Konzepte interkultureller Pädagogik I) a) b) c) d) Deutschsprachiger Raum: Assimilationspädagogik Klassische interkulturelle Pädagogik Antidiskriminierungspädagogik Pädagogik kollektiver Zugehörigkeiten II) Englischsprachiger Raum: e) Multicultural Education (ähnlich zu b, geht aber darüber hinaus) f) Education that is Multicultural and Social Reconstructionist I) Deutschsprachiger Raum Ad a) Assimilationspädagogik - Theoretischer Hintergrund: Integration (Partizipation an der Gesellschaft) als → Voraussetzung für Assimilationsprozesse (Übernahme kultureller Werte und Normen) → Das Gesellschaftsmodell (Schrader et al.): Die Gesellschaft als einheitliches System wird durch soziale Stabilität zusammengehalten und ergibt sich aus homogenen Werten und Normen. Dabei spielt die Familie als kleinste Sozialisationseinheit eine bedeutende Rolle. Nichtassimilation ist demnach als Irritation und schließlich als Bedrohung der Gesellschaft anzusehen. - Entstehung: Die Assimilationspädagogik beruht auf keinem einheitlichen pädagogischen Entwurf, sondern ist abhängig vom Land als Reaktion auf Minderheiten zu betrachten. Hierbei spielen sowohl Assimilations- als auch Seperationsfaktoren eine Rolle. - Ausländerpädagogik in Deutschland: Durch die Gastarbeit bzw. Arbeitsmigration (1960-72) und dem Nachzug der Familien, kam es zu Problemen im Umgang mit Migrantenkindern bezüglich des homogenen Bildungssystems. Da angenommen wurde, dass der Zuzug nur ein vorübergehender Zustand sei, wurde zum Schutz der sozialen Stabilität eine Doppelstrategie angestrebt → Unterstützung der Chancen auf Bildung → Nationalklassen und Ergänzungsunterricht zur Förderung der Rückkehrfähigkeit - Kompensatorische Pädagogik: Durch die zunehmende Migration wurden bei Migrantenkindern drei Defizitbereiche beschrieben (Jeder Pädagogikansatz ist ein Blickwinkel! Z.B. können Defizite in Deutsch aus einem anderen Blickwinkel als Ressourcen z.B. in Bosnisch-KroatischSerbisch beschrieben werden) → Primärsozialisation → Sprachgebrauch → Sprachkenntnisse Die Assimilationspädagogik versucht also „Defizite“ der Kinder zu beheben und sie an die Mehrheitsgesellschaft anzupassen. Ad b) Klassische interkulturelle Pädagogik In der klassischen interkulturellen Pädagogik wird die kulturelle Eingebundenheit der Menschen als Ressource, nicht als Defizit gesehen. Sie zielt auf die Anerkennung und den Respekt vor kulturellen Unterschieden und der Verständigung zwischen den Kulturen. Niekes Ansatz interkultureller Pädagogik Kulturbegriff: kollektive Deutungsmuster der Lebenswelt Orientierung an der Lebenswelttheorie: (nach Alfred Schütz und Thomas Luckman) - Die Lebenswelt ist die Sammlung fragloser Gewissheiten des Alltags. Diese sind Deutungs-muster zur Orientierung in der Welt, über welche nicht aktiv nachgedacht wird -> Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenswelt/den eigenen Gewissheiten wenn diese nicht mehr funktionieren oder wenn man auf Alternativen (andere Menschen mit andern Gewissheiten/ Lebenswelten) trifft. - Ethnie/ Nationalität ist nur ein Sonderfall der allgemeinen Ausprägung der Lebensweltunterschiede, andere können Region oder soziale Schicht sein. Sobald Menschen aufeinandertreffen ist eine Vielzahl verschiedener Lebenswelten und somit „Kulturen“ vorhanden. Lebensweltbegriff könnte Pluralität der Gesellschaft unabhängig von