Ballet Junior de Genève (CH) FIERCE Choreografien: Sharon Eyal & Gai Behar, Hofesh Shechter, Barak Marshall Ein funkensprühender Vulkan voller Energie und choreografischer Reife Mit dem Ballet Junior de Genève ist im Programm des Migros-Kulturprozent Tanzfestival Steps eine Compagnie, die vor allem durch ihre jugendliche Strahlkraft und unbändige Bewegungsfreude begeistert, und zwar Zuschauer aus allen Generationen! Dabei überrascht heute vielleicht, dass der Erfolg beim Publikum bei der Gründung des Ensembles vor über 30 Jahren gar nicht die Hauptintention gewesen ist: In der Karriere von Tänzerinnen und Tänzern gibt es Schlüsselmomente, die – zumal die aktive Laufbahn in der Regel so kurz bemessen ist – absolut entscheidend sind für ihr Gelingen. Eine immens grosse Hürde besteht für junge Menschen, die eine berufliche Karriere im Tanz ergreifen wollen, gleich am Anfang, beim Übergang von der tänzerischen Ausbildung in das Berufsleben. Junge Tänzerinnen und Tänzer sind voller Energie, künstlerischer Spontaneität und blicken mit viel Zuversicht in die Zukunft. Doch angesichts der grossen Konkurrenz kann eine weitergehende Professionalisierung eine wichtige Brücke darstellen, um den entscheidenden Schritt in die professionelle Szene tatsächlich zu schaffen. Als solche Schnittstellen fungieren heute die Juniorensembles, die weltweit immer häufiger gegründet werden und sich längst bewährt haben. Das Ballet Junior de Genève gehört zu den traditionsreichsten Compagnien dieser Art, es gilt als Talentschmiede erster Güte. Seit der Gründung 1980 durch Beatriz Consuelo haben unzählige ehemalige Ensemblemitglieder eine erfolgreiche Laufbahn im Tanz geschafft. Anlässlich einer alljährlichen Audition, die Interessierte aus der ganzen Welt anlockt, kommen junge Tänzerinnen und Tänzer nach Genf. Einmal aufgenommen, bietet das Ballet Junior de Genève seinen Mitgliedern eine Qualifizierung von hohem Niveau, die sich über einen Zeitraum von jeweils bis zu drei Jahren erstreckt und von Pädagogen und Choreografen der ersten Riege betreut wird. Der Alltag der Ensemblemitglieder entspricht dem von Tänzern in professionellen Compagnien: Die Vormittage setzen sich zusammen aus gut durchdachten Trainingsstunden in klassischem und zeitgenössischem Tanz, die Nachmittage sind angefüllt mit Proben. Einerseits studieren sie beispielgebende Choreografien der Elite des zeitgenössischen Tanzes ein und erlernen so ein wichtiges, stilbildendes Basisrepertoire; andererseits kommen Gastchoreografen, mit denen sie den Ballet Junior de Genève 1 / 6 Prozess des Kreierens hautnah selber erleben, wodurch ihr eigenes kreatives Können angespornt wird. Durch regelmässige Aufführungen und Tourneen erhalten die jungen Tänzerinnen und Tänzer die so entscheidende Bühnenpraxis. Doch es hat sich eben, wie oben erwähnt, längst herumgesprochen, dass diese 'Investition in die Zukunft' gleichzeitig von hohem Reiz für das Publikum ist – Vorstellungen mit Juniorcompagnien sind schnell ausverkauft. Denn neben dem jugendlichen Überschwang bei gleichzeitig beeindruckender technischer Qualität ist für die Zuschauerinnen und Zuschauer auch die enorme Qualität und Bandbreite der präsentierten Stücke reizvoll. Exemplarisch zeigt das das für das Festival 2016 vorgesehene Programm mit Ausschnitten aus drei hochkarätigen Werken, in denen die jungen Tänzerinnen