Statement OA Priv. Doz. Dr. Niklas Zojer 1. Medizinische Abteilung, Zentrum für Onkologie und Hämatologie, Wilhelminenspital U-Boot-Krankheit: Multiples Myelom Schon der Name dieser Krebserkrankung kann irreführen. Beim Myelom handelt es sich nicht um den schwarzen Hautkrebs (Melanom) sondern um eine Erkrankung die sich vorwiegend im Knochen manifestiert und dort auch zu Symptomen führt. Das Myelom ist allerdings auch kein Knochenkrebs, sondern nimmt seinen Ausgangspunkt in bestimmten Zellen des Immunsystems, den sogenannten Plasmazellen. Werden diese Zellen bösartig, vermehren sie sich im Knochenmark des betroffenen Patienten und können dort das normale blutbildende Mark verdrängen und auch zur Zerstörung des angrenzenden Knochens Anlass geben. Es sind bei dieser Erkrankung meist mehrere Stellen des Skelettsystems betroffen (daher multiples Myelom). Blutbildendes Mark findet sich in allen größeren Knochen des Menschen, vor allem auch in den Wirbelkörpern, sodass dort oft die ersten Symptome auftreten. Rückenschmerzen sind ein weitverbreitetes Phänomen, jeder vierte Österreicher leidet an Wirbelsäulenproblemen. Die Ursachen von Rückenschmerzen sind vielfältig, der Arzt muss allerdings wissen, dass sich neben altersbedingten „Abnutzungserscheinungen“ auch schwerwiegendere Probleme hinter einem solchen Symptom verbergen können – wie etwa eine Myelomerkrankung. Man geht von etwa 350-400 Neuerkrankungen am Myelom pro Jahr in Österreich aus, das macht etwa 1% aller Krebsneudiagnosen aus (in Österreich 39.000/Jahr). Somit kann das Myelom als relativ seltene Erkrankung gelten, etwa im Vergleich zum Brustkrebs mit etwa 5.500 Neuerkrankungen pro Jahr- ein weiterer U-Boot Faktor. Die richtigen Tests zur Diagnosestellung Immer wieder berichten Patienten von langen Untersuchungsreihen, bis endlich die Ursache der Beschwerden festgestellt werden kann. Dabei wäre eine Diagnosestellung rasch möglich, wenn die richtigen Tests zum Einsatz kommen. Die Myelomzellen produzieren einen Eiweißstoff, der in das Blut abgegeben wird. Mit einem einfachen Bluttest (der sogenannten Serumelektropherese) kann dieser Eiweißstoff in den meisten Fällen nachgewiesen werden. Er macht sich als monoklonales Protein bemerkbar, das ein bestimmtes Muster in der Elektropherese zeigt. In einem Teil der Patienten ist das monoklonale Protein so klein, dass es in der Serumelektropherese nicht nachgewiesen werden kann. In diesem Fall ist ein Urintest von Nöten (der kleine Eiweißstoff wird rasch über den Harn ausgeschieden) oder ein spezieller Bluttest, der sogenannte freie Leichtketten Test. Gerade diese Fälle entgehen oft einer raschen Diagnose, da diese Tests nicht routinemäßig zum Einsatz kommen. Normale Röntgenuntersuchungen sind in der Diagnosestellung des Myeloms nur beschränkt zielführend. Zwar können ausgedehntere Knochenveränderungen manchmal nachgewiesen werden, frühe Veränderungen sind am konventionellen Röntgenbild allerdings nicht erkennbar. Bei Verdacht auf eine Myelomerkrankung sollte heute eine Magnetresonanztomographie (MRT) Untersuchung eingesetzt werden. Mit dieser Untersuchung können auch veränderte Knochenmarkssignale registriert werden, die auf eine solche Erkrankung hindeuten, ohne dass größere Knochenzerstörungen stattgefunden haben. Die Diagnose abgesichert wird dann in einer hämatologischen Spezialambulanz durch eine Punktion des Knochenmarkes (typischerweise am Beckenkamm). Dieser Eingriff wird in Lokalanästhesie vorgenommen und dauert nur wenige Minuten. Wenn eine Vermehrung von Plasmazellen in Zusammenhang mit der typischen Symptomatik nachgewiesen werden kann, gilt das Vorliegen eines Myeloms als gesichert. Das Myelom ist jetzt gut behandelbar Das Myelom kann heute sehr gut behandelt werden. Eine konsequente Behandlung ist wichtig, da neben dem Knochen weitere Organe geschädigt werden können. So kann das monoklonale Protein etwa in den Nieren abgelagert werden und zur Nierenschädigung Anlass geben, in manchen Fällen ist auch eine Ablagerung im Herzen und anderen Organen möglich. Durch die Verdrängung des normalen Knochenmarks wird die Blutbildung des Patienten beeinträchtigt, es kommt zur Blutarmut (Anämie), auch das Immunsystem ist geschwächt. Neben Knochenschmerzen sind gehäufte Infektionen ein Warnsymptom, das auf das Vorliegen einer Myelomerkrankung hindeuten kann. Die Krankheit manifestiert sich sehr unterschiedlich, manchmal mit einem aggressiven Verlauf, manchmal eher schleichend. Heute wird empfohlen auch bei einem schleichenden Verlauf relativ frühzeitig mit der Behandlung dieser Erkrankung zu beginnen, um Spätschäden zu vermeiden. Wichtig ist individuell auf jeden Patienten einzugehen und das optimale Behandlungsregime festzulegen. Das kann von Hochdosischemotherapie mit Stammzelltransplantation bis zu einer einfachen Tablettentherapie reichen, je nach den Merkmalen der Erkrankung und dem betroffenen Patienten. Neue Medikamente stehen am Start Gerade wurden zwei neue Medikamente für die Behandlung des Myeloms bei Rückfall der Erkrankung zugelassen und bei zumindest drei weiteren Medikamenten ist eine Zulassung in naher Zukunft zu erwarten. Die Myelomerkrankung wird intensiv beforscht und der Fortschritt ist auf diesem Gebiet rasant. Für die betroffenen Patienten ist wichtig zu wissen, dass sie von den neuen Erkenntnissen und Therapieformen profitieren können.