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ARD Online First, veröffentlicht am 7. April 2011 unter 10.1136/ard.2010.146662
Empfehlung
Behandlung der Rheumatoiden Arthritis nach dem „Treat-to-target”-Konzept
(zielgenaue Behandlung): die Patientenversion der internationalen
Empfehlungen
M. P. T. de Wit1; J. S. Smolen2,3; L. Gossec4; D. M. F. M. van der Heijde5
1
Fakultät für Medizin, Medizinisches Zentrum der VU, Amsterdam, Niederlande
2
Abteilung für Innere Medizin, Abteilung für Rheumatologie, Medizinische Universität Wien,
Wien, Österreich
3
2. Medizinische Abteilung, Krankenhaus Hietzing, Wien, Österreich
4
Abteilung Rheumatologie B, Universität Paris Descartes, Hôpital Cochin, Paris, Frankreich
5
Rheumatologie-Abteilung, Medizinisches Zentrum der Universität Leiden, Leiden,
Niederlande
Kontakt: M. P. T. de Wit, Fakultät für Medizin, Medizinisches Zentrum der VU, Van der
Boechorststraat 7, 1081 BT Amsterdam, Niederlande;[email protected]
Angenommen 13. März 2011
ZUSAMMENFASSUNG
Ziel der Veröffentlichung ist die Übertragung der „Treat-to-Target (T2T)-Empfehlungen“
(Empfehlungen zur zielgenauen Behandlung) in eine Version, die von Patienten leicht
verstanden werden kann. Eine Expertengruppe von Ärzten und Patienten, die an der
Ausarbeitung der T2T-Empfehlungen für die Ärzte beteiligt war, hat einen Entwurf für die
T2T-Empfehlungen in einer für Laien verständlichen Sprache erstellt. Diese Version wurde
im Verlauf einer eintägigen Zusammenkunft mit neun Patienten mit einer Rheumatoiden
Arthritis (RA) aus neun verschiedenen europäischen Staaten diskutiert, geändert und
umgeschrieben. Dann wurde der Grad der Übereinstimmung mit der Übersetzung und dem
Inhalt der Empfehlungen von den teilnehmenden Patienten beurteilt. Aus dem Projekt ging
eine Patientenversion der T2T-Empfehlungen hervor. Der Grad der Übereinstimmung mit der
Übersetzung und dem Inhalt war hoch. Die Gruppendiskussion enthüllte eine Reihe von
möglichen Hindernissen für die Umsetzung der Empfehlungen in der klinischen Praxis, wie
etwa Ungleichheiten bei der medizinischen Behandlung der Arthritis in Europa. Eine genaue
Version der T2T-Empfehlungen, die von Patienten leicht verstanden werden kann, steht zur
Verfügung und kann den gemeinsamen Entscheidungsprozess beim Management der RA
verbessern.
EINLEITUNG
Im Jahr 2008 ergriff ein internationales Expertengremium von Rheumatologen und Patienten
die Initiative zur Entwicklung einer Reihe von Empfehlungen für die engmaschige
Krankheitskontrolle bei Patienten mit einer Rheumatoiden Arthritis (RA) („treat-to-target“,
„T2T“)(1). Klinische Studien im Lauf der vergangenen zehn Jahre haben gezeigt, dass
Strategien mit einer engmaschigen Krankheitskontrolle zu besseren Ergebnissen führen.
Diese Empfehlungen wurden in Übereinstimmung mit den standardisierten Verfahren der
Europäischen Liga gegen Rheumatismus (European League Against Rheumatism, EULAR)
entwickelt (2)- einschließlich einer umfassenden und systematischen Literaturanalyse (3) gefolgt von einem gründlichen, datengesteuerten Konsensverfahren. Die Empfehlungen
wurden während eines zweitägigen Treffens von mehr als 60 Experten von verschiedenen
Kontinenten, einschließlich sechs Patientenvertretern, ausgiebig diskutiert. Sie einigten sich
auf vier Grundprinzipien und 10 Empfehlungen. Wichtige Bausteine dieser Empfehlungen
sind die Zielsetzung für die Medikamententherapie, eine regelmäßige Überwachung der
Krankheitsaktivität – unter Verwendung zusammengesetzter Scores, einschließlich der
Gelenkbeurteilung – und die Anpassung der Behandlung, wenn das gewünschte Ziel nicht
erreicht wird. Im Oktober 2009 wurden die Auswirkungen der Empfehlungen auf die klinische
Praxis während eines globalen T2T-Treffens diskutiert. Mehr als 25 Ärzte aus 22 Ländern
und zwei Patientenvertreter wiesen auf die Notwendigkeit hin, eine Patientenversion der
Empfehlungen zu entwickeln. Das wurde als logische Konsequenz des ersten Grundprinzips,
der gemeinsamen Entscheidungsfindung von Arzt und Patient gesehen,. Die letzte
Empfehlung stellt fest, dass dies nur erzielt werden kann, wenn der Patient gut über die
verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten informiert ist. Als Folgemaßnahme ernannte das
Expertengremium eine kleine Arbeitsgruppe mit dem Ziel, eine Patientenversion der T2TEmpfehlungen als wichtiges Werkzeug der Patientenaufklärung zu entwickeln.
