-1- Predigt vom 4.Mai 2014 in Frauenfeld, Kurzdorf - FFG Text: Mt. 13,44-46: Das Gleichnis vom Schatz im Acker und von der kostbaren Perle Thema: Gott suchen - finde den Schatz! (Nach H.Thielicke, Das Bilderbuch Gottes) Liebe Gemeinde, Kennen Sie auch diese Sehnsucht der Schatzsucher, die fast jedes Kind in sich trägt? Bei uns Erwachsenen ist sie etwas verborgener und gut getarnt. Aber auch wir wünschen uns doch immer einmal wieder heimlich, eine sagenhafte Truhe zu finden, welche unsere Sorgen auf einen Schlag in Luft auflöst. Eine Truhe, die meine Probleme löst, mir Gesundheit schenkt, mich glücklich macht...! Wir suchen diesen Schatz, diese Glückstruhe manchmal in unserem Partner – er oder sie soll uns glücklich machen. Oder im Beruf, beim Arzt, in Erziehungsbüchern. Wo steckt der Schlüssel zu unserem Glück? Zur Schatztruhe, welche unser reich macht? Jesus sagt, dass wir den Schatz des Lebens bei Gott finden – in einem Leben mit Ihm. Im Himmelreich – seiner Wirklichkeit schon hier auf der Erde. Er erzählt dazu die Geschichte von zwei Menschen, welche ihr Glück, ihren Schatz auf dramatische Art finden: Ich lese aus Mt.13,44-46: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der im Acker vergraben war; den fand einer und vergrub ihn wieder. Und in seiner Freude geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker. Weiter: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Händler, der schöne Perlen suchte. Als er aber eine besonders kostbare Perle fand, ging er hin, verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie. Jesus lässt uns zwei Menschen begegnen, die beide eine dramatische Änderung in ihrem Leben erfahren: Der erste ist ein Bauer in seinem Alltagswerk. Wir treffen ihn beim Pflügen auf einem Stück Land, das nicht ihm gehört, sondern einem Grossgrundbesitzer, von dem er es gepachtet hat. Es ist eine harte Arbeit, die er verrichtet und die wohl nur knapp zum Überleben reicht. Auf dem Feld ist er den Launen von Wind und Wetter voll ausgesetzt und auch seine Ernte ist mal gut und mal schlecht. Ein Mann in seinem harten Alltag. Ein Mann, der wohl nicht viel von seinem Leben erwartet: Wenn es zum Überleben reicht, ist es schon gut... Zu allem Übel stösst sein Pflug auch noch mit voller Kraft an einen Stein. „Wenn nur nichts gebrochen ist...“ Doch wie staunt unser Bauer, als er das Hindernis entfernen will und statt einem Stein einen verborgenen Schatz findet. Der Fund seines Lebens! Sorgfältig verbirgt er den Schatz wieder, geht voller Freude nach Hause, verkauft alles was er hat und kauft sich den Acker – und damit auch den Schatz. Predigt vom 4.Mai 2014 Mt.13,44-46 Pfr. Samuel Kienast-Bayer -2- Dieser erste Mensch dem wir begegnen steht für Männer und Frauen, die mit dem Leben voll und ganz beschäftigt sind. Die täglichen Freuden und Sorgen füllen den Alltag so sehr aus, dass kein Platz bleibt, über Gott und Glauben nachzudenken. Das Pflügen auf dem Acker des Lebens gibt genug zu tun. Es ist auch kein wirklicher Bedarf für „höhere Dinge“. Diese Menschen sind keine „Chilegänger“. Das Leben nimmt mit oder ohne Gott seinen Lauf. Doch plötzlich ereignet sich etwas, was das ganze Leben auf den Kopf stellt: so wie der Bauer mitten im Pflügen plötzlich auf den Schatz stösst, gibt es auch immer wieder Menschen, die mitten im Alltag völlig überraschend in Gott