VON Esteve Soler

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MATERIALIEN FÜR DEN UNTERRICHT
2014, Junges Theater Solothurn
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Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
LIEBE LEHRPERSONEN
Die skurrilen und bitterbösen Miniaturen des jungen katalanischen Dramatikers Esteve Soler reflektieren mit absurdem Humor und abgründigster Komik die Auswüchse und Entgleisungen unserer Zeit.
«Die Realität ist immer schlimmer», sagte Soler 2009 anlässlich der Schweizer Erstaufführung von
«Gegen den Fortschritt» an diesem Haus. Dies gilt wohl auch für die beiden anderen Stücke seiner
preisgekrönten Trilogie: «Gegen die Demokratie» entlarvt das Prinzip von Gleichheit und Gemeinschaft als blosse Farce, während «Gegen die Liebe» den romantischen Liebesbegriff und die traute
Zweisamkeit ad absurdum führt.
Für den Schulunterricht dürften sowohl die Form wie auch die Inhalte der kurzen, in sich geschlossenen Miniaturen, einen spannenden Ansatzpunkt bieten. In dieser Mappe möchten wir einige Vorschläge dazu liefern.
Gerne unterstützen wir Sie auch mit einem vorbereitenden Workshop oder einer Nachbesprechung im
Schulhaus. Folgende Angebote sind vorgesehen:
A) Workshop zur Vorbereitung, 90 Minuten
Spielerisch nähern wir uns Themen und Form der Inszenierung an: Wie kann eine solche Absurdität zu Stande kommen ohne völlig wirr und sinnlos zu wirken? Wie können solche Situationen auf die Bühne gebracht werden?
Geleitet durch einen Theaterpädagogen, in der Schule oder in den Proberäumen des Theaters.
B) Vorbesprechung, 45 Minuten
Gemeinsam lesen wir eine oder zwei Szenen aus dem Stück und hinterfragen diese.
Dazu gibt es weitere Infos zum Stück und zur Inszenierung sowie die Möglichkeit Fragen zu
stellen und Fragen des Stückes selbst zu erforschen.
Mit dem Dramaturgen des Stückes oder einem Theaterpädagogen des Jungen Theater Solothurn.
C) Nachbesprechung, 45-90 Minuten
Fragen stellen, Rückmeldungen geben, eigene Interpretationen besprechen und dazu auch
Einblick in die Arbeit einer Schauspielerin/eines Schauspielers bekommen.
Mit einem Mitglied der Schauspiel-Ensembles.
Natürlich ist es auch möglich, mit der Klasse die Einführungen zu besuchen, die jeweils 30 Minuten vor
Vorstellungsbeginn direkt in der Reithalle stattfinden.
Bei einem Vorstellungsbesuch sind Workshop, Vor- und Nachbesprechung kostenlos.
Wenn Sie Interesse an einem der obenstehenden Angebote oder einen anderen Wunsch an uns haben,
freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Wir wünschen viel Spass bei der Vorbereitung und vor allem beim Besuch der Inszenierung am Theater Orchester Biel Solothurn!
THEATER ORCHESTER BIEL SOLOTHURN
JUNGES THEATER SOLOTHURN
Theater und Schule
Christof Oser-Meier
Gibelinstrasse 20 | 4500 Solothurn
T ++41 (0) 32 626 20 68
www.tobs.ch
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«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
INHALT
S. 4
Esteve Soler zu seiner „Gegen“-Trilogie
In diesem kurzen Interview gibt der Autor des Stückes Auskunft über sein Stück.

S. 5
Zur Diskussion: Demokratie in Frage gestellt
Prägnante Aussagen zur Demokratie von Politikern, Journalisten, Autoren, Komikern und
anderen Philosophen, die als Diskussionsgrundlage dienen können.

S. 7
Mechanismen des Horrors
Einige Hintergrundinformationen zum Grande Guignol sowie ein Fragebogen zu eigenen
Erfahrungen mit Horror-Filmen /-Geschichten ermöglichen einen persönlichen Zugang zu
diesem Genre.

S. 9
Interview mit Katharina Rupp, Regisseurin
Die Regisseurin über die politische Brisanz und die Macht des Grusels

S. 11
Filme und bildende Künstler als Inspirationsquelle
Davon haben sich SchauspielerInnen, Regie und Dramaturgie sowie Ausstattung dieser
Produktion inspirieren lassen.

21 Punkte zu den Physikern – Friedrich Dürrenmatt
S. 12
Viele der 21 Punkte, die Dürrenmatt im Anhang der Physiker nannte, treffen in hohem
Masse auf die Minidramen von Esteve Soler zu. Ein Vergleich bietet sich an.

Lesen – besprechen – Texte schreiben
S. 13
Vorschläge für den Umgang mit den zwei beiliegenden Szenen aus dem Stück.

S. 14
Gegen die Demokratie – Szene 5
Eine in sich geschlossene kurze Szene aus dem Stück um einen Vater und eine Mutter, die
mit ihrem Sohn Böses im Sinn haben.
S. 19
Gegen die Liebe – Szene 4
Eine in sich geschlossene kurze Szene aus dem Stück, die davon erzählt, wie es wäre, wenn
Liebe als Pille eingenommen werden muss.
S. 24
Fotos, Trailer, Zeitungsberichte
Geeignet zur Nach- und allenfalls Vorbereitung des Theaterbesuches.
S. 25
Besetzung, Impressum
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Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
ESTEVE SOLER ZU SEINER „GEGEN“-TRILOGIE
Esteve Soler, der Autor der "Gegen "-Trilogie ( Gegen Fortschritt, Gegen die Liebe und Gegen die Demokratie ) ist einer der international erfolgreichsten katalanischen Autoren. Seine Theaterstücke
wurden in neun Sprachen übersetzt und von gut 40 Regisseuren auf der ganzen Welt inszeniert. 2013
wurde er mit dem Godot-Theaterpreis dafür ausgezeichnet.
Unterschiede in der Art, wie das Publikum in
so unterschiedlichen Ländern darauf reagiert?
«Gegen Fortschritt», «Gegen die Liebe» und
«Gegen die Demokratie» - Ihre Trilogie setzt
die Grundsäulen der modernen Gesellschaft
ins Rampenlicht. Warum?
Die Stücke sollen einen kritischen Geist im
Publikum wecken. Wenn eine Vorstellung das
Publikum kalt lässt, dann habe ich versagt. Ich
glaube die heutige Gesellschaft braucht mehr
denn je diese Reflexion, diesen Dialog.
Wenn Sie einen vierten Text mit dem Titel
„Zu Gunsten der ...“ schreiben könnten, was
wäre es ?
Die Stücke sind nicht wirklich negativ, sie
scheinen nur auf den ersten Blick so. Die Idee
besteht darin, den Zuschauern aufzuzeigen,
dass bestimmte Wörter ihre Bedeutung verändern, oder dass die Machthaber die Bedeutung von Worten so verzerrten, dass es ihnen
dienlich ist. So möchte ich beispielsweise Korruption in meinen Stücken anprangern.
