KULTURERDTEILE Eine jahrzehntelange physisch-geographische Abgrenzung zwischen den Kontinenten ging einher mit einer zu geringen Beachtung kultureller Eigenheiten, religiöser Traditionen und daraus resultierender Lebens- und Wirtschaftsweisen der verschiedenen Rassen und Völker. Zu häufig überwiegt noch die Betrachtung und Bewertung fremden Kulturguts aus der Perspektive des europäischen Werte- und Normensystems, dem Eurozentrismus. Der Gedanke der Einteilung und Gliederung der Erde nach Kulturerdteilen ist nicht neu: Der Geograph Albert Kolb setzte sich dafür ein, Merke: Der Geograph Albert Kolb prägte den Begriff „Kulturertteil“ als einen subkontinentalen Raum neben die Betrachtung der Naturerdteile gleichberechtigt die Erforschung und Darstellung der Kulturerdteile treten zu lassen. Dabei definiert er einen Kulturerdteil wie folgt: "Unter einem Kulturerdteil wird ein Raum kontinentalen Ausmaßes verstanden, dessen Einheit auf dem individuellen Ursprung der Kultur, auf der besonderen einmaligen Verbindung der landschaftsgestaltenden Naturund Kulturelemente, auf der eigenständigen, geistigen und gesellschaftlichen Ordnung und dem Zusammenhang des historischen Ablaufes beruht." KOLB, A.: Die Geographie und ihre Kulturerdteile, In: Hermann-vonWissmann-Festschrift, Tübingen 1962, S. 42 - 49 – Individueller Ursprung der Kultur – Einmalige Verbindung von Natur- und Kulturelementen – Eigenständige geistige und gesellschaftliche Ordnung – Zusammenhand des historischen Ablaufes Abgrenzung nach Newig: – Normatives Leitsystem (Religion oder Ideologie) – Kommunikationssystem (Sprache, Schrift) – Infrastruktursystem (Recht, Sitten, Gebräuche, Kleidung, Häuser) – Ererbte physiognomisch wahrnehmbare Merkmale (Pigmentierung, Mass-/Größenverhältnis, Proportionen; 45°Grenze) – Wirtschaftssystem (Anbauformen, Wirtschaftssystem) – Lage (Geopolitische Lage, Austausch oder Isolation) Literatur: Newig, J.: Drei Welten oder eine Welt: Die Kulturerdteile, In: Geographische Rundschau, Heft 5/1986, S. 262 - 267 Newig, J.: Die Kulturerdteile, Zur Arbeit mit der Wandkarte und dem Poster der Kulturerdteile, Klett-Perthes, Gotha 1997 Große fremde Religionen, Schroedel Schulbuchverlag, Hannover 1986 Tworuschka, U. (Hrsg.): Heilige Stätten, Darmstadt 1994 Veser, T.: Schätze der Menschheit, Kulturdenkmäler und Naturparadiese unter dem Schutz der UNESCO, Gütersloh 1995 Huntington, S.P.:Kampf der Kulturen, Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, Wien 1996 Welt verstehen durch Perspektivenwechsel (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 4/1996 Religionen prägen Räume (Themenheft), Geographie heute, Heft 12/1992 Fremde Völker (Themenheft), Geographie heute, Heft 11/1990 Weltbilder (Themenheft), Geographie heutel, Heft 11/1996 Fremde Räume - vertraute Orte (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 2/2001 Stadien des interkulturellen Lernens ETHNOZENTRISMUS Natürliches, selbstverständliches Verhalten o o von menschlichen Gruppen und Individuen, bei dem das Ich/Wir der eigenen Gesellschaft mehr wert ist als das von anderen; bei dem die Wahrnehmung der eigenen Wirklichkeit vielfach unbewusst erfolgt und die kulturelle Selbst-Wahrnehmung aufgrund der alltäglichen Erfahrung meist emotional geschieht. AUFMERKSAMKEIT UND BEWUSSTWERDEN FÜR FREMDES Erster Schritt zum interkulturellen Lernen als Verhaltensform, die es ermöglicht, eine fremde Kultur wahrzunehmen, ohne sich vor ihr zu fürchten oder ihr ablehnend zu begegnen. Dies erfolgt dadurch, dass der Lernende zu begreifen beginnt, dass die andere Kultur eine eigenen Identität und einen eigenen Wert besitzt. VERSTÄNDNIS FÜR DIE FREMDE KULTUR Ein Schritt weiter ist getan, wenn jemand erkennt, dass die andere Kultur eine eigene Identität besitzt, die man verstehen kann, und zwar eher mit verstandesmäßigen Mitteln als durch emotionale Reaktionen. AKZEPTIEREN UND RESPEKTIEREN DER FREMDEN KULTUR Ein großer Schritt hin zum interkulturellen Lernen ereignet sich dann, wenn die wahrnehmbaren kulturellen Unterschiede im Vergleich mit der eigenen Kultur für die fremde als gültig angesehen werden können, ohne sie gleich als schlechter oder besser zu bewerten. BEWERTEN UND BEURTEILEN Der nächste Schritt findet statt, wenn der Lernende bewusst beginnt, Stärken und Schwächen der fremden Kultur zu unterscheiden, und versucht, sie in sein kulturelles Wertesystem einzuordnen. SELEKTIVE ANEIGNUNG Ein weiterer Schritt ist vollzogen, wenn die Einstellungen und Verhaltensweisen, die von der fremden Kultur ausgehen, als eine Bereicherung für das eigene kulturelle Denken und Handeln betrachtet werden. Aus der Definition von NEWIG folgen 10 Kulturerdteile: 1. Angloamerika 2. Lateinamerika 3. Europa 4. Russland aka ehemalige Sowjetunion 5. Orient 6. Schwarzafrika 7. Zentral- und Ostasien 8. Südasien 9. Südostasien 10. Australien und Ozeanien Nach Samuel Huntington ist der Kulturerdkreis die oberste Ebene der Natur, gefolgt von den Nationalstaaten und den subnationalen Kulturen. In seinem kontrovers diskutierten Buch The Clash of Civilizations (Kampf der Kulturen, 1996) wendet sich Huntington gegen die Vorstellung einer universellen Weltkultur, wie sie nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1989 und dem Ende des Kalten Krieges unter anderem von Francis Fukuyama vertreten wurde. Erstmals erschienen Huntingtons Thesen im Sommer 1993 in der renommierten Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik "Foreign Affairs". Vielmehr geht der Politologe Huntington von einer Verlagerung des Konfliktes zwischen Ideologien, welche die nationalstaatlich verfassten Bündnisse geprägt hatten, zu einem Konflikt zwischen Zivilisationen aus, weil diese bei der Eindämmung der westlichen Dominanz mit ihrer Geschichte, ihren Sprachen, ihren Wertvorstellungen und ihren Religionen die höchste sinnstiftende Einheit geworden seien. Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Samuel_P._Huntington Er gliedert – fern aus Amerika, als Repräsentant einer halbstaatlichen Analyseschmiede – folgende (für ihn feindliche, weil unvereinbare) Kreise: 1. Sinisch (Kofuzianistisch und Buddhistisch) 2. Japanisch (Shintoismus) 3. Hinduistisch 4. Islamisch 5. Westlich (christlich) 6. Lateinamerikanisch 7. Afrikanisch Als Beispiele seiner Konflikttheorie stehen wir heute vor einer Auseinandersetzung zwischen dem Islam und der westlichen Welt, in Amerika treffen Mexico und die USA an elektronisch gesicherten Zäunen aufeinander, und auch Europa erlebte seit dem Weltkrieg vor allem eine Auseinandersetzung in Jugoslawien, wo sich westlich-christliche, islamische und slawisch-orthodoxe Kultursplitter wörtlich auseinandergesetzt hatten. In Afrika sehen wir diese Grenzstreitigkeiten besonders in Somalia, Äthiopien und brennend im Sudan. Dennoch ist seine Analyse simpel, die empirische Basis dürftig, der wissenschaftliche Anspruch wackelig und die ideologische Ablehnung von „Multi-Kulti“ politisch inkorrekt, wenn auch Triebkraft der amerikanischen Aussenpolitik. Samuel Huntington Albert J. Weatherhead III University Professor E-mail: [email protected] Phone: 617-495-4432 Fax: 617-384-9259 CGIS E113 1727 Cambridge St. Cambridge, MA 02138 Office Hours: On leave Spring 2006. Biographical Note: Samuel P. Huntington is the Albert J. Weatherhead III University Professor. He graduated with distinction from Yale at age 18, served in the Army, and then received his Ph.D. from Harvard and started teaching there when he was 23. He has been a member of Harvard’s Department of Government since 1950 (except for a brief period between 1959 and 1962 when he was associate professor of government at Columbia University). He has served as chairman of the Government Department and of the Harvard Academy for International and Area Studies. His principal interests are: national security, strategy, and civil military relations; democratization and political and economic development of less-developed countries; cultural factors in world politics; and American national identity. During 1977 and 1978 he worked at the White House as coordinator of security planning for the National Security Council. He was a founder and coeditor for seven years of the journal Foreign Policy. His principal books include The Soldier and the State: The Theory and Politics of Civil-Military Relations (1957); The Common Defense: Strategic Programs in National Politics (1961); Political Order in Changing Societies (1968); American Politics: The Promise of Disharmony (1981); The Third Wave: Democratization in the Late Twentieth Century (1991); The Clash of Civilizations and Remaking of World Order (1996); and Who Are We? The Challenges to America’s National Identity (2004). Der europäische Kulturerdteil (Europa, Abendland, Okzident) - Es bestehen unterschiedliche Auffassungen zur Abgrenzung des Erdteils im Osten und Südosten: o o o Europa bis zum Uralgebirge - Uralfluss - Kaukasuskamm - Schwarzes Meer Bosporus - Dardanellen Europa bis an die Westgrenze der ehemaligen Sowjetunion Europa als das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft (EU) - Europa wird von außen als Einheit gesehen: Wahrnehmung des Kontinents durch Nichteuropäer als eine Region mit historischer und geistiger Einheitlichkeit trotz aller Vielfalt - Entwicklung einer abendländisch geprägten Kunst; in der Architektur, Malerei, Literatur und Musik gibt es gesamteuropäische Merkmale, europäische Kunst wuchs im Laufe von Jahrhunderten, trotz ständiger innerer Konflikte lebte Europa in einem beständigen kulturellen Austausch, ungeachtet regional abgewandelter Grundideen blieb den Menschen das Gefühl kultureller Einheit erhalten; vorwiegend indogermanischer Sprachkreis - "Abendland": in ihm erhielt das Christentum seine heutige Ausformung; Bevölkerung mit vorwiegend christlichem Glauben, Erhaltung der religiösen Bindungen auch unter sozialistischen Bedingungen (z. B. katholische Kirche in Polen), - Europa machte in der Phase des Kolonialismus die meisten Staaten anderer Kulturerdteile von sich abhängig, Europäisierung der Erde durch Kolonialisierungsprozess, Problem der eurozentrischen Denkweise unter weiten Teilen der Bevölkerung, Ausbreitung der Kultur Europas über die Welt, - Ausgangspunkt der industriellen Revolution, Wiege der modernen Naturwissenschaften; schuf durch die Intensivierung der Wirtschaftsabläufe sowie die moderne Hygiene und Medizin die Grundlagen für das Bevölkerungswachstum