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Erklärungen und Abkürzungen (2009)
Abbildung: Die Formalisierung und Verallgemeinerung dieses aus der Optik stammenden Begriffs in der
Mathematik ist allgemeiner brauchbar. Die Mathematik hat auch eine erhellende Typologie von
Abbildungen erarbeitet.
Allel: Eine Ausfertigung eines Gens*. Allele eines und desselben Gens sind oft nicht ganz gleich; in der
menschlichen Zelle haben wir für jedes Gen ein mütterliches und ein väterliches Allel.
Altes Testament: So nennt Paulus (2Kor 3,14) das heilige Schriftenkorpus des mosaischen Bundes Gottes
mit Israel.
Ambivalenz: Auseinanderstreben von symbolisch Zusammengebundenem. Meist Gefühlsambivalenz:
Gleichzeitige Liebe und Haß gegenüber demselben Objekt.
andere, Der verallgemeinerte: generalized other, das "Schema" des anderen, das einer hat; sein "man".
Begriff von G.H.Mead; unterschieden vom significant other, der einzelne, jeweils wichtige, andere.
Anomie: Von Emile Durkheim als Ursache des Selbstmords eingeführter Begriff (von νόμος mit α
privativum); "Gesetzlosigkeit" als individuelle Situation. Von Robert Merton präzisiert als Fehlen legitimer
Mittel zum Erreichen legitimer Ziele.
Anthropomorphismus: Eigentlich: menschengestaltige Gottesvorstellung. Letztlich ist jede
Gottesvorstellung und jede noch so abstrakte Gottesdefinition ein Anthropomorphismus.
Apg (Bibel): die Apostelgeschichte des Lukas.
Apokalyptisch: Nach dem letzten Buch der Bibel, der sog. Offenbarung (ἀποκάλυψις) des Johannes (wohl
am berühmtesten sind die sog. apokalyptischen Reiter, 6,2-8) ist eine ganze jüdische Literaturgattung
bezeichnet worden, die ihren Ursprung in Zeiten schwerster national-religiöser Bedrängnis hatten. Mit
apokalytisch bezeichnet man insbesondere Visionen von einem planmäßigen schrecklichen Ablauf des
Endes dieser bösen Welt mit darauf folgendem Beginn einer guten Neuen Welt und entsprechende
Kompromißlosigkeit. In diesen Rahmen zeichnet sich fast das ganze Neue Testament ein.
Apokalyptische Systematik mit halluzinatorischen Komponenten, wie sie als blutiger Ernst dem Neuen
Testament zugrunde liegen, wären in unsrer rationalitätsbasierten Kultur psychoseverdächtig.
Archetyp: Begriff von Carl Gustav Jung (dem Vater der sog. analytischen Psychologie) für psychische
Schemata in der menschlichen "archaischen Erbschaft" (Freud) - z.B. große Mutter, Hexe, König, Held,
Erlöser - die unser personales Erleben organisieren. Trotz der Problematik der Jung'schen Archtypenlehre
ist nicht zu leugnen, daß er hier ein wichtiges, wenn auch wissenschaftlich schwer zu fassendes Phänomen
thematisiert hat.
Assimilationsschema: (Ein Begriff J.Piagets*) Eine stabile Grundgestalt, welcher Ähnliches angepaßt und so
verstanden wird – vergleichbar mit “erzwungenen Schwingungen”.
Der Gegenpol, wo die eigenen Schemata nach der Wirklichkeit korrigiert und auch qualitativ adaptativ
verändert werden, heißt Akkomodation.
Attraktor: Begriff der mathematischen Theorie dynamischer Systeme. Bezeichnet die Menge der
Systemzustände, der das System in einem dazugehörigen "Bassin" von Systemzuständen kraft seiner
Eigendynamik zustrebt; im einfachsten Fall: der Gleichgewichtszustand (im Modell des Zustandsraums ein
Punkt), bei gleichmäßigen Schwingungen: eine geschlossene Kurve im Zustandsraum. Es gibt aber erheblich
kompliziertere - bis hin zu den "seltsamen" (in mehreren Größenordnungen selbstähnlich), und den ganz
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oder teilweise chaotischen (bei kleinsten Differenzen der Initialbedingungen exponentiell* divergierenden)
- Attraktoren die, bei aller Unvorhersehbarkeit, doch unter den möglichen Systemzuständen die Menge der
erwartbaren beschränken.
Die dynamische Grenze eines "Bassins" heißt "Repellor".
Baldwin-Effekt: 1896 konzipierte James Baldwin einen evolutionären Mechanismus, den WADDINGTON
(1960) und DENNETT (1995) aufgreifen, eine korrekte Begründung des Phänomens der Vererbung
erworbener Eigenschaften: Waddington versteht in diesem Sinne Lamarcks "Willensakte" der einzelnen
Tiere als zielgerichtetes Verhalten, das die Umwelt des Tiers so verändert, daß die Fortpflanzungschancen
derjenigen Tiere, die das besonders gut können, erhöht werden. In diesem Sinne kann sogar pflanzliches
Verhalten "lamarckistisch" interpretiert werden. Umweltveränderung verändert die
Selektionsbedingungen, und das kann, über sehr viele Generationen hinweg durchaus eine erbliche
Veränderung der Art zur Folge haben.
Hier erscheint das Neue zuerst phänotypisch, sodann memetisch und erst zuletzt genetisch.
Bassin: S. Attraktor*.
Chaos: Eine Zufallsverteilung ohne endliche Streuung und evt. ohne endlichen Mittelwert. BENOÎT
MANDELBROT unterscheidet sieben Grade zwischen mildem und wildem Chaos.
Christus: griech. Übersetzung von Messias (hebr.: der gesalbte – meist: König) ; terminologisch: der
verheißene Heilskönig. Christologie: die kirchliche Lehre von Jesus als dem wahren Christus.
Denotation: s. Konnotation.
Destabilisierung: Ein dynamisches System wird destabilisiert, indem es in einen Zustand außerhalb des
Bassins* seines Attraktors* gebracht wird. Das kann durch Veränderung seiner Zustandswerte oder durch
parametrische Veränderungen seiner Struktur geschehen.