Eine Patientenversion ist aus mehreren Gründen entscheidend. RA-Patienten müssen
angemessen über den möglichen Nutzen und die Risiken neuer medikamentöser
Behandlungen informiert sein (4–6). Die Sprache der Ärzte und das Benutzen bestimmter
definierter medizinischer Begriffe erschwert für den Patienten das Verständnis der
Empfehlungen und ihres möglichen Nutzens (7,8). Medikamente zeigen die besten
Ergebnisse, wenn sie nach einem festgelegten Plan angewendet werden, somit sind
genaues Verständnis, Akzeptanz und Einhaltung der Therapie sehr wichtig (9), besonders,
da einige Patienten glauben, dass der mögliche Nutzen die möglichen Risiken oder
persönliche Vorliebe nicht aufwiegt (10–12). Eine Patienteninformation, die einleuchtend und
in einer für den Laien verständlichen Sprache geschrieben ist, kann die Patienten in die Lage
versetzen, informierte Entscheidungen zu ihrer Behandlung zu treffen. Sie steigert die
Zufriedenheit der Patienten (5)und verbessert die Therapietreue (13).
Patienten können nur dann bei ihrer Behandlung mitentscheiden, wenn ihnen die
Empfehlungen zur Behandlung der RA bekannt sind und sie genau wissen, wie Behandlung
und Überwachung nach diesen Empfehlungen organisiert werden sollten. Schließlich kann
eine Patientenversion Ärzte dabei unterstützen, den Patienten auf Augenhöhe in den
Entscheidungsprozess mit einzubeziehen. Letztlich könnte Ärzten, die zögern, den T2TPrinzipien für ihre Patienten zu folgen, mit einer Patientenversion geholfen werden, das
Gespräch über Nutzen und Risiken der engmaschigen Kontrolle zu beginnen. Ziel der
vorliegenden Studie war die Entwicklung einer Patientenversion der T2T-Empfehlungen.
METHODIK
Die Kerngruppe, die aus vier Mitgliedern der internationalen T2T-Steuerungsgruppe,
einschließlich eines Patientenvertreters (MPTdW) bestand, erstellte einen Entwurf der T2TEmpfehlungen in Laiensprache.
Diese Version wurde im Verlauf eines eintägigen Konsensverfahrens mit neun RA-Patienten
diskutiert, ergänzt und umgeschrieben und von zwei Mitgliedern der Kerngruppe moderiert
(DMFMvdH, MPTdW).
Die Rekrutierung und Auswahl der Teilnehmer wurde mit Hilfe des Standing Committee of
Patients with Arthritis/Rheumatism in Europe der EULAR durchgeführt und fand über
zielgerichtete Stichprobenbildung nach geographischer Variation, Geschlecht und Alter statt.
Die Teilnehmer sollten Englisch sprechen und lesen können. Die Kerngruppe nahm die
abschließende Auswahl vor. Die Gruppe bestand aus acht Frauen und einem Mann aus
neun Ländern, die alle Regionen Europas vertraten: Zypern, Tschechien, Dänemark, Irland,
Norwegen, Portugal, die Niederlande, Rumänien und Großbritannien. Das Alter der
Gruppenmitglieder lag zwischen 31 und 66 Jahren. Fünf Teilnehmer waren bereits am T2TKonsensverfahren beteiligt.
Zu Beginn des Treffens wurden die ursprünglichen Empfehlungen vorgestellt und erklärt.
