Hintergrund und Zielsetzung

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Implementierung einer praxisnetzbasierten, softwaregestützten Case
Management Intervention am Bsp. von multimorbiden Patienten mit
Diabetes mellitus Typ II
Martina Kamradt, Abt. Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum
Heidelberg
Johannes Krisam, Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Abt. Medizinische
Biometrie, Universitätsklinikum Heidelberg
Werner Besier, Gesundheitsprojekt Mannheim e.G.
Christian
Jacke,
Arbeitsgruppe
Versorgungsforschung,
Zentralinstitut
für
Seelische
Gesundheit, Mannheim
Hans-Joachim Salize, Arbeitsgruppe Versorgungsforschung, Zentralinstitut für Seelische
Gesundheit, Mannheim
Ralf Brandner, InterComponentWare AG, Walldorf
Sandra Schmitt, InterComponentWare AG, Walldorf
Christina Reiß, Heidelberger Selbsthilfebüro, Selbsthilfe Heidelberg/Mannheim
Joachim Szecsenyi, Abt. Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum
Heidelberg
Dominik Ose, Abt. Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum
Heidelberg
Kontakt: [email protected]
Hintergrund und Zielsetzung
Die steigende Prävalenz an multimorbiden Menschen mit chronischen Erkrankungen fordert
eine
individuelle,
patientenzentrierte
und
sektorenübergreifende
Koordination
der
Gesundheitsversorgung. Diese ist notwendig, um den speziellen Bedürfnissen multimorbider
Patienten sowie den künftigen Anforderungen des Gesundheitssystems gerecht zu werden
(Kuhlmey,
2009;
Sachverständigenrat
zur
Begutachtung
der
Entwicklung
im
Gesundheitswesen, 2009).
Entsprechend dieser Ausgangssituation ist die sektorenübergreifende Versorgung von
multimorbiden Patienten mit chronischen Erkrankungen ein zentraler Aspekt im BMBF
geförderten Vorhaben „Gesundheitsregion der Zukunft“ (2012-2016). Im Rahmen dieses
Großprojektes werden in der Metropolregion Rhein-Neckar, Deutschland, in enger
Zusammenarbeit von Wissenschaft und Industrie Strukturen und Prozesse etabliert, welche
eine patientenzentrierte Weiterentwicklung der Versorgung ermöglichen. An das INFOPATProjekt (INFOrmationstechnologie für eine PATientenorientierte Gesundheitsversorgung;
www.infopat.eu)
angebunden
ist
die
Implementierung
und
Evaluation
einer
praxisnetzbasierten, softwaregestützten Case Management Intervention am Beispiel von
multimorbiden Patienten mit Diabetes mellitus Typ II. Dieser konzeptionelle Ansatz
ermöglicht es, dass speziell geschulte Medizinische Fachangestellte (MFA) als sogenannte
„Netz Case Manager“ (NCM) Patienten aus verschiedenen Hausarztpraxen individuell
betreuen können. Diese individuelle Betreuung durch einen NCM umfasst persönliche
Assessments
medizinischer
Telefonmonitoring-Kontakte
und
nicht-medizinischer
mit
dem
Ziel
eine
Aspekte
akute
sowie
regelmäßige
Verschlechterung
des
Gesundheitszustandes zuerkennen und den Patienten hinsichtlich seiner individuellen
Probleme zu beraten. Die Ergebnisse der persönlichen Assessments sowie eine akute
Verschlechterung des Gesundheitszustandes werden vom NCM an die betreuende
Hausarztpraxis rückgemeldet. Technische Grundlage dieses Projektes ist der „ICW Care
Manager“, eine Software der InterComponentWareAG, welche speziell an die Anforderungen
des praxisnetzbasierten Case Managements angepasst ist. Diese webbasierte Software
unterstützt den NCM durch aufgabenbasiertes Arbeiten mit elektronischen Formularen und
sorgt dafür, dass die einzelnen Aufgaben zum richtigen Zeitpunkt ausgeführt werden.
Bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse im Bereich der Case Management-Ansätze lassen
positive Effekte bezüglich der Versorgungskoordination und einer Vielzahl unterschiedlicher
Outcomes erkennen (Bodenheimer T, Berry-Millet R, 2009; Norris et al., 2002). Dennoch ist die
Evidenz begrenzt, welche die Auswirkungen eines praxisnetzbasierten Case Managements auf
gesundheitsbezogene, patienten-berichtete Outcomes, wie z.B. des Selbstsorgeverhaltens,
von multimorbiden Patienten mit Diabetes mellitus Typ II beschreibt. Aus diesem Grund ist
das Ziel der Studie die Implementierung einer praxisnetzbasierten, softwaregestützten Case
Management Intervention bei multimorbiden Patienten mit Diabetes mellitus Typ II zu
evaluieren.