Deuteronomium: griechisch/lateinischer Name des 5. Buch Mose. Die Entstehungsgeschichte dieses Textes
ist kompliziert. Auf einen sehr alten Grundstock wurde von einer Priesterschule weitergebaut (man nennt
sie deshalb die deuteronomistische Schule), die sich durch bestimmte Interessen, Theorien (namentlich
entschiedenen Monotheismus und ein pädagogisch stereotypiertes Geschichtsbild), und durch eine
charakteristische, freundlich predigende Sprache auszeichnet. Sie hat nicht nur das uns vorliegende
Deuteronium geschaffen, sondern auch die übrige alttestamentliche Überlieferung weist in großer Breite
Spuren ihrer Überarbeitung auf. Sie hat auch den Gottesbegriff Jesu und seiner Hörer vorbereitet.
Dezisionismus: Begriff, mit dem KARL LÖWITH eine in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunders verbreitete
Lebensanschauung bezeichnete, die Entscheidung ohne zureichende Begründung als tragische
Menschengröße feierte.
Diakonie: vom griechischen διακονειν dienen, Dienst.
Dialektische Theologie: Kulturkritische Theologie nach dem 1.Weltkrieg im deutschen Sprachgebiet. (KARL
BARTH, RUDOLF BULTMANN, FRIEDRICH GOGARTEN)
Digital: PAUL WATZLAWICK führte, als man noch Analogrechner kannte, die Probleme stetiger
Zusammenhänge nicht auf dem Wege über binäre Zahlen (digits) simulierte, das Begriffspaar "analog" und
"digital" als psychologische Metapher ein, um Emotionales von Rationalem zu unterscheiden.
Dissipativ: ursprünglich ein dynamisches System (zB Dampfmaschine), das ständig Energie in Form von
Wärme verliert (dissipare, lat.: verstreuen) und für den Betrieb deshalb auf ständige Energiezufuhr
angewiesen ist. Unter glücklichen Bedingungen entsteht in einem dissipativen System eine "dissipative
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Struktur" (I.Prigogine), in welcher als solcher immer etwas Energie gespeichert ist, z.B Schwingungen, wie
etwa auf der Geigensaite, wenn sie gestrichen wird, der Ton, der verklingt, - oder am Himmel die
Lämmerwölkchen (die Sonne führt Strahlungsenergie zu, die endlich als Wärme in den Weltraum wieder
abgegeben wird).
Double bind: Man sagt eines und drückt im Verhalten das Gegenteil aus. Der Widerspruch darf nicht
artikuliert werden.
Dualismus: Erklärung der Welt aus zwei einander widersprechenden Prinzipien wie: das Gute und das Böse.
Dt (Bibel): Deuteronomium*, das Fünfte Buch Mose.
Einzelne, der : Begriff Kierkegaards. Gemeint ist einerseits etwas Ähnliches C.G.Jungs Individuation
(=Reifung), andrerseits verliert er das Problem der Einzigkeit* nie aus dem Auge.
Einzigkeit: Vom Alten Testament her ein in allen drei sog. abrahamitischen Religionen zentrales, heute
peinliches Thema. Es geht, durchaus innerweltlich, um die Exklusivität eines Beziehungspartners.
Radikal einzig ist das Ewige im mystischen Augenblick.
Endogen: von innen kommend.
Energiedegradation: Transformation hochwertiger (zB chemischer) Energie in geringerwertige (zB Wärme).
Eph (Bibel): Der Paulus zugeschriebene Brief an die Epheser.
Ernst: etymol.: Kampf. – Luther skizziert in der Vorrede zur "Deutschen Messe" von 1526 (WA 19), eine
einfache Gottesdienstform nach seinem eigentlichen Geschmack für "diejenigen, so mit Ernst Christen
wollen sein" - die aber zu dünn gesät seien.
Evidenz: Sie ist kein Wahrheitsbeweis! Auch Täuschungen können evident erscheinen!
Evolutionär stabile Strategie: Ein Begriff der Biologie, der auch auf dem Gebiet der Meme* erhellend ist. Es
geht darum, ob eine Neuerung die nötigen Chancen hat, sich im Generationswechsel unter
Konkurrenzbedingungen zu behaupten.
Namentlich jeder Idealismus muß auch unter diesem Gesichtspunkt gesehen werden.
Schon DARWIN bemerkte, daß Inseln der Entwicklung neuer Arten günstig sind.
Ex (Bibel): Exodus, das 2. Buch Mose.
Ex 20,3-5, Das erste Gebot: "Du sollst keine andern Götter neben mir haben. Du sollst dir kein
Bildnis...machen.Bete sie nicht an...Denn ich...bin ein eifersüchtiger Gott..."
Existenzsymbol: Siehe den Abschnitt "Existenzsymbolik" im philosophischen Teil.
Exponentielles Wachstum: Das Wachstum einer Variablen in Abhängigkeit von einer unabhängigen
Variablen, die Exponent einer Konstanten ist. Hier wächst die fragliche Größe nicht durch regelmäßige
Addition einer Konstanten, sondern dadurch, daß das jeweils Vorhandene um einen bestimmten Bruchteil
weiter wächst, sich also multiplikativ vermehrt. Es entsteht Bekanntestes Beispiel: Verzinsung eines Kapitals
in Abhängigkeit von der Zeit (Zeit als Exponent der Konstanten "1 + Zinssatz". Das Kapital wird mit dieser
Potenz multipliziert).
Fakultät: In der Mathematik das Produkt x! der Folge natürlicher Zahlen 1,2,3,...,x. Die Gamma-Funktion ist
die Verallgemeinerung dieser Funktion für alle positiven reellen Zahlen.
Faszinieren: (durch Blick, Berührung, Worte) behexen (latein.).
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Fraktal: Ein von BENOÎT MANDELBROT eingeführter, jüngst von PER BAK präzisierter Begriff. Er bezeichnet
unendlich “löcherige” Strukturen, die weder ein-, noch zwei-, noch drei-dimensional sind, sondern eine
“gebrochene” Anzahl von Dimensionen haben.
Fundamentalismus: Ursprünglich eine amerikanische Gegenbewegung gegen den theologischen
Liberalismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die fünf umstrittene Lehrstücke als "fundamentals"
postulierte. Heute verallgemeinerter Begriff für Fetischisierung von Dogmen.
Gal (Bibel): Der Brief des Apostels Paulus an die Christengemeinden in Galatien (im südlichen Kleinasien).
220: Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.
Gen (Bibel): Genesis, das Erste Buch Mose.
Gen, das: Eine materiell realisierte genetische Informationseinheit, die, bei leicht variablem Inhalt, im
Chromosom doch eine bestimmte Stelle einnimmt. (Der materiell-lokal scharf bestimmte Begriff des Gens
verliert seine Griffigkeit durch die Stereochemie des Zusammenwirkens verschiedener Stücke des DNSStrangs.)