Migration erfassen, Nieke beschränkt sich aber auf die Einwanderungsgesellschaft. - Individuelle Deutungsmuster entstehen durch Auseinandersetzung und Übernahme von kollektiven Deutungsmustern -> Handlung anderer muss gedeutet werden können - In komplexen Industriegesellschaften sind Menschen Teil mehrerer Lebenswelten - Lebenswelt der Einheimischen enthält Deutungsmuster des „Fremden“: Modell der multiethnischen Einwanderungsgesellschaft (Claus Leggewie) Bildung im Kontext multikultureller Gesellschaften meint, unterschiedliche (kulturelle) Lebensweisen, nicht als Verpflichtungen oder Selbstverständlichkeiten , sondern als Option zu sehen und zu nutzen. (Laut Leggewie kann man sich von der eigenen Ethnie/Gesellschaft auch distanzieren). Fremdheit soll so jedoch nicht zu distanzierter Gleichgültigkeit führen, sondern zu einer Beschäftigung mit der kulturellen Differenz hinleiten. Politik in der Vielvölkerrepublik – Unterscheidung zwischen privater und öffentlicher Sphäre: Anhand dieses Modells soll die Vereinbarkeit von kultureller Autonomie und politischer Integration der EinwandererInnen durch eine Trennung ermöglicht werden. Private Sphäre: kulturelle Autonomie, partikulare Lebensweisen Öffentliche Sphäre: jedes Individuum qua Staatsbürgerschaft gleich Innerhalb der privaten Sphäre dominiert das partikulare und es kann den Belangen der ethnischkulturellen Zugehörigkeit nachgegangen werden. Innerhalb der öffentlichen Sphäre hingegen werden die EinwohnerInnen als individuelle BürgerInnen integriert. Vier Forderungen von Leggewie an eine Vielvölkerrepublik 1. Einbürgerung nach fünfjährigem Aufenthalt 2. regulierte und quotierte Einwanderung 3. Antirassismus als Selbstverständlichkeit 4. Staatliche Intervention/Unterstützung Kritik am Ansatz: Problematik der Sphären-Trennung in der interkulturellen Pädagogik - Unterstützung innerhalb der privaten Sphäre mit öffentlichen Mitteln - Unterstützung Angehöriger ethnischer Gruppen innerhalb der öffentlichen Sphäre - Anerkennung kultureller Werte innerhalb der öffentlichen Sphäre Zusammenfassung des Ansatzes: „Kultur“ von Minderheiten wird nicht als defizitär sondern als anders/different gesehen. Die heranwachsende Generation in einer multikulturellen Gesellschaft muss lernen, mit kultureller Pluralität umzugehen und die prinzipielle Gleichwertigkeit aller Kulturen anzuerkennen. Der Ansatz richtet sich an alle Gesellschaftsmitglieder. Gesellschaftsmodell der multikulturellen Gesellschaft: ethnische Pluralisierung wird in diesem Ansatz erst als durch die Einwanderung hervorgerufen gesehen. Ad c) Antidiskriminierungspädagogik Neue These: Kultur gibt es nicht man hat keine Kultur, sondern beschreibt sich und schreibt anderen Kultur zu = Konstruktivistischer Ansatz somit liegt das Augenmerk nicht auf den „Migranten“ sondern dem „Einheimischen“, der konstruiert Bürger vs. Migrant: Bürger: - mit Rechten und Pflichten - partizipieren individuell an Gesellschaft - rational entscheidende politische Subjekte Türke, Jugoslawe, Tscheche…: - Angehörige ihrer ethnisch-kulturellen Gruppe - Teil einer Gruppe, nicht Individuum Rassismus? In USA sinkt Rassistische Einstellung gegenüber Afroamerikanern -> Marginalisierung bleibt weil Diskriminierung institutionell verankert ist MigrantInnen werden „kulturalisiert“, d.h. deren differente Kulturen beschrieben, das lenkt aber