Dann wurde den Teilnehmern die von der Kerngruppe entwickelte Patientenversion
präsentiert. Es wurde betont, dass die Gruppe bei der Entwicklung der Patientenversion
keine Änderungen des Inhalts oder der Bedeutung der Empfehlungen vornehmen durfte.
Die Formulierung einer Patientenversion in Laiensprache wurde durch ständigen Vergleich
der ursprünglichen Aussagen mit dem Entwurf der Patientenversion durchgeführt. Das
Konsensverfahren wurde aufgezeichnet. Am Ende des Treffens wurde der Grad der
Übereinstimmung mit den Übersetzungen sowie dem Inhalt von allen teilnehmenden
Patienten einschließlich des Patienten-Moderators anonym auf einer numerische
Bewertungsskala von 0 (keine Übereinstimmung) bis 10 (volle Übereinstimmung) bewertet.
Schließlich machte die Gruppe Vorschläge für die Umsetzung der Empfehlungen.
ERGEBNISSE
Aussagen
Die Patientenversion der Empfehlungen wird in Tabelle 1 vorgelegt. Die Gruppe versuchte,
so nah wie möglich an der ursprünglichen Aussage zu bleiben. Manchmal wurde eine
Vereinfachung durch Aufteilung langer Sätze in viele kleine Sätze erzielt. In anderen Fällen
suchte die Gruppe gebräuchliche Synonyme oder eine Erklärung in Laiensprache. Es gab
lange Diskussionen über die Übersetzung und die Bedeutung der Worte „significant“
(signifikant) und „validated“ (validiert). Schließlich entschied sich die Gruppe für
verschiedene Lösungen. Dadurch blieb das Wort „signifikant“ und es wurde vorgeschlagen,
dass jedes Land Synonyme oder Übersetzungen in der eigenen Sprache erkunden sollte.
Für das Wort „validiert“ wurden viele Synonyme vorgeschlagen; die Bedeutung des Wortes
wurde aber in keinem Fall erfasst. Schließlich wurde der Begriff nicht als entscheidendes
Element für das Verständnis der Botschaft der Empfehlung betrachtet. Es wurde
entschieden, das Wort zu streichen. Zur Vermeidung langer Sätze in der Patientenversion
bestimmte die Gruppe andere Wörter und Konzepte, die im Begleittext erklärt werden sollten
und schlug Wörter für das Glossar vor (siehe Tabelle 2).
Bewertung der Patientenversion
Die Patientengruppe, einschließlich des Patienten-Moderators, unterstrich die Bedeutung der
Empfehlungen (mittlerer Grad der Übereinstimmung mit dem Inhalt: 9,3; siehe Abb. 1). Die
Gruppe war überzeugt, dass Patienten enorm von einer Patientenversion profitieren. Sie
würden dadurch über das Behandlungskonzept informiert. Patienten mit einer RA, die keine
Behandlung gemäß diesen Empfehlungen erhalten, würden darin gestärkt, sie einzufordern.
Tabelle 1 Patientenversion der Treat-to-Target (T2T)-Empfehlungen zur Behandlung der
Rheumatoiden Arthritis (RA) nach dem Treat-to-Target-Konzept
Beachte: Kursiv geschriebene Wörter werden im Glossar (siehe Tabelle 2) erläutert.
Fettgedruckte Wörter werden in Tabelle 3 erklärt.
Vier Grundprinzipien
(A) Die Behandlung der RA muss auf der gemeinsamen Entscheidungsfindung von
Betroffenen und Rheumatologen beruhen.
Es ist notwendig, dass Betroffene nicht nur über die Behandlungsmöglichkeiten und die
Gründe für die Empfehlung einer bestimmten Therapie nach Abwägen von Nutzen und
Risiko informiert werden, sondern die Betroffenen sollte aktiv mit entscheiden, welche
Therapie gewählt wird.
(B) Wichtigstes Behandlungsziel ist die bestmögliche Verbesserung der langfristigen
gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Dies kann erreicht werden durch Beherrschung der
Krankheitssymptome wie Schmerz, Entzündung, Morgensteifigkeit und Erschöpfung;
Verhinderung von Schäden an Gelenken und Knochen; Wiedererlangen der normalen
Funktionsfähigkeit und Teilhabe an Alltagsaktivitäten.
(C) Der wichtigste Weg zum Erreichen dieser Ziele ist das Aufhalten der Gelenkentzündung.
