr-, Bildungs- und Weiterbildungspolitik sollen nicht im Steuergesetz abgehandelt werden. Wir erachten eine Vereinfachung, wie sie hier vorgeschlagen ist, als zielführend. Im Bereich der Besteuerung nach Aufwand sind wir anderer Meinung und werden einen separaten Antrag stellen. Die Grünen treten ein. Viviane Hösli, SP, Zofingen: Die SP ist unzufrieden mit dem jetzigen Steuergesetz. Dies haben wir in den vergangenen Monaten wiederholt zum Ausdruck gebracht. Der Kanton Aargau hat zu wenig Einnahmen, weshalb nun händeringend nach Möglichkeiten zum Sparen gesucht wird. Die letzte Steuergesetzrevision 2012 hat dabei das Fass zum Überlaufen gebracht, und nun haben wir den Salat. Wir sind überzeugt, dass nur die Rückgängigmachung der letzten Revision den Staatshaushalt wieder ins Lot bringt. Der Regierungsrat plant mit der nun vorliegenden Revision, nur die zwingenden Änderungen auf Bundesebene nachzuvollziehen. Dies notabene in einem rasanten Tempo, dass uns 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2348 vom Bund vorgegeben wird. Es zeichnet sich auch bereits heute ab, dass uns bei der Unternehmenssteuerreform III, die weit mehr Einfluss auf die kantonale Steuergesetzgebung haben wird, ein ähnlich überhastetes Vorgehen blühen wird. Das Rad der sich ändernden Steuergesetzgebung dreht immer schneller und als Parlament bleibt uns oft nur übrig, die Vorgaben des eidgenössischen Parlaments und des Bundesgerichts möglichst innert Frist nachzuvollziehen. Etwas schwieriger wird das dann, wenn wir als Parlament nicht alle Informationen bezüglich Spielraum und möglichen Änderungen vorliegen haben. Trotzdem akzeptieren wir vorerst das Anliegen der Regierung, in dieser Revision nur formale Änderungen nachzuvollziehen, denn wir wollen dem Departement und Regierungsrat Brogli nun Zeit lassen, die Fehler der Vergangenheit mit ruhiger Hand und mit mehr Weitsicht als 2011 zu beheben. Wir künden hier aber klar an, dass wir bei Steuerausfällen, die weiter gehen als hier vorgeschlagen, auch Anträge stellen werden. Beim Feuerwehrsold sind wir der Meinung, dass ein Abzug von 5'000 Franken genügt. Die SP ist sich bewusst, dass die Feuerwehr wichtig ist und wir schätzen deren Arbeit sehr. Betrachten wir aber die Anzahl betroffener Personen, zwanzig, welche von einem höheren Abzug profitieren können, dann stellen wir rasch fest, dass dies nicht der springende Punkt bei Personalschwierigkeiten sein kann. Steuerabzüge dienen immer nur denjenigen, welche bereits genügend verdienen. Die Feuerwehr soll aber für alle Einkommensklassen attraktiv bleiben. Wir sind überzeugt, dass es bessere Wege gibt, die Arbeit der Feuerwehr zu würdigen und wertzuschätzen, als einen Steuerabzug. Wie bereits angekündigt, sind einige Unklarheiten in der Botschaft vorhanden, unter anderem bezüglich Steuererlass. Diese Änderung konnte, wie auch der Kommissionspräsident schon erwähnt hat, aus Zeitgründen nicht in die Vernehmlassung aufgenommen werden. In der Kommission stellten sich diverse Fragen bezüglich dem Vorgehen bei Steuererlassen. Es besteht der Verdacht, dass die Regelungen, welche früher bei Erlassen über einem Betrag von 25'000 Franken zum Einsatz kamen, nun für alle Betragshöhen zur Anwendung kommen sollen. Dies kann und soll nicht sein. Die Botschaft war diesbezüglich unklar und auch die Beratung in der Kommission brachte keine endgültige Erklärung. Wir werden das Vorgehen in der Praxis und die zugrundeliegenden Gesetzesparagrafen anlässlich der 2. Lesung in der Kommission erneut behandeln und allenfalls anpassen müssen. In diesem Punkt besteht trotz Zeitdruck noch Klärungsbedarf. Wir treten auf das Geschäft ein und werden bei der Besteuerung nach Aufwand einen Antrag bezüglich dem Mindestbetrag stellen. Ruth Jo. Scheier, GLP, Wettingen: Obwohl wir hier wieder einmal über Änderungen im Steuergesetz diskutieren, ist diese Vorlage trotzdem nicht geeignet, die zu erwartende angespannte Finanzsituation des Kantons zu lösen. Aus diesem Grund halte ich mich sehr kurz. Die GLP hat die Vorlage teilweise kritisch und kontrovers diskutiert, beurteilt sie aber insgesamt als sehr ausgewogen. Die GLP-Fraktion wird daher keine abweichenden Anträge zur Botschaft des Regierungsrats unterstützen. Nur für die Feuerwehrleute gibt es einige Sympathiestimmen und auch für die Erhöhungen des Weiterbildungsabzugs wird es ein paar Stimmen geben. Urs Plüss, EVP, Zofingen: Die EVP tritt auf die Vorlage ein und folgt mehrheitlich den regierungsrätlichen Anträgen. Wie wir gehört haben, geht es hier vor allem um die Übernahme von Bundesbestimmungen. Daneben müssen Höchstgrenzen bei den Abzügen definiert werden. Wir von der EVP finden, dass eine Harmonisierung durchaus Sinn macht, um auch die Übersichtlichkeit bei den Steuerklärungen zu wahren. Dadurch sind jetzt auch längst fällige Anpassungen eingeflossen, vor allem bei den Abzügen für die Weiterbildung. Die Minderheitsanträge, die in der Kommission gestellt worden sind, lehnen wir aber teilweise ab. Der Kinderabzug ist zwar ein Grundanliegen der EVP, man muss sich aber die Frage stellen, ob hier der richtige Ort ist, um darüber zu diskutieren. Einen Mehrabzug bei der Weiterbildung lehnen wir ebenfalls ab, denn es kann nicht sein, dass der Staat überteuerte MBA-Ausbildungen, wie beispielsweise jene der ETH Zürich, welche mit 65'000 Franken für drei Semester noch eher günstig ist, über die Steuern subventioniert. 12'000 Franken erachten wir doch als angebracht und die meisten Zusatzausbildungen sollten damit eigentlich abgedeckt sein. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2349 Silvan Hilfiker, FDP, Oberlunkhofen: Die FDP unterstützt die Änderung des Steuergesetzes in der vorliegenden Form in den meisten Punkten. Nicht einverstanden ist die FDP-Fraktion mit der Freigrenze von 5'000 Franken für den Feuerwehrsold, diese erachten wir als zu tief. Die FDP hat bereits in der Vernehmlassung die Freigrenze von 10'000 Franken gefordert, ebenso haben wir in der Kommissionsberatung einen entsprechenden Antrag gestellt, der leider abgelehnt wurde. Aus diesem Grund wird die FDP diesen Antrag in der Detailberatung erneut stellen. Und erlauben sie mir noch eine Anmerkung zur BDP: In der Vernehmlassung war die BDP mit der Höchstgrenze von 5'000 Franken einverstanden, im Wahljahr scheint dies anders zu sein. In den übrigen Punkten unterstützt die FDP die Vorlage, allfällige Anträge zur Pauschalbesteuerung werden wir nicht unterstützen und die Erhöhung des Aus- und Weiterbildungsabzugs werden wir ablehnen. Die FDP tritt ein. Patrick Gosteli, SVP, Böttstein: Die SVP nimmt Kenntnis von den auf Bundesebene beschlossenen Änderungen, welche ins kantonale Steuergesetz zu überführen sind. Die Fraktion der SVP hält an ihren in der Kommissionssitzung gestellten Anträgen fest. Ein um die Hälfte reduzierter Ansatz bei der Pauschalbesteuerung wäre ein Signal gewesen für die ansässigen Steuerpflichtigen mit Pauschalbesteuerung sowie für potenzielle Zuzüger. Da sowieso nur wenige Pauschalbesteuerte im Kanton Aargau leben, wäre hier mit relativ wenig Aufwand ein Mehreinnahmenpotenzial möglich. Insbesondere bei der Neuregelung der steuerlichen Behandlung der berufsorientierten Aus- und Weiterbildungskosten wäre eine Verdoppelung der Abzugsmöglichkeit gegenüber dem Abzug gemäss direkter Bundessteuer ein deutliches Zeichen gewesen zur Sicherung der Bildungsqualität und Stärkung der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit dank eines hohen Standards im Bereich Humankapital. Ein Zeichen zur Motivation der Verbesserung des Bildungsstands, welches 1,5 Millionen Franken Mindereinnahmen bedeuten würde, aber ertragsseitig einen bedeutend höheren Rückfluss auslösen könnte. Betreffend dem von der Einkommenssteuer befreiten Betrag beim Feuerwehrsold werden wir, wie in der Vernehmlassung eingebracht und in der Kommission vor einigen Wochen bereits breit diskutiert, das Anliegen unterstützen. Wir werden bei den einzelnen Paragrafen entsprechende Anträge stellen. Die Fraktion der SVP tritt auf das Geschäft ein. Roland Basler, BDP, Oftringen: Die Fraktion der BDP stimmt der Teilrevision des Steuergesetzes grundsätzlich zu. Eine Harmonisierung ist aufgrund der Änderungen im Bundesgesetz unumgänglich. Bei der Versteuerung des Feuerwehrsoldes werden wir in der Detailberatung einen Antrag stellen, den Freibetrag von 5'000 Franken auf 10'000 Franken zu erhöhen. In der Vernehmlassung haben wir übrigens geschrieben, dass wir einer Steuerfreiheit mit dem Höchstwert von 5'000 Franken positiv gegenüberstehen. Das stellt natürlich nicht in Abrede, dass wir den Freibetrag auch erhöhen können, und dies haben wir nach mehreren Anfragen von extern auch getan. Ebenfalls verhandlungsbereit sind wir, wenn es um den abzugsberechtigten Betrag für die Aus- und Weiterbildung geht. Den Mindestbetrag von 400'000 Franken als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung nach dem Aufwand befinden wir durchaus als genügend. In diesem Sinne tritt die BDP-Fraktion geschlossen auf dieses Geschäft ein. Regula Bachmann-Steiner, CVP, Magden: Die CVP stimmt den Änderungen des Steuergesetzes zu. Es handelt sich um eine Anpassung, die der Steuerharmonisierung dient, und die halten wir für gut. Eine grundsätzliche Steuerdebatte ist aus unserer Sicht hier fehl am Platz. Es soll keine Inflation von weiteren Abzügen erfolgen, zum Beispiel Abzüge für Eltern, die nicht arbeiten, und so weiter. Wir halten die vom Regierungsrat vorgeschlagenen Anpassungen grundsätzlich für richtig. Es ist sinnvoll, dass die Obergrenzen der Abzüge so weit wie möglich harmonisiert werden. Besonders erfreut sind wir, dass nun auch die freiwilligen berufsorientierten Aus- und Weiterbildungskosten abzugsfähig sind; diese Anpassung war längst fällig und räumt auch Unklarheiten aus dem Weg. Die vorgeschlagene Höhe des Abzugs von 12'000 Franken ist aus unserer Sicht angemessen, wir 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2350 stimmen diesem Betrag zu. Bei der Besteuerung nach dem Aufwand, der Pauschalbesteuerung, unterstützen wir die Anhebung der Bemessungsgrundlage auf 400'000 Franken und folgen hier ebenfalls dem Antrag des Regierungsrats. Beim Feuerwehrsold haben wir in der Kommission für die Grenze von 5'000 Franken gestimmt, es hat sich aber gezeigt, dass bei den Grundlagen in der Botschaft gewisse Unterlagen fehlen, gewisse Aussagen also nicht zutreffen. Wir werden hier einer Anpassung nach oben zustimmen. In der Detailberatung werden wir dazu noch Stellung nehmen. Wir treten also ein. Roland Brogli, Regierungsrat, CVP: Lassen Sie mich zum Eintreten dieses Gesetzes noch ein paar Anmerkungen machen. Die letzte Steuergesetzrevision hat der Grosse Rat am 22. Mai 2012 beschlossen. Das aargauische Stimmvolk hat ihr am 23. September 2012 mit einem überzeugenden Ja-Anteil von 70,0 Prozent zugestimmt. Zu Frau Hösli: Ich weiss natürlich, dass Ihre Fraktion vehement dagegen gekämpft hat und im Abstimmungskampf die Argumente vorgebracht hat. Aber es wäre doch auch mal schön, wenn Sie in einem Wahljahr diesen Volksentscheid akzeptieren und respektieren könnten. Es ging damals bei den natürlichen Personen vor allem um die Entlastung des Mittelstands, nachdem in früheren Revisionen bei den natürlichen Personen schwergewichtig die tieferen und höheren Einkommen entlastet worden sind. Weil das Bundesrecht, das heisst konkret das Steuerharmonisierungsgesetz, bereits wieder in verschiedenen Punkten angepasst worden ist, und weil die Kantone die Änderungen zwingend innert vorgeschriebener Frist in ihr eigenes Recht übernehmen müssen, befinden wir uns jetzt schon wieder mitten in einer – allerdings beschränkten – Teilrevision des Steuergesetzes. Nebst der Anpassung ans neue Bundesrecht nutzen wir die Gelegenheit für eine Nachführung eines Bundesgerichtsurteils sowie einige begriffliche und technische Bereinigungen, die aber keine materiellen Änderungen in sich bergen. Diesmal geht es klar nicht um politische Diskussionen und Entscheide für mögliche Steuerentlastungen oder steuerliche Umverteilungen. Es geht ausschliesslich um den Vollzug von Bundesrecht. Unser Steuergesetz ist bezüglich aller Einkommens- und Vermögensgruppen austariert. Alle Gruppen sind in den vergangenen 15 Jahren schrittweise entlastet worden. Es kann nicht sein, dass wir heute in diesem besonders ab dem 15. Januar dieses Jahres enorm schwierig gewordenen finanziellen Umfeld grosszügige, weitergehende und zusätzliche Entlastungen über das Bundesrecht hinaus beschliessen. Wer könnte das wohl finanzpolitisch verantworten? Jedenfalls wäre das finanzpolitisch ein falsches Signal. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, auf die Vorlage einzutreten und die Anträge des Regierungsrats gutzuheissen. Vorsitzender: Eintreten ist unbestritten. Detailberatung Steuergesetz (StG) I., § 14 Abs. 1 lit. b, § 24 Abs. 1, Abs. 2 (aufgehoben) und 2bis Zustimmung § 24 Abs. 3 lit. a Patrick Gosteli, Kleindöttingen, stellt folgenden Antrag betreffend Festsetzung des Betrags: Fr. 200'000.– anstatt Fr. 400'000.–. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2351 Dieter Egli, SP, Windisch, Präsident der Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA): In diesem Absatz geht es um die Bemessung der Besteuerung nach dem Aufwand. Ein Antrag lautete, der Mindestbemessungsbetrag in lit. a von 400'000 Franken sei auf 200'000 Franken zu senken. Dies mit der Begründung, dass eine Harmonisierung mit dem Bund nicht vordringlich sei, dass vielmehr der Steuerwettbewerb zu berücksichtigen sei, um die wenigen Pauschalbesteuerten im Kanton zu halten. Ein anderer Antrag lautete demgegenüber, den Mindestbemessungsbetrag auf 600'000 Franken zu erhöhen, mit dem Verweis auf den Kanton Luzern, der diesen Wert seit 2012 so festgesetzt hat. Als Gegenargument zum Wettbewerb wurde angeführt, dass der Mindestbetrag wohl nicht entscheidend sei und dass der Kanton Aargau andere Werte für gute Steuerzahlende zu bieten habe, die höher zu gewichten seien. Der Steueramtsleiter wies darauf hin, dass die allermeisten Kantone den Mindestbetrag von 400'000 Franken übernommen hätten. Neben Luzern läge er nur noch in St. Gallen bei 600'000 Franken. Thurgau mit 150'000 Franken und Appenzell Innerrhoden mit 120'000 Franken lägen als einzige Kantone darunter. Bei der Gegenüberstellung der beiden Anträge erreichten beide Anträge je 4 Stimmen, bei 5 Enthaltungen. So obsiegte der Antrag auf 600'000 Franken mit Stichentscheid. In der zweiten Abstimmung obsiegte der regierungsrätliche Antrag mit 11 gegen 2 Stimmen. Vorsitzender: Wir haben insgesamt drei Anträge zu lit. a. Die Anträge von Gertrud Häseli und Viviane Hösli sind identisch. Gertrud Häseli, Grüne, Wittnau: Die Grünen betrachten die Pauschalbesteuerung nach wie vor als eine ungerechte Besteuerung und als eine Bevorzugung der sehr reichen Personen. Wir sehen eine Möglichkeit, hier eine gewisse Gerechtigkeit zu schaffen, indem der Mindestbetrag auf 600'000 Franken angehoben wird. Viviane Hösli, SP, Zofingen: Obwohl auch wir für die Abschaffung der Pauschalbesteuerung sind, sind wir trotzdem einverstanden, dass hier das Bundesrecht nachvollzogen wird. Der Mindestbetrag für die Bemessung der Steuer sollte allerdings höher angesetzt werden. Wir schlagen hier den Betrag von 600'000 Franken vor, entsprechend der Regelung, die im Jahre 2012 im Kanton Luzern auch vom Volk angenommen worden ist. Steuerwettbewerb ist nicht der Grund für einen Umzug der entsprechenden Zielgruppe. Wir konnten beispielsweise auch nach dem Wegfall der Pauschalbesteuerung im Kanton Zürich kaum Neuzuzüger aus diesem Gebiet anziehen. Dies, obwohl dieser Kanton in dieser Frage Hauptkonkurrent ist, zumindest gemäss Aussagen des Departements. Der Kanton Aargau scheint einfach nicht attraktiv zu sein für dieses Umfeld, ein Mindestbeitrag spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Patrick Gosteli, SVP, Böttstein: Wie beim Eintreten bereits erwähnt, wäre es ein deutliches Signal gewesen. So, wie es die Kantone Thurgau oder Appenzell Innerrhoden bereits vorleben, welche in diesem Bereich Ansätze haben, die bei 150'000 respektive 120'000 Franken liegen. Nicht dem Steuereinnahmenpotenzial, sondern dem volkswirtschaftlichen Gesamtnutzen soll hier Beachtung geschenkt werden. Ein Input für das umliegende Gewerbe durch pauschalbesteuerte soziale Einrichtungen, wie auch Vereine, die von Spenden oder Sponsoring profitieren würden. Die indirekten Effekte wiegen die Mindereinnahmen mehr als auf. Ich bitte sie, unseren Antrag zu unterstützen. Jean-Pierre Gallati, SVP, Wohlen: Zuerst einmal bitte ich Sie, diesen Paragrafen, den Sie vor sich liegen haben, durchzulesen. Er beginnt mit "die Steuer vom Einkommen ....". Es hat ja glücklicherweise viele Lehrpersonen unter uns, auch ehemalige Mitglieder der Redaktionskommission, die es leider nicht mehr gibt. Ich meine, das ist einfach Schweizerdeutsch. Ich erwarte mehr von unserer Verwaltung! Selbst dann, wenn sie Gesetze aus Bern abschreiben, erwarte ich mehr. Das ist jetzt nur ein bildungspolitischer Seitenhieb. Ein durchschnittlicher 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2352 Steuerzahler, der in der Schweiz pauschalbesteuert ist, bezahlt 135'000 Franken Steuern im Jahr. Ich weiss nicht, wie hoch der durchschnittliche Steuerertrag bei den Pauschalbesteuerten im Aargau ist, aber der wird sich in der gleichen Grössenordnung bewegen. Den interkantonalen Steuerwettbewerb, auch wenn die Sozialdemokraten den ausschalten möchten, den gibt es – ob diese es wahrhaben wollen oder nicht. Und die Jungsozialisten und die SP haben natürlich noch Phantomschmerzen nach dem November 2014, nachdem die Initiative der Juso an der Urne ja ziemlich deutlich Schiffbruch erlitten hat. Aber jetzt geht es doch auch für die Verlierer dieser Abstimmung darum, das Resultat zu akzeptieren und zusätzlich für unseren Kanton das Beste daraus zu machen. Ist jetzt das Beste, wenn wir das höchste Niveau – 600'000 Franken – einführen wie Luzern? Dann wandern uns noch die letzten der im Moment zirka 20 oder 23 Pauschalbesteuerten, manchmal sind es auch nur 15, ab und zügeln nach Appenzell, Thurgau oder in einen anderen Kanton, der ein wenig gescheiter ist. Ja, es ist richtig, wir haben einen schönen See. Aber es geht den Pauschalbesteuerten ja nebst den tiefen Steuern auch noch darum, dass sie dort, wo sie wohnen, irgendwelche Schulen, Hochschulen und so weiter und eine schöne Landschaft haben. Und dort überall sind wir nicht privilegiert, also müssen wir diesen Wettbewerb mit einem möglichst tiefen Ansatz führen. Ansonsten wandern die letzten der wenigen Pauschalbesteuerten, die wir haben, ab. Ich bitte also die linke Seite, ein wenig der Realität ins Auge zu schauen; das heisst dem Steuerwettbewerb. Bitte unterstützen Sie