Exzerpt_Suffner (III)

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Seminar: Einführung in die Medizinsoziologie
Dozent: Tobias Franzheld
3. Exzerpt
Sitzung am 24.06.2013
Elisabeth Suffner (129116)
Thema: Medizin als Gesellschaftssystem
Literatur:
Luhmann, Niklas (2005): Der medizinische Code, In: Ders., Soziologische Aufklärung 5.
Konstruktivistische Perspektiven, S. 176-189.
Ergänzung: Vogd, Werner (2005) Medizinsystem und Gesundheitswissenschaften - Rekonstruktion
einer schwierigen Beziehung, in: Soziale S11 (2), S. 236-271.
Niklas Luhmann verdeutlicht in seinem Text, dass die Ärzte sich nach dem Krankheitsbild der
vorgeführten Patienten richten und aufgrund des angelernten Wissens durch das Studium erkennen,
um welche Krankheit es sich handelt und wie diese zu behandeln ist. Nach Luhmann ergeben sich
insgesamt zwölf Funktionen, die im folgenden erläutert werden. Die Funktion (I) besagt, dass ein
autonomes Funktionssystem der Gesellschaft mit dem System der Krankenbehandlung
gleichzusetzen gilt. Beide sind strukturmäßig an Rechtsanwendung, Wissensanwendung und an
finanzielle Transaktionen gekoppelt. Auch die binäre Codierung ist hier von Bedeutung. Denn diese ist
für ausdifferenzierte Funktionssysteme typisch. Die Funktion (II) besagt, dass jedes System eine
eigene Typik der Informationsbearbeitung und Realitätskonstruktion hat. Hierbei muss eine
Unterscheidung zwischen wahr und unwahr vorgenommen werden. Die Funktion (III) zeigt, dass nur
eine Seite operativ anschlussfähig ist. Nämlich der Designationswert nach Günther. Denn im binären
Code gibt es die Funktionen der Anschlussfähigkeit und der Kontingenzreflexion, die durch einen
positiven und negativen Wert ausgedrückt werden. Die Funktion (IV) besagt, dass es viele
Krankheiten gibt, aber nur eine Gesundheit. Aber der Begriff der Gesundheit wird inhaltsleer und
ebenso problematisch. In der Praxis geht es vom positiven Wert zum Negativen, denn das Ziel ist das
Negative sprich die Befreiung von der Krankheit. Das Handeln in der Medizin zielt auf den
Reflexionswert Gesundheit. So kommt es zu strukturellen System-Überschneidungen im Bereich
Medizin und Wirtschaft. Das Gesundheitsziel ist in der Politik fest eingebunden damit Fördermittel
nicht verweigert werden. Die Funktion (V) besagt, dass es keiner besonderen Reflexion des Systems
im System bedarf, um dies zu Menschenleben ist medizinisch relevant mit Hinblick auf Krankheit.
Über den Code gesund beziehungsweise krank informiert das System der Krankenbehandlung die
eigenen Operationen. Zu den Programmen Krankheitsbildern und Heilungsrezepten kommt es nur im
Kontext dieser Codierung. Nämlich der Trugschluss, dass das System nur bei Krankheit eingreift. Die
Funktion (VI) besagt, dass die rationale Einstellung zu Risiken oft richtiger ist, den Schaden
abzuwarten, als viel in Prävention zu investieren. Die Entwicklung der Medizin ist zweischneidig.
Vermehrt einerseits die Kenntnisse der Gefahren und Risiken und macht es andererseits oft sinnvoll
auf den Schadensfall zu warten, weil man dann immer noch helfen kann.