Über 40 Regisseure haben Ihr Stücke in Ländern wie Deutschland, Frankreich, den USA,
Venezuela und Rumänien inszeniert. Gibt es
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Es gibt immer Unterschiede und ich denke,
das ist gut, aber was mich am meisten überrascht, ist zu sehen, wie die Texte es schaffen,
jeder Art von Publikum das Gefühl von Terror
und Humor zur gleichen Zeit zu vermitteln.
Wir unterscheiden uns nicht wirklich, egal aus
welchem Land wir kommen.
«Wenn die Zuschauer mit Fragen
aus dem Saal gehen, dann hat
das Stück seine Wirkung erreicht.»
Was denken Sie, ist der Schlüssel zu Ihrem
internationalen Erfolg?
Wenn ich wüsste , was der Schlüssel war, hätte ich diesen schon viel früher benutzt! Auf
jeden Fall fühle ich mich sehr glücklich, dass es
mir gelungen ist, mit meinen Texten so viele
verschiedene Menschen erreicht zu haben.
In Biel und Solothurn werden ausgewählte Szenen
aus den Stücken «Gegen die Demokratie» und
«Gegen die Liebe» gezeigt.
Quelle Text und Bild: Institut Ramon Lull, für Katalanische Sprache und Kultur im Ausland;
www.llull.cat
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«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
ZUR DISKUSSION
DEMOKRATIE IN FRAGE GESTELLT
«Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen - abgesehen von all den anderen
Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.»
Winston Churchill (1874-1965),
während und nach dem zweiten Weltkrieg Premierminister Grossbritanniens
«Das Schneckentempo ist das normale Tempo jeder Demokratie.»
Helmut Schmidt, 1974 bis 1982 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland
«Demokratie heisst eben nicht die Macht in die Hände des Volkes zu legen. Demokratie
heisst dem Volk das Gefühl zu geben es habe eine Wahl.»
Volker Pispers (*1958), deutscher Kabarettist
«Demokratie ist eine schöne Idee, die daran krankt, vor allem Hohlköpfen, Angebern und
Nervensägen moralischen Anspruch und Aufmerksamkeit zu verleihen.»
Cordt Schnibben (*1952), deutscher Journalist
«Demokratie kann nicht auf einmal errichtet, nicht über Nacht entwickelt werden. Demokratie muss in Bewegung bleiben, wie ein Strom, fortwährend.»
Tschingis Aitmatow, kirgisischer Schriftsteller
«Die Demokratie ist keine Frage der Zweckmässigkeit, sondern der Sittlichkeit.»
Willy Brandt, 1969 bis 1974 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland
«Eine echte Demokratie hat es nie gegeben und wird es sie auch niemals geben, denn es
verstösst gegen die natürliche Ordnung, dass die Mehrheit regiert und die Minderheit regiert
wird.»
Jean-Jacques Rousseau (1712–1778), französisch-schweizerischer Schriftsteller und Philosoph
«China und Russland zeigen, dass man ohne Demokratie wirtschaftlich erfolgreich sein
kann.»
Ulrich Kienzle (*1936), deutscher Journalist
«Das ist so schrecklich, dass heute jeder Idiot zu allem eine Meinung hat. Ich glaube, das ist
damals mit der Demokratie falsch verstanden worden: Man darf in der Demokratie eine
Meinung haben, man muss nicht. Es wäre ganz wichtig, dass sich das mal rumspricht: Wenn
man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten.»
Dieter Nuhr (*1960), deutscher Kabarettist und Comedian
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«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
«In die Demokratie wurden einst grosse Hoffnungen gesetzt; aber Demokratie bedeutet einfach nur das Niederknüppeln des Volkes durch das Volk und für das Volk.»
Oscar Wilde (1854-1900), irischer Schriftsteller
«Zur Demokratie gehört auch die legitime Intoleranz. Das nicht Tolerierbare darf nicht toleriert werden.»
Ayaan Hirsi Ali (*1969), somalisch-niederländische Politikerin
«Und dann war da noch das demokratische Land, das mit Mehrheit beschloß, alle Demokratiegegner erschießen zu lassen.«
Wolfgang J. Reus (1959-2006), deutscher Journalist, Satiriker, Lyriker
«Über alles wird heutzutage diskutiert, nur über eine Sache spricht man nicht:
die Demokratie. Aber wie sollten wir auch über Demokratie sprechen, da die, die
tatsächlich die Welt regieren, nicht vom Volk gewählt wurden?«
José Saramago (portugiesischer Autor 1922-2010)
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«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
MECHANISMEN DES HORRORS
Wie Esteve Soler schreibt, wurden die Stücke Gegen die Demokratie
dem Genre des „Grand Guignol“ nachempfunden. Diese Form des Horrortheaters, die Ende 19. bis Mitte 20. Jh. in Paris und London gespielt
wurde, reflektierte in kleinen Gruselszenen und surrealistischen Farcen
die Schrecken der Zeit. Spezialisiert auf gruselige Spezialeffekte wurden
da auf der Bühne Morde, Selbstmorde und Geistererscheinungen inszeniert. Diese übertriebene Gruselästhetik beeinflusste stark die später in
den USA entstandenen Horror- und Splatterfilme. Doch es ist nicht nur
der blanke Horror, sondern ebenso der ständig mitspielende Witz und
die Absurdität, welche die Wirkung dieses Genres ausmachen und den
Zuschauer einem emotionalen Wechselbad von Grauen und Lachen
aussetzt.
Die folgenden Fragen sollen helfen, den eigenen Ängste und die Mechanismen von Horrorfilmen auf die Spur zu kommen. Ausgehend von den
gewonnen Erkenntnissen kannst du nun auch deine persönliche Horrorgeschichte schreiben….
Davor habe ich Angst:
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Spinnen
Friedhöfe
Schlangen
Clowns
eingesperrt zu sein
Einbrecher
……………………………………………….....
……………………………………………….....
Plakat eines Grand Guignol-Theaters,
1928
Diese schlimmen Dinge habe ich auch schon
geträumt:
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

ich kann fliegen und stürze dann aber ab
ich renne, ohne von der Stelle zu kommen
ich werde umgebracht
ich stecke plötzlich im Körper eines anderen
Wesens
 …………………………………………………………….....
…………………………………………………………….....
Das finde ich besonders schrecklich/lustig in einem Horrorfilm
harmlos
Wenn literweise Blut fliesst und spritzt.
Wenn eine vermeintlich harmlose Figur plötzlich
zum „Bösen“ wird.
Wenn Tiere aus einem Menschen herauskriechen/Menschen sich in Tiere verwandeln.
Wenn Menschen zerstückelt und zersägt werden.
Wenn ich zusehen muss, wie eine naive Figur unwissend ins Verderben rennt.
Wenn ich gar nicht alles sehe, nur erahnen kann,
was tatsächlich passiert.
Wenn eine Figur in einer schlimmen Lage ist und
sich nicht selbst befreien kann.
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schrecklich
langweilig
lustig
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«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
Welcher Horror-Typ bist du?
1. Ich liebe das Nervenkitzel, den Schrecken, Horror ist für mich beste Unterhaltung, von der ich
nie genug habe.
 Was genau fasziniert mich daran? Das Bestehen der Mutprobe? Das Mitfiebern? Einmal
richtige Angst und Schock zu spüren?
2. Kann ich mir schon mal anschauen, ich weiss dann aber nie, ob ich schreien oder laut lachen
soll...
