Themenpredigt Freund

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Predigt: Warum es so wichtig ist, sein eigener Freund zu sein
Sie hören oder lesen diesen Satz: „Sein eigener Freund sein.“ Wie hört
sich das im ersten Moment für Sie an? Was fühlen Sie dabei? Was geht in
Ihnen vor sich?
Vielleicht sind da ein Innehalten und eine kurze Verwunderung,
vielleicht sogar ein kleiner Schreck, denn einen Freund versucht man gut
zu behandeln. Und es kommen möglicherweise folgende Gedanken: „Wie
gehe ich denn mit mir um? Behandele ich mich genauso wie einen
Freund? Man darf doch kein Egoist sein!“
Ich vermute, dass zumindest einige von Ihnen dabei ein leichtes
unangenehmes Ziehen in der Bauch- oder Herzgegend spüren könnten,
verbunden mit dem diffusen Gefühl, dass da tatsächlich irgendetwas im
Ungleichgewicht sein könnte in Bezug auf den Umgang mit sich selbst.
Dennoch entdecken Sie daneben sicherlich auch noch etwas anderes:
Neugier und Freude, auch ein kleines Gefühl der Erleichterung –
vielleicht. Denn irgendjemand scheint ja da die Erlaubnis zu geben, sich
selbst mögen zu dürfen! Aber da scheint auch wiederum irgendetwas
anderes in Ihnen das Gegenteil behaupten zu wollen. Etwas, das sich z.B.
als täglicher innerer Druck, als diffuse Ängste, als pessimistische
Gedanken, als Gefühle der Unzufriedenheit bemerkbar macht oder als
eine Art innerer Stimme, die ständig irgendwelche Sätze in
vorwurfsvollem und kritischem Ton sagt.
Manchmal lade ich Menschen zu einem kleinen Experiment ein. Ich bitte
sie sich vorzustellen, dass sie sich selbst auf der Straße begegnen.
Vielleicht stellen Sie sich selbst dies einen Moment mal vor..
Erstaunlicherweise berichten mir relativ viele Menschen, dass sie sich
selbst mit einer relativ großen Distanziertheit begegnen. Weniger
Sympathie, eher Anspannung. Weniger Freundschaft, ehr: Wie siehst Du
denn aus? Seltsam, nicht?
Die Ursache für dieses Verhalten ist, dass wir mit 2 grundlegenden
Kräften auf die Welt kommen: Eine Leben erhaltende, fördernde Kraft,
die Leben gelingen lässt. Sie können diese Kraft spüren, wenn Sie sich
ganz tief innen drin freuen oder etwas aus vollen Zügen genießen.
Aber da gibt es in uns seit unserer Geburt auch noch eine Leben
verneinende Kraft. Eine Stimme in uns, ein Gefühl, nicht zu genügen,
nicht ausreichend zu sein, so wir sind. Sobald wir geboren sind, beginnt
das Empfinden der Unzulänglichkeit. Das Kleinkind spürt: So wie ich
bin genüge ich nicht, ich brauche Fürsorge. Und darum, wenn Menschen
sich gedanklich auf der Straße begegnen meldet sich diese Stimme: Du
bist nicht gut genug.
Zu diesen beiden Kräften kommen dann noch Sätze der Erziehung:
1
– Was sollen denn die Leute von dir denken, wenn du …
– Was glaubst du eigentlich, wenn das alle so machen würden…
– In deinem Alter sind andere Kinder viel vernünftiger.
– Wenn du so weitermachst, bringst du es nie zu etwas...
Die kritischen Stimmen und Verhaltensweisen der realen Personen
unserer Kindheit spuren sich tief in die Kinderseele ein und werden zu
einer eigenständigen Stimme in uns – zum Inneren Kritiker. Wir wollen
geliebt und willkommen sein. Und der Innere Kritiker will uns dabei
helfen indem er uns unterstützt, uns anzupassen. Das Problem: Wir tun
dann oft Dinge, die wir eigentlich nicht wollen und die nicht wirklich das
Unsere sind. Anderes, das mehr zu unserem eigentlichen Wesen gehört,
bleibt auf der Strecke.
Er ist im Erwachsenenleben nach wie vor in uns aktiv, obwohl wir längst
schon der Obhut unserer Erziehungsberechtigten entwachsen sind und
wir eigentlich die Freiheit besitzen, uns eine eigene Meinung zu bilden
über uns, unser Leben und die Welt.
Dies heißt, dass wir mit 2 grundlegenden Kräften auf die Welt kommen:
Eine Leben erhaltende, fördernde Kraft, die Leben gelingen lässt, und
eine Leben verneinende Kraft, die uns immer wieder zu blockieren sucht.
Und wir haben in uns diesen Inneren Kritiker, den haben wir über Jahre
gelernt und der macht uns immer wieder Druck.
