Treffpunkt Klassik Fr

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Freitag, 31.10.2014
SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs: Vorgestellt von Dagmar Munck
Kaleidoskop unterschiedlichster Gefühle
mozart
„desperate heroines“
Sandrine Piau
Mozarteum Orchester Salzburg
Leitung: Ivor Bolton
Naive V 5366
Klangzauber für Viola und Klavier
Máté Szücs (Viola)
Oliver Triendl (Klavier)
THE HUNGARIAN VIOLA
Profil Edition Günter Hänssler PH14022
Wunderbar saubere Chorstimmen
The heart’s refuge – Le refuge du coeur
Theatre of Early Music
Schola cantorum
Leitung: Daniel Taylor
Analekta AN 29143
Abschluss eines großartigen Projekts
Dietrich Buxtehude
Opera Omnia XX
Amsterdam Baroque Choir & Orchestra
Leitung: Ton Koopman
Challenge Records CC 72259
Abenteuerlich große Leichtigkeit
Alexander Skrjabin
Etüden
Andrei Korobeinikov (Klavier)
Mirare MIR 218
Beeindruckende Klangarchitektur
Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 3 d-Moll
Orchestre Métropolitain
Leitung: Yannick Nézet-Séguin
ATMA Classique ACD2 2700
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Zu Treffpunkt Klassik mit neuen CDs begrüßt Sie Dagmar Munck.
Neue CDs u. a. mit Musik von Buxtehude, Bruckner und Skrjabin möchte ich Ihnen in den
nächsten 90 Minuten vorstellen und gleich so beginnen, wie man es eigentlich nicht sollte:
verzweifelt! Mit verzweifelten Heldinnen aus Mozarts Opern. So der Titel der neuen CD der
französischen Sopranistin Sandrine Piau. Warum gerade das Traurigste und Verzweifeltste
immer so wunderbar wohltuend in die Seele fällt, überlassen wir den Psychologen, die leider
aber lieber andere Dinge untersuchen. Ich bin sicher, dass das musikalischer Trost pur ist,
allumfassend. Zumindest, wenn man so mit seinen Protagonistinnen verschmilzt wie
Sandrine Piau. Und wenn es zunächst nur um Sachverluste geht wie bei der Gärtnerstochter
Barbarina in „Figaros Hochzeit“. In ihrer kleinen, kindlich-zarten Cavatina beklagt sie den
Verlust hat einer Nadel ihrer Herrin!
Wolfgang Amadeus Mozart: „Die Hochzeit des Figaro“,
„L’ho perduta, me meschina!“
1‘30
Eine angstvolle Minute in Barbarinas Leben, in Erwartung der drohenden Strafe ihres Herrn!
Faszinierend, wie viel Reinheit und Schmerz Sandrine Piau dieser kleinen Mozart-Szene
abgewinnt! Wie sie die Töne aufblühen lässt, und die feinsten Seelenregungen spürbar
macht! Mit dieser kleinen Cavatina eröffnet Sandrine Piau ihre neue Mozartarien-CD mit dem
Mozarteum Orchester Salzburg unter Ivor Bolton – sie wurde von manchen, wie von mir,
sehnlich erwartet, nachdem mich die Sopranistin vor fast 15 Jahren schon mit einer
Mozartarien-CD mit dem Freiburger Barockorchester auf den Geschmack gebracht hatte.
Das Spektrum der weiblichen Heldinnen, das Sandrine Piau auf dieser CD auffaltet, ist
atemberaubend: von der soubrettenhaften Barbarina über die vife Susanna in „Figaros
Hochzeit“ bis zu tragischen Gestalten wie Giunia aus „Lucio Silla“ und Sandrina aus „La finta
giardiniera“. Mir gefällt, dass sich die aus der Barockmusik kommende Sängerin ein
gesundes Misstrauen den Traditionen gegenüber erhalten hat. Die Donna Anna in „Don
Giovanni“ z. B. wird normalerweise schwereren Stimmen anvertraut. Bei Sandrine Piaus
Donna Anna spürt man hinter dem schmerzlichen Aufschrei die versöhnende Sanftmut.
Donna Annas letzte Arie ist Balsam für ihr zerstörerisches Leiden, ohne es wirklich heilen zu
können.