 Weshalb lache ich? Aus Erleichterung? Um die entstandene Spannung zu lösen? Um mich
vom Geschehen zu distanzieren? Oder weil dies die einzige Waffe gegen das unbesiegbare Böse ist?
2. Horrorfilme sind für mich ein No-Go. Ich kann mir das nicht antun, oder ich schlafe nicht mehr
für einen Monat!!
 Was macht diese Filme für mich so unerträglich? Welche Bilder verfolgen mich? Lähmt
mich die Angst? Oder macht sie mich aggressiv? Habe ich auch im Alltag Angst vor den
dargestellten Dingen?
3. Horrorfilme sind oft so übertrieben und absurd, all dieses Theaterblut lässt mich kalt oder
amüsiert mich bestenfalls.
 Warum kann ich mich vor diesen Horrorbildern distanzieren? Ist es die Unwahrscheinlichkeit, das Übertriebene? Oder ist es, weil ich weiss, dass es nur ein Film ist? Oder weil
ich vor anderen Dingen viel mehr Angst habe?
Hat dich ein Horrorfilm schon einmal zum Denken angeregt? Wenn ja, worum ging es? Und was
löste dein kritisches Denken aus?
Eine Grand Guignol-Theaterszene von 1937
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«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
INTERVIEW MIT KATHARINA RUPP, REGISSEURIN
Fünf Szenen aus Gegen die Demokratie, drei
Szenen aus Gegen die Liebe, das sind acht Einzelszenen ohne direkten, inneren Zusammenhang. Wie können diese Einzelbilder zu einem
stimmigen Theaterabend zusammenwachsen?
Oder soll es fragmentarisch, collagenhaft bleiben?
Beides, es ist eine Collage mit Zusammenhang.
Mit der Zeit entdeckt man Querverweise in den
Szenen auf die nächste Szene oder auf einen
Gesamtkontext und gleichzeitig sind es eigenständige Dramolette. Das hat den Reiz, dass
jedes Mal für etwa 10 Minuten eine völlig neue
Situation und Welt entsteht, und man wie bei
einem Kurzfilm in wenigen Minuten etwas auf
die Spitze treiben kann. Die Kräfte, die sich hier
gegen Demokratie oder Liebe äussern – das
sagen schon die provozierenden Titel - geben
dem Ganzen eine Verknüpfung. Die vom Autor
vorgesehene Reihenfolge ist meines Erachtens
bewusst gesetzt und dadurch ergibt sich ein
Spannungsbogen.
« Das hat den Reiz, dass ... man
wie bei einem Kurzfilm in wenigen
Minuten etwas auf die Spitze treiben kann.»
Gibt es ein Element, einen roten Faden, der sich
durch die Einzelbilder durchzieht?
In den Szenen „Gegen die Demokratie“ geht es
um die Mächte, die unsere demokratischen
Staaten und Institutionen untergraben und
missbrauchen. Diese Kräfte haben etwas Anonymes, Monströses. So werden heute ja auch
Finanzmärkte als monströs erlebt, weil sie global,
dereguliert und undurchschaubar sind für den
einzelnen und viele, die sich in diesem Markt
bewegen, wie Marionetten manipulieren. Oder
auch weil sie Unterwerfung erzwingen. Auf den
Proben fallen uns viele Illustrationen dazu ein,
wie zum Beispiel die Vielfalt von kleinen, spezialisierten Geschäften, die von Grosskonzernen
geschluckt oder „angestellt“ werden.
2014, Junges Theater Solothurn
Es steckt in all diesen Szenen irgendwo im Hinterhalt
eine Macht die
nicht fassbar, nicht
bewältigbar ist. Das
wird in jeder Szene
aus einer anderen
Perspektive beschrieben. Von
Bedeutung ist für
mich ein Satz von
Jose Samarago, den der Autor vor den Beginn
gestellt hat: «Über alles wird heutzutage diskutiert, nur über eine Sache spricht man nicht: die
Demokratie. Aber wie sollten wir auch über Demokratie sprechen, da die, die tatsächlich die
Welt regieren, nicht vom Volk gewählt wurden?«
Die Frage könnte banal wirken, aber sie stellt
sich heute mehr denn je: Gibt es noch Mittel
genug, sich gegen antidemokratische Tendenzen
wirkungsvoll zu wehren oder haben sie bereits
ein Eigenleben entwickelt, gegen das wir machtlos sind.
« Es steckt also in all diesen Szenen irgendwo im Hinterhalt eine
Macht, die nicht fassbar, nicht
bewältigbar ist. »
Und diesen Fragen muss man sich als Zuschauer
stellen....?
Ja, das Spannende an den Szenen finde ich, dass
sie nicht eine leichte Erklärung „Schaut mal wie
schlecht die Welt ist“ liefern, sondern Esteve
Soler kreiert eine absurde oder überspitzte Version, und arbeitet mit Horror-Effekten. Es sind
teilweise Gruselszenen, man erschreckt, welch
gierige und zerstörerische Mächte hier auftauchen - die Erscheinungsformen verrate ich allerdings noch nicht - und wie brutal sie operieren.
Und wenn man gewahr wird, worauf sich diese
Figuren beziehen, merkt man, dass die Realität
noch schlimmere Beispiele liefert.
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«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
…und der rote Faden in „Gegen die Liebe“?
Hier wird der Liebesbegriff in Zeiten des Konsumterrors ad absurdum getrieben. Zum Beispiel
zerbricht die Liebe buchstäblich an der Besitzergier oder ist nur noch als Ware in Medikamentenform erhältlich. Romantik à la Brave New
World.
« Es sind teilweise Gruselszenen,
man erschreckt, welch gierige und
zerstörerische Mächte hier auftauchen und wie brutal sie operieren.»
Was will dieses Theater überhaupt? Einfach
schockieren, oder soll man lachen? Oder soll
einem das Lachen im Hals stecken bleiben?
Es soll beissen und kitzeln, also schreit man Aua
oder muss lachen. Und vorallem soll es einen
Staunen machen. Es bietet die Chance, ausserhalb von einer Medienwelt, die uns normalerweise umgibt, mit schwärzestem Witz über
unsere alltäglichen, gesellschaftspolitischen
Zusammenhänge nachzudenken. Wir sind von
Nachrichten, Reportagen und Dokumentationen
umgeben, von Geschichten, die unsere Welt
beschreiben. Die Erzählweise bei Soler hingegen
ist eine sehr verstörende, weil sie Situationen
auf den Kopf stellt, oder so übertreibt, dass wir
in dieser Übertreibung eine pointierte Erkenntnis gewinnen können. Das bringt sie mal nah an
die Tabugrenze und wirkt mal rücksichtslos, aber
eben überraschend und bissig böse.
Ein Thema im Stück ist ja auch die Kontrolle der
Bildung...
Ja, das finde ich ein sehr wichtiges Thema, das
auch oft in Science-Fiction-Filmen wiederkehrt:
Was dürfen wir wissen? Wenn man etwa sieht,
wie wir automatisch gelenkt werden von Internetsuchmaschinen, die ein Wissens- und Konsumprofil von uns erstellen. Mit unserem Wissensdurst werden oft auch gleich die Konsumartikel aktiviert, die wir damit verbinden sollen.