(D) Eine zielorientierte Therapie durch Bestimmung der Krankheitsaktivität und
entsprechender Anpassung der Therapie führt zu den besten Behandlungsergebnissen bei
RA.
10 Empfehlungen
(1) Wichtigstes Behandlungsziel bei der RA sollte die klinische Remission sein.
(2) Klinische Remission bedeutet, dass signifikante Anzeichen und Symptome der
Krankheitsaktivität, die durch Entzündungen verursacht werden, fehlen.
(3) Obwohl die Remission das Ziel sein sollte, ist dies bei manchen Patienten nicht möglich,
vor allem bei jenen mit langer Krankheitsdauer. Daher kann eine niedrige Krankheitsaktivität
eine akzeptable Alternative sein.
(4) Bis das erwünschte Behandlungsziel erreicht ist, sollte die medikamentöse Therapie
mindestens alle 3 Monate angepasst werden.
(5) Die Krankheitsaktivität muss regelmäßig gemessen und dokumentiert werden. Bei
Patienten mit hoher oder mittlerer Krankheitsaktivität muss dies jeden Monat geschehen. Bei
Patienten mit dauerhaft niedriger Krankheitsaktivität oder in anhaltender Remission kann
dies seltener erfolgen (z. B. alle 3–6 Monate).
(6) Die Anwendung validierter Messinstrumente zur Beurteilung der Krankheitsaktivität, dazu
zählt auch die Beurteilung der Gelenke, ist in der routinemäßigen klinischen Praxis
erforderlich, um Behandlungsentscheidungen zu unterstützen.
(7) Neben der Krankheitsaktivität sollten Behandlungsentscheidungen in der klinischen
Praxis auch Schäden an den Gelenken und Einschränkungen der Funktionsfähigkeit
berücksichtigen
Ergänzungen des deutschen T2T-Expertenteams:
a Röntgenbilder sollten in jährlichen Abständen angefertigt werden.
b Auch andere Verfahren können verwendet werden, von denen bekannt ist, dass sie
Aussagen über Gelenkschäden liefern. Das bezieht sich vor allem auf
Magnetresonanztomographie und Ultraschall-Untersuchungen.
(8) Das gewünschte Behandlungsziel sollte während des gesamten weiteren Verlaufs der
Krankheit aufrechterhalten werden.
(9) Das Vorhandensein weiterer Krankheiten, patientenbezogene Faktoren oder durch die
Medikamente bedingte Sicherheitsrisiken können die Wahl der Messinstrumente zur
Messung der Krankheitsaktivität und die Höhe des Zielwertes beeinflussen.
(10) Die Betroffenen sind über das Behandlungsziel und die Strategie unter der Leitung des
Rheumatologen entsprechend zu informieren*.
* Anmerkung aus deutscher Sicht: Dabei sind die Grundsätze, die oben unter (A) genannt
sind, zu berücksichtigen.
Tabelle 2 Glossar
Begriffe
Anhaltende
Erklärung in Laiensprache
Zustand der Remission, der über einen längeren Zeitraum anhält – zum
Remission
Beispiel länger als 6 Monate.
Anzeichen
Anzeichen werden bei der körperlichen Untersuchung festgestellt, wie
Nr.*
5
2
z. B. die Anzahl der geschwollenen Gelenke.
Behandlungs
Der Effekt (das Endergebnis) des Krankheitsverlaufs auf den Patienten
ergebnis
oder die Wirkung einer Therapie bei einem Patienten, die auf
D
verschiedene Weise gemessen werden kann. Patientenbezogene
Ergebnisse basieren auf der Erfahrung oder Meinung des Patienten
und beinhalten beispielsweise Schmerz, Erschöpfung und körperliche
Funktionsfähigkeit. Objektive Messungen (Ergebnisse) sind von der
Meinung des Patienten unabhängig – zum Beispiel der radiologische
Nachweis von Gelenkschädigungen (Röntgen) oder Bluttests
(Entzündungszeichen wie Blutsenkungsgeschwindigkeit oder Creaktives Protein).
Einschränku
Auswirkungen der Krankheit auf die Erfüllung von Aufgaben im Alltag.