uns und stimmen Sie dem Antrag Gosteli zu. Roland Brogli, Regierungsrat, CVP: Ich habe in der Kommission bereits darauf aufmerksam gemacht und versprochen, dass die Vorlage auf die 2. Lesung hin redaktionell verbessert wird. Die 400'000 Franken sind mit der Bundessteuer und den meisten anderen Kantonen harmonisiert. Bisher verlangte ja der Aargau als Minimum ein Einkommen von 250'000 Franken. Die Erhöhung auf 400'000 Franken entspricht der Strategie der Neuregelung der Pauschalbesteuerung, eine sachgerechtere Besteuerung zu erreichen und damit eben auch die Akzeptanz in der Bevölkerung zu verbessern. Dass die Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung in der Volksabstimmung vom 30. November 2014 mit 59,0 Prozent der Stimmen abgelehnt wurde, war unter anderem der in Aussicht stehenden Verschärfung der Pauschalbesteuerung zu verdanken. Eine Unterschreitung – sogar der heutigen Praxis – wäre ein Schritt in die falsche Richtung. Eine Erhöhung auf 600'000 Franken ist ebenfalls nicht angezeigt, weil der Aargau gegenüber den anderen Kantonen keinen Wettbewerbsnachteil erleiden will. Ich bitte demzufolge, dem Antrag des Regierungsrats auf 400'000 Franken zuzustimmen. Abstimmung, Gegenüberstellung Festsetzung Betrag auf 200'000 Franken (Antrag Gosteli) 600'000 Franken (Antrag Hösli/Häseli) 81 Stimmen 44 Stimmen Hauptabstimmung Festsetzung Betrag auf 200'000 Franken (Antrag Gosteli) 400'000 Franken (Antrag Regierungsrat) 46 Stimmen 84 Stimmen Die Fassung des Regierungsrats obsiegt mit 84 gegen 46 Stimmen. Somit Zustimmung zu § 24 Abs. 3. § 24 Abs. 4–6, § 26 Abs. 1bis, § 32 Abs. 1 lit. e, § 33 Abs. 1 lit. f Zustimmung 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2353 § 33 Abs. 1 lit f bis Der Regierungsrat beantragt eine Freigrenze von Fr. 5'000.–. Dieter Egli, SP, Windisch, Präsident der Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA): In diesem Absatz wurde der Antrag gestellt, den abzugsfähigen Betrag des Feuerwehrsolds auf 10'000 Franken zu erhöhen. Als Begründung wurde nicht ein finanzieller Aspekt angegeben, sondern ein emotionaler: Angesichts der Tatsache, dass die Feuerwehren immer weniger junge Leute fänden, gehe es nicht an, die im geltenden Recht unbegrenzte Abzugsfähigkeit zu begrenzen. Eine Diskrepanz zum Bundesrecht liesse sich vor diesem Hintergrund rechtfertigen. Der Steueramtsvertreter wies wiederum darauf hin, dass die meisten Kantone den Grenzwert wie das Bundesrecht bei 5'000 Franken setzten. Einzig Zürich liege bei 8'000 Franken. Es gäbe nur eine verschwindend kleine Zahl von Feuerwehrleuten mit einem Sold von über 5'000 Franken. Der Antrag wurde mit 7 gegen 2 Stimmen, bei 4 Enthaltungen, abgelehnt. Ruedi Donat, CVP, Wohlen: In der Kommission muss angeblich argumentiert worden sein, dass diese neue Regelung im Aargau lediglich 20 Personen betreffen würde. Ich habe mich bemüht und bei drei grösseren bis sehr grossen Feuerwehren nachgefragt, nämlich bei der Feuerwehr Oberes Wynental, der Stützpunktfeuerwehr Muri und natürlich bei der Feuerwehr bei uns in Wohlen. Bei der Feuerwehr Oberes Wynental sind das 15 bis 20 Personen, in Muri 10 bis 12 Personen. Bei der Feuerwehr Wohlen weiss ich es sehr genau: Wir haben 140 Korpsangehörige und es sind genau 13 Personen. Es gibt folgende Punkte, die besonders zu beachten sind. Es gibt Feuerwehrleute, die den Sold, oder zumindest Teile davon, dem Arbeitgeber abgeben müssen, weil sie den Sold während der Arbeitszeit verdienen oder sie müssen Überzeitarbeit einziehen. Es betrifft besonders Kaderleute, die so oder so weit mehr machen, als die eigentliche Pflicht. Einen Kadermann zu verlieren, weil er den Sold versteuern muss, kostet die Gemeinde einiges mehr, als der Steuerausfall beträgt. Kommt hinzu, dass dies fiskalpolitisch praktisch nicht ins Gewicht fällt. Es ist total motivierend, wenn der Sold besteuert werden muss! Vorsitzender: Wir haben hier drei Anträge. Ich lese Ihnen zuerst den Antrag von Walter Deppeler vor: "Die Freigrenze für die Einkommenssteuer der Entschädigung der Milizfeuerwehrpersonen soll jährlich auf Fr. 15'000.– gesetzt werden." Walter Deppeler-Lang, SVP, Tegerfelden: In den letzten Jahren wurden viele Feuerwehrkorps aus Personal- oder Kostengründen zusammengeschlossen. Das Korps wird dadurch mehr belastet mit Übungen und vor allem mit Ernstfalleinsätzen. Das heutige Milizsystem hat sich aber immer bestens bewährt, die Feuerwehren sind stark und dank guter Ausbildung und Ausrüstung sehr schlagkräftig. Das beansprucht aber viel Zeit. Die Bereitschaft, Feuerwehrdienst zu leisten, klingt bei starker Belastung immer mehr ab. Vor allem die Offiziere, welche bei den Einsätzen meist lückenlos aufgeboten werden, gelangen an zeitliche Grenzen. Ebenso verlangt die Aus- und Weiterbildung immer wieder Kurse. Heute sind Funktionsentschädigung und Pauschalzulagen, zum Beispiel der Sold, Einsatz- und Kursentschädigungen, steuerfrei. Der Regierungsrat will nun eine obere Grenze von 5'000 Franken festlegen. Dieser Ansatz von 5'000 Franken ist aber zu tief. Ausgerechnet das Kader, das je nach Grösse der Feuerwehr über diese Limite hinauskommt, wird dadurch bestraft. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Feuerwehrleute 365 Tage à 24 Stunden bereit sein müssen. Der Grossratspräsident hat meinen Antrag, oder den Antrag der SVP, vorgelesen und ich bitte Sie, den Antrag zu unterstützen. Vorsitzender: Ich komme zu den Anträgen von Silvan Hilfiker und Roland Basler, die verlangen, die Freigrenze auf jährlich 10'000 Franken festzusetzen. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2354 Silvan Hilfiker, FDP, Oberlunkhofen: Die Begründung für unseren Antrag: Erstens einmal, die Freigrenze von 5'000 Franken schwächt das heutige Milizsystem. Viele Personen sind heute nicht bereit, ihre Freizeit für den Feuerwehrdienst einzusetzen. Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wer von Ihnen leistet oder leistete Feuerwehrdienst? Das wird wahrscheinlich eine Minderheit sein. Wird nun der Sold über 5'000 Franken besteuert, sind noch weniger Personen bereit, sich für das Gemeinwohl zu engagieren. Folglich wird das Milizsystem geschwächt und es besteht die Gefahr, dass die Kosten für die Feuerwehr langfristig steigen. Mein zweiter Punkt: Die Feuerwehrleute haben Wertschätzung verdient. Setzten wir ein Zeichen und drücken wir unsere Wertschätzung für die Feuerwehrleute aus und zwar mit einer Freigrenze von 10'000 Franken. Denn wir müssen froh sein, dass tagtäglich Leute bereit sind, sich für das Gemeinwohl einzusetzen und in heissen oder nassen Situationen zur Stelle sind. Und der letzte Punkt: Wenn nur wenige Personen davon betroffen sind, dann spricht dies ohnehin für eine Erhöhung der Freigrenze, denn der finanzielle Effekt ist überschaubar. Bei der BDP hat der Wind gedreht, ich danke Ihnen, wenn auch Sie drehen und unseren Antrag unterstützen. Roland Basler, BDP, Oftringen: Ich weiss ja nicht, wer von Ihnen aktiven Feuerwehrdienst leistet oder geleistet hat. Ich jedenfalls bin nie in den Genuss gekommen, da ich grösstenteils in Städten aufgewachsen oder gelebt habe, wo es eine Berufsfeuerwehr gibt. Ausserdem bin ich nicht ganz frei von Höhenangst. Es wäre nicht ganz unproblematisch, wenn der Mann auf der Leiter mehr Angst hätte, als die zu rettenden Personen. Aber wer da dabei ist, macht dies mit viel Herzblut und Leidenschaft. Dies weiss sogar ich, das ist eine verschworene Truppe mit einem grossen Zusammenhalt. Und das ist auch richtig so, denn sie müssen sich im Ernstfall aufeinander verlassen können. Und wer profitiert, geschätzte Damen und Herren? Wer war nicht schon einmal froh, wenn die Feuerwehr in Windeseile zu Hilfe geeilt ist? Und dies zu allen Tageszeiten und Witterungsverhältnissen, auch wenn es nur darum geht, eine Katze von einem Baum herunterzuholen. Die Allgemeinheit profitiert! Auch diejenigen, welche auf die Schnapsidee gekommen sind, den Feuerwehrsold von heute auf morgen zu besteuern. So! Genug Lanzen gebrochen, Kränzchen gewunden und Honig ums Maul geschmiert. Kommen wir zurück zur Sachlage. Die Einführung der Limite ist nach unserer Meinung eine versteckte Steuererhöhung. Denn bislang war der Feuerwehrsold ja gänzlich steuerbefreit. Wenn nun eine Limite eingeführt werden soll, dann soll sie so hoch wie möglich sein. Ob es nun 10'000 oder 15'000 Franken sind, ist für uns nicht so wichtig. Nach unseren Recherchen wären 10'000 Franken genug. Es verwundert die BDP-Fraktion, warum man glaubt, man könne ausgerechnet bei den Feuerwehrleuten erhebliche Steuereinnahmen generieren. Feuerwehrleute sind höchst selten Millionäre und haben vielfach handwerkliche Berufe mit tiefen Einkommen. Wir verstehen es nicht, warum nun deren Bereitschaft, sich im Milizsystem für die Gemeinden einzusetzen, steuerlich bestraft werden soll. Die Steuereinnahmen können also kein Grund für den regierungsrätlichen Antrag von 5'000 Franken sein. Unsere vergleichbaren Nachbarkantone Solothurn und Basel-Landschaft haben die Freigrenze ebenfalls auf 10'000 Franken festgelegt. Selbst der Kanton Zürich hat eine Freigrenze von 9'000 Franken und liegt damit weit über dem Vorschlag unseres Regierungsrats. Für die BDP ist nicht ersichtlich, weshalb die Aargauer Feuerwehrleute gegenüber jenen in Solothurn und Basel-Landschaft und auch Zürich benachteiligt werden sollen. Die Feuerwehren haben ein Rekrutierungsproblem. Es ist heute schwieriger, die Sollbestände zu füllen. Der Regierungsrat sollte sich dessen bewusst sein. Weshalb nun die Attraktivität, Feuerwehrdienst zu leisten, gesenkt wird, indem der Sold besteuert wird, ist unverständlich. Der Regierungsrat sollte doch alles daran setzen, den Feuerwehren keine Steine in den Weg zu legen. Die Alternative zu den Milizfeuerwehren wären nämlich Berufsfeuerwehren, welche dann massiv mehr kosten würden, als der marginale Betrag, welcher durch die Besteuerung des Soldes eingenommen wird. Die Argumentation in der Botschaft, weshalb der Freibetrag bei 5'000 Franken sein soll, ist schwach. Ein unterschiedlicher Freibetrag im Vergleich zur direkten Bundessteuer ist bei den elektronischen 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2355 Systemen der Steuerbehörden nun wirklich kein Problem und auch kein Argument gegen die 10'000 Franken. Die BDP schätzt den Einsatz der Feuerwehrleute, die viel von ihrer Freizeit für die Allgemeinheit opfern und bittet den Grossen Rat, dieses Engagement für die Gemeinden auch damit zu honorieren, indem Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dem Antrag der BDP und FDP zustimmen. Roland Brogli, Regierungsrat, CVP: Zuerst möchte ich noch ein mögliches Missverständnis von Ruedi Donat ausräumen. Nach dem Bundesgesetz bleibt der Sold der Milizfeuerwehrleute in Bund und Kantonen für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Erfüllung der Kernaufgaben der Feuerwehr (Übungen, Pikettdienste, Kurse, Inspektionen usw.) bis zu einem von den Kantonen zu bestimmenden Betrag steuerfrei. Nebenerwerbseinkommen – das ist ein möglicher Punkt, der zu höheren Auszahlungen führt – bleiben weiterhin steuerpflichtig. Das sind Funktionsentschädigungen, Kaderpauschalen, Entschädigung für administrative Arbeit, usw. Dass wir uns hier richtig verstehen: Das bleibt auch in Zukunft so, auch wenn Sie einen anderen Freibetrag festsetzen. Jetzt muss ich Ihnen sagen: Eine Erhöhung dieses Freibetrags hätte kaum finanzpolitische Auswirkungen, es geht nicht darum. Der Regierungsrat hat deshalb den Antrag auf einen Freibetrag von 5'000 Franken gestellt, um mit dem Bund und den allermeisten Kantonen – es sind 18 Kantone – hier eine Harmonisierung zu erzielen, was auch entsprechende Vereinfachungen zur Folge hat. Das war der Grund des Antrags des Regierungsrats. Ich bitte Sie, im Namen des Regierungsrats, diesen Antrag gutzuheissen. Urs Plüss, EVP, Zofingen: Dies ist jetzt nicht eine direkte Entgegnung an den Regierungsrat, sondern zum vorhergehenden Votum. Wir schätzen unsere Milizfeuerwehr und zollen dieser grossen Respekt. Die Mitglieder der Feuerwehr erbringen einen wichtigen Dienst an der Gemeinschaft. Wir sind alle froh, wenn sie da sind und vollen Einsatz geben, wenn man sie braucht. Dass nun der Feuerwehrsold ab 5'000 Franken besteuert werden soll, mag für den ersten Moment die Motivation vielleicht etwas senken. Aber ich bin überzeugt, dass unsere Feuerwehr nicht nur wegen dem Sold Dienst leistet, zumal der normale Feuerwehrmann davon gar nicht betroffen ist und unter dieser Limite liegt. An dieser Stelle erinnere ich Sie