und Tänzer das ganze Repertoire ihres Könnens präsentieren können: Zu Beginn steht BILL, ein Werk der israelischen Künstler Sharon Eyal und Gai Behar, die zuletzt bei Steps 2014 mit ihrer eigenen Compagnie und dem Werk House zu sehen waren. Das ganze Ensemble ist in hautfarbene, eng anliegende Anzüge gekleidet, trägt einheitliche Masken und Brillen und wirkt wie eine bewegliche Masse, die sich geschmeidig immer wieder neu formiert und wandelt und aus der gelegentlich einzelne Figuren auftauchen; das Werk übt, auch aufgrund der pulsierenden Musik, eine fast hypnotische Wirkung auf die Zuschauer aus! Es folgt ein Ausschnitt aus In Your Rooms von Hofesh Shechter. Der heute in Grossbritannien lebende israelische Choreograf lässt in diesem Stück eine befremdliche, emotional aufgeladene Welt entstehen. Angetrieben durch eine speziell für das Stück entstandene, perkussive Musik und eingebettet in raffinierte Lichträume gestalten die Tänzer mit den für Shechter typischen, weichen, nahezu erdigen Bewegungen Szenen voller Energie, aber auch grosser Verletzlichkeit. Der dritte Ausschnitt stammt aus Rooster, einem Stück von Barak Marshall. Auch dieser Choreograf ist dem Steps-Publikum bereits aus dem Programm 2010 vertraut, wo er mit Monger für grosse Begeisterung sorgte. Das Ballet Junior hat nun Rooster ins Repertoire aufgenommen, ein Werk, dem laut Marshall eine eigentlich tragische Geschichte zugrunde liegt, nämlich die eines freundlichen Mannes, den niemand bemerkt, weder zu Lebzeiten noch bei seinem Tod. Daraus macht der amerikanisch-israelische Choreograf allerdings ein überaus humorvolles und energiesprühendes Stück Tanz, das einen gut gelaunten Schlusspunkt setzt. 2016 bietet das Migros-Kulturprozent Tanzfestival Steps zum siebten Mal in Folge ein Vermittlungsangebot an, in dieser Ausgabe in Verbindung mit dem Ballet Junior Ballet Junior de Genève 2 / 6 de Genève. Neben speziellen Schulvorstellungen initiiert Steps eine Zusammenarbeit zwischen Schweizer Tanzpädagoginnen und -pädagogen und Ensemblemitgliedern mit Angeboten an Tanzworkshops für Schülerinnen und Schüler. Sharon Eyal Als Tänzerin der Batsheva Dance Company Tel Aviv war Sharon Eyal die Muse des Choreografen Ohad Naharin. Bei Batsheva war sie Associate Artistic Director (2003-2004), anschliessend Hauschoreografin (2005). 2008 wurde Eyal „Chosen Artist“ der Israel Cultural Excellence Foundation. 2012 gründete sie in Tel Aviv mit Gai Behar die Compagnie L¬E¬V. Ihre Gastchoreografien für die norwegische Compagnie Carte Blanche Love (2003), Killer Pig (2009) und Corps de Walk (2011) waren am Migros-Kulturprozent Tanzfestival Steps 2012 zu sehen. Weitere Werke entstanden ausserdem für die Hubbard Street Dance Company (Too Beaucoup, 2012), die Tanzcompagnie Oldenburg (Plafona, 2012), die GoteborgsOperans Danskompani (UNTITLED BLACK, 2012) und das NDT II (sara, 2013). Ihr eigenes Ensemble L¬E¬V gastierte im Rahmen von Steps 2014 mit dem Stück House (2011) in der ganzen Schweiz. Gai Behar Der Musiker und Produzent Gai Behar kreierte von 1999 bis 2005 Live-Musik, TechnoEvents und Raves in Israel. Zusammen mit dem Musiker und DJ Ori Lichtik spielte er in der techno-akustischen Installation Anne Frank 14. Seit 2005 arbeitet er eng mit Sharon Eyal zusammen und war in sämtliche ihrer choreografischen Arbeiten eingebunden. Hofesh Shechter erhielt sein Diplom an der Akademie für Tanz und Musik in Jerusalem und schloss sich danach der Batsheva Dance Company an, wo ihn besonders die Zusammenarbeit mit Ohad Naharin prägte, wo er aber auch mit Wim Vandekeybus, Tero Saarinen und Inbal Pinto arbeitete. Zunächst in Tel Aviv, anschliessend dann in Paris studierte er Schlagzeug und Perkussion. Er begann, eigene Projekte zu entwickeln, in denen er Tanz, Musik und Theater verband. 