Amt der Tiroler Landesregierung Öffentlichkeitsarbeit Medieninformation Mag. Iris Reichkendler Innsbruck, am 24. November 2014 ||| Telefon +43 (0) 512/508-1907 Fax +43 (0) 512/508-741905 [email protected] DVR:0059463 „16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ vom 25. November bis 10. Dezember LRin Baur: „Gewalt geht gar nicht“ „Wenn eine Frau schon als Mädchen Gewalterfahrungen gemacht hat, so kann sich dies in ihrem späteren Leben und in ihrer Partnerschaft fortsetzen“, betont Frauenlandesrätin Christine Baur. Anlässlich der „16 Tage gegen Gewalt“, der Zeit zwischen dem 25. November – dem Internationalen Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen und Mädchen – und dem 10. Dezember – dem Internationalen Tag der Menschenrechte – wird verstärkt auf die Problematik Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht. „Dieses Jahr liegt unser Fokus auf Gewalt gegen Mädchen, da seit nunmehr einem Vierteljahrhundert ein gesetzliches Gewaltverbot in der Erziehung besteht“, berichtet Baur. Im Jahr 1989 wurde nämlich im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) und dann auch 2011 im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern ein Gewaltverbot festgeschrieben. Diese Tatsache ist aber zu wenigen ÖsterreicherInnen bewusst: 58 Prozent haben davon gehört, immerhin eine Steigerung seit 2009 um 26 Prozentpunkte. „Das sind trotzdem nur etwas mehr als jede zweite Österreicherin bzw. jeder zweite Österreicher“, stellt Tirols Kinder- und Jugendanwältin Elisabeth Harasser klar. Umfrage zeigt Ambivalenz bei Einstellung zu Gewalt an Kindern Im Oktober dieses Jahres wurde eine österreichweite Umfrage durchgeführt, die 1.000 Personen ab 15 Jahren zu Gewalt in der Familie befragte. Gestellt wurden die wortgleichen Fragen, die schon im Rahmen einer Studie aus dem Jahr 1977 verwendet wurden, um festzustellen, ob in der Bevölkerung beim Thema Gewalt an Kindern ein Gesinnungswandel stattgefunden hat. Die daraus entstandene Studie „Die gesunde Ohrfeige macht krank“ zeigt, dass sich im Vergleich zu 1977 das Problembewusstsein vergrößert hat und Formen physischer Gewalt vermehrt abgelehnt werden. So wird die Aussage „Wenn einem hie und da die Hand ausrutscht, wenn ein Kind schlimm ist, so ist gar nichts dabei“ im Jahr 2014 eindeutig abgelehnt. Nur mehr 3 Prozent der Befragten stimmten zu, während 1977 noch 57 Prozent mit dieser Aussage übereinstimmten. Nur noch 16 Prozent der Befragten befürworteten die Aussage „Ein kleiner Klaps ab und zu schadet keinem Kind“, was im Jahre 1977 noch für 85 Prozent der Befragten galt. „Nichtsdestotrotz finden 36 Prozent diese Aussage teilweise richtig – das ergibt insgesamt 52 Prozent der Befragten, die einem Klaps eher positiv gegenübersteht“, schränkt Harasser ein. Die Aussage „Eine Ohrfeige hat noch keinem Kind geschadet, kann aber oft besser erziehen als noch so viele Worte“ wird heute mit nur 6 Prozent Zustimmung zwar grundsätzlich abgelehnt, während der Aussage 1977 fast ein Drittel zustimmten, gleichzeitig finden aber 24% diese Aussage teilweise richtig. „Außerdem finden Formen von psychischer Gewalt wie ‚Böse sein, schreien und ausschimpfen‘ mehr Befürworter als anno 1977“, stellt Harasser klar. Hehres Ideal stimmt nicht mit Realität überein Laut einer Studie zum Erziehungsverhalten in Österreich streben zwar 90 Prozent der Eltern und Jugendlichen eine möglichst gewaltfreie Erziehung an und sehen diese als erzieherisches Ideal, allerdings erziehen heute trotzdem nur 30 Prozent der Eltern in Österreich ihre Kinder ohne Gewalt. Mit 49 Prozent sanktioniert immer noch fast die Hälfte der Eltern unerwünschtes Verhalten ihrer Kinder mit Ohrfeigen. Der Kriminalitätsbericht 2013 des Bundesministeriums für Inneres stellt sogar fest, dass der gefährlichste Ort, Opfer von Gewaltkriminalität zu werden, das eigene Heim, das direkte Umfeld, die Verwandten und Bekannten sind. Denn bei 60 Prozent der Gewalttaten gab es eine Beziehung zwischen Täter und Opfer. Bis jetzt gibt es aus Österreich keine Daten zu Gewalterfahrungen von Mädchen mit Behinderungen. Untersuchungen aus anderen Ländern zeigen jedoch, dass behinderte Mädchen wesentlich häufiger physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt sind als Mädchen ohne Behinderung: Sie erleben Gewalt durch ihre Eltern oder andere Erziehungspersonen, durch andere Kinder oder Jugendliche sowie in Einrichtungen. Mädchen mit Behinderung sind besonders häufig massiver physischer und sexueller Gewalt ausgesetzt. Gewalterfahrungen in der Kindheit können bei behinderten Mädchen zusätzliche Beeinträchtigungen bewirken. „Gewalt an Mädchen mit Behinderungen ist hierzulande noch stark tabuisiert und es muss noch viel Aufklärungsarbeit passieren“, betonen sowohl Baur als auch Harrasser. Tiroler Kinderschutz GmbH verzeichnet Anstieg bei Hilfesuchenden Die Tiroler Kinderschutz GmbH verzeichnet gegenüber 2012 im Jahr 2013 einen Anstieg an Hilfesuchenden: Waren es 2012 noch 767 KlientInnen, davon 103 Kinder und Jugendliche, die sich auf der Suche nach Hilfe und Unterstützung an die Einrichtungen des Kinderschutzes wandten, so kontaktierten im darauffolgenden Jahr insgesamt 898 Personen, davon 158 Kinder und Jugendliche die Tiroler Kinderschutz GmbH. Auffallend dabei ist, dass sich bei den Kindern und Jugendlichen großteils Mädchen an die Einrichtungen des Kinderschutzes wenden. „Kinderschutz ist Hinschauen, Hinhören und gemeinsam Helfen. Die beste Gewaltprävention für Kinder ist respektvoller Umgang, Wertschätzung und Liebe“, berichtet die Geschäftsführerin der Tiroler Kinderschutz GmbH, Karin Hüttemann aus ihrer Erfahrung. Hinweis: Auf der Website www.gewaltfrei-tirol.at finden Sie alle Infos über Beratungsstellen und Hilfseinrichtungen. Die Frauenhelpline ist rund um die Uhr zum Nulltarif unter 0800-222 555 erreichbar. Foto: Land Tirol/Reichkendler BU: Machen im Rahmen der Initiative „16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ auf die Problematik aufmerksam: Tirols Kinder- und Jugendanwältin Elisabeth Harasser, Frauenlandesrätin Christine Baur und Karin Hüttemann, Geschäftsführerin der Tiroler Kinderschutz GmbH. Mag. Iris Reichkendler Amt der Tiroler Landesregierung Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Eduard-Wallnöfer-Platz 3 6020 Innsbruck Tel: +43 512 508 1907 Fax: +43 512 508 741905 [email protected] http://www.tirol.gv.at/oeffentlichkeitsarbeit