hineinrennen. Auf einmal ist er da! Mitten in ihrem Leben! Mitten in dem, was den Alltag ausmacht. Mitten im Acker, im mehr oder weniger fruchtbaren Dreck unseres Lebens. Eine Realität, die nicht übersehen werden kann! Wie das passiert, bleibt in unserer Geschichte offen. Es gibt wohl so viele verschiedene Möglichkeiten wie Menschen auf der Erde. Doch die Wirkung ist immens! Vom Bauern sagt Jesus, dass er voll Freude alles verkauft was er hat und seinen ganzen Besitz in den Acker investiert. So gibt es auch immer wieder Menschen, die nach einer Begegnung mit Gott ihr ganzes Leben umkrempeln und die Prioritäten ganz neu setzen. Ein erstes Fazit also aus dem Gleichnis: Das Reich der Himmel kommt manchmal völlig überraschend, aus heiterhellem Himmel, mitten in den Alltag vielbeschäftigter Menschen. Aber wo es auftaucht, da verändert es das Leben radikal. Der Alltag – der Acker – unser Leben, wir plötzlich zum Träger eines unglaublich wertvollen Schatzes und wird damit auch selber unendlich wertvoll. Dieser Mann ist wie das Kind, das auf einmal die offenen Arme seines Vaters oder der Mutter entdeckt, seine Richtung ändert und alles stehen und liegen lässt um in die offenen Arme zu rennen. Doch das Handeln des Bauern schafft ihm nicht nur Freunde. Viele Menschen um ihn herum können sein Handeln nicht verstehen und denken, er sei übergeschnappt. Wer den Schatz nicht sieht, hält es für eine Dummheit sondergleichen, sein ganzes Vermögen für ein steiniges Stück Land herzugeben. Und wer das Reich der Himmel nicht selber erlebt hat, kann nicht verstehen, wenn Menschen alles für Gott aufgeben. Predigt vom 4.Mai 2014 Mt.13,44-46 Pfr. Samuel Kienast-Bayer -3- Nun aber zum zweiten Gleichnis: Diesmal führt uns Jesus in eine ganz andere Bevölkerungsschicht – in die High Society der Perlenhändler. Wir begegnen einem Händler, der weiss, wie man zu Geld kommt. Auf allen möglichen Märkten sucht er nach schönen Perlen, kauft sie und verkauft sie dann wieder mit beachtlichem Gewinn. Doch auch bei ihm schlägt das Reich der Himmel ein und auch ihn trifft es mitten in seiner Arbeit, in seinem Spezialgebiet: Es kommt in Form einer Perle. Irgendwo auf einem Markt hat er sie entdeckt. Doch sie ist anders als die anderen: Mit ihrer unglaublichen Schönheit hat sie ihn so gepackt, dass er sie nicht mehr aus dem Sinn bringt. Er, der so viele Perlen gekauft und wieder weggegeben hat, schafft das bei dieser nicht. Er verkauft alles was er hat, kauft mit dem Erlös diese Perle und behält sie. Und wohlverstanden: damit ruiniert er sein Geschäft! Es bleibt ihm nur diese eine Perle. Daneben hat er nichts mehr, mit dem er handeln könnte. Ein verrückter Mensch! Für die eine Perle setzt er seine ganze wirtschaftliche Existenz aufs Spiel!? Im Perlenhändler begegnen wir den Menschen, die sich nicht mit dem einfachen Alltagsleben zufrieden geben. Sie sind ständig auf der Suche nach den Perlen des Lebens und wie sie diese für ihr Leben nutzbar machen könnten. Und sie werden auf allen Märkten des Lebens fündig: In der Kunst, im Sport, im kulturellen Leben, in den verschiedenen Religionen und Kulturen, in der Natur – überall sind Perlen zu finden. Überall gibt es Werte, Erlebnisse, Erkenntnisse und anderes Mehr, welches das Leben schön und lebenswert macht. Liberale, freiheitsliebende Lebenskünstler. Doch dann entdecken sie plötzlich das