von realen Diskriminierungen ab, deshalb sollte der Fokus auf radikaler Antidiskriminierung gerichtet sein, statt von unterschiedlichen „Kulturen“ zu reden … Institutionelle Diskriminierung zur Sicherung eigener Privilegien. Die starke Gruppe möchte stark bleiben - in den Normen (informelle Regeln) - Rollen (soziale Positionen, Pflichten, Rechte) - in sozialen, ökonomischen, politischen Organisationen Beispiel: Inländerprivileg in der Arbeitsvermittlung: „Ausländer“ erhält nur den Job wenn kein „Inländer“ die nötigen Qualifikationen/Wille besitzt Wunsch nach Verteilungsgerechtigkeit (= Alle Güter gleich verteilt) Der Fokus der Antidiskriminierungspädagogik liegt auf der Analyse institutioneller Diskriminierung der Institution Schule. Beispiel: Diskriminierung durch häufigere Zuweisung von Kindern mit Migrationshintergrund in Sonderschulen. Pädagogik sollte daher in der Beobachtung von pädagogischen Institutionen liegen, um organisatorischer Diskriminierung vorzubeugen und sie gegebenenfalls publik zu machen. Pädagogik soll eine Einwanderungshilfe darstellen, eine Hilfe zur „Inklusion“ in die Gesellschaft darstellen. Kulturelle Zuschreibungen sind aus dieser Perspektive kontraproduktiv, da sie als Legitimation für Organisationsentscheidungen dienen (vgl. Nohl 2010:129/130). Ad d) Pädagogik kollektiver Zugehörigkeiten Zwei Aspekte von „Kultur“ a) Kultur als „Konstruktion“ (wie bei Antidiskriminierungspädagogik beschrieben) bzw. „Repräsentation“ – wie über andere Kulturen kommuniziert wird, d.h. wie sich bestimmte Gruppen selbst beschreiben oder andere beschreiben/konstruieren – kollektive Zugehörigkeit zwischen Selbstpräsentation und Fremdrepräsentation; Kommunikatives Wissen = wie Gruppe über sich selbst kommuniziert bzw. wie von anderen über sie kommuniziert wird = kulturelle Repräsentationen b) kollektive Form praktischer Lebensführung und Milieus; Milieu = nicht zugeschriebene sondern gelebte kollektive Gemeinsamkeiten und/oder gleichartige Erfahrungen; ähnlich dem „Habitus“ Begriff von Pierre Bourdieu; Konjunktives Wissen = gleichartige Erfahrungen einer Gruppe Mehrdimensionalität von Milieus: adoleszenzspezifische, geschlechts-, generations-,religionsmigrations-,schicht-, bildungsspezifische Erfahrungsdimensionen Vielfalt von Milieus: schwach heterogene oder ausgeprägt heterogene Milieus c) „Vorgestellte Gemeinschaft“: wenn die Repräsentationen (unter a beschrieben) keinen Bezug mehr zu den milieuspezifischen Erfahrungen haben (unter b beschrieben), kann man von einer „vorgestellten Gemeinschaft“ sprechen Interkulturelles Lernen: Erwerb von Wissen über fremde Milieus und Kulturen, Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit fremden Milieus Interkulturelle Bildung: a) reflektierende Auseinandersetzung mit kulturellen Repräsentationen (wie über eigene oder andere Gruppen/Kategorien kommuniziert wird, Reflexion von Stereotypen) b) Praktische Auseinandersetzung mit Milieudifferenz Milieu und Organisation: Organisationen haben formale Regeln, die die Mitglieder im allgemeinen einhalten; jedes Mitglied einer Organisation ist auch einem Milieu zugehörig, Milieus können innerhalb von Organisationen ein Eigenleben entfalten; durch Milieus strukturierte Handlungspraktiken können formale Regeln der Organisationen auch umgehen > Unterleben der Organisation; milieugeprägter Umgang mit