Das ist etwas, was uns alle beschäftigen muss,
die wir uns täglich mit Google, Facebook etc.
2014, Junges Theater Solothurn
durch die virtuelle Welt bewegen: Diese Grapscherei nach unserer Neugier und unserem
Portemonnaie. Oder wie die Auswahl von Bildungsgut, wie wir es z.B. im Buchhandel erwerben können, immer mehr von Grosskonzernen
gelenkt wird. Amazon weiss, dass gesteuerte
Bedürfnisse ein lukratives Geschäft sind.
Obwohl die Szenen völlig absurd sind, folgt
man dieser verrückten Logik ohne gross nachzudenken. Wie kommt das?
Ich glaube, weil wir aus unserem Unterbewusstsein diesen Moment kennen: wir haben Träume,
aus denen wir völlig irritiert erwachen. Dennoch
lassen sich aus Träumen manchmal Entdeckungen oder sogar Erkenntnisse ableiten. Ob wir
fliegen konnten, ob seltsame Tiere mit uns gesprochen haben oder ob uns Menschen in einem
völlig anderen Zusammenhang begegnen, als wo
wir sie üblicherweise treffen... Im Traum haben
wir das nicht hinterfragt, wir waren vielleicht
erstaunt, aber dann haben wir das akzeptiert.
Und daher kennen wir diesen surrealen Moment,
dieses Unmittelbare, welches das Unterbewusstsein uns einfach hinstellt. Es braucht ein
Sich-Einlassen auf diese „verrückte“ Logik, die
uns unzumutbare Zusammenhänge hinstellt und
am Ende haben wir möglicherweise daraus eine
Erkenntnis gewonnen, die uns in prophetischer
Manier auf etwas hinweist.
Daher gehören einige der Szenen für mich in die
Tradition der Surrealisten und Absurden z.B.
eines Louis Bunuel oder Eugene Ionesco, aber
eben mit den Themen des 21. Jahrhunderts.
Andere Minidramen haben Verwandte in der
pessimistischen Science fiction eines Aldous
Huxley in Schöne neue Welt oder in Ray Bradburys Fahrenheit 451.
«Es braucht ein Sich-Einlassen auf
diese ‚verrückte‘ Logik, die uns
unzumutbare Zusammenhänge
hinstellt.»
Das Interview führte Regula Schelling in der 2. Probewoche am 12.3.2014.
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Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
FILME UND BILDENDE KÜNSTLER ALS INSPIRATIONSQUELLE
Nachfolgend sind einige Filme und bildende Künstler aus der Surrealistengruppe aufgelistet,
die durch ihre Ästhetik während der Proben immer wieder zur Sprache kamen und als Inspiration dienten. Zum Teil verhandeln sie ähnliche Themen wie „Gegen die Demokratie, Gegen
die Liebe“, zum Teil ist es ihre Traum- oder Horror-Ästhetik, die sie mit Soler gemeinsam haben. Die Visionierung eines Films oder das Studium eines der Surrealisten-Bilder kann als alternative Vorbereitung der Schüler auf die Ästhetik des Stücks oder als Diskussionsgrundlage
eingesetzt werden, um die Schüler für die verhandelten Themen zu sensibilisieren.
Filme:
-
Luis Buñuel: Le discret charme de la bourgeoisie (1972), Der Würgeengel (1962), Un chien andalou (1929)
Aldous Huxley: Brave New World (1932)
François Truffaut: Fahrenheit 451 (1953)
Jean-Pierre Jeunet und Marc Caro: La cité des enfants perdus (1995)
Guy Maddin: The saddest music of the world (2003)
Mike Judge: Idiocracy (2006)
Michel Gondry: Science of sleep (2006)
David Lynch: Mulholland Drive (2011)
Surrealisten:
-
Manifeste des Surrealismus von André Breton
René Magritte
Roland Topor
Salvador Dalí
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«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
21 PUNKTE ZU DEN PHYSIKERN
VON FRIEDRICH DÜRRENMATT
Wie Friedrich Dürrenmatt wendet auch Esteve Soler in seinen Stücken das Stilmittel der Verfremdung an. So kann allgemein Anerkanntes hinterfragt, die Widersprüchlichkeit gesellschaftlicher Strukturen offenbart und der Zuschauer zum Denken angeregt werden.
Im Anhang zu seiner Komödie «Die Physiker» nannte Dürrenmatt 21 Punkte, die ein solches Stück
erfüllen muss. Einige davon treffen in hohem Masse auch auf die kurzen Miniaturen von Esteve Soler
zu:
3)
4)
9)
10)
11)
19)
20)
21)
Eine Geschichte ist dann zu Ende gedacht, wenn sie ihre schlimmst-mögliche Wendung genommen hat.
Die schlimmst-mögliche Wendung ist nicht voraussehbar. Sie tritt durch Zufall ein.
Planmäßig vorgehende Menschen wollen ein bestimmtes Ziel erreichen. Der Zufall trifft sie
dann am schlimmsten, wenn sie durch ihn das Gegenteil ihres Ziels erreichen: das, was sie befürchteten, was sie zu vermeiden suchten.
Eine solche Geschichte ist zwar grotesk, aber nicht absurd [sinnwidrig].
Sie ist paradox.
Im Paradoxen erscheint die Wirklichkeit.
Wer dem Paradoxen gegenübersteht, setzt sich der Wirklichkeit aus.
Die Dramatik kann den Zuschauer überlisten, sich der Wirklichkeit auszusetzen, aber nicht
zwingen, ihr standzuhalten oder sie gar zu bewältigen.
Alle 21 Punkte:
1)
Ich gehe nicht von einer These, sondern von einer Geschichte aus.
2)
Geht man von einer Geschichte aus, muss sie zu Ende gedacht werden.
3)
Eine Geschichte ist dann zu Ende gedacht, wenn sie ihre schlimmst-mögliche Wendung genommen hat.
4)
Die schlimmst-mögliche Wendung ist nicht voraussehbar. Sie tritt durch Zufall ein.
5)
Die Kunst des Dramatikers besteht darin, in einer Handlung den Zufall möglichst wirksam einzusetzen.
6)
Träger einer dramatischen Handlung sind Menschen.
7)
Der Zufall in einer dramatischen Handlung besteht darin, wann und wo wer zufällig wem begegnet.
8)
Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall zu treffen.
9)
Planmäßig vorgehende Menschen wollen ein bestimmtes Ziel erreichen. Der Zufall trifft sie dann am schlimmsten,
wenn sie durch ihn das Gegenteil ihres Ziels erreichen: das, was sie befürchteten, was sie zu vermeiden suchten.
10)
Eine solche Geschichte ist zwar grotesk, aber nicht absurd [sinnwidrig].
11)
Sie ist paradox.
12)
Ebenso wenig wie die Logiker können die Dramatiker das Paradoxe vermeiden.
13)
Ebenso wenig wie die Logiker können die Physiker das Paradoxe vermeiden.
14)
Ein Drama für die Physiker muss paradox sein.
15)
Es kann nicht den Inhalt der Physik zum Ziele haben, sondern nur ihre Auswirkung.
16)
Der Inhalt der Physik geht die Physiker an, die Auswirkung alle Menschen.