an all diejenigen, die einen Dienst an der Gemeinschaft leisten und keinen Freibetrag haben, ja diesen teilweise auch gar nicht brauchen, weil sie gar keinen Sold erhalten. Man denke an die Tausenden, ja Zehntausenden von Freiwilligen in der Pfadi, in der Jungschar, dem Besuchsdienst, den Samaritern; allen, die Arbeitseinsätze in Bergdörfern leisten; dann allen, die in den Kommissionen der Gemeinden gratis mitarbeiten. All diesen sollte man auch gebührend Wertschätzung entgegenbringen. Jene haben meistens keinen Sold oder müssen ihn besteuern. Ich bin mir bewusst, dass man das nicht eins zu eins vergleichen kann. Aber trotzdem muss heutzutage alles über das Geld besteuert werden. Vielleicht sind wir schon so weit. Aber ich denke, hier kann man es durchwegs harmonisieren und ein Zeichen setzen, dass man den Freibetrag auf 5'000 Franken festlegt. Als Anmerkung: Man konnte es auch in den Medien lesen: Der Jugend + Sport-Lagerbeitrag (J+S) wurde kürzlich gesenkt. Deshalb müssen jetzt diverse Lager abgesagt werden, weil die Finanzen nicht mehr reichen. Das geht etwa in die gleiche Kategorie: Man muss berücksichtigen, dass man hier nur von den Feuerwehrmännern redet. Aber es gibt Tausende oder Zehntausende von anderen, die in der Freiwilligenarbeit auch betroffen sind. Viviane Hösli, SP, Zofingen: Ich kann Urs Plüss nur zustimmen. Wenn man hier den Voten zuhört, dann könnte man meinen, dass nur die Feuerwehr Freiwilligenarbeit leistet und dass nur die Feuerwehr ihren Lohn versteuert. Nein, so ist es nicht. Es sind ganz viele andere Personen, die auch Freiwilligenarbeit leisten, und es sind insbesondere viele Frauen. Alle diese Personen versteuern ein allfälliges Einkommen ganz normal. In der Regel ist das relativ klein und weit unter 5'000 Franken. Auch wir Grossrätinnen und Grossräte oder in Zofingen die Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2356 versteuern ihr Einkommen aus dieser Arbeit. Dass dieses Einkommen versteuert werden muss, ist aber nicht demotivierend. Demotivierend sind schlechte Rahmenbedingungen in der Freiwilligenarbeit. Der Dank und die Wertschätzung dieser Freiwilligenarbeit, sei es von der Feuerwehr oder woher auch immer, geschieht nicht über einen Steuerabzug. Abstimmung, Gegenüberstellung 15'000 Franken (gemäss Antrag Deppeler) 5'000 Franken (gemäss Antrag Regierungsrat) 74 Stimmen 57 Stimmen Hauptabstimmung 15'000 Franken (gemäss Antrag Deppeler) 10'000 Franken (gemäss Antrag Hilfiker/Basler) 46 Stimmen 76 Stimmen Somit obsiegt die Fassung Hilfiker/Basler (Fr. 10'000.–) mit 76 gegen 46 Stimmen. § 33 Abs. 1 lit. l, § 35 Abs. 1 lit. c, e (aufgehoben) und Abs. 2, § 36 Abs. 2 lit. g, § 40 Abs. 1 lit. m Zustimmung Martin Christen, SP, Turgi: Bei § 24 hat Jean-Pierre Gallati zu Recht bemerkt, dass sich da noch einige redaktionelle Änderungen aufdrängen würden. Das ist auch bei § 40 lit. m so. Hier steht noch der alte Begriff "Lehrtöchter und Lehrlinge". Dabei ist das seit Jahren nicht mehr so. Gemäss Berufsbildungsgesetz ist die korrekte Bezeichnung "Lernende". Ich bitte, dies im Hinblick auf die 2. Lesung zu berücksichtigen. § 40 Abs. 1 lit. n Minderheits-Prüfungsantrag der Kommission VWA: "Es sei ein Pauschalabzug für die Eigenbetreuung eines Kindes zu prüfen." Der Regierungsrat lehnt den Minderheitsprüfungsantrag ab. Dieter Egli, SP, Windisch, Präsident der Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA): In diesem Absatz wurde ein Prüfungsantrag gestellt, es sei ein Pauschalabzug für die Eigenbetreuung von Kindern zu prüfen. Der Departementsvorsteher hielt dagegen mit der Begründung, dass dieses Anliegen schon mehrfach diskutiert und abgelehnt worden sei. Die Abstimmung ergab wiederum eine Pattsituation, der Prüfungsantrag wurde mit Stichentscheid mit 7 gegen 6 Stimmen, bei 1 Enthaltung, abgelehnt. Jean-Pierre Gallati, SVP, Wohlen: Erneut erlaube ich mir, einem Protest Ausdruck zu verleihen, weil ich dieses Thema in der Eintretensdebatte vermisst habe – ausgenommen das Votum des Herrn Finanzdirektors. Wenn wir am Schluss der Botschaft Antrag 2 anschauen, in welchem wegen der Zeitnot des Kantons wieder Zeitdruck erzeugt wird, frage ich mich einfach, wer uns eigentlich im eidgenössischen Parlament in Bern vertritt? Was machen eigentlich unsere beiden Ständerätinnen, wenn sie hier nicht die Interessen des Kantons geltend machen und durchsetzen? Wir können doch hier nicht drei Steuergesetzänderungen oder Änderungen von drei Bundesgesetzen in so kurzer Frist durchdrücken. Eine 3. Lesung ist zeitlich faktisch nicht mehr möglich; so geht es einfach nicht! Am Schluss machen wir wegen des Zeitdrucks noch schlechte Gesetze und müssen die dann nach sieben oder acht Jahren wieder revidieren, wie zum Beispiel das AKB-Gesetz (Aargauische Kantonalbank). Das nur als Zeichen eines kleinen Protests; ich werde am Schluss beim Antrag 2 auf jeden Fall Nein stimmen. Hier zu den Eigenbetreuungskosten bei den Kindern. Zum Minderheitsantrag: Leider ist ja diese Kommission etwas unausgewogen zusammengesetzt, sonst 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2357 hätte es den Stichentscheid des Präsidenten gar nicht gebraucht. Es ist ja eine Selbstverständlichkeit für alle hier im Saal, dass man die beiden Betreuungsmodelle Drittbetreuung oder Fremdbetreuung beziehungsweise Eigenbetreuung gleichberechtigen und gleichstellen soll, auch steuerlich. Für mich und für meine Fraktion ist die Selbst- und Eigenbetreuung eigentlich nichts Minderwertiges, ganz im Gegenteil. An unsere Freunde aus der CVP-Fraktion: Leider haben Sie mit Ihrer Familieninitiative verloren. Sie wollten ja die Familienzulagen von der Besteuerung befreien. Hier haben Sie eigentlich eine Art Ausgleichsventil, das aber viel wirkungsvoller ist, weil die Betreuungskosten pro Kind wohl höher sind als die Familienzulagen. Also ermuntere ich Sie, hier zuzustimmen, mindestens dem Prüfungsantrag. Ihr Anliegen, Familien zu fördern, wird noch besser erfüllt als mit Ihrer Bundesinitiative. Viviane Hösli, SP, Zofingen: Zu Kollege Jean-Pierre Gallati: Vorhin haben Sie der SP und den Jungsozialisten bezüglich Pauschalbesteuerung Phantomschmerzen vorgeworfen. Die Familieninitiative der SVP wurde abgelehnt, sie enthielt genau dieses Anliegen. Ich möchte Sie alle