auf der Erde - heute hoch industrialisiert, in Europa begann der weltweite Prozess des Übergangs von der Agrar- zur Industriegesellschaft; Industrieländer mit hohem Urbanisierungsgrad und marktorientierter Landwirtschaft; ausgebaute Verkehrs- und Kommunikationsnetze; hoher Lebensstandart mit hoher Lebenserwartung und einem Einkommen weit über dem Weltdurchschnitt - nach einer 50-jährigen politischen und wirtschaftlichen Zweiteilung des Erdteils in Ost und West Bestrebungen zur Bildung der "Vereinigten Staaten von Europa" - Gliederung in Nord-, West-, Süd-, Mittel- und östliches/südöstliches Europa: o o o o o Mitteleuropa: wirtschaftliche und politische Drehscheibe Europas Nordeuropa: historisch gewachsene Gruppe befreundeter nördlicher Staaten mit ausgeprägter eigener Kulturtradition Westeuropa: Staaten mit intensiver kolonialer Tradition Südeuropa: Mittelmeeranrainerstaaten, geprägt durch subtropisches Klima, gemeinsame Vergangenheit als Teile des römischen Weltreiches östliches Mitteleuropa und Südosteuropa: Übergangsstaaten zum russischen und orientalischen Großraum, Region starker gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Wandlungen Literatur: Sperling, W./Karger, A. (Hrsg.): Europa, Fischer-Länderkunde, Frankfurt/Main 1978 Europäische Union (Themenheft), Informationen zur politischen Bildung, Heft 213 (1995) Europa (Themenheft), Praxis Geschichte, Heft 2/1993 Europas Grenzen - grenzenloses Europa (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 10/1997 Ostmitteleuropa (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 9/1999 Europa der Regionen (Themenheft), Geographie heute, Heft 9/1997 Südeuropa (Themenheft), Geographie heute, Heft 1/1999 Polen - Tschechien - Ungarn (Themenheft), Geographie heute, Heft 3/2000 Der russische Kulturerdteil - Die Grenzen dieses Kulturerdteils sind seit den ersten Versuchen zur Einteilung der Erde nach Kulturerdteilen am stärksten umstritten. Bereits die Kennzeichnung der ehemaligen Sowjetunion als ein einheitliches Kulturgebiet war mit Problemen behaftet und wurde mit dem herrschenden kommunistischen System begründet. Die Randgebiete des Kulturerdteils (insbesondere der islamisch geprägte Süden) wurden deshalb auch als Übergangsgebiete zwischen den Kulturen betrachtet. Unter den gravierenden politischen und gesellschaftlichen Veränderungen auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion kann dieser Kulturerdteil heute lediglich in seiner Einheit in der Vergangenheit betrachtet werden. Das Kulturerdteilkonzept an sich wird damit aber nicht ad absurdum gestellt. - Vielvölkergebiet mit über 100 verschiedenen Nationen, Völkern und Stämmen; autonome Republiken, Gebiete und Kreise; jedes Volk mit eigener Sprache und einer mehr oder weniger ausgeprägten eigenen kulturellen Tradition - die Russen waren mit über 50 % die volkreichste Nation, Russen als staatstragendes Volk; klare Volkstumsgrenzen lassen sich nur selten ziehen, die Siedlungsbereiche überlappen sich, Vermischung besonders stark in den Städten, Ziel war die Entwicklung eines Sowjetvolkes, Russifizierung der nationalen Gebiete und Randregionen bereits seit der Zarenzeit (Unterwerfung fremdstämmiger Völker) - russische Sprache als Verkehrssprache zwischen den Nationen von den einzelnen Völkern akzeptiert, aber widerrechtliche Durchsetzung des Russischen in allen öffentlichen Bereichen (z.B. als Unterrichtssprache an den Schulen und Universitäten); andere Sprachen sollten auf Privatsprachen begrenzt werden - Außerkraftsetzung der verfassungsmäßig garantierten Autonomie einzelner Volksgruppen, z. B. die der Wolga-Deutschen und der Krim-Tartaren im 2. Weltkrieg (1987: 1,94 Mio. Deutsche; 1,15 Mio. Polen) - ungleichmäßige Bevölkerungsverteilung, relativ starke Binnenwanderung bis zum Zerfall der UdSSR, Migration in Hauptrichtungen: West-Ost-Wanderung, Land-Stadt- Wanderung, Nord-Süd-Wanderung; Ursachen: sozial-ökonomisch und geographischklimatisch; Folgen im ländlichen Raum: Überalterung, Frauenüberschuss, niedrigeres durchschnittliches Ausbildungsniveau - Stadtstrukturen spiegeln die unterschiedliche historische Entwicklung innerhalb der Kulturerdteile wieder o o o o o o russische Kremlstadt (z. B. Moskau, Gorki, Kasan) ostmitteleuropäische Stadt (im Baltikum) Stadt mit physiognomischen Elementen der Donaumonarchie (im SW) Residenzstadt im Stil des Absolutismus (St. Petersburg) islamisch-orientalische Städte in Mittelasien (z. B. Oasenstädte Samarkand und Buchara) spezifisch russische Nationalstädte in den Erschließungsgebieten Sibiriens (Nowosibirsk, Jakutsk) bei Umgestaltungen, Überprägungen, Erweiterungen und Neugründungen kam grundsätzlich das Konzept der sozialistischen Stadt zur Anwendung (insbesondere in der Stalinära) - ehemalige Prägung der Wirtschafts- und Lebensbereiche durch die Ideologie des Marxismus-Leninismus, ehemals geringes soziales Gefälle innerhalb der Masse der arbeitenden Bevölkerung - vorwiegend christliche Religion (Orthodoxe), die auch über 70 Jahre Sowjetmacht nicht ausgelöscht wurde Literatur: Karger, A.: Sowjetunion, Fischer-Länderkunde, Frankfurt 1987 GUS - Aktuelle Probleme (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 10/1994 Die Sowjetunion 