17)
Was alle angeht, können nur alle lösen.
18)
Jeder Versuch eines einzelnen, für sich zu lösen, was alle angeht, muss scheitern.
19)
Im Paradoxen erscheint die Wirklichkeit.
20)
Wer dem Paradoxen gegenübersteht, setzt sich der Wirklichkeit aus.
21)
Die Dramatik kann den Zuschauer überlisten, sich der Wirklichkeit auszusetzen, aber nicht zwingen, ihr standzuhalten oder sie gar zu bewältigen
2014, Junges Theater Solothurn
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«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
ZWEI SZENEN AUS DEM STÜCK
LESEN – BESPRECHEN – TEXTE SCHREIBEN
Das Stück besteht aus acht Miniaturen, kurzen, in sich geschlossenen Stücken.
Esteve Soler nennt sie für «Gegen die Demokratie» „Stücke nach Art des Grand Guignol“, wobei
„Grand Guignol“ eine französische Theaterform aus dem Ende des 19. Jahrhunderts bezeichnet, in
der anhand kurzer Gruselszenen und surrealistischer Farcen die Schrecken der Zeit reflektieren werden sollen. Die Miniaturen aus «Gegen die Liebe» bezeichnet der Autor Esteve Soler als „burlesque
Dramoletten“.
Die folgenden beiden Miniaturen aus dem Stück eignen sich für eine vor- oder nachbereitende Lektüre im Unterricht. Dabei ist es unter Umständen empfehlenswert, das Szenenende nicht zu lesen und
stattdessen die Schülerinnen und Schüler nach eigenen Ideen für den weiteren Verlauf der Szene zu
befragen oder die Dialoge gar schriftlich weiter zu führen. Geeignete Stellen für solche Schnittstellen
sind mit gepunkteten Linien markiert.
Ideen für die Verwendung im Unterricht:
- Szene selbst fertig schreiben.
- Fragestellung: Inwiefern passt diese Szene zum Stücktitel «Gegen die Demokratie» (für die
Szene mit Vater, Mutter und Sohn) bzw. zu «Gegen die Liebe» (für die Szene mit dem Mädchen und dem Jungen)?
- Fragestellung: Der Autor Esteve Soler sagt zu seiner Trilogie: «Wenn die Zuschauer mit Fragen aus dem Saal gehen, dann hat das Stück seine Wirkung erreicht.»1 Welche Fragen wollte
er wohl mit dieser Szene aufwerfen, auf welchen gesellschaftlichen Umstand hinweisen?
- Die Dramaturgie der Texte hinterfragen. Als Anregung dazu eignen sich einige von Dürrenmatts «21 Punkten zu den Physikern»2.
- Szenen gestaltet lesen oder die Schülerinnen und Schüler nach theatralischen Umsetzungen
suchen lassen.
- Schülerinnen und Schüler schreiben selbst kurze Szenen nach Art von Esteve Soler.
1
2
Siehe Interview mit Esteve Soler auf Seite 4
Siehe 21 Punkte zu den Physikern von Friedrich Dürrenmatt auf Seite 12
2014, Junges Theater Solothurn
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Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
GEGEN DIE DEMOKRATIE – SZENE 5
ESTEVE SOLER
Nacht. Ein Elternpaar nähert sich auf Zehenspitzen dem Bett seines Teenager-Sohns.
Sie stehen nebeneinander und schauen sich verschwörerisch an. Die Mutter schüttelt
den Jungen grob und er wacht auf.
SOHN
He? Was ist los?
MUTTER
Bist du wach?
SOHN
Was?
VATER
Wach auf, Xavi.
SOHN
Was ist denn los?
MUTTER
Nichts ist los. Wir wollen nur mit dir sprechen.
SOHN
Wie viel Uhr ist es?
VATER
Es ist halb fünf.
SOHN
Und ihr wollt jetzt mit mir reden? Was ist denn? Hab ich was angestellt?
MUTTER
Es dauert nicht lange.
SOHN
Hat das nicht Zeit bis morgen früh?
VATER
Es muss jetzt sein, Xavi.
MUTTER
Wir wollten es dir schon lange sagen.
VATER
Wir haben lange darüber nachgedacht und ...
MUTTER
Wir haben dich gut behandelt, oder?
SOHN
Was willst du damit sagen?
VATER
Nicht so eilig. Was deine Mutter sagen will, ist, dass du gerade 18 geworden bist
und wir sind der Meinung, dass du jetzt ein paar Sachen wissen solltest.
SOHN
Ui, ui, ui ... Was ist’s denn? Habt ihr mich adoptiert oder so was?
MUTTER
Nein, ich kann dir garantieren, dass ich dich neun Monate in meinem Bauch getragen habe. Da kannst du ganz sicher sein.
SOHN
Ihr wollt doch nicht etwa mit mir über Sex und Ähnliches sprechen?
MUTTER
Doch, in gewisser Weise ja.
SOHN
Dann müsst ihr mir nichts erklären, denn meine Unschuld habe ich schon vor vielen
Jahren verloren.
VATER
Wir wollen nicht über dein Sexualleben sprechen ...
MUTTER
... sondern über unseres.
SOHN
Was? Seid ihr verrückt geworden? Tut mir leid, aber wie ihr’s treibt, interessiert
mich nicht die Bohne.
2014, Junges Theater Solothurn
Seite 14
Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
VATER
Wir wollen mit dir über den Augenblick sprechen, als du gezeugt wurdest.
MUTTER
Weißt du, was der Coitus interruptus ist?
VATER
Als deine Mutter und ich uns damals liebten, und bevor ich kam, bin ich aus ihrer
Vagina raus ...
SOHN
Verschont mich ...
VATER
Und dann hab ich auf sie abgespritzt.
MUTTER
Auf meine Titten.
SOHN
Das reicht.
MUTTER
Das tut er immer noch gern.
VATER
Okay, aber das ist nicht das Wichtige. Tatsache ist, dass wir kein Kondom benutzten
und damit sie nicht schwanger wurde, bin ich draußen gekommen.
SOHN
Ich weiß genau, was der Coitus interruptus ist! Aber was zum Teufel wollt ihr von
mir?
MUTTER
Also, wir wollen dir eben das sagen: Du bist ein verpasster Coitus interruptus. Papa
war nicht schnell genug und ist drinnen gekommen.
VATER
So was passiert nun mal.
Pause.
SOHN
Okay, ich weiß nur nicht, ob ich das überhaupt wissen wollte ... Mann, eh ...
VATER
Du musst alles wissen, das ist wichtig.
SOHN
Da kann ich bestimmt nicht schlafen, wenn ich mir das vorstelle.
VATER
Wir wollten ehrlich sein.
SOHN
Na super.
MUTTER
Deshalb haben wir versucht, dich abzutreiben.
SOHN
Wie bitte?
MUTTER
Wir wollten dich nicht, Xavi. Das ist normal.
SOHN
Normal?
MUTTER
Es hätte nicht viel gefehlt und du wärst im Eimer eines Vorstadtkrankenhauses entsorgt worden.
SOHN
Wie?
VATER
Du warst eine große Enttäuschung für deine Mutter und mich. Du hast unser Leben,
unsere Pläne auf den Kopf gestellt. Wir wollten weiterarbeiten, eine Firma gründen,
ohne ...