Richard Dawkins hat den Begriff The Selfish Gene (dt.Das egoistische Gen) geprägt und 1976 durch seinen
Buchtitel bekannt gemacht. Er betont, daß nicht der Egoismus des Individuums, sondern die
Replikationschancen des genetischen Materials evolutionär entscheidend sind.
Ich rede, auch wo, in Gegenüberstellung zum "Memetischen*", der gesamte phyische Aspekt des
Menschen gemeint ist, vereinfachend, von der "genetischen" Ebene.
Den Gen-pool bildet das mit einander rekombinationsfähige Erbmaterial.
Mit Gen bezeichnete man ursprünglich eine physische Einheit im Genom, die man für eine bestimmte
Erbanlage verantwortlich machte. Als sich herausstellte, daß dafür in der Regel mehrere solcher Einheiten
verantwortlich sind, brauchte man das (ursprünglich sowohl materiell wie funktional gemeinte) Wort für
eine (oft noch nicht materiell lokalisierte) funktionale Einheit; das Wort bezeichnet somit nicht mehr
bestimmte Teile des Genoms, sondern bestimmte Information.
Gesetz: Ein Zentralbegriff der evangelischen Theologie. Grundmodell ist das Gesetz des Mose (‫ּתֹורה‬
ָ =
"Weisung" Jahwes), - das zur Zeit des Paulus von Juden sehr im Sinne einer allgemein-menschheitlichen
Moral interpretiert wurde, und auch die Gewissen vieler Heiden so ansprach, daß sie sich regelmäßig zur
Synagoge hielten.
Die Freiheit gegenüber diesem Gesetz infolge der Offenbarung Gottes in Christus war ein Zentralthema des
Apostels Paulus. Luther folgt ihm. Für ihn ist die Anerkennung des Gesetzes wesentlich für das Verständnis
des Evangeliums von Christus. (Ebenfalls von Paulus hat Luther das äquivalente Begriffspaar
Geist/Buchstabe.)
In dieser gesamten Tradition findet sich immer wieder auch eine Ausweitung des Gesetzesbegriffs auf die
gesamte Schöpfungsordnung.
Gestalt: Psychologischer Begriff für "Ganzheiten", frz. "bonne forme", Grundschemata, an die Ähnliches
assimiliert wird; z.B. Kreis, Quadrat, Gesicht, aber auch eine bestimmte Melodie, die in verschiedenen
Deformationen als identisch erlebt wird.
Gleichgewicht: Stabile dynamische dissipative Systeme haben einen Gleichgewichtszustand, vorstellbar als
Punkt in einem Zustandsraum mit der vertikalen Achse, auf der die Energie des Systemzustands abgebildet
ist. Der Gleichgewichtspunkt ist in seiner Umgebung ein tiefster Punkt, der Zustand enthält die geringste
Energie.
Komplexere Systeme haben mehrere lokale* Gleichgewichtspunkte. Man kann sich eine Landschaft mit
Höhen und Tiefen vorstellen. Der mit dem global geringsten Energiebedarf ist der optimnale, die anderen
sind suboptimale Gleichgewichte.
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Um ein System aus einem suboptimalen Gleichgewicht ins optimale zu bringen, bedarf es zunächst einer
Energiezufuhr, die es über die Schwellen zu dessen Bassin* schiebt.
Glossolalie: das " Zungenreden", das verzückte Reden in anderer Sprache, das nach Paulus (1Kor 12,10,
14,27f.) eines besonders begabten Interpreten bedarf.
GLp: Th.Bonhoeffer, Gotteslehre. Eine pastoralpsychologische Zuspitzung, in: Theologische Literaturzeitung
113 (1988), 865-872.
Gluonen: "Klebstoff"-Quanten, die Protonen und Neutronen im Atomkern zusammenhalten.
Gnosis: ein ursprünglich wohl jüdischer spekulativer Typ von Erlösungsreligion, der das frühe Christentum
stark beeinflußt hat, jedoch schon im Neuen Testament abgelehnt wird.
Grandiosität: Begriff der Psychoanalyse von Heinz Kohut*. Bezeichnet das ursprüngliche gesunde
Selbstgefühl, das als "Größenselbst" verdeutscht wird. S. Selbst*
Grenzkosten: Die zusätzlichen Kosten für ein weiteres Stück. Entsprechend Grenznutzen: Der zusätzliche
Nutzen von einem weiteren Stück.
Größenselbst, s. Grandiosität.
Hebr (Bibel): Der neutestamentliche Brief an die Hebräer.
Hermeneutik: Kunst(lehre) der Auslegung.
Hilfs-Ich: Die erwachsene Vertrauensperson, die mit ihrer Ichstärke (z.B. Frustrationstoleranz) dem kleinen
Kind in belastenden Situationen Halt gibt.
Holistisch: ein Verstehen nicht des Ganzen von seinen Komponenten, sondern der Komponenten vom
Ganzen her.
Hypostasierung: Personifizierung, Verdinglichung von Begriffen.
Identität: Ein durch ERIK H. ERIKSON in der Psychologie gebräuchlich gewordener Begriff für insbesondere
den psychischen Neuerwerb der Adoleszenz. Es geht um assimilationskräftige Symbolik, die bei Störungen
identifizierende Strukturierung ermöglicht. Die Frage nach der Vermittlung der Identität wird oft vergessen.
Bei Erikson handelt es sich um soziale Identität, genauer: Vermittlung durch die Symbolik einer Sprache
zugleich der Selbstverständigung und der sozialen Verständigung.
Identitätspartner: Ich rede von Gott als Identitätspartner im Sinne von KOHUT's bipolares Selbst* und
WINNICOTT's Übergangsobjekt*.
Illusion: Lat. illudere ist Täuschen, sein Spiel, Gespött mit jemandem treiben, ihm übel mitspielen, illusio ist
Verspottung, die rheotische Figur der Ironie, im Mittelalter: Täuschung.
FREUD betonte, daß eine Illusion nicht falsch sein muß. Sie wird aber geglaubt, obwohl ihr Wahrheitsgehalt
unklar und unentschieden ist.