7
Die Entzündung ist die Grundlage des Krankheitsprozesses bei der RA:
C, 2
ng der
Funktionsfähi
gkeit
Entzündung
Sie wird von Zellen des Immunsystems und ihren Produkten
(Zytokinen) verursacht und führt direkt zu Anzeichen und Symptomen
wie z. B. Gelenkschwellung, Schmerzen und Steifigkeit. Sie führt
außerdem zur Gelenkschädigung und Einschränkung der
Funktionsfähigkeit. Durch Aufhalten der Entzündung können Schäden
und Behinderung verringert oder sogar vermieden werden.
Gemeinsame
Prozess, durch den der Arzt und der Patient auf der Grundlage eines
Entscheidun
Gesprächs über die Wünsche des Patienten und das Wissen
gsfindung
(„wissenschaftlicher Nachweis) des Arztes eine gemeinsame
A
Entscheidung treffen. Eine Voraussetzung für gemeinsame
Entscheidungsfindung ist eine gleichberechtigte Partnerschaft im
Patient-Arzt-Verhältnis.
Gesundheits
In diesen Ausführungen ist die gesundheitsbezogene Lebensqualität
bezogene
entscheidend. Die Lebensqualität wird durch eine Reihe von
Lebensqualit
individuellen und sozialen Faktoren bestimmt. Gesundheitsbezogene
ät
Lebensqualität bezieht sich direkt auf die Auswirkungen der Krankheit
B
auf das tägliche Leben. Sie beinhaltet die Auswirkungen der Krankheit
auf die psychische Gesundheit, Erwerbsbeteiligung, das Familienleben,
soziale Beziehungen und die Freizeit.
Klinische
Die klinische Remission stützt sich auf Beschwerden des Patienten,
Remission
Untersuchung der Gelenke und die Ergebnisse der Labortests. Dies
1, 2
kann vom Rheumatologen unter Verwendung einer Reihe von
Instrumenten, die die Krankheitsaktivität messen, vorgenommen
werden (siehe Tabelle 3). Liegt der Wert unter einem bestimmten
Vorgabewert, befindet sich der Patient im Stadium der Remission. Bei
der klinischen Remission werden keine Ergebnisse aus Röntgen-,
MRT- oder Ultraschalluntersuchungen oder aus anderen bildgebenden
Verfahren berücksichtigt.
Krankheitsak
Durch Entzündung aufgrund von RA hervorgerufene Zeichen und
D, 2,
tivität
Symptome. Rheumatologen verwenden Schwellenwerte, um
3, 5,
verschiedene Grade der Krankheitsaktivität zu beschreiben. Sie
6
unterscheiden oft zwischen vier Stadien der Krankheitsaktivität: hoch,
moderat, niedrig oder Remission. Eine einheitliche Definition dieser vier
Stadien exsistiert zurzeit nicht; die Definition hängt vom verwendeten
Instrument ab (siehe Tabelle 3).
Messung
Die Beurteilung eines bestimmten gesundheitsbezogenen Faktors
durch Verwendung des geeignetsten Instruments (z. B. Test oder
6, 9
Fragebogen).
Patientenfakt
Patientenfaktoren beziehen sich auf persönliche Vorliebe und
oren
Eigenschaften wie z. B. Beruf, Alter oder Geschlecht
Remission
Stadium einer Krankheitsaktivität ohne signifikante
1, 2,
Entzündungsaktivität.
3
„Signifikant” könnte man mit Synonymen wie wichtig, ernst, meist-,
2
Signifikant
9
entscheidend oder maßgeblich in andere Sprachen übersetzen.
„Signifikant“ ist ein relativer Begriff und führt oft zu Diskussionen, je
nach Zusammenhang und individueller Sichtweise. In der Forschung ist
ein Ergebnis statistisch signifikant, wenn unwahrscheinlich ist, dass das
Ergebnis zufällig auftritt (z. B. eine signifikante Veränderung der
Schmerzen durch ein neues Medikament). Klinische Signifikanz bezieht
sich auf eine individuelle Beurteilung der Verbesserung im wirklichen
Leben: Ist eine Verbesserung aus der Sicht des Patienten wirklich
wichtig?
Strategie
Ein vorher festgelegter Weg, auf dem der Arzt und der Patient das
10
Behandlungsziel zu erreichen versuchen.
Symptome
Symptome sind die Erscheinungsformen der Krankheit, die vom
2
Patienten gefühlt oder erlebt werden, wie etwa Erschöpfung, Schmerz
oder Steifigkeit.