Wolfgang Amadeus Mozart: „Don Giovanni,
„Crudele? ... non mi dir“
6‘15
Donna Annas „Non mi dir“ aus Mozarts „Don Giovanni.“ – Ein Kaleidoskop unterschiedlichster Gefühle, die Mozarts Frauengestalten in seinen Opern bewegen, lässt Sandrine Piau
hier so authentisch Klang werden, dass man von Arie zu Arie gebannt lauscht. Das ist keine
der Arien-CDs, die nur die geschmierte Gurgel vorführen und schöne Töne; hier werden die
so unterschiedlich begründeten Verzweiflungen der Mozart-Heldinnen spürbar, der Frauen,
die oft schlecht behandelt werden, deren Elend Mozart kompromisslos darzustellen verstand.
Ivor Bolton und das Mozarteum Orchester Salzburg betten Sandrine Piau feinfühlig in einen
intensiven, farbigen Orchesterklang ein. – Bei Naive ist die CD erschienen.
Die nächste neue CD nimmt uns mit auf eine Entdeckungsreise durch ein Land, das wir
romantisch mit den virtuosen und sehnsüchtigen Weisen der Zigeuner verbinden. So sehr
die Geige und auch der Bass in Ungarn präsent sind, so wenig ist es die Bratsche. Der junge
ungarische Bratscher Máté Szücs hat sich in seiner Heimat auf die Suche nach Literatur für
sein Instrument gemacht und spannende Dinge entdeckt: Bratschenstücke von Franz Liszt,
von Altmeister Ferenc Farkas, dem Lehrer von Ligeti und Kurtág, von József Soproni und der
Kodály-Kollegin Erzsébet Szönyi und dem Kodály-Schüler Antal Dorati, der uns vor allem
durch seine lebendigen Aufnahmen als Dirigent amerikanischer Orchester und der
Philharmonia Hungarica präsent ist. Von ihm stammt das 1987 komponierte romantischglühende, geheimnisvolle Adagio.
Antal Dorati: Adagio (Ausschnitt)
4’50
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Klangzauber für Viola und Klavier, zwei begnadete Musiker, mit denen man solche Kleinode
entdecken kann wie dieses Adagio von Antal Dorati hier, das sich in den nächsten zehn
Minuten noch rhythmisch rebellisch entfalten würde. Das enthalte ich Ihnen hier vor, weil
eigentlich alle Stücke auf dieser CD großartige, klangsinnige Musik sind, und ich mir keine
besseren Interpreten für sie vorstellen könnte als den Bratscher Máté Szücs mit seinem
runden und warmen Ton und den Pianisten Oliver Triendl mit seinem feinen, höchst
differenzierten Anschlag. Man kann zusammen mit den Musikern staunend in diese neue
Klangwelt eintauchen. Hier noch zwei Sätze aus einer Bratschensonate von László Weiner,
der 1916 geboren, mit 24 Jahren als hoffnungsvoller Pianist und Dirigent die Budapester
Hochschule verlassen hat, um drei Jahre später von ungarischen Faschisten in ein
Zwangsarbeitslager deportiert zu werden, wo er kein Jahr später verstarb. Auch Kodálys
Versuche, den jüdischen Weiner aus dem Lager zu befreien, sind gescheitert. Eine fragende,
klagende Fantasia eröffnet die Sonate. Im darauffolgenden lebendigen Vivace meint man,
dem Gespräch der beiden Instrumente lauschen zu können.
László Weiner: Sonate für Viola und Klavier,
Fantasia und Intermezzo
8‘30
Die ersten beiden Sätze einer Bratschensonate von László Weiner, komponiert 1939, mit
23 Jahren, vier Jahre vor seinem Tod im Arbeitslager. Dieses Kleinod und weitere, ich denke
nicht nur hierzulande, unbekannte Schätze haben der Bratscher Máté Szücs und der Pianist
Oliver Triendl für diese CD miteinander gehoben: Werke von Farkas, Szönyi, Dorati, Soproni,
Liszt und Lajos Szücs, dem Vater des Bratschers Mátés Szücs, der übrigens seit drei Jahren
Mitglied der Berliner Philharmoniker ist. Eine deutsche Produktion vom Label Profil/Hänssler,
die auch nicht für Ungarn bestimmt zu sein scheint, zumindest sind die Booklettexte nur auf
Deutsch und Englisch.