formalen Regeln führt zu informellen Regeln Nebeneinander von Organisationsmilieus und Milieus in Organisationen: Organisationsmilieus: sind auf Organisation selbst begrenzt, haben sich auf Basis der habitualisierten Anwendung von Regeln gebildet Milieus in Organisationen, denen Organisationsmitglieder auch außerhalb der Organisationen zugehörig sind Diskriminierung, Macht und Partizipation Diskriminierung: Handlungen und Praktiken, die durch dominante Gruppen oder deren Repräsentanten ausgeführt werden und einen differenzierenden bzw. negativen Einfluss auf die Mitglieder der dominierten Gruppen haben, z.B. regelmäßige Schlechterstellung einer bestimmten Gruppe in Bezug zu anderen Erfahrungsbasierte oder totale Identifizierung: a) erfahrungsbasierte Identifizierung: z.B. eine Person anhand ihrer individuellen Erfahrungen bzw. anhand ihres persönlichen Habitus identifizieren b) totale Identifizierung: man kann z.B. eine Person auch aufgrund ihrer kollektiven Erfahrungen, ihrer Milieuzugehörigkeit identifizieren, Milieus sind aber mehrdimensional (Gender, Schicht, Generation …). Da es im Alltag sehr schwierig ist, diese unterschiedlichen kollektiven Erfahrungen zu berücksichtigen, werden Menschen häufig durch eindimensional konstruierte und „vorgestellte Gemeinschaften“ total identifiziert, z.B. als „Türkin“ (obwohl diese z.B. in Österreich geboren (2. Generation), Frau, Angehörige einer best. sozialen Schicht, sowie z.B. einer best. religiösen Gruppe ist etc.) – das gesamte Handeln einer Person wird also auf nur eine spezifische Milieudimension zurückgeführt Totale Identifizierung und Diskriminierung können miteinander verknüpft sein, müssen es aber nicht (kann auch zur Bevorteilung einer Gruppe kommen) Diskriminierung durch Organisationen: regelmäßige Schlechterstellung von Angehörigen einer spezifischen soziologischen Gruppe in Relation zu anderen, kann aber auch mehrdimensional sein: als Serbe, als Angehörige der Arbeiterschicht , Herkunft aus ländlicher Region… Macht in Organisationen: Verhalten von Mitgliedern anhand von Erwartungen beurteilt, Verhaltenserwartungen sind in Regeln festgelegt, bestimmte Mitglieder werden zu Außenseitern gemacht, z.b. durch formale Regel: Unterrichtssprache ist Deutsch Macht und Milieudominanz: die in der gebildeten Mittelschicht beheimatete Lehrerschaft = dominantes Milieu der Schule; Inklusion/Exklusion von Menschen aus bestimmten Milieus in eine Organisation Partizipation als Strategie gegen mehrdimensionale Ungleichheiten: neben diejenigen, die bislang die Organisation dominiert haben , sollen jene treten, die zu den diskriminierten Milieus gehören: Durch die Partizipation diskriminierter Milieuangehöriger kann Diskriminierungen vorgebeugt werden; Menschen aus allen Milieus sollten möglichst gleichmäßig in den bestehenden Organisationen vertreten sein = allgemein Partizipation > Formierung von möglichst inklusiven Organisationsmilieus Pädagogische Aufgabenstellung der Pädagogik kollektiver Zugehörigkeiten: Hilfe zum Ausleben und zur kommunikativen Explikation möglichst vieler Milieudimensionen leisten: D.h. auch wenn sich Betroffene selbst „total identifizieren“ oder von anderen „total identifiziert“ werden, besteht die pädagogische Aufgabenstellung darin, Hilfen beim Beschreiben anderer Erfahrungsdimensionen zu geben. Menschen sollen sich selbst ihrer