Nach Luhmann leidet die Gesellschaft an ihren besseren Möglichkeiten. Die Krankheit der
Gesellschaft ist die Möglichkeit der Gesundheit. Bei der Funktion (VII) wird deutlich, dass sich die
Krankheitsspezifische Prävention immer weiter erschweren . Die Funktion (VIII) verdeutlicht, dass
medizinische Krankheitspräventionen auch die Differenzierung tangieren würden. Die
Ausdifferenzierung und Sondercodierung des Systems der Krankenbehandlung hängt davon ab,
darauf zu verzichten einen Gesunden als möglicherweise krank zu behandeln. Für wichtige
gesellschaftliche Codes gibt es heute die Zweitcodierung. Im Bereich des Medizincodes zeichnet sich
im Bereich der Gentechnologie eine ähnliche Neuerung ab. Die Funktion (IX) beinhalten, das, was
nach traditionell Kriterien als gesund zu gelten hat, nochmals in genetisch ok und genetisch
bedenklich gespalten wird. Zum Beispiel Embryonen, die eine Erkrankung aufweisen, werden
abgetötet. Bei der Funktion (X) wird deutlich, dass der Bereich möglicher Erkrankungen die Definition
zulässt, die für "eugenische" Gesichtspunkte empfänglich sind! Es kann deshalb zu
eigendynamischen Entwicklungen kommen, die nicht mehr über vorgegebene Kriterien kontrolliert
werden können. Es kommt zum Verlangen nach ethischen Regulierungen. Die Funktion (XI) besagt,
dass die Zweitcodierung eigene, für sich spezifische Kriterien suchen und finden wird! Der Begriff der
Zweitcodierung eröffnet nur Abstraktions- und Vergleichsmöglichkeiten. Die Codierung ist nicht eine
Struktur, sondern eine Leitdifferenz des Systems, der alle Operationen folgen. Und letztlich die
Funktion (XII) besagt, dass während die Gentechnologie den Gesundheitswert nochmals durch eine
Zweitunterscheidung spaltet, geschieht dasselbe auf seinen des Wertes Krankheit mit Hilfe der
Unterscheidung heilbare und unheilbare Krankheiten. Neuartige Interdependenzen ergeben sich
daraus, dass das System der Krankenbehandlung aufgrund eines eigenen Codes operiert, nur daran
erkennbar ist und dafür die volle Verantwortung behält. Letztendlich ist es egal inwieweit der Patient
selbst involviert ist. Die Konstruktion der Krankheit, also Diagnose, Therapie und Beratung, bleibt
Sache der Medizin.
Werner Vogd nimmt in seinen Text die Gedanken zur Medizin von Luhmann als System auf.
Desweiteren geht er auf die Wissenschaft und die klinische Praxis ein. Die moderne Klinik
beziehungsweise ihr Wissensstand konnten sich nur in der Klinik etablieren sowie weiterentwickeln. In
den letzten Jahrzehnten zeigte die Entwicklung deutliche Unschärfebereiche. Die zum Beispiel aus
der Globalisierung der Medizin hervorkamen sowie aber auf die Moderne zurückzuführen sind. Die
Wandlung wirkt jedoch auf die Profession ein. Anfang der 90iger Jahre gab es das sogenannte
TOWER OF BABEL PROBLEM. Das besagte, das medizinische Standards überall auf der Welt gleich
sein sollen. Das sollte einen potenten und autonomen Arzt hervorrufen. Jedoch erwies sich das als
Trojanisches Pferd. Denn die Ärzte handeln und entscheiden individuell. Studien der IBM ermittelten
aber, dass durch die Veränderungen in der jüngsten Zeit nicht mehr die individuellen Handlungen der
Ärzte im Vordergrund stehen, sondern die modernen medizinischen Organisationen. Dadurch kam es
zu einer Veränderung der Kontingenzwahrnehmung. Außerdem geht Vogd auf die Professionen und
Organisationen ein. Zu Beginn der 60iger Jahre gab es einen Professions-Wandel. Ärzte wurden nicht
mehr als eine Gruppe von Gleichen angesehen. Sondern die verschiedenen Disziplinen fielen
auseinander - eine Art Ausdifferenzierung. Die Differenzierung führte zu Leistungssteigerungen, aber
auch zu Schnittstellenproblemen. Inzwischen gibt es auch verankerte Institutionen, die den Begriff der
wissenschaftlichen Medizin für sich beanspruchen wollen. Somit muss das Medizinsystem mit dem
Gesundheitssystem konkurrieren. Dadurch verliert die ärztliche Profession an Macht. Ebenso wird die
Arzt-Patienten-Beziehung von Vogd untersucht. Der Bedeutungsverlust der Profession hat auch
Einfluss auf die Beziehung. Denn die Kontingenzbewältigung geht innerhalb von Organisationen von
statten und beruht nicht auf Beziehungen. Ein weiterer Punkt in Vogds Text ist die Systemtheorie und
die Gesundheitswissenschaften. Hier wird die Frage gestellt, warum die systemtheoretische Reflexion
in den Gesundheitswissenschaften so gut wie nicht vorkommt. Er benennt als Gründe das Problem
der „sekundären Disziplinierung, die programmatische Allianz, die zur Politik die gebildet werden muss
und die Besonderheiten des medizinischen Codes. Auch weist er darauf hin, dass
systemtheoretische Zusammenarbeiten prinzipiell nicht ausgeschlossen werden.
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