bitten, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, diesen Prüfungsantrag abzulehnen. Marianne Binder-Keller, CVP, Baden: Ich persönlich werde diesem Prüfungsantrag zustimmen, weil ich der Überzeugung bin, dass die 6,5 Milliarden Stunden Familienarbeit in diesem Land besser honoriert werden müssten. Ein Steuerabzug für diese Arbeit ist gerechtfertigt, und wenn man sie gar Herdprämie nennt, ist das eine Abwertung der Familienarbeit. Ich stimme zu, auch aus frauenrechtlichen Überlegungen. Roland Brogli, Regierungsrat, CVP: In § 40 Abs. 1 lit. n ist der Abzug für Fremd-/Drittbetreuung von Kindern bis zum 14. Altersjahr geregelt. Diese Norm wird mit der vorliegenden Teilrevision nicht geändert. Gemäss dem Prüfungsantrag soll nun aber ein Pauschalabzug für die Eigenbetreuung der Kinder geprüft werden. Dieses Anliegen wurde schon dreimal als Motion vor den Grossen Rat gebracht und ist jedes Mal abgelehnt worden. Dies, weil der Abzug für die notwendige Drittbetreuung dem Umstand Rechnung trägt, dass infolge der Geldausgabe die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geschmälert ist. Der Kinderbetreuungskostenabzug ist somit erforderlich, um im Sinne des verfassungsrechtlichen Gebots der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine Gleichbehandlung der Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen und der Eltern, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen, zu erreichen. Dementsprechend hat das Bundesgericht entschieden, dass die Einführung eines Abzugs für die Eigenbetreuung auf kantonaler Ebene nicht mit den verfassungsmässigen Geboten der Rechtsgleichheit und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu vereinbaren sind. Deshalb darf gar kein Eigenbetreuungskostenabzug eingeführt werden! Schliesslich hat das Volk am 24. November 2013 die Volksinitiative "Familieninitiative: Steuerabzüge auch für Eltern, die ihre Kinder selber betreuen" mit 58,5 Prozent abgelehnt. Aus all diesen Gründen bitte ich Sie, diesen Prüfungsantrag ebenfalls abzulehnen. Abstimmung Der Minderheits-Prüfungsantrag wird mit 70 gegen 59 Stimmen abgelehnt. Somit Zustimmung zu § 40 Abs. 1 lit. n. § 40 Abs. 1 lit. o Zustimmung § 40 Abs. 1 lit. p 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2358 Minderheitsantrag der Kommission VWA: "die Kosten der berufsorientierten Aus- und Weiterbildung, einschliesslich der Umschulungskosten, bis zum Gesamtbetrag von Fr. 24‘000.– wenn: 1. ein erster Abschluss auf der Sekundarstufe II vorliegt; oder 2. das 20. Lebensjahr vollendet ist und es sich nicht um die Ausbildungskosten bis zum ersten Abschluss auf der Sekundarstufe II handelt." Der Regierungsrat lehnt den Minderheitsantrag ab. Dieter Egli, SP, Windisch, Präsident der Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA): Hier wurde ein Antrag gestellt, die abzugsfähigen Kosten der berufsorientierten Aus- und Weiterbildung auf 24'000 Franken zu erhöhen. Nach kurzer Diskussion und nach dem regierungsrätlichen Hinweis auf die Harmonisierung mit dem Bund und mit den allermeisten Kantonen wurde der Antrag mit 8 gegen 5 Stimmen abgelehnt. Patrick Gosteli, SVP, Böttstein: Eine Verdoppelung der Abzugsmöglichkeit von 12'000 Franken auf 24'000 Franken wäre ein Zeichen zur Sicherung und Förderung einer praxisnahen Berufsbildung. Die Wichtigkeit der hohen Qualität im Bereich Bildung wurde im Rahmen des KMU-Wirtschaftstages erst letzte Woche wiederholt hervorgehoben, damit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizerischen Unternehmen auch in Zukunft im schwieriger werdenden Umfeld bestehen und erhalten bleibt. Die Mindereinnahmen würden durch Rückflüsse mehr als aufgewogen. Besten Dank für Ihre Unterstützung! Viviane Hösli, SP, Zofingen: Zum Minderheitsantrag: Die SP-Fraktion unterstützt einen Aus- und Weiterbildungsabzug. Wir sind allerdings der Ansicht, dass ein Abzug mit einer Obergrenze in Höhe von 12'000 Franken genügend ist. Wir haben Defizite in der Weiterbildung und in der Finanzierung der Weiterbildung, insbesondere bei den Höheren Berufsfachschulen. Hier warten wir auf die Bundesgesetzgebung und darauf, was dort bezüglich der Finanzierung beschlossen wird. Ein grösserer Steuerabzug ist aber dafür nicht nötig. Bei Weiterbildungen, die mehr als 12'000 Franken kosten, handelt es sich häufig um teure Management-Ausbildungen, welche sich die Personen auch leisten können. Das Geld für eine Ausbildung, das man dann auch bei den Steuern abziehen kann, muss zuerst einmal vorhanden sein. Das heisst wiederum, es würden bei diesem Abzug diejenigen profitieren, die es nicht nötig haben. Wir unterstützen den Antrag des Regierungsrats. Roland Brogli, Regierungsrat, CVP: Zu § 40 (5. Allgemeine Abzüge) lit. p: Die Gründe, weshalb eine Erhöhung auf 24'000 Franken nicht gerechtfertigt ist, haben wir bereits an anderer Stelle dargelegt. Eine Erhöhung des Höchstabzugs von 12'000 Franken – schon dies ist ja bereits ein sehr hoher Abzug, wenn Sie es mit anderen Abzugsmöglichkeiten vergleichen – auf 24'000 Franken würde die voraussichtlichen Mindereinnahmen erhöhen. Und jetzt komme ich zurück auf das, was ich zu Beginn gesagt habe: Wir können hier keine Vorlage beschliessen, in der wir sehr viel Geld verlieren. Dies erhöht die voraussichtlichen Mindereinnahmen beim Kanton um rund 3,2 Millionen Franken auf 4,7 Millionen Franken und bei den Gemeinden um rund 2,8 Millionen Franken auf 4,3 Millionen Franken. Für den Höchstabzug von 12'000 Franken spricht die vertikale Harmonisierung mit dem Bund, das betone ich nochmals, und die horizontale Harmonisierung mit den anderen Kantonen. Denn die anderen Kantone übernehmen tendenziell ebenfalls die Bundeslösung. Ich kenne keinen anderen Kanton, der hier nicht die Bundeslösung übernimmt! Zudem werden bei diesem Höchstabzug 97,5 Prozent der heute geltend gemachten Abzüge auch künftig vollumfänglich gewährt werden können. Im Steuerjahr 2010 wurde der Weiterbildungsabzug rund 23'400 Mal gewährt, davon lediglich in 600 Fällen für Beträge über 12'000 Franken. Hier geht es doch auch um die Zweitausbildung. Ich bitte Sie, alle diese Faktoren zu berücksichtigen und dem Antrag des Regierungsrats auf einen Abzug bis zum Gesamtbetrag von 12'000 Franken zuzustimmen. Abstimmung 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2359 