Methoden
Die Evaluation der Implementierung der praxisnetzbasierten, softwaregestützten Case
Management Intervention erfolgt im Rahmen einer zweiarmig randomisiert kontrollierten
Studie (RCT). Die Rekrutierung der Teilnehmer wurde in Hausarztpraxen des Praxisnetzes des
Gesundheitsprojekts Mannheim e.G. durchgeführt. Die anschließende Randomisierung
erfolgte stratifiziert nach Insulinbehandlung (ja/nein) und Arztpraxis bzw. Praxisteam.
Teilnehmer, welche der Interventionsgruppe zugeteilt wurden, erhalten eine zusätzliche
Betreuung durch einen von insgesamt 11 NCM über den Studienzeitraum von insgesamt 18
Monaten (vgl. Bozorgmehr et al., 2014). Das Hauptzielkriterium ist die Veränderung des
Selbstsorgeverhaltens, welches mit der deutschen Version des Summary of Diabetes SelfCare Activities measure (Kamradt et al., 2014) erfasst wird.
Zur Auswertung der beim Studieneinschluss erhobenen Daten (Baseline) wurde ein multiples
lineares Regressionsmodel gewählt, um den Einfluss möglicher Prädikatoren auf ausgewählte
patienten-berichtete Outcomes zu identifizieren.
Vorläufige Ergebnisse
Die Evaluation der Implementierung der praxisnetzbasierten, softwaregestützten Case
Management Intervention erfolgt anhand einer Stichprobe von insgesamt 495 Patienten aus
insgesamt 34 Hausarztpraxen bzw. –praxisteams.
Der mögliche Einfluss von Prädikatoren auf ausgewählte patienten-berichtete Outcomes
wurde anhand der Baseline-Daten analysiert. Die Identifizierung von Prädikatoren ist von
Bedeutung, da diese Hinweise darauf geben, welche Eigenschaften des Patienten bei der
Unterstützung/Betreuung durch den NCM besonderer Berücksichtigung bedürfen.
Diskussion und Ausblick
Der
praxisnetzbasierte Case
Management-Ansatz
ermöglicht
die
Umsetzung
einer
individuellen und intensiven Betreuung von Patienten durch einen NCM auch für kleinere und
mittlere Hausarztpraxen ohne großen zusätzlichen Zeitaufwand. Darüber hinaus könnte
dieser Ansatz dazu beitragen, den Austausch von Informationen zwischen NCM,
Hausarztpraxis
und
anderen
Leistungserbringen
zu
verbessern,
sowie
die
Gesundheitsversorgung stärker den individuellen Bedürfnissen entsprechend zu gestalten.
Im weiteren Studienverlauf wird es möglich sein, die Auswirkungen des praxisnetzbasierten,
softwaregestützten Case Managements auf beobachtete Outcomes und damit auch die
Implementierung zu evaluieren. Ergänzend findet eine begleitende soziologische und
gesundheitsökonomische Evaluation der Intervention statt.
Literaturangaben
Bodenheimer T, Berry-Millet R. (2009). Care management of patients with complex healthcare needs.
research synthesis report No. 19.
Bozorgmehr, K., Szecsenyi, J., Ose, D., Besier, W., Mayer, M., Krisam, J., . . . Freund, T. (2014). Practice
network-based care management for patients with type 2 diabetes and multiple comorbidities
(GEDIMAplus): study protocol for a randomized controlled trial. Trials, 15, 243. doi:10.1186/17456215-15-243
Kamradt, M., Bozorgmehr, K., Krisam, J., Freund, T., Kiel, M., Qreini, M., . . . Ose, D. (2014). Assessing
self-management in patients with diabetes mellitus type 2 in Germany: validation of a German
version of the Summary of Diabetes Self-Care Activities measure (SDSCA-G). Health and quality of
life outcomes, 12(1), 185. doi:10.1186/s12955-014-0185-1
Kuhlmey, A. (2009). Spezielle Versorgungsanforderungen bei älteren und alten Menschen: im Spiegel
des neuen Sachverständigengutachtens. Z Gerontol Geriat, 42, 425-431.
Norris, S. L., Nichols, P. J., Caspersen, C. J., Glasgow, R. E., Engelgau, M. M., Jack, L., . . . McCulloch, D.
(2002). The effectiveness of disease and case management for people with diabetes. A systematic
review. American journal of preventive medicine, 22(4 Suppl), 15–38.
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. (2009). Koordination
und Integration - Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens:
Sondergutachten. Kurzfassung.
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