Die nächste neue CD, die ich Ihnen hier in SWR2 Treffpunkt Klassik vorstellen möchte,
kommt aus Kanada. In Toronto hat der Countertenor Daniel Taylor vor gut zehn Jahren das
Ensemble Theatre of Early Music gegründet. Schon seine erste CD: Couperins „Leçons de
Ténèbres“ wurde viel beachtet. Jetzt hat der inzwischen 35-jährige Sänger, der auf über
100 CDs zu hören ist, die Leitung der historischen Aufführungspraxis in der Musikfakultät der
Universität Toronto übernommen und mit der dortigen Schola Cantorum eine November-CD
aufgenommen. „The heart’s refuge alias le refuge du coeur heißt“ heißt sie und enthält
Werke von Buxtehude, Johann Christoph Bach, Schmelzer, Kuhnau und Bruhns. Die
Zuflucht oder Fluchtburg des Herzens, die die Menschen in dieser Zeit – nach dem
zermürbenden Dreißigjährigen Krieg – in der Musik und im Glauben suchten. Die geistliche
Musik dieser Zeit hat in ihrer tiefen Religiosität eine Intensität, der man sich schwer
entziehen kann. Daniel Taylor nimmt dieses Leid in Buxtehudes „Jesu, meines Lebens
Leben“ mit schweren Schritten, die sich über dem immer gleichen Bass mühsam, aber
beharrlich voranschleppen. Die jungen Chorstimmen sind wunderbar sauber und im Legato
geführt – Singen mit viel, manchmal vielleicht zu viel, messa di voce.
Dietrich Buxtehude: „Jesu, meines Lebens Leben“
8‘10
Vielleicht ist das manchen von Ihnen zu schwer, zu schleppend? Die Hilfe, die durch Jesu
Tod entstehen sollte, ist jedenfalls so weniger spürbar, dafür aber das Leid ... Daniel Taylor
hat diese und weitere Kantaten von Bruhns, Kuhnau und Johann Christoph Bach mit der neu
übernommenen Schola Cantorum der Universität Toronto und seinem Ensemble Theatre of
Early Music für das Label Analekta aufgenommen.
Einer, der sich seit Jahrzehnten für die Musik von Dietrich Buxtehude stark macht, ist der
niederländische Organist, Cembalist und Dirigent Ton Koopman. Er hat diese Kantate schon
1988 aufgenommen. Auch hier ist die Schwere spürbar, aber dadurch, dass schon in der
Einleitung die Instrumentalisten mit kleinen Verzierungen vom geraden Weg abweichen und
auch ein bisschen fließender spielen, bekommt die Aufnahme etwas mehr Leichtigkeit und
Hoffnung für die gebeutelten Menschen:
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Dietrich Buxtehude: „Jesu, meines Lebens Leben“ (Ausschnitt)
Barbara Schlick (Sopran), Michael Chance (Alt),
Christoph Prégardien (Tenor), Peter Kooij (Bass)
Amsterdam Baroque Orchestra
Leitung: Ton Koopman
ERATO 2292 45294-2
3‘35
Ton Koopmann ließ diese Kantate solistisch singen, hier gerade hörten Sie Christoph
Prégardien. Die anderen Solisten waren Barbara Schlick (Sopran), Michael Chance (Alt) und
Peter Kooij (Bass). Diese Aufnahme war ein erster Buxtehudevorbote von Ton Koopman
Ende der 80er Jahre mit dem Amsterdam Baroque Orchestra und noch bevor Koopman den
Amsterdamer Baroque Choir gegründet hatte.
Ton Koopman war schon in frühen Jahren als Organist und Cembalist den Werken
Buxtehudes zugewandt. Noch zu seinen Studienzeiten hieß es, wenn jemand etwas von
Bach spielen wollte: „Nimm doch Buxtehude, der ist einfacher“. Die Ursachen dieser
mangelnden Wertschätzung gegenüber Buxtehude sieht Koopman im 19. Jahrhundert, als
die Musikwissenschaftler anfingen, alle Komponisten in Groß- und Kleinmeister einzuteilen.
Das war Buxtehudes Pech. Zwischen den Riesen Schütz und Bach hatte er kaum eine
Chance.
Zu Dietrich Buxtehudes 300. Todestag begann Ton Koopman 2007 mit der Einspielung aller
Werke Buxtehudes, ein für ihn auch finanziell riskantes Unterfangen. Jetzt ist es
abgeschlossen und Koopmans Haus immer noch nicht verpfändet. Auf 30 CDs liegt
Buxtehudes Gesamtwerk vor. Das Opera Omnia XX ist gerade erscheinen, die 10. CD mit
Vokalmusik. Die Cembalo- und Orgelwerke hat Ton Koopman selbstverständlich selbst
aufgenommen, und auch auf dieser letzten Aufnahme lässt der Urmusiker es sich nicht
nehmen, von der Orgel aus die Aufführung zu leiten. Jetzt kann man in Buxtehude baden.