1953 - 1991, Informationen zur politischen Bildung, Heft 236 (III/1992) Gemeinschaft unabhängiger Staaten, Informationen zur politischen Bildung, Heft 249 (IV/1995) Alltag in Russland (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 5/1998 Russland und seine Nachbarn (Themenheft), Geographie heute, Heft 8/1993 Der orientalische Kulturerdteil (Orient, Morgenland) - Nahtstelle zwischen Europa, Asien, Afrika; reicht von Marokko im Westen bis Iran im Osten - "Wiege der Zivilisation": erste städtische Siedlungen im südlichen Mesopotamien/Zweistromland und in Ägypten; Entwicklung der Keilschrift, alte Hochkulturen von Karthago bis Persien, wichtiger Innovationsraum der Kulturen, viele Kulturentlehnungen stammen aus diesem Raum, z. B. Begriffe der Naturwissenschaften, Nautik, Literatur; arabische Hochsprache verbindet die Länder (Sprache des Korans), historische Wurzeln menschlichen Lebens; Nomadentum und Ackerbauernkulturen (Fellachen); starke Urbanisierung (Städter); Ursprungsgebiet der drei Weltreligionen Judentum, Christentum, Islam - weitgehend islamisch geprägter Raum: Länder des Islams: von den ca. 850 Mill. Moslems auf der Erde leben 50 Mio. in der Türkei, 43 Mio. im Iran, 43 Mio. in Ägypten, 22 Mio. in Algerien, 20 Mio. in Marokko, 15 Mio. im Irak; ethnisch und religiös relativ homogen; der Islam ist Steuerungsinstrument des gesellschaftlichen und privaten Lebens (Familien-, Erb-, Straf-, Wirtschaftsrecht; Erziehung und Bildung; Normen, Sitten und Gebräuche) nach dem Zerfall des Marxismus-Leninismus entwickelt sich der islamische Fundamentalismus zur neuen Konkurrenz-Ideologie des westlichen Systems, der Einfluss des Islams wächst seit dem Golfkrieg 1991 zunehmend; erklärte Ziele: o o o "Distanz" gegenüber der westlichen Zivilisation und Wertewelt, wird als Überfremdung und Identitätszerstörung abgelehnt, deshalb: Rückkehr zu den eigenen Wurzeln Ideal der klassenlosen islamischen Gesellschaft, politische Gleichheit und Gerechtigkeit auf der Basis des islamischen Rechts (Einführung der Sharia) Ablehnung des westlichen Parlamentarismus, an der Spitze des Staates soll ein dem Koran verpflichteter Rechtsgelehrter stehen - viele Staaten sind erst nach dem 1. Weltkrieg entstanden; vorher nur drei Staaten (Osmanisches Reich, heutiges Saudi-Arabien, Persien); Staatsbildungs- und Nationalbildungsprozess ist im vollen Gange; folgt nicht primär den historisch gewachsenen Strukturen; häufig sind Geschichte, Nation, Kultur und Staaten nicht deckungsgleich => Ursache für heutige Instabilität, Krisen, Konflikte, Kriege - Trockengürtel, Bewässerungskultur in den Oasen, Nomadentum; Nebeneinander von traditionell Sesshaften (Bewohner von Städten und Oasen) und Nichtsesshaften (Nomaden, Beduinen) führt häufig zu Konflikten; Wasser wird in wenigen Jahren der dominierende Faktor in der Region sein, Konflikte um die "Waffe" Wasser scheinen unvermeidbar - ausgedehnte Erdöllagerstätten, Nebeneinander armer Agrarstaaten und reicher Erdölländer mit weltpolitischer Bedeutung - Raum permanenter Spannungen, größte militärische Aufrüstung in der Dritten Welt - Israel: relativ junges Land, Struktur der Volkswirtschaft entspricht der eines modernen, entwickelten Industrielandes, Land am Schnittpunkt dreier Kontinente - Land der Übergänge; heterogen zusammengesetzte Bevölkerung: 82 % Juden, permanenter Migrationsprozess: in 44 Jahren Versechsfachung der Einwohnerzahl, hoher Urbanisierungsgrad Literatur: Frauen im islamischen Kulturraum (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 6/1992 Arabische Welt (Themenheft), Geographie heute, Heft 9/1992 Naher Osten (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 5/1994 Der Islam im Nahen Osten, Informationen zur politischen Bildung, Heft 238 (I/1993) Israel, Informationen zur politischen Bildung, Heft 247 (II/1995) Mensching, H./Wirth, E.: Nordafrika, Vorderasien, Fischer-Länderkunde, Frankfurt/Main 1989 Ehlers, E. u. a.: Der islamische Orient, Grundlagen zur Länderkunde eines Kulturraumes, Köln 1990 Islamische Welt (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 7/8/1997 Der schwarzafrikanische Kulturerdteil (Schwarzafrika, subsaharisches Afrika) - überwiegend tropischer Erdteil (hohe Temperaturen, immerfeucht bzw. wechselfeucht) - ehemals europäisches Kolonisationsgebiet mit langjähriger Kolonialgeschichte (außer Äthiopien und Liberia); Erlangung der Unabhängigkeit zwischen 1956 (Sudan) und 1990 (Namibia), rund 150 Jahre später als die Staaten Lateinamerikas, junge Geschichte der eigenständigen Entwicklung prägt diese Region - z. T. hoch entwickelte Kulturen vor der Kolonisation (Ghana-Reich - späteres MaliReich, Kongoreich, Benin-Königreich); "Sudan" (dt.: Land der Verbrannten, Land der schwarzen Menschen): im 9.Jahrhundert Bezeichnung für den breiten Savannengürtel der Sahelzone, ca. 1000 Jahre Kultur- und Handelszentrum Afrikas, Transsahara-Karawanen lieferten Gold, Elfenbein und Sklaven aus dem Süden in die Mittelmeerländer, Textilien, Kupfer u.a. nahmen sie wieder mit zurück - noch weitgehend von Stammeskulturen geprägt, willkürliche Grenzziehungen der Kolonialmächte zerschneiden oft Stämme (1000 gewachsene Gesellschaften und 750 Sprachgruppen) in künstlich