Der Minderheitsantrag wird mit 76 gegen 53 Stimmen abgelehnt. Somit Zustimmung zu § 40 Abs. 1 lit. p. § 41 Abs. 1 lit. b, § 49 Abs. 1, § 53 Abs. 1, § 56 Abs. 2, § 60 Abs. 4, § 69 Abs. 1 lit. h, § 165 Abs. 1, § 181 Abs. 2 und 3, § 182 Abs. 3 (aufgehoben), § 185 Abs. 1 lit. e und Abs. 3, § 200 Marginalie, § 219 Abs. 1, § 220 Abs. 1, § 230 Marginalie und Abs. 1–5, § 230a, § 230b, § 230c, § 230d, § 231 Abs. 1 (aufgehoben), Abs. 4 und 6, § 250 Abs. 1, § 267a, II., III. und IV. Zustimmung Dieter Egli, SP, Windisch, Präsident der Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA): Hier gab es keinen Antrag, aber erlauben Sie mir eine kurze Ausführung über die Diskussion in der Kommission. Beim Paragrafen 230 Abs. 2 wurde in der Kommission festgestellt, dass die heutige kurze Regelung zum Steuererlass im revidierten Gesetz massiv ausgebaut wird. Es wurde die Befürchtung geäussert, dass mit der neuen Regelung die Hürden für einen Steuererlass in einer Notlage bis zur faktischen Unmöglichkeit erhöht würden – unter anderem durch die Drohung eines Nichteintretensentscheids oder durch den fehlenden Anspruch auf eine Verhandlung mit der Steuerbehörde. Der Departementsvorsteher führte in der Folge die Änderungen auf Bundesebene aus: Bisher wurden Steuererlassgesuche über 25'000 Franken von einer Erlasskommission des Bundes behandelt. Dafür werden im neuen Recht die Kantone zuständig sein. Der Steueramtsvorsteher führte ergänzend aus, dass mit der Abschaffung der Kommission viele Regelungen in der Bundesverordnung ins Gesetz übernommen wurden. Materiell sollte sich dadurch nichts ändern. Weil aber viele Bestimmungen in der bisherigen kantonalen Verordnung auf die Bundesverordnung verweisen, entschied sich auch der Kanton, die einschlägigen Regelungen – parallel zum Bund – ins Gesetz zu übernehmen. Auch die Ausführungen des Steueramtsvorstehers über die praktische Handhabung der Steuererlassbestimmungen konnten die Zweifel in der Kommission nicht ausräumen. Es wurde befürchtet, dass mit dem revidierten Gesetz der Spielraum für einen Erlass zu stark eingeschränkt würde. In diesem Zusammenhang stelle sich auch die Frage, wie frei der Kanton angesichts der Bundesrechtsvorgabe in dieser Frage sei. Aufgrund des Versprechens des Departementsvorstehers, die offenen Fragen bezüglich allfälliger faktischer Änderungen zum bisherigen Recht und bezüglich gesetzgeberischer Freiheit des Kantons in den Paragrafen 230 bis 230d auf die 2. Lesung hin zu klären und auszuführen, wurde im § 230 Abs. 2 kein Streichungsantrag gestellt. Jean-Pierre Gallati, SVP, Wohlen: Der Kommissionspräsident hat die Situation und die Diskussion in der Kommission richtig zusammengefasst. Es handelt sich vor allem um Vorschriften formeller Art beim Erlass von Steuern. Wenn Sie den Text aufmerksam durchlesen, dann stellen Sie mit Schrecken fest, welche Rechte, die wir im Allgemeinen in unserem Staat als Verfahrensbeteiligte haben, beschnitten werden, wenn Sie ein Steuererlassgesuch stellen. Ich persönlich beurteile diese Situation, wie sie hier im Gesetz in § 230 ff nun vorliegt, als asozial. Und ich staune, dass diese Änderung von den meisten Fraktionen fast schon widerspruchslos hingenommen wird. Diejenigen Leute, die in eine Situation kommen, in welcher sie einen Steuererlass benötigen, die haben in der Politik keine Lobby. Es kann jeden, auch uns, treffen. Sie können in eine Kampfscheidung geraten und von den Anwälten oder Gerichten oder von der Ehefrau ausgenommen werden. Sie erleiden eine Unternehmenspleite. Sie können einen Verkehrsunfall erleiden und die Versicherung bezahlt nicht. Irgendwann sind Sie vielleicht einmal, wenn Sie nicht mit dem "goldenen Löffel im Mund" geboren wurden, in einer solchen Situation. Ich bin der Auffassung, dass Menschen in solchen Situationen dieselben Grundrechte wie besser situierte Personen haben sollten – unabhängig davon, in welcher Partei sie sind. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2360 Wenn also der Kanton hier noch einen Spielraum hätte, die Verfahrensrechte zugunsten dieser Gesuchsteller einigermassen vernünftig herzustellen, dann sollten wir diesen Spielraum ausschöpfen. Wenn nicht, dann geht es einfach nicht. Sollte sich herausstellen, dass es noch einen Spielraum gibt, behalten wir uns auf die 2. Lesung ausdrücklich Anträge vor. Anträge gemäss Botschaft Dieter Egli, SP, Windisch, Präsident der Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA): Der Antrag 1 wurde einstimmig gutgeheissen. Der Antrag 2, der eine Verkürzung der Frist zwischen der 1. und der 2. Lesung verlangt, löste bei der Kommission Unmut aus. Und zwar nicht über den Regierungsrat, der die Gesetzgebung ohne Verzögerung anging, sondern über den Bund, der mit seiner Expressgesetzgebung zu kurze Fristen für die Umsetzung in den Kantonen vorgibt. Mit dem Antrag 2 zielte der Regierungsrat ursprünglich darauf ab, beide Lesungen noch vor den Sommerferien durchzuziehen. Weil aber erst heute die 1. Lesung stattfindet, kann die 2. Lesung sowieso erst nach den Sommerferien erfolgen. Das heisst einerseits, dass es für eine Umsetzung auf den 1. Januar 2016 knapp wird, und dass es bei einem Referendum nicht reichen würde. Andererseits wird damit aber auch der Antrag 2 obsolet, weil bis zum Termin der 2. Lesung sowieso drei Monate verstreichen werden. Konsequenterweise wurde der Antrag in der Kommissionsberatung vom Departementsvorsteher zurückgezogen. Die Kommission stimmte über den Antrag nicht ab. Roland Brogli, Regierungsrat, CVP: Ich gehe davon aus, dass Antrag 2 zurückgezogen ist, und dass aus praktischen Gründen nicht darüber abgestimmt werden muss. Vorsitzender: Wenn Sie einverstanden sind, stimmen wir nicht über obsolete Anträge ab. Infolge Rückzugs seitens des Regierungsrats wird daher über Antrag 2 nicht abgestimmt. Gesamtabstimmung Antrag 1 wird mit 132 gegen 0 Stimmen gutgeheissen. Antrag 2 gemäss Botschaft (Verkürzung der Frist von der ersten Beratung bis zur zweiten Beratung) ist mittlerweile obsolet geworden. Der Regierungsrat zieht den Antrag zurück. Beschluss Der Entwurf einer Änderung des Steuergesetzes (StG) wird in 1. Beratung – wie aus den Beratungen hervorgegangen – zum Beschluss erhoben. 5. Mai 2015 Art.-Nr. 0842 2361