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Linz, 12. November 2014
Gesellige Zellen: JKU-Wissenschafter erforschen Bindewirkung von Zellen
66 Abteilungen und Institute der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz forschen
derzeit im medizinischen oder medizinnahen Bereich. Eines davon ist das Institut für
Medizin- und Biomechatronik unter der Leitung von Prof. Werner Baumgartner. Er ist
mit seinem Team den Geheimnissen der Haftung von Zellen auf der Spur.
Der Körper besteht aus rund 100 Billionen Zellen. Diese halten fest zusammen – oder auch
nicht. Schließlich wird der Körper ständig umgebaut. „Wunden müssen heilen, Stoffe werden
zwischen Zellen ausgetauscht und die Synapsen (Verbindungen zwischen Nervenzellen)
wachsen und schrumpfen beim Lernprozess“, erklärt Prof. Baumgartner. Es herrscht also
reger Verkehr in unserem Inneren, und dazu müssen die Zellen auch mal loslassen können.
Nicht zu viel allerdings, sonst würden die Organe auseinander fallen. Ermöglicht wird dieses
Haften und selektive Loslassen durch spezielle Proteine (Eiweiße), so genannte
Adhäsionsrezeptoren. Am Institut für Medizin- und Biomechatronik der JKU werden diese
Vorgänge unter die Lupe genommen. „Wir untersuchen, welche Kräfte wirken und welche
Stoffe die Trennungs- und Bindevorgänge der Zellen beeinflussen. Von Kalzium und Zink
wissen wir zum Beispiel, dass sie in den Prozess eingebunden sind.“
Hoffnung, Metastasen zu unterbinden
Medizinisch sind diese Vorgänge enorm wichtig; beispielsweise bei einer Entzündung: Die
Zellen öffnen ihre Kontakte, um Immunzellen zum Entzündungsherd durchzulassen, was zu
einer lokalen Schwellung (Ödem) führt. An manchen Stellen sollte das aber nicht passieren,
Lungenödeme etwa können lebensbedrohend sein. Auch Krebsmetastasen hängen mit den
Bindekräften der Zellen und insbesondere mit dem Verhalten der Adhäsionsrezeptoren
zusammen: „Hier lösen sich Krebszellen, weil die Bindungen zu schwach sind, und wandern
im Körper. Wenn man das unterbinden könnte, wäre es möglich, die Ausbreitung des
Johannes Kepler Universität Linz, Altenberger Straße 69, 4040 Linz, Österreich, www.jku.at, DVR 0093696
Tumors zu verhindern“, erklärt der Prof. Baumgartner. Gemeinsam mit seinen Kollegen
konnte er bereits nachweisen, dass die Adhäsionsrezeptoren der Zellen allgemein über eine
sehr niedrige Affinität (Bindungsstärke) verfügen. „Kurz: Die Zellen binden bombenfest!“
Überraschend auch: „Die Bindungen bestehen nur ganz kurz, zwischen 0,5 bis 1 Sekunde.
Dann lösen sich die Adhäsionsrezeptoren wieder, um sich gleich darauf wieder zu binden.“
Allerdings hat eine Zelle sehr viele Adhäsionsrezeptoren, deren Bindungen die Zelle
kontrollieren und koordinieren kann. Dieses erstaunlich dynamische, aber auch unerwartet
stabile System stellt herkömmliche Messmethoden oft vor unlösbare Aufgaben. Daher wird in
Baumgartners Labor auch selbst Hand angelegt. „Wir bauen neue Apparate, mit denen diese
schnellen und kaum wahrnehmbaren Prozesse messbar gemacht werden können“, so der
Biomechatroniker.
MED: Hervorragende Forschungsinfrakstruktur
An der JKU hat Prof. Baumgartner einen neuen Chromatographen gebaut, um die Affinität
der Zellen zu messen. So konnten die JKU-Forscher erstaunliche Entdeckungen machen:
„Wir haben entdeckt, dass eine spezielle Form von Adhäsionsrezeptoren in den Darmzellen
sehr wahrscheinlich den Flüssigkeitstransport regelt und dafür verantwortlich ist, dass der
Kot konzentriert, also fest ist. Bislang war unklar, wofür diese LI-Cadherine (ein spezielles
Protein)
eigentlich
da
sind“,
freut
sich
Prof.
Baumgartner
über
den
neuesten
Forschungserfolg, der gerade publiziert wurde. Klar ist: Unsere Zellen halten noch viele
Überraschungen bereit. „Die neue Medizinische Fakultät wird ein hervorragendes Umfeld
bieten, um diesen Geheimnissen auf den Grund zu gehen – und damit ganz neue Ansätze
für Therapien und Medikamente zu finden“, ist Prof. Baumgartner sicher.
Kontakt:
Prof. Werner Baumgartner
Institut für Medizin- und Biomechatronik
Tel.: 0732 / 2468 4800
E-Mail: [email protected]
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