Validiertes
Ein Instrument (Methode, Fragebogen, Test), dessen Fähigkeit, das zu
Messinstrum
messen, was es bei einer bestimmten Krankheit messen soll,
ent
wissenschaftlich belegt ist.
Zusammeng
Instrument zur Messung, das verschiedene Aspekte der Krankheit in
esetzter
einem numerischen Wert (Zahl) zusammenfasst. Beispiele für
Score
zusammengesetzte Scores der Krankheitsaktivität bei der RA sind:
6
Tab.3
Clinical Disease Activity Index (Index der klinischen Krankheitsaktivität),
Simplified Disease Activity Index (Vereinfachter Index der
Krankheitsaktivität), Disease Activity Score (Krankheitsaktivitätsscore)
und Disease Activity Score 28 Joint Count (Krankheitsaktivitätsscore
mit 28 berücksichtigten Gelenken).
*Die dritte Spalte gibt die Treat-to-Target-Aussage an, in der der Originalbegriff verwendet wird.
Die Buchstaben A–D beziehen sich auf die Grundprinzipien und die Ziffern 1–10 beziehen sich
auf die Empfehlungen. RA, Rheumatoide Arthritis.
Abb. 1 Grad der Zustimmung zu den Grundprinzipien A–D und den Empfehlungen 1–10
durch die Patientenvertreter (n = 10). Der Grad der Zustimmung (auf der y-Achse
angegeben) wurde auf einer numerischen 10-Punkte-Bewertungsskala gemessen, wobei die
höchste Zahl (10) für „volle Zustimmung“ und die niedrigste (1) für „keinerlei Zustimmung“
steht. Die schwarzen Balken stellen den Grad der Zustimmung zu der Übersetzung in
Laiensprache dar, die grauen Balken stellen den Grad der Zustimmung zum Inhalt dar.
Umsetzung
Die Patientengruppe ging davon aus, dass derzeit nur wenige Patienten nach den
Empfehlungen behandelt werden und dass es eine erhebliche Kluft zwischen der täglichen
Praxis und der empfohlenen Therapiestrategie gibt. Die Empfehlungen spiegeln das Ideal
wider. Viele Ärzte sind sich der Bedeutung der zielgenauen Behandlung bewusst, sehen sich
jedoch bei der Umsetzung mit Hindernissen konfrontiert. Weiterhin wurde die Therapietreue
als mangelhaft eingeschätzt. Die Patientengruppe stellte außerdem Unterschiede in der
Gesundheitsversorgung in Europa fest. Daher erfordert eine Verbesserung der
Gesundheitsversorgung von Menschen mit einer RA die Umsetzung der Empfehlungen. Die
vorliegende Patientenversion wurde von erfahrenen, fließend Englisch sprechenden
Patientenvertretern entwickelt. Die Patientenversion wurde noch nicht in einer Gruppe von
Betroffenen im klinischen Alltag geprüft. Die Übersetzung in verschiedene Sprachen und das
Testen der Empfehlungen in verschiedenen Ländern wurden als wichtige Folgemaßnahmen
in diesem Prozess angesehen. Die Verteilung einer Patientenversion, eines Faltblatts oder
einer Broschüre könnte Patienten verdeutlichen, was ein gutes Krankheitsmanagement für
sie ausmacht: Wie oft sollten sie ihren Rheumatologen aufsuchen, was sollten sie von der
Befragung erwarten, was ist ihre Rolle im Entscheidungsfindungsprozess und was sollten sie
von der Behandlung erwarten? In dieser Hinsicht sind die Wahrnehmung und das
Verständnis des Ziels der Behandlung wichtige Faktoren, die stärker berücksichtigt werden
müssen. Bei anderen Krankheiten wie für Zuckerkrankheit, Fettstoffwechselstörung und
Hochdruck wurde erfolgreich ein klares und einheitliches Ziel bestimmt und umgesetzt (1).
Für die RA gibt es keinen ähnlich einheitlichen Wert. Rheumatologen verwenden
unterschiedliche Scores und eine unterschiedliche Bestimmung der Krankheitsaktivität (14).
Das erschwert die Aufklärung der Patienten und einen klaren Dialog hinsichtlich des
Behandlungsziels. Solange ein einfacher und weltweit akzeptierter Indikator für die
Krankheitsaktivität fehlt, erschien es der Gruppe wichtig, einen klaren Überblick über die
Definitionen für hohe, moderate und niedrige Krankheitsaktivität und Remission zu bieten
(siehe Tabelle 3).