Und wenn man auch nicht gerade alle 40 Stunden Musik von Buxtehude hören möchte, so
ist schon auf einer Doppel-CD wie dieser letzten hier eindrücklich, wie einfallsreich,
fantasievoll und vielfältig Buxtehude den Weg zu demjenigen bereitet hat, den wir alles
andere in den Schatten stellen lassen. In Klammern: Natürlich hat Koopman auch erst Bachs
gesamtes Werk aufgenommen, bevor er sich an Buxtehudes Opera Omnia gemacht hat,
aber das hat natürlich auch mit dem Musikmarkt zu tun, der sich auf einen kompletten Bach
stürzt, wohingegen er Buxtehude nicht unbedingt zu brauchen scheint.
Ich empfehle als Einstiegsdroge zu Buxtehude: die Membra Jesu nostri, aus denen ganz
geheimnisvoll die Mystik des Mittelalters lugt, oder eben diesen Strauß unterschiedlicher
Kantaten, der den Schlussstein auf die Buxtehude-Kathedrale setzt. CD 2 schließt sehr
symbolisch mit einem „Herr, auf Dich traue ich“, gesungen von Gerlinde Sämann (Sopran).
Dietrich Buxtehude: „Herr, auf Dich traue ich“
9‘15
Mit der von Gerlinde Sämann gesungenen Kantate „Herr, auf Dich traue ich“ endet CD 2,
und damit stimmt jetzt, was seit Anfang auf der CD steht: „Opera Omnia“. Mit dieser DoppelKassette hat Ton Koopman mit seinem Amsterdam Baroque Orchestra und unendlich vielen
Solisten die Gesamtaufnahme aller Werke Buxtehudes abgeschlossen. Ein großartiges
Projekt, das es möglich macht, Buxtehude auf höchstem Niveau kennenzulernen oder
zumindest noch einiges Unbekannte zu entdecken. Bei Challenge Classics ist die Reihe mit
30 CDs erschienen.
Sie hören SWR2 Treffpunkt Klassik heute mit neuen CDs. Und da ist noch eine bereits im
August erschienene, die mir am Herzen liegt: die Etüden von Alexander Skrjabin. Vor
40 Jahren kannten nur ein paar Eingeweihte die Klavierwerke Skrjabins – erstmals hatte sich
der in Berlin lebende Pianist Wolfgang Saschowa rangewagt. Inzwischen hat jeder Pianist
ein paar Stücke oder Sonaten von Skrjabin im Repertoire. Man hört heute nicht mehr, dass
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die Werke technisch absolut an der Obergrenze des Spielbaren liegen. Der 27-jährige
russische Pianist Andrei Korobeinikov scheint die Musik Skrjabins mit der Muttermilch
eingesogen zu haben. Schon vor zehn Jahren war er Preisträger beim Internationalen
Skrjabin-Wettbewerb in Moskau, also mit 17, im Jahr darauf beim Rachmaninoff-Wettbewerb
in Los Angeles; Rachmaninoff war Skrjabins Mitschüler am Moskauer Konservatorium.
Korobeinikov mit Skrjabin zu hören, ist eine Offenbarung! Mit den hier aufgenommenen
Etüden von Skrjabin kann man sich auch durch seine kompositorische Entwicklung führen
lassen, die von einer Anlehnung an Chopin in den frühen Etüden des 22-Jährigen bis zur
Auflösung der Tonalität geht.
Alexander Skrjabin: Etüde op. 8 Nr. 12
2‘00
Skrjabin hat keine vokalen Werke geschrieben, sondern ausschließlich für Orchester und für
sein Instrument, das Klavier – neben zehn Sonaten mit Vorliebe Miniaturen: Préludes,
Mazurken, Nocturnes, Walzer, Poèmes und natürlich eben auch Etüden. In diesem frühen
Opus 8 hat Skrjabin nach Chopinschem Vorbild 12 Etüden zusammengefasst, von denen
jede ein technisches Thema ausführt.
1903, neun Jahre nach diesen Etüden, hat Skrjabin nochmal acht Etüden op. 42 komponiert.
Hier ist er schon harmonisch erheblich weiter fortgeschritten. Andrei Korobeinikov findet in
dem Gewirr der Harmonien und Rhythmen immer die Balance, lässt mühelos kleine
Melodiefetzen aufscheinen, gibt für Sekundenbruchteile nach, um dann wieder
voranzudrängen, mitunter unabhängig voneinander in jeder Hand; er kostet die Ruhe und
den Klang aus, um dann wieder geradezu obsessiv im Klangrausch abzutauchen.