Nach D.WINNICOTT ist Illusion das Fundament eines belastbaren Realismus; der Raum der Illusionen heißt
"potential space", überlicherweise verdeutscht "Möglichkeitsraum", wir können sagen: der
Menschlichkeitsraum. Der gesunde Realismus bringt Menschen und Dingen ein irrationales
Vorschußvertrauen entgegen, - ein illusionäres Erbe des archaischen Narzißmus*. Auch Lebensstrategien,
die für den Einzelfall irrational sind, wie Optimismus, können evolutionär* stabil sein, weil der
unverhältnismäßig große Vorteil der raren Erfolge, die fast jeder einzelne damit hat, die Nachteile der
vielen Mißerfolge aufwiegt. ("Nichts ist so erfolgreich wie Erfolg" - exponentielles Wachstum. So bilden sich
verschiedene Persönlichkeitsprofile.)
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Die lebendige Illusion setzt sich, ähnlich wie eine lebendige Ideologie, zuversichtlich dem Wortgeschehen*
in freier Kommunikation aus.
Ideal: Idealisierung findet von der Wiege bis zur Bahre statt. Die Ideale, sowohl die Objekte* wie deren
subjektive Wahrnehmung als Selbstobjekte*, variieren erheblich. Man redet von archaischen und reifen
Idealisierungen. Zunächst handelt es sich um die Inkarnation aller Vollkommenheiten in einer Person.
Später kann auch ein "beschädigtes Objekt*" (Melanie Klein) oder ein Kulturgegenstand ein Inbegriff von
Vollkommenheit sein.
Imaginär: Der Begriff Imago findet sich bei verschiedenen tiefenpsychologischen Autoren verschieden
verwendet. Ich verstehe darunter ein genetisch angelegtes, eng mit Lust und/oder Unlust verbundenes
Assimilationsschemata im Unbewußten.
JACQUES LACAN hat terminologisch zwischen dem „imaginären“ und dem „symbolischen Register“
unterschieden. Das Medium der Humanität ist da das registre symbolique1, darunter liegt das chaotische
registre imaginaire der (als zeitlos grandios erlebten) Wunsch- und Furcht-Phantasmen2. Dem Imaginären
eignet die Qualität des Ewigen. Das Erleben des Subjekts muß im Interesse der Lebenserhaltung durch
differenzierte Kommunikation ständig symbolisch integriert werden. Traum und Wahn sind vom
Imaginären beherrscht.
Instabilität liegt vor, wenn sich der Weg möglicher Weiterentwicklung eines Systems gabelt.
Institution ist von der Institutionalisierung her zu verstehen. Das Wort muß relational, nicht substantiell
gebraucht werden. Beispiel: Auch die lebendigste Sprache ist Institution verglichen mit unartikulierten
Äußerungen; ihr gegenüber ist das Schriftdeutsche Institution. Die einklagbar juristisch relevante
Orthographie im Abitursaufsatz ist noch ein Schritt weiter.
Introjektion: unverdaute Verinnerlichung.
Invariante: Man kann eine Bewegung im Raum nur in Bezug auf willkürlich zu wählende, gewisse Punkte
bestimmen. Die Bewegung ist gegenüber den von der Bezugspunktwahl abhängigen Bestimmungsstücken
“invariant”; ein Vektor ist unabhängig von den, ihrerseits vom Koordinatensystem (genauer: der Basis des
Vektorraums) abhängigen Vektorkomponenten, unter Koordinatentransformation "invariant".
Jahwe: Wissenschaftlich (auch von Juden als korrekt anerkannt) rekonstruierter, ursprünglicher (später
vermiedener) Name des Gottes Israels.
Jak: Der Brief des Jakobus im Neuen Testament.
Jer (Bibel): Das Buch vom Propheten Jeremia. Jer 45 (Gotteswort für Jeremias Freund Baruch), Vers 4f.:
"Siehe, was ich gebaut habe, das breche ich ab; und was ich gepflanzt habe, das reute ich aus, nämlich dies
mein ganzes Land. Und du begehrst dir große Dinge?"
Kanon: κανών = Maßstab, übertragen: Richtlinie. Als den biblischen Kanon bezeichnet man die kirchlich
festgelegte Auswahl Heiliger Schriften. Bibel, biblia, βίβλια ist ursprünglich ein Plural: Büchlein.
1
Die Entwicklung der symbolischen (=semiotischen) Funktion des Menschen beginnt um den 18.
Lebensmonat (Piaget), also in Lacan’s Spiegelstadium.
2 Das „Bild“ der eigenen Person im Spiegel, in welchem dem kleinen Kind der (von Desintegration bedroht
erlebte) eigene Körper integriert erscheint, löse sozusagen eine narzißtische Überschwemmung aus und
habe da zentrale Bedeutung. Zeitlose Grandiosität wird erlebt.
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Kasualien: ein Begriff der ev. Praktischen Theologie. Die von der allgemeinen Religionswissenschaft so
genannten "Übergangsriten" als kirchliche Amtshandlungen: Taufe (dogmatisch ein Sakrament),
Konfirmation, Trauung, Beerdigung.
Klonen: Asexuelle natürliche oder künstliche Entstehung bzw. Herstellung einer Menge von genetisch
identischen Zellen oder Organismen (auch eigentlich sexuell differenzierten) aus einem Individuum. Der
natürliche Austausch genetischen Materials eines Individuums mit dem eines anderen findet nicht statt.
Kö: Mit 1Kö, 2Kö werden die beiden sog. Bücher der Könige im Alten Testament bezeichnet.
Kohut, Heinz: Psychoanalytiker, gest. 1981, s. Selbst*.
Kombinatorik: Mathematische Untersuchung von möglichen Auswahlen und Anordnungen. Auf der Basis
kleiner Zahlen (zB 10 Ziffern in 5-stelligen Telephonnummern) kommt man schnell in sehr hohe Zahlen.
Komplexitätsreduktion: Ein außerordentlich nützlicher Begriff von Niklas Luhmann. Ich übernehme ihn,
übersetzt als „Vereinfachung“. All unser Verstehen ist Vereinfachen!
Kompossibilität: Verträglichkeit verschiedener Möglichkeiten mit einander; ein Begriff, den LEIBNIZ einführt,
um sein Verständnis der Schöpfung als “besten aller möglichen Welten” zu erklären.
Konnotation: Ein Sinn eines Worts neben seiner “denotativen”, konsensual bewußt ins Zentrum gestellten
Bedeutung.
Konstantsummenspiel: Was des einen Gewinn ist, ist eines anderen Verlust.
Kontinuum: Ein reales Kontinuum gibt es wohl nicht. Das Kontinuum ist aber ein unentbehrliches
Assimilationsschema* der menschlichen Intelligenz.
