Friedrich-Schiller-Universität Jena Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften Institut für Soziologie Seminar: Einführung in die Medizinsoziologie Dozent: Tobias Franzheld vorgelegt von: Christopher Förster (121003) Datum: 12.05.2013 Exzerpt zu: Dominanz der Experten. Zur sozialen Struktur medizinischer Versorgung (Friedson, 1975) Eliot Friedson beschäftigt sich in dieser Ausarbeitung mit der Machtposition oder auch Profession der Medizin. Dazu gehört die äußerst dominante Stellung in der Berufshierarchie, das Expertenwissen, wobei es dort Tendenzen zur Verschleierung gibt, und die Autonomiesicherung. Im betreffenden Text gilt der Arzt als Prototyp einer Profession. Durch die Inhalt des Studiums wird ein Medizin-Student regelrecht dazu sozialisiert, ein Arzt zu sein. Die Ausbildung ist somit eine, wenn nicht die, Grundlage für eine erfolgreiche Profession. Zu einem guten Professional wird er, wenn er die vorgegebenen Werte der Profession internalisiert hat. Bei diesen Werten handelt es sich um die ärztliche Verantwortung und die medizinische Erfahrung. Als Arzt sieht man sich in der Position das Leben seiner Patienten „in den Händen“ zu haben. Dadurch entsteht für ihn ein Zwang, für sein Handeln auch entsprechend Verantwortung zu übernehmen. Bei der klinischen Erfahrung liegt das Hauptaugenmerk auf der Beziehung zwischen Krankheit und Patient. Diese Erfahrung ist die Grundlage für die therapeutische Entscheidung, wie es auf Seite 62 heißt. Im Verhältnis von Medizin und Staat garantiert dieser der Medizin ein abgesichertes Praxismonopol, durch strenge und anforderungsvolle Lizensierungssysteme, das zur Stärke der Profession beiträgt. Der Staat kann somit als Quelle von Macht und Autorität angesehen werden. Ein Blick über den metaphorischen Tellerrand legt allerdings offen, dass die ökonomische und politische Autonomie von Land zu Land unterschiedlich geregelt wird gibt. Somit kann sie zwar nicht die Form, aber den Inhalt ihrer Arbeit kontrollieren. Durch die lange Ausbildungszeit wird der zukünftige Arzt sozialisiert und die Werte ärztlicher Verantwortung sowie klinischer Erfahrung übernommen. Allerdings werden nicht alle erlernten Fertigkeiten auch später angewendet. Der angehende Arzt muss lernen sich selbst ein Bild zu entwickeln. Ein Bild vom „Ich als Arzt“. Dafür ist es dringend erforderlich zu lernen mit Ängsten, Unsicherheiten und Rückschlägen umzugehen. Ein stabiles Wertegerüst ist bei der Entwicklung ebenfalls hilfreich. Seine Manifestierung sollte ein weiteres Anliegen des Auszubildenden sein. Eine weitere Schwierigkeit, die sich aus dieser intensiven und andauernden Ausbildung ergibt, ist die Fülle an Informationen und (Fach-)Wissen, welche verarbeitet werden muss, in klinischen Erfahrungen selektiert und wodurch der Erfahrungsschatz erweitert werden muss. Aus diesen Punkten ergeben sich drei „populäre“ Fachrichtungen, da sie ein besonders hohes Maß an Verantwortung, Erfahrung und Gefahr aufweisen. Dies wären die Innere Medizin, die Allgemeinchirurgie, sowie die Pädiatrie. Wenn man die Analyse der Arbeitsorganisation betrachtet, so ergeben sich hier, nach Friedson, Probleme für die Soziologie der Professionen. Gemeint ist die Frage nach der Leistungskontrolle. Ein weiteres Merkmal einer Profession ist, dass sie ihre Leistungen weitgehend selbst kontrolliert und nicht von außen kontrolliert wird. Friedson unterscheidet in seinem Text zwischen drei Typen von Praktikern. Da wäre zum einen der „Solo-Praktiker“. Wenn Ärzte in einer eigenen Praxis arbeiten, können sie frei handeln. Sie sind einzig und allein ihrem Wissen und Gewissen verpflichtet. In dieser eher seltenen Form kontrollieren Ärzte sich selbst, sind aber abhängig von den Klienten, die sich dazu entscheiden eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Als nächstes folgt die „kollegiale Vernetzung“. Vernetzte Ärzte überweisen ihre Patienten nur in diesem eingespielten Netzwerk, wodurch eine Art der Abhängigkeit entsteht. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, sich gegenseitig im Wechsel zu kontrollieren. Die letzte Stufe/den letzten Typ bilden Gemeinschaftspraxen/Universitätskliniken oder sogenannte „bürokratische Organisationen“. Hier besteht eine dauerhafte wechselseitige Abhängigkeit der praktizierenden Ärzte untereinander. Ein Problem der Kontrolle durch Kollegen besteht darin, dass oft nicht das falsche Verhalten verändert wird, sondern derjenige gemieden wird, d.h. keine Überweisungen zu ihm durchgeführt werden. Dadurch wird die Ursache für mögliche Probleme jedoch nicht behoben, sondern nur weg geschoben. Die Solo-Praktiker üben eine klientenabhängige Praxis aus, wobei man bei den beiden anderen Typen von einer kollegenabhängigen Praxis sprechen kann. Problematisch ist, nach Friedson, auch die Arzt-Patienten-Beziehung, da sich die Ansichten über und auf die Krankheit unterscheiden. Für den Patienten handelt es sich um einen Notfall, welcher dringend behoben werden muss und für den Arzt ist es nichts weiter als Routine; zurückzuführen auf die berufliche Erfahrung und den damit verbundenen Expertenstatus. Da es sich in der Regel bei den Patienten um medizinische Laien handelt, bleibt ihm nichts übrig, außer sich dem Urteil des Arztes auszuliefern und die Empfehlungen des Arztes zu beachten, auch wenn sich die Sinnhaftigkeit für ihn nicht erschließt. Allerdings fehlt ihm zur eigenen kritischen Auseinandersetzung schlicht und einfach die fachliche Voraussetzung. Dem Patienten steht zwar grundsätzlich frei, sich seinen behandelnden Arzt selbst zu suchen. Jedoch ist er im Dringlichkeitsfall von ihm abhängig und auf ihn angewiesen. Deshalb ist die medizinische Profession ein Paradebeispiel für die Autorität technischer Kompetenz. Wenn der Patient aber zu viel weiß, also ein ebenso gut ausgebildeter Arzt ist, dann ergibt sich das Problem der Hierarchie. Der erkrankte Arzt hat ein Problem damit, sich einem Kollegen unterzuordnen. Eine Stärkung der Autorität erfährt der Arzt zudem dadurch dass er in der Lage ist, seinem Patienten Hilfsmittel zu verweigern, sofern sich dieser nicht seinen Anweisungen unterordnet. Der Arzt beeinflusst den Patienten durch die legale Autorität der institutionalisierten Kompetenz. Es ist anzunehmen, dass man als Patient dem „Arzt seines Vertrauens“ fachliche Kompetenz unterstellt. Diese Unterstellung führt zu einem gewissen Grad an Vertrauen in das Expertentum des Arztes. Die Rechtfertigung des ärztlichen Handelns erfolgt einfach durch die, durch Ausbildung und Erfahrung erworbene, Expertenautorität. Ein Arzt rechtfertigt sein Handeln damit, dass er auf seinem Gebiet ein Experte ist, ohne das gegenüber dem Patienten beweisen zu müssen.