Alexander Skrjabin: Etüden op. 42 Nr. 5 und 6
4‘40
Nach diesen Etüden aus Alexander Skrjabins op. 42 möchte ich Ihnen zumindest auch eine
der letzten drei Etüden aus op. 65 vorspielen. Diese Etüden gehören in die Schlussphase
von Skrjabins Komponistenlaufbahn. 1910, nach seinem letzten sinfonischen Gedicht
„Prométhée“, schrieb er nur noch für das Klavier. Jeden Tonalitätsbezug hat er jetzt
aufgegeben. Hier spielt er mit dem Intervall der None, was den Kopf und vor allem die Hand
des Pianisten besonders beansprucht. Skrjabin selbst konnte diese Etüde nicht spielen. Also
lassen wir noch einmal mit abenteuerlich großer Leichtigkeit Andrei Korobeinikov an das
„Allegro fanatico“ ran.
Alexander Skrjabin: Etüde op. 65 Nr. 1
3‘30
Die Nonenetüde aus Alexander Skrjabins op. 65 – mit faszinierender Kraft und Klangsinn
gespielt von Andrei Korobeinikov. Alle Skrjabin-Etüden finden sich auf dieser CD der Firma
Mirare und Skrjabins 7. Sonate, die „Weiße Messe“. Wo wir jetzt beim Klangrausch
angekommen sind, gibt es den zum Schluss unserer SWR2 Treffpunkt Klassik noch mal für
volles Orchester.
Der kanadische Dirigent Yannick Nézet-Séguin hat mit dem Montréaler Orchestre
Métropolitain – das er leitet, seit er 25 Jahre alt ist – jetzt eine Aufnahme der dritten Sinfonie
von Anton Bruckner vorgelegt. Yannick Nézet-Séguin gehört sicher zu den großen
Hoffnungen am mit begabtem und interessantem Nachwuchs nicht üppig bestückten
Dirigentenhimmel. Der inzwischen 39-Jährige ist Chefdirigent des Rotterdamer
Philharmonieorchesters, principal guest conductor beim London Philharmonic und seit zwei
Jahren auch Leiter des renommierten Philadelphia Orchestras, mit dem er gerade einen
spannenden „Sacre“ aufgenommen hat. Die Deutsche Grammophon hat seinen
vielbeachteten „Don Giovanni“ und eine „Cosi“ im Angebot und die Schumann-Sinfonien mit
dem Chamber Orchestra of Europe. Seinem Heimatorchester, dem Orchestre Métropolitain,
ist Yannick Nézet-Séguin treu geblieben. Über Jahre hinweg hat er mit ihm u. a. immer
wieder Bruckner-Sinfonien aufgeführt und teils aufgenommen. Wie vertraut er neben seinem
breitgestreuten sonstigen Repertoire mit Bruckners Musik ist, zeigt diese dritte Sinfonie. In
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großen Spannungsbögen entsteht eine beeindruckende Klangarchitektur, die er mit klarer
Vision konsequent umsetzt. Bruckners berühmte Abbrüche, seine quasi collagierten
Klangblöcke setzt Nézet-Séguin mit sorgsam ausgearbeiteten Kontrasten gegeneinander, so
dass es trotzdem immer weiter fließen kann. Nicht so hilfreich finde ich den Klang der
Aufnahme, der zwar die Streicher warm und gut durchhörbar abbildet, aber im Tutti matschig
ist.
Zu Bruckners dritter Sinfonie gibt es eine nette Geschichte: Bruckner hat seine frisch
beendete dritte und seine zweite Sinfonie 1873 Richard Wagner in Bayreuth vorgelegt, weil
er Wagner diejenige widmen wollte, die ihm besser gefalle. Als Bruckner Wagner aufgesucht
hat, um seine Wahl zu erfahren, haben die beiden zusammen so viel Bier genossen, dass
Bruckner sich nicht mehr erinnern konnte, welche Wagner gewählt hat. Das klärte man dann
schriftlich: Diese dritte Sinfonie in d-Moll war es! – Hier ist das Finale besagter WagnerSinfonie in ihrer Urfassung mit dem Orchestre Metropolitain unter Yannick Nézet-Séguin.
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 3 d-Moll, Finalsatz
16‘55
Das war das Finale der dritten Sinfonie d-Moll von Anton Bruckner in einer neuen Aufnahme
mit dem in Montréal beheimateten Orchestre Metropolitain, das Yannick Nézet-Séguin seit
inzwischen 14 Jahren leitet. Bei Atma ist diese Aufnahme erschienen.
Wenn Sie die genauen Angaben der hier vorgestellten CDs noch mal nachschauen wollen,
finden Sie sie im Internet unter SWR2 Treffpunkt Klassik.
Hier geht es jetzt weiter mit unserem Kulturservice und mit SWR2 Aktuell mit Nachrichten.
Tschüß sagt Dagmar Munck.
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