1Kor, 2Kor (Bibel): Erster/zweiter Brief des Apostels Paulus an die Christengemeinde in Korinth.
kosmos: κόσμος, griech: Ordnung, Schmuck. Nach der Überlieferung bezeichnete zuerst Pythagoras unter
dem Eindruck der Regelmäßigkeiten der Himmelsbewegung das Universum mit diesem Wort. Schon das
Altertum sah störende Elemente in der untersten, der erd-nächsten Himmelssphäre. Im Neuen Testament
bezeichnet das Wort hauptsächlich die böse Menschenwelt. Christlicher Glaube vertraut nicht auf die
schöne Ordnung der Welt; er vertraut im Chaos auf die abgründige Schönheit, die Wahrheit als das
schöpferische Handeln des selbst menschgewordenen Gottes. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte
Henri Poincaré den chaotischen Charakter auch derjenigen Himmelsbewegungen, die bislang als Inbegriff
von Ordnung angesehen worden waren.
Lev (Bibel): Leviticus, das Dritte Buch Mose.
Linear: Ein Zusammenhang der Form: y = ax, allenfalls y = ax + b; unterschieden von nichtlinearen, etwa
wellenförmigen, quadratischen oder exponentiellen Zusammenhängen. Multilineare Zusammenhänge
haben additive Glieder, die eine Multiplikation von Variablen enthalten (z.B.: y = a*x1*x2 + b*x1*x3; aber
nicht y = x12).
Wellen, ein Kreis oder ein quadratischer Zusammenhang (ballistische Kurve) sind uns anschaulich intuitiv
vertraut. Unser verbales Denken aber ist linear. Lineare Zusammenhänge sind umgangssprachlich grob
ausdrückbar. Wenn das Ergebnis einer linearen Extrapolation dann doch kontraintuitiv ist, weil es sich in
Wahrheit nur in lokaler Annäherung um einen linearen Zusammenhang handelte, kommt das intuitive
Denken ins Schleudern.
Logistisches Wachstum: Ein erst beschleunigtes, dann verlangsamtes Wachstum (etwa einer Bevölkerung)
auf eine obere Grenze zu. Entscheidend ist das Größenverhältnis zwischen dem wachsenden Wert und
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seinem Abstand zu diesem Maximum. Auch in solchem Wachstum spielt ein Faktor exponentiellen*
Wachsens mit der Zeit eine Rolle. Wenn eine Größe unter sehr wachstumsfreundlichen Umständen in zu
großen Schritten wächst, wird das Wachstum chaotisch.
"Lokal" bezieht sich auf die Umgebung eines Punktes nicht nur im dreidimensionalen natürlichen Raum,
sondern auch im Zustandsraum der vieldimensionalen Lebenswelt. Raumzeitlichlich begrenzte
Erscheinungen nennt die Naturwissenschaft „lokal“. Subjektivitätsbewusst, sollte man sie vielleicht besser
„zeitweilig“ nennen.
Gegenbegriff: global.
Zur Analyse einer nichtlinaren Mannigfaltigkeit approximiert man zunächst an einem Punkt linear, um lokal
über die nähere Umgebung des untersuchten Punktes, dann über weitere Punkte und vielleicht sogar
global über die gesamte Mannigfaltigkeit weitere Aussagen machen zu können.
Oft kann man nur lokale, keine Globalaussagen machen.
Mandelbrot: BENOÎT MANDELBROT hat das “deterministische Chaos*” erforscht und berühmt gemacht.
Weithin bekannt sind sein “Apfelmännchen” und gemälde-ähnliche, mit überraschend einfachen
mathematischen Formeln durchkonstruierte Bilder mit Figuren, die über viele Größenordnungen hinweg
zusammengesetzt sind aus einander ähnlichen Figuren, sog. Mandelbrot-Mengen.
Marginal: In einer Gesellschaftsstruktur eher am Rande existierend.
Mem (Adj.: memetisch): Begriff des Biologen Richard Dawkins, der stabile übertragbare Strukturen der
Seele, hauptsächlich soviel wie "Idee" bezeichnet, - gebildet als Analogie zu "Gen*", um die Ideen
wissenschaftlich von ihren (in der Tat verblüffenden) Analogien zu den Genen her anzupacken. In diesem
Sinn kann man, wie Dawkins selbst vom selfish gene, auch vom “egoistischen Mem” sprechen.
Im Gehirn sind die Ideen vermutlich als Attraktoren* neuronaler Subsysteme realisiert.
RICHARD DAWKINS' Wortbildung klingt wie eine Anspielung auf die griechische Wortwurzel für Erinnern; sie
ist aber eine Abkürzung von "Mimem", ein Wort, das er, im Blick auf die Replikationsqualität, an die
griechische mimesis (Nachahmung) analog zu Gen gebildet hatte. – Meme pflanzen sich gewöhnlich im
eher schwach stabilen Verbund, als mutationsfähiges und verbindungsfreudiges Memom* fort.
Memom wird genannt ein relativ stabiles, aber verglichen mit dem Genom erheblich flexibleres
Konglomerat von Memen. Im Verband des Memoms kommen Leistungen eines Mems evolutionär auch
anderen Memen zugute.
mesoskopisch: Unsere zwischen dem Mikroskopischen und dem Teleskopischen liegende natürliche
Gegenstandswelt.
Metaphorik (sensu ROMAN JAKOBSON): Der Bezug eines Wortes in die “Tiefe” seiner aktuellen eigenen
Bedeutung. Quer dazu, ordnet die Metonymik einen Begriff in seinen Kontext ein. Ähnlich: Semantik und
Syntaktik.
Metonymie: s. Metaphorik
Milgram, Stanley: Machte anfangs der 70er Jahre ein Experiment, in welchem die Versuchsperson, als
Hilfskraft in einem fiktiven medizinischen Experiment, auf jeweiligen Befehl des Versuchsleiters einen
dritten quälen sollte. Er tat es. Dieses erschreckende Ergebnis wurde daraufhin in unzähligen Variationen in
verschieden Kulturen bestätigt. (Das Milgram-Experiment, 1986)
Minimum, energetisches: S. stabil*.
Modul: Selbständiger Baustein.
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Monoton ist die Steigung einer stetigen Funktion über eine Strecke, wenn keine Steigung im
entgegengesetzten Sinn darin vorkommt. Lineare und exponentielle Funktionen sind monoton.