Aber da gibt es noch eine vierte Stimme und um die geht es heute: Wir
werden geboren mit einer großen Sehnsucht mit mir selbst zufrieden zu
sein, mich selbst zu achte und wertzuschätzen, eine Sehnsucht, dass ich
mich nicht mehr abmühen und verbiegen muss sondern einfach „Ich“
sein darf.
Wie kann ich es nun schaffen – denn das macht mich eigentlich glücklich
– dass diese vierte Stimme sich in mir durchsetzt und immer mehr Raum
bekommt?
Diese vierte Stimme kann sich in mir immer weiter ausbreiten, wenn ich
als erstes tief überzeugt bin, dass wir diesen Stimmen nicht schutzlos
ausgeliefert sind.
Warum ist diese Überzeugung wichtig? Nur mit dieser Überzeugung bin
ich bereit auch den weiteren manchmal recht mühsamen Weg zu gehen.
Allerdings bin ich 100% überzeugt: Wir haben als Erwachsene die
Freiheit, uns für eine Freundschaft zu uns selbst zu entscheiden, wir
können dies praktisch umsetzen und wir haben die sehr hilfreiche
Unterstützung Gottes hierbei.
Die Unterstützung Gottes?
Mich hat schon immer fasziniert dieser Bericht wie Jesus getauft wurde.
Und als ich jetzt in Israel war wollte ich unbedingt an diese Stelle. Wo er
begreift: Gott unterstützt mich dabei, mit mir eins zu sein,
freundschaftlich. „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen
2
habe (Matth. 3,17)“. Ohne Vorleistung, Veränderung kannst Du gut zu
Dir sein, weil Gott Dich so liebt wie Du bist.
Und dann kommt der Versucher, der ewige Kritiker. Auch Jesus war dem
ausgesetzt. In der Wüste. „An dir stimmt doch ganz vieles nicht. Schau
doch mal, was die anderen können..“ Wissen Sie, warum Jesus der „Sohn
Gottes“ genannt wurde? Weil dieser Kritiker bei ihm keine Chance hatte,
er lebte in Freundschaft mit sich. Und das können wir auch. Wie?
Mich selbst als Freund anzunehmen bedeutet unter anderem:
– meinen Körper, meine Seele, meinen Geist und ihre Bedürfnisse so
weit wie möglich kennen zu lernen
– das für mich zu tun, was ich auch für meine Kinder tun würde
– mich selbst mit gütigen Augen zu betrachten
– Geduld mit mir zu haben
– hinter mir und nicht gegen mich zu stehen
– mich nicht hängen zu lassen
– Liebe zu wagen
– Konflikte zu riskieren, wenn es darauf ankommt
– Wunden in mir anschauen und zu heilen versuchen
– das Nichtgelungene, das schuldhaft Vertane, das Nichtgemachte
irgendwann einmal gut sein zu lassen
– realistisch nicht zu viel und nicht zu wenig von mir zu erwarten
Konkrete Maßnahmen sind zum Beispiel:
– Die Stimme des Inneren Kritikers zu identifizieren und die
Glaubenssätze, die er vermittelt, zu hinterfragen.
– Auf gute Gefühle zu achten. Neben aller Selbstkritik können wir auch
immer gute Gefühle in uns finden. Suchen wir bewusst nach ihnen.
– Nach den eigenen Stärken suchen; sie sich bewusst machen.
– Schließen wir Frieden mit den Schattenseiten; nehmen wir eigene
kleine Fehler mit Humor.
– Es ist wertvoll und hilfreich vor dem Schlafengehen den Tag Revue
passieren zu lassen und die Dinge aufzuzählen, die uns gelungen sind,
die uns Freude gemacht haben und für die wir dankbar sein können, dass
sie in unserem Leben sind (auch wenn es nur kleine Alltäglichkeiten und
“Selbstverständlichkeiten” sind).
– Stellen wir uns generell ein paar Fragen wie folgende: Wo gibt es
Situationen, in denen ich zufrieden mit mir bin oder stolz auf mich sein
kann? Worin hatte ich Erfolg, obwohl die Angelegenheit heikel war? Was
habe ich an Schwerem durchgestanden? Was tue ich für andere, das ich
für mich selbst nicht tue?
– Von Selbstannahme träumen: D.h. mir immer wieder auszumalen, wie
es wäre, wenn ich mich selbst mehr lieben würde. Ich stelle mir direkt die
Frage: “Wenn ich mich selbst mehr lieben würde, dann …“ und lasse
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dazu Antworten ganz entspannt in mir aufsteigen. Die Ergebnisse
schriftlich festzuhalten macht sie greifbarer.
Sein eigener Freund zu werden, kann eine Weile dauern. Wir sollten
Geduld mit uns haben, denn wenn zwei unterschiedliche Menschen sich
kennenlernen, bedarf es auch oftmals einige Zeit bis sie vertraut und
warm miteinander werden.
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