2002 zog er nach Grossbritannien, wo 2003 mit Fragment sein choreografisches Debut erfolgte. Daraus resultierte eine Auftragsarbeit durch The Place Prize: 2004 entstand Cult, er erhielt dafür den Publikumspreis. Shechter war von 2004 bis 2006 Associate Artist von The Place und schuf dort Uprising (2006). Im gemeinsamen Auftrag von The Place, Southbank Centre und Sadler's Wells kreierte er 2008 In Your Rooms, wurde für den Southbank Show Award nominiert und gewann den Ballet Junior de Genève 3 / 6 Critics' Circle Award für die beste zeitgenössische Choreografie. Noch im selben Jahr gründete er sein eigenes Ensemble, die Hofesh Shechter Company. Zu den weiteren Stücken seitdem zählen: Uprising/In Your Rooms: the Choreographer's Cut (2009), The Art of Not Looking Back (2009, Brighton Festival), Political Mother (2010, Brighton Festival), Political Mother: the Choreographer's Cut (2011), Survivor (2012, eine Zusammenarbeit mit Antony Gormley am Barbican) und Sun (2013). Im Sommer 2014 wirkte er als Gastdirektor des Brighton Festival. Shechter choreografierte auch für Theater, TV und Oper, dazu zählte mit Two Boys (2013) eine Arbeit für die Metropolitan Opera, New York. Im März 2015 erarbeitet Hofesh Shechter eine Uraufführung mit dem Royal Ballet für das Royal Opera House, London. Shechter ist Associate Artist of Sadler’s Wells, London, seine Compagnie ist beim Brighton Dome beheimatet. Barak Marschall wuchs in Los Angeles, USA auf, er ist Sohn der Tänzerin, Choreografin und Musikerin Margalit Oved. Er studierte Sozialtheorien und Philosophie an der Harvard University. Seit seiner eher zufälligen Zuwendung zum Tanz 1995 hat er sich schnell den Ruf als ganz ungewöhnliche, künstlerische Stimme Israels erworben. Gleich seine erste Choreografie, Aunt Leah, gewann den ersten Preis bei der Shades of Dance Choreography Competition des Suzanne Dellal Centres in Tel Aviv. 1998 erhielt sein Stück Emma Goldman's Wedding bei der Bagnolet International Competition in Paris den Prix d'Auteur, den Bonnie Byrd Award und den ADAMI Award. Marshall war der erste Choreograf überhaupt, den Ohad Naharin 1999 zum Hauschoreografen der Batsheva Dance Company ernannte. Er schuf mehrere Stücke für das Ensemble, ehe er 2001 einen schweren Beinbruch erlitt, worauf er den Tanz zunächst vollständig verliess. 2008 jedoch lud ihn das Suzanne Dellal Centre ein, erneut zu kreieren, es entstand Monger, gefolgt von Rooster (2009). Beide Stücke wurden höchst erfolgreich von vielen grossen Theatern und Festivals der Welt gezeigt worden. Als Gastchoreograf luden ihn u.a. auch Les Ballets Jazz de Montreal und die Rambert Dance Company (GB) ein. Neben seiner Karriere als Choreograf ist Barak Marshall erfolgreich als Sänger für klassische Musik und Musik des mittleren Ostens, er tritt solistisch, aber auch u.a. zusammen mit dem Cellisten Yo-Yo Ma auf. Er lebt in Tel Aviv und Los Angeles. Steckbrief: Name der Compagnie