Mt (Bibel): Das Evangelium nach Matthäus
Mutter: erste wichtige Bezugsperson des Menschen, deshalb tiefenpsychologisch von höchster Wichtigkeit.
Einer der großen Erforscher der frühen Mutterbeziehung war der Kinderarzt und Psychoanalytiker
D.WINNICOTT. Er bemerkte die beiden Funktionen der Befriedigung durch die konkrete Person
(Objektmutter) einerseits und der anderen, organisierendes, beseelendes Zentrum der ganzen Umwelt zu
sein (Umweltmutter).
Narzißmus*: Ursprünglich Begriff der Psychiatrie des 19. Jahrhunderts für sexuelle Perversionen auf der
Linie des Narziß der griechischen Sage. Freud, der methodisch Krankes auf Gesundes zurückführte und dem
entartenden Phänomen von seinem Ursprung an den pathologischen Namen gab, nannte Narzißmus die
Selbstliebe des Neugeborenen. (Später sah man beim Säugling undifferenzierte Liebe, die noch nicht
zwischen Selbst und Nichtselbst unterscheidet.) Für Freud war diese Liebesstruktur, wo sie sich erhält, ein
Infantilismus, reife Liebe nicht Selbstliebe, sondern sog. Objektliebe.
Heinz Kohut* hat demgegenüber in einem berühmt gewordenen, 1971 erschienenen Buch (The Analysis of
the Self, dt. 1973: Narzißmus) einen reifen Narzißmus des gesunden Erwachsenen postuliert. Narzißmus ist
bruchlose Einheit mit sich selbst und der Umwelt oder einem anderen.
Narzißmus ist die Urform des selbstverständlichen Realitätsbezuges. Charakteristisch für Narzißmus im
Sinne Kohuts sind Bewunderung und Idealisierung (die Freude3, "Sicherheit und Wohlbehagen"4
vermitteln). Sie sind illusionär*.
Später hat Kohut seine (ursprünglich analog zur Freud'schen Trieb-Theorie formulierte) Lehre, analog zur
psychoanalytischen Objektbeziehungs*-Theorie, umformuliert. Jetzt ist in seiner Schule nicht mehr von
Narzißmus, sondern von “Selbst-Selbstobjekt*-Beziehungen” die Rede.
Kohut nannte die eigentümliche Reaktion auf schwere narzißtische Verletzungen "narzißtische Wut".
Neben der Reihe von Kohuts eigenen Vorschlägen gibt es noch andere Versuche, den narzißtischen
Phänomenbereich theoretisch zu klären.
Ich benutze den psychoanalytisch vertieften Begriff, trotz seiner alten psychiatrischen Konnotationen und
der offenen Probleme, weiter.
Narzißmus und triangulierte* Objekt*-Beziehung müssen sich mit einander entwickeln.
Einerseits kann ein unreifer Narzißmus fixiert sein und in unrealistischem Glauben festhalten. Andrerseits
kann ein narzißtisch abgekoppelter Objektivismus den Glauben in Sprachlosigkeit zurücklassen.
Nichtlinear: s. Linear*.
Normalverteilung: die GAUSS’sche “Glockenkurve”, eine statistische Verteilung.
Objekt: Im psychoanalytischen Jargon ist, von den Anfängen der Theoriebildung her, eine Objekt ein
Liebesobjekt, also im Normalfall ein Mensch!
"Inneres Objekt" heißt in der Tradition der Objektbeziehungstheorie* der (oft stark idiosynkratisch
verformende) psychische Repräsentant eines äußeren "Objekts".
Objektbeziehungs-Theorie: Psychoanalytisches Modell von Melanie Klein, das statt von libidinöser bzw.
aggressiver Triebbesetzung der Objekte ausgeht von der Beziehung zu guten bzw. bösen (inneren)
Objekten.
3
4
Zu unterscheiden von Lust.
Hermann Argelander.
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Objektmutter s. Mutter.
(Entfällt?) Ordinal: Eine Wertskala ist ordinal, wenn nur die Größenrelationen: größer, kleiner und gleich
angegeben sind.
Paradigma: παραδειγμα, ein Beispiel, an dem etwas gezeigt wird.
Parameter: Die konstant gehaltenen Variablen in einem Gleichungssystem.
Performativ heißt ein Sprechakt, der schafft, was er bezeichnet (z.B.: "Ich grüße dich!")
Piaget, Jean: Bedeutender Erforscher der biographischen Normalentwicklung der menschlichen Intelligenz.
Phil (Bibel): Der Brief des Apostels Paulus an die Christengemeinde in Philippi. In Gefangenschaft
geschrieben.
2,12f.: Schaffet, daß ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern. Denn Gott ists, der in euch wirkt beides, das
Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.
Plato sah in den realen Gegenständen der Sinnenwelt Abbilder von Ideen.
Postlapsarisch: Selbstbeschränkung der Theologie auf Aussagen über die sündige Welt ("post Adam
lapsum"); Vermeidung von Spekulationen des Sünders über eine sündlose Welt.
Pragmatik: bildet zusammen mit Syntaktik und Semantik eine umfassende sprachtheoretische
Grundbegrifflichkeit. Sie betrifft den Handlungszusammenhang, in dem eine Bezeichnung ihre Eindeutigkeit
bekommt.
Präambivalent: Alternieren zwischen positivem und negativem Wert desselben Objekts.
Pred (Bibel): Das alttestamentliche Buch mit dem Titel: Der Prediger Salomo.
prekär (von lat. prex, Bitte, Gebet, wörtlich: durch Bitten erlangt): Mit besonderer Vorsicht und Umsicht,
"mit Furcht und Zittern" zu handhaben.
Projektive Identifikation: Begriff der Psychoanalytikerin MELANIE KLEIN, der in variierenden Definitionen sich
durchgesetzt hat, für einen primitiven Abwehrmechanismus. Ich benutze ihn im Sinne von OTTO KERNBERG,
wo das Gefühl des Projizierenden von Empathie mit dem “Empfänger” wichtig ist. (Bei aller Rede von
Abwehrmechanismen ist die von ERNST KRIS auf den Begriff gebrachte Möglichkeit einer "Regression im
Dienste des Ich"* im Auge zu behalten.)
Pt (Bibel): Einer der beiden sog. Petrusbriefe im Neuen Testament.
Quasi-stabil: Nicht exakt, aber für bestimmte Zusammenhänge hinreichend stabil.