MUTTER
Ohne Hindernis.
VATER
Genau.
SOHN
Und was ist dann passiert?
2014, Junges Theater Solothurn
Seite 15
Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
VATER
Dein Großvater hat Wind von der Sache gekriegt. Du weißt ja, die Familie deiner
Mutter ist sehr religiös.
MUTTER
Ich konnte nicht heimlich in ein Krankenhaus gehen, obwohl ich das immer wieder
versucht habe.
SOHN
Na wunderbar. Noch was?
MUTTER
Ich habe versucht, selbst abzutreiben, aber dabei habe ich mir ein Bein verletzt. Das
ist nämlich gar nicht einfach, ein Kind zu verlieren.
SOHN
Es ist nicht einfach mich abzutreiben, Mama, vergiss nicht, dass du mich abtreiben
wolltest.
VATER
Tut uns sehr leid, aber du musst verstehen, dass wir dir alles sagen wollen.
SOHN
Warum konntet ihr nicht einfach schweigen und Schwamm drüber? Ihr habt diese
Nacht in einen Albtraum verwandelt.
MUTTER
Du warst erst ein paar Monate alt, da habe ich dich in ein Schwimmbad geworfen.
SOHN
Kein Ende in Sicht ...
MUTTER
Deine Existenz war so frustrierend, dass ich dich loswerden wollte. Egal wie.
VATER
Wir glauben, dass deine Atemprobleme mit dem Vorfall im Schwimmbad zu tun
haben.
SOHN
Das ist unglaublich. Und das sagt ihr mir auch noch ... Wie habe ich überlebt?
VATER
Wiederum dein Großvater. Er hat dich im letzten Moment gerettet. Er hat dich zu
sich genommen, bis du vier Jahre alt warst.
SOHN
Was für ein Glück, wenigstens einer, der mich mochte.
VATER
Nun, Xavi, in Wahrheit ...
MUTTER
Nein, nein, das will ich ihm sagen. Als dein Großvater starb, haben wir herausgefunden, dass er dich von Anfang an missbraucht hatte. Er hat dich auf übelste Weise missbraucht, fast täglich. Und das hat er auch noch mit der Kamera gefilmt.
SOHN
Nein, nein, nein. Das ist jetzt wirklich zu viel.
MUTTER
Erinnerst du dich an den Opa?
SOHN
Immerhin wollte er, dass ich lebe.
MUTTER
Ja, aber da siehst du, weshalb er dich eigentlich ...
SOHN
Ihr wolltet nicht, dass ich lebe.
VATER
Was sollen wir dir denn sagen?
MUTTER
Ehrlichkeit geht über alles.
SOHN
Habe ich keinen Verwandten, der mich an Weihnachten umbringen wollte? Oder
eine Tante, die mich im Parfüm ertränken wollte?
MUTTER
Was wir dir erzählen, ist sehr ernst, Xavi.
VATER
Sehr.
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Seite 16
Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
SOHN
Und sehr nützlich. Jetzt bin ich ein besserer Mensch geworden.
……………………………………………….
MUTTER
Nun, zumindest weißt du jetzt, warum wir uns entschlossen haben, dich zu töten.
Pause.
SOHN
Mama, was sagst du da?
VATER
Was du hörst.
SOHN
Das ist ein absolut unnötiger Scherz.
MUTTER
Du bist der unnötige Scherz. 18 Jahre lang ein unnötiger Scherz.
SOHN
Wie?
VATER
Wir haben gedacht, dass, wenn du 18 wirst ... wäre vielleicht der richtige Moment,
um ... na ja... du weißt schon ...
SOHN
Aber was habe ich denn getan?
MUTTER
Hast du nicht zugehört?
VATER
Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir uns nie als richtige Eltern gefühlt haben, die wirtschaftliche Situation ist außerdem nicht gerade die beste und ...
MUTTER
Gib keine weiteren Erklärungen, das ist nicht nötig.
VATER
Nein, aber es soll alles raus. Du hast auch keine guten Noten, das ist nun mal so.
Wenn du die Schule abschließt ...
MUTTER
Wenn er die überhaupt abschließt …
VATER
Wirst du Probleme haben, eine Arbeit zu finden.
SOHN
Aber ich könnte in eurer Firma arbeiten.
VATER
Aber du wärst eine Niete. Du bist der typische Unternehmersohn, der den Angestellten ständig nur Probleme macht.
MUTTER
Du bist eine Katastrophe, Xavi, und das weißt du. Mit dir vergeudet man seine Zeit,
unentwegt ...
VATER
Jetzt übertreib nicht, Mama. Kurz: Du wärst einfach nicht rentabel.
SOHN
Und warum lasst ihr mich nicht einfach gehen?
VATER
Wir fühlen uns irgendwie verantwortlich.
MUTTER
Wenn du für uns nicht rentabel bist, dann auch nicht für andere.
VATER
Als die Regierung Bankrott machte und die Fast-Food-Kette die Schulden übernahm,
wurde der Weg frei für den Personalabbau – so wie jetzt bei uns.
SOHN
Personalabbau?
MUTTER
Na klar: Heute besteht unsere Familie noch aus drei Personen,morgen sind wir nur
noch zwei – Personalabbau.
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Seite 17
Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
VATER
Auf diese Weise tragen wir zum Gemeinwohl bei. Findest du nicht?
SOHN
Ihr habt nicht das Recht, mich zu bedrohen.
MUTTER
Du hast kein Recht, Xavi. Du hättest nicht auf die Welt kommen dürfen, nicht atmen,
nicht denken. Nichts.
VATER
Du hättest nicht existieren dürfen, ganz einfach.
SOHN
Das ist unglaublich.
VATER
Denk daran, dass du dank uns etwas mehr als 18 Jahre lang gelebt hast.
MUTTER
Andernfalls wärst du jetzt vertrocknetes Sperma auf dem Bettlaken und ein geronnenes Ei im Menstruationsblut einer Binde.
VATER
Kurz: Du bist nichts, du bist ein Fehler und du wirst korrigiert.
SOHN
Das ist schrecklich. Ich will sofort hier weg. (will schnell gehen)
VATER
Geh nicht.
MUTTER
Das ist alles ein Scherz!
SOHN
Was?
……………………………………………….
VATER
Ein Scherz! (zieht eine Pistole und tötet ihn)
Sie schauen sich an. Pause.
MUTTER
Vielleicht würde jemand gern die Leiche vögeln. (kurze Pause) Natürlich gegen Geld.
VATER
Wir können Hamburger aus ihm machen und die verkaufen.
MUTTER
Fleischpastetchen.
VATER
Super.
Vater und Mutter ziehen die Leiche ihres Sohnes an einem Bein hinaus.
Dunkelheit.
Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung, Verfilmung, öffentlichen Aufführung oder Übertragung durch Rundfunk oder
Fernsehen, vorbehalten. Dieser Text darf zu Bühnenzwecken, Vorlesungen oder Vereinsaufführungen nur benutzt werden,
wenn vorher das Aufführungsrecht beim Theaterstückverlag München erworben wurde.