Unglaubliche: Sie begegnen dem Reich der Himmel und erleben, dass dieses alles andere bei weitem überstrahlt. Alles Schöne, was ihnen das Leben schon geboten hat, verblasst im Vergleich mit dieser neuen Entdeckung. So etwas hätten die Experten für Schönheit und Lebensfreude sich nicht im Traum vorstellen können! Doch wie der Bauer, so stösst auch der Perlensucher nicht nur auf Verständnis seiner Mitmenschen. Seine früheren Kollegen schütteln den Kopf über ihn. Sie sehen nicht, was an seiner Perle so herausragend sein soll. Sie sehen nur, dass er damit sein Geschäftsleben ruiniert hat. Perlen sind zwar schön und schenken dem Leben Qualität und Wert, aber sie sind austauschbar. Ob Sport oder Kunst, Reisen oder Musik, ob Buddhismus oder Christentum – das ist doch letztendlich egal, behaupten seine Kollegen. Hauptsache es verschönert das Leben. Sich so an etwas zu hängen und sein ganzes Leben auf eine Perle auszurichten ist Blödsinn. Und ausserdem bringt es die Schönheit der anderen Perlen in ein schlechtes Licht – das ist intolerant! Doch unseren Perlensucher kann der Spott nicht umstimmen. Seine Perle ist ihm mehr wert als gesellschaftliche Anerkennung, wirtschaftlicher Gewinn und ein bequemes Leben. Und so kommen wir zum zweiten Fazit: Wer einmal dem Reich der Himmel hautnah begegnet ist, kann nicht mehr zurück. Die Begegnung stellt vor die Entscheidung: alles oder nichts! Predigt vom 4.Mai 2014 Mt.13,44-46 Pfr. Samuel Kienast-Bayer -4- Die Menschen in unseren Geschichten zögern keinen Augenblick: In unserem Gleichnis heisst es, das der Bauer „hinging vor Freude“, um alles loszuwerden, was er hatte. Er sagte nicht etwas schmerzverzerrt zu sich selber: „Jetzt habe ich die Forderungen Gottes erkannt und nun muss ich eben wohl oder übel die Konsequenzen ziehen...“ Nein: Er ging hin „vor lauter Freude“. Das war doch seine grosse Entdeckung: Dieser Schatz oder diese Perle wiegen alles, alles auf! Sie überstrahlen alle Verluste, allen Spott der Nachbarn, alles Hangen an den lieben Gewohnheiten und lieben Sachen; sie ersetzen mir hundertfach alle materiellen Einbussen und alle Einschränkungen meines Lebensstandarts, die ich hier für dieses Eine und Grösste meines Lebens in Kauf nehmen muss. Und das ist auch die Botschaft dieser zwei Gleichnisse: Gewiss, der Glaube an Christus bringt uns manchmal in Konflikte, wo andere Menschen völlig ungehemmt sind. Er stellt uns vor ein Entweder-Oder, das gewisse Strapazen mit sich bringt und das uns in schwachen Minuten neidisch auf die Unbekümmertheit der Gleichgültigen blicken lässt. Aber der Ton liegt eben nicht auf dem Lassen, sondern auf dem Bekommen. Denn der Schatz verändert unser ganzes Leben. Im Licht der Perle erstrahlt unser Alltag in ganz neuem Glanz. Wir sehen unser Leben, unsere Mitmenschen, ja die ganze Welt auf einmal mit ganz anderen Augen an. Denn wir wissen, dass die Welt und jeder einzelne unserer Mitmenschen Träger desselben Schatzes ist, der unser Leben so radikal auf den Kopf gestellt hat. Auch wenn sie noch so nach einem unfruchtbaren, steinigen Acker aussehen, ruht die Liebe Gottes auf jedem einzelnen unserer Mitmenschen und das Reich der Himmel steht allen offen. Darauf dürfen wir hoffen, danach dürfen wir suchen, daran dürfen wir glauben. Dafür wollen wir Gott loben. Amen Predigt vom 4.Mai 2014 Mt.13,44-46 Pfr. Samuel Kienast-Bayer