Rechtshemisphärisch: Die rechte Hirnhälfte (“Hemisphäre”) arbeitet, grob gesprochen, holistisch, die linke
analytisch.
Referent: Dasjenige Stück Realität, worauf sich eine Bezeichnung bezieht.
Regression im Dienste des Ich: Von dem Psychoanalytiker ERNST KRIS zum Verständnis künstlerischer
Produktion verwandter Begriff.
Rekursion: Wiederholte Anwendung eines Verfahrens auf sein eigenes Ergebnis.
xn+1 = f(xn). Einfachstes Beispiel für additive Rekursion ist die Reihe der natürlichen Zahlen; für multiplikative
Rekursion die Zinseszinsrechnung K(Zeit)=k (1+Zins)^Zeit.
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Relation: (0-stellig: ein Element, 1-stellig: eine Eigenschaft,) 2-stellig: in der Mathematik z.B. Gleichheit,
größer, kleiner. In der Soziologie: Ehe, 3- und mehrstellig: Familie.
Rm (Bibel): Brief des Apostels Paulus an die Christengemeinde in Rom.
Resonanz: Ein eindrucksvolles physikalisches Phänomen, das wir - angefangen vom Gesang in der
Badewanne - aus verschiedenen Zusammenhängen kennen, - von dem wir deshalb auch intuitiv
metaphorisch reden. Die weite Anwendbarkeit des Begriffs gründet in der fundamentalen Bedeutung von
Schwingungen in der Natur.
1Sam: Das zum deuteronomistischen Geschichtswerk gehörigen 1. Samuel-Buch im Alten Testament.
Selbst: die organisierende Einheit5 der Person.
Die Struktur der Selbstorganisation bedingt, daß dem orientierenden Selbst-Bild zentrale Bedeutung
zukommt. In dieser Hinsicht hat D.WINNICOTT die Pathologie eines “falschen” (im Unterschied zum “wahrem
Selbst” thematisiert.
Bipolares Selbst: Begriff der Psychoanalyse von HEINZ KOHUT*. Das Selbst ist ein Wunder und braucht passiv
und/oder aktiv Bewunderung. Das stolze ("assertive", grandiose*) Selbst und das (spiegelnde* oder
idealisierte*) Selbstobjekt* bilden zusammen das bipolare Selbst, dessen Ambitionen vom Ideal geleitet
werden. (Die Bipolarität wird 1984 erweitert, s. Selbstobjekt*).
Selbstähnlich: s. Attraktor*
Selbstideal: Ich brauche diese (ältere) Wortbildung hier abkürzend für das idealisierte Selbstobjekt im Sinne
Kohuts.
Selbstobjekt: Begriff von Heinz Kohut* für einen Partner des Selbst, normalerweise einen Menschen, zu
dem eine "Selbst-Selbstobjekt-Beziehung" besteht (früher von ihm "narzißtische Übertragung*" genannt).
Diese trägt das Selbst, indem das Selbstobjekt (a) die Ambitionen des Größenselbst anerkennt
(Spiegelung*) oder (b) indem das Selbst ihn idealisieren und mit ihm verschmelzen kann. 1984 posthum
herausgebracht, hat Kohut als dritten neben diese beiden Selbstobjekt-Typen (c) das Alter Ego (es können
auch Gruppen sein) gestellt, welches dem Selbst durch Gleichheit und Gemeinsamkeit Sicherheitsgefühl
vermittelt. Mindestens eine solche Beziehung ist für Aufbau (und gegen Fragmentierung) des Selbst nötig.
Es gibt archaische bis reife6 Selbstobjekte; maßgebend für solche Beurteilung ist das Gesamtbild der
Persönlichkeit. (Hier spielt natürlich das idiosynkratische Ideal des betrachtenden Partners mit.)
Selbstobjekte sind illusionär* mit existentieller Bedeutung beladene Objekte*.
Zum personalen Selbstobjekt gehört sein "Selbstobjekt-Milieu". (Vgl. Winnicotts
Objektmutter/Umweltmutter*)
Kohuts "Selbstobjekt" enspricht weitgehend Winnicotts "Übergangsobjekt".
Selbstsymbol: Ich bezeichne mit diesem Begriff Objekte, die dem Subjekt einen für seine Identität
wichtigen Realitätsbezug bedeuten. Siehe den Abschnitt "Existenzsymbolik" im philosophischen Teil.
Spiegelung: Diese Metapher spielt in verschiedenen psychologischen Theorien eine wesentliche Rolle. Bei
Rogers handelt es sich um die artikulierende Bekundung von Empathie. Bei Kohut handelt es um
anerkennende Spiegelung des "Größenselbst" ("Glanz im Auge der Mutter"); s. "Selbstobjekt"*. Lacan hat
die Bedeutung dieser Beziehung im Alter von 18 Monaten betont.
5 Sie organisiert überhaupt Einheiten.
6 Hierhin gehört nach Kohut manches, was Freud als infantil abqualifizierte. Siehe etwa die respektvollen
Bemerkung zu Franz Jägerstätters religiösen Halluzinationen, in: How does Analysis Cure?, 1984, S. 74.
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Stabil: Stabil ist ein dissipatives* System in Zuständen, die ähnlich oder gleich dem (ohne Energiezufuhr
erreichbaren) Gleichgewichtszustand* sind (dessen Aufrechterhaltung am wenigsten Energie braucht, d.h.
ein lokales energetisches Minimum darstellt).
Streuung: Wenn zufällig verteilte Werte einen Mittelwert aufweisen, kann man das Maß ihrer Streuung in
einer Zahl angeben.
Synkretismus: Vermischung von theoretisch nicht zusammenpassenden Lehren und Meinungen.
Theodizee: Durch Leibniz' berühmtes Buch eingeführtes Wort (aus θεος und δικη) für "Rechtfertigung
Gottes".
Theurgie: Wirkung des Menschen auf Gott.
Transitive Relation: Zum Beispiel die Gleichheit "=" und die Ordnungsrelation ">" sind transitiv: Wenn a > b
und b > c dann ist a > c.
Trauerarbeit: Begriff S.Freuds, mit welchem er das innere Geschehen in der Trauer beschreibt: Ein Auflösen
aller Bindungen an widerlegte Vorstellungen, verwandelndes in sich Hineinnehmen der erinnerten äußeren
Realität. Schuldprobleme erschweren die Trauerarbeit.