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Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
GEGEN DIE LIEBE – SZENE 4
ESTEVE SOLER
Ein junges Paar in einer Wohnung, sie befummeln sich. Sie nähern sich dem Bett, lassen
sich darauf fallen und ziehen sich aus, in der entschlossenen Absicht zu ficken.
MÄDCHEN
Hast du’s dabei?
JUNGE
Weiß nicht.
Sie machen weiter.
MÄDCHEN
Hast du’s dabei oder nicht?
JUNGE
Weiß nicht.
Sie hört auf.
Er zieht sie konzentriert weiter aus.
Du hast sie nicht dabei, oder?
MÄDCHEN
Nein. Schau noch mal genau nach.
JUNGE
Ist doch egal.
MÄDCHEN
Nein, schau nach. (hält ihn zurück)
JUNGE
Warum?
MÄDCHEN
Ich will es nicht ohne machen.
JUNGE
Bei einem Mal passiert nichts.
MÄDCHEN
Klar passiert da was! (wendet sich ab)
Pause.
JUNGE
Ich will es ohne machen.
MÄDCHEN
Warum?
JUNGE
Ich will wissen, wie sich das anfühlt.
MÄDCHEN
Es ist nicht besser ohne.
JUNGE
Ich glaube schon.
MÄDCHEN
Ohne mach ich’s nicht mal im Traum.
JUNGE
Probieren wir’s doch. Nur ein bisschen.
MÄDCHEN
Ohne die Pillen für die Liebe mach ich gar nichts.
Pause. Widerwillig zieht er eine Tablettenschachtel aus der Tasche und wirft sie aufs Bett.
Also hattest du sie doch dabei.
JUNGE
Die Firma gibt uns jeden Freitag eine Schachtel. Und sie wollen nicht, dass wir gehen, bevor wir nicht mindestens eine von den Tabletten vor den Augen des Chefs
geschluckt haben.
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Seite 19
Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
MÄDCHEN
(öffnet die Tablettenschachtel und sieht, dass sie noch voll ist)
Hast du aber nicht gemacht.
JUNGE
Ich hab stattdessen ein Bonbon runtergeschluckt. Ich will es einmal ohne Einfluss
machen. Ich will es machen, ohne verliebt zu sein.
MÄDCHEN
Warum? Versteh ich nicht. Verliebt sein, während du fickst, das ist voll der Hammer!
JUNGE
Ich bin mir da nicht so sicher.
MÄDCHEN
(nähert sich ihm wieder, lasziv, berührt ihn)
Das ist geil … Das macht dich high …
JUNGE
Ich weiß schon, wie das weitergeht …
MÄDCHEN
Das ist, wie wenn du mit Gott sprichst und dich gleichzeitig voll laufen lässt.
JUNGE
Du redest schon wie die von der Firma: „Es vereint die Vorteile des christlichen
Glaubens mit denen des Alkohols, ohne deren schädliche Nebenwirkungen.“ (stößt
sie von sich weg)
MÄDCHEN
Stell dich nicht so blöd an.
JUNGE
Hast du schon mal drüber nachgedacht, was wir da schlucken?
MÄDCHEN
Was willst du damit sagen?
JUNGE
Hast du mal dran gedacht, was für Folgen es hat, dass wir diese Tabletten schlucken?
MÄDCHEN
Oh, der Herr ist in revolutionärer Stimmung … Liest du gerade irgendein perverses
Buch?
JUNGE
Hast du mal darüber nachgedacht, was passieren würde, wenn wir nicht alle bis
zum Anschlag mit Liebe gedopt wären?
MÄDCHEN
Du sagst das, als wäre es was Schlimmes.
JUNGE
Es reicht nicht, dass wir alle leben müssen wie in nordamerikanischen Serien, wir
müssen auch noch rund um die Uhr irgendwelche Pillen schlucken.
MÄDCHEN
Aber das ist doch gut. Was hast du für ein Problem? Ich kauf auch immer Coca Cola,
weil da eine Extraportion Liebe drin ist, mehr als in den anderen Colas.
JUNGE
Nein, das ist nicht gut. Genau das will ich dir sagen. Es ist eine Farce.
MÄDCHEN
Eine Farce? Willst du damit sagen, unsere Liebe ist eine Farce?
JUNGE
Ich will sagen, dass die Liebe eine Farce ist.
MÄDCHEN
Was für ein Blödsinn …
JUNGE
In diesen Pillen steckt ein ganzes Lügengebäude.
MÄDCHEN
Ich bin gespannt, was dir noch alles einfällt …
JUNGE
Hast du jemals wen gesehen, der zugibt, dass er sie nicht nimmt?
Der sich der Liebe verweigert?
MÄDCHEN
Irgendein verbitterter Mensch findet sich immer.
2014, Junges Theater Solothurn
Seite 20
Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
JUNGE
Genau davon rede ich. Wenn jemand für immer aufhört, sie zu nehmen, bedeutet
das, dass er sich von allem ausschließt.
MÄDCHEN
Vor allem bedeutet es, dass er ein Idiot ist. Warum sollte man etwas verweigern,
was einem gut tut?
JUNGE
Jemand hat sich diese Pillen ausgedacht, damit du blind vor Liebe wirst und dich bis
über beide Ohren verschuldest, damit du ein Auto kaufst, damit du dich besser anziehst als deine Freundinnen, damit du zwei Kinder bekommst, die mit denselben
Defekten geboren werden wie deine Vorfahren. Ich spreche von Kontrolle.
Pause.
MÄDCHEN
Du willst mir was sagen und weißt nicht wie, stimmt’s?
JUNGE
Hörst du mir nicht zu?
MÄDCHEN
Okay, ich seh schon, worauf das rausläuft. Du willst mich verlassen, oder? Los, sag
schon, keine Sorge, ich halt das aus.
JUNGE
Du verstehst mich überhaupt nicht.
MÄDCHEN
Ist dir eigentlich klar, was solches Gerede in mir auslösen kann?
JUNGE
Die Welt wäre besser / ohne …
MÄDCHEN
Ich spreche von dir und von mir, okay? Hör bitte mal kurz auf, die Welt zu retten,
und rette lieber mich. Glaubst du, ich will mit jemandem leben, der keine Liebe
schlucken will?
JUNGE
Bitte, du weißt doch, / dass ich …
MÄDCHEN
Ich weiß überhaupt gar nichts! Nur, dass ich dich liebe und dass das überhaupt keinen Sinn hat, wenn du mich nicht auch liebst!
(umarmt ihn weinend)
JUNGE
(stößt sie gleichgültig weg) Es hat überhaupt keinen Sinn, jemanden zu lieben und
dafür zu fordern, dass er einen auch liebt.
MÄDCHEN
Du bist ein Idiot. Aber vor allem bist du undankbar.
JUNGE
Du willst mich nicht verstehen. Sie haben die Liebe kaputt gemacht. Sie bringen uns
nicht bei, unsere Emotionen zu kontrollieren, weil sie wollen, dass wir von ihnen
abhängig sind. Verstehst du nicht, dass das, was wir leben, mit Liebe nichts zu tun
hat?
MÄDCHEN
Es bringt gar nichts, dich zu verstehen. Glaubst du, dass dabei irgendwas rauskommt, außer dass du mir das Leben verdirbst?
JUNGE
(nimmt wieder die Tablettenschachtel in die Hand)
Das zu nehmen, heißt nicht leben.