abgegrenzte Territorien, deshalb: zögernde Entwicklung eines Zusammengehörigkeitsgefühls, häufig Stammesfehden und Abspaltungsbestrebungen, Rassen- und Stammeskonflikte besonders im südlichen Afrika; mythisch-religiöser Kult, ca. 80 Mill. Afrikaner gehören diesen alten Stammesreligionen an - Religionen: zum Islam bekennen sich die dunkelhäutigen Hamiten im Saharagebiet und in Zentral- und Ostafrika (43 Mio. Moslems leben in Nigeria); Erhaltung der koptischen Kirche in Äthiopien als christliche Insel innerhalb einer mohammedanischen Umwelt, häufig christliche Gemeinden in Südafrika und Uganda - Entwicklungsländer mit niedrigem Entwicklungsstand und sozialen Problemen; zwei Drittel aller Entwicklungsländer mit niedrigem Einkommen der Erde liegen in Schwarzafrika; auf 16 % der Festlandsfläche leben 10 % der Weltbevölkerung, die 2 % des Weltbruttoprodukts erzeugen und mit 1 % am Welthandel beteiligt sind; die meisten Schwarzafrikaner leben in ländlichen Siedlungen von befestigten agrarischen Großdörfern bis zu Streusiedlungen mit Einzelgehöften, drei Viertel aller Beschäftigten arbeiten im Agrarsektor; Export von montanen und landwirtschaftlichen Rohstoffen; Gegensatz zwischen Subsistenzwirtschaft und Plantagenwirtschaft, geringes Wachstum der Nahrungsmittelproduktion - sehr hohe Bevölkerungszunahme, schnelleres Wachstum als in Asien und Lateinamerika, große Teile der Bevölkerung lehnen Geburtenkontrolle nicht nur ab, sondern empfinden sie z. T. als neokolonialen Unterdrückungsversuch, trotz Kenntnis von Methoden der Geburtenbeschränkung werden sie nur in geringem Maße angewendet, Kinder bedeuten in Afrika in erster Linie persönliches Glück und Befriedigung, hohe Sterblichkeitsrate durch AIDS Literatur: Südliches Afrika (Themenheft), Geographische Rundschau, Heft 12/1988 Afrika I, Informationen zur politischen Bildung, Heft 264 (III/1999) Westafrika. Verstehen und verstanden werden, INTERKOM, Bonn 1990 Überleben auf dem Krisenkontinent (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 2/1994 Afrika (Themenheft), Geographie heute, Heft 12/1995 Afrika im Abseits? (Themenheft), Geographie heute, Heft 5/2001 Der lateinamerikanische Kulturerdteil (Lateinamerika, Iberoamerika) - ehemaliger spanischer und portugiesischer Kolonialraum, die meisten Staaten errangen zwischen 1810 und 1840 ihre Unabhängigkeit - heute überwiegend Bevölkerung mit römisch-katholischem Glauben, großer Anteil von Indios und Mestizen an der Bevölkerung; hohe Bevölkerungszunahme, ausgeprägte Migrationsströme - vor der europäischen Kolonisierung Hochkulturen der Ureinwohner (Azteken und Maya in Zentralamerika, heutiges Gebiet von Mexiko und Guatemala; Inka im Andenraum, heutiges Gebiet von Peru, Ecuador und Bolivien), beachtlicher Stand in der Wollweberei, der Gold-, Silber- und Bronzeverarbeitung; - entwickelte Landwirtschaft (Ackerbau und Nahrungsmittelkonservierung), viele Pflanzen wurden zuerst von Indianern kultiviert: Mais seit 5 500 Jahren, die Gartenbohne seit 7 000 Jahren, weitere: Kakao, Tomaten, Erdnüsse, Kartoffel (kam erst vor 350 Jahren nach Europa) - Beispiel Amazonasindianer: vor 10 000 Jahren kamen ihre Vorfahren als Jäger und Sammler auf den amerikanischen Kontinent; vor rund 5 000 Jahren wurden sie sesshaft: sie wurden Landwirte, bauten Häuser, stellten Vorratsbehälter her, verbesserten ihre Arbeitsgeräte und entwickelten ihre eigene Medizin; sie schufen Kulturen, die bis heute unübertroffen sind in ihrer Fähigkeit, menschliche Bedürfnisdeckung und Naturerhalt miteinander zu vereinbaren; starke Bevölkerungsdezimierung durch Kolonialisierung: drei bis fünf Millionen Indianer bevölkerten Brasilien bevor die Portugiesen den Kontinent betraten, heute sind es noch rund 180 000 Ureinwohner; Bedrohung der indianischen Lebensweise durch: Straßenbau, Bergbau, Ölförderung, Rinderfarmen, Holzeinschlag und -handel, Siedler, Einfuhr fremder Waren, fremde Ausbildung, staatliche Gesetze, Einschleppung von Krankheiten Folgen der Regenwaldzerstörung für die Indianer: Mangel an Fisch und Wild, Aussterben der einheimischen Früchte und Medizinpflanzen, Veränderung der Kultur, Verlust der Kunst, Abhängigkeit von Krediten, Streit in den Familien, Konsum von Marktprodukten, Auswanderung, Einfluss von Sekten - Entwicklungs- und Schwellenländer: traditionell stark in den Weltmarkt eingebunden, Export von Rohstoffen (Erdöl, Erze) und landwirtschaftlichen Produkten (Zucker, Mais, Kaffee, Bananen), Import von Industrieerzeugnissen Besitz- und Herrschaftsverhältnisse aus der Kolonialzeit haben z. T. bis heute überdauert, Gegensatz zwischen Latifundien und Minifundien, Millionenheer besitzloser Landarbeiter, Pächter und Kleinbauern; ökonomische und soziale Spannungen zwischen Arm und Reich, nahezu 40 % der Bevölkerung leben in Armut; politische Instabilität, in vergangenen Jahren häufig Bürgerkriege und Putsche unter diktatorischen Regierungen, ein Wandel zur politischen Beruhigung und zu allmählich wachsender Demokratisierung zeichnet sich ab Literatur: 1492 - 1992: Lateinamerika und Europa (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 1/1992 Südamerika (Themenheft), 500 Jahre Neue Welt (Themenheft), Geographische Rundschau, Hefte 3/1991 und 6/1992 Südamerika (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 3/2000 Lateinamerika und Lateinamerika II, Informationen zur politischen Bildung, Heft 226 (I/1990) und Heft 244 (III/1994) Sandner, G./Steger, A.