Eine neue gemeinsame Initiative des American College of Rheumatology und der EULAR
führte zu zwei Vorschlägen für strengere Kriterien für die Remission in klinischen Studien
(15). Eine ist eine „Boolean-basierte“ Definition mit Anzahl der druckschmerzhaften Gelenke
≤ 1 UND Anzahl geschwollener Gelenke ≤ 1 UND C-reaktives Protein (CRP) ≤ 1 mg/dl UND
Gesamturteil des Patienten ≤ 1 (auf einer Skala von 0–10). Die andere Definition ist der
indexbasierte Simplified Disease Activity Index ≤ 3,3 (Tabelle 3). Für die Verwendung in der
klinischen Praxis werden beide Definitionen ohne CRP vorgeschlagen.
Tabelle 3 Validierte kombinierte Messungen und die jeweiligen Grenzwerte für die
unterschiedlichen Zustände der Krankheitsaktivität
Kombinierte
Messung (Zahl der
Komponenten)
Hohe
Krankheitsaktivität
CDAI23;24
(4)
SDAI23;24
(5)
DAS4425
(5)
DAS2825
(5)
>22
>26
>3,7
>5,1
Mittlere
Krankheitsaktivität
>10-22
>11-26
>2,4-3,7
>3,2-5,1
Geringe
Krankheitsaktivität
>2,8-10
>3,3-11
> 1,6-2,4
>2,6-3,2
Remission
<2,8
<3,3*
<1,6
<2,6
*
Vorläufige Definition von Remission für klinische Studien des American College of
Rheumatology-European League Against Rheumatism (15)
DISKUSSION
Die Entwicklung einer Patientenversion und einer Reihe von Empfehlungen ist zurzeit kein
gebräuchliches Vorgehen. Im Bereich der Rheumatologie sind zwei Initiativen zur
Einbeziehung der Patientenperspektive in ein internationales Projekt veröffentlicht worden.
Für die Patientenversion der Empfehlungen zum Management des Morbus Bechterew
gemäß ASAS/EULAR(16) wurden 18 Patientenvertreter aus 10 Ländern zu einer
zweitägigen Konsensustagung eingeladen. Sie übertrugen nicht nur die ursprünglichen
Empfehlungen in Laiensprache (17) sondern diskutierten auch ausführlich den Inhalt der
Empfehlungen und erstellten eine Wunschliste aus Patientenperspektive, die bei der
Aktualisierung der Empfehlungen diskutiert werden soll.
Ähnliche Bestrebungen wurden von der Arbeitsgruppe zur Entwicklung von EULAREmpfehlungen zum Management der Kortison-Therapie bei rheumatischen Erkrankungen
unternommen (18).Unter Verwendung verschiedener Methoden erforschten sie die
Perspektive von Patienten und Rheumatologen hinsichtlich der Kortison-Therapie, um die
Umsetzung der Empfehlungen zu verbessern. Obwohl sie keine Patientenversion erstellten,
trugen die teilnehmende Patienten Ideen zur Verbesserung der Umsetzung der
Empfehlungen und zu einer Forschungsagenda bei (19).Sie folgern, dass die Sichtweisen
von Patienten und Rheumatologen früh in den Prozess der Formulierung von Empfehlungen
einbezogen werden sollten. Die T2T-Patientengruppe wies darauf hin, dass gemäß einem
ganzheitlichen Ansatz zur Gesundheitsversorgung bei einer Arthritis die Behandlung mit
Medikamenten ein wichtiger, jedoch nicht der einzige Baustein ist, der die klinischen
Ergebnisse bestimmt. Die Teilnehmer stellten fest, dass die T2T-Empfehlungen, wie die
EULAR/ASAS-Empfehlungen, stark auf Körperfunktionen und -strukturen konzentriert sind,
während eine patientenorientierte Versorgung in der Rheumatologie neben medizinischem
Fachwissen und Überwachung auch nicht-pharmakologische und psychosoziale
Maßnahmen erfordert (20). Die Gruppe unterstrich daher die Bedeutung der
multidisziplinären Zusammenarbeit beim Management der RA, da für die Durchführung der
Scores und die Aufklärung und die Befähigung des Patienten, zu einer tatsächlich
gemeinsamen Entscheidungsfindung mit dem Rheumatologen, die Unterstützung anderer
wichtiger Fachleute benötigt wird. Obwohl Pflegepersonal und medizinische Fachassistenten
ideal für die Aufklärung von RA-Patienten hinsichtlich Behandlungsmöglichkeiten und für die
Überwachung der Krankheitsaktivität geeignet sein könnten (21), stehen sie in vielen
Ländern nicht zur Verfügung.