Trauma: seelische Beschädigung. Bezeichnet i.w.S. einen allgemeinen (das führte bis zu der Hypothese vom
Geburtstrauma), i.e.S. einen besonderen Ereignistyp (zB Unfall), bzw. (kumulatives Trauma) eine Reihe
gleichsinnig überlastender Erlebnisse.
Triangulation: Begriff der neueren Psychoanalyse; bezeichnet die Erweiterung der ursprünglichen
Zweierbeziehung des Kindes zur Dreierbeziehung, die Freiraum schafft für personale Beziehungen und
objektive Repräsentanzenbildung.
Trinitarisch: Trinitas lat. = Dreiheit. Gemeint ist der Gottesbegriff, den die Alte Kirche aus dem Neuen
Testament entwickelt hat: die Dreieinigkeit von Gott dem Vater, Gott dem Sohn und Gott dem Heiligen
Geist. Ich formalisiere (angeregt durch Hegel, zum Paradox ermutigt durch Kierkegaard) den Begriff so, daß
die Unterscheidung zwischen Vater, Sohn und Geist einen Spezialfall darstellt.
Überdetermination: Begriff von S. Freud für die gewöhnliche Etablierung von Symptomen durch
Zusammenwirken mehrerer Bestimmungsgründe.
Überich: Begriff Freuds für die starr urteilende, von frühkindlichen Ängsten geprägte moralische,
hauptsächlich verbietende Instanz in der Seele. Das personalisierte Über-ich integriert seine prä-ödipalen,
hochambivalenten, primitiven Vorgänger. Vgl. dazu E.H.ERIKSONs Bemerkung, das Überich trage das
kulturelle Erbe weiter, und OTTO KERNBERGs Idee von der Einschmelzung des individuellen Überichs in die
kulturelle Überlieferung. Hierzu ECKART DASER, Das Problem der Bildung und der Integrationsbegriff bei
Kernberg, Wege zum Menschen 46 (1994), 469-485)
Übergangsphänomen: D. WINNICOTT beschrieb eine Reihe von transitional objects, jeweils geeigneten
Gegenständen, deren erste dem Kleinkind die Mutterbrust (erster Hintergrund aller Imagination) ersetzen
und ihm erster Besitz sind, denen später andere Gegenstände folgen, Spielzeug, - bis hin zu den großen
Kulturgütern und Idealen, und den transitional space, den "intermediären Raum", den illusionären
Spielraum der Entfaltung einer bedeutungsvollen Beziehung zur Realität.
Übertragung: Ursprünglich die illusionäre unbewußte Übertragung unbewußter bedrängender
Vorstellungen von Bezugspersonen eines Patienten auf den Therapeuten in der Psychoanalyse. Das
irreführende Problem wird aufgeklärt und dadurch aufgelöst.
Man kann illusionäre Übertragung alter Erfahrungen auf andere Menschen auch außerhalb der Analyse
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beobachten.
Im narzißtischen* Bereich gestaltet sich das Problem insofern anders, als hier das Illusionäre nicht als
solches schon etwas zu Eliminierendes ist.
Spricht man über Gott als Selbstobjekt als von "idealisierender Übertragung auf Gott", so betont man das
Ungehörige in der Beziehung, die Hangups, die wir in die Beziehung mit einschleppen, und die Hoffnung auf
Weiterentwicklung und endliche Ablösung. Das zielt auf die Freiheit von Gott aus Gott, die vorbehaltlose
Weltlichkeit, in der wir uns bewähren sollen, so lang wir können.
Unscharfe Logik: fuzzy logic, grob quantifizierende Logik, betreffend Mengen und Relationen. Ein neuerer,
aus technischen Bedürfnissen erwachsener Zweig der Mathematik (L.A. ZADEH, H.-J. ZIMMERMANN).
Umweltmutter s. Mutter.
Verhältnisblödsinn: Ein psychiatrischer Terminus für groteske Verkennung von Unverhältnismäßigkeiten.
Virtuell, wörtlich: “der Kraft nach”, – ein vieldeutiges Wort! In klassischer Terminologie war die Welt vor
der Schöpfung “virtuell” in Gott enthalten. “Virtuelles Bild” hieß dann die Erscheinung eines durch eine
Brille oder in einem Spiegel gesehenen Gegenstandes. Heute nennt man sinnliche Illusionen “virtuelle
Realität”, ein wohl unabsichtlicher Selbstwiderspruch; denn der Gegenbegriff zu “virtuell” ist “reell”.
Vorbegriff (préconcept): Eine von JEAN PIAGET identifizierte, frühe Begriffsstruktur, die noch keinen
Unterschied zwischen allgemeinem Begriff und einzelnem Exemplar macht.
Vorbewußt: Begriff FREUDs für das zwar nicht Bewußte, jedoch bewußtseinsfähige, sprachlich problemlos
Zugängliche.
WA : Die große wissenschaftliche Standard-Ausgabe der Werke Martin Luthers, die sog. Weimarer
Ausgabe.
Wirbel: Ein analogiekräftiges komplexes Naturphänomen. Ich verdanke viel HANS LUGT, Wirbelströmung in
Natur und Technik, 1979. Der Wirbel ist eine dissipative* Struktur. Er muß sich drehen. Das System braucht
Energiezufuhr und verliert Energie durch Verwirbelung und Reibung. Bei festen Körpern kann die
Drehachse ihrerseits rotieren. Die soziale Wirklichkeit erweckt die Frage nach mehrdimensionalen Wirbeln.
Wortgeschehen: eine von Gerhard Ebeling eingeführte, oft belächelte Vokabel. Ins Auge gefaßt ist unsre
ständige fundamentale Abhängigkeit von bedeutungsvoller Kommunikation. Insbesondere ist Gottes Wort,
Gesetz und Evangelium gemeint, wodurch die Existenz des Menschen vor Gott bestimmt ist.
Bekanntlich ist es nur ein Schritt vom Erhabenen zum Lächerlichen. Das Wortgeschehen lebt in der Tat
wesentlich von der illusionären* Überfrachtung von Mitteilungen mit existentieller (=Selbstobjekt*)Bedeutung. Es ist gleichwohl ein Hauptnerv unsrer inneren Geschichte und der Kulturgeschichte
überhaupt.
Zimzum: ‫ְצּום‬
‫ִמ‬
‫צ‬, im Sinne von: contractio dei. Begriff der Mystik des Isaak Luria (16. Jh.). Bezeichnet die
Selbstzurücknahme des Schöpfers, um Raum zu schaffen für die Schöpfung.
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