Pädagogen (Professeurs) Ballet Junior de Genève Emilio Artessero Quesada, Tamara Bacci, Patrice Delay, Mariene Grade, Kate Ketchum, Alessandra Mattana, Laura Tanner, Sean Wood, Alma Munteanu Ballet Junior de Genève 4 / 6 Gründerin Präsidentin Direktion Probenleitung Technische Leitung Tonregie Verwaltung Sekretariat Beatriz Consuelo Beth Krasna Patrice Delay, Sean Wood Alma Munteanu, Fernanda Barbosa, Giuseppe Bucci Arnaud Viala Charles Mugel Mélanie Fréguin Christine Masson Programm: dreiteilig: Ausschnitte aus Choreografien von Sharon Eyal & Gai Behar, Hofesh Shechter und Barak Marschall (Gesamtlänge: 60 Minuten) Anzahl Tänzerinnen / Tänzer NN Das Ballet Junior de Genève profitiert von einer Fördervereinbarung für die Periode 2015/2018 mit Republik und Kanton Genf 1. Stücktitel Choreografie Musik Licht Kostüme Uraufführung Spieldauer Tänzerinnen/Tänzer BILL (AUSSCHNITT!) Sharon Eyal & Gai Behar Ori Lichtik Avi Yona Bueno Sharon Eyal, Gai Bachar 2010, Batsheva Dance Company Ausschnitt von 20 Minuten NN 2. Stücktitel Choreografie Neueinstudierung Assistenz Musik Kostüme Licht Uraufführung Neueinstudierung Spieldauer Tänzerinnen/Tänzer In Your Rooms (AUSSCHNITT!) Hofesh Shechter James Finnemore Alma Munteanu Hofesh Shechter Elisabeth Barker Lee Curan 2007, Sadler’s Wells, London Juni 2014, Ballet Junior de Genève Ausschnitt von 15 Minuten NN 3. Stücktitel Choreografie Musik Licht Rooster (AUSSCHNITT!) Barak Marshall ? Felice Ross Ballet Junior de Genève 5 / 6 Bühne Kostüme Uraufführung Spieldauer Tänzerinnen/Tänzer Sergey Berezin Maor Zabar November 2009. Das Stück entstand als Koproduktion des Suzanne Dellal Centre mit der Israelischen Oper für das Opernhaus Tel Aviv Ausschnitt von 25 Minuten NN Linkliste: Webseite Ballet Junior de Genève Artikel in le Temps über die Gründerin, Beatriz Consuelo, anlässlich ihres Todes 2013. Videoclips aus dem Repertoire Kurzer Ausschnitt aus BILL / Sharon Eyal & Gai Behar (Version Batsheva Dance Company) Webseite Sharon Eyal & Gai Behar Kurzer Ausschnitt aus In Your Rooms / Hofesh Shechter Webseite Barak Marshall Presse: „LE BALLET JUNIOR DE GENÈVE VOIT GRAND ET LOIN On aime le Ballet Junior pour son dynamisme, sa visibilité et son esprit d’ouverture. Evidemment aussi pour son professionnalisme, qui incite des jeunes danseurs du monde entier à venir tenter leur chance aux auditions de la compagnie genevoise (...)“ Benjamin Chaix, Tribune de Genève (Suisse) „En vingt-neuf ans d’existence, le ballet Junior est devenu l’un des plus célèbres tremplin professionnels pour jeunes danseurs.“ J.D, Le Matin Bleu (Suisse) Anlässlich der Uraufführung von In Your Rooms durch die Hofesh Shechter Dance Company: „... the work is choreographed with such verve that its effect is almost ecstatic. Shechter possesses a ferocious sense of rhythm, and with his own score amplifying the choreography's pulse, the stage thrums with energy. Equally exhilarating is Shechter's ability to sustain dynamic extremes within his newly sharpened choreography. Structurally, he operates like a master watchmaker, the pieces of dance fitting together with precision. Yet his language could not be more visceral. At moments his extraordinary dancers twist and tilt with such ferocity, they seem to be trying to rip off their own skins.“ Judith Mackrell, The Guardian, 1.10.2007 Ballet Junior de Genève 6 / 6