multidimensionalen Milieuzugehörigkeiten bewusster werden und auch andere multidimensionaler wahrnehmen = Rekonstruktion der Mehrdimensionalität von Milieus, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zw. Individuen sehen … Interkulturelles Lernen: Aufklärung, Verbesserung, Verbreiterung und Kontrastierung der unterschiedlichen Wissensbestände über fremde Milieus (Reflexion über Stereotypen, Vertiefung des Wissens über eigene und fremde Milieus, Bewusstwerden der Multidimensionalität von Milieus) II) Englischsprachiger Raum Ad e) Multicultural Education (ähnlich zu b, geht aber darüber hinaus) Theorie und Ideologie Überarbeitung Lehrplan/Schulbücher, Studentenproteste/Frauenbewegung 80er: politisch konservativ, Unterricht zu ursprünglichen Strukturen zurück Lehrplansentscheidungen wieder von Politikern getroffen Multicultural Education Heute: Berücksichtigung nicht nur von Kultur, sondern auch Gender, sozialer Schicht, körperliche/geistige Behinderung, sexueller Orientierung - dieser Ansatz versucht kulturelle Pluralität weiter zu fassen und alle möglichen „Differenzen“ zu berücksichtigen. Insofern geht er also über die interkulturelle Pädagogik unter b) hinaus! Ideologie: 1. Kulturelle Vielfalt Respekt vor Unterschieden, Recht auf aktive Teilhabe; ohne eigene Identität aufzugeben 2. Chancengleichheit - Barrierefreier Zugang zu Bildung, gleiche Erfolgsraten für alle sozialen Gruppen - unabhängig von Geschlecht, Behinderung, sozialer Schicht, sexueller Orientierung - gemessen am Bildungsergebnis Gay (1979): „ mehrsprachiges, multikulturelles, multimodales Klassenzimmer“ Theorie: Newman (1973) Kulturelle Vielfalt: - Assimlilation: A +B+C=A, in den meisten Schulen - Amalgamation (Zusammenschluss): A+B+C=D , D= synthetische neue Gruppe, Melting Pot - Classical cultural pluralism: A+B+C=A+B+C, verschiedene soziale Gruppen - Modified cultural pluralism: A+B+C=A1+B1+C -Ansatz, Gruppenunterschiede bestehen weiter obwohl auch Assimilation an dominante Gruppe Cultural Transmission Theory: wie Kultur von einer auf die nächste Generation weitergegeben wird Social learning theory: Bandura – Modelllernen 1. Lernen durch unterschiedlichste Botschaften: Lehrer, Lehrplan, Schule als Modelle/Vorbilder Wichtig für Ideologie: Chancengleichheit 2. Jede (Makro-)Kultur besteht aus vielen kleinen Teilgesellschaften: Wissen über die Makrokultur und deren Teilgesellschaften; Lernen, sich erfolgreich innerhalb der Gruppen zu bewegen – nicht nur in dominanter Gruppe, sondern auch in allen anderen Implementierung von Multicultural Education Ganzheitliche Reformierung des gesamten Schulbereichs für alle Schüler, nicht nur für einzelne Gruppen. Betrifft: Lehrplan, Unterricht, Evaluation (Bewertung), Einbeziehung des sozialen Umfeldes, Personal und außer-lehrplanmäßige Aktivitäten. Grundsätzlich multiperspektivistischer Ansatz, der versucht, verschiedene kulturelle Gruppen in ihrer Geschichte und ihrem Wirken gleichwertig und ganzheitlich im Unterricht darzustellen. Grundprinzip ist die Gleichbehandlung unabhängig von Ethnie, Gender, Behinderung etc.. Angewandt werden beispielsweise möglichst stereotypen-freie Arbeitsmaterialien, bilingualer Unterricht und culture-fair Tests. Weiter ist ME von geschlechtsneutraler Sprache und gleichberechtigter ausgewogener Rollenverteilung gekennzeichnet. Kulturell-bedingte Unterschiede