-H.: Lateinamerika, Fischer-Länderkunde, Frankfurt/Main 1984 Lateinamerika im Umbruch (Themenheft), Geographie heute, Heft 12/2000 Der angloamerikanische Kulturerdteil (Angloamerika) - Einwanderungsraum: ehemals junges Pioniergebiet für Bevölkerung verschiedener europäischer Länder ("Erdteil der unbegrenzten Möglichkeiten") Versklavung schwarzafrikanischer Bevölkerung (Afroamerikaner), geringer Anteil der Ureinwohner (Indianer) an der Bevölkerung, soziale Spannungen und Rassenprobleme - relativ einheitliches Sprachgebiet (englisch, französisch); christliche Religion vorherrschend (Protestantismus) - Privatkapitalismus erreicht höchste Entfaltung - american way of life: wird vor allem geprägt durch die Weite des Raumes, die isolierte Lage zu anderen Kontinenten, den Reichtum an natürlichen Ressourcen, durch die Besiedlung und Erschließung des Raumes (Pioniergeist) und den entwickelten Privatkapitalismus; Auswirkungen auf den Lebensstil der Amerikaner: o o o Tendenzen zur Isolierung: ihr Sinnen und Trachten ist mehr nach innen, auf die Erschließung und In-Wert-Setzung des eigenen Kontinents gerichtet, Mobilität: im Durchschnitt zieht der Amerikaner 14 Mal im Leben um; "Keep moving" oder "on the road" sind Redewendungen, die auf diesen Wesenszug hindeuten; regionale Mobilität: Automobil wird sehr wichtig genommen, Wohnungswechsel häufig ohne Hausrat, höchste Zahl an Wohnmobilen und Wohnwagensiedlungen der Welt, schnelles Heimischwerden, Nachbarschaftshilfen und -freundschaften sind die Regel (aber meist nicht tief verwurzelt); soziale Mobilität: rascher Arbeitsplatzwechsel, starker sozialer Aufstiegswille; Streben, in statushöhere Wohngebiete umzuziehen Freiheits- und Gleichheitsprinzip: wichtigster Teil ihres Demokratieverständnisses; gemeinsam ist allen, dass ihre Vorfahren die Heimat verlassen haben und die gleichen Startbedingungen im "Land der o o Freiheit und der gleichen Aufstiegschancen" hatten, die individuelle Freiheit (durch die ersten 10 Zusatzartikel der Verfassung gesichert) ist für sie von größter Bedeutung; das europäische Denken in hierarchischen Ordnungen ist dem Amerikaner fremd, fast kameradschaftlicher Umgang zwischen Vorgesetzten und Untergebenen Streben, als ein hart arbeitender selfmade-man sein Glück zu machen, Verwaltung ist oft gleichbedeutend mit einem Eingriff in den persönlichen Freiraum, Beamtenlaufbahnen sind selten, Selbstversicherungen für Alter und Krankheit spielen im Vergleich zur staatlichen Gesetzgebung eine bedeutendere Rolle Nationalstolz und eine freiheitlich-demokratische Gesinnung werden im "Schmelztiegel der Nationen" durch die amerikanische Schule und vielfältige Veranstaltungen gefestigt Literatur: USA, Informationen zur politischen Bildung, Heft 268 (III/2000) USA (Themenheft), Nordamerika (Themenheft), Geographische Rundschau, Hefte 9/1987 und 9/1990 Hofmeister, B: Nordamerika, Fischer-Länderkunde, Frankfurt/Main 1988 USA (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 4/1997 Lernzirkel USA (Themenheft), Geographie heute, Heft 12/1998 Indianer (Themenheft), Geographie heute, Heft 1/1994 Der ostasiatische Kulturerdteil (Ostasien, sinischer Kulturerdteil) - Kulturraum mit langer eigenständiger Tradition auf der Grundlage der chinesischen Hochkultur, Prägung der Geistes- und Religionsgeschichte durch drei wesentliche Grundströmungen: Schintoismus, Konfuzianismus, Buddhismus; Tradition hat großes Gewicht (Ahnenverehrung), Vorstellung vom hierarchischen Aufbau der Gesellschaft auch im modernen Industriestaat; Konfuzianismus (konservativ, leistungsorientiert, auf gegenseitiger Achtung basierender Gehorsam des Jüngeren oder Untergebenen gegenüber dem Älteren bzw. Vorgesetzten); Forderungen des Konfuzius (chinesischer Philosoph, 511 v. Chr. 479 n. Chr.): Gehorsam, Ehrfurcht vor dem Alter, Güte, Treue, Mut, Wissen und Weisheit, Harmonie - traditioneller "Reiserdteil", besondere Essgewohnheiten - bevölkerungsreichster Kulturerdteil, überwiegend mongolide Rasse; Bevölkerungswachstum ist im Vergleich zu den sechziger Jahren stark zurückgegangen, Hunger- und Armutsprobleme sind im Vergleich zu Schwarzafrika und Südasien gering; Staaten haben zumeist Regierungen mit stark autoritärem Charakter, jedoch erste Anzeichen zu einer Demokratisierung - China als Schwellenland, fühlt sich als das Reich der Mitte, das alte Kulturzentrum des Ostens (Chinesische Mauer, Seide, Schießpulver, Porzellan; Gartenkunst dient zur Meditation, in abgeschiedener schöner Natur soll der Geist geschult und das Bewusstsein erweitert werden); Ansätze marktwirtschaftlicher Entwicklung führten zu einer Öffnung zum Westen, jedoch zu wenig von einer politischen Demokratisierung begleitet - Japan als Industriemacht mit hohem Anteil am Weltexport; durch Insellage später Einfluss der europäischen Kultur: die japanische Bevölkerung ist ziemlich homogen, fast alle Japaner gehören zur mongolischen Rasse (Nachfahren ehemaliger Siedler aus Korea, der Mandschurei und aus China); bis zum 