MÄDCHEN
Das zu nehmen, heißt besser leben. Und so zu leben, wie ich es will.
JUNGE
Dann will ich nicht so leben wie du.
Pause.
2014, Junges Theater Solothurn
Seite 21
Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
MÄDCHEN
Und du glaubst, dass du eine andere findest, die ohne dieses Zeug leben will?
JUNGE
Es gibt seltsame Menschen auf der Welt.
MÄDCHEN
Menschen, die ohne Hypotheken, ohne Autos, ohne schönere Klamotten als ihre
Freundinnen, ohne Kinder und ohne Schulden leben wollen?
JUNGE
Wer weiß.
MÄDCHEN
Du wirst allein bleiben. Du wirst vor den anderen nicht so tun können, als seist du
normal und verliebt.
JUNGE
Wer weiß.
MÄDCHEN
Ich könnte dich denunzieren.
JUNGE
Tatsächlich?
MÄDCHEN
Ich könnte allen sagen, der Familie, den Freunden, in der Firma, dass du nur so tust,
als seist du verliebt, dass du die Pillen nicht nimmst, damit du dich vor uns allen
ekeln kannst.
JUNGE
Du bist eine miese Schlampe.
Pause.
MÄDCHEN
Ich könnte das tun, aber ich tu’s nicht.
JUNGE
Und warum nicht?
MÄDCHEN
Weil ich dich liebe.
…………………………….
JUNGE
Weißt du, ich glaube, / dass …
MÄDCHEN
Und weil ich eine Sache von dir will.
JUNGE
Die wäre?
MÄDCHEN
Ein Stäubchen Liebe. Die allerkleinste Dosis.
JUNGE
Mach du’s mit Liebe, und lass es mich machen, wie ich will.
MÄDCHEN
Nein, ich will, dass wir beide verliebt sind, wenn wir es machen. Du denkst wahrscheinlich, dass ich verzweifelt bin, dass ich zu allem fähig bin, um es noch ein letztes Mal zu machen, dass ich süchtig bin. Das ist meine einzige Bedingung, danach
lasse ich dich leben, wie du willst.
Der Junge weiß nicht, was er sagen soll.
Weil ich dich liebe. Deshalb tu ich das.
Der Junge denkt darüber nach.
Einverstanden?
JUNGE
Nur noch ein letztes Mal mit Liebe? Dann nie mehr? Versprochen?
2014, Junges Theater Solothurn
Seite 22
Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
MÄDCHEN
Versprochen. (nimmt ein Glas Wasser und eine Tablette und schluckt sie entschlossen hinunter)
JUNGE
Wenn die Wirkung nachlässt, werfe ich den Rest weg.
MÄDCHEN
Brauchst du Wasser?
JUNGE
Nicht nötig.
MÄDCHEN
Manchmal gehen sie schwer hinunter. Sie können im Mund stecken bleiben oder im
Hals oder …
JUNGE
Ich nehm sie ja schon. Du musst nicht … bitte … (nimmt eine Tablette mit einem
Schluck Wasser)
MÄDCHEN
Ich mach mir nur Sorgen um dich. Ich will nicht, dass du dich verschluckst.
JUNGE
Schon gut, sehr gut.
MÄDCHEN
Ich tu immer alles für dich. Du musst mir nur ein bisschen mehr vertrauen, ehrlich.
JUNGE
Das tu ich ja, aber …
MÄDCHEN
Denk nicht nach, entspann dich.
JUNGE
Ja, ich weiß, ich weiß …
MÄDCHEN
Komm zu mir.
Sie umarmen sich. Die Zärtlichkeiten steigern sich zu intensiver sexueller Aktivität.
Sie beginnen den Liebesakt.
MÄDCHEN
(unterbricht) Und dann regeln wir gleich morgen um eins das mit der Hypothek,
okay?
JUNGE
Du hältst mich für komplett bescheuert, oder?
Pause.
MÄDCHEN
Warum?
JUNGE
Morgen ist Donnerstag, da schließt die Bank um eins.
MÄDCHEN
Aber wenn du ihnen sagst, dass du eine ganze Schachtel Tabletten geschluckt hast,
machen sie extra für dich auf.
JUNGE
Also los, keine Zeit verlieren.
Die beiden beginnen mit demselben Eifer Tabletten zu schlucken, mit dem sie gerade Liebe gemacht
haben.
Dunkel.
Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung, Verfilmung, öffentlichen Aufführung oder Übertragung durch Rundfunk oder
Fernsehen, vorbehalten. Dieser Text darf zu Bühnenzwecken, Vorlesungen oder Vereinsaufführungen nur benutzt werden,
wenn vorher das Aufführungsrecht beim Theaterstückverlag München erworben wurde.
2014, Junges Theater Solothurn
Seite 23
Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
FOTOS, TRAILER, ZEITUNGSBERICHTE
FOTOS
Bilder eignen sich sehr gut, um nach dem Vorstellungsbesuch in ein Gespräch über die Inszenierung einzusteigen.
Auf der Webseite des Theater Orchester Biel Solothurn sind Fotos der Produktion in guter
Auflösung zu finden:
http://www.tobs.ch/de/tobs/presse/pressebilder/
TRAILER
Zur Einstimmung vor dem Vorstellungsbesuch oder als Einstieg in eine Nachbereitung.
http://www.tobs.ch/de/schauspiel/stuecke/stueck/prod/19/
ZEITUNGSBERICHTE
Medienberichte haben oftmals einen beschreibenden aber auch einen wertenden Charakter.
Beides bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich das Gesehene nochmals
vor Augen zu führen und seine eigene Meinung mit anderen Sichtweisen zu vergleichen.
Auf der Webseite können nach der Premiere Berichte aus Printmedien eingesehen und ausgedruckt werden.
http://www.tobs.ch/de/tobs/pressestimmen/
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Seite 24
Materialien für den Unterricht
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
BESETZUNG
«GEGEN DIE DEMOKRATIE / GEGEN DIE LIEBE» VON ESTEVE SOLER
Produktionsteam
Inszenierung
KATHARINA RUPP
Bühne und Kostüme
CORNELIA BRUNN
Dramaturgie
ADRIAN FLÜCKIGER
Regieassistenz &
Inspizienz
RICARDA AMBERG
Dramaturgie- &
Regiehospitanz
MASHA ZAUGG
Besetzung
In wechselnden Rollen
Theaterpädagogik
Materialmappe
MIRIAM STRÜBEL
JAN PHILIP WALTER HEINZEL
MATTHIAS SCHOCH
GÜNTER BAUMANN
CHRISTOF OSER-MEIER
REGULA SCHELLING, ADRIAN FLÜCKIGER
© 2014, Junges Theater Solothurn
Weitere Infos zum Angebot des Jungen Theater Solothurn finden Sie auf unserem Flyer oder auf der
Webseite www.tobs.ch unter JUNGES PUBLIKUM.
THEATER ORCHESTER BIEL SOLOTHURN
JUNGES THEATER SOLOTHURN
Theater und Schule
Christof Oser-Meier
Gibelinstrasse 20 | 4500 Solothurn
T ++41 (0) 32 626 20 68
www.tobs.ch
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Seite 25
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