werden als Chance, nicht als Manko betrachtet. Ausgegebenes Ziel ist nicht nur die Integration in die Gesellschaft, sondern eine Verbesserung derselbigen für alle Mitglieder, beispielsweise durch Multilingualität. Kritik: 1. Es werden nicht mehr nur Inhalte der dominanten Gruppe/Kultur unterrichtet, sondern möglichst viele andere kulturelle Aspekte. Mainstream wird aber nicht pluralistisch werden (unrealistisch), werden dann die Kinder mit diesem Gelernten in der (Mainstream)gesellschaft erfolgreich sein? 2.Politisierung der Bildung („Political Correctness“ statt wissenschaftlicher Neutralität) 3. Nichtbeachten von Klassenzugehörigkeit (sozio-ökonomischer Status), (zu) starker Fokus auf Ethnizität und kulturelle Unterschiede 4.Umfangreiche Neu- bzw. Weiterbildung von Lehrkräften notwendig Ad f) Education That Is Multicultural and Social Reconstructionist (Grant & Sleeter, 2003) … befasst sich zum einen mit Unterdrückung und Ungleichheiten in der sozialen Struktur bzgl. Ethnie, Geschlecht, Klasse etc. (= spiegelt multicultural education wider) und zum anderen damit, dass Menschen die Gesellschaft neu gestalten sollten, indem sie die Interessen aller unterschiedlichen Gruppen „vereinen“ (= spiegelt social reconstructionist wider). Grundsätzlich ist also die Annahme, dass, wenn man die Welt, in der die Menschen leben, ändert, sich auch deren Einstellungen und Überzeugungen ändern. Diese Annahme basiert auf 3 unterschiedlichen Theorien: 1) Konflikttheorie: Verhalten wird eher auf Gruppenbasis, als auf individueller Basis organisiert. Gruppen kämpfen gegeneinander um die Herrschaft über (knappe) Ressourcen. Und die dominante Gruppe stellt die Regeln der Gesellschaft so auf, dass alle anderen meinen, das System, nachdem soziale Institutionen geregelt werden, sei fair. Um eine soziale Veränderung herbeizuführen ist es notwendig, dass die (unterdrückten) Menschen Widerstand gegen ihre Situation leisten! 2) Kognitive Entwicklungstheorie: Lernen ist ein Prozess des Wissensaufbaus durch die Interaktion von Geist und Erfahrung. 3) Soziologische Theorie der Kultur: Manche Aspekte der Kultur werden von einer Generation auf die nächste übertragen (z.B. Sprache), andere wiederum werden laufend und alltäglich konstruiert (ähnlich wie Wissen aufgebaut wird). Praktische Implikationen Demokratie praktizieren Die eigenen Lebensverhältnisse analysieren/hinterfragen Fähigkeiten zur sozialen Aktion entwickeln Vereinigung von Gruppen verschiedener Ethnien, Gesellschaftsschichten und Geschlechter (race, class, gender) Probleme des Ansatzes Wagt es die Schule oder kann sie es überhaupt, die soziale Ordnung in der Gesellschaft zu verändern? Schüler selbst denken lassen vs. sie von der Meinung des Lehrers überzeugen? Sensibilisierung für ein Thema + Hängenlassen ohne konstruktive Handlungsvorschläge? Koalitionen zwischen verschiedenen Gruppen = große Herausforderung f) geht also über e) noch weit hinaus: Kinder sollen in der Schule lernen, wie man sich erfolgreich politisch betätigen kann, political und social action skills lernen. Sie sollen ihre eigene gesellschaftliche Situation kritisch analysieren lernen und Demokratie praktizieren lernen, d.h. ihre Interessen zu artikulieren und sich kollektiv (politisch) zu organisieren um letztendlich mehr Macht in der Gesellschaft und Teilhabe an der Gesellschaft zu erlangen.