2. Weltkrieg strikte hierarchische Gliederung der Familie, der älteste Mann dominierte an der Spitze des Hauses, Veränderungen in der Neuzeit: Abnahme der Kinderzahl pro Familie, Auflösung der Großfamilie, Zunahme von Einpersonenhaushalten; durch Insellage, geologischen Bau, Klima haben die Japaner ein besonderes Verhältnis zur Natur entwickelt (Fest der Kirschblüte, Verehrung des Fuji, symbolische Bedeutung verschiedener Tier- und Pflanzenarten); ZEN - Buddhismus: Im ZEN sucht der Gläubige den Weg zur Erleuchtung aus eigener Kraft, Erziehung zur Selbstdisziplin, Härte und Konzentration; sein Einfluss ist seit Jahrhunderten wirksam; Laien können "auf Zeit" in ein ZEN-Kloster gehen (Beispiel: ZEN verleiht dem Manager "Festigkeit der Führung") Literatur: Schöller, P./Dürr, H./Dege, E.: Ostasien, Fischer-Länderkunde, Frankfurt/Main 1982 Asiatisch-pazifischer Wirtschaftsraum (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 9/1998 Japan, Informationen zur politischen Bildung, Heft 255 (II/1997) China, Wirtschaftsmacht der Zukunft (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 1/1996 Japan (Themenheft), Geographie heute, Heft 2/1998 Der südasiatische Kulturerdteil (Südasien) - Kulturerdteil mit verschiedenen Rassen, Kulturen und Religionen: Hinduismus ist vorherrschend (90 % der Bevölkerung in Nepal, 80 % in Indien); Islam (91 Mio. Moslems in Pakistan = 97 %, 86 Mio. in Bangladesh = 87 %, 83 Mio. in Indien = 11 %); Buddhismus, Taoismus, Christentum; starker chinesischer Einfluss (Konfuzianismus) - Vielfalt an Sprachen (in Indien ca. 180), aber zwei große Sprachfamilien: indoeuropäisch im Norden und in der Mitte Südasiens und drawidinisch in Südindien - Staaten mit hohen Einwohnerzahlen (Indien: 1 Mrd., Pakistan und Bangladesh je über 100 Mill.), hohe Bevölkerungsdichte, starke Bevölkerungszunahme Zusammensetzung, Durchmischung und teilweise Überlagerung der Bevölkerung aus dunkelhäutigen autochthonen Bevölkerungsgruppen (Melaniden) und aus Zentralasien eingewanderten hellhäutigeren Bevölkerungsgruppen (Inditen); um die Vormachtstellung der Inditen über die dunkelhäutigere Bevölkerung aufrecht zu erhalten, bildete sich ein für Südasien charakteristisches Sozial- und Herrschaftsverhältnis heraus, das Kastenwesen: vier Hauptkasten (Stände), innerhalb der Kaste findet der Inder Schutz, soziale Geborgenheit - ehemals englisches Kolonialgebiet: vielfältiges kulturelles Erbe der Völker überdauerte die Kolonialherrschaft - das vorkolonial hoch entwickelte Handwerk und Manufakturwesen jedoch nur teilweise; frühe Hochkulturen im Industal; weit verbreitete Armut vor allem unter der ländlichen Bevölkerung aufgrund überlieferter Besitzverhältnisse und des Ausbleibens von Bodenreformen; fast alle Staaten haben unter kriegerischen oder terroristischen Auseinandersetzungen mit separatistischen Bewegungen zu leiden (Sikhs in Indien, Tamilen in Sri Lanka) - tropischer Erdteil mit starkem Monsuneinfluss, einer der drei Reiserdteile - Indien als prägendes Land des Kulturerdteils: Schwellenland das Zahlenverhältnis zwischen Mann und Frau verschiebt sich immer mehr zuungunsten der Frauen; Benachteiligung von Mädchen sowie Müttern, die Töchter gebären; Diskriminierung der Mädchen beginnt bereits vor der Geburt: häufig wird durch Fruchtwasseruntersuchungen das Geschlecht des späteren Kindes festgestellt und durch einen medizinischen Eingriff die Geburt eines Mädchens verhindert; nur Jungen stellen einen Wert dar; "Heilige Kuh" mit vielseitiger Nützlichkeit: zwei Drittel des Energiebedarfs im ländlichen Indien werden durch Millionen Arbeitstiere gedeckt, Kuh als Zugtier beim Pflügen, Bewässern, Transportieren; Lieferung von Dung als Dünger, Bindemittel beim Hausbau, Desinfektionsmittel, Brennmaterial; der Nutzung von Fleisch und Leder sind religiöse Grenzen gesetzt; jedoch minimale Konkurrenz mit den Menschen um Nahrung Literatur: Blenk, J. u. a.: Südasien, Fischer-Länderkunde, Frankfurt/Main 1981 Südasien (Themenheft), Geographie heute Heft, 9/1997; Bronger, D.: Indien, größte Demokratie der Welt zwischen Kastenwesen und Armut, Gotha 1996 Indien, Informationen zur politischen Bildung, Heft 257 (IV/1997) Der südostasiatische Kulturerdteil (Südostasien) - staatlich noch wenig gefestigte, rohstoffreiche und strategisch günstig zwischen Indischem und Pazifischem Ozean gelegene Entwicklungsländer, stark gegliederte tropische Inselwelt - kultureller Übergangsraum zwischen Indien und Ostasien; Zugehörigkeit zu wechselnden Kolonialreichen und mehreren Religionen, "Einheit in der Vielheit" angestrebt, aber vorerst überwiegt die konfliktträchtige Vielfalt: unterschiedliche Kulturkreise: o o o indisch: Thailand, Birma, Laos, Kampuchea chinesisch: Vietnam, Singapur spanisch, nordamerikanisch: Philippinen unterschiedliche Religionszugehörigkeit: o o o Buddhismus: Mehrzahl der Bewohner Thailands, Laos, Birmas, Kampucheas Islam: überwiegender Teil der Bevölkerung Indonesiens (139 Mio. Moslems) und Malaysias Katholizismus: mehr als 80% der philippinischen und ein Teil der vietnamesischen Einwohner - jahrhundertelange Kolonialherrschaft: englisch (Birma, Malaysia, Brunei, Singapur), französisch (Vietnam, Laos, Kampuchea), spanisch-amerikanisch (Philippinen), holländisch (Indonesien); Nachwirkungen der Kolonialherrschaft heute noch spürbar; Thailand ohne koloniale Unterdrückung politischer Konfliktherd: Kriege und Bürgerkriege, Streitigkeiten um Land- und Seegrenzen - trotz rassischer Vielfalt lebt in den meisten Staaten ein beherrschendes Volk (z. B. Khmer in Kampuchea 90 %, Vietnamesen in Vietnam 86 %), alteingesessene Minderheiten werden häufig benachteiligt, fremde Minderheiten (besonders Chinesen) spielen im Bankwesen, dem Handel und der Wirtschaft eine bedeutsame Rolle in fast allen Staaten finden sich nahezu alle auf der Erde existenten menschlichen Organisationsformen, Wirtschaftsmethoden und Glaubensformen - einer der drei Reiserdteile; Dreiteilung der Völkerschaften in Nassreiskulturen, Küstenund Handelskulturen und Randkulturen - gravierender Stadt-Land-Gegensatz, rund ein Fünftel der Südostasiaten lebt in Städten, die bedeutendsten Städte waren vor 200 Jahren kaum mehr als Fischerdörfer (Saigon, Rangun, Singapur, Bangkok, Phnom Penh, Manila), die sich in der Kolonialzeit herausbildeten; traditionelle Städte sind verfallen (Angkor) oder von anderen Großstädten überflügelt worden; die Metropolen sind allmächtig und wirken wie ein Magnet auf Unternehmertum, Intelligenz und Kapital vor allem in den ASEAN-Ländern - einer der großen Wirtschaftsräume der Welt, produziert viel für den Weltmarkt (Rohstoffe und Industrieprodukte), Wettbewerbsvorteile auf dem Weltmarkt entstehen insbesondere durch Niedriglöhne, lange Arbeitszeiten, strenge Arbeitsdisziplin (besonders Malaysia, Singapur, Thailand, Philippinen) - die sechs ASEAN-Staaten ("aufstrebendes" Südostasien) heben sich klar von dem "stagnierenden" SO-Asien (Kampuchea, Laos, Burma/Myanmar) ab Literatur: Südostasien (Themenheft), Geographische Rundschau, Heft 1/1992 Asiatisch-pazifischer Wirtschaftsraum (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 9/1998 Uhlig, H. (Hrsg.): Südostasien - Australpazifischer Raum, Fischer-Länderkunde, Frankfurt/Main 1975 Südostasien (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 4/1994 Indonesien (Themenheft), Praxis Geographie, Heft 4/1994 Der australische Kulturerdteil (Australien, Ozeanien) - bestehend aus einer Landmasse "kontinentalen Ausmaßes" und einer Vielzahl von z. T. sehr kleinen Inseln und Inselgruppen - lange koloniale Vergangenheit, Interessengebiet verschiedener ausländischer Mächte entwickelte Industrieländer mit leistungsstarker Landwirtschaft und Infrastruktur (Australien und Neuseeland) stehen Inselstaaten (Entwicklungsländern) mit global unbedeutender Monowirtschaft gegenüber - vergleichbar geringe Bevölkerungszahl von ca. 27,3 Mio. Ew. (Anteil Australiens 63 %, Neuseelands 13 %, Papua-Neuguineas 15 %, die "restliche" Inselwelt 9 %) - Australien: geringste Bevölkerungsdichte aller Kontinente, randorientierte In-WertSetzung der Natur durch den Menschen ("totes Herz mit grünem Saum"), lange Zeit Einwanderungsland nur für Weiße ("weißes Australien"), noch heute starke Einwanderungsbeschränkungen, Ureinwohner Aborigines: unterste Schicht der Bevölkerung, kamen vor mehr als 40 000 Jahren in mehreren Migrationswellen aus Südostasien; aufgrund schwieriger Naturbedingungen und fehlender höherer Säuger sowie Kulturpflanzen verharrte die Urbevölkerung bis zur europäischen Kolonisation auf dem Kulturniveau des jungen Paläolithikums, passte sich an die schwierigen Umweltbedingungen an und überlebte mit einer ganzheitlich-mythischen, nomadischen Jäger/SammlerLebensform; starker Rückgang der Eingeborenenzahlen durch Kolonisation (Ausrottung, Infektionskrankheiten, spätere Reservation mit wirtschaftlicher und sozialer Verwahrlosung), Aussterben der Ureinwohner Tasmaniens und Südostaustraliens; 1967 Zuerkennung der vollen Gleichberechtigung; Prozess der Europäisierung und Vermischung mit der weißen Bevölkerungsgruppe, dabei starke Übernahme der Lebensformen der Weißen; Konzentration der Bevölkerung im Südosten in den Städten, starke Abwanderung besonders junger Menschen aus dem "outback", hoher Urbanisierungsgrad - Ozeanien/Südpazifikregion: 1,27 Mio. km² Festland (0,8 % des Festlandes der Erde) auf einer Wasserfläche von 70 Mill. km²; ca. 10 000 Inseln, die nur z. T. bewohnt sind; bestehend aus Mikronesien (Kleininselwelt), Polynesien (Vielinselwelt), Melanesien (Schwarzinselwelt); Ureinwohner wanderten nicht wie zunächst lange Zeit vermutet aus Südamerika, sondern aus Südostasien (Körper, Kultur und Sprache weisen darauf hin) ein, kamen über Indonesien und die Philippinen während der Eiszeit (niedrigerer Meeresspiegel), Melanesier und Papua auf Neuguinea sind dunkelhäutiger; die Kolonialisierung setzte später ein, Beginn des Zerfalls erst nach dem 2. Weltkrieg, starke Dezimierung der Urbevölkerung (Krankheiten, Menschenhandel), heute ca. 6 Mio. Ew., Bevölkerungszahl wächst schnell auf den "hohen Inseln", Platzmangel auf den Atollen, starke Abwanderung, Zerfall der alten Lebensweise Ozeaniens; besteht aus selbstständigen Staaten, Anliegerstaaten sowie Kolonien und abhängigen Gebieten; Militärstützpunkte (Kerntests) Literatur: Buchholz, H. J. (Hrsg.): Australien - Neuseeland - Südpazifik, FischerLänderkunde, Frankfurt/Main 1984 ,