Die Patienten berichteten aus ihrer Erfahrung, dass sie nicht alle gegebenen Informationen
sofort aufnehmen können, besonders nicht beim ersten Besuch eines Rheumatologen. Ein
Termin mit einer qualifizierten medizinischen Fachassistentin könnte sehr nützlich sein. Da
es entscheidend ist, die Behandlung sobald als möglich nach Diagnosestellung zu beginnen,
sollten Patienten Informationen über die Risiken der Krankheit und die erwarteten
Behandlungsergebnisse erhalten. Damit die Therapie wirksam ist, muss sich der Patient an
den Medikamentenplan halten. Das kann jedoch nur erreicht werden, wenn der Patient gut
informiert ist und die Behandlung auch akzeptiert. Eine Patientenversion ist bei der
Unterstützung dieses Prozesses sehr nützlich.
Im Gegensatz zur Patientenversion der EULAR/ASAS (für Morbus Bechterew)
widersprachen die Teilnehmer dem Inhalt der Empfehlungen nicht und im Gegensatz zur
Kortison-Patientengruppe fügten sie der Forschungsagenda auch keine Themen hinzu. Das
könnte daher rühren, dass einige Patientenvertreter auf unterschiedlichen Ebenen aktiv am
Entwicklungsprozess der ursprünglichen Empfehlungen beteiligt waren. Bei der
abschließenden Diskussion erwähnte die Gruppe jedoch Hindernisse für die Umsetzung. Vor
allem bezogen sie sich dabei auf den eingeschränkten Zugang zu rheumatologischer
Betreuung. Nicht in jedem Land suchen RA-Patienten ihren Rheumatologen alle drei Monate
oder öfter auf. Die Zeit des Arztes ist beschränkt. Gelenkbeurteilungen werden nicht
regelmäßig durchgeführt, ordentlich dokumentiert und dem Patienten zur Verfügung gestellt.
In der Mehrzahl der Staaten haben die Menschen keinen Zugriff auf ihre eigenen Daten. Es
gibt moderne digitale Datenerfassungssysteme, die regelmäßige Berichte über Aktivität,
Management und Überwachung der Erkrankung, Patientenaufklärung und
Selbstmanagement ermöglichen (22).Auf einige können Patienten zugreifen, die ihre
Erkrankung mit Hilfe des Internets von zu Hause aus selbst überwachen können. Eine
solche Anwendung ist jedoch nicht weit verbreitet.
Die Gruppe hielt es auch für denkbar, dass Patientenorganisationen die Patientenversion der
T2T-Empfehlungen für Gespräche mit nationalen Politikern, Behörden und Kostenträgern im
Gesundheitswesen verwenden. Sie könnten eine bessere Gesetzgebung fordern, die
allgemein anerkannten Empfehlungen entspricht, um einen besseren Zugang zu
angemessenen Behandlungsstrategien, guten Informationen zur Gesundheitsfürsorge und
Programmen zum Selbstmanagement zu garantieren und so bessere gesundheitliche
Ergebnisse für Menschen mit einer RA erzielen zu können.
Danksagung Die Autoren danken den Teilnehmern der Konsensustagung L. Anderson
(Dänemark), S. Canadelo (Portugal), C. Filip (Rumänien), S. Halland (Norwegen), C.
Kinneavy (Irland), M. Kouloumos (Zypern), E. Quest (GB), M. Scholte (Niederlande) und E.
Slamova (Tschechien)für ihr Engagement und Feedback.
Interessenkonflikte Dieses Projekt wurde durch eine uneingeschränkte
Forschungszuwendung von Abbot Immunology unterstützt. Es waren keine AbbottTochtergesellschaften am Programm oder der Abstimmung beteiligt.
Herkunft und Begutachtung durch Fachkollegen Nicht beauftragt, externe fachliche
Begutachtung.
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